BIO-MAGAZIN
Ausgabe 2022
Seite 24
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CHEMIE-FREIE TESTUNG, DESINFEKTION, REINIGUNG UND VERBESSERUNG
ZÜCHTER HABEN GENETIK AN IHRER SEITE
BIO MUSS AUFFALLEN
REGIONALE ANSPRECHPARTNER für Deutschland, Österreich und die Schweiz
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Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen
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Mathias Meier M +49 172 5660325 E mathias.meier@bejosamen.de
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Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen
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Günter Hugenberg
Bio-Koordinator M +49 172 2613001 E guenter.hugenberg@bejosamen.de
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Ria Duensing M +49 152 27115908 E ria.duensing@bejosamen.de
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Versuchs- und Vertriebsassistentin Hanna Meyer M +49 152 31371238 E hanna.meyer@bejosamen.de
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Julian Melcher M +49 152 53460778 E julian.melcher@bejosamen.de
Versuchs- und Vertriebsassistent
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Michel Eising M +49 152 22618532 E michel.eising@bejosamen.de
8+9
Holger Pohl M +49 172 2613125 E holger.pohl@bejosamen.de
Versuchs- und Vertriebsassistent Zoltán Szabó M +49 174 2512184 E zoltan.szabo@bejosamen.de
Carmen Knauff M +49 172 2636170 E carmen.knauff@bejosamen.de
Bayern, südöstliches BadenWürttemberg
Stefanie Zahler-Lorenz M +49 1522 1505176 E stefanie.zahler@bejosamen.de
Esther Radtke M +49 173 7246023 E esther.radtke@bejosamen.de
Pfalz, Hessen, nordwestliches BadenWürttemberg
Nord-Hessen
Angelina Folger M +49 173 2982381 E angelina.folger@bejosamen.de
Versuchs- und Vertriebsassistentin
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Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen Jürgen Bensch M +49 173 5377932 E juergen.bensch@bejosamen.de
Nordrhein-Westfalen
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Österreich, Schweiz
Michael Ebner M +49 172 7861059 E michael.ebner@bejosamen.de
Österreich
Gerald Frühwirth M +43 664 2627616 E gerald.fruehwirth@bejosamen.de
Bejo Samen GmbH Den Innendienst erreichen Sie unter: Bejo Samen GmbH Danziger Straße 29 47665 Sonsbeck Deutschland
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BEJO BIO-MAGAZIN
T F E W
+49 2838 98989-0 +49 2838 98989-49 info@bejosamen.de bejosamen.de
Bestellungen aus Deutschland:
Webseiten für Österrreich und die Schweiz:
bestellung@bejosamen.de
bejoaustria.at bejo.ch
Bestellungen aus Österreich: bestellungAT@bejosamen.de
Die Erforschung der Natur hört nie auf
VERBESSERTES COATING UND NEUE FARBE FÜR BIO-SAATGUT 2018 hat Bejo das neue, nachhaltige Coating eingeführt. Ab September 2020 werden sowohl das Coating für das Bio-Saatgut als auch für das nicht-chemisch behandelte Saatgut auf das neue, nachhaltige Coating-Rezept umgestellt. Das neue Coating ist intensiv in Zusammenarbeit mit Lieferanten getestet worden, um die exakten Ergebnisse zu erzielen und die gewünschte Bejo-Qualität zu liefern. Das neue Coating ist von Bio-Verbänden zugelassen. Der Vorteil von Saatgut-Coating im Allgemeinen ist, dass es eine glattere Saatgutoberfläche und eine geringere Staubentwicklung durch das Saatgut sicherstellt, was in einer verbesserten Säbarkeit resultiert. Ein Farbcoating macht das Saatgut im Boden auch besser sichtbar.
NEUES, NACHHALTIGES COATING: Besteht aus natürlichen Materialien X Baut sich komplett ab X Signifikante Reduzierung der Trocknungszeit X Verbesserte Erhaltung der Saatgut-Vitalität X Geringerer Energieverbrauch, geringere Umweltbelastung X
NEUE FARBE: Bio-Saatgut-Coating wird gelblich sein Coating für nicht-chemisch behandeltes Saatgut bleibt weiß X Optische Unterscheidung zwischen Bio-Saatgut und nicht-chemisch behandeltem Saatgut X X
Der Farbton des neuen, gelblichen Coatings sieht je nach Gemüseart leicht unterschiedlich aus:
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Zwiebel
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Salat
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Möhre
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Kohl
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Rote Rüben
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Sellerie
Die Produktion von Bio-Saatgut mit dem neuen Coating startet im September 2020. Während der Umstellungsphase können Kunden bis Dezember 2022 Bio-Saatgut sowohl mit einem weißen als auch einem gelblichen Coating erhalten.
Nachhaltiger Anbau mit hohem Ertrag, außergewöhnliche Produktqualität und – letztendlich – gesundes und schmackhaftes Gemüse; das alles beginnt mit dem besten Bio-Saatgut der besten Sorten, DIREKT VON ANFANG AN.
BEJO BIO-MAGAZIN
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Das Bio-Magazin wird herausgegeben von Bejo Postbus 50 1749 ZH Warmenhuizen T: 0226 396 162 F: 0226 393 504 E: bejonl@bejo.nl W: www.bejo.nl
BEJO B I O - M A G A Z I N
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VERKAUFSTEAM BEJO IN D, A, CH
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NEUES SAATGUT-COATING
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INHALTSANGABE
Redaktionsteam Joost Litjens Mirjam Both Peter Buter Rob van den Bos Thea van der Eng
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VORWORT
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PIONIERARBEIT SEIT DEN 1990ERN
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NIEK VOS: WOLLTE WENIGER SPRITZEN
Autoren Bert Kleiboer Chelsey Lenczyk Jenny Braaksma Karina Hens Katrien van Miert Lis Jespersen Peter Buter Ron Spaans Stephanie Beavis Thea van der Eng Theo van der Horst Yannick Chevray
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VAN HOOTEGEM: WOLLTE NICHT ABHÄNGIG SEIN
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ROZENDAAL: ANREGEN, NICHT UNTERDRÜCKEN
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BIO-GEMÜSE IN DÄNEMARK
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NEUE EU-RICHTLINIEN: ANBAU MUSS WACHSEN
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LAARAKKER: VERTRAGSANBAU BRINGT STABILITÄT
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DER `BLUMENKOHL-CLUB`
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FRANKREICH: RICHTLINIEN FÜR BIO-ANBAU
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SAATGUT NOCH BESSER MACHEN
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B-MOX: VERBESSERTES PRIMING
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ZÜCHTER HABEN GENETIK AN IHRER SEITE
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SPRECHEN WIR ÜBER RESISTENZ
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BIO IN USA: SEKTOR IN BEWEGUNG
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BIO-ANBAUFLÄCHEN EUROPA UND WELT
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BIO MUSS AUFFALLEN
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BIOLOGISCHE STECKZWIEBELN
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BIO-KOHL: ERLEDIGT VIEL
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ONLINE-PLATTFORM: ÜBERSCHUSS TRIFFT NACHFRAGE
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KONTAKT BEJO SAMEN GMBH
Chefredakteurin Thea van der Eng
Deutsche Übersetzung Angelina Folger, Bejo Samen GmbH Fotos Bejo Dänemark, Frankreich, Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich Bert Kleiboer Christoffel den Herder Design in Beeld Katrien van Miert Petra Tesselaar Plantenkwekerij De Koster Design Nathalie España Carmen Butter Layout JEEN. Druckerei Drukwerkscala, 5991 NW Baarlo (NL) Es können keine Rechte abgeleitet werden von den Informationen, die in diesem Magazin enthalten sind, vorbehaltlich Text- und Druckfehler. Wiedergabe von Artikeln oder Teilen davon ist nur mit Erlaubnis von Bejo Zaden B.V. und der Angabe der Quelle gestattet.
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INHALTSANGABE
„Wir werden uns konstant weiterentwickeln und unseren Sorten Mehrwert geben, damit wir Sie weiterhin besser versorgen können.”
SEHR GEEHRTE LESERINNEN UND LESER,
Peter Buter
wir präsentieren mit Stolz die erste Ausgabe des Bio-Magazins von Bejo. Unser Spezialistenteam hat daran gearbeitet, ein attraktives, vielseitiges Magazin voll mit interessanten Artikeln zu schaffen, um Ihnen den Themenkreis Bio-Landwirtschaft und Bio-Gartenbau in den Niederlanden und zahlreichen Ländern näherzubringen. Wir haben Artikel über Anbau, Markttrends, Gesetze und Vorschriften, Züchtung, Saatgutqualität und vieles mehr zusammengestellt. Warum ein Magazin veröffentlichen, das den biologischen Gemüsekulturen gewidmet ist? Weil wir bei Bejo seit sehr langer Zeit hart an der Entwicklung unseres biologischen Sortiments arbeiten und weil für uns und für Sie als Anbauer/Verarbeiter biologisches Saatgut ein wichtiger Bestandteil ist, um den Anbau nachhaltiger zu machen. Im Mai 2020 hat die Europäische Kommission ihre `Vom Feld auf den Tisch`-Strategie publiziert, die die Zukunft des europäischen Lebensmittelsystems behandelt. Die Kommission will, dass Europa den Standard für nachhaltige Lebensmittel auf der ganzen Welt erstellt. Eines der Ziele ist, dass 2030 mindestens 25 % der Anbaufläche biologisch sind. Das ist ein ehrgeiziges Ziel und die Frage ist, ob es erreicht werden kann. Auf jeden Fall wird Bejo mit seiner Arbeit fortfahren, um Landwirtschaft und Gartenbau nachhaltiger zu machen, indem wir Sorten auf den Markt bringen, die für konventionelle und biologische Anbauer gleichermaßen wertvoll sind. Hohe Erträge und hohe Krankheitsresistenzen sind der Schlüssel dazu. Unser Crop Research Manager Timo Petter hat einen Artikel dazu geschrieben: „Züchtung unterstützt den Weg zur Nachhaltigkeit”, schreibt er. „Wenn Du die Genetik an Deiner Seite hast, dann brauchst Du keine Chemie.” 2021 wurde der Anbau von Zwiebeln und Schalotten in Teilen der Niederlande durch starken Krankheitsdruck von u.a. Falschem Mehltau, Stemphylium und Blattkrankheiten beeinträchtigt. Es ist allgemein bekannt, dass Bejo intensive Forschung betreibt, um Sorten mit hoher Krankheitsresistenz zu entwickeln. Bestimmte Bejo/DGS-Zwiebelsorten wie Hylander F1, Restora F1 und Redlander F1 haben eine hohe Resistenz gegen Falschen Mehltau, aber sie sind unter extremen Witterungsbedingungen nicht vollständig immun. In diesem Magazin erklärt unser Phytopathology Research Manager Theo van der Horst, was HR und IR genau bedeutet. Die Saison 2021 war – wieder einmal – eine Saison der Extreme. Es gab in großen Teilen der Niederlande und in den Nachbarländern ein kaltes Frühjahr und starke Regenfälle. Schwerwiegende Überflutungen in den Niederlanden, in Deutschland und Belgien waren eine Folge davon. Manche sagen, es war die Folge der Klimaveränderung. Wie auch immer man das betrachtet, es stellte ernsthafte Herausforderungen für zahlreiche Anbauer in bestimmten Gebieten dar. Es hat auch gezeigt, wie verwundbar wir sind, als Menschen und als Gesellschaft und dass wir die Verpflichtung teilen, unseren Planeten mit
Sorgfalt und Respekt zu behandeln. 2050 werden etwa 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Die Verbesserung der Nahrungsnachhaltigkeit und die Festlegung von Klimaabsprachen, um die globale Erwärmung zu begrenzen, klettern auf den Tagesordnungen der Regierungen der Welt nach oben. Von Beginn an ist es ein Teil der Vision von Bejo gewesen, auf lange Sicht zu investieren und unsere biologische Abteilung zu entwickeln. Wir sind in dieser Hinsicht etwas außergewöhnlich, aber wir finden es hochgradig lehrreich. Wir integrieren mehr und mehr der Techniken, die wir für die Produktion von biologischem Saatgut nützen, in die Produktion von konventionellem Saatgut und umgekehrt. So ergänzen sich biologisch und konventionell gegenseitig und wir leisten unseren Beitrag, wenn es darum geht, mit der Natur in verantwortungsvoller Weise umzugehen. Bejos Motto lautet “Die Erforschung der Natur hört nie auf.” Und wir werden unsere Erforschungen in Zusammenarbeit mit Ihnen fortführen, durch Unterhaltungen mit Ihnen und indem wir auf Ihre Erfahrungen und Wünsche hören. Wir werden mit der Entwicklung fortfahren und unseren Sorten Mehrwert geben, um Sie besser versorgen zu können. Ich hoffe, Ihnen gefällt dieses Bio-Magazin und vor allem wünschen wir Ihnen eine gesunde und nachhaltige Zukunft für Ihren Betrieb
Mit freundlichen Grüßen, Peter Buter Verkaufsmanager Benelux und Skandinavien
BEJO BIO-MAGAZIN
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BEJOS BIOLOGISCHER BETRIEBSTEIL FÖRDERT WEITERHIN INNOVATIONEN
PIONIERARBEIT SEIT DEN 1990ERN SAATGUT-DESINFEKTION OHNE CHEMIKALIEN. ZWIEBELN, DIE GEGEN FALSCHEN MEHLTAU RESISTENT SIND. DIESE ERRUNGENSCHAFTEN MÖGEN HEUTE BEI BEJO KEINE NEUIGKEITEN MEHR SEIN, ABER VOR 30 JAHREN WÄREN SIE ALS UNMÖGLICH ANGESEHEN WORDEN. DIE GESCHICHTE ZEIGT, DASS UNSERE BIOLOGISCHEN AKTIVITÄTEN IMMER INNOVATIONEN VORANGETRIEBEN HABEN UND DAS TUN SIE HEUTE NOCH, WEIL KONVENTIONELLER ANBAU MEHR UND MEHR DEM BIOLOGISCHEN ANBAU ÄHNELT.
Bejo beschäftigte sich zum ersten Mal in den 1990ern mit biologischer Landwirtschaft. Im vergangenen Jahrzehnt ist der Welt die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit bewusst geworden. Den Menschen waren die Effekte von Pestiziden und Düngemitteln auf die Umwelt bewusster geworden. Vor diesem Hintergrund hat sich der Markt für biologisches und bio-dynamisches Gemüse zurückhaltend entwickelt. Zu Beginn waren die Anbauer klein und ihre Produkte gelangten hauptsächlich über Naturkostläden, Hofläden und Bauernmärkte zu den Konsumenten. In den 1990ern wurde klar, dass der Biomarkt aus dieser Nische herauswachsen werde. Einige Anbauer beschlossen, ihre Produktion zu erweitern. Konsumenten wurden vertrauter mit Bioprodukten und Mainstream-Supermärkte fingen an, Wertschöpfung im Bio-Bereich zu sehen.
Bejo ist früh dabei
„Ger Beemsterboer, der Hauptgeschäftsführer zu dieser Zeit, war davon überzeugt, dass der Trend weitergehen würde,” sagt Dick van der Zeijden, damaliger Sales Support Manager. Er sagte: „Anbauer werden biologisches Saatgut brauchen und wir müssen sicherstellen, dass wir fähig sind, das zu liefern.“ Van der Zeijden war von Beginn an in die biologischen Aktivitäten von Bejo
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BEJO BIO-MAGAZIN
Von links nach rechts: Bart Kuin, Dick van der Zeijden und Bram Weijland
einbezogen. Er ist vor Jahren in Rente gegangen, dient aber der Firma immer noch als Berater.
Hybrid-Sorten
„Wir wollten um jeden Preis an der Hybridzüchtung festhalten.” Dick van der Zeijden
In dieser Anfangszeit wurden die Vorbedingungen für die biologische Produktion immer noch ausgearbeitet. Zum Beispiel gab es eine Debatte um Hybriden. Einige argumentierten, dass die Verwendung von Nicht-Hybridsorten eine Voraussetzung sein sollte. Für Bejo wäre das ein Ausschlusskriterium gewesen. „Wir wollten um jeden Preis an der Hybridzüchtung festhalten,” sagt Van der Zeijden. „Diese erlaubt viel schnelleren Qualitätsfortschritt hinsichtlich Resistenz und Uniformität.“
Biologisch produziertes Saatgut
Biologisch produziertes Saatgut war zunächst nicht verfügbar, so dass Anbauer konventionell produziertes verwendeten - nicht-chemisch behandelt (NCB), natürlich. Um eine vollständig biologische Produktionskette aufzubauen, musste sich der Saatgutanbau verändern. Bejo begann in den 1990ern darüber nachzudenken und fing schnell mit der Produktion seines ersten biologischen Saatguts an. „Aber der Markt war noch in einem Abwartemodus,” sagt Bart Kuin, Leiter des Crop Managements und Vorsitzender der Abteilung Bejo Organic Business Unit. „Anbauer waren sich nicht sicher, ob biologisch produziertes Saatgut die gleiche Qualität haben würde, die sie gewohnt waren. Sie wollten bezüglich Reinheit, Keimfähigkeit oder Saatgutgesundheit keine Kompromisse eingehen.” Auch intern wurden Fragen gestellt, sagt Kuin. „Eine biologische Saatgutproduktion separat neben der konventionellen aufzubauen, war eine komplexe, teure Veränderung. Kohl, Möhren und Zwiebeln stellten eine zusätzliche Herausforderung dar, weil die Saatgutproduktion zwei Jahre dauert. Und es war nicht ohne kommerzielles Risiko. Würden Anbauer motiviert sein, biologisches Saatgut zu wählen, >>
BEJO BIO-MAGAZIN
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Bio-Demofeld Tage der offenen Tür, Warmenhuizen, Niederlande
wenn sie stattdessen billigeres, nicht-chemisch behandeltes konventionelles, Saatgut verwenden könnten?”
Das erste Demofeld
„Bio wird weiterhin diese wichtige Pionierrolle spielen.” Bram Weijland
Etwa zur Jahrtausendwende ist die Entscheidung gefallen und Bejo beschloss, in biologische Produktion als vollwertige Firmenaktivität zu investieren. Fred van de Crommert wurde 2000 zum Projektmanager ernannt. Im gleichen Jahr etablierte Bejo sein erstes biologisches Demofeld auf dem Betrieb von Anbauer Jan Schrijver in Warmenhuizen in den Niederlanden.Bio wurde 2002 offiziell ein Betriebsteil. Zu der Zeit leitete Van der Zeijden die Abteilung. „Die Botschaft des Aufsichtsrates war klar,” sagt er. „Ja, wir können das machen und ja, wir müssen das machen. Bio ist nicht zweitrangig, sondern eine vollwertige Aktivität.”
