"Bündnerwald" Februar 2021- Der Ahorn

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Bündner Wald

Der Ahorn

Jahrgang 74 | Februar 2021


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26 Inhalt Titel Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Die Verbreitung der Ahorne in Graubünden – eine Übersicht . . . 8 Baumporträt Bergahorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Forstlich interessantes Multitalent Spitzahorn (Acer platanoides L.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Der Bergahorn in Volksglauben und Geschichte . . . . . . . . . 22 Geriegelter Bergahorn – ein besonders wertvolles Holz . . . . . 26 Bergahornförderung auf dem Grüscher Älpli . . . . . . . . . . 30 Bergahorn im Safiental . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Ahornsirup: ein einzigartiges Nichtholzprodukt . . . . . . . . . 38 Acer opalus – Schneeballblättriger Ahorn . . . . . . . . . . . . 42 Überlebensstrategie durch vegetative Verjüngung an der Waldgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Klimawandel: neue Baumarten im Churer Rheintal? . . . . . . . 49 Grosser Ahornboden – elf Fragen an Magister Hermann Sonntag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Personalwechsel AWN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Skipostenlauf für das Forstpersonal . . . . . . . . . . . . . . . 62 Vorschau «Bündner Wald» April 2021 . . . . . . . . . . . . . 63

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Titelbild: Die Blüte eines Bergahorns.

(Bild: J. Hassler)

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Der Märli-Ahorn auf der Griesalp im Kiental, Berner Oberland. Ein mächtiger, alter Bergahorn.

(Bild: Thomas Schüle)



Editorial Woran denkt ihr, wenn ihr das Wort «Ahorn» hört? Ahorn kann mit vielen unterschiedlichen Gedanken verbunden werden. Das berühmteste Ahornblatt ist das rote Blatt auf der kanadischen Flagge, welche oft gleichzeitig auch mit der Ahornsirup-Produktion verlinkt wird. Forstleute würden sicher an die unterschiedlichen Arten denken, welche diese Gattung bilden. Bezeichnen wir die Gattung mit ihrem lateinischen Namen Acer, denken nur wenige Leute an seine ursprüngliche Bedeutung «spitzig». Aber manche Informatiker und Informatikerinnen denken vielleicht an das berühmte Computerunternehmen. Vielfältige Gedanken über eine noch vielfältigere Gattung. Als Forstingenieurin habe ich mich nur wenig mit der botanischen Systematik beschäftigt. Aber die Bearbeitung von dieser Ausgabe hat mich neugierig gemacht: Warum wurden die Arten so klassiert? Welche anderen Gattungen befinden sich in der gleichen Familie? Die Gattung Ahorn gehört zur Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae), welche zur Ordnung der Seifenbaumartigen (Sapindales) gehört. Diese Familie beinhaltet etwa 142 Gattungen mit circa 1900 Arten. Eine von diesen 142 Gattungen ist die Rosskastanie (Aesculus). Sehr wahrscheinlich aufgrund meiner Wissens­lücken, hat es mich persönlich am Anfang ziemlich überrascht. Ich war noch mehr überrascht, als ich herausgefunden hatte, dass die Kastanie (Castanea Sativa) nicht zur Familie der Seifenbaumgewächse gehört. Nach einer kleinen Recherche konnte ich diese Verwandtschaft klären und noch wichtiger, sie nachvollziehen. Wegen neuer molekulargenetischer Untersuchungen wurde die alte Familie der Hippocastanaceae und der Aceraceae aufgelöst und die Arten wurden neu klassiert. Die Gemeinsamkeiten zwischen Ahorn, Rosskastanie und zum Beispiel Blasenesche sind schwierig zu finden. Wie in unseren Familien: Was uns biologisch

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verbindet, ist nicht (unbedingt) unser Aussehen, sondern es sind unsere Gene. In diesem speziellen Fall sind die Ahorne und die Rosskastanien durch das Vorhandensein des Inhaltsstoffs Saponin, einer seifenartigen Substanz, welche die Bäume gegen Pilzbefall und Insektenfrass schützt, mit einander verbunden. Im Gegensatz zur Botanik – zum Glück – hat die Familie mit der Zeit für die Menschen auch andere Aspekte berücksichtigt. Die Genetik wird immer eine wesentliche Rolle spielen. Aber Interessen, Gefühle und Werte verbinden Menschen mit unterschiedlicher Genetik und Herkunft oft in stärkerem Masse als genetisch Gleichartige. Berücksichtigen wir die biologische Systematik für unsere Art Homo Sapiens, denn per Definition sind wir alle Teil der gleichen Familie: der Menschen­ affen (Hominidae). Versuchen wir dies nie zu vergessen. Redakteurin Viola Sala


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Die Verbreitung der Ahorne in Graubünden – eine Übersicht In Graubünden ist die Gattung der Ahorne (Acer) mit drei Arten in der freien Natur vertreten. In absteigender Häufigkeit sind dies der Bergahorn, der Feldahorn und der Spitzahorn. Die Verbreitung der Ahorne erstreckt sich über etwa zehn Prozent der Waldfläche Graubündens. Dr. M. Vanoni

Die Ahorne in Graubünden Die drei in Graubünden heimischen Ahorne sind zusammengenommen nach Buchen und Eschen die dritthäufigste Laubbaumart im Kanton, liegen aber gesamthaft betrachtet nach den noch häufigeren Fichten, Lärchen, Föhren, Arven und Weisstannen nur auf dem achten Rang der am häufigsten vorkommenden Baumarten. Nach Schätzungen und Hochrechnungen des Landesforstinventars (LFI4) stehen in Graubünden ab einem Durchmesser von 12 cm ungefähr 1,1 Millionen Ahorne (± 22 %), was bei geschätzten 74 Millionen Bäumen (± 3 %) nur knapp jeder siebzigste Baum ist. Die Ahorne sind in Graubünden von Nordbünden her bis in fast alle Talschaften weit verbreitet, und auch im Engadin und in den Südtälern sind diese Baumarten heimisch. In den fünf rätoromanischen Idiomen wird der Ahorn als ischi (Sursilvan), ischier (Sutsilvan) oder ascher (Surmiran, Puter und Vallader) bezeichnet, in Rumantsch Grischun heisst er ischi. Für die Ahorne stehen in Graubünden keine spezifischen Artenförderungsprogramme bereit, die ausschliesslich auf die Förderung dieser Baumart abzielen. Dennoch kann im Rahmen des Programms zur Erhaltung und Förderung der Waldbiodiversität in Graubünden auch der Ahorn gefördert werden. Im Waldentwicklungsplan WEP2018+ bestehen die Kategorien «spezielle Laubholzbestände ausserhalb Auen», «Lichter Wald», «Waldränder» sowie «Verzahnung Wald-Offenland». In vielen dieser Objekte stocken ­Ahorne, die bei der konkreten Planung der Mass-

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nahmen vor Ort gefördert werden können. Unbestritten ist auch die Wichtigkeit und Wirkung insbesondere der Bergahorne in vielen Schutzwäldern, wo sie sogar in lockeren Geröllhalden stocken und nach Steinschlägen die Stammwunden rasch wieder verschliessen können. Wie auch die anderen Ahorn­ arten wird der Bergahorn durch das Schalenwild bevorzugt verbissen und kann sich deshalb ohne Wildschaden-Verhütungsmassnahmen (z. B. Wildschutzzäune oder Wuchshüllen) in einigen Gebieten aktuell kaum in genügender Anzahl von selbst verjüngen und aufwachsen. Die Baumarten in den Bestandeskarten In Graubünden werden für alle grösseren Wald­ eigentümer ab 40 Hektaren in regelmässigen Abständen Betriebspläne erstellt, in welchen detaillierte Bestandeskartierungen oder Luftbild-Inter­ pre­tationen mit Angabe der Baumartenanteile (in 10%-Schritten) erarbeitet werden. Damit kann heute auf knapp 90 Prozent der Waldfläche eine ungefähre Abschätzung der Ahornvorkommen erfolgen (Abb. 1). Für die nachfolgenden Beschreibungen der Verbreitung wurden sämtliche Bestände ausgewählt, in welchen die genannte Ahornart erfasst wurde, unabhängig ob die betreffende Art nur als Einzelbaum oder bestandesbildend vorkommt. Bei der Erfassung können insgesamt vier Ahornarten unterschieden werden, dies sind Berg­ ahorn, Spitzahorn, Feldahorn sowie Schneeball­ blättriger Ahorn (Opalahorn), der jedoch in Grau-


Abb. 1: Verbreitung der Ahorne in Graubünden gemäss Bestandeskartierung.

bünden in den aktuellen Bestandeskarten nicht erfasst ist. Bei den Aufnahmen gilt zu beachten, dass nur schlecht oder gar nicht zugängliche Be­ stände genauso wie unproduktive Flächen inner­ halb des Waldareals oftmals nicht beschrieben werden. Auch sind Unsicherheiten bei der Anspra­ che im Feld nicht auszuschliessen. Der Bergahorn Die mit Abstand wichtigste Rolle der drei vorkom­ menden Arten spielt in Graubünden der Bergahorn (Acer pseudoplatanus). Das Vorkommen liegt in fast allen grösseren Talschaften in den Laubmisch­ wäldern bis auf rund 1650 m ü. M., je nach Lage ­sogar noch etwas höher (Abb. 2). Der Bergahorn ist

(Bild: AWN)

in der hochmontanen Stufe eine wichtige Haupt­ baum­art, kommt aber auch bis in die subalpine ­Stufe vor. Die Hauptverbreitung zieht sich von der Bündner Herrschaft bis in das hinterste Prättigau, vom Churer Rheintal weiter aufwärts und in das Schanfigg (fast bis nach Arosa) sowie in die Surselva bis nach Sedrun, inklusive allen grösseren Seitentä­ lern wie etwa Val Sumvitg, Val Lumnezia, Valser Tal und Safiental. Auch in Mittelbünden dringt der Ahorn vom Domleschg bis in das Rheinwald und das Avers vor. Ebenfalls ist er weitverbreitet im Al­ bulatal bis Bergün, vereinzelt im Surses bis Mulegns sowie an einigen Orten rund um Davos. Auf der Al­ pensüdseite ist der Bergahorn bis in die hinterste Val Calanca und in der Mesolcina bis kurz vor San Ber­

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in erster Linie von der Bündner Herrschaft durch das Churer Rheintal bis Tamins sowie das Prättigau bis vor Klosters. Weitere Einzelvorkommen sind bekannt in der Surselva, im Domleschg, im Schams sowie in der Mesolcina. Die Bestandesbeschreibungen weisen Feldahorne auf insgesamt 580 Hektaren aus. Davon sind auf 35 Prozent ­dieser Flächen Feldahorne im Jungwuchs und im Altbestand vorhanden, auf 48 Prozent nur im Altbestand und auf 17 Prozent stockt nur Feld­ahorn-Jungwuchs.

Abb. 2: Bergahorn-Laubmischwälder zeigen im Herbst eine ansprechende Farbenvielfalt.

(Bild: M. Vanoni)

nardino verbreitet, im Bergell von der Landesgrenze bis kurz vor dem Malojapass sowie im Puschlav bis nach Cavaglia. Ebenfalls stockt der Bergahorn im Unterengadin von der Landesgrenze her vereinzelt bis nach Zernez, und er hat auch noch einzelne ­Vorkommen in der Val Müstair. In den Bestandeskarten sind Bergahorne von Einzelvorkommen bis hin zu bestandesbildenden Vorkommen auf 19 389 Hektaren erfasst, was fast 10 Prozent der Waldfläche entspricht. In 36 Prozent dieser beschriebenen Bestände sind Bergahorne sowohl im Altbestand­ als auch im Jungwuchs vorhanden, auf 40 Prozent der Flächen nur im Altbestand, und 24 Prozent der beschriebenen Bergahornbestände weisen zum Zeitpunkt der Bestandesbeschreibung nur Berg­ahornJungwuchs auf. Der Feldahorn Die zweithäufigste, wenn auch deutlich geringere Verbreitung, weist in Graubünden der Feldahorn (Acer campestre) auf. Dieser stockt meist an Wald­ rändern, Hecken und im offenen Feld bis etwa 1000 m ü. M. Die Hauptverbreitung beschränkt sich

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Der Spitzahorn Der Spitzahorn (Acer platanoides) als dritthäufigste Art wächst in Graubünden ähnlich dem Feldahorn meist an Waldrändern, Hecken und im offenen ­Gelände bis auf eine Höhe von etwa 1000 m ü. M. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in der Bündner Herrschaft und im unteren Churer Rheintal mit ­weiterer Verbreitung im Vorder- und Mittelprättigau, im äusseren Domleschg sowie in der Mesol­ cina. Einzelvorkommen sind bekannt in der Surselva, im Schams und im Albulatal. Die Gesamtfläche der beschriebenen Bestände, in welchen Spitzahorne vorkommen, beträgt 405 Hektaren. In 28 Prozent dieser Bestände stocken Altbäume und Jungwuchs, auf 45 Prozent der Flächen kommt der Spitzahorn nur im Altbestand vor und auf 27 Prozent der Flächen wächst Spitzahorn-Jungwuchs ohne vorhandenen Altbestand auf. Der Spitzahorn gilt auch als beliebter Park- und Strassenbaum. So steht im Garten der Klinik Waldhaus in Chur ein Spitzahorn, der bei der Eröffnung der Klinik im Jahr 1892 gepflanzt wurde und mit einem Stammdurchmesser (BHD) von über 1,3 Metern schon als «der stattlichste Spitzahorn der Schweiz» bezeichnet wurde (Brunner, 2009). Dr. Marco Vanoni leitet den Bereich Schutzwald und Waldökologie an der Zentrale des Amts für Wald und Naturgefahren in Chur.

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch


Baumporträt Bergahorn Es gibt wohl nur wenige Nadel- und keine anderen heimischen Laubbaumarten, die mit zunehmender Höhenlage immer schöner und strotzender in Erscheinung treten. Der Bergahorn (Acer pseudoplatanus L.) macht geradezu den Eindruck, als würde es ihm bei Kälte besonders gut gehen. Diese Baumart lässt einen staunen und zeigt uns, dass man auch ohne viel Schminke schön sein kann. Prof. Dr. Andreas Roloff

Charakteristika und Erkennungsmerkmale Erst mit etwa 30 Jahren beginnt der Bergahorn zu blühen, dann aber fast jedes Jahr und reichlich. Die Blüten sind zwittrig, oft werden aber in der Krone bei einzelnen Blüten mal die männlichen und mal die weiblichen Anlagen der Einzelblüten unter­

Abb. 1: Ahornboden Karwendelgebirge.

drückt, sodass sie fast eingeschlechtig sein können. Sie werden von Insekten, z. B. Bienen und Fliegen, bestäubt, die den Nektar vom scheibenförmigen Blütenboden aufnehmen. Die Früchte des Bergahorns sind kleine Nüsschen. Sie haben einen langen Flügel, der die Fallgeschwin­

(alle Bilder: A. Roloff)

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Abb. 2: Oskar-Syndrom.

digkeit verringert, sodass sie beim Fallen ins Trudeln geraten (Drehschraubenflieger) und dabei vom Wind verfrachtet werden, bis etwa 125 Meter v­ om Mutterbaum. Auf vereistem Schnee im Gebirge können die Früchte bei stärkerem Wind sogar­ einen Kilometer weit rutschen. Die Flügelnüsschen sind am Baum immer zu zweit miteinander verbunden und bilden dabei einen spitzen bis rechten Winkel zueinander (sieht wie ein «Berg» aus). Dies ist ein Unterscheidungsmerkmal: Beim Spitzahorn ist der Winkel flacher. Die Fruchthülle ist leicht klebrig, man kann sie aufbiegen und sich die Flügelnüsschen auf die Nase kleben – ein A-Horn. Die gegenständigen Blätter sehen – wie es sich für einen Ahorn gehört – aus wie «am Stiel ausgestreckte Blätterhände». Aber sie unterscheiden sich deutlich vom Spitzahorn, denn sie sind zwar beim

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Bergahorn ebenfalls 5-fach gelappt, die Blattlappen sind jedoch nicht so zugespitzt, sondern stumpfer, die Blätter nicht glatt, sondern runzelig. Der Blattstiel enthält keinen Milchsaft, wie er beim Spitzahorn durch Ankneifen des Blattstiels austritt. Zudem hat der Bergahorn nicht eine so bunte Herbstfärbung wie der Spitzahorn – dafür kann sie in höheren Lagen zu einem Feuerwerk von Gelb­ tönen werden. Dieses Spektakel hat seinen Höhepunkt alljährlich in einem Hochtal im Naturschutzgebiet Karwendel (Abb. 1), und zwar dem «Grossen Ahornboden» kurz hinter der deutsch-österrei­ chischen Grenze bei Mittenwald. Dort stehen ­nämlich Hunderte uralter, grosskroniger Bergahorne auf den Wiesen eines langen Talgrunds, und dann färbt sich im Oktober diese ganze Ahorn­ gesellschaft gelb, die Herbstsonne scheint darauf


und dahinter wirkt mächtig die beidseitig gewaltige Bergkulisse. Das hat dieses Hochtal weltberühmt gemacht. In der Jugend können 1 bis 2 Meter lange Jahrestriebe zu schnellem Höhenwachstum führen, das dann bald wieder nachlässt. Mit 40 Meter erreicht der Baum seine maximale Höhe. Und für die Verjüngung sorgt er selbst, ohne dass der Förster etwas unternehmen muss. Als Oskar-Syndrom (Abb. 2) im Wald bezeichnet man sehr treffend die Situation, dass junge Ahorne im tiefen Schatten auf mehr Licht warten und dann im Wachstum stagnieren, wenn sie etwa 1 bis 2 Meter gross sind. Die Bezeichnung Oskar-Syndrom wird dafür verwendet, da es das Schicksal von O ­ skar in der «Blechtrommel» von Günter Grass ist, dass der Junge nicht mehr weiterwächst. Der Baum erreicht ein Höchstalter von 500 bis­ 600 Jahren, Stammdurchmesser von über einem Meter sind keine Seltenheit, im Freistand kann er zu wahren Riesen werden. Im Gebirge und im Norden gibt es noch wunderschöne alte Bergahorn-Alleen. Denn der Bergahorn ist eine der bestgeeigneten Alleebaumarten, wenn das Klima kühl und nicht zu trocken ist. Die Rinde ist ein weiteres Highlight dieser Baum­ art: Alte Bergahorne entwickeln eine schuppenförmige Borke, die ein fantastisches Formen- und Farbenspiel von gelb bis dunkelbraun und grün zeigt. Daher der Beiname «pseudo-platanus», soll heissen: sieht aus wie eine Platane, die ja auch wegen ihrer farbenfrohen Schuppenborke in der Stadt sehr beliebt ist. Die ältesten Schuppen sind dunkel, und wenn sie schliesslich abfallen, kommen ganz helle Bereiche zum Vorschein (Abb. 3). Ökologie und Vorkommen Über die natürliche Nordgrenze des Bergahorn­ Areals wird noch diskutiert. Ohne Probleme wächst er heute auch in Südskandinavien und bis nach Schottland. Aber von selbst hat er die Rückwanderung nach den Eiszeiten wohl nur bis nach Nord-

Abb. 3: Bunte Schuppenborke.

deutschland geschafft, dann hat der Mensch weiter nachgeholfen. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt jedoch in Mittel- und Südeuropa, dort vor allem im Bergland, in Mischbeständen mit Buchen, Tannen und Fichten. So kann er in den Zentralund Ostalpen bis in 2000 Meter Höhe steigen und damit höher als die meisten anderen Laubbäume. Seine Häufigkeit und Dominanz wird mit zunehmender Höhenlage immer deutlicher (Name Berg­ ahorn!), schliesslich kann er dort sogar vereinzelt Reinbestände bilden, da er oberhalb 800 Meter sehr konkurrenzstark wird. Besonders wohl fühlt er sich an Steilhängen, auf Geröllhalden und in feuchten Tälern. Etwas sehr Schönes sind dort die Ahorn/ Eschen-Schluchtwälder mit Silberblatt (Mond­viole), einer eindrucksvollen krautigen Pflanze. Diese Hochleistungswälder mit Spitzenwuchsleistungen erinnern an tropische Hochland-Regenwälder, wegen des sehr dichten Bewuchses der Bäume mit Moosen und Flechten (Abb. 4). Der Bergahorn benötigt eine gewisse Feuchtigkeit, die im (Mittel-)Gebirge immer gegeben ist. Als Strassen- und Stadtbaum zeigt er aber im Flachland auf trockenen Standorten oder bei zu eingeengtem Wurzelraum Probleme. Wie wird der Berg­

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entsprechend auch Ameisen (da sie die Blattläuse «melken»). Daher tropft im Sommer etwas Zuckersaft aus den Kronen. Vögel und Mäuse ritzen gelegentlich die Rinde an, um an den zuckerhaltigen Frühjahrssaft zu gelangen – ich habe schon beobachtet, wie Meisen kopfüber unter einer AhornAst­wunde hingen und sich den Saft in ihren Schnabel tropfen liessen … Die Samen werden von Eichhörnchen, Mäusen, Kernbeissern und anderen Tieren gefressen, sodass nach dem Winter nur noch ein kleiner Teil übrig ist (aber immer noch genug bei den grossen Fruchtmengen).

