Industriepolitik Dossier 11/2022

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INDUSTRIEPOLITIK DOSSIER

Industriebericht

Industrieproduktion und Handel nach Branchen

Dem noch immer hohen Auftragsbestand ist es zu verdanken, dass im laufenden Jahr die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe nicht sinkt. Der BDI rechnet mit einem leichten Anstieg in einer Größenordnung von ¼ Prozent, nach plus 4,7 Prozent im Jahr 2021. Der Ausblick für das Jahr 2023 ist düster. Immer mehr Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe sind hohen Energiepreisen und geopolitischen Unsicherheiten ausgesetzt.

Von Januar bis September drosselten die energieintensiveren Branchen ihre Produktion. Sie sank in den metallerzeugenden und verarbeitenden Betrieben um 2,3 Prozent, bei Herstellern von Gummi- und Kunststoffwaren um 3,7 Prozent und in der chemischen Industrie deutlich um 8,2 Prozent. Die stärksten Zuwächse verzeichneten der sonstige Fahrzeugbau (plus 6,5 Prozent), die Elektroindustrie (plus 4,2 Prozent) und die pharmazeutische Industrie (plus 3,8 Prozent).

In der Europäischen Union hat die Industrie ihren Erholungskurs im dritten Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie fortgesetzt. Erneut größere Produktionsausweitungen im Pharmageschäft und kräftige Zuwächse im Maschinenbau stützten die Industriekonjunktur.

Im Jahr 2022 dürften die deutschen Exporte nach unseren Einschätzungen in realer Rechnung nur noch um insgesamt 2 ½ Prozent steigen (2021: plus 9,7 Prozent). Lieferengpässe haben den deutschen Außenhandel erheblich beeinträchtigt. Zusätzlich belasten die durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine gestiegenen Unsicherheiten.

Wir rechnen im Jahr 2022 mit einem Anstieg des Welthandels um vier Prozent. Die Warenexporte aus den Schwellenländern dürften dabei deutlich stärker steigen als die aus den entwickelten Volkswirtschaften

November 2022

Inhaltsverzeichnis

Industrieproduktion weltweit .............................................................................................................3 Entwickelte Volkswirtschaften 3 Schwellenländern 4

Vereinigte Staaten: Uneindeutige Signale zum Jahresende................................................................. 5

China: Null Covid Strategie bremst Wachstum aus 6

Japan: Industrieproduktion nimmt am Jahresende nochmal Fahrt auf 7

Südkorea: Leichte Expansion dank starkem ersten Halbjahr ............................................................... 8

Vereinigtes Königreich: Ende der Talfahrt noch nicht in Sicht 9

Europäische Union: Industrie setzt Wachstumskurs mit gedrosseltem Tempo weiter fort 10 Deutschland: Etwas Entspannung bei Lieferengpässen..................................................................... 11

Frankreich: Produktion in vielen Branchen noch immer geringer als vor Ausbruch der Pandemie 13

Italien: Chemie und Fahrzeugbau mit Wachstumsschwächen 14

Spanien: Produktion gerät zum Jahresende ins Stocken ................................................................... 15

Welthandel 16 Entwicklung der deutschen Exporte 17

Industriebranchen in Deutschland..................................................................................................18

Automobilindustrie: Produktion auf moderatem Erholungskurs 18

Bauindustrie: Schwieriges Baujahr 2023 zu erwarten ........................................................................ 19

Baustoff Steine Erden Industrie: Geschäftserwartungen auf historischem Tief 20

Chemieindustrie: Chemiegeschäft unter Druck 21

Deutsche Elektro und Digitalindustrie: Branche zeigt sich trotz konjunktureller Abkühlung robust ...23 Digitalbranche 24

Gießerei Industrie: Mit guter Auftragslage in einen von Unsicherheiten geprägten Winter 25 Nichteisen Metallindustrie ................................................................................................................... 25

Keramische Industrie 26

Luftverkehrswirtschaft 27 Maschinenbau kann sich in herausfordernden Zeiten gut behaupten................................................ 29 Pharmazeutische Industrie 30

Stahl und Metallverarbeitung: Produktion im dritten Quartal ein Prozent über Vorjahresniveau 31 Textil und Modeindustrie.................................................................................................................... 31 Impressum .........................................................................................................................................32

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Industrieproduktion weltweit

Unsicherheit durch den Ukraine-Krieg weltweit spürbar

Nachdem sich die globale Industriekonjunktur von dem pandemiebedingten Einbruch im Jahr 2021 erholt hatte, ist sie im laufenden Jahr in ruhigeres Fahrwasser eingeschwenkt. Nach Daten des Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB) stieg die weltweite Industrieproduktion im zweiten Quartal 2022 im Vorjahresvergleich um 2,6 Prozent nach plus 4,4 Prozent im ersten Quartal. In den ersten beiden Monaten des dritten Quartals hat sich das Expansionstempo etwas erhöht. Per August lag die Industrieproduktion 3,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums.

Für den weiteren Jahresverlauf deutet sich jedoch eine Verlangsamung der industriellen Aktivitäten an. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie sank im September auf einen Wert von 49,8 Indexpunkten und hat damit erstmals seit 26 Monaten den Expansionsbereich verlassen. Hierzu dürften Unsicherheiten aufgrund des Krieges in der Ukraine beigetragen haben. Im Oktober gab der Index weiter nach. Für eine moderate Erholung spricht jedoch die Tatsache, dass die weltweiten Lieferkettenprobleme etwas abgenommen haben. Für das gesamte Jahr ist ein Anstieg der weltweiten Industrieproduktion um etwas mehr als drei Prozent möglich, wenn das aktuelle Produktionsniveau bis zum Jahresende gehalten werden kann.

Welt: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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Schwellenländer

entwickelte Volkswirtschaften Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

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*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quellen: Macrobond, Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis, eigene Berechnungen

Entwickelte Volkswirtschaften Kräftiges Wachstum in den USA und Asien; Industrie in Europa tritt auf der Stelle

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In den entwickelten Volkswirtschaften ist die Industrieproduktion im ersten Quartal des laufenden Jahres im Vorjahresvergleich um 2,8 Prozent gestiegen. Im zweiten Quartal (plus 2,4 Prozent) und auch in den ersten beiden Monaten des dritten Quartals konnte das Wachstumstempo gehalten werden. Per August lag die Industrieproduktion um 2,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Je nach Region verlief die Entwicklung in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres jedoch sehr

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unterschiedlich. Die Gruppe der sonstigen entwickelten Volkswirtschaften steigerte die Industrieproduktion mit plus 4,8 Prozent am stärksten, gefolgt von der US Industrie, die mit plus 4,5 Prozent ein ähnlich hohes Wachstum verzeichnete. Während die Industrie in Japan Produktionseinbußen von einem Prozent zu verkraften hatte, stieg der Ausstoß der Industrie in den übrigen entwickelten asiatischen Staaten mit plus 4,2 Prozent deutlich an. In Europa stieg die Industrieproduktion im Euroraum per August im Jahresvergleich nur leicht an (plus 0,6 Prozent). Die industriellen Aktivitäten im Vereinigten Königreich gingen im gleichen Zeitraum um 2,5 Prozent zurück.

Für den weiteren Jahresverlauf zeichnet sich eine Verlangsamung der industriellen Aktivitäten an. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrien dieser Ländergruppe ist den achten Monat in Folge gesunken. Im September lag er mit 50,1 Indexpunkten noch knapp oberhalb des Expansionsbereichs, im Oktober sackte er auf 48,8 Indexpunkte ab und erreichte damit ein 27 Monats Tief. Wir rechnen mit Blick auf die Stimmungsindikatoren im vierten Quartal mit einer stagnierenden Produktion. Die hätte zur Folge, dass im Jahresergebnis 2022 noch mit einem Anstieg der Industrieproduktion um etwas mehr als zwei Prozent zu rechnen ist.

Entwickelte Volkswirtschaften: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quellen: Macrobond, Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB)

Schwellenländern

Wachstumsmotoren im Mittleren Osten und Asien

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Die Industrieproduktion in den Schwellenländern ist zum Jahresbeginn 2021 mit plus 6,1 Prozent im Vorjahresvergleich kräftig gestiegen. Pandemiebedingte Eindämmungsmaßnahmen in China und der Ausbruch des Krieges in der Ukraine führten dazu, dass die industriellen Aktivitäten im zweiten Quartal nur noch um 2,8 Prozentpunkte zulegen konnten. In den ersten beiden Monaten des dritten Quartals hat sich das Wachstum wieder beschleunigt, so dass die Industrieproduktion per August 2022 gegenüber den ersten acht Monaten des Vorjahres um 4,3 Prozent zulegen konnte. Bedingt durch die stark

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gestiegenen Preise für fossile Energieträger stieg die Produktion in Afrika und dem Mittleren Osten in diesem Zeitraum mit plus 8,8 Prozent am stärksten an. Leicht überdurchschnittlich war auch der Produktionsanstieg der Industrien in den asiatischen Schwellenländern mit Ausnahme Chinas (plus 4,5 Prozent). Auch die chinesische Industrie hat sich wieder gefangen und steigerte ihren Ausstoß in den ersten acht Monaten um 3,7 Prozent. In Lateinamerika dürfte die Industrieproduktion nach einem Produktionsplus von 3,3 Prozent in den ersten acht Monaten das zweite Jahr in Folge steigen. Schlusslicht in dieser Ländergruppe ist die Industrie in Mittel- und Osteuropa, die aber per August noch ein Produktionsplus von 2,2 Prozent ausweist.

Nachdem von Chinas Industrie in den vergangenen Jahren stets die stärksten Wachstumsimpulse ausgingen, dürfte diese Rolle im laufenden Jahr den Industrien in Afrika und dem Mittleren Osten sowie den restlichen asiatischen Schwellenländern zufallen. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie in den Schwellenländern ist nach Erreichen seines bisherigen Jahreshochs im Juni drei Monate in Folge gesunken. Im September und Oktober lag er bei mit einem Wert von 49,4 beziehungsweise 49,8 Indexpunkten sogar unterhalb der Schwelle von 50, die eine Kontraktion anzeigt. Trotz der sich abzeichnenden Eintrübung im vierten Quartal rechnen wir für das gesamte Jahr 2022 mit einem An stieg der Industrieproduktion in den Schwellenländern in einer Größenordnung von plus vier Prozent.

Schwellenländer: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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Afrika/Mittlerer Osten Lateinamerika Zentral- und Osteuropa Asien (ohne China) China

Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

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*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr Quellen: Macrobond, Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB)

Vereinigte Staaten: Uneindeutige Signale zum Jahresende

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Die US amerikanische Industrie (Produzierenden Gewerbe ohne Bau) hat ihr Expansionstempo zum Jahreswechsel 2021/2022 noch etwas steigern können. Im ersten Quartal stieg der Produktionsindex im Vorjahresvergleich um 4,8 Prozent. Wachstumstreiber waren vor allem der Maschinenbau, während das starke Wachstum in der chemischen Industrie dem witterungsbedingt niedrigem Ausgangsniveau geschuldet war. Im zweiten und dritten Quartal 2022 konnte das Expansionstempo mit Jahreswachstumsraten von jeweils mehr als vier Prozent gehalten werden. Für die ersten neun Monaten des laufenden Jahres resultierte hieraus ein Produktionsanstieg in der Industrie um 4,6 Prozent im Vergleich

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zum Vorjahreszeitraum. Das Verarbeitende Gewerbe expandierte im gleichen Zeitraum um 4,1 Prozent.

Unter den einzelnen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes stieg die Produktion in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres im Maschinenbau mit plus 6,8 Prozent und im Fahrzeugbau mit plus 6,9 Prozent am kräftigsten an. Die darin enthaltende Pkw Produktion nahm sogar um 8,3 Prozent zu. Die Herstellung von elektronischen Geräten und Ausrüstung erhöhte sich um 4,8 Prozent, die von Datenverarbeitungsgeräten um 3,4 Prozent. Die chemische Industrie konnte ihre Produktion um 4,4 Prozent ausweiten, ohne den Pharma Bereich betrug das Plus sogar fünf Prozent. Die Ernährungsindustrie konnte ihre Produktion mit plus 1,9 Prozent nur unterdurchschnittlich ausweiten.