Gegenseitige Verstärkung
Bio-Saatgut hat von Anfang an ein gesundes Wachstum gezeigt. Auf der anderen Seite musste erheblich in Produktion, Bearbeitung und Behandlung investiert werden. Forschung und Neueinstellungen waren ebenfalls notwendig. Ein Resultat davon war, dass es länger als ursprünglich geschätzt dauerte, bis der biologische Betrieb kostendeckend gearbeitet hat. „Neben der direkten Steigerung des Betriebsgewinns besteht der Wert in der Dynamik,” sagt Bram Weijland, Organic Affairs Coordinator bei Bejo. „Unsere biologischen und konventionellen Aktivitäten unterstützen sich gegenseitig. Das Lernen, wie man Gemüse ohne chemische Pestizide und Kunstdünger anbaut, hat sich auch als wertvoll für den konventionellen Anbau und die konventionelle Züchtung erwiesen. Im biologischen Anbau ist Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge wichtig. Man braucht aber vor allem robuste Sorten, die auch bei Krankheits- und Schädlingsdruck gute Endresultate bringen. Diese Qualitäten sind auch im konventionellen Anbau nützlich.”
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BEJO BIO-MAGAZIN
„Die große Herausforderung wird sein, genügend Saatgut zu liefern.” Bart Kuin
Innovation
Die Wechselwirkung zwischen biologisch und konventionell fördert auch Innovation auf dem Gebiet der Bearbeitung und der Behandlung des Saatguts. Als Beispiel nennt Weijland die nicht-chemische Saatgutdesinfektion. „Heißwasserbehandlung war bekannt, wurde aber selten angewendet, weil sie viel zu teuer war,” sagt er. „Aber die Bio-Produktion beflügelte plötzlich weitere Entwicklungen.Heute ist das, was einst als eine Methode begonnen hat, bei der man Körbe in ein Heißwasserbad tauchte, ein voll automatisiertes System. Und es zeigt seinen Wert auch für konventionelles Saatgut.“ Biologisch kann auch hinsichtlich der Entwicklung von resistenten Sorten Innovationen fördern. Bejo und De Groot en Slot entwickelten die erste Zwiebelsorte mit einer hohen Resistenz gegen Falschen Mehltau – ein Durchbruch. Die Sorten Restora F1 und Hylander F1 erfüllen auch Anforderungen von konventionellen Anbauern, genauso wie die rote Zwiebelsorte Redlander F1.
Ein vollentwickelter Markt
Heute hat sich der Anbau und der Verkauf von biologischem Gemüse in Europa und Nordamerika zu einem ausgereiften Markt entwickelt. Regierungen haben sich des Sektors angenommen und kümmern sich um ihn. 2020 hat
die Europäische Kommission als Teil ihres `Green Deal` die `Vom Feld auf den Tisch`-Strategie gestartet, mit dem Ziel, die Bio-Anbaufläche in der EU bis 2030 auf 25 % zu erhöhen.
Gesetze zu biologisch produziertem Saatgut
Bejo erwartet, dass die Nachfrage nach biologischem Saatgut weiterhin stetig wachsen wird. Die EU ordnet die Verwendung von Bio-Saatgut im biologischen Anbau an. Während für einige Gemüsearten noch Ausnahmegenehmigungen für die Verwendung von nicht-chemisch behandeltem, konventionellem Saatgut erhältlich sind, sollen sie bis 2036 abgeschafft werden. Kuin sagt: „Die Herausforderung wird die Bereitstellung von genügend Saatgut sein, nicht nur hinsichtlich der Menge, sondern auch bezüglich Qualität und Sortimentsbreite. Wir arbeiten alle daran.”
Biologisch: Weiterhin alles herausholen
Mittlerweile verändert sich auch der konventionelle Anbau. Bejo glaubt, dass es zwei eigene, sich perfekt ergänzende Marktsegmente gibt. Weijland sagt: „Wir erwarten, dass die konventionelle Landwirtschaft weiterhin nachhaltiger werden wird. Sie verwendet bereits immer weniger Kunstdünger und chemische Pestizide. Während sich der konventionelle Anbau in Richtung Bio-Anbau bewegt, geht der Bio-Anbau einen Schritt weiter. Beide Anbaumethoden werden weiterhin den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren und der Bio-Sektor wird noch mehr den Fokus auf widerstandsfähige Sorten und Anbausysteme setzen. Und so werden wir fortfahren, diese wichtige Pionierrolle zu spielen.”
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N I E K V O S: ‘ I C H W O L LT E E I N FA C H W E N I G E R S P R I T Z E N ’ Niek Vos und seine Frau Jozien hatten einen konventionellen 24 Hektar-Ackerbaubetrieb, als sie Mitte der Achtziger Jahre beschlossen, auf bio-dynamisch umzustellen. Heute ist ihr Betrieb auf 90 Hektar gewachsen und ihre Tochter Lizelore hat ihn übernommen. Vater Niek ist immer noch involviert und gibt „erbetene und nicht erbetene” Ratschläge. Als Züchter hat er zwei Phytophthora-resistente Kartoffelsorten entwickelt – Bionica und Sevilla. „Als ich mit dem Anbau begonnen habe, musste man in Kartoffeln 2-mal gegen Phytophthora spritzen,” sagt Niek Vos. „Weniger als 10 Jahre später, machte ich das 8-mal. Das hat mich wachgerüttelt. Das war es nicht, warum ich Anbauer geworden bin. Anfangs wollte ich einfach nur weniger spritzen. Ich habe einen Kurs über Integrierten Anbau besucht und viel mit Kollegen, Referenten und Lieferanten gesprochen. Das war sieben Jahre bevor ich Mitte der 1980er-Jahre den Schritt zum Bio-Anbau gemacht habe.”
„Glücklicherweise haben Züchter große Fortschritte mit resistenten Sorten gemacht.” Niek Vos
Warum hat das so lange gedauert? „Ich habe es mich nicht früher getraut. Ich hatte all diese Ängste. Jetzt ist es einfacher, diese hinter sich zu lassen. Es gibt viele Beispiele und Berater, die einem helfen wollen. Vor dreißig Jahren dachte jeder, du bist verrückt.”
Großer Fortschritt
„Eine dieser Ängste war die Krankheitskontrolle,” sagt Vos. „Aber glücklicherweise haben Züchter große Fortschritt mit resistenten Sorten gemacht. Als ich selbst Kartoffelzüchter war, habe ich immer nach Resistenz gegen Phytophthora gesucht, was zu den Sorten Bionica und Sevilla geführt hat.” Er fügt hinzu: „Mit Angestellten zu arbeiten war auch etwas, das ich nicht wollte. Viele Anbauer finden das schwierig. Aber ich habe gelernt, dass es auch eine andere Seite davon gibt. Du lernst Menschen kennen und Du kommst in Kontakt mit anderen Kulturen. Das holt dich aus deiner eigenen, kleinen Welt heraus.” Außerdem, sagt Vos: „Biologisch zu arbeiten ist entspannend. Zum Beispiel hatten wir in der Vergangenheit Probleme mit Kartoffelnematoden. Das ist verschwunden. Wir machen jetzt einen siebenjährigen Fruchtwechsel mit einem Jahr Brache. Das gibt dir die Gelegenheit, über die Gesundheit deines Bodens nachzudenken. Die geldbringenden Kulturen folgen immer auf Getreide oder Alfalfa. So stehen sie nie auf verdichtetem Boden; die Felder sind immer in erstklassigem Zustand. Ein Brachejahr ist gut, um Wurzelfäule zu kontrollieren. Die biologische Landwirtschaft hat mich gelehrt, mit der Natur zusammenzuarbeiten und das bringt mir noch mehr Freude am Anbau. Es ist wirklich befriedigend, in der Lage zu sein, ein Produkt von exzellenter Qualität an Kunden zu liefern, die bereit sind, dafür mehr zu bezahlen.” „In den frühen Jahren waren Bio-Anbauer bemüht, so wenig wie möglich Input einzusetzen. Jetzt gibt es eine Tendenz, die Grenzen der Vorschriften zu verschieben, was bedeutet, dass der Unterschied zur konventionellen Landwirtschaft mit der Zeit kleiner werden wird. Ich denke, wir müssen diesen Weg weitergehen.”
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A L E X VA N H O O T E G E M: ‘ I C H W O L LT E N I C H T A B H Ä N G I G S E I N ’ Mit seiner Frau Anneke und Sohn Emiel führt Alex van Hootegem den bio-dynamischen Betrieb Meulwaeter in Kruiningen im Süden der Niederlande. Der Betrieb wurde 2002 voll biologisch und bio-dynamisch 2013. Meulwaeter baut auf 145 Hektar 15 verschiedene Kulturen an. Die Eigentümer haben auch einen regionalen Webshop mit einem Lieferservice, De Grote Verleiding (Große Versuchung). Ein wesentlicher Teil dessen 2.000 Produkte umfassenden Sortiments wird direkt bei Produzenten in der Region eingekauft. „Ich war über 40 und ich war bereit für eine Herausforderung,” sagt Alex van Hootegem. „Ich hatte gesehen, wie es im konventionellen landwirtschaftlichen System funktionierte: Jedes Problem hatte eine Lösung. Ich hatte den Eindruck, dass sie nach einem Problem gesucht haben, um jede Lösung einbringen zu können. In der `chemischen` Landwirtschaft wird man abhängig von seinen Lieferanten. Wir haben die Umstellung 1999 beschlossen. Zu dieser Zeit war ich im nationalen Komitee der Dutch Arable Farming Union aktiv.” „Ich habe einige negative Reaktionen bekommen. Die Leute haben Bio-Anbau als Kritik an der konventionellen Landwirtschaft angesehen. Sie haben gesagt: „Wer sind Sie denn, dass Sie uns sagen, dass wir es falsch machen?“ Oder: „Sie stehlen uns das Geld.“ Auf kurze Sicht war das manchmal wahr. Manchmal geht etwas schief und man muss in der Lage sein, damit umzugehen. Aber auf lange Sicht ist es besser für den Boden, besser für Deine Umwelt und besser für Deine eigene Gesundheit, wenn Du weniger spritzt oder komplett mit dem Spritzen aufhörst. Es ist aktuell nicht so smart, Chemie auf Deine Lebensmittel zu spritzen. Und es nicht zu tun, ist gut für die Geschichte, die Du der Gesellschaft erzählst.” „Wir sind seit 2013 bio-dynamisch. Ich sehe, dass es eine Entwicklung ist. Auf der einen Seite des Spektrums haben wir die chemische Landwirtschaft bekommen. Und wenn Du die Bedingungen erfüllst, dann gehts Du zu Bio. Man kann immer noch einige chemische Mittel verwenden. Wir sind schrittweise weitergegangen
„Es ist besser für den Boden, besser für Deine Umwelt und besser für Deine eigene Gesundheit.” Alex van Hootegem
in die bio-dynamische Richtung. Ich will nicht mehr von Chemie abhängig sein. Frei von der Pestizid-Abhängigkeit.” „Diese zwei Dinge beschäftigen mich für die Zukunft. Das erste ist die Bevorzugung von regionalen Produkten in Ländern wie Deutschland und Frankreich. An sich ist das eine gute Sache, lokal zu kaufen und zu essen. Aber für Exportländer wie die Niederlande bedeutet das eine zusätzliche Herausforderung. Das ist ein Grund dafür, warum wir uns Richtung bio-dynamisch entwickeln. Oft bringt uns das Demeter-Etikett einen Vorteil auf dem Markt. Und das zweite Thema ist Arbeit. Es wird immer schwieriger, Leute zu finden, die arbeitsintensive Tätigkeiten, wie Beikrautentfernung, machen wollen. Ich habe 10 Jahre auf einen guten Beikraut-Roboter warten müssen.”
Robotisierung
„Auf jeden Fall,” sagt Van Hootegem, „erwarte ich mir viel von der Robotisierung. Maschinen sind über die letzten paar Jahrzehnte immer größer und teurer geworden und das ermutigt zu immer größeren Maßen, was negative Effekte hat. Robotisierung entkoppelt Mechanisierung von der Arbeitskraft und das nimmt einen wichtigen Grund für die Vergrößerung der Maße weg. Wenn Du weniger Stunden auf dem Traktor verbringst, dann kannst Du viel mehr Zeit in die Kommunikation mit dem Kunden investieren. Oder Deinem Produkt Mehrwert geben, zum Beispiel durch dessen Verarbeitung oder Verpackung. Ja – Technologie wird uns gute Dinge bringen!”
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MA ATSCHAP ROZENDA AL ENTSCHEIDET SICH FÜR RESISTENTE SORTEN
‘BIO-ANBAU BEDEUTET ANREGUNG, NICHT UNTERDRÜCKUNG’ IM BIO-ANBAU MUSS DAS ÖKOSYSTEM SEINEN JOB MACHEN, SAGT HANS ROZENDAAL. GESUNDER BODEN, NATÜRLICHE FEINDE UND RESISTENTE SORTEN HELFEN DABEI, KRANKHEITEN UND SCHÄDLINGE IN SCHACH ZU HALTEN. Obwohl das Wetter 2021 unbeständig war, hat der Knollensellerie der Maatschap Rozendaal gut ausgesehen. Mitte September, zum Zeitpunkt unseres Interviews, sind die Blätter immer noch frisch und grün auf dem Lehmboden in Hoekse, einem Gebiet von neugewonnenem Land in der Nähe von Rotterdam. Anbauer Hans Rozendaal schätzt, dass die Knollen zu diesem Zeitpunkt 650 Gramm wiegen. Er erwartet, dass sie leicht bis zur optimalen Größe für Supermärkte von 0,7-1,2 kg weiterwachsen werden.
Abpacken für Supermärkte
Hans und sein Bruder Jan führen einen 50 Hektar großen Gemüsebaubetrieb in der niederländischen Stadt Strijen. Sie haben fast immer biologisch gearbeitet. Der Familienbetrieb wurde 1998–99 umgestellt, als die Brüder die Partnerschaft eingegangen sind. Jumbo, eine niederländische Supermarktkette, ist der größte Abnehmer für ihren Knollensellerie. Sie packen das Gemüse selbst ab und bieten den gleichen Service für einige andere Anbauer an. Hans sagt: „Ich würde sagen, wir bearbeiten 600-800 Tonnen pro Jahr.”
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BEJO BIO-MAGAZIN
Nicht alle Produkte der Maatschap Rozendaal gehen an Supermärkte; einige gehen an Verarbeiter und Produzenten von Gemüsepackungen und Kochboxen. „Wir verkaufen an jeden, der unsere Produkte wertschätzt,” sagt Hans. „Wir sind mit unserem Verkauf immer unabhängig geblieben; wir sind nirgendwo Mitglied. Wir haben gute Beziehungen zu spezialisierten Firmen wie BioFreshi, Bio-Center Zann, Eosta, Bioport, BioTropic und TOFF.” Konsumenten können ihre Produkte auch online bestellen. Maatschap Rozendaal war 2006 ein Pionier, als sie einen Webshop eröffneten, um ihr eigenes Gemüse und andere biologische Nahrungsmittel zu verkaufen. Hans sagt: „Das hat gut funktioniert, in einer Zeit, als biologische Produkte noch nicht großflächig erhältlich waren. Letztendlich sind die Kosten zu hoch geworden und wir haben den Webshop 2016 verkauft.” Seitdem sind ihre Produkte im Verkauf über Landzicht Bioweb, die mit dem Online-Supermarkt Hofweb zusammenarbeiten.
Ein vielfältiger Anbauplan
Der Anbauplan der Maatschap Rozendaal ist so vielfältig wie deren Verkaufsstrategie. Neben Knollensellerie bauen die Brüder Rotkohl, Weißkohl, Winterporree, Zucchini, Kürbisse und Erbsen für die Konservenindustrie an sowie Kleegras. „Ein breites Anbauspektrum ermöglicht die Streuung der Risiken,” sagt Hans. „Die Bedingungen können in einem Jahr gut für eine Gemüseart sein und für eine andere im nächsten Jahr. Außerdem ist ein vielseitiger Fruchtwechsel gut für den Boden.
Das kommt dem Betriebsergebnis zugute. Wenn du gut zum Boden bist, dann ist der Boden gut zu dir.” Sie bauen Kleegras als Zwischenfrucht auf durchschnittlich einem Drittel ihrer Anbaufläche an, immer für zwei Jahre. Das hilft, den Beikrautdruck zu kontrollieren und erhöht die organische Masse und den Stickstoffgehalt im Boden. Das Schnittgut wird als Grünfutter an einen biologischen Rinderhalter verkauft, der im Tausch dafür Mist liefert.
Schlupfwespen und Kurzflügler
Die Rozendaal-Brüder haben einen klaren Blick auf den Bio-Anbau. „Wenn du biologisch arbeitest, dann musst du Sachen anregen,” sagt Hans. „Grundsätzlich verwenden wir keine Pestizide, auch keine, die in der biologischen Landwirtschaft erlaubt sind. Wenn man Krankheiten oder Schädlinge unterdrückt, dann zerstört man oft mehr als nötig wäre. Das bringt das Ökosystem durcheinander.” Aber muss man nicht ab und zu Raupen oder die Kohlfliege bekämpfen? „Das sehe ich nicht so,” sagt Hans. „Wenn man Raupen abtötet, dann unterbricht man den Reproduktionszyklus von deren natürlichen Feinden. Schlupfwespen brauchen Raupen, um ihre Eier darin abzulegen. Wenn es keine Raupen mehr gibt, dann werden auch Schlupfwespen aus deinem Ökosystem verschwinden.” Sie töten auch Kohlfliegen nicht. „Wir eggen einige Male, wenn es nötig ist. Das hilft, die Eier von den Pflanzen zu schütteln. Dann fressen natürliche Feinde, wie die Kurzflügler, die meisten der Eier und Larven.” Artenreiche Feldränder und Grabenböschungen sind wertvoll als Lebensräume für diese nützlichen Insekten, erklärt Hans. Die Möhrenfliege halten die Anbauer mit Psila-Protect-Geruchsstäben aus den Pastinaken und dem Stangensellerie fern. Diese enthalten Zwiebelöl. „Wir haben keinen Ärger mehr mit Möhrenfliegen, seit wir diese verwenden.” Ihre Herangehensweise ist nahe an der bio-dynamischen, aber sie sind nicht Demeter-zertifiziert. „Ich habe viel Respekt für bio-dynamsich,” erläutert Hans, „aber es passt nicht zu uns. Wir gehören der Niederländischen Reformierten Kirche an und wir fühlen uns mit der anthroposophischen Weltanschauung nicht wohl.” „Wenn man Krankheiten und Schädlinge unterdrückt, dann zerstört man oft mehr als nötig wäre. Das bringt das Ökosystem durcheinander.” Hans Rozendaal
Resistenz
Bei der Sortenwahl achten die Anbauer auf Krankheitsanfälligkeit. Die Zucchini-Sorte Ladoga F1 von Bejo zum Beispiel hat eine hohe Feldtoleranz gegen Viren und Mehltau. Bei Knollensellerie haben die Rozendaals gute Erfahrungen mit Yara F1. Diese schnellwüchsige Bejo-Sorte hat eine höhere Resistenz gegen Blattflecken (Septoria) als viele andere Sorten. „Im ersten Jahr hatten wir Yara F1 in einem Versuch und wir waren sofort von ihr begeistert,” sagt Hans. „Anfangs hatten wir hier und da einen Seitentrieb, aber in den letzten paar Jahren keinen mehr. Es ist eine Sache von nicht zu früher Pflanzung in der Saison und von der Verwendung von Jungpflanzen.” Bei Knollensellerie ist das Resistenz-Niveau ganz wichtig für das Endergebnis, weiß Hans. „Auf dem Feld siehst Du die Trennlinie zwischen verschiedenen Sorten. Und das wirkt sich auf den Ertrag aus. Wenn dein Bestand zwei oder drei Wochen früher Blattflecken bekommt, dann kostet dich das 200 oder 300 Gramm pro Knolle.”