Abb. 4: Bewuchs mit Flechten und Moosen.

ahorn nach all dem Gesagten mit dem Klimawandel klarkommen? Er wird in den (Mittel-)Gebirgen durch eine längere Wachstumsperiode davon profitieren und höher steigen, in der Stadt aber durch mehr Trockenstress Probleme bekommen. Letzteres kann man allerdings durch ausreichenden Wurzelraum (nach unten und zur Seite) entschärfen. In der Jugend ist er sehr schattentolerant (fast wie die Buche, wächst also auch unter den Kronen anderer Bäume recht gut), im Alter benötigt er mehr Licht, aber nicht volle Sonne. Daher ist er der ideale Alleebaum in mittleren Höhenlagen und waldigen Gebieten. Seine Frosthärte erreicht −35 °C, nur in der Jugend ist er empfindlicher, vor allem gegenüber Spätfrösten im Mai. Der Bergahorn kann eigentlich fast überall pro­ blemlos wachsen. Der Boden sollte nur nicht zu trocken und zugleich nährstoffarm sein, ansonsten hat er diesbezüglich aber keine besonderen Ansprüche. Bergahorne sind Lebensraum für viele Vogelarten, Insekten, Pilze und Misteln. So gibt es z. B. Schmetterlinge mit den schönen Namen Ahorn-­Eule und Ahorn-Spinner. Blattläuse mögen den Baum besonders wegen seines hohen Zuckergehalts und dem-

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Nutzung und Verwendung In der Forstwirtschaft und Holzindustrie hat der Bergahorn einen sehr guten Ruf, er gehört zu den sog. Edellaubhölzern. Sein Holz war bereits in der Stein- und Bronzezeit sehr geschätzt, heute vor allem bei Instrumentenbauern. Es werden wichtige Teile von Musikinstrumenten daraus gefertigt, das sog. Klangholz z. B. von Streichinstrumenten, Lauten, Zithern und Gitarren, Panflöten und Fagotten. Höchstpreise erzielen Flammen-/Riegel- und Vogelaugenahorn, das sind Stämme mit welligem Holzfaserverlauf oder vogelaugenähnlichen Holzstrukturen, die dann im Furnier oder Edelholz besonders schön aussehen. Von den drei heimischen Ahornarten ist das Holz des Bergahorns das begehrteste, auch weil es am hellsten ist. Es ist hart und gut zu bearbeiten. Bergahornholz ist ein gesuchtes Möbel-, Ausstattungs-, Drechsler- und Schnitzholz und wird wegen seines hellen Farbtons für Küchengeräte und Tischplatten verwendet. Es ist gut geeignet für Werkzeugstiele, da es besser die Handwärme hält als z. B. Buchenholz. Wegen seines hohen Stärkegehalts im Spätherbst und Winter kann es gemahlen zu Viehfutter verarbeitet werden. Auch das Laub wird wegen des hohen Stickstoffgehalts z. T. noch bis heute als Viehfutter verwendet. Aus jungen Blättern kann man «Sonnentee» und


Abb. 5: Allee im Herbst.

S­ alatmischungen herstellen. Die Blätter fanden früher medizinische Verwendung vor allem als kühlende Auflage bei Geschwüren, geschwollenen Gliedern, Insektenstichen u. ä. Dazu quetscht man die Blätter etwas an und legt sie auf die erhitzten Stellen. Ähnlich wie beim nordamerikanischen Zucker-­ ahorn kann man auch beim Bergahorn im Frühjahr Saft zapfen, wenn er auch nicht ganz so ergiebig und zuckerreich wie sein nordamerikanischer Bruder ist. Bedeutung hat auch der starke Schattenwurf des Bergahorns unter Alleen, in Parkanlagen und in Gärten, wenn man ihn nutzen will. Und im Gebirge

ist er ein beliebter Hausbaum. Zeitweise zählte er dort früher sogar als Arbeitskraft mit, wegen seiner vielfältigen Nutzfunktionen. Im Gebirge ist er auch eine beliebte Alleebaumart (Abb. 5). Literatur A. Roloff, 2017. Der Charakter unserer Baumarten. Ulmer Verlag, Stuttgart Prof. Dr. Andreas Roloff ist Direktor Institut für Forst­ botanik und Forstzoologie sowie Forstbotanischer Garten der TU Dresden in Tharandt, Inhaber des Lehrstuhls für Forstbotanik.

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Forstlich interessantes Multitalent Spitzahorn (Acer platanoides L.) Der Spitzahorn ist in der Schweiz nirgends bestandesbildend, sondern kommt nur beigemischt vor. ­ Dennoch ist er in submontanen und untermontanen Lagen bis 1000 m ü. M. erstaunlich weit verbreitet. Der Spitzahorn weist besondere Eigenschaften auf, die ihm auch angesichts des aktuellen Klimawandels weiter Aufwind geben. Es lohnt sich deshalb, die wichtigsten Eigenschaften dieses forstlich interessanten Multitalents näher kennenzulernen. A. Rudow

Systematik Der Spitzahorn (Acer platanoides L.) gehört zur Gattung der Ahorne (Acer L.), die der Unterfamilie der Hippocastanoideae Burnett) in der Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae Juss.) zuge­teilt ist. Früher wurden die Ahornarten einer eigenen Familie (Aceraceae Juss.) zugeordnet, eben­so wie die nahe verwandten Rosskastanienarten ­(Hippocastanaceae A. Rich.). Genetische Untersuchungen der letzten Jahrzehnte zeigten aber eine sehr nahe Verwandtschaft dieser beiden Gruppen mit der artenreichen Familie der Seifenbaumgewächse. Die Gattung der Ahorne weist weltweit 110 Arten auf, allesamt Baumarten der gemässigten und subtropischen Zone der Nordhemisphäre. In Mittel­ europa kommen sechs dieser Ahornarten vor, vier davon sind in der Schweiz einheimisch. Davon ist der Spitzahorn sehr nahe mit dem Feldahorn (Acer campestre L.) und relativ nahe mit dem Bergahorn (Acer pseudoplatanus L.) und dem Schneeball­ blättrigen Ahorn (Acer opalus Mill.) verwandt, er hybridisiert allerdings mit keiner dieser Arten. Aufgrund seiner Robustheit und dekorativen Erscheinung wird der Spitzahorn häufig in der Siedlungsgestaltung verwendet, wobei oft Zuchtformen mit besonderer Rotfärbung der Blätter (z. B. «Faassen’s Black») oder besonders kugeliger Kronenform (z. B. «Globosum») zum Einsatz kommen.

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Arterkennung Die Blätter des Spitzahorns sind den meisten Fachleuten bestens bekannt. Die Blattstellung ist wie bei allen Ahornarten gegenständig, d.h. am Jahrestrieb stehen sich in jedem Knoten zwei Blätter gegenüber. Die Spitzahornblätter sind, wie für die meisten Ahornarten typisch, handförmig gelappt, d.h. die Blattnerven jedes Blattlappens entspringen aus einem Punkt an der Basis der Blattspreite (Abb. 1). Zudem sind sie lang gestielt, d.h. der Blattstiel ist gleich lang oder länger als die Blattspreite. Vom auf den ersten Blick ähnlichen Bergahorn unterscheidet

Abb. 1: Spitzahornblatt

(Bild: Rudow, ETHZ)


Abb. 2: Spitzahornborke.

(Bild: Rudow, ETHZ)

sich das Spitzahornblatt durch den einfach gezähnten Blattrand und die lang ausgezogenen Lappen und Zähne. Der Spitzahorn ähnelt damit dem Ahornblatt in der Kanadischen Flagge, das den kanadischen Zuckerahorn (Acer saccharum L.) darstellt. Ausserdem tritt beim Spitz- und Feldahorn bei Verletzung von jungen Zweigen und Blättern ein weisser Milchsaft aus, womit sich diese gut vom Bergahorn abgrenzen lassen. Um vereinzelt beigemischte Spitzahorne im Wald nicht zu übersehen, sollten Waldfachleute auch mit den speziellen Merkmalen von Habitus, Borke und Winterzweig des Spitzahorns vertraut sein. –– Der Spitzahorn ist starkwüchsig. In der Jugend ist das Höhenwachstum dem des Bergahorns ebenbürtig, sodass wir die beiden Arten bis zur Stangenholzstufe in Mischung antreffen können. Ab der Baumholzstufe nimmt das Höhenwachstum des Spitzahorns jedoch deutlich ab, sodass er hinter den Bergahorn zurückfällt. Die Oberhöhe des Spitzahorns liegt auf wüchsigen Standorten bei rund 30 Meter. In Ausnahmefällen kann die Wuchshöhe etwas darüber liegen und maximal 35 Meter betragen.

Abb. 3: Winterzweig des Spitzahorns. (Bild: Rudow, ETHZ)

–– Anhand seiner feinen Streifenborke lässt sich der Spitzahorn ab der Baumholzstufe gut von unseren anderen Ahornarten unterscheiden (Abb.2), sowohl von der ausgeprägten Plattenborke des Bergahorns und des Schneeballblättrigen Ahorns sowie auch von der Schuppenborke des Feld­ ahorns. Die Längsstreifung zeichnet sich schon in der Jugend noch vor der Borkenbildung ab, wo­ ran mit etwas Übung auch jüngere Exemplare vor der Borkenbildung zuverlässig erkannt werden können. Bei ausgebildeter Borke hilft der spezifische helle, orange schimmernde Farbton in den Furchen zwischen den Borkensteifen, um sich des Spitzahorns versichern zu können. –– Am Winterzweig zeigt der Spitzahorns die schon bei den Blättern erwähnte Gegenständigkeit: ­die in den Blattachseln gebildeten Überwinterungs­

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Abb. 4: Auffällige Spitzahornblüte noch vor dem Laubaustrieb.

knospen der nächstjährigen Jahrestriebe stehen sich in jedem Nodium ebenso zu zweien gegen­ über (Abb. 3). Die mittelgrossen Knospen sind bei guter Besonnung rot oder bei Beschattung zumindest rötlich überlaufen, wodurch sie sich deutlich von den anderen gegenständigen Baum­ arten unterscheiden. Sollte es bei ungenügend ausgebildetem Rotton der Knospen, z. B. in Na­ turverjüngungen unter Schirm Bestimmungspro­ bleme geben, so können auch die Blattnarben unter den Knospen einbezogen werden. Die ge­ genüberliegenden Blattnarben des Spitzahorns berühren sich beinahe, während das beim Ber­ gahorn mit Narbenabständen von deutlich über 1 Millimeter nicht der Fall ist.

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(Bild: Rudow, ETHZ)

Für das Auffinden sind zudem zwei phänologische Merkmale des Spitzahorns von Bedeutung. Mit diesen kann er im Frühling und Herbst auch aus Distanz erkannt werden, z. B. durch Beobachtung vom Gegenhang: erstens sind dies im April noch vor dem Laubaustrieb der meisten Baumarten die üppigen gelbgrünen Blütenrispen (Abb.  4) und zweitens sind dies im Oktober seine leuchtend gelb­orange verfärbten Blätter. Verbreitung Das Verbreitungsgebiet des Spitzahorns ist geprägt durch kühlgemässigtes, ozeanisches bis konti­ nentales Klima. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in Mittel- und Osteuropa. In West- und Nord­


europa breitet sich der Spitzahorn aktuell weiter aus. Dabei ist unklar, wie sehr dies durch Pflan­ zungen im Siedlungsraum verstärkt wird. In Südeu­ ropa beschränkt sich die Verbreitung auf mon­tane Lagen der Gebirge. Die Verbreitungsober­ grenze steigt von Meereshöhe in Südskandinavien bis auf 1400 m ü. M. in den Alpen, wobei der Schwerpunkt der Höhenverbreitung in der kollinen Stufe liegt. In der Schweiz ist der Spitzahorn zwar recht weit verbreitet, aber als beigemischte Nebenbe­ standesbaumart nirgends häufig. Aufgrund der umfassenden Erhebung des Projekts Förderung seltener Baumarten mit Försterbefragung auf der gesamten Schweizer Alpennordseite kennen wir die Gebiete der dichtesten Verbreitung aber recht genau und können Kernpopulationen entlang des Juras sowie in den Voralpen insbesondere in Ge­ bieten der Alpenrandseen und Föhntäler ausma­ chen (Abb. 5). Gemäss Landesforstinventar stellt der Spitzahorn bezogen auf Stammzahl und Holzvorrat nur rund ¼ Prozent des Schweizer Waldes. In der Wirt­ schaftsregion Alpen Südost (Kanton Graubünden) erreicht er sogar nur knapp ½ Promille, aber in der angrenzenden Wirtschaftsregion Alpen Nordost (Walenseeregion) gegen ½ Prozent der gesamten Stammzahl im Wald. Im Kanton Graubünden be­ steht in der Bündner Herrschaft und um Chur so­ wie im unteren Prättigau, im Domleschg und in den Bündner Südtälern ein beträchtliches Potenzial für den Spitzahorn. In Nordamerika wurde der Spitzahorn schon vor gut 200 Jahren insbesondere zur Verwendung im Siedlungsraum eingeführt und Mitte des 20. Jahr­ hunderts als Ersatz für die durch das Ulmensterben ausgefallene Amerikanische Ulme (Ulmus americana L.) auch im Wald häufig angepflanzt. Seither breitet sich der raschwüchsige und relativ schat­ tentolerante Spitzahorn dort stark aus und wurde von einigen Staaten der Ostküste als invasive Art eingestuft.

Abb. 5: Spitzahornverbreitung auf der Schweizer Alpennordseite mit hypothetischer Populationsbildung.

(Graphik: Rudow & Schwab, ETHZ)

Standort Der Spitzahorn weist ganz unterschiedliche und erstaunliche ökologisch relevante Fähigkeiten auf. So gilt er als etwas toleranter gegenüber Trocken­ heit und gegenüber Nässe als der Bergahorn. Auch gegenüber sporadischer Überflutung ist er weniger empfindlich, weshalb er auch in der Hartholzaue der Tieflagen regelmässig anzutreffen ist. Der ­Spitzahorn wächst auf unterschiedlichsten geolo­ gischen Substraten. Er bevorzugt frische, tiefgrün­ dige, skelett- und basenreiche Böden, wächst aber auch auf mässig sauren Böden. Der Schwerpunkt der Höhenverbreitung des Spitzahorns liegt in der Schweiz in der kollinen und submontanen Höhen­ stufe, insbesondere zwischen 400 und 800 m ü. M., weshalb der Spitzahorn als wärmebedürftige Baum­art gilt. Er ist aber ähnlich kältetolerant wie der Bergahorn und er kommt östlich bis in konti­ nental geprägte, winterkalte Gebiete am Ural vor und im Alpenraum kann er örtlich bis 1400 m ü. M. aufsteigen. Damit hat der Spitzahorn ein grosses ökologisches Potenzial. Angesichts seiner beträchtlichen Schat­

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tentoleranz und kaum ernsthafter Bedrohung durch Pathogene erstaunt, dass der Spitzahorn dieses Potenzial in Mitteleuropa aktuell nicht besser realisieren kann. In Vergesellschaftung mit konkurrenzstarken Hauptbaumarten spielt der Spitzahorn nur eine untergeordnete Rolle. Auf trockenen und feuchten Buchenstandorten kommt er nur vereinzelt vor, was sich im Ökogramm deutlich zeigt. Einzig in Kombination mit bewegtem Hangschutt in milden und eher luftfeuchten Lagen des Juras und im Gebiet der Alpenrandseen und Föhntäler ist der Spitzahorn auf Waldstandorten des Turinermeister-Lindenmischwaldes etwas häufiger anzutreffen. Verwendung Nebst der Verwendung als robuster Strassenbaum und dekoratives Element im Landschafts- und Siedlungsraum ist der Spitzahorn auch ökologisch und forstlich interessant. Ökologisch sticht die frühe intensive Blüte des Spitzahorns hervor, die aufgrund reichlicher Nektarproduktion eine wichtige Frühtracht für zahlreiche Wildbienen- und weitere Insektenarten darstellt. Das macht den Spitzahorn auch für die Imkerei interessant. Zudem wurde früher aus dem Blutungssaft der Rinde Zucker ­ ­gewonnen. Allerdings ist die Ausbeute bei einem Zuckergehalt von 3,5 Prozent eher gering und macht verglichen mit dem kanadischen Zucker­ ahorn (Acer saccharum L.) nur rund die Hälfte aus. Forstlich kann der Spitzahorn aufgrund seines wertvollen Holzes, seines raschen Wachstums und der relativ hohen Schattentoleranz durchaus zur Holzproduktion eingesetzt werden. Gute Stammqualitäten liefern ein gesuchtes Holz für Möbel, Treppen und Parkette. Das Holz des Spitzahorns­ ist etwas härter, schwerer und grobfasriger als ­dasjenige des Bergahorns. Mit seinen sehr feinen Poren quillt es bei Wasserkontakt kaum und nimmt auch Fremdgerüche kaum auf. Deshalb wurde es früher gerne für Küchengeräte, Wallhölzer oder Schneidbretter verwendet. Gelegentlich wird es auch gedämpft und gebeizt als Ersatz für kostbars-

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tes Birnbaum- und Elsbeerholz oder wegen seiner hohen Zug- und Druckfestigkeit im Bogenbau eingesetzt. Dokumentierte Erfahrungen zur waldbaulichen Behandlung gibt es wenig. Raschwüchsigkeit und begrenzte Lebensdauer legen Systeme mit kurzer Umtriebszeit nahe, wie wir sie z. B. für den Kirschbaum kennen, mit welchem sich auch Mischungen anbieten würden. Aufgrund der relativ hohen Schattentoleranz und der Fähigkeit, im Lichtschacht aufzuwachsen und relativ gute Stammqualitäten zu erzeugen, könnte sich der Spitzahorn auch für den Dauerwaldbetrieb mit Laubholzarten eignen. Dabei verfügt er aufgrund seiner rasch abbaubaren Laubstreu über bodenverbessernde Eigenschaften. Darüber hinaus kann der Spitzahorn aufgrund seiner Kombination von Herzwurzel und dichten oberflächlich streichenden und verwachsenden Wurzeln und aufgrund seiner guten Stockausschlagfähigkeit zur Bodenstabilisierung und im Steinschlag-Schutzwald eingesetzt werden. Fazit Der Spitzahorn ist mit seinen ebenso erstaunlichen wie vielfältigen Eigenschaften durchaus ein forstlich interessantes Multitalent mit beträchtlichem Potenzial. Dies gerade auch im Hinblick auf den prognostizierten Klimawandel. Da die Erfahrungen im Umgang mit dieser Baumart aber eher gering sind, ist heute die weitere Erkundung und Erkenntnisgewinnung vordringlich. Es gilt geeignete standörtliche Bedingungen und waldbauliche Behandlungsmethoden systematisch auszuloten und zu erproben. Andreas Rudow ist Dipl. Forsting. ETH und arbeitet als Dendrologe und Dozent an der Professur für Waldökolo­ gie, Departement Umweltsystemwissenschaften, ­ ETH Zürich.