Am aktuellen Rand zeigt sich ein zwiespältiges Bild. Zwar stieg die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im kalender und saisonbereinigten Zweimonatsvergleich August/September 2022 gegenüber dem Vorzeitraum wieder an (plus 0,9 Prozent). Gleichzeitig gab der Einkaufmanagerindex für die Industrie im Oktober deutlich nach und liegt mit 50,4 Indexpunkten nur noch knapp oberhalb der Schwelle, ab der eine steigende Produktion angezeigt wird. Wir rechnen im vierten Quartal nicht mehr mit einem Produktionsrückgang, so dass sich im Jahresvergleich die Produktion des Verarbeitenden Gewerbes um vier Prozent steigern dürfte.

Vereinigte Staaten: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quellen: Macrobond, Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB)

China: Null Covid Strategie bremst Wachstum aus

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Die chinesische Industrie konnte ihren Wachstumskurs zum Jahresbeginn 2022 zunächst fortsetzen. Auf Basis der Daten des Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB) stieg die Industrieproduktion im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorquartal um 6,5 Prozent. Der Vorjahresvergleich fiel ähnlich stark aus. Nach amtlichen chinesischen Zahlen konnten vor allem die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten und der Maschinenbau ihre Aktivitäten deutlich ausweiten, während die

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Automobilproduktion nahezu stagnierte. Im zweiten Quartal ist die Industrieproduktion bedingt durch die Null Covid Strategie der chinesischen Regierung zurückgegangen. Produktionseinbußen verzeichneten vor allem die Automobilindustrie, die metallverarbeitende Industrie und die Textilindustrie. Gleichzeitig konnten die Elektroindustrie und die chemische Industrie ihre Aktivitäten jedoch ausweiten. Über alle Branchen hinweg sank die Industrieproduktion im zweiten Quartal 2022 im Vorquartalsvergleich um knapp sieben Prozent

Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte setzte eine leichte Erholung ein. Die chinesische Industrie erhöhte laut CPB in den ersten beiden Monaten des dritten Quartals ihren Ausstoß im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,1 Prozent. Gegenüber dem Vorzeitraum Mai/Juni sind die Aktivitäten um 1,1 Prozent gestiegen. Während die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten und der Maschinenbau ihren Wachstumskurs aus dem zweiten Quartal fortsetzten, konnte der Fahrzeugbau mit zweistelligen Wachstumsraten aufwarten und so den Produktionsausfall aus der ersten Jahreshälfte etwas kompensieren. Weiter rückläufig war dagegen die Produktion der Textilindustrie.

Der Einkaufmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe ist seit dem Jahreshoch im Juni 2022 vier Monate in Folge gesunken. Im August sank er auf einen Wert von 49,5 Punkten, der eine rückläufige Produktion signalisiert. Von diesem Tief hat er sich zu Beginn des vierten Quartals wieder erholt. Vieles spricht dafür, dass die Produktion im vierten Quartal 2022 nicht weiter absacken wird. Für das gesamte Jahr 2022 rechnen wir trotz der Wachstumsdelle im Frühjahr mit einem Anstieg in der Industrieproduktion in einer Größenordnung von vier Prozent.

China: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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55 2018 2019 2020 2021 2022 Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quellen: Macrobond, Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB)

Japan: Industrieproduktion nimmt am Jahresende nochmal Fahrt auf

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Die japanische Industrie konnte ihren Wachstumskurs zu Beginn des Jahres 2022 nicht fortsetzen. Die Produktion des Produzierenden Gewerbes (ohne Bau) sank im ersten Quartal im Vorjahresvergleich leicht um 0,7 Prozent. Im zweiten Quartal waren die Wachstumseinbußen mit minus 3,6 Prozent sogar noch höher. Ab der Jahresmitte setzte mit einem Produktionsplus von mehr als fünf Prozent eine kräftige Erholung ein. Im Ergebnis lag die Produktion damit in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres auf Vorjahresniveau.

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Im Verarbeitenden Gewerbe wurde per September 2022 das Produktionsniveau des Vorjahreszeitraums leicht verfehlt. Unter den einzelnen Branchen sank die Produktion im Bereich Informations und Kommunikationselektronik mit minus 15,3 Prozent am kräftigsten. Rückläufig waren auch die Aktivitäten im Fahrzeugbau, die um vier Prozent nachgaben. Der Maschinenbau setzte seine gute Entwicklung aus dem Vorjahr fort und steigerte die Produktion um 7,4 Prozent. Die chemische Industrie konnte zusammen mit dem Pharma Bereich ihren Ausstoß um zwei Prozent steigern, wobei das reine Chemieergebnis (Basischemie) 2,5 Prozent unterhalb des Vorjahresergebnisses lag. Leicht rückläufig war die Produktion in der Papierindustrie mit minus 0,3 Prozent sowie in der Ernährungsindustrie mit minus ein Prozent.

Japans Industriekonjunktur hat zum Ende des dritten Quartals wieder Fahrt aufgenommen. Im kalender und saisonbereinigten Zweimonatsvergleich August/September 2022 stieg die Produktion gegenüber dem Vorzeitraum um 3,1 Prozent. Besonders im Maschinenbau und in der Elektroindustrie haben sich die Aktivitäten deutlich erhöht. Abnehmende Lieferengpässe dürften dabei eine Rolle gespielt haben. Der Einkaufmanagerindex (PMI) für das Verarbeitenden Gewerbe sendet andere Signale. Dieser ist den siebten Monaten in Folge gesunken. Im Oktober lag er bei einem Wert von 50,7 allerdings noch im Expansionsbereich, so dass sich die Produktion im vierten Quartal stabilisieren dürfte. Dies wiederum würde im Jahresergebnis auf einen Anstieg der Industrieproduktion um knapp ein Prozent hinauslaufen.

Japan: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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60 Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quelle: Macrobond

Südkorea: Leichte Expansion dank starkem ersten Halbjahr

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Südkoreas Industrie ist mit einem Produktionsplus von 5,4 Prozent im ersten Quartal ins Jahr 2022 gestartet. Vor allem die Pharmazeutische Industrie und die Elektroindustrie steigerten ihre Produktion zum Jahresbeginn kräftig. Im zweiten Quartal konnte das Expansionstempo nicht ganz gehalten werden, war aber mit mehr als vier Prozent weiter robust. Neben Pharma und Elektro nahmen auch die Aktivitäten im Fahrzeugbau wieder zu. Produktionseinbußen gab es bei der Metallherstellung, im Ma-

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schinenbau und in der chemischen Industrie. Mit Beginn der zweiten Jahreshälfte gerieten die wirtschaftlichen Aktivitäten ins Stocken. Kräftige Produktionseinbußen verzeichnete vor allem die Elektroindustrie sowie erneut die chemische Industrie.

Im Verarbeitenden Gewerbe ist die Produktion in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3,5 Prozent gestiegen. Unter den einzelnen Branchen konnte die Pharmazeutische Industrie ihre Produktion mit plus 15,1 Prozent am stärksten ausweiten. Auch die Elektroindustrie verbuchte ein zweistelliges Wachstum (plus 11,6 Prozent). Südkoreas Fahrzeugbauer verbuchten trotz schwachem Jahresstart per September immerhin noch ein Produktionsplus von 7,5 Prozent. Während im Maschinenbau die Produktion noch leicht zulegen konnte (plus 1,6 Prozent), verbuchten die metallverarbeitende Industrie und die chemische Industrie einen Rückgang um etwas mehr als fünf Prozent.

Für den restlichen Jahresverlauf deutet sich eine verhaltene Entwicklung an. Im kalender und saisonbereinigten Zweimonatsvergleich August/September 2022 sank die Industrieproduktion gegenüber dem Vorzeitraum um 2,8 Prozent. Der Einkaufmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe befindet sich zwar seit vier Monaten unterhalb der Expansionsschwelle, stieg aber im Oktober um 0,9 Indexpunkte auf einen Wert von 48,2. Trotz trüber Aussichten zum Jahresende dürfte Industrieproduktion aufgrund des starken ersten Halbjahres im gesamten Jahr 2022 um etwas mehr als drei Prozent steigen.

Südkorea: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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60 Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quelle: Macrobond

Vereinigtes Königreich: Ende der Talfahrt noch nicht in Sicht

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In Großbritannien ist die Industrieproduktion zu Jahresbeginn 2022 weiter gesunken. Im ersten Quartal gab die Produktion im Produzierenden Gewerbe (ohne Bau) sowohl im Vergleich zum Vorquartal als auch im Vorjahreszeitraum nach. In den beiden darauffolgenden Quartalen hat sich der Produktionsrückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit minus 2,5 Prozent beziehungsweise minus 3,4 Prozent sogar noch beschleunigt. Hieraus resultierte in den ersten neun Monaten ein Rückgang der Industrieproduktion im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,5 Prozent.

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Der Ausstoß im Verarbeitende Gewerbe hat sich im gleichen Zeitraum mit minus 4,1 Prozent sogar noch stärker vermindert. Unter den einzelnen Industriebranchen verzeichnete die metallverarbeitende Industrie mit minus 12,9 Prozent den stärksten Rückgang, gefolgt von den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (minus 12,4 Prozent). Zweistellige Produktionseinbußen in Höhe von 11,1 Prozent verbuchte auch der Maschinenbau. Im Fahrzeugbau waren die Produktionseinschränkungen mit minus 9,3 Prozent erheblich. Die chemische Industrie verminderte ihre Aktivitäten um 2,1 Prozent. Die Herstellung von pharmazeutischen Produkten nahm per September um 2,1 Prozent ab. Gegen den Trend konnten die Hersteller von Metallerzeugnissen und Nahrungsmitteln ihre Produktion steigern. Die Herstellung von Möbeln stieg sogar um acht Prozent an.

Am aktuellen Rand zeichnet sich noch keine Bodenbildung ab. Im kalender und saisonbereinigten Zweimonatsvergleich August/September 2022 sank die Industrieproduktion gegenüber dem Vorzeitraum um 1,6 Prozent. Der Einkaufmanagerindex für die Industrie, der bereits seit August eine sinkende Produktion anzeigt, sackte im Oktober auf ein 29 Monats Tief. Insofern dürften die industriellen Aktivtäten im vierten Quartal weiter abnehmen, so dass wir für das Vereinigte Königreich im laufenden Jahr mit einem Rückgang der Produktion um minus fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr rechnen.

Vereinigtes Königreich: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

Quelle: Macrobond

Europäische Union: Industrie setzt Wachstumskurs mit gedrosseltem

Tempo weiter fort

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In der Europäischen Union hat die Industrie ihren Erholungskurs im dritten Jahr nach Ausbruch der Pandemie fortsetzen können. Die Produktion im Produzierenden Gewerbe (ohne Bau) stieg im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,2 Prozent. Mit Ausnahme der Elektroindustrie und dem Fahrzeugbau konnten alle weiteren Industriebranchen ihre Produktion steigern. Im weiteren Jahresverlauf nahm das Expansionstempo mit Wachstumsraten von plus 1,7 Prozent im zweiten und plus 2,9 Prozent im dritten Quartal weiter zu, so dass in der Summe die EU Industrieproduktion in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,9 Prozent zulegen konnte.