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BIOLOGISCHER GEMÜSEANBAU IN DÄNEMARK DÄNEMARK HAT GROSSE AMBITIONEN FÜR DIE BIOLOGISCHE NAHRUNGSMITTELPRODUKTION UND WAR DAS ERSTE LAND AUF DER WELT, DAS RICHTLINIEN FÜR DIESEN SEKTOR FESTGELEGT HAT. LIS JESPERSEN, KEY ACCOUNT MANAGER DES DÄNISCHEN SAATGUTUNTERNEHMENS SEEDCOM, SKIZZIERT DIE SITUATION IN IHREM LAND.
1995 haben wir den ersten Biologischen Aktionsplan für Dänemark entwickelt. Wir hatten seit Langem nationale Standards, ein Bio-Siegel und offizielle Inspektion von Produzenten gehabt.
biologischen Importe ist etwas höher als der der Exporte
Wir sind auch das erste Land gewesen, das eine Zielsetzung für öffentliche Küchen, wie Krankenhäuser und Regierungskantinen, festgelegt hat, dass 60 % biologische Produkte verwendet werden. Solche Küchen können sich für ein Siegel qualifizieren, das angibt, dass ihr Essen zu 30 %, 60 % oder 90 % biologisch ist.
2017 waren ca. 30 % der Gemüseproduktion in Dänemark bioloigsch. Die wichtigsten Freilandgemüsearten sind Möhren, Zwiebeln, Salat, Kohl, Porree, verschiedene Wurzelgemüsearten, Blumenkohl und Brokkoli. Der Kartoffelanbau ist ebenfalls beträchtlich. Erträge von biologischen Feldern liegen zwischen 60 % und 100 % derer von konventionellen Feldern, abhängig von der Gemüseart. Biologische Möhren nehmen mehr als 50 % der gesamten Möhrenanbaufläche ein. Bei Zwiebeln umfasst der Bioanbau etwa 25 % der Anbaufläche.
Die Menschen in Dänemarkt essen mehr und mehr biologische Nahrungsmittel. Die Verkäufe von biologischem Obst und Gemüse haben sich fast auf € 773 Mio im Jahr 2020 verdreifacht, von € 267 Mio 2015. Die am meisten verkauften biologischen Lebensmittel sind Molkereiprodukte (Milch, Butter und Joghurt), Möhren, Hafermehl, Bananen, Eier, Mehl, Nudeln und Äpfel. Mehr als 13 % des Einkaufs in dänischen Lebensmittelläden ist biologisch – das ist der höchste Marktanteil auf der ganzen Welt. Dänemark ist international bekannt für die Produktion von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und die Verarbeitung mit den höchsten Nahrungsmittelsicherheitsstandards. Das ist der Hauptgrund dafür, dass sich der Export von dänischen biologischen Lebensmitteln in den letzten fünf jahren verdoppelt hat. Unsere Hauptexportmärte sind Deutschland, Schweden und Frankreich, aber wir verkaufen auch in Asien und den Vereinigten Staaten und im Mittleren Osten. Seit wir große Mengen an biologischen Lebensmitteln konsumieren, importieren wir auch Einiges – hauptsächlich Früchte, die wir hier nicht anbauen können, wie Bananen, Orangen und Zitronen. Der Wert der dänischen
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Hauptkulturen
Fruchtwechsel und robuste Sorten
Im dänischen Gemüsebau, wie im gesamten biologischen Anbau, sind keine synthetischen Dünger und keine chemischen Pflanzenschutzmittel erlaubt. Nährstoffe werden durch Hülsenfrüchte und biologisches Recyclingmaterial (z.B. Pflanzenrückstände und Stallmist) zugeführt. Um Krankheiten und Beikräutern auf Bio-Feldern vorzubeugen, praktizieren die Anbauer einen guten Fruchtwechsel und verwenden robuste, krankheitsresistente Sorten. Guter Fruchtwechsel
„Manchmal können lokale Produkte, die konventionell angebaut werden, nachhaltiger sein, als die gleichen Nahrungsmittel, die biologisch angebaut und importiert wurden.” Lis Jespersen
erhält den Boden fruchtbar und unterbricht Beikraut- und Schädlingszyklen. Moderne Technologien, wie kameragesteuerte Roboter und Drohnen, helfen den Anbauern, Beikräuter zu identifizieren. Diese werden dann von mechanischen Jätegeräten oder manuell mit Liegejätern entfernt. Bio-Anbauer setzen den Fokus auf die Schaffung von gesunden, fruchtbaren Böden für ihre Kulturen, während sie die Umwelt, die Biodiversität und die natürlichen Resourcen schützen. Bevor sie ihre Produkte als biologische verkaufen können, müssen die Betriebe in Dänemark eine zweijährige Umstellungsphase durchlaufen.
Zwei Segmente von Anbauern
Bio-Anbauer müssen in der Lage sein, eine regelmäßige Liefermenge an einen bestimmten Supermarkt liefern zu können. Vor mehreren Jahren haben die meisten Bio-Anbauer in Dänemark ein großes Spektrum an Gemüsearten für den lokalen Verkauf produziert. Heute sind die Dinge diverser geworden, mit parallelen Entwicklungen in unterschiedlichen Segmenten. Um es zu vereinfachen, werde ich die beiden Hauptsächlichen beschreiben: Zum einen gibt es die größeren, spezialisierteren Anbauer, die auf den Einzelhandel, wie z.B. Supermärkte, abzielen. Diese arbeiten zunehmend zusammen, um ein gleichbleibendes Volumen und effektives Markting sicherzustellen. Zum anderen gibt es die kleineren Anbauer, die viele verschiedene Gemüsearten mit lokalem und saisonalem Anspruch produzieren – inklusive besonderen Versionen – für lokalen Verkauf über Hofläden, Verkaufsstände am Straßenrand und Lieferkisten. Diese Anbauer verkaufen auch oft direkt an die Konsumenten.
Nach vorne schauen
Es ist ungeheuer wichtig, sich auch auf das Klima und die Umwelt zu konzentrieren und unsere begrenzten Resourcen zu schützen. Bio ist ein Schritt auf diesem Weg. Aber manchmal können lokale Produkte, die konventionell angebaut werden, nachhaltiger sein, als die gleichen Nahrungsmittel, die biologisch angebaut und importiert wurden. Eine Anzahl der 17 Ziele der UN zur Entwicklung der Nachhaltigkeit werden mehr und mehr von Anbauern in ganz Dänemark umgesetzt. Ich denke, dass in Zukunft die Nachhaltigkeit das Wichtigste für den dänischen Gemüseanbau sein wird.
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NEUE EU-RICHTLINIE ZUR FESTLEGUNG DES STICHTAGS FÜR NICHT-CHEMISCH BEHANDELTES SA ATGUT
BIO-ANBAU WIRD EXPONENTIELL WACHSEN MÜSSEN SAATGUT-PRODUKTION IST EINE SPEZIELLE KUNST – BESONDERS, WENN DIE PFLANZEN BIOLOGISCH ANGEBAUT WERDEN. IN DEN KOMMENDEN JAHREN WIRD DIE PRODUKTIONSKAPAZITÄT SIGNIFIKANT AUSGEWEITET WERDEN MÜSSEN. Gemüse ist nur dann wirklich biologisch, wenn es mit biologisch produziertem Saatgut angebaut wird. Zumindest ist dies das Grundprinzip der EURichtlinie für biologische Landwirtschaft. In vielen Fällen kann man jedoch Ausnahmegenehmigungen für die Verwendung von konventionellem, nichtchemisch behandeltem Saatgut bekommen. Für Gemüsearten, inklusive Roten Beten, Möhren, Kohlarten und Blattgemüse, können Anbauer und ihre Partner in der Kette immer noch zwischen nicht-chemisch behandeltem und biologisch produziertem Saatgut wählen. Diese Ausnahmeregelungen sollen jedoch womöglich von 2036 an enden. Das Datum ist noch nicht sicher; 2022 wird eine neue EU-Richtlinie erwartet. Die Saatgutproduktion ist vielleicht die größte Herausforderung, vor der der Sektor steht. 2036 ist nicht mehr weit entfernt, erklärt Wil Jorink, Spezialist für Versuchsfelder und Saatgutproduktion bei Bejo. „Es dauert mindestens fünf Jahre, einen neuen Produktionsstandort aufzubauen.” Bejo produziert seit den 1990erJahren biologisches Saatgut. Der internationale Produktionsberater Gerrit Goudsblom war von Anfang an dabei. Er und Jorink, der 2010 zu
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Bejo kam, wissen sehr wohl, was es bedeutet, Saatgut von hoher Qualität zu produzieren. „Die meisten Gemüsearten sind zweijährig,” erklärt Goudsblom. „Sie müssen den Winter bei guter Gesundheit überleben, um fähig zu sein, im zweiten Jahr Blüten und Saatgut zu bilden. Das stellt außergewöhnliche Anforderungen an den Anbauer und das Anbaugebiet. Das Klima ist wichtig. Die Winter sollten nicht zu rau sein, aber man braucht eine ausreichende Temperaturdifferenz, damit die Pflanzen Blüten bilden und dann noch die richtigen Wetterbedingungen für das Blühen und Bestäuben.
Rückstandsgrenzen
Krankheitsdruck und Beikräuter beeinflussen ebenfalls die Erfolgschancen eines biologischen Saatgutproduktionsbestandes. „Insekten sind der größte Feind,” sagta Goudsblum. „Ein Befall mit Blattläusen oder Wanzen kann einen Saatgutbestand komplett zerstören.” Produzenten müssen auch die Umgebung berücksichtigen, weil ungeplante Kreuzbestäubungen selbstverständlich vermieden werden müssen. Sie müssen auch auf Pestizidrückstände achten. Biologisches Saatgut wird strikt kontrolliert und die erlaubten Grenzwerte sind extrem niedrig. Der Boden und die gesamte Umgebung muss sauber sein. Ein Nachbar, der ein Feld spritzt, kann ein Desaster sein. Sogar die Verwendung von natürlichen Substanzen kann schwierig sein, sagt Goudsblom. „Wir müssen sehr vorsichtig sein, mit dem was wir verwenden, denn die Richtlinien sind nicht überall dieselben.“
Bejo sucht neue Standorte und Saatgutproduzenten
Die Saatgutproduktion von Bejo findet in vielen Ländern auf der ganzen Welt statt. In Europa u.a. in den Niederlanden, Deutschland und Frankreich. Die Vereinigten Staaten und Australien sind auch wichtige Anbauländer. Die Produktion findet zum Teil auf unseren eigenen Standorten und zum Teil auf Standorten von externen Anbauern statt. Bejo sucht konstant nach neuen Standorten und Betrieben mit Gewächshäusern oder Produktionsfeldern für die Saatgutproduktion. „Die Produktion von Bio-Saatgut ist eine hochwertige Art von Anbau,” erläutert Goudsblom. „Sie muss zu einem passen.
NATÜRLICHE INSEKTENKONTROLLE
Es kann ziemlich riskant sein. Auf der anderen Seite können die finanziellen Erträge höher sein.”
Exponentielles Wachstum
Bejo bietet ein breites Sortiment von biologisch produziertem Saatgut von mehr als 35 Gemüsearten an. „Wir arbeiten daran, biologisches Saatgut von einer Sorte in jeder Kategorie anzubieten.” Wenn die Ausnahmegenehmigungen enden, dann werden die Saatgutunternehmen die Versorgung exponentiell steigern müssen. Die Produktion von biologischem Saatgut kostet mehr als die Produktion von nicht-chemisch behandeltem Saatgut. Es braucht auch Anstrengungen, um eine befriedigende Qualität zu erzielen. „Wir werden in der Branche eine Diskussion über Saatgutqualitätsstandards führen müssen,” sagt Jorink. „Was ist akzeptabel, was ist realistisch und wo wollen wir hin? Zum Beispiel können wir jetzt Möhrensaatgut biologisch produzieren, aber die Keimfähigkeit, die Anbauer vom konventionell produzierten Saatgut gewöhnt sind, ist im Moment zu ambitioniert. Ein etwas niedrigerer Standard ist jedoch realisierbar. So können Anbauer dennoch mit einer etwas höheren Aussaatstärke einen guten Ertrag je Hektar erzielen.” Goudsblom erklärt: „Du musst irgendwo anfangen. Und das ermutigt Firmen, zu investieren. Wettbewerb im Markt wird Verbesserungen vorantreiben. Bei Bejo sind wir bereit für die Herausforderung.”
Produktionsforscher konzentrieren sich in letzter Zeit stark auf natürliche Methoden zur Kontrolle von Schadinsekten, sagt der internationale Saatgutproduktionsforschungs-Manager Youri Draaijer. Neben Beikräutern stellen Insekten die größte Herausforderung bei der Saatgutproduktion dar. Wanzen zum Beispiel befallen Doldenblütler wie Möhren. Sie stechen die Samen an, was dazu führt, dass diese ihre Keimfähigkeit verlieren. Bei Radieschen fressen Glanzkäfer den Pollen und verhindern die Samenbildung. Bei Rüben fressen sich die Larven des Stängelrüsslers (Lixus) durch die Stängel und verursachen deren Brechen. Das Forschungsteam von Bejo hat seinen eigenen Entomologen (Insektenspezialist). „Wir wollen besser verstehen, was Schadinsekten anlockt und wie ihr Lebenszyklus aussieht,” erklärt Draaijer. „Wenn man mehr über Insekten lernt, dann ist man besser in der Lage, natürliche Kontrollstrategien zu entwickeln. „Das kann bedeuten, dass man Fangpflanzen oder abschreckende Pflanzen verwendet, um Schadinsekten fernzuhalten. Oder Pflanzen, die natürlichen Feinden ermöglichen, sich einfach zu vermehren. Diese einzelnen Aktionen haben nur einen begrenzten Effekt. Unser Ziel ist es, eine Kombination von Maßnahmen zu finden, die sich gegenseitig verstärken. Das Schöne daran ist, dass dieses Wissen auch für unsere Kunden sehr wertvoll ist – für die konventionellen und die biologischen.
„Neben Beikräutern stellen Insekten die größte Herausforderung bei der Saatgutproduktion dar.” Youri Draaijer
Gerrit Goudsblom
Wil Jorink
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‘TRANSPARENZ IN DER KETTE WIRD IMMER WICHTIGER’
VERTRAGSANBAU BIETET STABILITÄT FÜR DIE ANBAUER DIE LAARAKKER-GRUPPE ARBEITET MIT VERTRAGSANBAUERN ZUSAMMEN, UM ROHMATERIAL UND HALBFERTIG-PRODUKTE FÜR DIE TIEFKÜHL- UND KONSERVENINDUSTRIE IN DEN NIEDERLANDEN UND DARÜBER HINAUS ZU LIEFERN. VERTRAGSANBAU GIBT ANBAUERN STABILITÄT. „WIR PRODUZIEREN, WAS DER MARKT VERLANGT,” SAGT AD LIEVENSE. Niederländisches Tiefkühlgemüse kommt wirklich herum. Ad Lievense von der Laarakker-Gruppe besucht oft mit seiner amerikanischen Freundin den Südwesten der USA. Dort trifft er oft auf die `Früchte seiner Arbeit`. „In den Supermärkten in Arizona sehe ich Gemüse in den Tiefkühltruhen, die unsere Anbauer in den Niederlanden angebaut haben. Das ist doch cool, oder?” In den USA übersteigt die Nachfrage nach Bio-Gemüse die inländische Produktion, erklärt er. Anbaumöglichkeiten sind aufgrund der Klimabedingungen begrenzt und weil geeignete Flächen und Wasser knapp sind. Deshalb sind die USA ein signifikanter Teil des niederländischen Exportmarktes geworden. Die Laarakker-Gruppe weiß, wie man das Beste aus solchen Möglichkeiten machen kann. Das Unternehmen in der niederländischen Stadt Well ist spezialisiert auf den Anbau, die Verarbeitung und den Verkauf von Freilandgemüse, hauptsächlich für die Tiefkühl- und Konservenindustrie.
Bio-Anbau geht weiter
Vom Produktionsvolumen von Laarakker sind 10 % biologisch und diese 10 % erbringen mehr als 20 % des Betriebseinkommens. Der Bio-Anteil des Betriebes ist in den letzten Jahren schnell gewachsen, sagt Lievens, der
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die ständige Kontaktperson für die Bio-Anbauer ist. „Ich habe sieben Jahre hier gearbeitet und in dieser Zeit hat sich das Volumen verdoppelt. Es wächst immer noch, aber ich erwarte keine weitere Verdoppelung in sieben weiteren Jahren.” Er vermutet, dass sich das Wachstum wegen des Preisunterschieds zwischen biologisch und konventionell einpendelt, sagt er. „Ich denke, dass viele Kunden im Laden – wenn sie die Wahl haben – aufgrund des Preises entscheiden. „Die Kosten für den Anbau sind der begrenzende Faktor, wenn es um eine erhebliche Ausweitung von biologischen Anbauflächen geht. Die Beikrautregulierung ist ein besonderer Aspekt, seit die Arbeitskräfte knapp sind.
Ein zunehmend wichtiger Trend
Laarakker unterstützt seine Vertragsanbauer mit intensiver Anbauberatung. Diese koordiniert sorgfältig die Landnutzung, Düngung und den Pflanzenschutz. Das bedeutet, dass der Verarbeiter seinen Kunden in den USA und in Europa garantieren kann, dass die Produktion deren Anforderungen erfüllen wird. „Transparenz in der Kette ist ein Trend, der für den Verkauf immer wichtiger wird,” erklärt Lievense. „Jede unserer Lieferungen kann bis zu der Stelle rückverfolgt werden, an der das Produkt angebaut worden ist.” Laarakkers intensive Anleitung hilft den Anbauern,
“Im konventionellen Anbau lernen wir viel vom biologischen – und umgekehrt.” Ad Lievense
LAARAKKERGRUPPE: ANBAU, VERARBEITUNG UND VERKAUF
den Profit aus ihren Gemüsekulturen zu vergrößern.
Experimente
Laarakker führt regelmäßig Feldversuche in Bereichen wie der Beikrautregulierung durch. „Wir suchen nach Wegen, um die technischen Lösungen, wie das mechanische Hacken, zu verbessern,” erläutert Lievense. Wir schauen auch nach unterschiedlichen Sä-Abständen, die beim mechanischen Hacken helfen können. Das kann einem Ertrag kosten, aber wenn es Arbeit erspart, dann kann es immer noch kosteneffektiv sein.” Beikrautregulierung ist kein Problem, das auf den Bio-Anbau begrenzt ist. Auch für konventionell angebautes Gemüse legen Kunden Anforderungen zum Einsatz von Chemie fest, die strikter sind als die, die das Gesetz fordert. Auf der Suche nach Lösungen stärken sich biologisch und nicht-biologisch bei Laarakker gegenseitig, sagt Lievense. „Im konventionellen Anbau lernen wir viel vom biologischen – und umgekehrt.”