Literaturverzeichnis und weiterführende Informationen auf www.buendnerwald.ch


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Der Bergahorn in Volksglauben ­ und Geschichte Unsere Vorfahren sahen in den Bäumen mehr als ein paar Festmeter Holz, sie ordneten ihnen Eigenschaften zu und kannten die Heilkräfte. Der Bergahorn galt ihnen als «heiterer Baum». Seine Blätter wurden von der Antike bis ins Mittelalter als Heilmittel eingesetzt und sollten sogar böse Geister vertreiben. Der berühmteste Ahorn ist der Schwurbaum bei Trun, unter dem im Jahr 1424 mehrere schweizerische Dorfschaften gelobten, dem «Grauen Bund» die Treue zu halten. Dr. Alexandra Wauer

Mythologie und Volksglauben «Es wird dieser Baum in Ehren gehalten wegen seines lustigen Schattens» schrieb Jakobus Theodorus Tabernaemontanus in seinem 1588 erschienenen «Neuw Kreutterbuch». Unsere Vorfahren sahen in den Bäumen nicht nur ein paar Festmeter Holz, sondern kannten ihre Heilwirkungen und dichteten ihnen menschlich anmutende Eigenschaften an. Den Bergahorn empfanden sie als «mild und lustig», nicht ernsthaft genug, um ihm weise Sprüche zuzuweisen. Zusammen mit Lärche, Birke und Eberesche wurde er zu den heiteren Bäumen unserer Breiten

gerechnet. Der Ahorn stand für Ruhe, Gelassenheit und Harmonie, konnte depressive Menschen trösten, vertrieb Hexen und böse Geister, sollte Hoffnungen und Träume erfüllen. Türschwellen aus Ahornholz boten Schutz vor Hexen und Zauberern, sie trauten sich nicht über eine ahornene Türschwelle. Es genügte bereits, wenn nur die Verankerungszapfen der Schwelle aus Ahornholz bestanden. Ängstliche Naturen, die ganz sicher gehen wollten, stellten zusätzlich Ahornzweige mit ihren entfernt an gespreizte, abwehrende Hände erinnernden Blättern in die Fenster. Die Kelten sahen

Abb. 1: Verbreitungskarte des Bergahorns; die grüne Fläche zeigt die natürliche Verbreitung, grüne Kreuze weisen a ­ uf isolierte Populationen hin, die orangen Dreiecke stellen eingeführte und verwilderte (synanthropische) Vorkom-

Abb. 2: Alter solitär stehender Bergahorn bei Chaltenbrun-

men dar.

nen (Schweiz; Berner Oberland).

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(Bild: Wikipedia)

(Bild: Wikipedia)


den Ahorn als Zeichen der Ganzheit, das weisse Holz symbolisierte eine besondere innere Reinheit. Im antiken Griechenland dagegen war der Ahorn Ares, dem Gott des Kriegs, geweiht. Das Trojani­ sche Pferd soll aus Ahornholz gefertigt worden sein, allerdings erwähnt ­Homer nur, dass das Pferd aus Balken gefügt war (αλλ‘ άγε δή μετάβηθι και ίππου κόσμου άεισου δουρατέου; Odyssee, achter Ge­ sang). Der Bergahorn wurde in seinen ursprüng­ lichen Verbreitungsgebieten – Alpen, Pyrenäen, Karpaten und Mittelgebirgen (Abb.1) – oft als be­ schützender Hausbaum in der Nähe der Gehöfte gepflanzt (Abb. 2). Namen und Nutzung Der botanische Gattungsname acer ist lateinisch und heisst übersetzt spitz, scharf. Das Wort stammt von der indogermanischen Wurzel «ak» = spitz und kam über griechisch ακρός ins Lateinische (acer, acris). Die Griechen nannten den Baum άκαστος σϕένδαμνος (ákastos sphéndamnos), im Gallo­ romanischen hiess er ákarnos, im Althochdeut­ schen bereits A(b)horn. Das Wort bezieht sich auf die spitz gelappten Blätter und stand ursprünglich nur für den Spitzahorn (Acer platanoides). Das ­Artepitheton pseudoplatanus bestimmte Carl von Linné (Erstveröffentlichung des Namens Acer pseudoplatanus 1753 in Species plantarum, 2, S. 1054) entsprechend der früheren Benennung Acer majus multis falso Platanus (syn. Acer montanum canddidum) von griechisch ψευδος (Lüge, Täuschung), also den Blättern der Platane täuschend ähnlich. Der römische Naturforscher Plinius nannte den Baum Platanus Gallica. Der Bergahorn trug und trägt auch heute noch vie­ le regional begrenzte Bezeichnungen. Die folgen­ de Aufzählung enthält nur einige Beispiele aus der reichhaltigen Namenspalette dieses besonderen Baums. Im Mittelhochdeutschen finden sich Na­ men wie Achorn, Ahoren, Arle, Arnholz, Flader, im Mittelniederdeutschen etwa Ohre, Plederenbóm, Pladerbóm. In St. Gallen war er als Ohorn bekannt,

in Teilen Österreichs als Acher oder Breitlöbere, im Elsass als Milchbaum oder Leimáhre, im Erzgebirge als Steinahre oder Ure. Von allen Hölzern gilt das des Bergahorns als das Weisseste. Weissbaum nannte man ihn deshalb auch. Schon vor ca. 8000 Jahren nutzten jungstein­ zeitliche Ackerbauern dieses helle Holz zur Herstel­ lung von Gefässen. Es wurde und wird gerne zu schönen Schreiner- und Drechslerarbeiten sowie zum Musikinstrumentenbau (Zither, Geige, Laute, Flöte) verwendet. Die alten Meister des Intarsien­ handwerks gebrauchten es vor allem zur Darstel­ lung von Menschen und Blumen. Bis heute ist es die erste Wahl für hölzerne Küchengerätschaften. Hauptgrund dafür ist die Feinporigkeit des Ahorn­ holzes, die die Herstellung glatter und damit gut sauber zu haltender Oberflächen erlaubt. Ebenso wie die anderen Ahornarten ist der Berg­ ahorn sehr saftreich. Von den in Mitteleuropa vor­ kommenden Ahornarten kann er Verletzungen am wenigsten selbst wieder schliessen und deshalb «verbluten». Der Bergahorn wurde früher ebenso wie der amerikanische Zuckerahorn (Acer saccharum) zur Zuckerherstellung verwendet. Dabei muss­ te sehr sorgsam vorgegangen werden, um ein Ver­ bluten des Baums zu verhindern. Nur zu ganz bestimmten Zeiten war dies möglich. Besonders zwischen dem Johannistag und November hielt man das Anzapfen der Bäume für schädigend. Ähn­ lich wie bei der Birke wurde der Stamm des Berg­ ahorns im Frühjahr angebohrt, um den Saft auf­ zufangen. Etwa zwei Wochen lang tropfte täglich bis zu einem Liter Flüssigkeit aus dem Stamm. Aus diesem Saft stellte man Sirup, Zucker und Essig her. Sogar ein most- oder weinähnliches Getränk wurde daraus gebraut. 100 Liter Baumsaft waren nötig, um etwa ein Kilogramm Zucker zu gewinnen. Wirt­ schaftliche Bedeutung erhielt der Ahornsirup vor allem in Not- und Kriegszeiten, beispielsweise zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Damals verhinderte die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre den Transport von Rohzucker aus den britischen Kolo­

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Abb. 3: Gründung des Grauen Bundes; in der Mitte Abt

Abb. 4: Darstellung des Bergahorns in «Der Wald» von

Peter von Pontaningen, links Freiherr Hans Brun von

E. A. Rossmässler (1881).

­Rhäzüns, rechts Graf Hans von Sax-Minox. (Bild: Wikipedia)

nien auf das europäische Festland. Zum letzten Mal wurde Ahornzucker in grösserem Umfang während des Ersten Weltkriegs produziert. Im Frühjahr nutzen die Honigbienen die Blüten als ergiebige Nektarquelle. Der daraus gewonnene Honig, meist mit Löwenzahnhonig vermischt, besitzt eine sehr gute Qualität. Das Laub wurde als Viehfutter verwendet, aus jungen Blättern kann man Tee bereiten («Sonnentee») oder sie Salaten beimischen (Roloff 2008).

Sie schreibt in ihrem Buch über die Natur (Physica, Liber III, de arboribus): de Ahorn. Der Ahorn ist kalt und trocken. Er versinnbildlicht etwas Auf­ geschrecktes, quaeque exterrita. Gegen tägliches Fieber hilft ein Bad im Wasser, in dem die Zweige des Baumes mit den Blättern gekocht sind, wenn man nach dem Bad jeweils den aus der Rinde aus­ gepressten Saft in Wein trinkt. Das Auflegen von am Feuer erwärmtem Ahornholz auf die erkrank­ ten Stellen vertreibt die Gicht. Das Werk wurde zwischen 1151 und 1158 verfasst, ist aber nicht erhalten, der Text ist aus zahlreichen Abschriften bekannt. Überall dort, wo am Körper krankhafte Hitze entstanden war, sollte der Ahorn als kühlende Auflage die Hitze lindern. Er wurde empfohlen bei hitzigen Geschwüren, geschwollenen Augen, Gerstenkorn, Fieber, Entzündungen und geschwollenen Gliedern. Eine Auflage aus Ahornblättern war leicht hergestellt. Die frischen Blätter wurden ausge-

Medizinische Verwendung Die heilenden Kräfte des Ahorns sind heute nur noch wenigen bekannt. Aber er steht auf der Liste der wichtigsten Heilpflanzen, die ägyptische Priester circa 1600 v. Chr. verfassten. Auf dieser Papyrusrolle wird nur noch der Wacholder als einziger Baum genannt. Die nächste Aufzeichnung über­ die heilkundliche Nutzung des Ahorns stammt von Hildegard v. Bingen aus dem 12. Jahrhundert.

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(Quelle: «Der Wald», siehe Literaturverzeichnis)


quetscht und aufgelegt oder man kochte sie zuvor in Wein etwas weich. Als erste Hilfe kann man Ahornblätter auf Insektenstiche, müde und geschwollene Füsse sowie geschwollene Augen auflegen (Roloff 2008; Fischer-Rizzi 1993). Der berühmteste Bergahorn Der bekannteste Ahorn ist der «Schwurbaum» bei Trun in der Ostschweiz. Unter seiner Krone tagte die Landsgemeinde; etwa ein Dutzend schweizerischer Dorfschaften gelobten am 16. März 1424 dem bereits 1395 gegründeten Grauen Bund die Treue zu halten. 1367 wurde der Gotteshausbund, 1436 der Zehngerichtebund gegründet, sie fanden sich 1450 zum Freistaat der Drei Bünde zusammen. Die Gemeinden der alpinen Rheintäler einigten sich mit ihren Feudalherren und Klostervorstehern auf ein Ende ihrer internen Dauerfehden (Abb. 3), «auf dass sie einig seien gegen die Grossmacht der Habsburger», die gerne die transalpinen Handelswege kontrolliert hätten. Alle zehn Jahre, so lautete der Beschluss, sollte dieser Pakt unter dem Truner Ahorn erneut beschworen werden. Die Grau-Bündener hielten an diesem Beschluss fest und trafen sich über die Jahrhunderte hinweg regelmässig unter ihrem Freiheitsbaum, bis am Ende des 18. Jahrhunderts das freie Graubünden der Schweiz als Kanton einverleibt wurde. Das Wappen des heutigen Kantons Graubünden setzt sich aus den Wappen der drei Bünde zusammen. Auch E. A. Rossmässler war dieser Ahorn bekannt. In seinem Werk «Der Wald» (erschienen 1881) schrieb er: «Im Melchthale am Juchlipass steht ein Baum von 28 ½ Fuss Umfang und bei Truns steht nach Tschudi noch der alte Ahorn, unter welchem 1424 der graue Bund beschworen wurde, was ein Alter von etwa 500 Jahren vermuthen lässt.» (Abb. 4) Bis 1870 lebte der alte Baum, dann warf ihn ein Sturm). In einer Trauerprozession trugen die Einwohner den geborstenen Stamm des Veteranen in den Gerichtssaal zu Chur. Teile des Stamms sind heute im Museum Sursilvan zu Trun zu sehen

Abb. 5: Strunk des alten Schwurbaums im Museum Sursilvan.

(Bild: Wikipedia)

(Abb. 5). «So alt wie die Eiche wird somit auch der Ahorn. Nur dort, wo der Mensch seine Geschichte mit einem Baum verbindet, siegt das Gefühl über Nutzen und baumtötenden Zweck» (Vescoli 2000). Seit etwa 130 Jahren wächst am ursprünglichen Platz ein neuer, aus einem Steckling des Schwurbaums nachgezogener Ahorn, der die Erinnerung an die lange Eigenständigkeit dieses Volks wachhält. Das Wappen der Gemeinde Trun zeigt einen stilisierten Bergahorn. Weitere berühmte Bergahornvorkommen sind der Grosse und der Kleine Ahornboden «in der Eng» bei Hinterriss im Karwendelgebirge. Über 2000 bis zu 600 Jahre alte Ahorne gaben diesen von den hochaufragenden Felswänden umgrenzten Talböden pleistozänen Ursprungs den Namen. Dr. Alexandra Wauer ist Landesinventurleiterin für die Waldzustandserhebung und Forstoberrätin in Bayern.

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

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Geriegelter Bergahorn – ein besonders wertvolles Holz Riegelholz ist durch seinen wellenförmigen Verlauf der Holzfasern sehr dekorativ und gilt als besonders wertvoll, da es in der Natur nur sehr selten vorkommt. In einem Forschungsprojekt rund um den Riegel­ahorn wurden ausgewählte Klone über Gewebekultur vermehrt und Versuchsflächen angelegt, die später eine Zulassung für den Vertrieb als geprüftes Vermehrungsgut erlauben sollen. Dr. Cornelia Bäucker, Dr. Heike Liesebach

Was ist Riegelholz? Eine Riegelung im Holz entsteht durch wellenför­ migen Verlauf der Holzfasern. Im angeschnittenen Holz wird dadurch ein besonderer optischer Effekt erzeugt, der den Eindruck von hellen und dunklen Streifen erweckt (Abb. 1). Derartiges Holz ist äus­ serst dekorativ und da es sehr selten vorkommt, gilt es als besonders wertvoll. Die geriegelte Holz­ struktur ist in den meisten Fällen erst nach dem Holzeinschlag zu erkennen, wobei sie nicht immer über den gesamten Stamm verläuft. Deutlich zu unterscheiden ist sie vom sog. Wimmerwuchs, bei dem die Schwingungsebene der Holzfasern so ver­

Abb. 1: Teil eines längs aufgeschnittenen (Tangentialschnitt) und geschliffenen Riegelahornstamms.

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(Bild: G. Naujoks)

läuft, dass von aussen am Baum eine waschbrett­ artige Struktur gut sichtbar ist. Das Phänomen der Riegelung kommt bei verschie­ denen Laubholzarten vor wie z. B. Nussbaum oder Esche, ist aber bei Bergahorn (Acer pseudoplatanus L.) wahrscheinlich am bekanntesten. Verwen­ dung findet der Riegelahorn traditionell im Musik­ instrumentenbau, wo das helle, gestreifte Holz für die Fertigung von Böden und Zargen vieler Streichinstrumente, aber auch zum Bau von Sai­ teninstrumenten genutzt wird. Daher stammt auch der im Englischen verbreitete Name «fiddleback maple». Heutzutage konkurriert die Musikinstru­ mentenbranche mit der Furnierindustrie um gerie­ gelte Exemplare des Bergahorns, da eine grosse Nachfrage nach Riegelahornfurnier besteht. Daneben ist der exklusive Möbelbau ebenfalls an Riegelahornholz interessiert, da hochpreisige Lieb­ haberstücke aus Riegelahorn kontinuierlich Absatz finden. Die Ursache für den wellenförmigen Holzfaserver­ lauf, der zur Riegelung führt, ist immer noch unbe­ kannt. Verschiedene Hypothesen wurden in der Literatur diskutiert, wobei ein genetischer Zusam­ menhang zu vermuten steht. Der Anteil geriegelter Exemplare in natürlichen Bergahornpopulationen ist unterschiedlich und liegt zwischen 1 bis 5 Pro­ zent. Aufgrund der Seltenheit gibt es in der Forst­ wirtschaft und in der forstlichen Forschung schon ­länger Bestrebungen, Riegelahorn vermehrt zu g ­ e-


Abb. 2: Riegelahorn-Klonvermehrung unter In-vitro-Bedingungen.

winnen. Grundsätzlich bestehen dazu zwei Möglichkeiten: 1. die Vermehrung über Saatgut, wobei dieser Weg nur Erfolgschancen hat, wenn das Merkmal eine genetische Basis hat und vererbt wird; 2. die vegetative Vermehrung über Veredelungen bzw. wurzelecht über Gewebekultur oder Stecklinge. Forschung im Projektverbund Einige Vorarbeiten, wie z. B. etablierte Gewebekulturen von einzelnen Klonen, waren an verschiedenen Forschungs- und Versuchseinrichtungen bereits vorhanden, als ein gemeinsames Vorhaben geplant wurde. Es war das Ziel, die Möglichkeiten biotechnologischer Methoden für die Vermehrung von wertvollem Riegelahornmaterial sowie die kommerzielle Produktion geriegelten Bergahornklonen zu erproben wie auch erste Schritte zur ­Erforschung der Entstehung der Riegelung zu unternehmen. Da die Baumart Bergahorn dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) unterliegt, ist eine kommerzielle Vermehrung von Riegelahornklonen für den Anbau in der Praxis erst nach ihrer Prüfung auf Versuchsflächen und einer Z ­ ulassung als geprüftes Vermehrungsgut möglich.