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Im Verarbeitenden Gewerbe stieg die Produktion in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres ebenfalls um 1,9 Prozent. Unter den Leitbranchen verzeichnete der Maschinenbau mit plus 4,7 Prozent starke Zuwächse. Die Pharmazeutische Industrie befindet sich seit fast zwanzig Jahren auf Wachstumskurs. Sie steigerte ihre Produktion per September nochmals um 8,7 Prozent. Im Fahrzeugbau wurden die durch Lieferengpässe bedingten Produktionseinbußen aus der ersten Jahreshälfte im dritten Quartal mehr als kompensiert. Per September belief sich das Produktionsplus auf zwei Prozent. Im sonstigen Fahrzeugbau war die Produktion mit plus sechs Prozent deutlich höher als im Vorjahreszeitraum. Die Elektroindustrie verfehlte nach einem ausgesprochen guten Jahr 2021 das Vorjahresniveau um zwei Prozent. In den energieintensiven Industriezweigen wurden die Aktivitäten aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise etwas gedrosselt. In der chemischen Industrie verminderte sich der Ausstoß im Zeitraum Januar bis September um minus 3,5 Prozent, bei den Herstellern von Gummi und Kunststoffwaren um minus 0,8 Prozent. Die weniger konjunkturreagible, aber auch energieintensive Ernährungs und Genussmittelindustrie steigerte ihre Produktion im gleichen Zeitraum um 3,3 Prozent. Auch die metallverarbeitenden Unternehmen konnten ihre Produktion per September nochmals leicht steigern (plus 0,2 Prozent).

Die Entwicklungen am aktuellen Rand deuten auf eine Verlangsamung der industriellen Aktivitäten hin. In der Zweimonatsbetrachtung August/September 2022 stieg die Industrieproduktion in der EU zwar saison und kalenderbereinigt um 1,4 Prozent gegenüber dem Vorzeitraum. Allerdings ist der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe seit seinem Jahreshoch vom März bereits sieben Mal in Folge gesunken. Seit Juli bewegt er sich aber unterhalb von 50 Indexpunkten, die auf eine sinkende Produktion hindeuten. Wir rechnen im vierten Quartal mit einer Seitwärtsbewegung, so dass die Industrieproduktion in der EU im Jahresergebnis im Vergleich zum Vorjahr um etwas mehr als zwei Prozent steigen dürfte.

Europäische Union EU27: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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65 Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quelle: Macrobond

Deutschland: Etwas Entspannung bei Lieferengpässen

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In Deutschland geriet die konjunkturelle Erholung in der Industrie zum Jahreswechsel 2021/2022 wieder ins Stocken. So verminderte sich die Produktion des Produzierenden Gewerbes (ohne Bau) im

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ersten Quartal 2022 trotz hoher Auftragsbestände im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ein Prozent. Im zweiten Quartal sank die Produktion im Vorjahresvergleich nochmals um 1,3 Prozent. Zwar kehrte die Industrie dank abnehmender Lieferengpässe in der Automobilindustrie und kräftigem Wachstum in Maschinenbau und in der Elektroindustrie im dritten Quartal auf Wachstumskurs zurück. Dies reichte aber nicht vollständig aus, das schwache Ergebnis aus der ersten Jahreshälfte vollständig zu kompensieren. Im Ergebnis sank die Industrieproduktion in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um minus 0,2 Prozent.

Im Verarbeitenden Gewerbe sank die Produktion im Zeitraum Januar bis September im Vorjahresvergleich ebenfalls leicht. Mit Blick auf die einzelnen Branchen verzeichneten der sonstige Fahrzeugbau mit plus 6,5 Prozent, die Elektroindustrie mit plus 4,2 Prozent und die pharmazeutische Industrie (plus 3,8 Prozent) die stärksten Zuwächse. Im Fahrzeugbau stieg die Produktion um 1,3 Prozent, nachdem im Vorjahr noch ein Rückgang von etwas mehr als drei Prozent zu verzeichnen war. Der Maschinenbau trat quasi auf der Stelle (minus 0,3 Prozent). Die nicht so konjunkturreagible Ernährungs und Genussmittelindustrie expandierte leicht um plus 1,5 Prozent. Bei den energieintensiveren Branchen waren hingegen spürbare Produktionsdrosselungen zu verzeichnen. So sank die Produktion der metallerzeugenden und verarbeitenden Betriebe per September um 2,3 Prozent, bei den Herstellern von Gummi und Kunststoffwaren um 3,7 Prozent und in der chemischen Industrie sogar deutlich um minus 8,2 Prozent.

Deutschland: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quelle: Macrobond

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Der Ausblick für die drei verbleibenden Monate des laufenden Jahres bleibt schwierig. Die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes weisen noch einen hohen Auftragsbestand auf, sind aber gleichzeitig hohen Energiepreisen und geopolitischen Unsicherheiten ausgesetzt. Am aktuellen Rand sank die Industrieproduktion in der Zweimonatsbetrachtung August/September 2022 gegenüber dem Vorzeitraum zwar um 0,4 Prozent, konnte aber im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit plus 3,7 Prozent deutlich zulegen. Dies war vor allem der positiven Entwicklung im Fahrzeugbau geschuldet. In der mittleren Frist sind die Aussichten etwas trüber. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe hat seit Mai 2022 kontinuierlich an Boden verloren, sank seither von einem Jahrestiefstand zum

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nächsten, mit zuletzt nur noch 45,1 Indexpunkten im Oktober 2022. Wir rechnen aufgrund des Auftragsvorlaufes und auf Basis der Brancheneinschätzungen im laufenden Jahr noch mit einer leicht steigenden Produktion in einer Größenordnung von einem Viertel Prozent.

Frankreich: Produktion in vielen Branchen noch immer geringer als vor Ausbruch der Pandemie

In Frankreichs Industrie ist die konjunkturelle Erholung seit Jahresbeginn nur langsam in Schwung gekommen. Das Produzierende Gewerbe (ohne Bau) verbuchte im ersten Quartal 2022 ein minimales Produktionsplus von 0,2 Prozent (Vorjahresvergleich). Im zweiten Quartal wurde das Produktionsniveau des Vorjahres hingegen leicht verfehlt. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte zog die Industriekonjunktur zwar wieder an. Die Ausbringung der Industrie stieg im Vorjahresvergleich um 0,7 Prozent, war damit aber im dritten Quartal 2022 immer noch knapp vier Prozent geringer als vor Ausbruch der Corona Pandemie. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist die Produktion in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres um insgesamt 0,3 Prozent gestiegen.

Frankreich: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quelle: Macrobond

Im Verarbeitenden Gewerbe stieg die Produktion im gleichen Zeitraum um 1,8 Prozent. Die stärksten Produktionssteigerungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verbuchte die Elektroindustrie mit plus 4,5 Prozent und der sonstige Fahrzeugbau mit plus 3,6 Prozent. Trotz schwacher erster Jahreshälfte konnte auch der Fahrzeugbau per September ein überdurchschnittliches Produktionsplus von 2,6 Prozent ausweisen. In der weniger konjunkturreagiblen Ernährungsindustrie betrug das Wachstum 0,9 Prozent und im Pharma Bereich plus 2,1 Prozent. Die metallverarbeitende Industrie drosselte ihre Produktion leicht um 0,3 Prozent. Der Maschinenbau und die chemische Industrie verminderten ihre Aktivitäten in den ersten neuen Monaten um 1,5 beziehungsweise 1,8 Prozent. Verglichen mit dem vierten Quartal 2019, dem Quartal vor Ausbruch der Corona Pandemie, konnten nur Frankreichs Elektroindustrie und Pharmaindustrie das Vorkrisenniveau wieder überschreiten.

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 13

Am aktuellen Rand entspricht der Produktionsverlauf bei weitem nicht dem was die Stimmungsindikatoren anzeigen. In der Zweimonatsbetrachtung August/September 2022 stieg die Industrieproduktion saison und kalenderbereinigt gegenüber dem Vorzeitraum um zwei Prozent. Dies war auch der vierte Anstieg in Folge. Gleichzeitig ist der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe nicht nur zwei Monate in Folge gesunken. Er lag mit 47,7 beziehungsweise 47,2 Indexpunkten unter dem Wert von 50 ab dem eine Schrumpfung bei der Produktion angezeigt wird. Im Jahresergebnis 2022 dürfte die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe in Frankreich um rund zwei Prozent steigen und damit den Rückstand auf das Produktionsniveau des Jahres 2019 vermindern.

Italien: Chemie und Fahrzeugbau mit Wachstumsschwächen

Italiens Industrie (Produzierendes Gewerbe ohne Bau) ist mit einem Produktionsplus in das Jahr 2022 gestartet. Die Industrieproduktion stieg im Vorjahresvergleich um 1,5 Prozent. Im zweiten Quartal nahmen die Aktivitäten mit plus 1,9 Prozent sogar noch etwas stärker zu. Auch im dritten Quartal lag die Ausbringung in der Industrie trotz nachlassender Dynamik über Vorjahresniveau. Alles in allem stieg die Industrieproduktion in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,2 Prozent.

Italien: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quelle: Macrobond

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Das Verarbeitende Gewerbe weist für den gleichen Zeitraum mit plus 1,3 Prozent einen ähnlich starken Produktionsanstieg aus. Unter den einzelnen Branchen verbuchte die pharmazeutische Industrie mit plus elf Prozent den mit Abstand stärksten Anstieg, gefolgt vom sonstigen Fahrzeugbau und der Ernährungsindustrie, die um 3,8 beziehungsweise drei Prozent expandierten. Robuste Zuwächse von plus 2,7 Prozent verbuchte der Maschinenbau und die Elektroindustrie konnte selbst nach dem Rekord Jahr 2021 ihre Produktion nochmals steigern. Obwohl der Fahrzeugbau seine Aktivitäten im dritten Quartal kräftig ausweiten konnte, lag die Produktion per September noch immer 1,3 Prozent unter Vorjahresniveau. Dies strahlte auf die zuliefernden Branchen aus. Die metallverarbeitende Industrie musste ihre Produktion um 4,6 Prozent drosseln und in der chemischen Industrie sank die Ausbringung um minus 2,4 Prozent. Damit lag im dritten Quartal 2022 in allen anderen Branchen mit Ausnahme der Chemischen Industrie, der metallverarbeitenden Industrie und dem Fahrzeugbau das Produktionsniveau wieder über dem des vierten Quartals 2019.

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 14

Für den weiteren Jahresverlauf deutet sich eine stagnierende Produktion an. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe ist im Oktober auf ein neues Jahrestief gesunken und befindet sich mit 46,5 Indexpunkten deutlich unterhalb der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Allerding war der Produktionsverlauf am aktuellen Rand eher aufwärtsgerichtet. So stieg Produktion in der Zweimonatsbetrachtung August/September 2022 sowohl gegenüber dem Vorzeitraum als auch gegenüber dem Vorjahreswert wieder an. Wir rechnen daher mit einem kleinen Produktionsplus im Jahresendquartal. Im Jahresergebnis dürfte die Produktion um etwas mehr als ein Prozent steigen.

Spanien: Produktion gerät zum Jahresende ins Stocken

In Spanien setzte sich die konjunkturelle Erholung in der Industrie zu Jahresbeginn weiter fort. Das Produzierende Gewerbe (ohne Bau) verbuchte im ersten Quartal 2022 ein Produktionsplus von 1,7 Prozent (Vorjahresvergleich). Der Abstand auf das Vorkrisenniveau (viertes Quartal 2019) hatte sich damit auf nur noch 0,2 Prozentpunkte reduziert. Im Sommerhalbjahr nahmen die Aktivitäten deutlich zu. Im zweiten Quartal stieg die Produktion im Vorjahresvergleich um 4,7 und im dritten Quartal erhöhte sich die Zuwachsrate gegenüber dem Vorjahr auf 4,8 Prozent. In der Summe konnte Spaniens Industrie in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres die Produktion im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,7 Prozent steigern.

