Menschen & Meinungen
PORTRAIT
„In der Krise haben wir unsere Stärke gespürt“ MICHAELA SUMMERER wurde vom Lockdown überrascht – wie wir alle. Als Direktorin des Brixner Bürgerheims war sie aber gleich für mehrere Menschen verantwortlich – und meisterte die Herausforderung mit Bravour, „weil bei uns alle an einem Strang gezogen haben“. Zuversicht ist eine ihrer Stärken – und die Fähigkeit, anzupacken und Entscheidungen treffen zu können.
So, wie das Leben eben ist. Wir
sitzen mit gebührendem Abstand und Maske im weitläufigen Park hinter dem Bürgerheim in der Mozartallee. Pavillon, Wasserkrug, Desinfektionsmittel. Der Park ist wie eine kleine Oase, fast unwirklich schön. Nur hin und wieder ist ganz gedämpft etwas vom Alltagslärm der Stadt zu hören. Feine Spazierwege, freches Vogelgezwitscher, kunterbunte Pflanzenwelt, ein klein wenig gepflegte Wildnis, so, wie das Leben eben ist. Michaela Summerer strahlt Ruhe aus. Sie ist eine Powerfrau der besonderen Art, eine, die weiß, was sie will, 26
die immer Vertrauen in sich gehabt hat. Aufgewachsen ist sie in Bruneck. Ihr Vater, ein gebürtiger Sextner, war Direktor der Saatbaugenossenschaft. In Bozen hat sie die Handelsoberschule besucht. Zum Studieren ist sie dann nach Trient gegangen: „Ich wollte einfach gut Italienisch können.“ Als sie in der ersten Vorlesung saß, „das war diritto pubblico“, da habe sie nicht gewusst, wovon der Professor vorne am Pult eigentlich redet. Nach einem halben Jahr habe sie aber bereits auf Italienisch geträumt.
„Es werd schun giahn“. Nach dem
Studium trat sie eine Stelle in der Raiffeisenkasse Bruneck an, in der Wertpapierabteilung, weil ihr die Welt der Zahlen Spaß gemacht hat. Dort blieb sie bis zur Geburt ihres ersten Sohnes. Die Rückkehr in den Beruf fiel ihr nicht leicht: „Ich hatte das Gefühl, von meinem Kind nichts mitzubekommen.“ Michaela Summerer wurde Vollzeitmami und kehrte erst in die Arbeitswelt zurück, als ihr zweiter Sohn vier Jahre alt geworden war. Dazwischen wagte sie sich an eine Supplenzstelle an der Handelsoberschule. Ein Semester
„Gute Rahmenbedingungen für mein Team wünsche ich mir – es zählt nicht nur das Gehalt“_ Michaela Summerer Offen sein für alles, was das Leben bietet, und grundsätzlich den Herausforderungen positiv begegnen – diese Einstellung zieht sich wie der sprichwörtliche Faden durch ihr Leben. Und diese Einstellung ist wohl auch die Wurzel für die Energie, die es braucht, um eine Struktur wie das Bürgerheim zu leiten. Aus 13 Personen besteht ihr Führungsteam – Menschen, auf die sie setzt und auf die sie setzen kann. Es ist ihr wichtig, „zu schauen, dass alle gut arbeiten können.“ Hinschauen, hinhören, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst nehmen und vor allem versuchen zu verstehen, wo das Problem liegen kann. „Im Grunde ist es ein einfaches Rezept.“
lang unterrichtete sie Rechtskunde und Volkswirtschaftslehre, auch in drei Maturaklassen. Das sei ganz schön mutig gewesen, meint sie rückblickend, so ganz ohne Erfahrung. Irgendwann kam dann die Lust, etwas ganz anderes zu tun, „etwas, bei dem es nicht um Geld geht.“ Michaela Summerer übernahm schließlich die Leitung des Personalbüros im Bürgerheim von Brixen. Als Quereinsteigerin sozusagen: „Es weard schun giahn.“ Zuversicht ist eine ihrer Stärken – und die Fähigkeit, anzupacken und Entscheidungen treffen zu können: „Entweder man macht etwas ganz oder gar nicht.“ Als sie im Oktober 2018 die Führung des Bürgerheims übernahm, zunächst interimistisch, kam das
„sehr überraschend“. Sie war der Aufgabe aber gewachsen – viele Jahre Erfahrung als Vizedirektorin und ein gutes Gespür für die Menschen waren die Basis dafür. „Eine Revolution soll und darf ein Führungswechsel niemals sein“, sagt sie. Sie hat sich eingelassen, hat hingehört und hingeschaut und vieles dazugelernt. Im Team.
Wunschlos glücklich. Die Tage
sind lang für Michaela Summerer – nicht nur während der Coronazeit. Draußen in der Natur, beim Wandern, da bekommt sie den Kopf frei. Und hin und wieder tut sie zur Entspannung einfach ... nichts. Wenn sie so erzählt, von ihrem Leben, von ihrem Werdegang, von der Herausforderung der vergangenen Wochen, dann tut sie das mit einer Gelassenheit, die beeindruckt. „Der Laden muss laufen“, sagt sie fast nebenbei. Sie ist eigentlich wunschlos glücklich, lediglich gute Rahmenbedingungen für ihr Team wünscht sie sich: „Es zählt nicht nur das Gehalt.“ Und sie wünscht sich, dass sich junge Menschen für die Arbeit in einem Seniorenheim interessieren. Voneinander zu lernen, das schweiße zusammen. Die Situation hat sich mittlerweile etwas entspannt. Es dürfen wieder Besucher ins Bürgerheim. Vorsichtige Schritte zurück zu einer Normalität, die noch lange nicht so sein wird wie vorher. Ein paar Tage Urlaub in Venedig waren möglich, wenn auch überschattet vom plötzlichen Tod eines Mitarbeiters. „Man findet die Kraft“, sagt sie.
marlene.kranebitter@brixner.info Leserbriefe an: echo@brixner.info
Foto: Oskar Zingerle
D
er Corona-Lockdown Anfang März kam von heute auf morgen. Das Bürgerheim musste sich von einem Moment auf den anderen abschotten, denn man wusste nicht, was passieren würde. Das Corona-Virus hatte alle und alles fest im Griff. Über viele Wochen. Michaela Summerer, die Direktorin des Brixner Bürgerheims, ist ihrem Führungsteam sehr dankbar: „In der Krise hat man unsere Stärke so richtig gespürt. Wir haben zusammengehalten, was auch notwendig war, um die Not der alten Menschen und die Angst ihrer Familien abzufedern.“ Unsicherheit und Angst waren ständig da; das vielzitierte „Navigieren auf Sicht“ war eine Notwendigkeit: „Wir haben Tag für Tag umgesetzt, was es umzusetzen galt.“ Man habe auch Glück gehabt, sagt sie, es habe nur wenige Mitarbeiter gegeben, die positiv auf das Virus getestet worden waren. Und es haben alle die Verantwortung gespürt und gelebt – auch außerhalb der Arbeit.