zek Hydro - Ausgabe 1 - 2021

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HYDRO

Netztechnik

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er 8. Jänner dieses Jahres wird den europäischen Netzbetreibern wohl noch länger in Erinnerung bleiben. Am frühen Nachmittag geriet das europäische Stromnetz für kurze Zeit an seine Grenzen. Das auslösende Ereignis war gemäß der Analyse von ENTSO-E ein Ausfall einer 400 kV Sammelschienenkupplung im kroatischen Umspannwerk Ernestinovo durch Überstromschutzauslösung. Dies führte zu einer Entkopplung der beiden Sammelschienen, wodurch die Stromflüsse im Nordwesten und Südosten des Umspannwerks getrennt wurden. Die Trennung der Ströme im USW Ernestinovo führte zur

Der massive Frequenzabfall vom 8. Jänner stellte Europas Netzbetreiber vor große Herausforderungen.

Verlagerung der Stromflüsse auf benachbarte Leitungen, die dadurch überlastet wurden. Es folgte der Ausfall der Leitung Subotica - Novi Sad in Serbien wegen Überstromschutzauslösung sowie in weiterer Folge 14 weitere Leitungen aufgrund des Überstrom- und Distanzschutzauslösung. Das Gesamtsystem wurde in zwei Teile getrennt. Das Gebiet südlich der Trennlinie hatte zu diesem Zeitpunkt Erzeugungsüberschüsse, welche aufgrund der ausgefallenen Leitungsverbindungen nicht mehr in den Zentralraum Europas transportiert werden konnten. Ein Frequenzanstieg in Südosteuropa auf bis zu 50,6 Hertz (Abwei-

Grafik: APG

Das kontinentale Stromnetz wurde für kurze Zeit in zwei „Synchroninseln“ geteilt.

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Foto: zek

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Gemäß dem Bericht der ENTSO-E – dem Verband der europäischen Übertragungsnetzbetreiber – vom 26. Jänner 2021 war der Auslöser für den unerwarteten Frequenzabfall im europäischen Stromnetz eine Kettenreaktion, eine Kaskade von Ausfällen eines bzw. mehrerer Systemkomponenten in Südosteuropa. Am 8. Januar, um ca. 14:05 Uhr zogen diese Ausfälle eine Trennlinie im Raum südöstlich von Österreich, und das kontinentale Stromnetz wurde in zwei Teile, so genannte „Synchroninseln“ geteilt. Die Trennlinie führte durch die Länder Kroatien, Serbien und Rumänien. Rund eine Stunde später konnte die Resynchronisation wiederhergestellt werden. Österreichs Wasserkraftwerke trugen einen wesentlichen Teil dazu bei, dass der Vorfall letzlich glimpflich endete.

Foto: Pixabay

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FREQUENZABFALL IM NETZ BLIEB ZUM GLÜCK OHNE SCHWERWIEGENDE FOLGEN

chung um 600 mHz) mit anschließender Reduktion der lokalen Erzeugungsleitung war die Folge. In der westlichen Insel, zu der auch Österreich gehörte, fehlten nach dem Netzsplit die Erzeugungsmengen aus Südosteuropa. Dieses Leistungsdefizit ließ die Frequenz auf 49,74 Hertz (Abweichung um 260 mHz) absinken, ehe mit zusätzlicher lokaler Erzeugung bzw. Verbrauchsreduktion sowie Importen aus Großbritannien und Skandinavien die Frequenz wieder stabilisiert werden konnte. ENTSO-E betont in diesem Zusammenhang die Klarstellung: Die Energiewende bzw. die erneuerbaren Energieträger stehen aus aktueller Sicht in keinem Zusammenhang mit den Geschehnissen. INTERNATIONALE UND NATIONALE BEHEBUNG DER STÖRUNG Im Fall einer derartigen Störung setzen automatisierte und europaweit abgestimmte Systemschutzmaßnahmen ein. Durch automatische Schutzeinrichtungen und das unverzügliche Eingreifen aller Übertragungsnetzbetreiber durch deren Wartenpersonal konnte die Frequenz zuerst stabilisiert und danach wieder auf das normale Betriebsniveau zurückgeführt werden. Die Instrumente, die dafür eingesetzt wurden, sind erstens die Ab-

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