Spanien: Industrieproduktion*, Einkaufsmanagerindex

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Industrieproduktion (rechte Achse) Einkaufsmanagerindex saisonbereinigt (linke Achse)

*Produktionsindex: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quelle: Macrobond

Im Verarbeitenden Gewerbe erhöhte sich die Produktion im gleichen Zeitraum um 2,9 Prozent. Unter den Leitbranchen stieg die Produktion im Maschinenbau und bei den Herstellern von Pharmazeutika mit jeweils plus 6,2 Prozent am stärksten an. Ebenfalls überdurchschnittlich mit jeweils mehr als fünf Prozent war der Produktionsanstieg im Fahrzeugbau sowie im sonstigen Fahrzeugbau. Auch die Elektroindustrie konnte an ihrem guten Vorjahresergebnis anknüpfen und die Produktion um weitere 3,6 Prozent ausweiten. Es fällt auf, dass die metallverarbeitende Industrie nicht von dieser positiven Entwicklung profitieren konnte und einen Produktionsrückgang von einem Prozent verbuchte. In der

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 15

chemischen Industrie lag der Ausstoß 1,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die weniger konjunkturreagible Nahrungs und Genussmittelindustrie steigerte ihre Produktion per September 2022 im Vorjahresvergleich um 2,5 Prozent.

Die zuletzt verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die konjunkturelle Entwicklung an Schwung verloren hat. Am aktuellen Rand sank die Produktion in der Zweimonatsbetrachtung August/September 2022 gegenüber dem Vorzeitraum zwar saison und kalenderbereinigt um minus 0,3 Prozent. Das Vorjahresniveau wurde aber um mehr als zwei Prozent übertroffen. Der Einkaufmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe liegt bereits seit Juli leicht unterhalb der Schwelle von 50 Punkten, ab der eine Kontraktion angezeigt wird und hat im Oktober mehr als drei Indexpunkte abgegeben. Wir erwarten daher im vierten Quartal keine Produktionssteigerung mehr. Im Jahresvergleich dürfte das Verarbeitende Gewerbe Spaniens dennoch seine Produktion im Vergleich zum Vorjahr um bis zu drei Prozent ausweiten.

Welthandel

Durch den Krieg in der Ukraine hat der weltweite Handel für kurze Zeit an Schwung verloren. Im März 2022 sank das Welthandelsvolumen nach Angaben des Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB) im Vormonatsvergleich um 1,3 Prozent und im April um weitere 0,1 Prozent. Bereits im Mai war die Erholung der Handelsaktivitäten so kräftig, dass das Niveau vor Ausbruch des russischen Angriffskrieges wieder überschritten wurden. Per August ist das weltweite Handelsvolumen im Vergleich zum Vorzeitraum um 4,4 Prozent gestiegen.

Welt: Exporte nach Herkunftsregionen

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entwickelte Volkswirtschaften Schwellenländer

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Index: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr Quelle: Macrobond

Die Schwellenländer exportierten in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres insgesamt 5,4 Prozent mehr Waren als vor Jahresfrist. Mit plus 10,9 Prozent verzeichneten die Ausfuhren aus Afrika und dem Mittleren Osten den stärksten Zuwachs, gefolgt von den asiatischen Schwellenländern (ohne China), deren Exporte um 8,8 Prozent zulegen konnten. Chinas Exporte legten mit plus 2,4 Prozent nur unterdurchschnittlich zu. Kaum Bewegung gab es bei den Ausfuhren und aus Mittel

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 16

und Osteuropa die nur um 0,4 Prozent anstiegen. Die Ausfuhren aus Lateinamerika stiegen per August mit plus 6,6 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich.

Die Exporte der entwickelten Volkswirtschaften stiegen per August 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um insgesamt 2,6 Prozent. In dieser Ländergruppe gingen die stärksten Impulse von den Vereinigten Staaten aus, die ihre Warenausfuhren mit plus 4,2 Prozent überdurchschnittlich steigern konnten. Die Exporte aus dem Vereinigten Königreich stiegen mit plus 5,5 Prozent zwar noch etwas stärker an. Nach zwei Jahren Rückgang und einem Jahr Stagnation bei den Ausfuhren war hier das niedrige Ausgangsniveau die Ursache für die positive Entwicklung. Eher verhalten gestaltete sich die Entwicklung in Asien. Japans Ausfuhren sanken in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres leicht um 0,5 Prozent und die restlichen entwickelten asiatischen Volkswirtschaften konnten ihre Ausfuhren mit plus 1,1 Prozent nur leicht steigern. Aus dem Euroraum wurden 3,4 Prozent mehr Waren ausgeführt als vor Jahresfrist. Die Exporte aus den restlichen entwickelten Volkswirtschaften stiegen mit plus 3,5 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich.

Am aktuellen Rand sind die Handelsaktivitäten etwas ins Stocken geraten. Die weltweiten Exporte stiegen im August 2022 im Vergleich zum Vormonat nur noch leicht um 0,4 Prozent. Während die Exporte aus den entwickelten Volkswirtschaften zuletzt um 1,6 Prozent zulegen konnten, sanken die Ausfuhren aus den Schwellenländern mit minus 1,9 Prozent bereits den zweiten Monat in Folge. Auch wenn die Handelsaktivitäten bis zum Jahresende stagnieren, dürfte der Welthandel im laufenden Jahr um etwas mehr als vier Prozent zulegen.

Entwicklung der deutschen Exporte

Die deutschen Exporte sind auch nach dem Jahreswechsel weiter angestiegen. Die Ausfuhren erhöhten sich im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahresquartal um 11,1 Prozent, wobei der Anstieg

Deutschland: Exporte nach Zielregionen

Index: 2 Monatsdurchschnitt, kalender und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr

Quellen: Macrobond, Deutsche Bundesbank

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vor allem auf höhere Absatzpreise zurückzuführen war. Im zweiten Quartal setzte sich das Expansionstempo weiter fort. Die Ausfuhren legten getrieben durch ein starkes USA Geschäft um 15,1 Prozent zu. Im Vergleich dazu entwickelte sich das Asien Geschäft mit einem Plus von 8,2 Prozent unterdurchschnittlich. Auch im dritten Quartal dominierte das US Geschäft mit einem Anstieg um mehr als 33 Prozent. Die Ausfuhren in den Euroraum stiegen ebenfalls überdurchschnittlich (plus 19,5 Prozent) und auch das Asien Geschäft kam langsam in Schwung (plus 16,8 Prozent).

Alles in allem stiegen die deutschen Exporte in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 14,7 Prozent. Mit Blick auf die Zielregionen sind die Exporte in die USA mit plus 29,5 Prozent überdurchschnittlich stark gestiegen. Die Ausfuhren in die Eurozone stiegen mit plus 16,2 Prozent leicht überdurchschnittlich. Der Handel mit den restlichen Mitgliedstaaten der EU entwickelte sich mit plus 14,3 Prozent etwas langsamer. Bedingt durch das schwache China Geschäft stiegen die Ausfuhren nach Asien nur um 10,4 Prozent. Exporte in die restlichen Länder nahmen nur um zehn Prozent zu.

Am aktuellen Rand haben die Exportaktivitäten weiter zugenommen. In den Monaten August und September sind sie im Vorjahresvergleich in nominaler Rechnung jeweils um mehr als 20 Prozent gestiegen. Selbst bei stagnierenden Exporten bis zum Jahresende, dürften für das gesamte Jahr 2022 die deutschen Exporte um nominal 15 Prozent steigen. In realer Rechnung entspricht dies einem Anstieg um 2 ½ Prozent.

Industriebranchen in Deutschland

Automobilindustrie: Produktion auf moderatem Erholungskurs

Produktion

Nach den diversen globalen Krisen, die die Automobilindustrie in den letzten Jahren heimgesucht haben wie Corona Pandemie, Halbleitermangel und Ukraine Krieg, der vorübergehend die Versorgung mit Kabelbäumen erschwert hat, deutet sich in der zweiten Jahreshälfte eine gewisse Entspannung an. Dies ist abzulesen an der Kapazitätsauslastung, die im Branchenmittel leicht von 82,4 Prozent im zweiten Quartal auf 85,1 Prozent im vierten Quartal angestiegen ist. Gleichzeitig hat sich auch die schwierige Lage bezüglich der Materialknappheit, über die im zweiten Quartal noch 89,1 Prozent der Unternehmen klagten, entspannt. Zu Beginn des vierten Quartals ging dieser Wert auf 75,1 Prozent zurück.

Diese Entwicklung hat sich positiv auf die inländische Pkw Produktion ausgewirkt. In den ersten zehn Monaten konnte die Fertigung um zehn Prozent auf 2,79 Millionen Pkw ausgeweitet werden. In den letzten drei Monaten kam es zu hohen zweistelligen prozentualen Zuwachsraten zu den Vorjahresmonaten. Hierbei ist jedoch das schwache Vorjahreslevel zu beachten. Die Produktion erreichte letztes Jahr mit 3,1 Millionen Einheiten den tiefsten Stand seit 1975. Für dieses Jahr gehen wir von einem Wachstum sieben Prozent auf 3,3 Millionen Pkw aus.

Was die Auftragslage angeht, so wird der Pkw Auftragsbestand im Inland nun langsam abgebaut. Die Auftragsreichweite liegt jedoch mit über acht Monaten bei den Herstellern weiterhin sehr hoch. Gleichzeitig sind die Pkw Auftragseingänge seit Juli deutlich rückläufig. Stabilisierend wirken hier die Auslandsorder, die im Oktober angezogen sind.

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 18

Die Transformation hin zur E Mobilität lässt sich deutlich an den Produktionszahlen ablesen. Im August und September war bereits jeder vierte im Inland hergestellte Pkw mit einem E Motor ausgestattet. Elektro liegt damit als Antriebsart bereits vor dem Diesel (inklusive Mild Hybrid). In den ersten drei Quartalen liefen sogar 343.100 rein elektrisch betriebene Pkw von den Montagebändern, ein überdurchschnittlicher Zuwachs um 53 Prozent.

Es kommt hierdurch jedoch auch zu einem herausfordernden Umstrukturierungsprozess in der Automobilindustrie, besonders stark sind hiervon aufgrund der geringeren Komplexität eines Elektromotors die Zulieferer betroffen. Dies äußert sich in rückläufigen Beschäftigungszahlen. Insgesamt waren 772.900 Personen (minus zwei Prozent zu Vorjahr) in der Automobilindustrie beschäftigt, bei den Zulieferern waren es 274.000 (minus sechs Prozent).

Export

Mit plus neun Prozent entwickeln sich die Exporte n den ersten drei Quartalen ähnlich wie die Produktion. Hintergrund sind der schwache europäische Markt und die Corona Lockdowns in China in der ersten Jahreshälfte. Die Exportquote sinkt leicht auf 76,1 Prozent. In den ersten zehn Monaten sind die Ausfuhren um neun Prozent auf 2,13 Millionen Stück angestiegen. Als wichtigster Handelspartner etablieren sich nun die USA mit 255.200 Pkw (plus 25 Prozent), die sich vor Großbritannien mit 238.200 Stück (plus neun Prozent) setzen. Es folgt China mit 199.100 Einheiten (minus ein Prozent).

Kontakt: Alexander Fritz; Tel.: +49 30 8978 423 33; E Mail: alexander.fritz@vda.de

Bauindustrie: Schwieriges Baujahr 2023 zu erwarten

Bevor die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine mit voller Wucht zuschlugen, entwickelte sich die Baukonjunktur im ersten Quartal noch erwartungsgemäß. Der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe legte real um 4,1 Prozent zu, der baugewerbliche Umsatz auch dank der guten Witterungsbedingungen um 5,6 Prozent.

Seitdem hat sich das Bild deutlich gewandelt. Zwar legten in den ersten acht Monaten Auftragseingang (10,3 Prozent) und Umsatz (11,5 Prozent) nominal noch jeweils zweistellig zu. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass im Spätherbst die aktuelle Geschäftslage im Bauhauptgewerbe per Saldo noch leicht positiv eingestuft wird.