(Bilder: C. Bäucker)

Ein Verbundprojekt mit insgesamt fünf Partnern aus Deutschland wurde dann von der Landwirtschaftlichen Rentenbank im Rahmen der Forschung für Innovationen in der Agrarwirtschaft von 2016 bis 2019 gefördert. Neben dem Thünen-Institut für Forstgenetik (Heike Liesebach, Cornelia Bäucker) und dem Thünen-Institut für Holzforschung (Volker Haag) waren das Forschungsinstitut RLP AgroScience GmbH als Koordinator (Michael Wallbraun, Annette Fuchs), die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt NW-FVA (Andreas Meier-Dinkel, Mona Quambusch) sowie als Praxispartner das Institut für Pflanzenkultur e. K. (Imke Hutter, Philipp Rödel) und die Reinhold Hummel GmbH + Co. KG (Sonja Merkle) beteiligt. Für die Suche nach wertvollem Riegelahornmaterial wurden Losverzeichnisse von Holzsubmissionen recherchiert und bei Ausrichtern von Submissionen direkt nach Riegelahorn gefragt. Falls gerie­gelter Bergahorn zur Versteigerung im Angebot war, wurde versucht, seinen ursprünglichen Standort im Wald zu ermitteln. Gelang dies, wurde überprüft, ob die verbliebene Krone eindeutig zu­zuordnen ist. Konnten Stubben und Kronenrest zweifelsfrei ermittelt werden, wurden Kronenreiser geschnitten und per Post zugeschickt. Wenn möglich erfolgte

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Abb. 3: Riegelahorn-Klonprüfung als Erstaufforstungsfläche mit vorhergehender Grünlandnutzung.

auch ein Einzäunen der Riegel­ahorn­stubben, damit Stockausschläge vor Wildverbiss geschützt sind. Stockausschläge sind physiologisch teilweise ver­ jüngt, sodass deren Knospen als Startmaterial für die Gewebekultivierung besser geeignet sind als Knospen aus der Baumkrone. Die Nährmedien­ zusammensetzungen und Kulturbedingungen in der Gewebekultur (Abb. 2) wurden im Projektver­ lauf gemeinsam mit den Partnern optimiert und umfangreiches Klonmaterial wurde zwischen den Partnern ausgetauscht.

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(Bild: C. Bäucker)

Nach der Vermehrung und Bewurzelung in der ­Gewebekultur wurden die Pflänzchen pikiert und unter Sprühnebel im Gewächshaus weiterkulti­ viert. Nach der Akklimatisierung in der Baumschule des Instituts konnten sie im Frühjahr 2018 und 2019 auf Versuchsflächen (Abb. 3) gepflanzt wer­ den. Insgesamt vier Versuchsflächen zur Klonprü­ fung wurden nach einem einheitlichen Design vom Thünen-Institut und der NW-FVA angelegt, um später geeignete Klone als geprüftes Vermeh­ rungsgut nach dem Forstvermehrungsgutgesetz


Abb. 4: Ausschnitt eines genetischen Fingerprints für das Marker-Set 2. Die Tetraploidie von Bergahorn zeigt sich deutlich durch das Auftreten von bis zu vier eigenständigen Peaks pro Locus.

(FoVG in Deutschland) zum Vertrieb zulassen zu können. Alle Flächen besitzen ein randomisiertes Blockdesign mit 6 Wiederholungen (Blöcken), wobei jede Parzelle 4 Pflanzen (2 x 2) im Pflanzverband 2 x 2,5 Meter enthält. Zur sicheren Identifizierung aller Klone wurde für die Baumart Bergahorn eine Methode zum genetischen Fingerprint etabliert. Besonders geeignet für diesen Zweck sind sog. Mikrosatellitenmarker, die auch schon für zahlreiche andere Baumarten verwendet werden. Es wurden aus der Literatur bekannte Mikrosatellitenmarker verwendet, die zum Teil speziell für den tetraploiden Bergahorn, aber auch für andere diploide Ahornarten entwickelt wurden. Zur Genotypisierung wurden insgesamt 12 Mikrosatellitenmarker eingesetzt, die kombiniert eine sehr zuverlässige Methode zur Klonidentifizierung ergeben (Abb. 4). Das Verfahren ist vergleichbar mit den in Vaterschaftsgutachten oder in der Gerichtsmedizin verwendeten Methoden. Ausblick Bereits während der Projektlaufzeit erhielten die am Projekt beteiligten Institute Anfragen zum Kauf von Riegelahorn von interessierten Waldbesitzern. Da es derzeit aber noch keinen Verkauf gibt, konnten nur einige Riegelahorn-Jungpflanzen, die für die Versuchsflächenanlagen nicht benötigt wurden, zum Testanbau übergeben werden. Im Rahmen des Riegelahorn-Verbundprojekts wurden jedoch alle Voraussetzungen für eine Prüfung und zukünftige Zulassung von Riegelahornklonen nach

FoVG sowie den anschliessenden kommerziellen Vertrieb geschaffen. Da erste, sichere Anzeichen einer Riegelstruktur bei Bergahorn frühestens ab einem Baumalter von 12 Jahren auftreten, ist mit einem Zeithorizont von mindestens 15 Jahren zu rechnen, bis Riegelahornklone eine Zulassung nach FoVG als geprüftes Vermehrungsgut erhalten können. Erst danach könnten Pflanzen von Riegel­ ahornklonen kommerziell produziert werden. Hierbei ist eine sichere Identifizierbarkeit der Klone mit einem genetischen Fingerprint gewährleistet. In einem Nachfolgeprojekt sollen weitere Schritte bei der Überführung des Materials in die Praxis geklärt werden. Zudem ist eine Fortsetzung der Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Entstehung und Vererbung der Riegelung geplant. Unser Dank geht an die Landwirtschaftliche Rentenbank Deutschland für die Projektförderung, an alle Kooperationspartner, an unsere Kollegen und Kolleginnen im Labor und Gewächshaus sowie an zahlreiche Verantwortliche in Baumschulen, im Forstbereich und an beteiligte Waldbesitzer. Dr. Cornelia Bäucker ist Wissenschaftliche Angestellte im Thünen Institut für Forstgenetik, Waldsieversdorf (Deutschland). Dr. Heike Liesebach ist Projektleiterin im Thünen Institut für Forstgenetik, Waldsieversdorf (Deutschland)

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

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Bergahornförderung auf dem ­Grüscher Älpli Ein heisser Sommertag 2020 hoch im Prättigau bei Schuders. Die Jagd nach den geheimnisvollen ­Bergahornen kann beginnen. Meine zehnjährige Tochter ist schon ganz aufgeregt und hält ­ ihren ­Fotoapparat fest umklammert. Seit Wochen schon erzähle ich ihr am Esstisch von diesen ­ alpinen Bergriesen und ihrer unglaublichen Bedeutung für Natur und Gesellschaft. Nun soll es zum Grüscher Älpli gehen, wo Forscher jeden einzelnen Bergahorn erfasst haben und zusätzliche Jungbäume gepflanzt wurden. Dr. Regula Waldner

Die heimliche Bergahorn-Moos-Allianz Es begann alles vor zwanzig Jahren mit der für den Kanton Graubünden erstmaligen Beschreibung ­eines winzigen Mooses, das nur in den Nordalpen und fast ausschliesslich auf Bergahornen wächst. Sein klingender Name «Rudolphs Trompetenmoos» (Tayloria rudolphiana) bezieht sich wohl auf

Abb. 1: Blick in die Krone eines alten Bergahorns bei Schuders: Seine Qualität als Biotopbaum und Artenhotspot (538 bislang nachgewiesene Arten) lässt sich erahnen.

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(Bild: R. Waldner)

die trompetenförmige Kapsel, aus der das Moos zwecks «Nachwuchsförderung» seine Sporen entlässt. Die seltenen Vorkommen dieser Art in der Schweiz machen einen bedeutenden Teil der Weltpopulation aus. Dementsprechend ist sie landesweit durch die Natur- und Heimatschutzverordnung und europaweit durch die Berner Konvention geschützt. Die «Bündner Entdeckung» des Trompetenmooses im Jahr 2001 war das Nebenprodukt einer Moorkartierung im Gebiet des Grüscher ­Älplis. Damals wurden Polster von Tayloria rudolphiana auf vier Bergahornen sowie Funde des vom Aussterben bedrohten «Geheebs Kurzbüchsenmoos» (Brachythecium gehebii) vermeldet. Dies war derart sensationell, dass weitere Kontrollgänge zu den Beständen durchgeführt und entlang des Weges ab Schuders zusätzliche Bergahorne als heimliche Trompetenmoos-Träger identifiziert wurden. 2015 wollten es die Moosexperten noch genauer wissen: Sie führten eine umfassende Erhebung im gesamten Weideperimeter der Alp durch. So weiss man heute, dass mindestens jeder vierte der 170 kartierten Bergahorne das Trompetenmoos auf seinen ausladenden Ästen beherbergt und an etwa einem Dutzend Stammfüssen das Kurzbüchsenmoos vorkommt (Abb. 1 und 2).


Abb. 2: Kartierte Bergahorne auf dem Grüscher Älpli mit und ohne Trompetenmoos.

Mit Bergahornförderung gegen den vielfachen Artentod Die Erhebung zeigte auch beispielhaft auf, wie dra­ matisch schnell fehlende Vorsorge ein Artensterben auslösen könnte. Die enge Bindung des Trompeten­ mooses an einen jeweils älteren Bergahorn wird ihm zum Verhängnis, falls es nicht rechtzeitig «auf dem Sprung ist». Das heisst, die Population muss vor dem Absterben ihres Trägerbaums auf andere Berg­ ahorne im richtigen Alter und in überwindbarer Dis­ tanz (maximal 50 Meter!) ausweichen können. Ohne gezielte Förderung von Bergahornen ist dies in eng verzahnten Wald-Weide-Gebieten mit den oftmals dominierenden Fichten kaum möglich. Im Waldentwicklungsplan WEP 2018+ werden daher Teile des halb offenen Grüscher Älplis als lichter Wald geführt, wo die Natur und insbesondere der Bergahorn mit seinem Trompetenmoos Vorrang hat. Auch die Grüscher Alpgenossenschaft – sagt ihr Alpmeister und Bauernpräsident Thomas Roffler mit einem gewissen Stolz – hätte Verantwortung­ für den moosigen Winzling und seine beeindru­

(Bild: N. Müller 2016)

ckenden Gastgeber übernommen, indem sie auf dem Alpgebiet 30 junge Bergahorne pflanzte (Abb. 3). Der Schutz der Bäume vor Verbiss- und

Abb. 3: Zwei der dreissig gepflanzten Jungbäume auf dem Grüscher Älpli: Sie sollen das Überleben des Rudolphis Trompetenmoos nachhaltig sichern.

(Bild: R. Waldner)

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Abb. 4: Mächtige Baumindividuen auf dem Grüscher Älpli

Abb. 5: Ein alter, bereits hohler Bergahorn zwischen Schu-

schaffen eine einmalige Kulturlandschaft.

ders und Grüscher Älpli – nicht nur seine waldöko­logische

Bedeutung wirkt anziehend.

(Bild: R. Waldner)

Lägerschäden, das Freistellen der lichtbedürftigen Altbäume sowie die rechtzeitige Verjüngung inklusive Schutz der Jungbäume vor Schneelasten stellen für die Bergahornförderung generell eine grosse Herausforderung dar. Die nachhaltige Umsetzung der Massnahmen bedingt ein Zusammenspiel von Forstwirtschaft, Naturschutz und Alpung. In tieferen Lagen spielen namentlich auch das Instrument der Zonenplanung und die Bewirtschaftungsbeiträge auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche eine Rolle. Diese Koordination im Dienst des Bergahorns

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(Bild: R. Waldner)

möchte das kantonale Amt für Natur und Umwelt, ANU, verstärkt anpacken (siehe Kasten). Prättigauer Bergahorne lassen nicht kalt Auf dem Weg Richtung Grüscher Älpli wächst derweil die Spannung. Markus Hitz, ehemaliger Arzt und nun passionierter Wirt der «alten Post» in Schuders, hat beim Mittagessen begeistert von mächtigen Bergahornen berichtet, an denen er auf seinen häufigen Biketouren alpwärts vorbeistrampelt (Abb. 4). Und tatsächlich: Etwa auf halber


Strecke entdeckt meine kleine Fotojägerin den ersten alten Bergahorn und verschwindet verschmitzt in dessen hohlen Stamm (Abb. 5). Von nun an hat sie nur noch Augen für die Bergahorne, von denen ein jeder auf sehr eigenwillige Art himmelwärts wächst. Am Ende unserer zweitägigen Tour wird sie verstanden haben, dass Bergahorne Hotspotbäume mit einer enormen Sogwirkung auf Hunderte von Tier- und Pflanzenarten sind, dass sie ganze Landschaften unverwechselbar machen, dass sie früher zur Nutzung von Laubstreue und wegen gewisser medizinischer Wirkungen aktiv gefördert wurden und dass nicht nur die nordamerikanischen Indianer den Ahornsirup schätzten, sondern auch bei uns und zumindest gewisse Vögel den süssen Rindensaft konsumieren. Matthias Zubler, Prättigauer Regionalleiter vom Amt für Wald und Naturgefahren, lobt den Bergahorn auch aus forstwirtschaftlicher Sicht. Dem Baum sei gerade angesichts des Klimawandels grössere Beachtung zu schenken, zudem eigne er sich ideal zur Bestockung auf instabilem Untergrund, sei in jungen Jahren schattentolerant, habe ein enormes Potenzial zur Naturverjüngung und liefere erst noch tolles Schreinerholz. Marco Vanoni, kantonaler Zuständiger für Wald­ökologie und Schutzwald, verweist überdies auf Funde des Grossen Alpenbocks (Rosalia alpina) im vorderen Prättigau und schliesst nicht aus, dass auch diese geschützte und prächtige Art von älteren Bergahornbeständen profitiere. Touristischer Mehrwert Nach zwei Stunden Fussmarsch durch den Wald mit vielen Zwischenhalten bei Bergahornen öffnet sich der Blick auf den mächtigen Felsklotz der D ­ rusenfluh und das darunter liegende Grüscher Älpli. Das berühmte Trompetenmoos auf den hoch liegenden Ästen lässt sich zwar nicht entdecken, aber dafür bietet die mittlerweile gewitterum­ wölkte Alpen­ kulisse mit den freistehenden Baumriesen einen unvergesslichen Anblick. Der Foto­apparat meiner Tochter klickt. Gerne hätte sie noch bis spät in den

Abend die reizvolle Umgebung durchstreift, wäre da nicht das drohende Unwetter gewesen. Noch Monate später wird sie von diesem Abenteuer zu den uralten Bergahornen erzählen und darob fast vergessen, dass ihr eigentlich auch die Alpsäuli ­und Kühe «dort hinten auf dem Berg» gefallen haben. Dr. Regula Waldner arbeitet bei oekoskop und leitet die Vorstudie Prättigauer Bergahorn-Förderprojekt.

Bergahorn-Förderprojekt Prättigau

Das Amt für Natur und Umwelt GR liess 2020 von der Firma oekoskop ein Grobkonzept für das Prättigau erarbeiten, da namentlich im Offenland und in ­ den Übergangsbereichen zu Wald eine grossflächig koordinierte Aktion zur Aufwertung bzw. nachhaltigen Pflege von Hotspotgebieten mit Bergahornen fehlt. Das Konzept liefert einen ersten summarischen Überblick zu den be­ kannten Standorten mit Bergahornen und schlägt zehn beispielhafte Förderge­­biete von Bergahornen vor. Als separate Produkte wurden ein Argumentarium zum Nutzen der Bergahorne und ein Faktenblatt zur aktuellen Situation im Prättigau (mögliche Förderinstrumente) zusammengestellt. Die Diskussion mit verschiedenen Stakeholdern steht nun an.

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Bergahorn im Safiental Ein wildromantisches, abgelegenes Seitental, Naturgefahren allgegenwärtig und eine besondere Besiedlungs- und Erschliessungsgeschichte. Und dort stehen Uralt-Bergahorne und trotzen Wind, Wetter und Menschen. Mit einer kleinen Nachforschung wird in der Folge versucht, eine Begründung für diese beson­deren Safientaler Bergahorne zu finden. Ch. Buchli

Das Safiental ist ein von Süden nach Norden aus­ gerichtetes, lang gestrecktes, wildromantisches Tal. Von den ersten Häusern in Z’Hinderst (ganz hinten im Tal) auf 1808 m ü. M. bis zur Mündung der Rabiusa in den Vorderrhein unterhalb Versam auf 620 m ü. M. sind es rund 25 Kilometer. Wenn man auf der Kantonsstrasse in Versam in Richtung Safien abzweigt, fällt einem sehr schnell die Steil­ heit, die schroffen Felsformationen – die Wildheit und Abgeschiedenheit des Tals auf. Die schwierige geologische Situation mit ständigen Rutschungen im Bündnerschiefer und die zahlreichen tief einge­ schnittenen Tobeln sind augenscheinlich und man kann sich leicht vorstellen, wie anspruchsvoll, streng und auch gefährlich das Leben der Men­ schen in diesem Tal war und immer noch ist. Natur­ gefahren wie Rüfen, Rutsche, Lawinen, Hochwas­ ser und Steinschlag sind in diesem Tal allgegen­wärtig. Auf der engen Strasse kommt man nicht wie gewohnt schnell voran und so hat man das Gefühl, dass das Tal nicht enden will. Gleichzeitig fängt jedoch der eigene Puls an, langsamer zu schlagen und automatisch kommt man der Natur, den Grundwerten des Lebens näher. Dem versierten Beobachter fällt schnell auf, dass die Lärche im Safiental relativ häufig vorkommt. Weiter fallen einem zwischen Egschi bis nach ­Safien Platz auch grosse, zum Teil uralte und impo­ sante Bergahorne auf – in der heutigen Zeit als wertvolle Habitatsbäume bezeichnet – die man so hier nicht unbedingt erwartet hätte (Abb. 1). Vor

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Abb. 1: Imposanter Bergahorn – ein wertvoller Habitatbaum.