Stabilität
Vertragsanbau für die Industrie gibt Anbauern Stabilität. Weil die Klimaveränderung zu größeren Anbaurisiken führt, ist er attraktiver als je zuvor, erklärt Lievense. „Im vergangenen Frühjahr hatten wir es mit einer langen, kalten Periode und viel lokalem Regen zu tun. In den Jahren davor hatten wir Trockenheit und Hitze. Es braucht Kreativität und Flexibilität, um mit diesen Extremen fertigzuwerden. Wir bieten mit Anbauberatung und einer guten Sortenwahl Unterstützung an und wir haben viele Maschinen, die uns eine schnelle Ernte erlauben. Die Hauptsache ist, dass wir und unsere Anbauer das produzieren, was der Markt verlangt. Für jedes Feld, für das wir Absprachen treffen, ist der Verkauf arrangiert.”
Die Laarakker-Gruppe sitzt in der niederländischen Stadt Well. Hannes Laarakker hat dort mit einem Mischbetrieb begonnen. Sein Sohn Piet hat sich auf Freilandgemüse spezialisiert und Enkel Frank hat die Firma zu ihrer jetzigen Form entwickelt: eine Gruppe von Firmen, die Anbauer unter Vertrag hat, die ein großes Gemüsespektrum anbauen, das sie für die Konserven- und Tiefkühlindustrie verarbeiten. Laarakker ist heute immer noch ein Familienbetrieb. Er umfasst drei Firmen: Laarakker Groenteverwerking (Gemüseverarbeitung) konzentriert sich auf konventionelle Ware, Laarakker Bio verarbeitet die biologische und bio-dynamische. Die Tochterfirma EcoFuels verarbeitet Nebenprodukte zu grüner Energie. Das Gemüse kommt von einem Netzwerk von mehr als 300 Vertragsanbauern, von denen mehr als 50 biologisch und bio-dynamisch arbeiten. Zusammen bebauen sie mehr als 8.000 Hektar Nutzfläche in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Spanien. In den Niederlanden findet der Anbau hauptsächlich in Flevoland und einigen anderen landwirtschaftlichen Gebieten in den Regionen Groningen-Drenthe, Haarlemmermeer und im Südwesten der Niederlande statt. Laarakkers Bio-Sortiment umfasst Hülsenfrüchte, Spinat, Blumenkohl, Rosenkohl, Möhren, Pastinaken, Knollensellerie, Porree und Kürbis.
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IM ‘BLUMENKOHL-CLUB’ ZUSAMMENARBEITEN
DIE ULTIMATIVE GENOSSENSCHAFT, DIE KEINE IST FÜNF NIEDERLÄNDISCHE ANBAUER HABEN IHRE KRÄFTE GEBÜNDELT, SPEZIELL UM BLUMENKOHL ZU PRODUZIEREN. DIE STÄRKE LIEGT IN DER ANZAHL UND DIE GRUPPE IST EIN ATTRAKTIVER PARTNER FÜR VERARBEITER. „DAS GEFÜHL HAT VOM ERSTEN TAG AN GEPASST,” SAGT PERRY LEEMANS. „WIR SEHEN, WAS DER MARKT WILL UND DANN BAUEN WIR DAS AN.” „Ich werde einfach die Gruppe informieren und wir werden sehen, wer kommen möchte.” Perry Leemans, Ein- und Verkaufsmanager bei Green Organics, bereitet das Interview für diesen Artikel mit einer Gruppe zusammenarbeitender Blumenkohlanbauer in der niederländischen Provinz Flevoland vor, deren Verkäufe er koordiniert. Das Ergebnis ist typisch für den `Blumenkohl-Club`: alle Mitglieder erscheinen. Es scheint ihnen eine gute Möglichkeit zu sein, sich zu treffen. Die Unterhaltung findet auf dem Betrieb von Jan Bokdam in Biddinghuizen statt. Er hat die Gruppe 2004 mit dem lokalen Anbaukollegen Jan van Woerden gegründet. Gegenwärtig sind es neben Bokdam Michiel Stehouwer aus Swifterbant, Arend Leen Hoekstra aus Lelystad, Bas van den Dries aus Dronten und Martijn Schieman, auch aus Lelystad. Schieman leitet einen bio-dynamischen Betrieb und die anderen sind Bio-Anbauer.
Seit 2004
Die Männergruppe baut biologischen Blumenkohl an und verkauft ihn an die Tiefkühl- und Konservenindustrie. Sie arbeiten eng mit dem Großhändler Green Organics im nahegelegenen Dronten zusammen. Die Geschichte des `Blumenkohl-Clubs` begann 2004. Die Anbauer hatten die Genossenschaft Nautilus beliefert, aber deren Umstrukturierung zwang sie, eine neue Lösung zu finden. Van Woerden und Bokdam sind an Jan Groen herangetreten, der kurz zuvor Green Organics initiiert hatte und den sie aus der Zeit bei Nautilus
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kannten. „Wir fragten ihn: Willst Du unseren Blumenkohl verkaufen?”, erinnert sich Bokdam. „Er sagte, ich kann nichts versprechen. Er kam einige Wochen später auf uns zu. Ob wir 45 Hektar anbauen könnten? Und wir haben als Gruppe ja gesagt.”Über die Jahre hat sich ihre gemeinsame Anbaufläche schrittweise erhöht. Sie bauen jetzt Sommer- und Winterblumenkohl für acht oder neun Kunden auf 100 Hektar an. Sie liefern den Großteil der Ware, die sie verkaufen und können zusätzliche
„Als Gruppe halten wir zusammen, wenn es darauf ankommt.” Jan Bokdam
Von links nach rechts stehend: Wilco Remijn (Green Organics), Jan van Woerden, Martijn Schieman, Perry Leemans (Green Organics), Jan and Stephan Bokdam. Von links nach rechts kniend: Bas van den Dries, Arend Leen Hoekstra, Michiel Stehouwer
„Wir sehen, was der Markt will und dann bauen wir es an.” Perry Leemans
„Jeder nimmt auf seine eigenen Kosten teil und investiert in Maschinen. Wir koordinieren alles als Gruppe. Wenn etwas schiefgeht, dann kümmern wir uns zusammen darum.” Zum Beispiel: „Manchmal müssen wir während der Ernte ein Feldstück unbeerntet lassen, weil die nächste Person dran ist. Wir treffen diese Entscheidung zu dem Zeitpunkt zusammen und teilen die Kosten danach auf.“
Immer bereit zu helfen
Kapazitäten mit fünf anderen Anbauern organisieren, wenn nötig. Jan Groen von Green Organics sagt: „Es ist aktuell die ultimative Genossenschaft, aber ohne die formelle Organisation.”
Koordination ist der Schlüssel
Die fünf Mitglieder der Gruppe stehen in engem Kontakt. Sie koordinieren alles, von der Aufteilung der Anbaugebiete und der Pflanztermine bis zur Ernte und Verladung. Und sie helfen einander mit Arbeitskräften und Maschinen aus, wenn nötig. Leemans kommuniziert mit den Verarbeitern im Namen von Green Organics. Er ist der Dreh- und Angelpunkt, der ein wachsames Auge auf den Zustand der Felder hat, zum Teil, weil sein Kollege Wilco Remijn die Anbauer mit Anbauberatung versorgt. Leemans sagt: „Blumenkohl ist ein für die Industrie schwer zu planendes Produkt. Aber die Gemüseverarbeiter wollen wissen, was hereinkommen wird. Sie haben in eine Kapazität von 10-20 Tonnen pro Stunde investiert, damit sie das frischest mögliche Produkt verarbeiten können. Diese Verarbeitungslinie kann nicht stillstehen. Das ist die Herausforderung. Manchmal kann man die Ernte, die für Woche 41–43 geplant war, nicht liefern. Aber normalerweise machen sie es als Gruppe doch möglich. Sie würden keinen Lastwagen halb leer losfahren lassen. Das ist die Kraft der Genossenschaft.” Bokdam erläutert: „Als Gruppe halten wir zusammen, wenn es darauf ankommt. Deshalb kommen die Kunden immer wieder zu uns zurück.”
Die Club-Mitglieder sind immer bereit, einander in einer Krise zu helfen. Mitbegründer Jan van Woerden weiß das aus ersten Hand. Vor ein paar Jahren hatte er einen schweren Unfall mit der Erntemaschine. Als er schwer verletzt im Krankenhaus lag, haben die Anderen ungefragt seine Ernte eingefahren. Sie mussten nicht lange darüber diskutieren. Obwohl Van Woerden selbst keinen Blumenkohl mehr anbaut, fühlt er sich immer noch involviert. Sogar außerhalb der geschäftigen Anbausaison finden die Mitglieder Zeit, sich zu treffen. Jedes Jahr besuchen sie einen ihrer Kunden. Außerdem nehmen sie sich Zeit für eine jährliche soziale Aktivität mit ihren Partnern. „Was wir machen ist Teamarbeit,” erklärt Van Woerden. „Wir halten zusammen, wenn nötig, aber wir haben auch Spaß zusammen.” Leemans erzählt: „Das Gefühl hat vom ersten Tag an gepasst. Wir sehen, was der Markt will und dann bauen wir es an.”
„Was wir machen ist Teamarbeit.” Jan van Woerden
Auf eigene Kosten
Die Partnerschaft der Anbauer hat keine formelle Struktur, sie hat nicht einmal wirklich einen Namen. Die Mitglieder nennen sie einfach `Blumenkohl-Club`. „Wir machen alles im Einvernehmen und auf der Basis von Vertrauen,” sagt Bokdam.
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RICHTLINIEN DES BIO-ANBAUS IN FRANKREICH SEIT 1991 DIE ERSTE EU-BIO-RICHTLINIE VERÖFFENTLICHT WURDE, IST DER VORGESCHRIEBENE WEG, UM BIO-GEMÜSE ZU PRODUZIEREN, GEWESEN, BIO-SAATGUT ZU VERWENDEN. WAS PASSIERT, WENN DIE NACHFRAGE HÖHER IST ALS DIE LIEFERBARKEIT? YANNICK CHEVRAY, MARKETING & SALES SUPPORT MANAGER VON BEJO FRANKREICH ERKLÄRT. Dann kommt es zu Ausnahmegenehmigungen. In den letzten 30 Jahren konnten Anbauer Ausnahmegenehmigungen bekommen, um konventionelles Saatgut für den Anbau von biologischem Gemüse zu verwenden. In der Vergangenheit war die Verwendung von gebeiztem Saatgut erlaubt, aber jetzt sind die Anbauer auf nicht-chemisch behandeltes Saatgut (NCB) eingeschränkt. Die bevorstehende, neue EU-Richtlinie besagt, dass es ab 2036 nicht mehr möglich sein wird, automatisch eine Ausnahmegenehmigung in den Fällen zu bekommen, in denen die Versorgung mit biologischem Saatgut unzureichend ist. Dieser Stichtag ist in den vergangenen Jahren mehrmals verschoben worden, aufgrund eines Mangels an biologischem Saatgut und Druck aus dem Markt, der nicht immer den ackerbaulichen Wert der Verwendung von biologisch vermehrten Sorten gesehen hat. Wir dürfen eine andere Wahrheit nicht verschweigen: einige Saatgutfirmen haben – im Gegensatz zu Bejo – nicht an das Potenzial von biologischer Landwirtschaft geglaubt und nicht wie wir in diese investiert. Zur gleichen Zeit hat jedoch der gesellschaftliche Druck – getrieben von einem Wunsch nach Nachverfolgbarkeit und Schutz der Gesundheit der Menschen und der Umwelt - die verschiedenen nationalen Regulierungsbehörden dazu gebracht, Ausnahmegenehmigungen zu begrenzen, was zu einer speziellen Annex-Liste ohne Ausnahmegenehmigungen führte.
Entscheiden, was auf die Annex-Liste kommt
Die nationalen Behörden in der EU haben Organisationen eingerichtet, die entscheiden, welche Gemüsearten auf die Annex-Liste kommen sollen. In Frankreich wird die relevante Organisation vom National Institute of Origin and Quality (INAO), einem Teil des französischen Landwirtschaftsministeriums betreut. Das INAO ist auch für die berühmten Qualitätssiegel verantwortlich, wie z.B. das Label Rouge, hauptsächlich verwendet, um Nahrungsmittel von hoher Qualität zu kennzeichnen und die AOC-Bezeichnung für Wein. Das INAO hat einen Ausschuss, der für die Regulierung des Bio-Anbaus zuständig ist. Dieser Ausschuss hat ein nationales Komitee für Saatgut, aufgeteilt in vier Gruppen – eine davon
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beschäftigt sich mit Gemüsesaatgut. Diese Gruppe besteht aus einem Moderator vom INAO und aus Experten, die die Kette repräsentieren, wie Pflanzenzüchter, Saatgutproduzenten und Technikspezialisten, neben Personen von Bio-Anbauverbänden, dem Saatgutverband und Zertifizierungsfirmen. Diese Gruppe schlägt die Aufnahme bestimmter Gemüsearten in die Annex-Liste vor, diskutiert das Für und Wider und präsentiert ihre Schlussfolgerung dem Komitee und dem Rat für die Genehmigung. Es muss ein gutes Argument geben, um eine Gemüseart auf die Liste zu bekommen.
Was ist mit “schwierigen” Gemüsearten?
Am Anfang war es relativ einfach, Gemüsearten für die Liste vorzuschlagen und sie genehmigt zu bekommen. Die ersten Gemüsearten, die aufgenommen wurden - hauptsächlich solche,
„Bejo wird mit seinen Anstrengungen fortfahren, seine Kunden mit der richtigen Menge und Qualität zu beliefern.” Yannick Chevray
deren Saatgut im Gewächshaus produziert wurde - waren Nischenkulturen oder solche, deren Saatgutproduktion einfach war. Aber jetzt hat das Komitee ein Stadium erreicht, in dem es mit Gemüsearten zu tun hat, deren Saatgut schwierig zu produzieren ist, aufgrund der Größe des Marktes, der Produktionsprobleme oder aufgrund von beiden. Wie soll man damit umgehen? Die Realität des Listens oder Nichtlistens einer Gemüseart ist nicht schwarz oder weiß. Es ist in der Tat ein großes Risiko, Anbauer in eine Sackgasse zu schicken, hinsichtlich der Qualität oder Quantität einer Gemüseart. Wenn Sie jedoch auf www.semences- biologiques.org, der offiziellen Website für die Verfügbarkeit von biologischem Saatgut, schauen, dann werden Sie sehen, dass schließlich zwei zusätzliche Status eingeführt worden sind, um einen weicheren Übergang zu ermöglichen. Der erste ist der “Alarm-Mitteilungs-Status”. Die Gemüsesaatgutgruppe des INAO kann eine Gemüseart als guten Kandidaten erachten, der nicht jetzt, aber in den kommenden Jahren in die Annex-Liste aufgenommen werden soll. Zum Beispiel werden runde Kohlarten 2023 und Rote Bete 2024 auf die Annex-Liste kommen. Für diese beiden Gemüsearten können Anbauer eine Ausnahmegenehmigung beantragen, wenn sie NCB-Saatgut für den Bio-Anbau verwenden wollen, aber ein großer, roter Bildschirm wird sie informieren, dass bereits ein großes biologisches Saatgutsortiment verfügbar ist und dass die Gemüsearten bald auf die Annex-Liste kommen werden. Das ist ein guter Weg, Anbauer zu animieren, biologisch vermehrte Sorten zu testen und den Saatgutfirmen zu helfen, den künftigen Bedarf einzuschätzen. Ein anderer Status, der einigen Gemüsearten zugeteilt wird, ist “progressiv”. Möhren und Radieschen fallen in diese Kategorie. Diese Gemüsearten stehen bereits auf der Annex-Liste, aber es gibt eine Übergangsphase, während der Anbauer weiterhin NCB-Saatgut verwenden können, wenn sie dem Kontrolleur nachweisen können, dass ein gewisser Prozentsatz des Saatguts, das sie verwenden, biologisch ist.
Die Möhren
war, mussten 30 % des verwendeten Saatguts biologisch sein, mit einer Steigerung auf 100 % im Jahr 2021. Das System ist jetzt angepasst worden, um einen mehr stufenweisen Fortschritt zu ermöglichen. Das Ziel für 2021 ist auf 75 % geändert worden, was ein zusätzliches Jahr bringt, um auf die 100 % zu kommen. Das INAO berücksichtigt Gegebenheiten des Marktes und die Saatgutproduktion. Einige außergewöhnliche Ausnahmegenehmigungen sind deshalb für 2021 gewährt worden, aufgrund eines Mangels an biologischem Saatgut. Tatsächlich ist 2020 ein fantastisches Jahr für die Bio-Möhrenproduktion gewesen. Angesichts eines Mangels bei der Verfügbarkeit bei anderen Saatgutfirmen und um den Anbauern zu helfen, die erforderlichen Mengen an biologischem Saatgut zu bekommen, hat Bejo von seinem Sicherheitsvorrat viel mehr verkauft, als erwartet worden wäre. Unglücklicherweise hat die biologische Saatgutproduktion auf der ganzen Welt nicht gut funktioniert. Wanzen sind immer noch schwierige Schadinsekten, mit denen man kämpfen muss. Sie töten den Pflanzenembryo und reduzieren damit natürlich die Keimrate. Weil die Qualität bei Bejo an erster Stelle steht, sind wir nicht in der Lage, Partien mit ungenügender Keimfähigkeit zu vermarkten. Aufgrund der zusätzlichen Nachfrage und der geringen Saatguternte hatten wir zu Beginn der Saison 2021 eine schwere Zeit. Durch die transparente Information an das INAO haben wir gehofft, dass das System angepasst wird und dass außergewöhnliche Ausnahmegenehmigungen für die Anbauer nach dem kürzlichen Verfügbarkeitsmangel zugestanden werden. In den kommenden Jahren wird Bejo mit seinen Anstrengungen fortfahren, unsere Kunden mit der richtigen Quantität und Qualität zu versorgen. Möhrensorten mit begehrter Genetik, wie z.B. Natuna F1, sind verfügbar und runden unser gegenwärtiges Sortiment ab und geben unseren Kunden ein gutes Signal, genauso wie die Entwicklung unserer Kapazitäten für die biologische Saatgutproduktion.