Diese Zahlen werden allerdings durch die Baupreisentwicklung komplett entwertet. Der Deflator der Bauinvestitionen dürfte im laufenden Jahr bei 18 Prozent liegen, dies ist der höchste Wert in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Diese Steigerungsrate sorgt dafür, dass sowohl beim Auftragseingang als auch beim Umsatz die reale Entwicklung in den ersten acht Monaten bei jeweils minus fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr liegt.

Positiv zu vermerken ist allerdings, dass im Bauhauptgewerbe zur Jahresmitte mit 72 Milliarden Euro der höchste Auftragsbestand seit der deutschen Wiedervereinigung verbucht werden konnte. Zusammen mit der vom ifo Institut erhobenen Reichweite der Auftragsbestände dürfte dies das Bauhauptgewerbe bis in das Frühjahr des kommenden Jahres auslasten.

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 19

Negativ zu Buche schlagen allerdings einige Tendenzen. Trotz des Rückgangs seit der Jahresmitte meldet immer noch nahezu jede dritte Baufirma eine Beeinträchtigung ihrer Produktion durch Materialknappheit. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Firmen, die über Auftragsstornierungen berichten, seit Ausbruch des Krieges verdreifacht.

Die anhaltend hohen Baumaterialpreise schlagen nicht nur bei der Ertragslage der Baufirmen zu Buche. Sie sorgen auch für hohe Bauleistungspreise, was die Nachfrage potentieller Investoren dämpft.

Besonders problematisch dürfte allerdings die Zinsentwicklung sein. Von 2009 bis 2021 führten die drastisch rückläufigen Zinsen für Hypothekarkredite zu einer deutlich günstigeren Refinanzierung von Bauinvestitionen. Die Niedrig oder sogar Negativzinsen am Kapitalmarkt sorgten für ein deutlich steigendes Interesse der Investoren an Immobilieninvestitionen. Gleichzeitig sanken dadurch die staatlichen Ausgaben für Zinszahlungen, was zumindest teilweise dem Öffentlichen Bau zugute kam. Die seit Jahresbeginn 2022 deutlich gestiegenen Zinsen dürften diesen Tendenzen zumindest partiell ein Ende setzen.

Entsprechend hat sich die Stimmung in der Branche deutlich eingetrübt. Dies gilt besonders für die Geschäftserwartungen. Im Februar (vor Kriegsausbruch) 2022 lag der saisonbereinigte Saldo im Bauhauptgewerbe bei minus 15 Punkten. Bis zum Oktober war ein deutlicher Rückgang auf minus 47 Punkte zu verzeichnen.

Die Bauindustrie hat daher im Spätherbst ihre Erwartungen an die baukonjunkturelle Lage im laufenden Jahr deutlich gesenkt, erwartet wird nun ein realer Rückgang der Umsätze im Bauhauptgewerbe von fünf Prozent. Für das neue Jahr ist mit einer weiterhin rückläufigen Entwicklung zu rechnen.

Positiv entwickelt sich dagegen noch der Bauarbeitsmarkt. Von Januar bis August nahm die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe um zwei Prozent zu. Dies dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass ein Viertel der Beschäftigten älter als 50 Jahre ist und in absehbarer Zeit aus dem Erwerbsleben ausscheidet.

Kontakt: Heinrich Weitz; Tel.: +49 30 21286 144; E Mail: heinrich.weitz@bauindustrie.de

Baustoff-Steine-Erden-Industrie: Geschäftserwartungen auf historischem Tief

Die Konjunktureinschätzungen für die Baustoff Steine Erden Industrie haben sich im Jahresverlauf 2022 zusehends verschlechtert. Weite Teile der Branche wie z.B. die Ziegel , Fliesen und Zement herstellung sind energieintensiv oder hängen wie etwa die Betonindustrie von energieintensiven Vorprodukten ab. Damit ist die Branche stark von den durch den Ukraine Krieg verursachten massiven Energiepreissteigerungen betroffen. Ein Teil der Mehrkosten wurde, wie auch bei zahlreichen anderen Vorprodukten, bislang durch höhere Erzeugerpreise weitergegeben. Dies schlägt sich neben anderen Faktoren wiederum in weiter steigenden Baupreisen nieder. Zusammen mit dem verschlechterten Finanzierungsumfeld und der allgemein hohen Unsicherheit sind damit deutliche Auswirkungen auf die Baukonjunktur absehbar. Dabei dürfte sich insbesondere der Wohnungsneubau schwach entwickeln: Zwar werden bereits begonnene Projekte noch durchgeführt, neue Bauvorhaben werden jedoch angesichts der Umstände vielfach zunächst aufgeschoben.

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 20

Die reale Baustoff Steine Erden Produktion ist nach einem freundlichen Start ins Jahr (erstes Quartal: real plus 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) im zweiten Quartal um 3,7 Prozent zurückgegangen. Im dritten Quartal war ein weiterer Rückgang um 6,5 Prozent zu verzeichnen (Januar bis September: minus 1,9 Prozent). Da sich die Produktion trotz der Rückgänge immer noch auf relativ hohem Niveau befindet (Kapazitätsauslastung 10/2022: 85,6 Prozent), wird die aktuelle Geschäftslage mit einem Saldo von plus 20 Punkten trotz eines seit Sommer 2021 bestehenden Abwärtstrends immer noch recht positiv eingeschätzt. Angesichts der absehbar deutlich verschlechterten Nachfrage aus dem Bau und aus anderen Branchen sowie der erheblichen Unsicherheit bezüglich der künftigen Rahmenbedingungen sind die Geschäftserwartungen jedoch abgestürzt und befinden sich mit minus 60 Punkten auf einem historischen Tief.

Alles in allem erwartet der Bundesverband Baustoffe Steine und Erden, dass die Produktion des Sektors 2022 in der Größenordnung von minus zwei Prozent zurückgeht. 2023 dürfte sich die Abwärtsdynamik deutlich erhöhen, wobei erhebliche Prognoseunsicherheiten bestehen. Bezogen auf die einzelnen Subsektoren dürften insbesondere rohbaunahe Bereiche mit stärkeren Rückgängen konfrontiert sein, während sich der Bereich der Gebäudesanierung etwas stabiler entwickeln könnte. Die absehbar greifende teilweise Deckelung der Gas und Strompreise dürfte immerhin dazu beitragen, dass sich die Preisentwicklung bei energieintensiven Erzeugnissen beruhigt und dies perspektivisch auch stabilisierende Wirkung auf nachgelagerte Bereiche wie die Bauwirtschaft hat.

Kontakt: Christian Engelke; Tel.: +49 30 7261 999 29; E Mail: c.engelke@bvbaustoffe.de

Chemieindustrie: Chemiegeschäft unter Druck

Die Energiekrise hält die deutsche Chemie und Pharmaindustrie weiterhin in Atem. Die Lage hat sich in den Sommermonaten noch einmal verschlechtert. Extrem hohe Energiepreise zwingen die Branche, energieintensive Prozesse zu drosseln. Einzelne Anlagen stehen still. Vom Produktionsrückgang sind aber nicht nur die energieintensiven Sparten, sondern alle Sparten betroffen. Von Januar bis September lag die Produktion der Branche insgesamt um gut 4,5 Prozent unter Vorjahr. In der Chemieindustrie (ohne Pharma) betrug das Minus bereits über acht Prozent. Alle Sparten verfehlten ihr Vorjahresniveau. Die Kapazitätsauslastung der Branche sank zuletzt deutlich unter Normalniveau. Gleichzeitig fällt es den Unternehmen immer schwerer, die kräftig gestiegenen Energiekosten in der Wertschöpfungskette weiterzugeben. Die Umsätze der Branche sanken im dritten Quartal 2022 erstmals seit zwei Jahren wieder. Insbesondere der Inlandsumsatz gab kräftig nach. Eine sich abschwächende Weltwirtschaft und die schwache Industriekonjunktur in Deutschland führten zu einem Nachfragerückgang nach chemischen Erzeugnissen. Die Auftragseingänge gingen merklich zurück und auch der Auftragsbestand nahm ab. Im bisherigen Jahresverlauf erreichte die Branche zwar noch ein Umsatzplus von 21 Prozent. Dieses war aber allein preisgetrieben und kompensierte den Kostenanstieg nicht. Die Ertragslage in den Unternehmen hat sich dramatisch verschlechtert. Entsprechend pessimistisch fällt die aktuelle Lagebeurteilung der Unternehmen aus.

Ausblick: Schwierige Monate stehen bevor

Die Geschäftserwartungen der Unternehmen sind schon seit Monaten im Keller. Viele rechnen für die kommenden Monate mit einer weiteren Verschlechterung der Lage. Zwar sanken an den europäischen

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 21

Börsen zuletzt die Gas und Strompreise deutlich. Doch die sinkenden Energiepreise kommen noch nicht bei den Unternehmen an. Zudem kann sich die Situation bei einem Kälteeinbruch und dann sinkenden Gasspeicherständen schlagartig wieder ändern.

In den kommenden Monaten muss mit einer weiteren Abschwächung der Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen gerechnet werden. Deutschland und Europa rutschen in die Rezession. Auch die Industrieproduktion dürfte hierzulande zum Jahresende sinken. Dann wird es für Chemieunternehmen noch schwerer, die hohen Energie und Rohstoffkosten an die Kunden weiterzugeben. Das Inlandsgeschäft dürfte daher zum Jahresende seine Talfahrt fortsetzen.

Auf den Exportmärkten sieht es zwar insgesamt etwas besser aus. In einigen europäischen Ländern, in Nordamerika und in Asien ist die Industrieproduktion trotz der weltwirtschaftlichen Flaute auf moderatem Wachstumskurs. Von der Auslandsnachfrage nach Chemikalien kann die deutsche Chemie aber wegen der hohen Energiepreise und der damit verbundenen Wettbewerbsnachteile nur eingeschränkt profitieren. Es steht zu befürchten, dass auch das Exportgeschäft zum Jahresende ins Minus rutscht.

Für das Gesamtjahr 2022 bedeutet dies ein deutliches Minus der Produktion in Höhe von 5,5 Prozent. Rechnet man das Pharmageschäft heraus, sinkt die Chemieproduktion sogar um 8,5 Prozent. Der Branchenumsatz kann angesichts einer Preissteigerung in Höhe von 21,5 Prozent zwar immer noch zweistellig wachsen (plus 16 Prozent). Ein Grund zur Freude ist dies aber nicht. Steigende Kosten führen zu einer Anhebung der Preise und damit zum Umsatzplus. Die Preiserhöhungen decken aber bei weitem nicht die Kostenanstiege ab.

Kontakt: Christiane Kellermann; Tel.: +49 69 2556 1585; E Mail: kellermann@vci.de

Deutsche Elektro- und Digitalindustrie: Branche zeigt sich trotz konjunktureller Abkühlung robust

Die deutsche Elektro und Digitalindustrie trotzt bisher dem sich verschlechternden makroökonomischen Umfeld. Nachdem die Rückgänge aus dem ersten 2020er Pandemie Jahr bei Umsatz und Produktion im vergangenen Jahr bereits mehr als aufgeholt wurden, hat sich die positive Wachstumsentwicklung auch in den ersten drei Quartalen 2022 fortgesetzt. Dabei war das Wachstum auch preisgetrieben: Nominale Kennzahlen (Umsatz, Exporte) verzeichneten eine wesentlich höhere Dynamik als reale (Produktion).

