Dr. Simone Koch im Interview:
Kundinnen in den Wechseljahren Ab welchem Alter kommen Frauen in die Wechseljahre? Bei dieser Frage muss man klar unterscheiden zwischen der Menopause, welches die letzte Periode im Leben einer Frau ist, und den Wechseljahren, welche eben den Zeitraum beschreiben, in dem es zu hormonellen Dysbalancen und einem häufigen Zustandswechsel von zu hohen und zu niedrigen Hormonen kommen kann, ohne dass der Körper ein neues Gleichgewicht gefunden hat. Die Menopause tritt meist zwischen dem 51. und 55. Lebensjahr auf. Die Wechseljahre können aber auch schon weitaus früher beginnen.
DR. SIMONE KOCH Die Medizinerin arbeitet seit drei Jahren in ihrer eigenen Praxis für Ernährungs- und funktionelle Medizin. Vorher war sie als Assistenzärztin in der Gynäkologie tätig. www.drkochs.de
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Was sind die klassischen Beschwerden in dieser Zeit? Zunächst einmal finde ich es wichtig, klarzumachen, dass Wechseljahrsbeschwerden ein Phänomen der Industriegesellschaft sind und wahrscheinlich mit der Überöstrogenisierung zusammenhängen, der wir durch unsere Art zu leben und die vielen hormonaktiven Giftstoffe um uns herum ausgesetzt sind. Bei Frauen in Naturvölkern oder auch in bestimmten Bevölkerungen mit anderem Lebensstil, wie zum Bespiel in Japan, tritt dieses Phänomen nicht bzw. deutlich seltener auf als bei uns. Beschwerden entstehen durch starke Hormonschwankungen – vor allem der Hormone des Hypothalamus und der Hypophyse, also der Hormone aus dem Gehirn und aus der Hirnanhangsdrüse. Hierzu gehören vor allem die Hitzewallungen. Dies ist auch der Grund, warum manche Frauen noch bis
in ein sehr hohes Alter an Hitzewallungen leiden, auch wenn der Eierstock seine Funktion schon jahrelang eingestellt hat. Zudem kann sich der Abfall an Progesteron ungünstig auf die Psyche auswirken, die Blutzuckerregulation beeinträchtigen, das Risiko für Entzündungen erhöhen, Blutungsstörungen verursachen sowie das sexuelle Befinden beeinträchtigen. Zudem kann es zu zyklisch bedingten Kopfschmerzen und Wassereinlagerungen kommen. Der Östrogenmangel verschlechtert die Elastizität der Haut und die Versorgung der Haare, vermindert die Lubrikation, kann den Antrieb vermindern und die Lebensfreude beeinträchtigen. Zudem hat das richtige Verhältnis der beiden Hormone zueinander einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Der ebenfalls meist absinkende Testosteronspiegel kann zu vermindertem Antrieb, Muskelmasseverlust, Libidoverlust und vielen anderen Symptomen führen. Alle Hormonschwankungen und -mängel können erhebliche Stimmungsschwankungen verursachen. Ein Überschuss an Östrogen im Verhältnis zum Progesteron kann , egal ob insgesamt ein Mangel, ein Normalwert oder ein tatsächlicher Überschuss vorliegt, zu psychischen Symptomen, Blutungsstörungen, Wassereinlagerungen, Gewichtsproblemen, erhöhtem Risiko zur Entwicklung von Krebs, Autoimmunerkrankungen und Demenz sowie vielen anderen Problemen führen. Zudem kann die Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt sein. Was passiert auf hormoneller Ebene in der Menopause?
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Foto: Dr. Simone Koch
Viele Frauen leiden in den Wechseljahren unter Beschwerden. Dr. med. Simone Koch verrät, was Trainer bei der Trainingsplanung und Ernährungsberatung betroffenener Frauen beachten sollten.