(Bild: Ch. Buchli)

allem in Safien Platz können diese Ahorne heute sogar als besonderes Element des Ortsbilds be­ zeichnet werden. Warum hat es hier solch beson­


dere ­Ahorne? Hatten die Bergahorne im Safiental eine besondere Bedeutung? Was für Ansprüche an den Standort hat der Berg­ ahorn eigentlich? Kurz gesagt, hat der Bergahorn eine sehr breite ökologische Amplitude und kommt in ganz Europa vor. Er meidet stark saure und nähr­ stoffarme Böden und bevorzugt eine stabile Was­ serversorgung und Kalk-Hangschuttböden. Der Bergahorn kann sich natürlich gut verjüngen, ist in der Jugend raschwüchsig, kann als winterhart be­ zeichnet werden und bildet eine tief wurzelnde Herzwurzel aus. Im Waldbau dient er als wertvolle Mischbaumart auch zur Bodenverbesserung und zur Erhöhung der Biodiversität im Wald. Aus stand­ ortkundlicher Sicht ist das Safiental also für den Bergahorn gut bis sehr gut geeignet. Die Geschichte Um die Bedeutung der Bergahorne im Safiental zu erkennen, muss man in der Geschichte etwas wei­ ter zurückschauen. Um 1300 begannen die Walser vom Rheinwald her über den Safierberg ins Hintere Safiental einzuwan­ dern und liessen sich von den anspruchsvollen kli­ matischen und geologischen Bedingungen nicht abschrecken. Die Walser kamen in einzelnen Sip­ pen ins Tal und kolonisierten das bisher nicht ge­ nutzte Gebiet. Die Grundherren, die Herren von Vaz, boten den Walsern grosszügige Niederlas­ sungsbedingungen und Rechtsfreiheiten an. Die aufgelockerte Besiedlungsform in einzelne Höfe und die extensive Bodennutzung durch Viehzucht, bei der jeder Betrieb eine grosse Bewirtschaftungs­ fläche benötigte, ergab eine relativ grosse Distanz zwischen den Wohnhäusern. Schrittweise erober­ ten sich die Walser durch Rodungsarbeit das nötige Land und schliesslich schlossen sich mehrere Betrie­ be zu einem Hof zusammen. Zu einem Hof gehör­ ten nebst den Gebäuden auch die zu jedem Betrieb zählenden Wiesen, Felder und die gemeinsam ge­ nutzten und verwalteten Allmenden und Alpwei­ den. Fusswege und Trampelpfade für Mensch und

Abb. 2: Bergahorn in Safien Platz.

(Bild: D. Buchli)

Vieh waren im Safiental traditionell die vorherr­ schende Wegform. Nebst den bäuerlich genutzten Verbindungen zwischen Hof, Stall und Alp hatte man Schul- und Kirchwege als Verbindungen zwi­ schen den einzelnen Siedlungen sowie einige we­ nige Routen, die das Tal durchzogen und es über die Pässe mit der Aussenwelt verbanden. Alle Wege waren primär Fusspfade, und selbst nach Eröffnung der Fahrstrasse Ende des 19. Jahrhunderts waren Fahrzeuge im Safiental eine absolute Ausnahme. Diese Abgeschiedenheit führte dazu, dass Güter mittels Säumer ins Tal transportiert wurden. Zu der Zeit wurde noch kein Stroh ins Tal geführt. Als Ein­ streu in den Ställen im Winter diente vor allem das Laub des Bergahorns und dies bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Johann Buchli, pensionierter Landwirt aus Safien Platz, kann sich noch daran erinnern, wie sie als Buben das trockene Laub des Bergahorns zusam­

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menrechten und in den Stall brachten. Im Stall wurde es anstelle von Stroh zur Einstreu verwen­ det. Bereits zum Voraus wurde abgemacht, wel­ cher Ahorn welchem Bauer zugeteilt wurde. Zum Teil wurden sogar die Hälften unter dem Ahorn aufgeteilt und so war klar, welches Laub in wel­ chen Stall gebracht wurde. Um genügend Laub für den Winter zu ernten, gab es häufig um die Ställe, Höfe oder auf den Heimweiden grosse Bergahor­ ne, welche gehegt und gepflegt wurden (Abb. 2). Johann Buchli kann sich auch gut daran erinnern, wie sie die Kühe auf den Heimweiden unter den schönen, Geborgenheit ausstrahlenden Ahornen gehütet haben. Für das Ahornlaub als Einstreu spricht auch die Tatsache, dass das Laub sich gut zersetzt und verrottet und so zusammen mit dem Mist bereits im ersten Frühjahr als erstklassiger Dünger verwendet werden konnte. Ein Kulturgut Betrachtet man die Karte des Safientals, so findet man heute noch Lokalbezeichnungen, welche auf den Ahorn hinweisen. Zum Beispiel der Ahorawald und das Ahoratobel in Salpänna, Güner Ahora oder bi dä Ahora. Auch das Holz des Ahorns wurde und wird im Safiental geschätzt. Da es das einzige Hartholz im Tal war, wurden daraus Möbel wie Stühle und Tische hergestellt. Auch zum Drechseln ist das Ahornholz ein wunderbarer und sehr geeig­ neter Rohstoff. Und weil das Holz hart, beständig und leicht ist, wurde es sogar beim Bau von Schlit­ ten verwendet. Die meisten Bauern hatten als Re­ serve immer ein Paar Ahornbretter auf Lager. So können wir nachvollziehen, dass der Bergahorn im Safiental eine besondere Bedeutung hatte. Heu­ te sind die schönen Ahorne vor allem ein Kulturgut und für die Bewohner, vor allem im Herbst eine Be­ reicherung und Augenweide. Um den Bergahorn im Safiental zu erhalten und­ zu fördern, wurden bereits bei einigen Waldrand­ pflegearbeiten schöne Zukunfts-Bergahorne ge­ schont und freigestellt. Ein weiteres interessantes

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Projekt wurde in der Grafa gestartet, wo entspre­ chend dem Vorbild der Ahornweidwälder Ahorn­ boden im Karwendel im Tirol, auf einer Weide Ber­ gahorne gepflanzt und geschützt wurden. Das Ziel ist ein Mini-Ahornboden zu begründen und die Ahorne im Safien auch in der Zukunft zu erhalten. Der Ahorn ist neben Rohstofflieferant auch ein schöner um nicht zu sagen sympathischer Baum und steht den Safientalern nahe. Man weiss ja, dass Menschen, welche nahe an und mit der Natur leben, auch zu Aberglauben neigen. Dies ist sicher auch bei Berglern so. Darum ein kurzer Exkurs, um eine weitere Bedeutung des Bergahorns aufzu­ zeigen. Elisabeth Morgenstern schreibt in einem Artikel, dass der Ahorn ein Zeichen für Harmonie und die Vereinigung von Gegensätzen ist. Er soll Ruhe und Gelassenheit schenken und die Gedan­ ken klären. Ausserdem wurde ihm nachgesagt, dass er Hexen und allerlei böse Geister vertreiben und sogar bösen Zauber abwehren könne. Selbst vor Blitzeinschlägen soll der Ahorn schützen. Neben dieser mythologischen Bedeutung hat der Bergahorn immer auch Maler und Dichter inspiriert. Vielleicht entdecken die Künstler, welche seit ein paar Jahren die Art Safiental mit interessanten Projekten gestalten, auch einmal den Bergahorn als Kunstob­ jekt. Bis dahin und zu guter Letzt soll ein kurzes und schönes Gedicht vom deutschen Theologen Jürgen Wagner eine anregende Brücke dazu schlagen. Ahorn Schönheit, Mass und Symmetrie Die Kraft der Mitte, Harmonie Originell sind Blatt und Samen Fast jedes Kind kennt seinen Namen Kommst Du einmal in eine Not Geh hin zu ihm – und komm ins Lot! Christian Buchli ist Regionalforstingenieur und ­Waldbiodiversitäts-Spezialist bei der Region Surselva.

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch


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Ahornsirup: ein einzigartiges ­Nichtholzprodukt Ahornwassergewinnung und Ahornsirupverarbeitung sind die Ergebnisse ­einer spannenden forstlichen Arbeit, welche hauptsächlich in Kanada stattfindet. A. Guimond

Ahornsirup wird durch den Prozess der Konzentration von Ahornwasser (Saft) hergestellt. Das Ahornwasser wird jedes Frühjahr geerntet, und zwar ausschliesslich in den nordöstlichen Regionen Nordamerikas (Kanada und Vereinigte Staaten) und hauptsächlich in Quebec, wo die klimatischen Bedingungen am günstigsten sind. Ahornhain ist die Bezeichnung für einen natürlichen Wald, in dem die Hauptbaumart der Ahorn ist. Der Zuckerahorn (acer Saccharum) und der Rot­ahorn (acer Rubrum) sind die beiden Arten, aus welchen Ahornwasser geerntet wird. Herkunft Obwohl es in vielen Teilen der Welt noch un­ bekannt ist, der Ahornsirup ist in der Geschichte Kanadas (Quebec) fest verankert. Historische ­ ­Texte haben aufgezeichnet, dass man seit der An-

kunft der ersten Siedler (Mitte des 16. Jahrhunderts) von «Ahornwasser» spricht. Damals sammelten die Amerikaner Ahornwasser, indem sie mit einer Axt einen Einschnitt in den Baum machten und es als Stärkungsgetränk nutzten. Erst 150 Jahre später wurde der Ahornzucker entdeckt. Dank der «Chaudrons» (Töpfe), welche aus Frankreich mitgebracht wurden, wurde es möglich, durch das Aufkochen von Ahornwasser Ahornzucker herzustellen. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Produktion rasch weiter. Die «moderne» Einkerben-­ technik hielt Einzug und es entstehen die ersten «Zuckerhütten». Mit der Entwicklung der modernen Verdampfer steigerten sich die Quantität und die Qualität der Produktion. Bis 1970 wurde das Ahornwasser anhand von «chaudières» (Eimern) geerntet (Abb. 1), welche an

Abb. 1: Zapfrohr mit «chaudière» (Eimer).

Abb. 2: Verrohrte Sammelsysteme. (alle Bilder: sucrederable.ch)

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die Zapfrohre angehängt wurden. Jeden Tag musste der Ahornbauer von Baum zu Baum gehen, um den Inhalt der Eimer zu entleeren. Diese Vorgehensweise begrenzte die Grösse der Ahornhaine. Zu dieser Zeit sahen wir das Erscheinen der «Schläuche», die die Bäume miteinander verbanden und es ermöglichten, das Ahornwasser direkt zur «Zuckerhütte» zu transportieren, um es in Ahornsirup zu verwandeln. Obwohl einige kleine Produzenten (Familienbetriebe) immer noch den Eimer als Erntemethode verwenden, sind verrohrte Sammelsysteme zur «Norm» in Ahornsirupbetrieben geworden (Abb. 2). Nährwertvorteile Ahornsirup hat viele ernährungsphysiologische Eigen­ schaften und enthält Vitamine, Mineralien und Antioxidantien (Tabelle 1). Seit 2005 werden in Quebec und auf der ganzen Welt zahlreiche Forschungen durchgeführt, um seine Eigenschaften (Nährstoffe) zu definieren und sein volles Potenzial (Vorteile) zu ermitteln. Bis heute wurden mehr als 100 essenzielle Nährstoffverbindungen identifiziert, darunter 67 antioxidative Verbindungen.

Ahornsirup besteht im Wesentlichen aus Saccharose, die vom menschlichen Körper leicht assimiliert wird und keinen Insulinanstieg auslöst. Dies hat also sowohl für Sportler als auch für Menschen mit Typ-2-Diabetes positive Auswirkungen. Ahornsirupbetriebe Im Jahr 2020 wurden mehr als 110 Millionen Kilogramm Ahornsirup produziert, was etwa 83 Millionen Litern entspricht. Nur in Quebec wurden 80 Millionen Kilogramm produziert, was 72 Prozent der Weltproduktion entspricht. In Quebec gibt es 7300 Ahornhaine, welche von fast 11 500 Ahornproduzenten betrieben werden. Die Grössen der Betriebe variieren enorm. In der Tat gibt es noch viele kleine Ahornhaine, die von Familien als Hobby betrieben werden. In solchen Betrieben wird das Ahornwasser noch auf die altmodische Art geerntet, mit Eimern, die an Zapfrohren hängen. Auf der anderen Seite gibt es Betriebe von mehreren 100 Hektar, die mehr als 100 000 Zapfstellen enthalten. Diese Betriebe verfügen über hochtechnologische Anlagen und benötigen Dutzende von Mitarbeitern.

Ahornsirup

Honig

Zucker

Brauner Zucker

Agavensirup

100

3

0

9

0

Riboflavin (B2)

23

2

1

0

0

Zink

18

2

0

1

0

Magnesium

7

1

0

7

0

Calcium

5

0

0

5

0

Kalium

5

1

0

6

0

Kalorien

217

261

196

211

256

Zucker (in G)

54

71

51

Mangan

54

56

Tabelle 1: Nährstoffwerte pro 60-ml-Portion in % des Tageswerts. %-Tageswerte: Der %-Tageswert ist die Menge eines Nährstoffs, die als ausreichend angesehen wird, um den Tagesbedarf der meisten gesunden Menschen zu decken. Orange: sehr gute Qualität, blau: gute Qualität, gelb: mässige Qualität.

(Quelle: Fichier Canadien sur les élements nutritifs, Santé Canada, übersetzt).

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Abb. 3: Verdampfer im Test.

Abb. 4: Beispiele von Farbunterscheidungen.

Im Jahr 2020 befanden sich fast 50 Prozent der Betriebe im ökologischen Anbau.

heiten zu vermeiden, ist es ratsam, etwa 10 Pro­ zent Begleitbaumarten (15% in der ökologischen Produktion) zu behalten, hauptsächlich Gelbbirke und Esche.

Produktion Obwohl die Ahornsirupernte nur im Frühjahr statt­ findet, verteilt sich die Arbeit auf das ganze Jahr … von Ende August bis Mitte Juni. In Anbetracht, dass die Sommermonate (Mitte Juni bis Ende Au­ gust) wegen der Hitze und der Insekten nicht för­ derlich für die Forstarbeit sind. Herbst Der Herbst ist die Zeit für das Arbeiten im Wald, d. h. Instandhaltung von Anlagen und Erweite­ rungen sowie Waldpflege. Tatsächlich müssen die Rohre und Kollektoren, welche das Ahornwasser zur Zuckerhütte führen, alle 15 Jahre gewechselt werden. Zur gleichen Zeit wird auch die Wald­ pflege durchgeführt. Um die Entwicklung und das Wachstum der Ahornbäume zu fördern, muss alle 15 Jahre eine «Ahornplenterung» (Durchforstung) durchgeführt werden. Das Ziel ist es, Öffnungen im Laubholzdach zu schaffen, sodass die Ahorne ihre Äste weiterentwickeln können. Allgemeinen werden zwischen 15 und 20 Prozent der Bäume gefällt, es wird besonderes Augenmerk auf die ­natürliche Verjüngung und den Erhalt der Arten­ vielfalt gelegt. Um das Gleichgewicht im Wald auf­ rechtzuerhalten und die A ­ usbreitung von Krank-

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Winter Winter ist die Zeit des Anzapfens, bei dem ein circa 4 cm tiefes Loch unter die Rinde gebohrt wird, welche einen Durchmesser zwischen 6 und 8 mm hat (maximal 6 mm bei biologischer Produktion). Der Baum muss einen Durchmesser von mindes­ tens 23 cm (BHD) haben, um eine Kerbe zu erhal­ ten, und einen Durchmesser von mehr als 40 cm für 2 Kerben. Der Ahornsirupproduzent installiert dann den Zap­ fen, welcher an das kilometerlange verrohrte Sam­ melsystem angeschlossen wird. Je nach Standort­ bedingungen kann eine Person zwischen 250 und 350 Zapfen pro Tag vornehmen. Zum Beispiel in der Erablière des Aigles im Osten von Quebec, wird das Zapfen in der Regel von Mitte Januar bis Mitte Februar durchgeführt. Für diese Arbeit sind etwa 25 Tage Arbeit von 4 Perso­ nen erforderlich. Frühling Bei der Erablière des Aigles beginnt die Ernte des Ahornwassers in der Regel per Ende März (der Be­ ginn der Saison variiert je nach Standort). Eine nor­


male Saison erstreckt sich über einen Zeitraum von circa 5 Wochen, mit einer durchschnittlichen Produktionsdauer von 25 Tagen. Wenn die Installationen neu und gut gewartet sind, kann ein Zapfen während der Saison bis zu 70 l Ahornwasser produzieren. Ein Baum mit einem Durchmesser von über 40 cm und 2 Zapfen kann bis zu 140 l Ahornwasser liefern, was 3,5 l Ahornsirup entspricht. Das Fliessen des Ahornwassers ist ein natürliches Phänomen, welches auftritt, wenn die Temperaturen zwischen Frost und Tauwetter schwanken (idealerweise zwischen −7 ° und 7 °C). Zu diesem Zeitpunkt steigen der Zucker und das Wasser, welche im Sommer in den Wurzeln angesammelt wurden, den Stamm hinauf, um wichtige Nährstoffe für das Baumwachstum zu liefern. Das gesammelte Ahornwasser wird anschliessend gefiltert und mittels Umkehrosmose konzentriert (2–3 % auf 16 –20 % Zucker). Dieses Konzentrat wird dann in den Verdampfer geleitet (Abb. 3), wo es die endgültige Konzentration des Ahornsirups erreicht, welcher eine Konzentration zwischen 66 und 67 Prozent Zucker erreicht. Der Ahornsirup wird dann heiss gefiltert und in 150-Liter-Fässer gefüllt. Im Lauf der Ernte entwickeln sich die Eigenschaften und der Geschmack des Ahornsirups (Abb. 4). Das erste Tröpfeln: Es ist dunkel und hat einen ganz besonderen «holzigen» Geschmack. Erster Teil der Ernte: Er ist klar (Helligkeit über 75  %) und hat einen zarten Geschmack. Mitte Saison: Er wird dunkler (Helligkeit: 50–75 %) und sein Geschmack wird ausgeprägter (reichhaltig). Ende Saison: Er ist dunkel (Helligkeit: 25 –50 %) und sein Geschmack intensiviert sich (robust). Das letzte Tröpfeln: es ist sehr dunkel (25 % weniger hell), mit einem sehr ausgeprägten Geschmack (Saft) und es entwickelt sich eine «Karamell»-Textur. Es ist ein Ahornsirup, der eher für die Lebensmittelindustrie bestimmt ist.

Abb. 5: Erablière des Aigles.