Wenn wir Möhren als Beispiel nehmen: 2019, im ersten Jahr, als der progressive Status in Kraft
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Liesbeth van der Heijden
SAATGUT VON HOHER QUALITÄT WIRD MIT EIN BISSCHEN HILFE SOGAR NOCH BESSER. DANK DER TECHNOLOGIE KÖNNEN ANBAUER HEUTE AUF SAATGUT ZÄHLEN, DAS INFEKTIONSFREI IST, GUT KEIMT UND ZU EINEM UNIFORMEN AUFGANG UND PFLANZENWACHSTUM FÜHRT. NICHTCHEMISCHE BEHANDLUNGEN WERDEN VON TAG ZU TAG BESSER UND NEUE ENTWICKLUNGEN SIND AUF DEM WEG. Unbehandeltes Qualitätssaatgut funktioniert gut auf gesunden Böden, deren Bodenleben im Gleichgewicht ist, sagt Liesbeth van der Heijden, eine erfahrene Forscherin in der Saatgutpathologieabteilung von Bejo. „Aber der Boden ist nicht immer perfekt. Jeder Anbauer muss manchmal Rückschläge erdulden. Deshalb ist es besser, dem Saatgut ein bisschen Hilfe zu geben.” Bejo macht all seine Behandlungen in seiner Hauptniederlassung in Warmenhuizen, in den Niederlanden. Das Saatgut wird direkt nach der Ernte an den Produktionsstandorten auf der ganzen Welt dorthin geschickt. Es durchläuft eine Anzahl von Tests und Behandlungen in unserer HightechFirma. Wir untersuchen auf Keimfähigkeit und pilzliche, bakterielle und virale Infektionen. Wenn nötig, wird eine Desinfektion und Reinigung durchgeführt.
Physikalische Desinfektion
Für konventionelles Saatgut können immer noch chemische Wirkstoffe verwendet werden, um samenbürtige Krankheitserreger zu entfernen. Für biologisches Saatgut muss das Saatgut nicht-chemisch behandelt werden. Bejo hat mehr als 20 Jahre an der Optimierung von nicht-chemischen Behandlungen gearbeitet und sucht ständig nach neuen Methoden. Es erstes kam die Heißwasserbehandlung. Die Kombination aus Wasser und Hitze ist mit der Entwicklung unserer Dampf-Vakuum-Methode weiter verfeinert worden. „Die Herausforderung ist, die angemessene Aktion zu wählen,
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COATING UND PILLIERUNG Das Saatgut erhält eine abschließende Behandlung. Standard-Coating umfasst die Aufbringung eines dünnen Films, der Farbe und Additive enthält. Das Saatgut behält seine natürliche Form. Das Saatgut einiger Gemüsearten wie Fenchel, Radicchio, Porree und Salat wird pilliert, um dem zum Teil länglichen oder gefurchten Saatgut durch die Hüllmasse eine rundere Form mit glatter Oberfläche zu geben. Das sehr feine und leichte Sellerie-Saatgut erhält durch die Pillierung mehr Masse, damit es im Jungpflanzenbetrieb besser ausgesät werden kann.
CHEMIE-FREIE TESTUNG, DESINFEKTION, REINIGUNG UND VERBESSERUNG
GUTES SAATGUT SOGAR NOCH BESSER MACHEN PRIMING FÜR UNIFORMES WACHSTUM Priming ist eine Behandlung, die Temperatur und Feuchtigkeit nutzt, um, kurz gesagt, die Dormanz des Saatguts zu brechen. Die Embryoentwicklung wird unter sorgfältig kontrollierten Bedingungen gestartet und dann schnell durch die Trocknung des Saatguts gestoppt. Priming erfolgt vor Coating oder Pillierung. Geprimtes Saatgut keimt schneller, ist weniger empfindlich für Stressfaktoren und entwickelt sich gleichmäßig zu uniformen, gesunden Pflanzen. Bejo verwendet einen chemiefreien Prozess, der für biologisches Saatgut zugelassen ist. Bei Möhren ist mehr als 70 % des verwendeten Saatguts geprimt, Bei Möhren und Zwiebeln wird ein erheblicher Anteil geprimt - mit steigender Tendenz. Priming ist Standard bei Petersilie und Wurzelpetersilie und bei einer Anzahl von Gemüsearten für die Jungpflanzenanzucht, wie Knollensellerie, Stangensellerie, Porree und Salat. Priming ist weniger wichtig bei Gemüsearten, die natürlicherweise leicht keimen, wie Kohlarten.
weil jede Behandlung die Saatgutqualität beeinflussen kann,” sagt Van der Heijden. „Man muss eine Fliege nicht mit einem Hammer erschlagen, wenn eine Zeitung den gleichen Effekt hat.” Dampf-Vakuumierung ist die am besten verfeinerte Methode, sagt sie. „Dampf ist in einem Vakuum weniger heiß und das, kombiniert mit einer pulsierenden Anwendung, ermöglicht uns eine effektive Behandlung, ohne die Samenschale zu penetrieren. Wir haben gemüseartspezifische `Rezepte` für verschiedene Gemüseart-/ Krankheitserreger-Kombinationen entwickelt.”
Eine Bereicherung für konventionelle Gemüsearten
Unsere Anstrengungen, nicht-chemische Behandlungen zu entwickeln, haben einen wertvollen Nebeneffekt gehabt. Chemische Desinfektion von konventionellem Gemüsesaatgut wird immer schwieriger, weil Fungizide vom Markt genommen werden. Behandlungsmethoden, die ursprünglich für unser biologisches Saatgut entwickelt worden sind, dienen als alternative Lösungen. Bejo fährt fort, sowohl weitere Verbesserungen für bestehende Techniken zu erforschen, als auch gänzlich neue Methoden. Plasma- und ElektronenStrahlentechnologien können sich als hilfreich erweisen, sagt Van der Heijden, weil diese die Behandlung des Saatguts ohne Wasser erlauben.
Additive
Nach dem Reinigungs- und Dekontaminierungsprozess werden Behandlungen angewendet, um die Leistungsfähigkeit zu unterstützen. Wir geben dem Saatgut mit Coating, B-Mox und/oder Pillierung die Endbehandlung. Additive wie Mikronährstoffe und Pflanzenschutzmittel können in die Hülle eingearbeitet werden. Konventionelle Saatgut-Coatings enthalten im Allgemeinen chemische Wirkstoffe, um Keimlingskrankheiten wie Pythium, Fusarium and Rhizoctonia vorzubeugen. >>
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„Wir haben gemüseartspezifische `Rezepte` für verschiedene Gemüseart-/Krankheitserreger-Kombinationen entwickelt.” Liesbeth van der Heijden
Obwohl nicht-chemisch Anti-Pilz-Wirkstoffe im Bio-Anbau existieren, sind sie nur für die Feldbehandlung zugelassen. „Wenn es um SaatgutCoating geht, ist kaum etwas zugelassen,” erklärt Van der Heijden. „Der Saatgutbehandlungsmarkt ist zu klein für die Produzenten, um ein teures Zulassungsverfahren zu starten.“ Bejo investiert auf diesem Gebiet viele Anstrengungen und Zeit. Das Zulassungsverfahren für eine Substanz hat begonnen.
Nützliche Mikroorganismen
NICHT-CHEMISCHER SCHUTZ FÜR KONVENTIONELLE ANBAUER Im konventionellen Anbau wurden dem Coating viele Jahre lang chemische Fungizide zugefügt, um das Saatgut vor Keimlingskrankheiten zu schützen. Die Verfügbarkeit dieser Substanzen wird jedoch reduziert. Für Rote Bete ist seit Juni 2021 keine mehr zugelassen. Nicht-chemische Alternativen sind verfügbar und biologische Rote RübenAnbauer verwenden diese auf dem Feld. Bejo untersucht, ob diese in SaatgutCoatings für konventionelles Saatgut eingebaut werden können. Das ist momentan keine realisierbare Lösung für biologisches Saatgut in der EU, weil eine offizielle Zertifizierung für die spezifische Verwendung an Saatgut notwendig wäre.
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In der Zwischenzeit sind die Forscher von Bejo hart arbeitend auf der Suche nach alternativen Lösungen. Die Nutzbarmachung hilfreicher Mikroorganismen, die natürlich in gesundem Saatgut gefunden wurden, könnte sich als fruchtbarer Ansatz erweisen. Sie spielen eine Rolle bei der Keimung und der Widerstandskraft am Beginn des Pflanzenwachstums. Saatgutdesinfektion kann jedoch unbeabsichtigt einen Teil dieser Flora entfernen. „Wir schauen, ob wir diese gute Flora isolieren und diese nach der Desinfektion auf der Samenschale wieder herstellen können, um das natürliche Gleichgewicht zu bewahren,” erklärt Van der Heijden.
Priming
Neben dem Coating ist Priming eine weitere Saatgut-Verbesserungsmethode. Geprimtes Saatgut keimt schneller und ist weniger empfindlich für Stressfaktoren wie Trockenheit und andere extreme Wetterbedingungen. Auch auf dem Gebiet der Saatguttechnologie geht die Innovation weiter. Vor einigen Jahren hat Bejo B-Mox entwickelt, eine einzigartige Formel für Möhren und Wurzelpetersilie. „Ab der Saison 2022/2023 ist B.Mox bei Zwiebeln der Ersatz für das bisherige Priming und bei ausgewählten Zwiebelsorten verfügbar,” erklärt Van der Heijden.
Reines, krankheitsfreies, keimfähiges Saatgut
Bearbeitung und Behandlung gibt Saatgut von hoher Qualität seinen endgültigen Touch. „Qualität beginnt wirklich auf dem Feld, mit unseren Spezialisten für die Saatgutproduktion in den Produktionsgebieten,” erläutert Van der Heijden. „Danach stellen Bearbeitung und Behandlung sicher, dass Anbauer auf reines, krankheitsfreies, keimfähiges Saatgut zählen können.”
PRIMING UND B-MOX® Wir verwenden die Priming-Technologie, um sicherzustellen, dass die Pflanzen von einem schnellen Start und einem gleichmäßigen Wachstum profitieren. Priming ist eine fortschrittliche Technik, bei der der Keimungsprozess des Saatguts aktiviert und dann gestoppt wird. B-Mox® ist eine Formel zur Saatgutverbesserung, die die Vorteile der Verwendung von geprimtem Saatgut verstärkt. B-Mox® stärkt die Pflanzen in der Startphase, verringert die Risiken für die Anbauer in der empfindlichen frühen Wachstumsphase und macht die Pflanzen während der gesamten Wachstumsperiode stresstoleranter.
STUFEN DES PRIMING-PROZESSES X
Stufe 1: Die Keimung wird durch eine Kombination aus Zeit, Temperatur und Feuchtigkeit gestartet.
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Stufe 2: Wenn sich der Embryo der Samenschale nähert, wird der Prozess gestoppt.
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Stufe 3: Danach wird der Samen wieder getrocknet.
Das trockene Saatgut kann gelagert werden.* Das Saatgut ist bis zum exakt richtigen Stadium entwickelt, so dass es nach der Aussaat schneller keimt. Und Ihr Feldbestand entwickelt sich gleichmäßiger! B-Mox®: Verbessertes Priming kombiniert mit optimiertem Coating.
WARUM PRIMING? X
Schnellere, gleichmäßigere Keimung unter verschiedenen Bedingungen.
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Ein uniformer Feldbestand macht es einfacher, den besten Zeitpunkt für Behandlungen zu bestimmen.
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Ein Endprodukt in uniformerer Größe.
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Verleiht den Pflanzen in der Anfangsphase zusätzliche Wüchsigkeit und verringert die Risiken für die Anbauer in der empfindlichen frühen Wachstumsphase. Macht die Pflanzen während der gesamten Wachstumsperiode stresstoleranter. Zugelassen für die Verwendung im biologischen Anbau. X
B-Mox® im Vergleich mit Bejo Precision Saatgut.
*Bitte beachten Sie das auf der Verpackung angegebene Verpackungsdatum sowie die empfohlene Lagertemperatur. Für weitere Informationen fragen Sie bitte Ihre regionale Ansprechperson von Bejo. Bejo DACH | T +49 2838 98989-0 | E info@bejosamen.de | W bejosamen.de BEJO BIO-MAGAZIN
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BIOLOGISCH UND KONVENTIONELL ERGÄNZEN SICH GEGENSEITIG
ZÜCHTER HABEN GENETIK AN IHRER SEITE ZÜCHTER SUCHEN IMMER NACH NEUEN WEGEN, UM DIE WÜCHSIGKEIT UND GESUNDHEIT DER PFLANZEN ZU VERBESSERN. DER BIO-SEKTOR PROFITIERT VON DER ERFAHRUNG DER ZÜCHTER MIT DEM KONVENTIONELLEN ANBAU, WÄHREND DER BIO-ANBAU DEN WEG IN RICHTUNG INNOVATION UND NACHHALTIGKEIT IM TRADITIONELLEN SEGMENT WEISEN KANN. „WIR STREBEN NACH EINEM KOMPLETTEN PAKET, IN DAS WIR SO VIELE RESISTENZEN UND TOLERANZEN GEGEN INFEKTIONEN, BAKTERIEN UND INSEKTEN STECKEN WIE MÖGLICH.“ In den 1980ern hat Bejo eine Resistenzquelle gegen Falschen Mehltau in einer wilden Zwiebel entdeckt. Unsere Züchter haben das Potenzial erkannt. Immerhin kann der Pilz Peronospora destructor große Schäden anrichten. Sie haben die resistente, wilde Sorte in ihr Kreuzung- und Selektionsprogramm aufgenommen. Anfang der 2000er, nach 20 Jahren, hat sich ihre Arbeit mit der Entwicklung der ersten, hochresistenten, gelbschaligen Zwiebelsorte bezahlt gemacht. „Wir arbeiten an der Resistenz von Kohl gegen Pilzkrankheiten.” Jan-Sybe Wijngaarden
Konventionelle Anbauer haben zunächst wenig Interesse gezeigt. Zu der Zeit hatten sie noch gute chemische Wirkstoffe, um Falschen Mehltau unter Kontrolle zu halten. Auf der anderen Seite hat der schnell wachsende BioSektor die neue Sorte mit offenen Armen willkommen geheißen. Letzten Endes konnten sie im Falle einer Infektion nur eines tun: so schnell wie möglich ernten. Daraus resultierte, dass ihr Ertrag total unvorhersagbar war: ein Anbauer, der in einem guten Jahr 50 Tonnen pro Hektar erzielt, könnte im Falle eines Ausbruchs nicht mehr als 5 Tonnen ernten. Derartig große Schwankungen sind ein Desaster für den Mainstream-Einzelhandelsverkauf. Das änderte sich mit der Einführung von Sorten mit einer hohen Resistenz gegen Falschen Mehltau, wie den gelbschaligen Sorten Restora F1 und Hylander F1 und später der rotschaligen Redlander F1. Anbauer können jetzt mit einen beständigen Ertrag von mindestens etwa 25 - 40 Tonnen pro Hektar rechnen. Diese Stetigkeit in der Versorgung hat einen Durchbruch für biologische Zwiebeln in traditionellen Supermärkten, vor allem in Deutschland, gebracht.
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Von links nach rechts: Bert Janssen, Timo Petter, Jan Sybe Wijngaarden, Wim Zwaan und Jack van Dorp
HYBRIDISIERUNG Moderne Züchtung nutzt im Allgemeinen Hybrid-Sorten. Eine Hybride ist eine Kreuzung von zwei Elternlinien, die beide selektiert und entwickelt wurden, um bestimmte Charakteristika hervorzuheben. Eine gezielte Kombination von zwei Elternlinien produziert eine nächste Generation (F1), die jeden Elternteil übertrifft. Hybrid-Sorten sind wüchsig, haben eine schnelle Anfangsentwicklung und entwickeln sich gleichmäßig. Sie eignen sich für effiziente, mechanisierte Anbaumethoden und erfüllen die Anforderungen für eine zuverlässige Lieferung eines uniformen Produkts. Die Verbesserung besonderer Eigenschaften oder die Einführung einer neuen Eigenschaft, wie einer Krankheitsresistenz, kann durch Hybridzüchtung schneller erfolgen. Hybrid-Sorten können nicht für die Saatgutgewinnung verwendet werden. Innerhalb der biologischen Landwirtschaft
Der konventionelle Sektor folgte kurz danach. In Frankreich, zum Beispiel ist die chemische Kontrolle von Falschem Mehltau in genauer Prüfung und Einzelhandelsmärkte suchen nach resistenten Zwiebelsorten. Basierend auf der gleichen genetischen Qualle hat Bejo mittlerweile auch die Steckzwiebelsorte Boga F1 und die Sä-Schalottensorte Innovator F1 auf den Markt gebracht.
Biologisch und konventionell unterstützen sich gegenseitig Das Beispiel der hoch resistenten Zwiebeln zeigt, dass Züchtung für den BioSektor Nutzen zieht aus den Anstrengungen im konventionellen Anbau. Timo Petter, Crop Research Manager bei Bejo, kommentiert: >>
„Gesundes Laub erhält den Bestand grüner und das bedeutet eine bessere allgemeine Resistenz.” Wim Zwaan
gibt es eine kleine Bewegung, die die ausschließliche Verwendung von offen bestäubten Sorten bevorzugt. Die Märkte, in denen Bejos Kunden aktiv sind, arbeiten überwiegend mit Hybrid-Sorten.
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NATÜRLICHE UND INDUZIERTE CMS
„Wir streben nach einer kombinierten Sorte, in die wir so viele hohe und intermediäre Resistenzen gegen Pilze, Bakterien und Insekten stecken wie möglich.” Bert Janssen
„Als wir in den 1980ern mit der Arbeit an der Hybrid-Züchtung bei Zwiebeln begonnen haben, haben wir auf die Verwendung im konventionellen Anbau geschaut. Das war sinnvoll, denn damals war Bio nirgendwo annähernd der große Markt, der es heute ist. Wie sich herausstellte, sind die Sorten erfolgreich, als Folge der zunehmenden Nachfrage aus dem Bio-Bereich.” Die Züchter von Bejo arbeiten simultan für die biologischen und konventionellen Märkte und das macht Sinn, weil beide Märkte Fortschritte bei den gleichen Charakteristika machen. Petter sagt: „Konventioneller Anbau verschiebt sich Richtung biologisch. Die Verwendung von Kunstdüngern und chemischen Pflanzenschutzmitteln ist bereits begrenzt und es wird erwartet, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Züchtung unterstützt die Bewegung in Richtung Nachhaltigkeit. Wenn Du die Genetik an Deiner Seite hast, dann brauchst Du keine Chemie.”
Fusarium
Der konventionelle Markt kann von der Erfahrung der biologischen Anbauer hinsichtlich des Arbeitens ohne Chemikalien lernen. Umgekehrt kann der Bio-Sektor Lösungen schneller finden, denn Züchter können Sorten und Elternlinien nützen, die Bejo über Jahrzehnte für die konventionelle Züchtung entwickelt hat. Manchmal ergibt sich die Antwort von selbst. Petter nennt den Bodenpilz Fusarium als ein Beispiel. „Bis vor Kurzem hat Fusarium in biologischen Betrieben selten Probleme verursacht. Wir sehen jetzt, dass sich das ändert. Die gute Nachricht ist, dass wir in unserem Programm bereits vor 20 Jahren nach Resistenz gesucht haben, weil es bereits ein Thema im konventionellen Anbau war.”