Die nominalen Umsätze der deutschen Elektro und Digitalindustrie beliefen sich in den ersten neun Monaten auf 164,1 Milliarden Euro, womit sie 11,7 Prozent über dem Vorjahresniveau lagen. Im gesamten Jahr 2021 hatte der Umsatz mit 200,4 Milliarden Euro erstmals die 200 Milliarden Euro Marke übertroffen. Gleichzeitig erhöhten sich die Erzeugerpreise im Zeitraum von Januar bis einschließlich September dieses Jahres um 7,1 Prozent. Zuvor waren die Preise für Güter der Elektroindustrie von 2015 bis Ende 2021 jährlich im Durchschnitt um 0,7 Prozent gestiegen die Preisentwicklung spielte entsprechend für die Branchenkonjunktur also nahezu keine Rolle. Bei der realen Produktion steht nach den ersten drei Quartalen des Jahres ein Plus von 3,5 Prozent zu Buche, womit sich die deutsche Elektro und Digitalindustrie im bisherigen Jahresverlauf wesentlich besser schlägt als das Verarbei-

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tende Gewerbe insgesamt. Letzteres dürfte einerseits damit zusammenhängen, dass die Elektroindustrie wenig energieintensiv ist (Energiekosten machen weniger als ein Prozent am Umsatz aus), andererseits profitiert die Branche von den langfristigen Trends zur Digitalisierung und Elektrifizierung.

Hohe Auftragseingänge im vergangenen Jahr (plus 23,5 Prozent) und in den ersten drei Quartalen (plus 11,7 Prozent), gepaart mit einer angespannten Situation bei den Lieferketten zuletzt gaben immer noch 78 Prozent der Elektrounternehmen an, von Materialknappheit belastet zu werden , haben zu im historischen Vergleich hohen Auftragsbeständen in Höhe von 5,2 Produktionsmonaten geführt. In früheren Zeiten schwankte dieser Wert etwa zwischen drei und vier Monaten. Gleichzeitig befindet sich die Kapazitätsauslastung mit 88,2 Prozent ebenfalls auf einem hohen Niveau.

Bei der Zahl der Branchenbeschäftigten setzt sich die positive Entwicklung fort. Aktuell beschäftigt die deutsche Elektro und Digitalindustrie 894 Tausend Mitarbeiter und damit zweieinhalb Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Zeichen einer möglicherweise bevorstehenden konjunkturellen Eintrübung offenbaren sich bisher lediglich beim ifo Geschäftsklima. Während hier die Einschätzung der aktuellen Lage zwar im Jahresverlauf zurückgegangen, aber immer noch positiv ist, sind die Erwartungen stärker rückläufig. Letzteres ist dabei zeitlich eindeutig dem Beginn des Ukraine Kriegs zuzuordnen.

Der ZVEI hat seine Produktionsprognose für 2022 von plus vier Prozent bislang nicht zurücknehmen müssen.

Elektroexporte: Erneuter Rekordwert in Aussicht

Nachdem die Exporte der deutschen Elektro und Digitalindustrie bereits im vergangenen Jahr mit 226,3 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert markierten, sieht es nach den ersten neun Monaten 2022 und einem Plus von 8,2 Prozent auf 180,3 Milliarden Euro so aus, dass dieser Wert nochmal übertroffen werden dürfte.

Im Ranking der zehn größten Abnehmerländer bleibt China die Nummer eins. Dorthin wurden von Januar bis einschließlich September 2022 Elektroerzeugnisse im Wert von 19,8 Milliarden Euro aus Deutschland exportiert (plus 5,8 Prozent zum Vorjahreszeitraum). Bei den Elektroausfuhren in die USA (Rang 2) resultiert im gleichen Zeitraum ein Wert von 17,5 Milliarden Euro, was zum Vorjahr einem starken Anstieg um 22,9 Prozent gleichkommt. Mit einem kumulierten Ausfuhrvolumen von 58,8 Milliarden Euro (plus 7,6 Prozent) für die ersten drei Quartale steht die Eurozone für ein Drittel aller deutschen Elektroausfuhren.

Wenngleich die Exporterwartungen mit dem Ausbruch des Ukraine Kriegs einen ordentlichen Dämpfer erhalten haben, so bewegen sie sich bislang doch weiterhin im positiven Terrain (plus sechs Prozentpunkte).

Kontakt: Matthias Düllmann; Tel.: +49 69 6302 329; E Mail: matthias.duellmann@zvei.org

Industriebericht | Industrieproduktion und Handel nach Branchen 21/11/2022 23

Digitalbranche

In der Digitalbranche liefen die Geschäfte im Oktober wieder etwas besser als im September, die Aussichten für die kommenden Monate sind indes noch stärker von Unsicherheiten geprägt. Die aktuelle Geschäftslage der IT und Telekommunikationsunternehmen liegt im Oktober bei 34,9 Punkten und damit vier Punkte höher als noch im September. Die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate sinken allerdings um gut drei Punkte auf minus 18,4 Punkte. Bereits im September waren die Geschäftserwartungen um zehn Punkte auf minus 15,5 Punkte zurückgegangen. Das zeigt der Bitkom ifo Digitalindex. Der Index bildet die aktuelle Geschäftslage und die Geschäftserwartungen für die kommenden drei Monate ab und berechnet daraus das Geschäftsklima. Dieses liegt mit 6,5 Punkten weiterhin im Plus und nahezu unverändert zum Vormonat (6,4 Punkte). Für die Gesamtwirtschaft weist das ifo Institut ein Geschäftsklima von minus 15,6 Punkten aus. Damit erweist sich die Digitalbranche als krisenfester als das Gros der deutschen Wirtschaft. Dabei kann sich die Digitalwirtschaft aber nicht völlig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entkoppeln. Angesichts andauernder Inflation, Energiekrise und rückläufiger Nachfrage befürchten viele Digitalunternehmen in den kommenden Monaten schwächere Geschäfte.

Das größte Geschäftshemmnis der Branche ist weiterhin der Mangel an Fachkräften. Zwar ging der Index im Oktober im Vergleich zum Vorquartal um 2,4 Punkte zurück, bleibt mit 50,6 Punkten aber auf sehr hohem Niveau. Fehlende Nachfrage wird seltener als Problem gesehen, der Index sank um 0,3 auf 24,6 Punkte. Nahezu irrelevant sind Finanzierungsschwierigkeiten, die konstant bei niedrigen drei Punkten (minus einen) liegen.

Die IT und Telekommunikationsunternehmen wollen weiterhin zusätzliche Jobs schaffen. Die Beschäftigungserwartungen liegen bei 20,7 Punkten (minus 3,1). Das bedeutet, dass die überwiegende Mehrheit der Unternehmen in den kommenden drei Monaten zusätzliche Arbeitskräfte einstellen will. Die Nachfrage nach Digital Fachkräften ist hoch und hat weiter angezogen. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen rechnet mit steigenden Preisen für ihre Produkte und Dienstleistungen. Der Index legte auf hohem Niveau um 3,8 auf 51,2 Punkte zu.

Die Digitalbranche hat mit höheren Einkaufspreisen für Energie, Rohstoffe, Vormaterialien und Bauteilen zu kämpfen. Sie gibt diese steigenden Kosten bislang aber nur im Ausnahmefall an ihre Kundinnen und Kunden weiter. Die Unternehmen der IT und Telekommunikation geben im Durchschnitt an, erst rund 17 Prozent der höheren Kosten weitergereicht zu haben. Die Digitalunternehmen sind damit sehr viel zurückhaltender als die Gesamtwirtschaft, wo 34 Prozent der Kostensteigerungen weitergegeben werden. Auch in Zukunft wollen die Unternehmen der digitalen Wirtschaft steigende Kosten vergleichsweise zurückhaltend einpreisen. In den kommenden sechs Monaten wird die Digitalbranche voraussichtlich rund 35 Prozent der Kostensteigerungen in Preiserhöhungen übersetzen, in der Gesamtwirtschaft sind es 50 Prozent.

Gründe für die in der Digitalbranche geringe Preisdynamik sind vor allem der Wettbewerbsdruck (66 Prozent), langfristige Vertragsbindungen (56 Prozent) und eine ohnehin schon schwächere Nachfrage und geringere Zahlungsbereitschaft (32 Prozent). Für neun Prozent der Unternehmen ist der administrative Aufwand für Preisanpassungen bislang zu hoch. Drei Prozent können die Preise nicht selbst festlegen, etwa aufgrund regulatorischer Eingriffe.

Kontakt: Dr. Florian Bayer; Tel.: +49 30 2757 6162; E Mail: f.bayer@bitkom.org

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Gießerei-Industrie: Mit guter Auftragslage in einen von Unsicherheiten geprägten Winter

Bei den deutschen Gießereien ist die Stimmungslage im Herbst 2022 durchwachsen. Der Saldo der Gut und Schlechtbewertungen des Ifo Institutes liegt im Oktober bei plus 25,8 Punkten. Wenngleich dies einen soliden Wert darstellt, kam es innerhalb zwei Monate zu einer Halbierung des Saldenwertes. Gleichzeitig sind die Erwartungen für die kommenden sechs Monate deutlich im negativen Bereich. Eine größere Differenz zwischen der Lagebeurteilung und den Erwartungen wurde lediglich ein Mal seit Beginn der Datenerhebung gemessen. Das ifo Geschäftsklima für Gießereien liegt bei minus 9,7 Punkten.

Die Auftragsbestände der deutschen Gießereien liegen auf einem sehr hohen Niveau. Insbesondere Gießereien, die in den Maschinenbau liefern, weisen eine historisch hohe Auftragsreichweite auf. Zwar nimmt die Dynamik bei den Auftragseingängen in der zweiten Jahreshälfte 2022 leicht ab, dennoch befinden sich diese auf einem hohen Niveau. Obwohl die Kapazitätsauslastung mit 88 Prozent im Oktober deutlich über dem historischen Mittel von 80 Prozent liegt, können die Bestände nur bedingt abgearbeitet werden. Behinderten in der ersten Jahreshälfte Materialengpässe im Zuge des Krieges in der Ukraine die Produktion der Gießereien teilweise, hat sich in den vergangenen Monaten der Arbeitskräftemangel verschärft. Wenngleich die Gießereien mit einem Auftragspolster ins Jahre 2023 starten werden, führt die schwache Konjunktur für das weitere Jahr eine große Unsicherheit mit sich. Insbesondere die weitere Entwicklung im gussintensiven Fahrzeugbau ist mit Fragezeichen behaftet.

Die Tarifverhandlungen fallen derweil in eine Zeit, in der die Energiekosten die Gießereien erheblich belasten. Die Zahl der Betriebe, die mit einer Vervielfachung der Gas und Strompreise operieren muss, steigt im Hinblick auf auslaufende Altverträge kontinuierlich. Mit größten Herausforderungen sehen sich nicht zuletzt die Unternehmen konfrontiert, die keine Anschlussverträge von ihren Versorgern angeboten bekommen. Produktionsplanungen werden hierdurch erheblich erschwert. Den Unternehmen wird immer deutlicher, dass es trotz der schon realisierten Spareinschränkungen bezüglich Gas und Strom zu flächendeckenden Problemen zum Jahreswechsel kommen kann. Die Unsicherheiten, wann welche Unterstützungspläne der Politik greifen, wachsen weiter. Das Potential einer breiten Insolvenzwelle schwebt unverändert im Raum.

Die Gussproduktion sank in den ersten drei Quartalen um 1,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Während die Eisen und Stahlgießereien um 1,3 Prozent unter dem Produktionsniveau liegen, beziffert sich das Minus der Nicht Eisen Metallgießereien auf 3,6 Prozent. Getrieben von den hohen Rohstoff und Energiekosten liegt der Umsatz in den ersten acht Monaten 2022 derweil 18,9 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. In den knapp 600 Unternehmen (BDG Erhebung) sind aktuell rund 70.000 Personen beschäftigt.