Die Saison endet mit der Entstehung der Knospen. Sobald die Knospen kommen, wird der Geschmack des Ahornsafts stark und unangenehm. Aus diesem Grund muss die Produktion beendet werden. Die Arbeit ist aber noch nicht beendet: Die Zapfen müssen von den Bäumen entfernt sowie die Rohre und alle für die Produktion verwendeten Geräte gereinigt und desinfiziert werden. Erablière des Aigles und sucrederable.ch Die Erablière des Aigles (Abb. 5) ist ein 300 Hektar grosser Betrieb mit fast 130 Hektar Ahornhain. Das Familiengeschäft betreibt 25 000 Zapfstellen mit einem Potenzial von etwa 32 000. Es werden jährlich mehr als 32 000 kg Bioahornsirup produziert, wovon fast 80 Prozent für den Schweizer Markt bestimmt sind. Sucre d’Erable wurde Ende 2017 mit dem Ziel gegründet, das Potenzial des Ahornsirups aufzuzeigen. Das Konzept ist einfach: Der eigene produzierte Bioahornsirup wird importiert und die gesamte Verarbeitung des Produkts findet in der Schweiz statt, wenn möglich mit Zutaten aus der Schweizer Landwirtschaft. Weitere Informationen über die Ahornhaine und -produkte stehen auf www.sucrederable.ch zur Verfügung. Alexandre Guimond ist Miteigentümer der Erablière des Aigles in Quebec und Gründer von sucrederable.ch.

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Acer opalus Schneeballblättriger Ahorn Klimaänderungsbedingte Massnahmen sollten sich nicht nur auf die Baumartenwahl beschränken. Mindestens ebenso wichtig sind die Pflege des Bodens, die Waldstruktur, das Ökosystem Wald insgesamt. Bei der Baum­artensuche sind in erster Linie die weniger bekannten heimischen Kandi­daten zu prüfen. Richard Stocker

Der vierte unserer heimischen Ahorne ist weitgehend unbekannt. Er kommt gemäss LFI auf weniger als einem Prozent der schweizerischen Waldfläche vor und gilt als forstlich unbedeutend, als Ziergehölz. Er bevorzugt warme Lagen im Jura westlich der L­ inie Brugg–Basel, in der Ajoie, in den Berner, Freiburger und Waadtländer Voralpen sowie im Wallis. Es gibt kaum Vorkommen in der Ostschweiz und in Deutschland nur in Grenzach ennet dem Rhein bei Birsfelden. Die Baumart stammt ursprünglich aus gebirgigen Lagen des Mittelmeerraums. Sie soll im Nahen Os-

Blatt und Blüten von Acer opalus. (Bild: Flora Helvetica – Die illustrierte Flora der Schweiz, Haupt Verlag, Bern)

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ten, in Nordafrika und bis zum Kaukasus vorkommen. Acer opalus bevorzugt kalkreiche Böden. Er ist anspruchslos und kann auf flachgründigen trockenen Rendzinaböden genauso gut gedeihen wie auf Mergelböden und tiefgründigen Kalkbraunerden. Auch von skelettreichen, basenreichen Lehmböden schreckt er nicht zurück. Er ist hitzeresistent, aber spätfrostgefährdet. Dies mag der Grund sein, weshalb er von Natur aus nicht in Hangfuss- und Tallagen mit Kaltluftseen, sondern v. a. an Süd- bis Westhängen zwischen 700 und 800 m ü. M. vorkommt. Im Frühjahr, wenn im nebelverhangenen Tal und auf dem Jura noch Schnee liegt, oder noch eisige Temperaturen herrschen, sind die sonnenbeschienen Hänge längst schneefrei. Die wahrscheinlich grössten Exemplare in der Schweiz befinden sich im Jura in Biel-Bözingen etwa 780 m ü. M. Dort stehen einige von ihnen mit über 20 m Höhe und BHDs von über 80 cm. Acer opalus bildet eine kuppelförmige, transparente Krone aus. Das etwas derbe Blatt ist an der Oberseite tiefgrün, an der Unterseite graugrün. Die auffällig goldgelbe bis orangerote Herbstver­ färbung kann hilfreich sein, den Acer opalus zu entdecken. Das geübte Auge kann den Baum im laublosen Zustand auch an seiner leicht rötlichbraunen Farbe und den groben aufgewölbten Borkenschuppen erkennen.


Die Eigenschaften des schwach rotbräunlichen Holzes mit gelbem Splint sind, ausser der Farbe, mit jenen des Bergahorns vergleichbar. Acer opalus wird in der Literatur als Halbschatten­ baumart beschrieben. Augenfällig ist, dass er ex­ trem fototrop veranlagt ist. Er erträgt seitlichen Druck durch Konkurrenz sehr schlecht, weshalb er sich in Steilhängen dem Tal zuneigt. Wegen seiner geringen Endhöhe und seines gros­ sen Wärme- und Lichtbedarfs ist er nur auf mittelbis flachgründigen Standorten hinreichend konkur­ renzstark, wo er sogar mit der Buche zurechtkommt. Geeignete Mischbaumarten sind: Traubeneiche, Mehlbeere, Feldahorn, Sommerlinde, Winterlinde; Spitzahorn, Esche, Hopfenbuche, Nussbaum, Eibe, Stechpalme. Geeignete Waldgesellschaften sind: Seggen-­ Buchenwälder (E+K 10, 14–16); Flaumeichen- und Eichenmischwälder (E+K 38–40); Föhrenwälder (E+K 61–65), Lindenmischwälder (E+K 25); Eichen-­ Hainbuchenwälder (E+K 35). Acer opalus blüht im laublosen Wald im frühen Früh­ ling nur kurz vor dem Spitzahorn und ebenso leuch­ tend zitronengelb wie dieser. Nach den farblosen, kargen Wintermonaten sind die weithin sichtbaren Blüten eine willkommene Augen- und Bienenweide.

Typische Ahorn-Früchte in spitzem Winkel. (Bild: Flora H ­ elvetica – Die illustrierte Flora der Schweiz, Haupt Verlag, Bern)

Schon möglich, dass diesem wertvollen Baum dank dem Klimawandel noch eine gebührende Aufmerk­ samkeit zuteilwerden wird. Richard Stocker ist Forstingenieur und Gründer der Firma Waldwesen (www.waldwesen.ch).

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

Beispiel von einem Blatt mit Herbstverfärbung.

(Bild: R. Stocker Birrwil)

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Überlebensstrategie durch vegetative Verjüngung an der Waldgrenze Fichte ist nicht gleich Fichte. Die Baumart besticht durch eine überdurchschnittliche genetische innerartliche Vielfalt. Dies widerspiegelt sich nicht nur in ihrem äusseren Erscheinungsbild, sondern auch in ihren Fähigkeiten, sich auf allen erdenklichen Standorten in den unter­schiedlichsten Höhenstufen zu behaupten. Jürg Hassler

Eine dendrologische Betrachtung am Beispiel der Fichte (Picea abies) und einen Beitrag zur Gebirgswaldökologie. Nicht nur die sehr unterschiedlichen Baumformen sind es, die diese Art hervorbringt und die uns immer aufs Neue staunen lassen. Die Fichte hat ebenso die Fähigkeiten, sich an die verschiedenen Standortfaktoren anzupassen und sich mit ihren genetischen Fähigkeiten Lebensräume zu erschliessen, die anderen Baumarten vorbehalten bleiben. Sie ist Meisterin darin, sich bis auf Grenzstandorte vorzuwagen und sich dort auch zu halten. Hier allerdings mit begrenztem Wachstum, was heisst, dass sie auf diesen Standorten sehr alt werden kann. Ein solcher Grenzstandort ist auch die Baumgrenze am Übergang zur alpinen Zone des Hochgebirges. Naturgemäss sind die Lebensbedingungen für Pflanzen unter und an der oberen Baumgrenze besonders anspruchsvoll. Vor allem die Vermehrung und Verbreitung der Baumpopulation stellt unter den zum Teil widrigen Standortfaktoren besondere Anforderungen an die Bäume. So geschieht in dieser Höhenlage die Ausbreitung der Fichte nicht nur über die Samen, sondern auch vegetativ über die Äste. Verjüngungsökologie der Fichte auf subalpinen Standorten Der subalpine Fichtenwald zeichnet sich durch eine überaus reiche Strukturvielfalt aus. Neben geschlossenen bis lockeren Beständen sind in dieser Höhenlage natürlicherweise auch Rotten vorhanden. Diese Wald- oder Bestandesform ist beson-

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Abb. 1: Fichtensamen werden in Massen in Vertiefungen in der Schneedecke geweht, was an geeigneten Orten zu Rottenbildung führen kann.

(alle Bilder: J. Hassler)

ders an die Standortfaktoren im Gebirge angepasst. Durch ihren Aufbau sind sie widerstandsfähig gegen diverse biotische und abiotische Faktoren und stellen sicher, dass der gesamte Waldgürtel in dieser Zone in sich stabil bleibt. Fichtenrotten haben eine von unten bis oben durchgehend grüne Krone und setzen sich aus mehreren Baumindividuen zusammen. Diese einzelnen Bäume, die in


einer Rotte vorkommen, können miteinander verwandt sein oder auch nicht. Meist entstehen solche Rotten generativ an verjüngungsfreundlichen Orten, zu denen der Samen durch die Herbst- und Winterwinde hingetragen wird (Abb. 1). So um alte Stöcke, umgestürzte Bäume, um Steine, um Bodenerhebungen usw. Diese bieten ein besonders günstiges Mikroklima für die Ansamung sowie den An- und Aufwuchs. Besonders günstig heisst, dass die Ansamungsstellen im Frühjahr früh ausapern und durch die Sonne genügend Licht und Wärme erhalten. Es entsteht ein kleines, in sich abgeschlossenes Baumkollektiv mit einzelnen genetisch unterschiedlichen Baumindividuen. Es bildet sich ein Mikrobestand, in dessen Geschlossenheit sich ein eigenes Bestandesklima entwickelt. Das Phänomen der vegetativen Vermehrung Durch die Rotten- oder Baumstruktur kann sich die Fichte auch vegetativ vermehren. Dieses Phänomen ist grundsätzlich bekannt, wird aber sehr selten beobachtet und beschrieben. Die Voraussetzungen für eine vegetative Vermehrung der Fichte sind dann gegeben, wenn die untersten, herabhängenden, grünen und noch gut mit Nährstoffen versorgten Äste den Boden berühren. Durch die zunehmende Länge und ihre Last mögen sie sich nicht mehr in der Luft zu halten. Dabei legen sie sich im Laufe der Zeit auf den Boden. Dies alleine reicht jedoch nicht, um spontan an Ästen Wurzeln zu bilden. Der Bodenkontakt muss über mehrere Jahre bestehen. In dieser Zeit werden die meist dicken (3– 6 cm) Äste mit einer mächtigen Streuschicht aus Nadeln und abgestorbener Bodenvegetation (Rohhumus) z. B. Reitgras (Calamagrostis sp.) oder Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) bedeckt. Die oberen Kronenteile verhindern, dass ungehindert Niederschlagswasser zu den überwachsenen und zugedeckten Astteilen gelangt. Es fehlt die ausreichende Feuchtigkeit. Daher dauert es oft Jahre bis sich unter der Astrinde Wurzeln bilden. Die Wurzelbildung erfolgt wahrscheinlich

Abb. 2: Ein bewurzelter Ast stellt sich auf, um zu einem eigentlichen Stamm (Ramete = klonaler Einzelstamm) heranzuwachsen. Auf dem Ast hat sich ein Einzelbaum aus einer schlafenden Knospe entwickelt (Reiteration). Wer von beiden übernimmt hier die Leittriebfunktion (Apikaldominanz)?

durch Adventivknospen. Das heisst, Knospen werden spontan aus kambialem Gewebe gebildet. Die jungen Klone werden fortwährend mit Nährstoffen und Wasser über den Mutter- oder Vaterbaum versorgt. Sie profitieren von ausreichenden Nährstoffen und Wasser über die Wurzeln und ­Assimilaten aus der Krone des Mutterbaums. Dies sichert grundsätzlich das Aufkommen der Verjüngung durch diese Strategie. Dadurch sind sie während des Aufwuchses bedeutend weniger Risiken ausgesetzt. Durch die Verbindung zum Mutteroder Vaterbaum wird auch die Wurzelbildung unterstützt. Die neuen Wurzeln werden anfangs durch den Saftstrom des Altbaums versorgt und genährt.

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Abb. 3: 14 Rameten (klonale Einzelstämme), die sich nach

Abb. 4: Ein bewurzelter Ast der abgestorbenen Fichte auf

der Trennung vom Mutter- oder Vaterbaum, dem Stock

1820 m ü. M. wächst zu einem Baum heran.

rechts, selbstständig weiterentwickelt haben.

Dies sichert eine ungestörte, kontinuier­liche Wur­ zelballenbildung. Sind die Wurzeln leistungsfähig genug, erschliessen sie selbstständig Wasser und Nährstoffe aus tieferen Bodenschichten. Wenn sich die Äste unter der Baumkrone auf dem Boden nach aussen schieben und die Triebe kräfti­ ger, dichter und buschiger wirken als die Triebe an höher liegenden Ästen, sind dies die ersten Anzei­ chen einer Wurzelbildung an den «Absenker». Das heisst jedoch nicht, dass kurz darauf auch ein neuer, klonaler Baum entsteht. Erst mit der Zeit beginnen sich die horizontal ausgerichteten Äste mit der Ast­ spitze vom Boden zu lösen und sich langsam aufzu­ richten (Abb. 2). Der Endtrieb des Astes wandelt sich in dieser Zeit von einem typischen Seitentrieb zu ei­ nem aufrechten Terminaltrieb (Baumspitze) um. Dieser Prozess dauert circa drei bis fünf Jahre. Ver­

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einzelt kann auch beobachtet werden, dass aus ei­ nem Ast eine schlafende Knospe austreibt und diese von Anfang an als vertikale Stammachse heran­ wächst (Reiteration). Die jungen Bäume wachsen anschliessend im äussern Kronenbereich im Schutz des Rottenmantels empor. So kann sich die Fichten­ rotte durch die Altbäume im Innern und über die Äste nach aussen vegetativ erneuern und verjüngen. Es entsteht aus einem Einzelbaum eine kegelförmige Rotte aus mehreren Stämmen. Mit den Ablegern kann ein Baum seine gesamten genetischen, an die Umgebung angepassten Erb­ eigenschaften an eine kommende Generation wei­ tergeben. Es entsteht eine klonale Rotte, die aus Baumindividuen besteht, die alle genetisch iden­ tisch sind. Durch die Fähigkeit Absenker zu bilden, kann davon ausgegangen werden, dass die Genetik


Abb. 5: Diese niedrige Fichtenrotte an der Baumgrenze (2180 m ü. M.) versucht mittels vegetativer Vermehrung zu überleben. Die fehlenden Nadeln im oberen Kronenbereich sind durch die Frostrocknis abgestorben.

mit den Standortfaktoren in einem idealen Zusam­ menhang steht. Das so an den Standort angepass­ te Erfolgsmodell kann unverändert weitergegeben werden. Würden die Gene auf generativem Weg über Bestäubung und Samenbildung mit anderen Erbanlagen gemischt, beginnt die Auslese auf den Standorten erneut. Dabei kann davon ausgegan­ gen werden, dass die nächste Generation durch biotische oder abiotische Faktoren einer Auslese unterworfen ist. An der Baumgrenze ist Verjüngung über vegetative Vermehrung eine geeignete Strategie, den Baum­ bestand längerfristig halten zu können. Dort, wo die jungen beziehungsweise kleinen Bäu­ me nicht mehr durch die Schneedecke geschützt sind und die höheren Baumteile über die Schnee­ decke ragen, sterben diese immer wieder durch die Frosttrocknis ab oder werden durch die Schnee­

mechanik niedergedrückt. Durch die Bewurzelung der Äste ergibt sich ein grösserer Wurzelballen. Dieser bietet der Rotte die nötige Standfestigkeit. Auf Standorten mit langsamen Schneebewegun­ gen (Gleiten und Kriechen) ist es besonders wichtig, dass die neuen Stämmchen desselben Klons (Rame­ ten) im Schutze der bereits bestehenden Rotte he­ ranwachsen können. Je mehr Klone aus der Rotte hervorgehen, umso widerstandsfähiger wird diese. Wenn Äste aufgerichtet werden, wachsen die Bäumchen sehr schnell über die Schneedecke und können dann auch nicht mehr durch Pilze wie dem schwarzen Schneeschimmel (Herpotrichia juniperi) zum Absterben gebracht werden. Ob überhaupt und wie lange es dauert, bis sich ein einzelner Klon vom Mutter- oder Vaterbaum löst, ist nicht bekannt. Stirbt der Mutter- oder Vater­ baum, ist der Klon imstande, schon in sehr jungem

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Stadium, selbstständig weiterzuleben und seine Funktion in der Rotte zu übernehmen (Abb. 3 und 4). Gleichzeitig profitiert er von den vorhandenen Strukturen, bis der Altbaum zusammenbricht. In dieser Zeit sind die klonalen Stämmchen im Schutz des toten Baums vor Schneedruck, -gleiten oder -kriechen geschützt. So kann sich eine Rotte über mehrere Jahrhunderte aus einem einzelnen Individuum fortlaufend verjüngen und erneuern, ohne dass der Gesamtbestand in eine kritische Phase mit fehlender Verjüngung hineinwächst (Abb. 5). Fazit Offensichtlich macht es Sinn, sich im Gebirgswald vegetativ zu vermehren. Zwar geht man davon aus, dass klonale Vermehrung zu einer genetischen Ver-

armung einer Art führen kann. Doch erhöht eine vegetativ vermehrte Rotte die Überlebensdauer eines ursprünglichen Einzelindividuums beziehungsweise aller Rameten dieses Klons zusammen. Gerade in Kombination mit über lange Zeiträume gelegentlich erfolgender generativer Vermehrung ist die vegetative Vermehrung an der Baumgrenze eine erfolgreiche Strategie. Wenn man sich die ausgedehnten, auf natürlichen Standorten stockenden Fichtenbestände und die genetische Vielfalt innerhalb der Baumart Fichte im Gesamten anschaut, relativiert sich auch die Befürchtung um die genetische Verarmung wieder. Jürg Hassler ist Förster und arbeitet beim Amt für Wald und Naturgefahren.