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Bei der Hybrid-Züchtung führt eine gezielte Kreuzung von zwei Elternlinien zu einer Sorte mit den gewünschten Eigenschaften. Um Selbstbestäubung in der Mutterlinie vorzubeugen, nützen Züchter die sogenannte cytoplasmatische männliche Sterilität (CMS). Vorbeugung gegen Selbstbestäubung in der Mutterlinie hat klare Vorteile für die Anbauer. Das Saatgut ist uniformer und der Bestand liefert einen besseren Ertrag. Für die Saatgutproduktion bedeutet sie weniger Verluste, demzufolge eine nachhaltigere Landwirtschaft. In vielen Gemüsearten, wie Möhren, Zwiebeln und Porree, tritt CMS als natürliche Eigenschaft auf und wird von Züchtern in die Elternlinien eingekreuzt. Anderen Gemüsearten, vor allem Kohl und Wurzelpetersilie, fehlt die natürliche männliche Sterilität. Die Lösung kommt in Form einer künstlichen Technik, Protoplastenfusion genannt. Die europäischen und amerikanischen Richtlinien für den biologischen Anbau erlauben die Verwendung von induzierter CMS. Allerdings fordert der bio-dynamische Anbau ‘CMS-freie’ Sorten. Eine Anzahl wichtiger Marktteilnehmer in einigen Gebieten, wie Deutschland, akzeptieren induzierte CMS nicht. Bejo ist transparent hinsichtlich seiner Verwendung von CMS aus Protoplastenfusion. Von den Gemüsearten, in denen sie verwendet wird, sind immer CMS-freie Alternativen verfügbar. Forscher studieren gegenwärtig Wege, um männliche Sterilität natürlich in Mutterlinien von Kohlarten einzuzüchten. Das ist bereits bei Blumenkohl gemacht worden, was zur Entwicklung einer neuen Sorte mit natürlicher CMS geführt hat, die sich noch in der Testphase befindet.
„Konventioneller Anbau verschiebt sich in Richtung biologisch.” Timo Petter
ZAHLREICHE TESTS UND SORTEN PRO JAHR Als Saatgutlieferant für den Freilandgemüsebau hat Bejo ein Sortiment von mehr als 1000 Sorten von mehr als 40 unterschiedlichen Gemüsearten im Angebot. Davon werden ca. 170 Sorten von mehr als 35 Gemüsearten speziell für den Bio-Anbau produziert – und diese Zahlen steigen weiter. Pflanzenzüchter suchen immer nach Sorten mit noch besserer Leistungsfähigkeit oder neuen attraktiven Eigenschaften. Bevor eine bestimmte Hybride eine neue Sorte werden kann, muss sie Jahre intensiver Tests unter verschiedenen Bedingungen durchlaufen. Hier sind zwei Beispiele: Bei Möhren führt Bejo 40.000 solcher Tests an 120 Standorten auf mehreren Kontinenten durch. Das führt zu ungefähr drei oder vier neuen Sorten pro Jahr, die am besten geeigneten davon sind auch für den biologischen Markt gedacht. Bei Zwiebeln sät Bejo etwa 46.000 Parzellen pro Jahr in Züchterversuchen auf der ganzen Welt. Daraus gehen ungefähr 10 neue Sorten pro Jahr hervor.
Die Arbeit eines Züchters endet nie
Züchtung wird immer eine fortdauernde Arbeit sein. Die Widerstandfähigkeit der Pflanzen muss mit neuen Herausforderungen fertigwerden, inklusive intensiverer Landnutzung und den Konsequenzen des Klimawandels. Außerdem sind Resistenzen niemals absolut und können durchbrochen werden, wenn ein Krankheitserreger eine Gelegenheit findet. Jede Gemüseart bietet unterschiedliche Probleme. In Möhren, zum Beispiel sind Züchter in Alarmbereitschaft hinsichtlich Blattkrankheiten wie Möhrenschwärze (Alternaria dauci), Cercospora und Echtem Mehltau. „Gesundes Laub erhält den Bestand grüner und das bedeutet eine bessere allgemeine Resistenz,“ sagt Wim Zwaan, Züchtungsmanager für Möhren. Er strebt auch nach besserer Resistenz gegen Lagerkrankheiten wie Schwarzfäule (Alternaria radicina) und bodenbürtige Krankheiten wie Cavity spot (Pythium). „Möhrenanbau wird intensiver und die Fruchtfolgen werden enger. Daraus resultiert eine steigende Nachfrage nach resistenteren Sorten. Zum Beispiel sind unsere gegen Cavity spot unempfindlicheren Sorten Norfolk F1 und Nazareth F1 in England populär.”
Kohlarten
Bei Blumenkohl, Brokkoli und Kopfkohl arbeiten Züchter an Resistenz gegen die Pilzkrankheiten Ringfleckenkrankheit (Mycosphaerella) und Falscher Mehltau. Andere Ziele sind Resistenz gegen die bakterielle Infektion Xanthomonas bei Kopfkohl und Sommerblumenkohl und die Pilzkrankheit Weißfleckigkeit bei Rosenkohl, sagt Züchtungsmanager Jan Sybe Wijngaarden.
Stangensellerie und Bete
In Stangensellerie wird die relativ neue Sorte Cumbia F1 ein Gewinn sein, dank einer intermediären Resistenz gegen die Blattfleckenkrankheit Septoria, sagt Jack van Dorp, Züchtungsmanager für Gemüsearten wie Stangensellerie und Bete. Die Blattfleckenkrankheit Cercospora und die Viruskrankheit Rhizomania sind auch verbreitete Probleme in Bete. „Unsere Sorte Bazzu F1 zeigt die großen Schritte, die wir hier schon gemacht haben - und weitere werden folgen. In zahlreichen Züchtungslinien sehen wir eine Steigerung des Resistenzniveaus gegen Cercospora. Die Einkreuzung der Resistenzen in unsere Sorten ist ein fortwährender Prozess. Wir fokussieren uns speziell auf die Kombination von Resistenzen, um zu nachhaltigeren Lösungen zu gelangen.” Die Widerstandskraft der Pflanzen kommt nicht nur von einem einzigen Abwehrmechanismus. Bei Lagerkrankheiten in Knollensellerie, zum Beispiel, sind die Form und die Härte der Knolle Faktoren, auf die man achten sollte. „Jegliche Beschädigung während der Ernte ist eine potenzielle Eintrittspforte für Krankheiten,” sagt Van Dorp. „Bejo testet gegenwärtig eine viel versprechende neue Sorte für den Frischmarkt mit einer runden, glatten, attraktiven Form.”
Insekten
Die große Herausforderung für die Zukunft ist, wie man mit Insekten, inklusive Blattläusen, Möhrenfliege, Weiße Fliege, Thrips und Kohlschabe (Plutella) umgehen soll. Einige Pflanzen haben einen natürlichen Schutz gegen Insekten und es ist die Aufgabe der Züchter, diese Eigenschaft zu identifizieren und in kommerzielle Sorten einzukreuzen. Diese Arbeit erfolgt in allen Anbaukategorien, nicht nur in Sorten für den Bio-Anbau. In Kopfkohl, zum >> Beispiel, werden im konventionellen Anbau Lösungen fast genauso dringend benötigt. Schädlinge suchen Schutz in den Blattmulden, wo Spritzmittel
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GENOMEDITIERUNG KANN NACHHALTIGKEIT BESCHLEUNIGEN Klassische Züchtung ist eine Frage der Geduld. Sie erfordert viele Generationen der Pflanzenselektion, Kreuzung und Testung. Die Entwicklung einer neuen Sorte dauert oft 15 - 20 Jahre. Das kann mit der Genom-Editierung (wie CrisprCAS) viel schneller gehen. Damit können bestimmte Kombinationen von genetischen Eigenschaften in einem Labor produziert werden. Genom-Editierung unterscheidet sich von Gen-Veränderung, manchmal GVO-Technologie genannt. GenomEditierung schafft nur Kombinationen, die mit natürlichen, `klassischen` Züchtungstechniken hätten geschaffen werden können. In genetisch veränderten Organismen, kurz GVO genannt, können art-unspezifische Eigenschaften künstlich in eine Pflanze eingezüchtet werden. GVO-Technologie unterliegt in den meisten Ländern strikten Vorschriften und regulierte GVO sind höchst selten in Gemüsekulturen. In der europäischen Gesetzgebung sind sie überhaupt nicht erlaubt. Die EU verbietet gegenwärtig auch die Genom-Editierung und behandelt sie als eine Form der GVO-Technologie. Die EU-Kommission hat kürzlich mitgeteilt, dass sie plant, das Verbot zu überdenken. Plantum, die niederländische Vereinigung für den Pflanzenzüchtungssektor, deren Mitglied Bejo ist, begrüßt diese Neubewertung. Seit Anfang 2021 hatte Bejo die Gelegenheit, Forschung zur Anwendung der Genom-Editierung durchzuführen, innerhalb einer Forschungs- und Zulassungsvereinbarung mit US-Partnern. Die Verwendung dieser Technologie bei der Entwicklung von Sorten wird bei uns Auge gefasst, wenn sie von der aktuellen europäischen Gesetzgebung zugelassen ist. Die europäischen Vorschriften werden den biologischen Sektor weiterhin lenken.
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sie nicht treffen können. Das gilt vor allem für Thrips, die als berüchtigte Schädlinge in Kopfkohl bekannt sind, sagt Bert Janssen, Züchtungsmanager für Kopfkohl.
Verwendung von Resistenzen von unterschiedlichen Niveaus Je mehr Gesundheit eine Sorte in sich vereinen kann, erklärt Janssen, desto wertvoller ist sie. „Wir streben nach einem kompletten Paket, in das wir so viele Resistenzen gegen pilzliche Infektionen, Bakterien und Insekten stecken, wie wir können. Unser Weißkohl Expect F1 wird großflächig für seine Unempfindlichkeit für Thrips geschätzt.” Neben Resistenzen sind andere Eigenschaften auch hilfreich für einen gesunden Bestand. Möhrenzüchter Zwaan erwähnt Wüchsigkeit als ein Beispiel. „Beim Möhrenanbau will man, dass der Bestand schnell und uniform wächst. So muss man nicht so viel bewässern und kann Beikräuter einfacher unterdrücken.”
Optische Qualität
Aber ein robustes Pflanzenwachstum ist nicht das einzige Thema. Vor allem im Frischmarkt können es sich Bio-Anbauer selten leisten, bei den optischen Eigenschaften des Produkts Kompromisse einzugehen. Zwaan sagt: „Konsumenten akzeptieren keine rohen Möhren mehr mit Flecken. Sicherlich nicht im Supermarkt, wo biologische und konventionelle Produkte Seite an Seite liegen. Wenn das billigere, konventionelle Produkt besser aussieht, dann werden Käufer kaum das biologische wählen.” Bejo wird eine neue Sorte nur einführen, wenn sie bei einer bestimmten Eigenschaft einen Mehrwert hat, während sie sich mindestens so gut eignet, wie bestehende Sorten. Wijngaarden sagt: „Wenn Sie Saatgut für Ihren Betrieb bestellen, dann wissen Sie noch nicht, welche Herausforderungen die kommende Saison bringen wird. Deshalb brauchen Sie zuverlässige Sorten, die unter unterschiedlichen Bedingungen gute Resultate erbringen. Wenn man das im Hinterkopf behält, dann streben wir nach Sorten, die bei der Beurteilung eine 7 (+) für jede Eigenschaft bekommen, anstatt viele 10 (++) und eine 2 oder 3 (-).”
„Jede Beschädigung während der Ernte ist eine potenzielle Eintrittspforte für eine Infektion.” Jack van Dorp
SPRECHEN WIR ÜBER RESISTENZ Infektion mit Falschem Mehltau auf einem Feld mit einer resistenten Sorte auf der linken und einer empfindlichen auf der rechten Seite.
RESISTENZ GEGEN KRANKHEITSERREGER BEI PFLANZEN IST EIN FASZINIERENDES PHÄNOMEN. EIN GUTES BEISPIEL IST DIE RESISTENZ GEGEN FALSCHEN MEHLTAU – DIESER PILZ KANN EMPFINDLICHE BESTÄNDE SCHNELL VERNICHTEN. FALSCHER MEHLTAU IST EIN EIPILZ. DAS IST EINE SPEZIELLE GRUPPE VON KRANKHEITSERREGERN, DIE ZWAR SCHIMMEL ZIEMLICH ÄHNELN, SICH DAVON ABER HINSICHTLICH DER EVOLUTION STARK UNTERSCHEIDEN. Die Widerstandskraft einer Pflanze wird zum Teil durch passive Hindernisse, wie eine dicke Wachsschicht, bestimmt. Eine begrenzte Anzahl von Angreifern ist jedoch fähig, diese Hindernisse zu durchbrechen. Diese können als Spezialisten unter der Mikroorganismen angesehen werden. Ihre spezielle Fähigkeit liegt in der Absonderung sogenannter Effektoren - Proteine, die die natürliche Abwehr des Individuums durchbrechen. Wenn es zu aktiven Abwehrmaßnahmen der Pflanze kommt, könnten wir uns einen einfachen Mechanismus in einem Schritt vorstellen. In Wirklichkeit sprechen wir jedoch von einer Kette von Prozessen, in denen die Pflanze den Eindringling erkennt und als Antwort darauf erregerspezifische Proteine produziert. Eine hypersensitive Reaktion wird an der Stelle ausgelöst, an der der Krankheitserreger einzudringen versucht und eine lokal infizierte Zelle dazu bringt, abzusterben und das weitere Wachstum des Krankheitserregers zu verhindern. Angesichts der Komplexität dieser Prozesse sollte es uns nicht überraschen, dass äußere Faktoren diese beträchtlich beeinflussen können. Zum Beispiel ist es normal für Resistenzen, dass diese bei hohen Temperaturen weniger effektiv sind.
Hohe und intermediäre Resistenz
International wird Resistenz als die Fähigkeit einer Sorte definiert, die Ausbreitung oder die Entwicklung einer spezifischen Krankheit oder eines Schädlings und/oder des Schadens, den sie/er verursacht zu unterdrücken, im Vergleich zu empfindlichen Sorten unter ähnlichen Umweltbedingungen und Krankheits- oder Schädlingsdruck. Eine resistente Sorte wird dann nicht immer frei von Symptomen oder Schäden sein. Abhängig von dem Grad, bis zu dem Symptome oder Schäden unter hohem Krankheits- oder Schädlingsdruck auftreten, unterscheiden wir zwischen hoher Resistenz (HR) und intermediärer Resistenz (IR).
Kontrollierte Testung
Bei der Testung, ob eine Sorte Resistenzkriterien erfüllt, werden äußere Einflüsse so weit wie möglich ausgeschaltet. Tests werden unter Bedingungen durchgeführt, die für den Krankheitserreger optimal sind. Die Identität des Krankheitserregers ist auch festgelegt; einige sind bekannt dafür, dass sie Varianten haben (wie Pathotypen oder Stämme), die sich in ihrer Fähigkeit unterscheiden, Resistenzquellen zu infizieren.
Resistenz-Durchbruch
Wenn wir davon sprechen, dass eine Resistenz durchbrochen worden ist, dann legt das nahe, dass das Resistenzgen nicht mehr oder nicht gut genug funktioniert. Dennoch hat sich nichts am Gen oder seiner Funktion verändert. Die Population des Erregers kann sich jedoch verändert haben. Ein Krankheitserreger ist kein homogener Faktor, sondern eine Population, die aus Individuen besteht, die sich genetisch voneinander unterscheiden können. Die Einführung einer resistenten Pflanzensorte begünstigt jegliches Individuum mit der Fähigkeit, die Hindernisse der Pflanze zu umgehen. Wenn eine oder mehrere dieser Varianten die Oberhand bekommen, dann stellen wir fest, dass die Pflanzen befallen werden - anfangs sehr lokal, aber später vielleicht in größerem Ausmaß. Der Anbau einer resistenten Sorte in der Nähe einer empfindlichen erleichtert dieses Phänomen besonders. Die Veränderung in der Population des Erregers ist nicht unbedingt permanent. Die Lebensfähigkeit der lokalen Variante kann so gering sein, dass sie in der nächsten Anbausaison nicht mehr auftreten wird.
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BIO IN DEN USA:
EIN SEKTOR IN BEWEGUNG DIE BIOLOGISCHE GEMÜSEINDUSTRIE IN DEN USA IST EIN MARKT VON 2,2 BILLIONEN DOLLAR, ZUSAMMENGESETZT AUS KOMPLEXEN WERTSCHÖPFUNGSKETTEN UND GELEITETVOM NATIONALEN BIO-PROGRAMM (NOP). DER BEHÖRDLICHE RAHMEN STEHT JETZT SEINEN GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN SEIT SEINER GRÜNDUNG IM JAHR 2000 GEGENÜBER. CHELSEY LENCZYK, BIO-MANAGERIN VON BEJO USA, ERKLÄRT.
Anbaufläche und verteilt sich auf 85 Sorten von einer Vielzahl von Gemüsearten, angeführt von Möhren und Rüben, bezogen auf das Volumen.
Im Grunde bedeuet “biologisch” einfach “produziert ohne die Verwendung von künstlichen Stoffen”. Aber nach 20 Jahren Regulierung könnte der US-Markt nicht komplizierter sein. Sollte Hydroponic erlaubt werden oder muss eine Pflanze im Erdboden wachsen? Wird menschliches Kapital gebührend wertgeschätzt? Welche Züchtungsmethoden sollen Bestandschutz erhalten für die künftigen Sorten und welche sollen nicht zugelassen werden? Wie können wir das Schlupfloch schließen, das erlaubt, konventionelles Saatgut für den Anbau von biologischer Nahrung zu verwenden? Mit einer totalen Bio-Industrie von 55 Billionen Dollar stehen die USA an einem Kreuzungspunkt von Moral und Marktwert. Die große Frage ist: Können wir einen Mittelweg finden? Um zu verstehen, warum das eine komplexe Frage ist, müssen wir den biologischen US-Markt verstehen - wie er mit Saatgut zusammenhängt.
Anbaufläche
Firmen
Bejo USA und Vitalis sind die beiden Top-Züchterfirmen, mit wechselndem gemüseartabhängigem Stellenwert. Die größten Abnehmer von biologischem Saatgut im Händlernetzwerk sind Johnny’s Selected Seeds, High Mowing und Seedway. Der Großteil des Saatguts geht an Marktanbauer mit 2-6 Hektar
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Die größten Einzelhandels-Frischmarktanbauer sind Bolthouse Farms und Grimmway Farms/ Cal-Organic Farms. Sie kaufen diverses Saatgut, mit den höchsten Volumina von Radicchio, Fenchel, Porree, Rüben und Stangensellerie.
Die USA haben 2,2 Millionen Hektar biologische Ackerflächen, verteilt auf 16.585 Betriebe. 1,4 Millionen Hektar davon sind für Gemüse bestimmt. Von dieser Fläche wurden für den Verkauf im Jahr 2020 930.000 Hektar bebaut und geerntet. Die Staaten mit der meisten BioAnbaufläche sind Kalifornien (mit 391.000 ha), Alaska (es liegen keine Zahlen vor), Montana (144.000 ha), New York (131.000 ha) und Wisconsin (102.000 ha). Solange es nicht möglich ist, Gemüsearten ihre Anbaufläche zuzuordnen, erfolgt diese Hochrechnung zu den Spitzenreitern bei den BioGemüsearten: Salat, Spinat, Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln, Brokkoli, Süßkartoffeln, Blumenkohl und Stangensellerie.