Kontakt: Tillman van de Sand; Tel.: +49 211 6871 301; E Mail: tillman.vandesand@bdguss.de

Nichteisen Metallindustrie

Die deutsche Nichteisen(NE) Metallindustrie blickt mit Sorge ins Winterhalbjahr. Maßgeblich hierfür sind weiterhin die überaus hohen Preise für Strom und Erdgas, die bereits zu Produktionsdrosselungen geführt haben. Engpässe bei Material und Mitarbeitern bleiben herausfordernd. Im ersten Halbjahr

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2022 erzielte die Branche mit 105.000 Beschäftigten in 620 Unternehmen eine Produktion von 3,5 Millionen Tonnen (minus fünf Prozent gegenüber dem dynamischen ersten Halbjahr 2021) und einen Umsatz von 40 Milliarden Euro. Allein 54 Prozent des Umsatzes entfielen auf das Inland, den bedeutendsten Absatzmarkt. Die Branche setzt sich zusammen aus den Wertschöpfungsstufen Erzeugung (Rohmetall), Halbzeug (erste Bearbeitung zu Bändern, Blechen, Stangen, Profilen, Rohren und Drähten), Weiterverarbeitung (Folien, dünne Bänder, Tuben, Aerosol , sonstige Dosen und Pulver), Guss und Feuerverzinkung. Die Aluminiumindustrie erzeugte im Zeitraum Januar bis Juni 2022 448.000 Tonnen Rohaluminium, 21 Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Produktion von Aluminiumhalbzeug belief sich im selben Zeitraum auf 1,3 Millionen Tonnen und verlief damit noch stabil im Vergleich zum ersten Halbjahr im Vorjahr. Das Fertigungsvolumen der Aluminiumweiterverarbeitung erhöhte sich gegenüber den ersten sechs Monaten 2021 um sieben Prozent auf 178.000 Tonnen. Die Kupferindustrie verzeichnete mit 761.000 Tonnen eine Produktion drei Prozent unter dem dynamischen Vorjahreshalbjahr. Darunter wies der bedeutendste Bereich, die Produktion von Halbzeug aus Walz , Press und Ziehprodukten, in den ersten sechs Monaten 2022 ein Minus von sechs Prozent gegenüber einem hohen Vorjahresniveau auf 422.000 Tonnen aus. Die Hersteller von Blei, Zink, Nickel, Zinn und sonstigen NE Metallen verbuchten im ersten Halbjahr 2022 eine Produktion von 322.000 Tonnen elf Prozent weniger als in den ersten sechs Vorjahresmonaten. Die NE Metallgießerei Industrie produzierte im selben Zeitraum 414.000 Tonnen Gussteile, sechs Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2021. Insgesamt erwartet die NE-Metallindustrie zum Jahresende weitere Produktionsrückgänge.

Zeitenwende: Deutschland ist erstmalig Nettoimporteur von Halbzeug

Der Auslandsumsatz der NE-Metallindustrie belief sich im ersten Halbjahr 2022 auf 18 Milliarden Euro. Damit ging die Exportquote auf 46 Prozent zurück Deutschland ist seit vielen Jahren nicht nur Nettoimporteur von Erz und Konzentrat, sondern auch von Rohmetall. Mit anderen Worten: Es wird erheblich mehr Rohmetall importiert als exportiert. Hier spiegelt sich die Abhängigkeit der deutschen Industrie von Importen einiger Rohmetalle wie Aluminium, Nickel, Zink, Zinn und etlicher Seltenmetalle aus dem Ausland wider. Die Rohmetalleinfuhr stieg in den ersten sechs Monaten 2022 um neun Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahreszeitraum auf 2,1 Millionen Tonnen. Dagegen sank die Ausfuhr von Rohmetall um zehn Prozent auf 491.000 Tonnen Seit etlichen Jahren war Deutschland Nettoexporteur von Halbzeug. Erstmalig übertreffen im ersten Halbjahr 2022 die Importe den Export von Halbzeug. Maßgeblich hierfür waren sowohl ein deutlicher Rückgang der Ausfuhren um acht Prozent auf 1,2 Millionen Tonnen, als auch ein beträchtlicher Anstieg der Einfuhren um neun Prozent auf 1,3 Millionen Tonnen

: Oliver Eisenberg; Tel.: +49 30 726207 167; E Mail: oliver.eisenberg@kupfer.de

Keramische Industrie

Nach erster Erholung im Jahr 2021, konnte auch im ersten Halbjahr 2022 die feinkeramische Industrie ein Wachstum erzielen und sich nach den Pandemiejahren wieder stabilisieren. Im weiteren Verlauf des Jahres ist davon auszugehen, dass das Niveau der Auftragseingänge stabil bleibt.

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Anfang des Jahres 2022 sind die Projektgeschäfte bei den Zier und Geschirrherstellern nach der Pandemie stark angelaufen, auch der angestiegene private Konsum sorgte insgesamt für eine positiven Trend im Auftragseingang. Der positive Kurs setze sich auch im Halbjahr fort, so dass insgesamt ein Umsatzwachstum von 29 Prozent im Vergleich zu den Halbjahreszahlen 2021 erzielt werden konnte.

Auch die Technische Keramik konnten Ihren Gesamtabsatz um rund 13 Prozent im ersten Halbjahr gegenüber 2021 steigern und somit bereits zum Vorjahreskrisenniveau aufschließen. Die Situation bei den Automobilzuliefern könnte den Absatz teilweise rückläufig beeinflussen.

Die Sanitär Keramik konnte sich wie auch bereits 2021 auf eine stabile Auftragslage verlassen, die zuvor auch während der Pandemie vorherrschte.

Die Hersteller von Ofenkacheln konnten ihr Wachstum von 2021 fortsetzen und verzeichneten im Jahr 2022 einen weiteren steigenden Gesamtumsatz sowie eine positive Auftragslage, die sich auch bis Ende des Jahres weiter positiv entwickeln wird.

Insgesamt konnte die keramische Industrie Umsatzwachstum sowie erhöhte Auftragseingänge im ersten Halbjahr 2022 verzeichnen und sich somit weiter vom Pandemiejahr erholen.

Die derzeit volatile Situation mit dem Putin Angriffskrieg, Sanktionen sowie den derzeitigen Logistikproblemen auch in den Häfen Chinas lassen jedoch befürchten, dass der Aufwärtstrend der Industrie abklingen könnte. Auch die Herbstmonate und eventuell neue Pandemielagen im Jahr 2022 sowie die gestiegene Inflation könnten den steigenden Trend der privaten Konsumenten schmälern und insbesondere die Geschirr Projektgeschäfte sinken lassen. Verschobene oder stornierte Projekte im Hochbauch schlagen direkt auf die Sanitärkeramik durch. Daher ist mit einem sinkenden Wachstum der Industrie in den kommenden Monaten zu rechnen.

Des Weiteren ist die energieintensive Keramikindustrie erheblich von der Energiekrise und den damit einhergehenden ansteigenden Gaspreisen stark betroffen, die ebenfalls zu Wettbewerbsnachteilen führen werden.

Ferner führt die in Deutschland eingeführte CO2 Bepreisung für Kleinanlagen zu einer Schieflage im Wettbewerb, insbesondere bei der feinkeramischen Industrie als Betreiber von Kleinanlagen, die nicht im EU ETS sind. Deutsche Keramikwerke sind von der Politik mit deutlichen Wettbewerbsnachteilen belastet.

Luftverkehrswirtschaft

Die Lage der deutschen Luftverkehrswirtschaft stellt sich im zweiten Halbjahr 2022 differenziert dar. Während die Unternehmen, die Ergebnisse veröffentlichen, über eine inzwischen wieder verbesserte Ergebnislage berichten, hinkt die Verkehrsentwicklung mit und in Deutschland der Entwicklung des übrigen Europas hinterher. Die Luftfracht zeigt nach einem starken Boom im Jahre 2021 infolge der wirtschaftlichen Entwicklung einen rückläufigen Trend gegenüber dem Vorjahr.

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Kontakt: Jenny Tanner; Tel.: +49 9287 808 25; E Mail: tanner@keramverband.de

Verkehrsentwicklung: Im Sommer 2022 hat sich der Verkehr in Europa deutlich stabilisiert. Das Sitzplatzangebot mit und in Europa (EU / EWR / UK) betrug 85 Prozent des Vorkrisensommers 2019. Nimmt man den Verkehr in und mit Deutschland heraus, betrug die Erholung bereits 87 Prozent; im Verkehr mit und in Deutschland betrug das Angebot 75 Prozent des Vorkrisenzeitraums. Dieser Trend setzt sich im Winter 2022/2023 verstärkt fort. Das geplante Angebot für die oben genannten europäischen Staaten entspricht 94 Prozent des Vorkrisen Winters (2018/2019) und in Deutschland beträgt dieser Wert 76 Prozent.

In der Passagierentwicklung folgt der Angebotsentwicklung: Kumuliert September erreicht die Passagiernachfrage mit und in Deutschland ein Niveau von 64 Prozent des Jahres 2019.

Für diese Entwicklung sind mehrere Gründe verantwortlich:

Die europäischen Punkt zu Punkt Fluggesellschaften haben sich in Europa stark erholt, haben aber zeitgleich aus Deutschland umfangreiche Kapazitäten abgezogen und in anderen europäischen Staaten positioniert. Betroffen davon sind insbesondere die Standorte Berlin, Düsseldorf, Stuttgart und Frankfurt. Die Fluggesellschaften, die ihr Verkehrsangebot von deutschen Standorten abziehen, begründen dies vor allem damit, dass das Verhältnis von Nachfragemenge, Zahlungsbereitschaft und Kosten für Gebühren und Entgelte in Deutschland nicht mehr zusammenpassen würde.

Der innerdeutsche Lokalverkehr (das heißt: Flüge mit Start und Endziel in Deutschland) ist geschrumpft; die Verkehrsmenge beträgt ca. 25 Prozent des Vorkrisenniveaus. Alternativ ist die Nutzung von Bodentransportmitteln (PKW und Bahn) und von digitalen Kommunikationsmitteln gestiegen. Die Flugfrequenzdichte im innerdeutschen Verkehr hat auch durch Rückzug von Fluggesellschaften stark abgenommen.

Insgesamt ist der Verkehr mit dem Kongress und Messestandort Deutschland auch durch solche Veranstaltungsanlässe stark getrieben; diese wurden aber in Folge von Corona häufig nicht durchgeführt.

Im Sommer hatte sich der Verkehr mit Asien noch nicht wieder erholt.

Dagegen entwickeln sich insbesondere touristische Verkehre sehr gut hier wurde fast das Vorjahresniveau erreicht. Auch in dem Teil des innerdeutschen Luftverkehrs, der überwiegend Umsteiger zu den deutschen Luftverkehrsdrehkreuzen fliegt, folgt das Wachstum im Wesentlichen der Erholung des interkontinentalen Verkehrs. Die Drehkreuze Frankfurt und München konnten von ihrer Sammelfunktion für den Interkont Verkehrs profitieren und insbesondere Frankfurt hat sich oberhalb des deutschen Durchschnitts entwickelt.

Der Nachfrageboom in der Luftfracht ist abgeebbt: Nach einem sehr starken Jahr 2021 liegt die Nachfrage deutlich unter Vorjahr (kumuliert: minus vier bis minus fünf Prozent / 6,4 Prozent unter dem sehr schwachen Vorkrisenjahr 2019) und der Trend zeigt eine schwächere Entwicklung. Lieferkettenprobleme, Kriegsgefahr, Energieknappheit, Inflation und eine drohende Rezession wirken nachfragedämpfend.

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Die Ergebnislage der Aktiengesellschaften Lufthansa und Fraport hat sich hingegen wieder erholt: Lufthansa veröffentlicht ein Konzernergebnis von 0,5 Milliarden Euro (plus 2,4 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr) und insbesondere einen sehr starken Sommer mit steigenden Erlösen pro Passagier. Auch die Fraport weist für die ersten drei Quartale des Jahres 2022 ein EBIT von 0,5 Milliarden Euro (plus 186 Millionen Euro) aus. Damit können sich die Unternehmen sukzessive wieder aus ihrer pandemiebedingten Verschuldung herausarbeiten.