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Klimawandel: neue Baumarten ­ im Churer Rheintal? Gedanken zu möglichen Waldentwicklungen Dr. H.-U. Frey, M. Bichsel

Ausgangslage Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der ­Klimawandel und damit verbundene extreme Ereignisse des Wetters namentlich die Wälder der tiefen Lagen und der Trockenstandorte stark in Mitleidenschaft gezogen haben: besonders heisse und trokkene Sommer, extreme Spätfröste, zu früh einsetzende Vegetationsperiode, Starkniederschläge usw. Diese unter dem Begriff Klimawandel zusammengefassten Ereignisse beeinflussen und schädigen zunehmend verschiedene Baumarten und Waldbestände entweder durch direkte Einwirkung oder durch das vermehrte Auftreten von schädigenden Organismen. Rechtzeitig eingeleitete forstliche Massnahmen zur Risikominderung sind angezeigt. Besonders stark werden Buchenwälder auf flachgründigen Kuppenlagen mit hoher Einstrahlung, Waldföhrenbestände unterhalb 1000 m ü. M. sowie Bestände mit standortfremden Fichten betroffen sein. Klimamodelle Derzeit werden mit errechneten Klimamodellen mögliche Veränderungen der Höhenstufen diskutiert (Frehner und Huber 2019): Mit verschiedenen Szenarien steigen die vegetationskundlich definierten Höhenstufen unterschiedlich stark an. Damit kann prognostiziert werden, ob ein bestimmter Waldbestand künftig in einer anderen Höhenstufe liegt und damit eine andere Zusammensetzung des Naturwaldes aufweisen wird. Grosser Nachteil dieser Modelle ist, dass Extremereignisse höchstens aufgrund bereits verflossener Ereignisse ins Modell fliessen, aber für die Entwicklung der Vegetation oft entscheidend sind. Ebenso wird es schwierig sein, Prognosen für die ohnehin wärmsten und trockensten Standorttypen zu machen.

Mit grosser Wahrscheinlichkeit sind die aktuell im Churer Rheintal einheimischen und bisher eingebürgerten Baumarten ökologisch nicht in der Lage, alle zukünftig neu entstehenden Extremstandorte nachhaltig zu besiedeln. Es ist somit prüfenswert, was für weitere Baumarten aus andern Regionen für eine Ansiedlung in unserem Gebiet infrage kommen können. Hinweise zu solchen neuen Gastbaumarten können durch eine Beurteilung der aktuellen Zusammensetzung von Beständen gewonnen werden, die sich in Gebieten befinden, die bereits vor der Klimaerwärmung die für das Churer Rheintal prognostizierten Klima- und Witterungsverhältnisse zeigten: Damit möglichst wenig Überraschungen bezüglich biotischer Schädlinge entstehen, sollte die Distanz zum Churer Rheintal zu diesen «Referenz-Vegetationen» so kurz wie möglich sein. Dadurch besteht immerhin eine gewisse Sicherheit, dass die einheimischen sowie die Gastbaumarten bereits mit vorhandenen Schädlingen in Kontakt gekommen sind. Deshalb sollten Gastbaumarten aus Übersee nicht gefördert werden. Für die Tieflagenwälder des Churer Rheintals scheint es sinnvoll, vor allem Bestandeszusammensetzungen aus submediterranen Gebieten mit einem eher «kontinentalen» Klimacharakter zu beurteilen: heis­ se Sommer mit längeren sommerlichen Trockenperioden, feuchteren Wintern, möglichen Früh- und Spätfrösten, Nassschneeperioden usw.; geologische und pedologische Verhältnisse sollen vergleichbar sein. Hierzu eignen sich Gebiete aus dem nörd­lichen und östlichen Italien (Nordabdachung Apennin, Südabdachung der Ostalpen) und den nördlichen ­Dinariden (Hinterland der Adriaküste Istrien-Kroatien) in Meereshöhen von circa 100 bis 500 m ü. M.). Ähnliche klimatische Bedingungen wie zukünftig im Churer Rheintal finden sich auch im Walliser Rhone-

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Abb. 1: Vergleich des jahreszeitlichen Temperatur- bzw. Niederschlagsverlaufs in Chur unter verschieden starken Annahmen der Klimaerwärmung für 1981 bis 2010 zu 2060 (NCCS [Hrsg.] 2018: CH2018 – Klimaszenarien für die Schweiz. National Centre for Climate Services, Zürich).

tal. Dort zeigt sich immer deutlicher, dass die Waldföhre, welche bisher grossflächig Waldbestände gebildet hat, unterhalb von rund 1000 m ü. M. unter starken Schäden leidet und grossflächig von Laubbaumarten, insbesondere Traubeneiche und Flaumeiche, abgelöst wird. Da dort kaum andere einhei-

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mische Baumarten vorkommen, die sich als wichtige Zukunftsarten eignen könnten, sollte die Suche für neue Baumarten, welche der sich anbahnenden klimatischen Situation im Churer Rheintal angepasst sind, in die oben erwähnten Regionen in der weiteren Umgebung der Schweiz ausgeweitet werden.


Vergleich der Klimaverhältnisse Um die Eignung der möglichen Gastbaumarten zu prüfen, können Regionen gesucht werden, die in der Vergangenheit ähnliche Klimawerte zeigten, wie sie für die Zukunft im Churer Rheintal prognostiziert werden (Abb.1). Besonders augenfällig für die Klimazukunft im Churer Rheintal ist die überproportional starke Temperaturzunahme in den Monaten Juli und August sowie die deutliche Abnahme der Niederschläge im Juli und Augst und die Niederschlagszunahme im Winter. Die zunehmend ungünstigen regionalen Klimabedingungen werden noch verstärkt durch teilweise extremeres Lokalklima (steile SE- bis SW-Expositionen) und ökologisch gleichsinnig wirkende edaphische Bedingungen mit oft felsigen, flachgründigen und wenig wasserspeichernden Karbonatböden sowie auf Kretenlagen stark austrocknend wirkende Föhnperioden. Damit nähert sich das künftige Klima im Churer Rheintal den kontinentaleren, im Niederschlagschatten der Westalpen gelegenen Klimazonen des submediterranen Gebiets im nordöstlichen Mittel­meergebiet an. Vergleich mit Klimazonen Nordapennin, Südostalpenrand und Adriaküste Nordflanke Apennin (gg. Poebene): Submediterranes Klima, je nach Höhenlage 800– 1000 mm jährlicher Niederschlag mit deutlicher Sommer­ depression, minimaler Niederschlag im Monat Juli (ca. 30–40 mm), Maximum im Oktober (ca. 120 –140 mm); Temperaturdurchschnitt: 12– 13 °C, kältester Monat Januar (ca. 3–4 °C), wärmster Monat Juli (ca. 20–22 °C). Zusammenfassend: etwas trockener und wärmer als im Churer Rheintal, ein deutliches Niederschlagsminimum im Sommer belastet die Baum­ arten stärker. Die aktuelle Klimasituation ist gut vergleichbar mit zukünftigen Bedingungen im Rheintal.

Südostalpenrand (Gebiet nördlich Gardasee– Trento–Bozen, Tallagen bis 600 m) Übergang warm-gemässigtes/submediterranes Klima, ca. 800–900 mm Niederschlag , Maximum Juni–August (ca. 100 mm NS/Monat, Minimum im Januar (ca. 40–50  mm), d.  h. abgeschwächtes Sommerregengebiet; Temperaturdurchschnitt: ca. 10–12  °C, ca. 0–1  °C im Januar (Minimum −3/−4 °C), 20–22 °C im Juli). Zusammenfassend: ähnliche Temperaturverhältnisse, etwas trockenere Bedingungen mit ähnlicher jährlicher Verteilung der Niederschläge wie im Churer Rheintal. Auch in dieser Region ist die aktuelle klimatische Situation mit den zukünftigen Bedingungen im Rheintal durchaus vergleichbar. Deutlich kontinentaler und weniger vergleichbar mit dem Churer Rheintal sind die Verhältnisse in den inneralpinen Tälern nördlich von Bozen. Nördliche Dinariden (Gebiet Istrien, Hinterland der Adriaküste von Kroatien, bis ca. 500 m) Auch dieses Gebiet an der nordöstlichen Adria­ küste wird der submediterranen Klima- und Vegetationszone zugeordnet. Die Temperaturverhältnisse sind ähnlich wie in den beiden oben beschriebenen Gebieten. Der Niederschlagsgradient ist sehr steil. Im oft küstennahen Gebirgszug der Dinariden steigt die Niederschlagsmenge mit zunehmender Meereshöhe rasch zu. Klimatisch vergleichbar mit dem Churer Rheintal sind deshalb vor allem die Halbinsel Istrien und das Gebiet NW von Split. Ein waldvegetationskundlicher Vergleich

(Waldregionen nach Mayer 1984; vgl. auch Ozenda 1994)

Nordflanke Apennin (gg. Poebene) Gemäss Mayer 1984: Mediterrane Hartlaubwald­ region/B. Mittelmediterrane Hartlaubwaldzone/II. Submediterrane Flaumeichenstufe/1. Italienisches Flaumeichenwaldgebiet: p.  479  ff (Waldvegeta­tions­aufnahmen z. B. in Oberdorfer 1967).

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–– Waldtypen (v. a. auf Karbonat): Quercus petraea, Qu. pubescens, Qu. cerris, Ostrya carpinifolia, Fraxinus ornus, Acer opalus, Acer obtusatum, Ulmus minor, Prunus avium; div. «Kalksträucher»; –– auf Silikat: Quercus petraea, Qu. cerris, Castanea sativa; Pinus nigra ssp. laricionis (Korsika) (auf Silikatböden oft auch edaphisch etwas frischer: Übergänge zum Carpinion, u. a. Carpinus b.) Südostalpenrand (Gebiet nördlich Gardasee– Trento–Bozen, Tallagen bis 600 m) Gemäss Mayer 1984: Nadelmischwaldregion der Alpen/C. Kolline Stufe/II. Östliche Ausbildung: p.  275 ff. Gemäss Ozenda 1988: Kap. IV/1.4 Südöstliche Kalkrandalpen: Obere submediterrane Stufe v. a. mit Ostrya-Serie auf karbonatreichen Böden. –– Wälder mit Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia, Quercus pubescens, Qu. petraea, Qu. cerris, Pinus nigra ssp. austriaca Nördliche Dinariden (Gebiet Istrien, Hinterland der Adriaküste von Kroatien, bis ca. 500 m) Gemäss Mayer 1984: Mediterrane Hartlaubwaldregion/D. Ostmedit. Hartlaubwaldgebiet/II. Submediterrane Laubwaldstufe/2. Adriatische Hopfenbuchen-Orienthainbuchenwald-Zone: p. 537 ff (Übersicht zur Waldvegetation in Horvat et al. 1974; dazu viele weitere regionale Literatur). –– Wälder mit Carpinus orientalis, Quercus pubescens, Quercus cerris, Ostrya carpinifolia, Fraxinus ornus, Acer monspessulanus, Sorbus torminalis, Pinus nigra ssp. austriaca S. 6/7 Eigene Erfahrungen aus der Nordflanke des Apennin Während der letzten sechs Jahre hatten wir Gelegenheit, eine Fläche von circa 3,5 ha in den nördlichen hügeligen Ausläufern des Apennin auf rund 250 m ü.M. (Gemeinde Cremolino AL) regelmässig bezüglich des Verhaltens der Baumarten unter verschiedenen Witterungs- und Klimaextremen zu be-

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obachten. Charakteristisch für dieses Gebiet sind regelmässige Niederschlagsminima im Juli und August sowie Starkniederschläge mit Niederschlagsmaxima im Oktober und November. Heisse Sommer und Winter mit regelmässigen Frostperioden und jährlichem Schneefall zeugen von einem etwas «kontinentalen» Klimacharakter. Besonders aufschlussreich sind die Bestände auf S bis SW exponierten, z. T. sehr flachgründigen Standorten auf tonreichen, basisch reagierenden Schieferfelsen, die eine gewisse Ähnlichkeit zu felsigen Standorten auf Bündnerschiefer zeigen. Die Baumartenvielfalt auf kleinster Fläche ist hier sehr gross: Quercus petraea, Quercus pubescens, Quercus cerris, Fraxinus ornus, Sorbus torminalis, Acer opalus, Acer campestre, Populus alba, Ulmus minor, Ostrya carpinifolia und an etwas frischeren Stellen: Prunus avium, Robinia pseudoacacia, Acer pseudoplatanus, Juglans regia. Invasiv-neophytische Baumarten wie sie im insubrischen Raum beobachtet werden können, sind mit Ausnahme der Robinie hier in Waldbeständen kaum vorhanden. Die Robinie erscheint als aggressiver Pionierbaum auf ehemaligen Landwirtschaftsflächen, verliert aber rasch an Wuchskraft und kann sich im Waldbestand langfristig schlecht halten und wird ­namentlich in der Verjüngung durch die Esche abgelöst. Nadelbäume fehlen; lediglich grosse Juniperus-communis-Bäumchen sind vorhanden. In unmittelbarer Nachbarschaft wird der basenreiche Sedimentmantel durch anstehende Serpentinitfelsen durchbrochen. Hier stocken verschiedene laubholzfreie mediterrane Föhrenbestände, die z.T. stark geschädigte Kronen aufweisen. Gegenwärtig scheinen verschiedene Eichenarten diese Föhrenbestände zu verdrängen. In den Sommern der letzten Jahre herrschten im Juli und August mehrere Wochen andauernde niederschlagsfreie Verhältnisse. Von den Baumarten auf den trocken-­ basischen Standorten zeigte lediglich Ulmus minor starke Schäden, während Prunus avium und Robinia pseudoacacia der frischeren Standorte durch-


Abb. 2: Ausschnitt aus der Beobachtungsfläche in den nördlichen hügeligen Ausläufern des Apennin auf ca. 250 m (Gemeinde Cremolino AL): baumartenreicher, lückiger Bestand mit Fraxinus ornus, Quercus petraea, Quercus pubescens, Quercus cerris, Sorbus torminalis usw. und einer artenreichen Strauch- und Krautschicht mit Juniperus communis und Cytisus scoparius (Herbst 2020).

wegs stark geschädigte Kronen aufwiesen. Manche dieser Schäden dürften zusätzlich durch Pathogene gefördert oder gar ausgelöst worden sein. Ende April 2017 herrschte während mehrerer Tage ein extremer Spätfrost. Der tiefer gelegene Teil der Beobachtungsfläche lag in einem Kältesee; es konnten in Bodennähe Nachttemperaturen von minus acht Grad gemessen werden. Alle genannten Baumarten hatten bereits stark ausgetrieben und befanden sich im Streckungswachstum. Einige Tage nach Ende des Spätfrosts waren die Kronen vollständig braun, sodass befürchtet wurde, dass manche Bäume letal geschädigt worden sind. Namentlich die Eichenarten und die Eschen haben noch im selben Jahr erneute Triebe gebildet.

Bereits im nächsten Jahr waren ausser stärkeren Verzweigungen im Kronenraum keine weiteren Schäden mehr sichtbar. Bei den Nussbäumen sind auch noch nach drei Jahren abgestorbene ­Kronenpartien sichtbar – es haben aber alle Exemplare überlebt. Offenbar sind die meisten der genannten Baumarten der trocken-basischen ­ Standorte, die in d ­ iesem «kontinentaleren» submediterranen Hügelland vorkommen können, recht wenig anfällig gegen Sommertrockenheit und Spätfröste. Während im Churer Rheintal die gewöhnlichen Eschen stark durch das Eschentriebsterben beeinträchtig sind, zeigen die Manna-Eschen auf der Beob­achtungsfläche im Nordapennin bisher keine Symptome dieser Pilzkrankheit. Studien zeigten,

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dass Fraxinus ornus wesentlich weniger durch das Eschentriebsterben geschädigt wird, selbst wenn der Erreger nachgewiesen werden kann (Ibrahim et al. 2017). Die Manna-Esche scheint auf diesen Standorten überhaupt eine Baumart mit viel Potenzial zu sein. Bereits in der Jugendphase scheint sie mit ihren tief reichenden Wurzeln die verwitternden Schieferfelsen recht gut erschliessen zu können. An etwas lichtreicheren Stellen der Beobachtungsfläche ist eine individuenreiche Verjüngung feststellbar. Sie kommt im Gegensatz zur ebenfalls zahlreichen Verjüngung der verschiedenen Eichenarten trotz der im Gebiet enormen Rehwildbelastung recht gut auf. Pflanzversuche im Wallis (Rigling et al. 2016) oder ein eigener Versuch im Prättigau zeigen, dass diese Art des submediterranen Verbreitungsareals auch auf trockensten beziehungsweise frostgefährdeten Lagen gedeihen kann. Die auf der Fläche vorhandenen Eichen zeigen auch innerhalb der einzelnen Arten eine wohl recht grosse genetische Vielfalt: Individuen mit sehr unterschiedlichen Blatt- und Kronenformen gedeihen auf kleinster Fläche (Abb. 2). Ausblick: Würdigung verschiedener Baumarten als waldbauliche Entscheidungshilfe Zur besseren Abschätzung der standörtlichen Ansprüche beziehungsweise der Begründung künftiger Bestände im Churer Rheintal sollen mit Literaturstudium, Expertenerfahrung und gezielter Beobachtung Baumarten aus den genannten Klimabedingungen gewürdigt werden. Ansprüche der einzelnen Baumarten Eine Entscheidungshilfe mit Eignungspotenzial der verschiedenen Baumarten der submediterranen Zone kann erstellt werden: Baumarten, die sich beson­ders für eine künftige Bestockung im Churer Rheintal eignen und solche, die zu meiden sind. Hierzu können die einzelnen Baumarten nach ­folgenden Kriterien tabellarisch beurteilt werden:

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Eignungspotenzial, z. B. Skala +++ (sehr gut geeignet) bis −−− (abzuraten) bezüglich –– klimatischer Faktoren wie Trockenheit, Spätfrost –– edaphischer Faktoren wie pH (basisch, indifferent, sauer), –– Gründigkeit und Bodenqualität (flachgründig, tiefgründig, feucht, nährstoffreich) –– Gefährdungspotenzial durch Schädlinge, Krankheiten, Waldbrandgefahr, invasives Verhalten Zusätzlich helfen Angaben über die aktuelle natürliche Verbreitung (Verbreitungskarten, klimatische Bezüge), vegetationskundliche Bezüge (standortkundliche Beschreibung von Waldtypen), Gefährdungen (Krankheiten, Waldbrandgefahr, invasives Verhalten), Bedeutung von Provenienzen der Gast­ baumarten mit weiter natürlicher Verbreitung sowie Bedeutung der genetischen Variabilität. Wenn möglich sollen auch Angaben über die Beschaffung von Saatgut/Pflanzen von (regionalen) Baumschulen und der Möglichkeit der Aufzucht in Graubünden gemacht werden. Folgende Baumarten können mit diesen Kriterien beurteilt werden: Fraxinus ornus, Quercus petraea, Quercus pubescens, Quercus cerris, Acer opalus, Acer campestre, Acer monspessulanus, Ulmus minor, Prunus avium, Prunus mahaleb, Populus alba, Populus tremula, Castanea sativa, Pinus nigra (div. Subspec.), Pinus sylvestris, Tilia cordata, Tilia tomentosa, Sorbus torminalis, Sorbus aria, Carpinus betulus, Carpinus orientalis, Ostrya carpinifolia, Juglans regia, Robinia pseudoacacia. Baumarten aus aussereuropäischen Gebieten sollen nach Möglichkeit nicht gefördert werden. Das Risiko von eingeschleppten Krankheiten ist bei diesen Baumarten grösser als bei Arten aus dem europäischen Raum. Angepasste Bestandesstrukturen Aus den unterschiedlichen Standort-, Konkurrenzund Lichtansprüchen können auch mögliche Bestockungen und Bestandesstrukturen skizziert werden.