Chelsey Lenczyk
2020 hat der National Agricultural Statistics Service (NASS) für die gesamte biologische Anbaufläche Ausgaben für Saatgut von 340 Millionen Dollar angegeben, im Vergleich zu 329 Millionen Dollar für nicht-biologisches.
Anbaupraktiken
Anbaupraktiken
Wassermanagement-Praktiken
7.880
Gründünger
7.564
Erhaltungsbodenbearbeitung, keine oder minimale Bearbeitung
5.970
Produktion oder Verwendung von Mulch oder Kompost
5.737
Planung des Pflanzplans, um Kreuzbefall mit Schädlingen zu vermeiden
4.962
Weil etwa 20 % der biologischen Produktverkäufe aus geschütztem Anbau kommen, werden wir uns hier auf die 80 % konzentrieren, die aus der Freilandproduktion kommen. In der Bio-Umfrage von 2019 hat die NASS Anbauer zu verschiedenen Produktionspraktiken befragt. Die Anzahl der zertifizierten Bio-Anbauer, die angegeben haben, alle zu nutzen, ist in der Tabelle auf der rechten Seite angegeben.
Konsumententrends
Bezüglich Saatgut hat in Corona-Zeiten ein Trend vorgeherrscht, sowohl an Hofständen als auch bei Hobbygärtnern: Wenn etwas nicht verfügbar war, dann wurde etwas anderes gekauft. Tatsächlich ist das Einkaufsvolumen in diesen beiden Sektoren um 30-60 % gestiegen. Vom Streben nach Nahrungsmittelsicherheit und der Schaffung einer Oase zuhause bis zur Sorge für die eigene mentale und physische Gesundheit, entscheiden sich Anbauer für den Gemüseanbau.
BioAnbauer
Pufferstreifen oder Randreihen, um biologische Felder von konventionellen zu trennen
10.796 9.160
Tierische Dünger
Bezüglich des Einzelhandels verkaufen sich biologische Produkte weiterhin gut in der Frischeabteilung. Oben auf der Rangliste stehen Salat, Spinat, Kartoffeln, Tomaten und Möhren. Und es geht nicht mehr nur um das persönliche Gesundheitsempfinden. Laut Food Marketplace Inc. erkennen 37 % der Käufer jetzt, dass das Bio-Etikett bedeutet, dass die Produktion weniger Auswirkungen auf die Umwelt gehabt hat. >>
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Herausforderungen für Anbauer
Laut der Bio-Umfrage der NASS von 2019 sind die am häufigsten genannten Herausforderungen in biologischen Betrieben: behördliche Probleme (54 %), Anbauprobleme (39 %) und Preisaspekte (38 %). Der Mangel an Beratung und Verständnis für die Programme, das Fehlen einer zentralen Datenbank und ein billiges Nahrungsmittelsystem könnten – zumindest teilweise – offensichtliche Erklärungen sein. Ich erwarte, dass die behördlichen Probleme kleiner werden, weil der Landwirtschaftliche Marketing-Service des United States Department of Agriculture Geld in Zertifizierer und Anbauertraining investiert. Anbauprobleme können von vielen Faktoren verursacht werden, inklusive schlechter Sorteneignung und des eingeschränkten Spektrums von zertifizierten, biologischen Pflanzenschutzmitteln. Die vorgeschlagene Anordnung von Versuchen im eigenen Betrieb könnte Anbauern helfen, besser geeignete und krankheitsresistente Sorten zu finden, um ihren Ertrag zu erhöhen und Krankheitserreger zu unterdrücken. Die Festigung des brüchigen Nahrungssystems ist bei Weitem die größte Herausforderung. Während uns Außendienstmitarbeitern immer gesagt wird, die Preise für biologisches Saatgut seien zu hoch, ist die Wahrheit, dass die amerikanischen Preise für Nahrungsmittel zu niedrig sind. Präsident Joe Biden hat kürzlich eine Vollzugsanordnung bekannt gegeben, die den Anstrengungen Rechnung trägt, die landwirtschaftliche Nahrungsversorgungskette zu verbessern. Das fühlt sich wie eine HerkulesAufgabe an und die Uhr zwischen den Wahlen tickt schon, aber der Wandel muss von oben her beginnen, bei der Politik und der Finanzierung - so ist jeder Schritt in diese Richtung ermutigend. Am Anfang dieses Artikels haben wir einige Fragen über das breitere Spektrum von biologischen Praktiken in den USA angesprochen. Die Frage ist: Können wir ein Gleichgewicht zwischen ethischen und Umweltbedenken und dem Marktwert herstellen? Es gibt natürlich keine einfache Antwort, aber es laufen Arbeiten, die
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„Arbeiten in sechs verschiedenen Klimazonen ist eine Herausforderung.“ Chelsey Lenczyk
zu einem Fortschritt auf diesem Gebiet führen könnten. Im April 2021 hatte das National Organic Standards Board (NOSB) eine heftige Diskussion zu ausgeschlossenen Züchtungsmethoden für Bio. In derselben Woche wurde die parteienübergreifende Continuous Improvement and Accountability im Organic Standards Act eingeführt. Das Gesetz verlangt von der USDA die Verstärkung der Empfehlungen von der NOSB und den Nachholbedarf bei der Beratung aufzuarbeiten, bei Themen wie der Forderung nach einer verstärkten Verwendung von biologischem Saatgut auf Bio-Anbauflächen. Während das USDA Bio-Siegel einige intensive Monate vor sich hat, hat das Add- on Regenerative Organic Certified-Siegel bereits Unterstützer mit großen Namen, wie Patagonia, gewonnen. Das Thema ist, dass eine wachsende Anzahl von Anbauern gefragt wurde, mitzumachen. Im Zeitalter der Kultur der Transparenz und Achtsamkeit könnte man meinen, dass biologische und regenerative Landwirtschaft bereit sein sollte, den konventionellen Anbau zu unterstützen oder sogar zu inspirieren und den Weg vorangehen, um Umwelt-Nachhaltigkeit, faire Arbeitsbedingungen und Konsumverhalten unter einen Hut zu bekommen. Ich hoffe ernsthaft, dass sie das machen werden und dass wir in der Zwischenzeit fähig sind, die Lücke bei der Verwendung von biologischem Saatgut in den USA zu schließen und Regeln Innovation mehr zulassen, als sie zu unterdrücken.
KENNZAHLEN: BIOLOGISCHE ANBAUFLÄCHEN 2019 WELTWEITE BIOLOGISCHE ANBAUFLÄCHEN 1
Verteilung von biologischen Anbauflächen (inklusive Weideland) pro Region Region
Hektar 2019
Anteil von weltweit
Veränderung 2019 zu 2018
Anteil BioFlächen je Region
Afrika*
2.030.830
2,8%
+10,2%
0,2%
Asien Europa Lateinamerika Nordamerika
5.911.622
8,0%
-10,3%
0,4%
16.528.677
23,0%
+5,9%
3,3%
8.292.139
11,0%
+3,5%
1,2%
3.647.623
5,0%
+9,1%
0,8%
Ozeanien
35.881.053
50,0%
-0,3%
9,6%
Welt
72.285.656
100,0%
+1,2%
1,5%
*Daten von Äthiopien und Kenia
2
Biologische Hauptkulturen (in ha) Cereals Oilseeds Olives Dry pulses Coffee Nuts Grapes Vegetables* Cocoa Fruit (temperate)
Fruit (tropical/subtropical)
2018 2019
Tea Citrus fruit 0
1 million
2 million
3 million
4 million
5 million
6 million
*Bio-Gemüse wächst auf mehr als 433.000 ha (+12 % Steigerung) – das sind 0,5 % der weltweiten Anbaufläche.
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GLOBALES BIO-GEMÜSE-SEGMENT 3
Entwicklung der weltweiten Bio-Gemüseanbaufläche (in ha) 500,000
400,000
300,000
200,000
100,000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019
4
Anteil der Bio-Gemüseanbaufläche pro Region (in %)
46% 19%
15% 9% 10%
North America
Europe
1%
Oceania
Asia
Anteil der per Bio-Gemüseanbaufläche Verdeling bio groente-areaal land
5
pro Land (top 10)
China
18%
Other
38
Mexico
8%
15%
Italy
USA
13%
21%
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7%
France
6%
Egypt
5% 3% 2% 2%
Spain Germany The Netherlands Poland
Latin America
Africa
Anteil der weltweiten Bio-Gemüseanbaufläche
bio groente-areaal per gewas (in %) 66 Verdeling pro Gemüseart
Vegetables, leafy/stalked
Pulses
15%
16%
14% Vegetables, fruit
20%
Vegetables, other
10% 8%
7%
9%
Vegetables, root/tuber/bulb
Vegetables, not specified Fresh vegetables and melons Brassicas
EUROPÄISCHES BIO-GEMÜSE-SEGMENT 7
8
Entwicklung der Bio-Gemüseanbaufläche in Europa (in 1.000 ha)
250
200
Bio-Gemüse wächst auf mehr als 200.000 ha (1,5% Steigerung) 150
100
50
‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘12 ‘13 ‘14 ‘15 ‘16 ‘17 ‘18 ‘19
Italy
32%
7% 5% 4% 3% 16%
Other
%
Luxemburg
50
Dänemark
33
Österreich
24
Schweiz
18
Schweden
16
Italien
15
Frankreich
11
Deutschland
11
Finnland
9
Niederlande
9
(in %)
Vegetables, fruit
15% 11%
11
10
(Top 10, in %)
France
Land
Anteil der Bio-Gemüseanbaufläche 8. Verdeling bio groente-areaal per gewas (inpro %) Gemüseart
9. Verdeling bio groente-areaal per land (top 10 in %)Land Anteil der Bio-Gemüseanbaufläche pro
9
Anteil Bio-Gemüseanbaufläche pro Land (Top 10)
Spain
19%
13%
Germany Pulses
The Netherlands Poland United Kingdom Turkey 2% Hungary 2% Austria 2%
23%
Vegetables, not specified
1%
8%
Fresh vegetables and melons
16%
13%
11% 8%
Vegetables, leafy/stalked Vegetables, root/tuber/bulb Brassicas
Vegetables, other
Entwicklung der Bio-Anbaufläche pro Land (top 10, in ha) France Italy
Russian Federation
1. Aandeel in bio retailomzet wereldwijd per regio (2019)
1. Aandeel in bio retailomzet wereldwijd per regio (2019)
Germany
Quelle:
Poland
Willer, Helga, Jan Travnicek, Claudia
Europa 43%
The Netherlands Hongary
Europa 43%
Meier and Bernard Schlatter (Eds.)(2021): The World of Organic
Azië 10%
Portugal Kosovo Switzerland 0
Azië 10%
Agriculture. Statistics and Emerging
Oceanië 1% Latijns America 0,8%
Trends 2021. Oceanië 1%Research Institute of
Afrika 0%
IFOAM Organics International, Bonn Afrika- 0%
1,000
Noord Amerika 45%
Latijns Agriculture America 0,8% Organic FiBL, Frick, and
2,000
3,000
4,000
(v20210301). 5,000
Noord Amerika 45%
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PORREE-ANBAUER ROBIN PEETERS: GESUNDER BODEN UND ROBUSTE SORTEN SIND DER SCHLÜSSEL FÜR ERFOLG
‘BIO MUSS AUFFALLEN’
BEIKRÄUTER SIND EINE HERAUSFORDERUNG. ABER ACHTSAMKEIT FÜR GESUNDEN BODEN UND ROBUSTE SORTEN KÖNNEN HELFEN, PILZE UND INSEKTEN ZU KONTROLLIEREN. DAS SIND DIE ERFAHRUNGEN DES NIEDERLÄNDISCHEN ANBAUERS ROBIN PEETERS, DER PORREE UND PORREE-JUNGPFLANZEN PRODUZIERT.
Kompost und Strohmist. „In 20 Jahren ist unser Humusgehalt von 2 % auf 2,7 oder 2,8 % gestiegen,” sagt Peeters. „Das klingt nicht nach viel, aber es macht einen gewaltigen Unterschied für das Wachstum der Bestände.”
Der Duft von frischem Porree liegt immer in der Luft in Peeters-Mertens Bio-Markt-Garten in der niederländischen Stadt Neer. Robin Peeters und seine Eltern Ellen und Wim bereiten fast jeden Tag eine Lieferung vor. Sie erfüllen Aufträge für eine Anzahl Bio-Supermärkte über die Nautilus-Genossenschaft.
Die Anbauer lassen jedes Jahr die Böden untersuchen. „Wir schauen hauptsächlich auf das Verhältnis der Mineralstoffe,” erklärt Peeter. „Gleichgewicht ist wichtiger als die Menge. Man sieht es zum Beispiel bei Kalium. Seit wir viel Kompost und Rindermist verwenden, geben wir schon Einiges zu. Ein Überschuss kann Probleme bei der Aufnahme von Magnesium und Calcium machen.”
Porree ist eine der Hauptkulturen auf diesem Familienbetrieb in der Provinz Limburg. Sie produzieren das ganze Jahr über Gemüse, sagt Peeters, und die Pflanzung beginnt im März. „Wir beginnen mit Super Seedlings (plug plants) aus Marokko in Woche 8 oder 9. Ab Woche 17 pflanzen wir niederländische Gewächshauspflanzen und ab etwa Woche 20 wechseln wir zu eigenen Ziehpflanzen aus dem Freiland.” Die Pflanzung geht bis Woche 29 (2. Juli-Hälfte), weiter. Sie beginnen mit der Ernte in der zweiten Mai-Hälfte und hören bis zum folgenden April nicht mehr auf. „In den letzten Wochen stellen wir Einiges ins Kühllager, um bis Mai zu überbrücken,” erzählt Peeters.
Pilze und Insekten
Die Familie hat mehr als 20 Jahre Erfahrung als Bio-Anbauer. Peeters Eltern haben den Betrieb im Jahr 2000 umgestellt. „Am Anfang waren deren Hauptbedenken, dass Pilze und Insekten ein Problem werden würden, wenn sie mit dem Spritzen aufhören müssten,” sagt er. „Aber es hat sich zum Guten gewendet. Beikräuter sind jedoch eine Herausforderung.” Wegen des Beikrautdrucks auf den sandigen limburger Böden kann der Betrieb wendende Bodenbearbeitung nicht vermeiden. Peeters bedauert das. „Eigentlich will man wegen des Bodenlebens überhaupt nicht pflügen,” sagt er. „Wir machen es, aber so flach wie möglich, bis zu 20 Zentimetern. Ein Bio-Pflug steht auf unserer Wunschliste.” Der Boden ist unser wichtigster Erfolgsfaktor, laut Peeters. Seit der Umstellung ist die Familie vom Humusgehalt begeistert. Sie verwenden viel
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Jährliche Bodenuntersuchungen
Die Familie verwendet Stickstoff sparsam. Zu viel Nitrat-Stickstoff macht die Pflanzen empfindlicher für Schädlinge wie Thrips, sagt Peeters. Während es im konventionellen Anbau üblich ist, 250-300 kg/ha zu verwenden, geht er meist auf 150 kg/ha herunter. „Wir streben nicht nach einem Ertrag von 60 Tonnen/ha. Wir erzielen 40 Tonnen/ha und wir verwenden wesentlich weniger Input, um diesen zu erreichen.”
Fruchtfolge
Auf konventionellen Betrieben ist es oft üblich, Porree Jahr auf Jahr auf demselben Feld anzubauen. Wie niederländische Anbauer sagen: „Porree macht Porree.” Peeters bevorzugt einen dreijährigen Fruchtwechselplan. Er beginnt mit Chinakohl, Fenchel oder einer anderen Gemüseart. Im zweiten Jahr sät er Kleegras, um die Bodenstruktur und Stickstoff-Fixierung zu
„Der Boden ist der wichtigste Erfolgsfaktor.” Robin Peeters
EIN LIEFERANT VON PORREE UND JUNPFLANZEN
verbessern. Der Schnitt geht als Grünfutter an Rinderhalter. Im dritten Jahr pflanzt er Porree. „Wenn das meinen Porree 5 % besser macht, dann ist es das wert.”
Robuste Sorten
Zusätzlich zu gesundem Boden erfordert der Bio-Anbau robuste Sorten. „Resistenz, speziell gegen Rost und Thrips, ist wirklich wichtig,” erläutert Peeters. „Wir wollen auch eine gute Feldhaltbarkeit. Man muss in der Lage sein, seine Planung hier und da eine Woche zu verschieben.” Der Betrieb hat gute Erfahrungen mit Bejo-Sorten, wie Rally F1, Jumper F1 und Bowler F1. Im Herbst 2021 hat Peeters auch die neuen Sorten Darter F1 und Climber F1 geerntet. Letztendlich ist Geduld wichtig. Manchmal muss man das Feld in Ruhe lassen - Peeters nennt ein Beispiel: „Der Porree, den wir Ende April 2021 gepflanzt hatten, hat wirklich unter dem Regen gelitten. An einigen Stellen, wo der Boden verdichtet war, hat es sofort die Resistenz des Bestandes beeinflusst und wir hatten Probleme mit der Purpurflecken- und der Papierfleckenkrankheit. Zurückblickend hätten wir die Jungpflanzen eine Woche länger im Kühllager lassen sollen.”
Eine 100 % biologische Kette
Peeters ist immer an neuen Ideen interessiert. In letzter Zeit hat er mit der Pflanzung von Phazelie-Streifen entlang seiner Porreefelder experimentiert. Der blühende Bestand kann helfen, Thrips unter Kontrolle zu bekommen, weil er deren natürliche Feinde anzieht. Peeters glaubt daran, dass sich der Bio-Anbau weiter entwickeln wird. „Der konventionelle Sektor verschiebt sich schrittweise in Richtung biologisch,” sagt er. „Um aufzufallen, müssen sich auch Bio-Anbauer weiterentwickeln.” Seiner Meinung nach, sollten sie nur biologischen Input verwenden, wie EU-zertifizierte Bio-Dünger. Saatgut und Pflanzmaterial sollte ebenfalls biologisch produziert werden. Hinsichtlich Pflanzmaterial ergreift er die Initiative. Bei Saatgut setzt er auf Saatgutproduzenten wie Bejo. „Wir bauen biologische Produkte an, die extra kosten,” verdeutlicht Peeters. „Um den Unterschied für jeden so klar wie möglich zu erhalten,
Robin Peeters, 27, leitet mit seinen Eltern Ellen und Wim einen 50 Hektar großen biologischen Jungpflanzenbetrieb im niederländischen Ort Neer. Porree, Zucchini und Chinakohl sind ihre Hauptkulturen. Sie bauen auch Frühkartoffeln, Ackerbohnen, Pastinaken, Wurzelpetersilie, Grünkohl und Rhabarber an. 2015, nach dem Studium an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Aeres, hat Robin Peeters seinen eigenen Betrieb für Porree-Jungpflanzen gegründet. Er arbeitet mit dem Jungpflanzenbetrieb Lenders zusammen, einem großen Lieferanten von Porree- und SpargelJungpflanzen in der Nähe von Kessel. Im ersten Jahr war es “eine kleine Nische”, aber die Ergebnisse waren ermutigend für beide Beteiligten. So haben sie zusammen einen neuen Betrieb gegründet - Lenders-Peeters BioPflanzen, neben dem Gemüsebaubetrieb, den Peeters mit seinen Eltern führt. Er pachtet einen Teil der Felder seiner Eltern und den Rest von Dritten. In den ersten drei Jahren hat Peeters ausschließlich biologische Jungpflanzen für Porreeanbauer produziert. Vor Kurzem hat er Spargel- und Rhabarber-Jungpflanzen dazugenommen.
muss die gesamte Kette biologisch werden. Biologisches Vermehrungsmaterial ist ein Teil davon.”
