Bergeerleben - AVS-Magazin September 2020

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Geh-sundheit

„Nicht wissen, glauben will der Mensch“ Prof. Dr. Bernd Gänsbacher im Gespräch

„Für mich ist es wichtig, mich ständig weiterzubilden und Dinge zu tun, die nützlich und sinnvoll sind. Ich will immer neugierig bleiben“, sagt Prof. Dr. Gänsbacher. Wir ­f ragten ihn, wie wir uns in Zeiten des Coronavirus zu verhalten ­haben. Herr Dr. Gänsbacher, wie groß ­sehen Sie die Ansteckungsgefahr auf einer Alm- oder Schutzhütte? Wie uns erste Fälle in Südkorea oder Deutschland nach dem Lockdown ­zeigen, entstehen neue Ansteckungs­ herde häufig bei Massenansamm­ lungen, wenn sich die Menschen nicht an die Vorsichtsmaßnahmen halten. Selten kann ein einziger Virusausscheider sogar im Nu Hunderte von Menschen infizieren. Auch auf Almen und Schutzhütten gilt es unbedingt, den nötigen Abstand einzuhalten sowie Mund-­Nasen-­Schutz vorzunehmen. Sollten sich aufgrund eines Unwetters oder anderer widriger Umstände, unvor­hergesehen mehrere Menschen in ­einer Almstube oder in Räumen ­einer Schutzhütte aufhalten müssen, hat Mund-Nasen-Schutz oberste Priorität, für deren Einhaltung der Hüttenwirt sorgen muss. Wenn sich Gäste wie ­Betreiber streng daran halten und mit Hausverstand vorgehen, sollten sich auch solche Ausnahmesituationen ­bewältigen lassen. Hat in höheren Berglagen die UV-Strahlung oder die sauer ­ stoffärmere Luft einen Einfluss auf die Infektionsgefahr? Überhaupt nicht. Der Mensch überträgt das Virus auch dort auf den ­üblichen Wegen, vorwiegend durch 90

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Aerosole, die vom Gegenüber eingeatmet werden und zu einer Infektion führen können. Wie sehen Sie die Problematik in Kletterhallen? Während Klettern im Freien mit einer geringen Ansteckungsgefahr verbunden ist, ist – wie in allen in geschlossenen Räumen mit Menschenansammlungen – das Risiko in Kletterhallen größer. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erfolgt zu 90 Prozent über die Atemwege, geringer ist der Anteil über Schmierinfektion, also in diesem Fall über den Kontakt bei Haltegriffen. Deshalb ist Mund-Nasen-Schutz beim Klettern in Kletterhallen unbedingt ­erforderlich sowie die Desinfektion der Hände vor dem Klettern. Magnesia­ pulver hingegen hat keine desinfizierende Wirkung. Wie groß sehen Sie die Ansteckungsgefahr für Bergretter, z. B. bei Hautkontakt mit dem Blut eines Verletzten? Grundsätzlich sind virale Partikel im Blut nachweisbar, aber eher selten. ­Allerdings ist damit zu rechnen, dass doch eher gesunde Leute auf den ­hohen Bergen unterwegs sind, weshalb ich für Bergretter keine allzu ­große Gefahr sehe. Vorsichtsmaßnahmen wie Mund-Nasen-Schutz und das Tragen von Handschuhen sind bei Einsätzen jedoch unbedingt notwendig. Viele meinten, dass sich die Ansteckungs­gefahr im Sommer ­vermindern würde  … Die Viren, welche über die Atemwege ausgeschieden werden – dies gilt für Influenza- genauso wie für Corona­

viren –, mögen an sich keine hohen Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit. Wie wir aber sehen, hat sich das Coronavirus auch in Ländern mit ­heißen und feuchten klimatischen Bedin­gungen stark ausgebreitet und somit ist diese These nicht signifikant. Die viel plädierte Eigenverant­ wortung scheint immer mehr zu bröckeln, welche Folgen daraus sind zu erwarten? Wenn beispielsweise 80 Prozent der Bevölkerung bisher nicht infiziert ­wurden, heißt das nicht, dass diese von der Seuche verschont bleiben. Wer sich nicht an die vorgegebenen Schutzmaßnahmen wie Mund-NasenSchutz, Abstand, Händewaschen hält, muss damit rechnen, angesteckt zu werden bzw. andere Menschen anzustecken, da man auch Träger des Virus sein kann, bevor erste Symptome spürbar werden. Welche Maßnahmen sind bei einer eventuellen zweiten Corona-­ Infektionswelle zu treffen? Beim Auftreten neuer Fälle muss das jeweilige Gesundheitssystem die Kontakt­personen eruieren und deren Umfeld isolieren, damit es nicht zu ­einer neuen großen Infektionswelle kommt und damit kein zweiter Lockdown ansteht.


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