Ziel einer Bestockung auf den gefährdeten Standorten soll ein dauerhaft vorhandener Waldbestand mit primärer Schutzwirkung (Erosion, Steinschlag usw.) und sekundärer Holzproduktion sein. Auf geringster Fläche soll eine möglichst artenreiche, auf die Standortbedingungen ausgerichtete Baumbzw. Strauchvegetation angestrebt werden. Damit soll eine möglichst grosse Risikoverteilung gewährleistet sein. Kurze Umtriebszeiten und eine kleinflächig stufige Bestandesstruktur soll angestrebt werden. Baumarten mit starker Konkurrenzkraft sol­len nicht flächig gefördert werden. Auf besonders flachgründigen, felsigen und stark austrocknenden Standorten müssen in Zukunft eventuell grundsätzlich strauchförmige Gehölze mit nur eingestreuten Baumarten angestrebt werden. Die angestrebten eher offenen Bestandesstrukturen ermöglichen mit den meisten der oben genannten Baumarten auch eine vielfältige Biodiversität: Die meist lichten, trockenen und sommerwarmen Standortbedingungen dürften sich nicht nur auf die Flora, sondern v. a. auch auf gewisse spezialisierte Tiergruppen von Insekten, Reptilien oder Vögel positiv auswirken. Waldbauliche Zielformulierungen für ausgewählte Standorttypen Für ausgesuchte Standorttypen können sinnvolle Baumartenzusammensetzungen und Bestandes-

strukturen als mögliche Waldbauziele gutachtlich beschrieben werden, beispielsweise: 10, 14, 14M, 14P, 15H, 16*, 40*, 40M usw. Beobachtungsflächen Genau dokumentierte Beobachtungsflächen sind besonders wichtig zur Festigung des Wissens und der Erfahrung mit den neuartigen Waldbauzielen. Da namentlich die im Projekt «Eichenförderung in Nordbünden» (Frey und Bichsel 2015) dokumentierten Standorttypen besonders stark vom Klimawandel betroffen sind, eignen sich die dort ausgeschiedenen und beschriebenen Bestände besonders gut zur Einrichtung von einer zu definierenden Zahl von Versuchsflächen. Sie können exemplarisch beurteilt, differenzierte Waldbauziele formuliert und Massnahmen definiert werden. Eine möglichst rasche Ausführung der Massnahmen soll garantiert und mit Eigentümern und Bewirtschaftern abgesprochen und gesichert sein. Dr. Hans-Ulrich Frey und Markus Bichsel sind Forst­ ingenieure und Standortkundler.

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

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Grosser Ahornboden – elf Fragen an Magister Hermann Sonntag Interview mit Silke Schweizer, SELVA

Herr Sonntag, was können Sie uns zur Entstehung des grossen Ahornbodens sagen? Das Gelände entstand durch glaziale Erosion. Ab 1200 setzte die Nutzung als Weideflächen ein, das hat eine Pollenanalyse ergeben. Dann gab es wohl ein bis zwei klimatisch bedingte Unterbrüche, und ob und wie stark der Mensch durch Nutzung daran beteiligt war, dass die Nadelhölzer verdrängt wurden, ist nicht belegt. Die Beweidung brachte durch die Düngung Bodenverbesserung und der Horizont wuchs. Da das Eis in der kleinen Eiszeit bis ca. 1800 m stand, entwickelte sich am unteren Rand ein kleiner See, aber jener ist vor ca. 5000 Jahren durchgebrochen und das war der Grund für die Auflösung. Wer sind die Eigentümer des grossen Ahornbodens? Das ist ganz kurios und einmalig, der Grund gehört zehn Bauernfamilien aus dem Inntal als einer privaten Agrargemeinschaft, aber die Bäume sind jeder für sich ein Naturdenkmal und sind im Besitz der Republik Österreich. Dadurch sind die Bundesforste für sie zuständig. Warum sind es Bergahorn (Acer pseudo­ platanus)? War ein Ausgangsbestand vor­handen? Gleicher Genpool? Da im Tal von Dezember bis März fast keine Sonne scheint und sich durch die Schatten auch im Herbst lange die Talfeuchtigkeit hält, war der Bergahorn wohl hier prädestiniert. Wahrscheinlich konnte der Bergahorn wegen seiner Flexibilität bei der Wurzelbildungsfähigkeit auf den Schotterkegel am besten wachsen. Die gute Wasserversorgung spiegelt auch der hohe Moos- und Flechtenartenreichtum wider. Hier gibt es den grössten bekannten Bestand

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an Rudolphis Trompetenmoos weltweit. Leider stehen bisher noch keine Genanalysen zu den Bergahornherkünften zur Verfügung. Standorteigenschaften? Hochtal mit Feuchte, Schatten, Schotterkegel der Kalkalpen als Ausgangsgestein. Wie alt, dick, hoch ist der Methusalem vor Ort? Es gibt nicht den einen grössten, dicksten oder ältesten Baum. Von den über 2000 Exemplaren sind viele älter als 400 Jahre und einige Ausreis­ ser über 500 bis max. 600 Jahre alt. Wie stark ist die Beeinflussung heute durch Alm-/Viehwirtschaft? Massiver Einfluss! Die Bauern aus dem Inntal, den Tiroler Gunstlagen, sind fünf Schnitte pro Jahr gewohnt. Durch das Laub, aber vor allem durch die Viehhaltung und die Zufütterung der Tiere erfolgt ein massiver Nährstoffeintrag. Der Bodenaufbau hat von 6 auf 10 mm zugenommen. Die landwirtschaftliche Nutzung ist hier von Restriktionen ausgenommen. Die Epiphyten sind leider durch die Düngung stark in Mitleidenschaft gezogen. Das ist auch sehr inte­ ressant, es wurden auf nur einem einzelnen Baum 101 Arten, insgesamt 80 Moose und 135 Flechten gefunden. Rolle für den Tourismus? Der Grosse Ahornboden ist bestimmt der Flecken im Naturpark Karwendel, der am meisten besucht wird. Vor allem die Laubfärbung im Herbst ist die Attraktion. Der Tourismus ist einerseits negativ wegen des Individualver­ kehrs und allem, was dieser nach sich zieht, aber es gibt auch Vorteile: Erstens subventioniert der Tourismus die Landwirtschaft quer, da die Bauern ihre Produkte vor Ort verkaufen z. B. Käse. Und zweitens lieben die Besucher


Ahornboden im Frühling.

ihren Ahornboden und wollen, dass es diesem gut geht. Das hat zur Folge, dass bereits in den 1950er- und 1960er-Jahren (nachdem die Mautstrasse eröffnet wurde) es Kampagnen für den Erhalt des Ahornbodens gegeben hat; seit damals gibt es Baumpatenschaften. Wie sieht das Erhaltungs- und Verjüngungsmanagement aus? In den 1950er-Jahren hat man den Fehler gemacht und während so einer Kampagne knapp 1000 Bäume gepflanzt, jedoch anderer Herkunft, von denen viele nicht überlebt haben. Seit 2006 werden die Ergänzungspflanzungen ausschliesslich aus selbst gezogenen auto­ chthonen Herkünften versorgt und mit Zäunen, die Freiwillige jedes Frühjahr instand setzen, geschützt. Da der Grund den Bauern

(Bild: H. Sonntag)

gehört, braucht es für jede Pflanzung eine Erlaubnis, was aber schwieriger wird, da die EU-Subventionen in der Almwirtschaft Flächensubventionen sind. Die Landwirte haben Bedenken wegen Kürzungen der Förderungen. Spielt die Russrindenkrankheit eine Rolle? Bisher ist diese Gott sei dank noch nicht hier angekommen. Es gibt lediglich die Teerfleckenkrankheit auf den Blättern, aber diese ist nicht letal. Falls Bäume gefällt werden müssen, was wird damit gemacht? Jeder einzelne Baum ist geschützt. Auch wenn er stehend tot ist, darf man ihn nicht entfernen. Lediglich, wenn er von alleine umfällt, wird er von der Weide geräumt und der eine

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Ahornboden im Sommer.

oder andere Besucher nimmt sich ein Andenkenstück mit nach Hause. Gibt es eine besondere Geschichte? Es gibt einen Briefwechsel, in dem der Tiroler Landeshauptmann an den zuständigen Hofrat schreibt, dass eine deutsche Reisegruppe fragen liesse, was denn die Ursache für das ruinenhafte Aussehen der Bäume sei. Auch damals hat der Tourismus schon direkten Einfluss genommen. Es gibt weitere Schriften über den Ahornboden. Franz Straubinger und ich haben 2014 das Buch «Grosser Ahornboden. Eine Landschaft erzählt ihre Geschichte» im Berenkamp Verlag herausgebracht. Und es gab die Dissertation «Bergahornweiden im Alpenraum, Kulturgeschichte und Biodiversität» von Kibacher, Bergamini, Scheidegger und Bürgi, 2018 erschienen im Haupt Verlag. Es gibt auch noch

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(Bild: H. Sonntag)

den Kleinen Ahornboden. Er ist nicht mit dem Auto erreichbar, liegt etwas oberhalb und ist bei Wanderern und Mountainbikern sehr beliebt. Dort stehen nicht so viele Bäume.

Factsheet Grosser Ahornboden – Engtal, Fläche gehört zu Österreich, Zufahrt nur ­über ­Deutschland möglich – 265,62 km², > 2400 Bergahorne – seit 2009 im Naturpark Karwendel, seit 1989 Landschaftsschutzgebiet – 1080 bis 1300 m Höhe, Almwirtschaft, Viehweide


Personalwechsel AWN

Pensionierung Reto Obrist, Leiter Forstgarten Rodels Reto Obrist geht auf eigenen Wunsch per Ende März 2021 vorzeitig in die Pension. Er arbeitete während rund 40 Jahren in unserem Amt. Angefan­ gen hat er 1981 in der Sektion Forsteinrichtung des damaligen Forstinspektorats und war danach wäh­ rend 17 Jahren in der Sektion Schulung tätig. In den vergangenen rund 20 Jahren arbeitete er als Be­ triebsleiter des kantonalen Forstgartens in Rodels. Die reine Menge an nachgefragten Jungpflanzen für den Wald hat zwar wegen der vermehrten Na­ turverjüngung stetig abgenommen, nicht aber die Ansprüche an die Qualität und der Bedarf an grös­ seren Jungpflanzen. Reto Obrist und die Mitarbei­ ter in Rodels konnten das Sortiment stetig anpassen und die verschiedenen Kundengruppen damit be­ dienen. Wir wünschen Reto Obrist für den neuen Lebens­ abschnitt alles Gute und bedanken uns herzlich für die vielen Jahre Engagement und Arbeit für unser Amt und für die Bündner Wälder.

Francesco Bonavia – neuer Betriebsleiter Forstgarten Francesco Bonavia wird als Nachfolger von Reto Obrist am 1. Mai 2021 die Betriebsleitung des kan­ tonalen Forstgartens in Rodels übernehmen. Francesco Bonavia hat das Diplomstudium als Forstingenieur an der ETH Zürich im Jahr 2003 ab­ geschlossen. Danach hat er den Kanton Graubün­ den in den Jahren 2008 bis 2011 bereits als Mitar­ beiter eines Umweltberatungsbüros kennengelernt. 2011 trat er die Stelle als Leiter der kantonalen Forstbaumschule Lattecaldo im Tessin antrat, bei der er bis heute tätig ist. Kündigungen Christoph Messmer und Sabine Leisinger Christoph Messmer verlässt das AWN per Ende Fe­ bruar 2021. Er war Regionalforstingenieur in der Region 2, Reichenau-Tamins, und nimmt sich einer neuen beruflichen Herausforderung an. Wir dan­ ken Christoph Messmer für seinen Einsatz als RFI in der Region 2 und wünschen ihm alles Gute und Zufriedenheit an der neuen Stelle. Sabine Leisinger verliess das AWN per Ende Dezem­ ber 2020 um eine neue berufliche Herausforderung anzunehmen. Sie leitete den Bereich Zentrale Diens­ te während 5 ½ Jahren und vertrat das AWN als eine der Trägerschaften beim «Bündner Wald».

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Annabarbara Beilstein – Regionalforstingenieurin Region 1 Annabarbara Beilstein wird als Nachfolgerin von Sandro Krättli in der Region Herrschaft/Prättigau/ Davos per 1. April 2021 als Regionalforstingenieurin die Arbeit beim AWN aufnehmen. Annabarbara Beilstein hat an der ETH Zürich Umweltnaturwissenschaften mit Vertiefung in Waldund Landschaftsmanagement studiert (Masterabschluss). Sie leitete Führungen im Focus Terra, im erdwissenschaftlichen Forschungs- und Informationszentrum der ETH Zürich, und war als Assistentin für Botanikexkursionen und Botanikübungen tätig. Nach einem Praktikum in der Region Rheintal/ Schanfigg des AWN im Sommer 2020 absolviert sie bis im Frühling ein Praktikum am Schnee- und Lawinenforschungsinstitut SLF in Davos.

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Jann Brosi – Regionalforstingenieur Region 2 Jann Brosi wurde als Regionalforstingenieur mit Spezialgebiet Erschliessungen und Forstbetriebe in der Region 2 Rheintal/Schanfigg gewählt. Er übernimmt die Nachfolge von Christoph Messmer und ist als Regionalforstingenieur für die Stadt Chur und die Gemeinden Arosa und Tschiertschen-Praden zuständig. Jann Brosi ist dipl. Forstingenieur FH und seit einigen Jahren beim Amt für Wald und Naturgefahren in verschiedenen Positionen tätig: zuerst als Praktikant in Chur, dann als Projektassistent/Stv. Gesamtprojektleiter in Bondo und seit 2019 als technischer Sachbearbeiter zu je 50 Prozent in den Bereichen «Erschliessung» und «Naturgefahren & Schutzbauten».


Nina Zoller – Geologin AWN-Zentrale Die neu geschaffene Geologie-Stelle für den Bereich Naturgefahren und Schutzbauten können wir mit Nina Zoller besetzen. Nina Zoller hat an der ETH in Zürich studiert und mit einem Master in Erdwissenschaften abgeschlossen. Sie bringt eine breite Berufserfahrung als Geologin mit und arbeitet aktuell in einem Geologiebüro in Chur. An der Zentrale in Chur wird Nina uns vor allem bei den Gefahrenprozessen Sturz und Rutschungen unterstützen, aber auch übergeordnete Aufgaben im Naturgefahrenmanagement übernehmen. Nina Zoller wird bei uns am 1. April 2021 mit einem Arbeitspensum von 80 Prozent beginnen.

Antonio Crisci – neuer Leiter Zentrale Dienste Antonio Crisci wird per 1. April 2021 die Leitung der Zentralen Dienste als Nachfolger von Sabine Leisinger übernehmen. Er hat an der Fachhochschule Graubünden den Bachelor in Telekommunikation und Informatik und später den Master of Advanced Studies FHGR in Business Administration erlangt. Antonio Crisci arbeitete einige Jahre im IT-Bereich unter anderem bei Würth ITensis und ist heute Stellen- und Funktionsmanager beim Personalamt Graubünden.

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Christian Nagy – Koordinator Infrastruktur­ projekte Brienz Die neu geschaffene Stelle als Koordinator Infra­ strukturprojekte Brienz beim AWN wird Christian Nagy antreten. Christian Nagy hat den Master in

Bauingenieurwissenschaften mit Vertiefung «Kon­ struktion/Wasserbau und Wasserwirtschaft» an der ETH Zürich erlangt. Er verfügt über langjährige Be­ rufserfahrung als Projektleiter und ist zurzeit als Projektleiter Wasserbau und Büroleiter in einem In­ genieurbüro in Chur tätig. Als Koordinator Infrastrukturprojekte Brienz wird Christian Nagy den Gesamtkoordinationsplan füh­ ren, den Informationsfluss unter allen Infrastruk­ turbeteiligten sicherstellen und bei Bedarf die ­Lenkungsgruppe von Kanton und Gemeinde ein­ beziehen. Er wird zudem Projekte im Bereich Natur­ gefahren und Schutzbauten leiten. Christian Nagy wird seine Arbeit am 1. April 2021 mit einem Arbeitspensum von 80 Prozent an der Zentrale AWN in Chur aufnehmen. Das AWN wünscht allen schon heute einen guten Start.

Skipostenlauf für das Forstpersonal Das OK für die Organisation des beliebten Skipos­ tenlaufs sowie der Vorstand von Graubünden Wald bedauern es sehr, dass unsere sehr gut be­ suchte Veranstaltung, welche für den 27. Februar geplant war, wegen der restriktiven Coronamass­ nahmen erneut um ein Jahr verschoben werden muss. Ein ganz herzlicher Dank geht an den Forstbetrieb Cazis, der sich wieder zur Verfügung gestellt hat, um den Skipostenlauf im Jahr 2022 zu organisie­ ren. Das Datum wird, sobald es bekannt ist, kom­ muniziert.

Wir freuen uns auf den nächsten geselligen Anlass.

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(Bild: GR-Wald)


Vorschau «Bündner Wald» April 2021 Forstliche Vereine in Graubünden Da die Versammlung 2020 unseres Vereins Graubünden Wald nicht abgehalten werden konnte und die diesjährige Zusammenkunft an gleicher Stelle wie 2020 geplant ist, verzichten wir darauf, den Versammlungsort aufs Neue vorzustellen. Stattdessen widmen wir uns der Geschichte und den Aufgaben forstlicher Vereine sowie auch den Personen, die unseren Vereinen gegen aussen ein Gesicht geben und gaben. Redaktion: Jörg Clavadetscher

Vorschau auf die nächsten Nummern Juni 2021: Wege vom Bündner Holz Redaktion: Viola Sala Redaktionsschluss: 20. April 2021 August 2021: Rund um den Seilkran Redaktion: Jörg Clavadetscher Redaktionsschluss: 2. Juni 2021

Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden und der SELVA. Verlag: © Somedia Production AG, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, ­Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @  selva-gr.ch Redaktoren: Redaktion: Viola Sala, viola.sala@awn.gr.ch. Jörg Clavadetscher, forestal-muestair@bluewin.ch. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter F­ orm ohne Rückfrage zu ändern. H ­ erstellung: Viaduct, 7000 Chur. Erscheint sechsmal jährlich. Auflage: 1700 Exemplare Inserate: Somedia Promotion, Telefon + 41 (0) 81 650 00 70, thusis@somedia.ch Abonnementspreise: CHF 60.– (inkl. MwSt. für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressände­rungen: Telefon 0844 226 226, abo @ somedia.ch, www.buendnerwald.ch Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktoren übereinstimmen. Autoren, die zu obenstehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion einzureichen.

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