Kontakt: Norbert Lübben; Tel.: +49 30 5200 771 30; E Mail: Norbert.Luebben@bdl.aero

Maschinenbau kann sich in herausfordernden Zeiten gut behaupten

Im Maschinen und Anlagenbau in Deutschland verfehlte die Produktion im Zeitraum Januar bis September ihr Vorjahresniveau um 0,3 Prozent. Die Auftragslage hätte zwar eine ansehnliche Wachstumsrate ermöglicht. Doch nach wie vor hat sich bei den Knappheiten keine oder allenfalls nur eine unzureichende Entspannung eingestellt. Die Belieferung mit Materialien und Komponenten ist nicht zuletzt auch wegen der Null Covid Politik in China nach wie vor von starken Engpässen geprägt. Das gilt vor allem für Elektronikkomponenten. Doch auch im Logistik Bereich und bei den Fachkräften herrscht in vielen Unternehmen eine Mangelsituation. So klagten im September nach Ergebnissen der VDMA Blitzumfrage fast vier Fünftel (78 Prozent) aller Maschinenbauer über Fachkräftemangel. Und nur drei Prozent der Befragten rechneten hier mit einer Verbesserung in den nächsten drei Monaten (Abschlusstag der Umfrage: 23.9.2022). In Folge dieser Situation verharrte der Auftragsbestand im August bei einer Reichweite von 12,1 Monaten. Die Knappheiten wirkten sich ebenfalls auf die Kapazitätsauslastung aus: Die Maschinen und Anlagen wurden im Oktober zu 89 Prozent genutzt. Das ist zwar ein hoher Branchendurchschnitt, aber in vielen Unternehmen nicht der Engpass, der die Produktion begrenzt. Es gäbe hier also noch „Puffer“.

Im kommenden Jahr ist für die reale Produktion im Maschinenbau mit einem kleinen Minus zu rechnen. Die Belastungsfaktoren sind zu hoch, um wieder Wachstum generieren zu können. Dies hat sich schon seit geraumer Zeit im Auftragseingang angekündigt: Während er im Schlussquartal 2021 noch auf hohem Niveau verharrte, sank er seit Jahresbeginn 2022 leicht ab. Hier haben viele Faktoren eine Rolle gespielt. So hat sich beim zweitgrößten Handelspartner des Maschinenbaus, der Volksrepublik China, das Wachstum aus vielfältigen Gründen deutlich abgeschwächt. Der Krieg in der Ukraine belastet nicht zuletzt viele europäische Länder in Bezug auf Energiesicherheit und preise. In vielen wenn auch nicht in allen wichtigen Kundenländern des deutschen Maschinenbaus drücken hohe Inflationsraten und stark gestiegene Zinsen auf die Konsumneigung der privaten Haushalte und auf die Investitionslaune der Unternehmen. Die Covid Probleme sind selbst außerhalb Chinas trotz einer gewissen Entspannung nicht vom Tisch. All dies sorgt bei vielen Kunden für ein hohes Maß an Unsicherheit und genau das ist bekanntlich Gift für die Investitionsgüterkonjunktur. So dürfte die reale Produktion ihr Vorjahresniveau 2023 leicht verfehlen, wobei die hohe Auftragsreichweite auch eine stabilisierende Funktion einnimmt.

Doch auch in diesen herausfordernden Zeiten gibt es Positives zu berichten: Zahlreiche Trends wie Dekarbonisierung, Digitalisierung und Automatisierung und einige nationale so wie supranationale

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Konjunkturprogramme verhindern kurzfristig eine größeres Produktionsminus und sorgen mittelfristig wieder für eine Rückkehr auf den Wachstumspfad.

Kontakt: Olaf Wortmann; Tel.: +49 69 6603 1373; E Mail: olaf.wortmann@vdma.org

Pharmazeutische Industrie

In der Pharmaindustrie spiegelt sich die gesamtwirtschaftliche Talfahrt in einer Abkühlung wider. Nach dem fulminanten Jahresauftakt führt dies im Jahr 2022 aber nicht zu einem Rückgang der Pharmaproduktion: Dem kräftigen Anstieg im Vorjahr dürfte ein Weiterer folgen, der mit knapp einem Prozent aber verhaltener ausfällt.

Maßgeblich für das hohe Ausbringungsniveau um den Jahreswechsel 2021/22 war die massive Ausweitung der Impfstoffproduktion, die allerdings seit Frühsommer deutlich zurückgefahren wurde. Diese Normalisierung führt dann auch im jahresdurchschnittlichen Vergleich im kommenden Jahr zu einer niedrigeren Aktivität. Die zum bevorstehenden Winter womöglich wieder zunehmende Nachfrage nach Impfstoffen könnte indes für ein neuerliches Zwischenhoch sorgen zumindest haben Produktion und auch die heimischen Bestellungen pharmazeutischer Güter jüngst wieder kräftig angezogen. Bislang zeichnet sich jedoch noch nicht ab, dass dies ähnlich wie im vergangenen Winter zu länger anhaltenden Produktionsschüben führt und stellt somit lediglich ein Aufwärtsrisiko für die Prognose dar.

Während die Absätze auf ausländischen Märkten im kommenden Jahr wohl wieder ihren Vorkrisentrend aufnehmen und weiter zulegen werden, treten die heimischen Umsätze voraussichtlich auf der Stelle in etwa auf dem Niveau, das sie in den Jahren vor der Pandemie verzeichnet hatten. Alles in allem dürfte die Produktion im Jahr 2023 rund drei Prozent geringer ausfallen als in diesem Jahr.

Von Nachfragespitzen aufgrund von Corona Impfungen abgesehen hat sich der Ausblick zuletzt eingetrübt: Die erheblichen Preissteigerungen belasten die Pharmaindustrie überdurchschnittlich, auch wenn die direkten Energiekosten nicht so stark ins Gewicht fallen wie etwa in der chemischen Industrie. Da diese wie die meisten anderen Branchen die gestiegenen Energiepreise jedoch zu einem beträchtlichen Teil weiterreicht, sind die Pharmaunternehmen als Vorleistungsbezieher eine der von den Preissteigerungen am stärksten betroffenen Branchen. Dies gilt umso mehr, als dass anders als in den meisten anderen Industriezweigen diese Kostenschübe nicht über höhere Absatzpreise aufgefangen werden können. Erschwerend kommt das jetzt beschlossene GKV Finanzstabilisierungsgesetz hinzu, das den ohnehin massiven Kostendruck weiter verschärft. Weitaus gravierender sind allerdings die darin enthaltenen Änderungen bei den Erstattungsmodalitäten. Die nun beschlossenen Neuregelungen setzen eine Abwärtsspirale bei innovativen Arzneimitteln in Gang, die Innovationen und Investitionen erheblich belastet.

Kontakt: Dr. Claus Michelsen; Tel.: +49 30 2060 4120; E Mail: c.michelsen@vfa.de

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Stahl- und Metallverarbeitung: Produktion im dritten Quartal ein Prozent über Vorjahresniveau

Nachdem im August und September das Produktionsniveau jeweils um über zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden konnte, liegt auch das dritte Quartal des Jahres 2022 mit einem Prozent im Plus. Allerdings bilden diese Werte nicht die tatsächliche Entwicklung ab, denn im letzten Jahr ging die Produktion bedingt durch die Verwerfungen in den Lieferketten zurück. Aussagekräftiger ist daher der Vergleich mit dem zweiten Quartal 2022 gegenüber diesem fällt die Produktion der Stahl und Metall verarbeitenden Betriebe in Deutschland um 0,5 Prozent zurück. Dennoch reduziert die Branche den Produktionsrückstand gegenüber dem Vorjahr nach neun Monaten auf 0,7 Prozent. Für die letzten drei Monate sind die Aussichten jedoch herausfordernd. Die Auftragseingänge lassen keinen positiven Ausklang des Jahres erwarten, denn sie liegen im dritten Quartal sieben Prozent unter dem Vorjahr und fünf Prozent unter dem zweiten Quartal 2022.

Das Geschäftsklima spricht ebenfalls gegen eine positive Entwicklung im Schlussquartal. Zwar scheint die Ankündigung des 200 Milliarden Euro Abwehrschirms zunächst den Rückgang der Geschäftserwartungen abzubremsen, dafür beschleunigt sich jedoch der Rückgang der aktuellen Geschäftslage der Betriebe. Die schwächere Auslastung der Produktionskapazitäten bestätigt die Einschätzung der Unternehmer.

Die Bundesregierung muss die Vorschläge der Experten Kommission Gas und Wärme aus deren Endbericht vom 31. Oktober schnell und entschlossen umsetzen sowie mit weiteren flankierenden Maßnahmen versehen, um Risse in den Wertschöpfungsstrukturen unseres Wohlstandsfundamentes abzuwehren. Die Eckpunkte der zuständigen Ministerien, die basierend auf dem Kommissionsvorschlag am 2. November öffentlich geworden sind, reichen an einigen Stellen nicht aus.

Kontakt: Holger Ade; Tel.: +49 233 1958 821; E Mail: hade@wsm net.de

Textil- und Modeindustrie

Die aktuelle Konjunkturlage ist von Stagnation geprägt: Die Erholung der deutschen Textil und Modeindustrie nach den Corona Jahren 2020 und 2021 begann Anfang des laufenden Jahres vielversprechend, die Umsätze näherten sich wieder dem Vorkrisenniveau von 2019 an. Seither ist der Aufschwung jedoch zunehmend ins Stocken geraten. Das Vorkrisenniveau wird auch im laufenden Jahr 2022 voraussichtlich noch nicht wieder erreicht werden.

Die Umsätze der Branche liegen per August zwar mit plus 10,1 Prozent deutlich über denen des Vorjahres (Textil plus 8,1 Prozent, Bekleidung plus 20,3 Prozent), aber das kann aufgrund des Basiseffektes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Steigerungsraten bisher nicht ausreichen, um das Vorkrisenniveau zu erreichen. Dies zeigt sich auch bei den Beschäftigten: Auch hier steigen die Zahlen an, liegen aber noch immer zehn Prozent unter denen der Vorkrisenzeit. Gerade saisonbereinigt zeigt sich, dass die Umsatzzahlen seit dem Sommer 2022 deutlich rückläufig sind.

Insgesamt entwickelte sich im laufenden Jahr das Exportgeschäft besser als der Inlandsmarkt.

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Auch hinsichtlich der kurzfristigen Perspektiven ist eine deutlich pessimistischere Einschätzung auszumachen. Das gilt insbesondere für den Textilsektor, bei dem die ifo Indexwerte stetig zurückgegangen sind und nunmehr so schlecht sind wie zuletzt zu Beginn der Corona Krise. Den gegenüber waren die Beurteilungen in Bekleidungsindustrie bis in den Sommer hinein ausgesprochen optimistisch, insbesondere, was die kurzfristigen Erwartungen anging. Im Herbst jedoch ist von dem Optimismus der Branche kaum noch etwas übrig: Insbesondere die Außenhandelserwartungen haben sich eingetrübt, vor Allem im Bekleidungssektor.

Die Energiepreissteigerungen sowie teils exorbitante Steigerungen bei den Preisen der Vorprodukte belasten die Unternehmen weiter sehr stark, da eine Preisweitergabe in aller Regel aufgrund der Struktur der Abnehmerbranchen nur sehr eingeschränkt möglich ist. Auch die massiven Lieferschwierigkeiten der vergangenen Monate haben die Geschäftsentwicklung stark belastet.

Insgesamt gehen wir daher für 2022 noch nicht von einer vollständigen Erholung aus, im Gegenteil: Die rückläufigen Tendenzen dominieren derzeit.

Kontakt: Marcus Jacoangeli; Tel.: +49 30 7262 2024; E Mail: mjacoangeli@textil mode.de

Impressum

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Breite Straße 29 10178 Berlin

T: +49 30 2028 0 www.bdi.eu

Lobbyregisternummer R000534

Autor

Thomas Hüne

T: +49 30 2028 1592 t.huene@bdi.eu

Redaktion / Grafiken

Dr. Klaus Günter Deutsch

T: +49 30 2028 1591 k.deutsch@bdi.eu

Marta Gancarek

T: +49 30 2028 1588 m.gancarek@bdi.eu

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