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BIOLOGISCHE STECKZWIEBELN SEIT JETZT 20 JAHREN ARBEITEN DIE ZÜCHTER VON BEJO/ DE GROOT EN SLOT (BGS) INTENSIV AN STECKZWIEBELN. SEIT 2003 HABEN STECKZWIEBELN IHR EIGENES ZÜCHTUNGSPROGRAMM BEI BGS. WIR BRINGEN NEUE SORTEN UNTER DEM MARKENNAMEN ‘QUALITY INSIDE’ AUF DEN MARKT. SIE BESITZEN DIE EINZIGARTIGE GENETIK, DIE DER MARKT VERLANGT. ÜBER DIE JAHRE HAT BGS EIN UMFASSENDES SORTIMENT AN STECKZWIEBELSORTEN ENTWICKELT.
Steckzwiebelanbau ist in den späten 1930ern in den Niederlanden eingeführt worden. Die ersten sehr schossfesten Sorten kamen aus Osteuropa. Dies ist eines der wichtigsten Prinzipien in der Genetik der Steckzwiebeln.Vorteile des Anbaus von Zwiebeln über Steckzwiebeln im Vergleich zu direkt gesäten Zwiebeln sind eine frühere Erntezeit, ein höherer Trockensubstanzgehalt und weniger Tageslängenabhängigkeit. Steckzwiebeln bieten extra Vorteile für Bio-Anbauer, inklusive Beikrautkontrolle, weniger empfindliche Pflanzenbestände und eine hohe Resistenz gegen biotische und abiotische Stressfaktoren. Steckzwiebeln sind auch entscheidend bei der Sicherstellung einer ganzjährigen Versorgung mit Zwiebeln. Verfügbarkeit/Liefertermine biologischer und nicht-chemisch behandelter Steckzwiebeln auf Anfrage. Anbauer können ab Juni beginnen, die frühen Bejo-Sorten Troy F1 und Jetset F1 zu ernten.
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Bas Heineke (links) and Joost Litjens (rechts)
Genetik
Seit dem Start des Quality Inside-Züchtungsprogramms haben sich die BGS-Züchter auf zukunftsorientierte Hybriden fokussiert, die für die Anbauer eine größere Verlässlichkeit bieten. Kunden können Qualitätsaspekte, wie hohe Resistenz gegen Falschen Mehltau, Unempfindlichkeit für Fusarium, Schalenfestigkeit, starkes Wurzelsystem und längere natürliche Austriebstoleranz, erwarten. Dank der Verfügbarkeit eines großen Genpools können die BGS-Züchter mehr oder weniger alles entwickeln, was der Markt nachfragt. Das braucht Zeit, viel Zeit. Aber das Quality InsideZüchtungsprogramm beginnt, sich bezahlt zu machen.
Neue Sorten
Eine der ersten, neuen Sorten, die wir herausgebracht haben, war Boga F1 die erste Steckzwiebelsorte mit einer hohen Resistenz gegen Falschen Mehltau. Boga F1 ist dank ihres starken Wurzelsystems extrem wüchsig. Es ist keine Überraschung, dass sie an Standorten wie Österreich populär ist, wo kontinentales Klima mit relativ warmen, trockenen Sommern herrscht. Aber Boga F1 kann auch in gemäßigten Gebieten, wie Nordwest-Europa, wachsen. Dort macht die Sorte normalerweise kürzere oder gar keine Stressperioden durch und wächst deshalb dort einfacher. Deswegen ist es in gemäßigten Gebieten wichtig, Boga F1 ausreichend eng zu pflanzen und sparsamer zu düngen, damit die Zwiebeln nicht zu schnell zu groß werden. Es ist noch viel mehr in der Pipeline. Zum Beispiel werden wir unser Sortiment mit hoher Resistenz gegen Falschen Mehltau erweitern. Wir arbeiten an frühen roten und gelben Sorten, die keine Wärmebehandlung (gegen Schossen) brauchen. Aber, wie erwähnt, dauert das lange. BGS arbeitet weiter an einem starken Programm von Steckzwiebeln und Säzwiebeln, sowohl konventionell als auch biologisch. Das Ziel ist ein Zwiebelprogramm, das jeder nützen kann - für alle Anbauziele, Bodentypen oder geografische Lagen.
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BIO-KOHL: ‘ARBEITET NICHT ZU HART, ABER ERLEDIGT VIEL’ BIO-KOHL IST ARBEITSINTENSIV UND SEHR EMPFINDLICH. IHN ANZUBAUEN IST WIRKLICH EINE SPEZIALAUFGABE. EIN BETRIEB IM NIEDERLÄNDISCHEN ORT BIDDINGHUIZEN HAT SICH DIESER ANGENOMMEN. SEIT EINIGEN JAHRZEHNTEN KONZENTRIEREN SIE SICH AUF DEN ANBAU UND DIE VERARBEITUNG VON BIOLOGISCHEM WEISSKOHL, ROTKOHL, SPITZKOHL UND CHINAKOHL. WIR HABEN MIT HUIB UND JOOST RIJK GESPROCHEN, DIE MIT HENNIE, HUIBS FRAU, DEN RIJK-HARTKAMP-BETRIEB FÜHREN.
Von konventionell zu biologisch
und die Aussichten waren nicht rosig – teilweise, weil das Stück Land ziemlich klein war. 1993, im letzten Jahr, in dem Anbauer in den Niederlanden sofort die offizielle Umstellung auf biologisch machen konnten, hat Huib den Schritt gewagt. Er hat den Betrieb bis Herbst unter Verwendung konventioneller Methoden geführt und im folgenden Jahr hat er biologische Produkte angebaut.
Dennoch hat der Betrieb beim Start 1990 mit verschiedenen Rückschlägen kämpfen müssen
Viele Hände machen die Arbeit leicht
Huib, 64, hat den Bio-Anbau immer unterstützt. Seit 1984 hat er immer mehr Anbauer umstellen sehen. Aber er war nicht sofort überzeugt, dass es etwas für ihn ist.
„Bejo macht viele Entwicklungen im biologischen Bereich. Wir arbeiten gerne daran mit.”
Wenn es um Kohl geht, dann sind die Unterschiede zwischen biologischer und konventioneller Landwirtschaft signifikant, sagt Joost, 28. „Im konventionellen Anbau geht es um Ladewagen, aber wir verwenden Paletten. Qualität ist auch ein großes Thema, wegen der Empfindlichkeit der Gemüseart.” Huib sagt: „Biologisch ist einfach schön. Ich war es immer gewohnt, alleine zu arbeiten. Ich habe es nicht anders gekannt, aber im Rückblick war es ziemlich langweilig. Jetzt brauchen wir immer Leute. Viele Anbauer zögern, die Umstellung auf biologisch zu machen, weil sie die Idee des MitarbeiterManagements nicht mögen. Aber das ist etwas, was man lernen kann.”
Joost Rijk Joost und Huib sagen ihren Arbeitern immer: „Arbeitet nicht zu hart, aber erledigt viel.” Es gibt nur einen Weg, das zu schaffen – effektiv arbeiten. Joost erklärt: „Oft geht es um die kleinen Dinge. Beikrautkontrolle mit einer Hacke scheint einfach zu sein, aber sie ist eine der härtesten Arbeiten, weil man es richtig können muss. Das ist Präzisionsarbeit; wenn man zu grob mit dem Bestand umgeht, dann kann man schnell Schäden verursachen.“ Im Sommer 2020 haben sie am Saisonarbeiter-Projekt teilgenommen, das von der Handelsgesellschaft Bionext und der Arbeitsagentur Nijk Agro initiiert wurde, um Menschen aus dem niederländischen Gastgewerbe und dem Kultursektor während der Pandemie zu helfen, neue Jobs zu finden. Huib sagt: „Das waren großartige Arbeitnehmer - harte Arbeiter mit weitreichenden Interessen. Nette Leute machen die Arbeit einfacher.”
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Joost (links) und Huib Rijk (rechts)
Eine Spezialaufgabe
Warum sich also auf Kohlarten konzentrieren? Joost erklärt: „Nachfrage nach biologischem Kohl ist vor einigen Jahren plötzlich aufgekommen. Wir haben eine neue Lagerhalle errichtet und eine Verarbeitungslinie eingebaut. Seit wir in der Lage sind, das ganze Jahr über zu liefern, sind wir ein attraktiver Lieferant für eine große Spannbreite von Kunden - sowohl Supermärkte als auch Verarbeiter, in den Niederlanden und darüber hinaus.” Er fügt hinzu: „Jeder will sich breit aufstellen, aber nicht jeder will Kohl anbauen. Für lange Lagerung muss man absolut von Hand ernten. Wir arbeiten mit anderen Anbauern zusammen. Wir bearbeiten total etwa 20 Hektar Kohl für einige biologische Anbauer im Gebiet. Wir ernten selber oder wir liefern die Arbeiter und die Geräte.”
Kooperation
Um eine kontinuierliche Lieferung sicherzustellen, halten sich Joost und Huib an einen straffen Zeitplan und arbeiten eng mit Bejo und dem Jungpflanzenbetrieb zusammen. „Wir wählen die Sorten aus und Bejo liefert das Saatgut,” Joost sagt: „Der Jungpflanzenbetrieb zieht die Pflanzen an. Er muss acht Wochen im Voraus wissen, wie viele Pflanzen von welchen Sorten er produzieren muss.” Ronald Hand, ihre zuständige
Kontaktperson von Bejo, unterstützt und berät sie bei der Anbauplanung. „Ronald besucht oft andere Anbauer und er liebt es, weiterzudenken und sein Wissen mit uns zu teilen,” erklärt Joost. „Die Züchter von Bejo haben viel Fachwissen und wir haben gerne Vorteile davon.” Er und sein Vater schätzen auch die Offenheit von Bejo für Versuche. „Bejo macht viele Entwicklungen auf dem Bio-Gebiet,” verdeutlicht Joost. „Wir haben Freude an der Arbeit mit Hybriden und auch an neuen Sorten und wir mögen die Zusammenarbeit daran.”
Pläne und Möglichkeiten
Neben seiner Arbeit auf dem Rijk-Hartkamp-Betrieb leitet Joost die `Wageningen University & Research’s Farm of the Future` in Lelystad. Er mag diese Arbeit, aber wenn Huib in Rente ist, wird es schwierig sein, diese mit dem arbeitsintensiven Kohlanbau zu kombinieren. So wird Joost wählen müssen. Im Moment jedoch ist die Zukunft offen. „Der Betrieb hat viele Herausforderungen,” weiß er. „Zu allererst sind die Arbeitskräfte immer noch ein wichtiges Thema. Weil die meiste Arbeit nicht mechanisiert ist, ist sie, speziell für rumänische und polnische Arbeiter, nicht immer so attraktiv. Auch die Qualität von biologischem Gemüse variiert und es ist empfindlich, zum Beispiel, für Thrips und Erdflöhe. Letztendlich summieren sich die Kosten und der Frischmarkt ist nicht immer ein zuverlässiger Kunde.” Garantierte Verkäufe bieten jedoch Möglichkeiten. „Fermentierte Lebensmittel, wie Sauerkraut und Kimchi, sind in letzter Zeit in Mode,” verdeutlicht Joost. „Letztes Jahr haben wir der GKZ-Sauerkrautfabrik zwei Lieferungen von je 25 Tonnen Chinakohl geschickt. Und wir sind der Anbauer-Kooperative Nautilus Organic wieder beigetreten. Das geschah hauptsächlich aus Verwaltungsgründen - unsere Rechnungsstellung läuft jetzt über sie. Aber sie arrangieren auch die Verkäufe und neue Geschäfte können letztlich bei uns landen. Mitglied zu sein, bedeutet, dass wir weniger von der `Gnade` individueller Kunden abhängig sind.”
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GESCHLOSSENE PLATTFORM BRINGT ÜBERSCHUSS MIT NACHFRAGE ZUSAMMEN
DANIELS OFP B.V. ONTWIKKELT SOURCING-PLATFORM ALS A SERVICE
DAS INTERNET UND SOCIAL MEDIA BIETEN MÖGLICHKEITEN, KÄUFER UND VERKÄUFER ZUSAMMENZUBRINGEN. PETER DANIËLS MACHT SICH DAS ZUNUTZE, UM NEBEN SEINER BESCHAFFUNGSFIRMA EINEN EXTRA SERVICE ZU BIETEN. ANBAUER MIT ÜBERSCHÜSSEN TREFFEN KÄUFER MIT ANGEBOTSLÜCKEN. Peter Daniëls ist mehr als 20 Jahre auf dem biologischen und konventionellen Gemüsemarkt aktiv gewesen. In den letzten 11 Jahren hat er seine eigene Firma geleitet - Daniels Organic Fresh Produce (Daniels OFP B.V.). Von seinem Büro in der niederländischen Stadt Etten-Leur aus regelt er die Beschaffung für Abpackbetriebe. Seine Kunden liefern frische Produkte an Supermärkte. Die meisten liegen in Deutschland, Frankreich und im Vereinigten Königreich. „Unsere Beschaffung ist nicht kaufen und verkaufen. Wir bieten einen Service,” betont Daniels. „Wir arbeiten im Interesse unserer Kunden. Sie sind diejenigen, die kaufen – normalerweise in einem Ganzjahresprogramm. Wir finden die Lieferanten und kümmern uns um den gesamten Prozess – Planung, Verladung und Transport, den ganzen Ablauf bis hin zu Verwaltungsangelegenheiten.” Sein Hauptgeschäft sind Zwiebeln und Möhren. Er handelt aber auch Kartoffeln und Gemüse wie Pastinaken, Wurzelpetersilie, Kürbisse und Rote Bete. Während der Saison läuft viel von seiner Beschaffung in den Niederlanden. Um ganzjährige Lieferpläne zu bieten, geht er über zu anderen Ländern, wie Spanien für die Möhren oder Ägypten für die Zwiebeln.
Eine Lösung für Überschüsse
Als jemand, der die Sorgen der Kunden löst, indem er einen stetigen Warenstrom arrangiert, hat Daniëls ein großes Netzwerk von Lieferanten und Käufern aufgebaut. Als Zentrum dieses Netzwerks erhält er oft spezielle Anfragen. Manchmal brauchen Anbauer einen Käufer für eine
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„Unsere Beschaffung ist nicht kaufen und verkaufen. Wir bieten einen Service.” Peter Daniëls
AANVULLENDE
Peter Daniëls
Überproduktion über die Vertragsmenge hinaus. Oder sie haben eine Partie mit unterschiedlichen Größensortierungen. Und manchmal braucht ein Käufer eine zusätzliche Lieferung, aufgrund einer unerwarteten Nachfragespitze oder eines Lieferengpasses. All das hat Daniëls inspiriert, die Online Daniels Sourcing Platform zu gründen. „Die normale Lösung wäre, herumzufragen.,” sagt er. „Aber du kannst nicht einfach mal schnell alle Abpackstationen oder Anbauer anrufen. Mit einer Online-Plattform kannst du auf einen Schlag dein ganzes Netzwerk über eine laufende Partie oder Nachfrage informieren.”
Ein Extranet für Kunden und Lieferanten
Die Plattform war als Erweiterung von Daniëls’s Extranet aufgebaut worden, das er nutzt, um Dokumente und Daten mit ständigen Kunden und Lieferanten zu teilen. Im August 2020, nach einem Jahr der Entwicklung und Testung, war die Daniels Sourcing Platform fertig. Wie funktioniert sie für Anbauer? „Sie können ein Angebot reinstellen,” erklärt Daniëls. „Zuerst geht ein `Produkt-Alarm` raus an eine feststehende Gruppe von Nutzern. Das ist eine Nachricht mit einem Link zu detaillierten Informationen zu Qualität, Größe, Zertifizierung und so weiter. Käufer können direkt antworten. Wenn es keine Antwort gibt, dann geht das Angebot online und kann von jedem auf der Plattform gesehen werden. Wir können größere Aufmerksamkeit erzielen, indem wir das Angebot in die sozialen Medien setzen, mit einem Link zur Plattform.”
Keine Namen, keine Preise
Die Daniels Sourcing Platform ist kein offener Marktplatz, betont ihr Gründer. „Wir bringen Angebot und Nachfrage zusammen. Wir geben keine Preise heraus und Verkäufer und Käufer bleiben anonym, bis wir einen Deal haben.” Anonymität schützt die kommerzielle Sicherheit der Nutzer. Detaillierte, zuverlässige Informationen zu den Produkten werden trotzdem benötigt. „Ein Käufer will auf einen Blick sehen: Das passt für mich oder das passt nicht für mich. Ein Abpackbetrieb wird nur kaufen, wenn die Qualität klar ist, wann das Produkt verfügbar ist und wie es geliefert werden kann.”
Daniëls fügt hinzu: „Als Lieferant willst du vermeiden, dass eine Partie abgelehnt wird, weil sie die Erwartungen nicht erfüllt. Das ist sicherlich im Vereinigten Königreich, nach dem Brexit, eine Herausforderung.“ Er unterstützt Lieferanten bei der Beschaffung der nötigen Informationen. Zum Beispiel sind Standard-Qualitätsberichte und Anleitungen zur Selbsteinschätzung des Produktes auf der Plattform verfügbar.”
Einfacher Zugang
Die Bereitstellung all dieser Details scheint für einige Anbauer ein Hindernis zu sein. Daniëls lädt sie ein, sich auf jeden Fall zu registrieren. „Je mehr Leute teilnehmen, desto besser funktioniert sie. Man muss nur angeben, was man anbaut und welche Produkte man liefern kann und man sieht Anfragen hereinkommen. Wenn jemand nach etwas Speziellem sucht und man kann das liefern, dann kann man antworten.” Beschaffung für Abpackbetriebe bleibt Daniëls OFP Kerngeschäft. Die Plattform ist ein zusätzlicher Service. „Online-Angebote und -Nachfrage werden niemals die persönlichen Beziehungen bei der Beschaffung ersetzen,” verdeutlicht er. „Ich betrachte das als einen extra Service für unsere Kontakte. Computerisierung und Digitalisierung sind Trends, die für Anbauer interessant sind. Die Plattform lässt sie diese neuen Möglichkeiten auf eine einfache Art und Weise kennenlernen.”
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Bejo DACH Bejo Samen GmbH | Danziger Straße 29 | 47665 Sonsbeck | Deutschland T +49 2838 98989-0 | E info@bejosamen.de | W bejosamen.de
S-PM030 | 06.2022
Die Erforschung der Natur hört nie auf