BIORAMA #65 – DEUTSCHLANDAUSGABE

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MC, das Versuchskind Ich habe da eine Idee, die ich gerne mit euch teilen möchte. Wobei ich mir sicher bin, also ziemlich, dass jeder von euch auch schon drüber nachgedacht hat.

Autorin Ursel Nendzig, Mutter zweier Söhne, berichtet live aus der Achterbahn.

E

Es würde keinerlei erzieherische Ein­ lternsein ist im Grunde nichts weiter als ein groß griffe in MCs Entwicklung geben. Das angelegtes Experiment. Mit dem einzigen, aber Kind dürfte essen, was immer es woll­ gravierenden Nachteil: Man hat im Grunde nur te, jederzeit Süßkram, nur Softdrinks einen Versuch. Natürlich hat man vielleicht die zu sich nehmen, Nudeln mit Zucker, die Möglichkeit, mehr als ein Kind zu beeltern, aber ganze Show. Ich brauche nicht zu erwäh­ die Varianz, die das zulässt, ist doch bescheiden. So nen, dass MC keine Tischmanieren erler­ schnell kann man gar nicht schauen und die Kinder nen müsste, es dürfte sogar vor dem Fernse­ sprechen sich ab und tauschen sich aus – es ist daher her essen. Apropos: Ja, der Fernseher würde unmöglich, das eine völlig anders als das andere zu durchgehend laufen, wenn MC das möchte. behandeln. Was schade ist! Ach, und die Sprache. Ich würde gerne Wäre es nicht wahnsinnig lustig, die ganze ausprobieren, ob es wirklich lustig ist, dem Eltern­schaft noch mal von vorn zu starten, und die­ Kind falsche Begriffe beizubringen. Bei mei­ ses Mal alle Parameter verändern, dann schauen, nen Söhnen habe ich mich das nicht getraut. was rauskommt? Ich tagträume von dieser Idee Oder fast nicht. Wir haben ihnen gesagt, dass ehrlich gesagt schon länger. Und wir (ich schrei­ ein Erdmännchen »Servas«, mehrere »Serva­ be »wir«, um den Anschein zu erwecken, es gäbe sens« heißen. Sie verwenden diese Begriffe eine Gruppe Gleichgesinnter hinter diesem Plan, tatsächlich so, als wäre das völlig normal. Man was nicht stimmt. Trotzdem habe ich diese Idee einmal mit meinen Schwä­ gerinnen geteilt und sie haben » Das Kind dürfte essen, was nur leicht mit den ­Augen gerollt, weswegen ich annehme, es gibt immer es wollte, jederzeit noch mehr da draußen, die tags Süßkram, nur Softdrinks zu sich das Gleiche träumen wie ich) haben diesen Plan auch schon nehmen, Nudeln mit Zucker, recht weit ausgearbeitet. die ganze Show.« Zuallererst würde ich das Ver­ suchskind über sein Geschlecht muss aber zugeben, dass sie nur sehr selten in die im Unklaren lassen. Ich würde ihm in Verlegenheit kommen, Erdmännchen zu sehen. So­ wilder Abfolge Rüschenkleider, Leder­ wieso, seit sie lesen können, machen wir im Zoo ­einen hosen, SuperheldInnenkostüme und Bogen um das Gehege der Servasens. Aber bei MC wür­ Uniformen anziehen, ohne es zu kom­ de ich das ganz groß anlegen. mentieren. Dafür bräuchte es selbst­ Ach, ich hätte noch tausend Ideen. Und ja, ich weiß. verständlich einen neutralen N ­ amen. Man kann das nicht ernsthaft machen. In der Umsetzung Auch den habe ich mir bereits aus­ scheitert es schon an der Unwilligkeit, noch mal schwan­ gedacht, ein Doppelname sogar: ger zu sein. Weil ich das ja kenne: Kaum ist das Kind ge­ Mango-Chutney, »MC« genannt, boren, will man automatisch sein Bestes. Dann stillt man ­natürlich englisch ausgesprochen. es dreitausend Jahre lang, gibt ihm keine Süßigkeiten, bis MC dürfte sich freilich bereits im es hundert ist, übt sprechen und schön essen mit ihm. Aber Kinder­garten schminken, wenn es man darf ja wohl noch träumen. das wollen würde.

ill ustrati on Nana Mandl

Text Ursel Nendzig


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