Wildeinfluss auf die Eiche in der Schweiz Die Eiche ist eine ökologisch bedeutende Baumart, die wildlebende Huftiere bevorzugt verbeissen. Schweizweit wurden in der kollinen bis untermontanen Höhenstufe rund 30 Prozent der zwischen 2009 und 2017 beurteilten Eichen verbissen. Zudem wird die Eiche als «verbissempfindlich» eingestuft. Wildlebende Huftiere beeinflussen daher den Pflanzund Verjüngungserfolg von Eichen, was die Anpassung der Wälder an den Klimawandel erschwert. Andrea D. Kupferschmid, Peter Brang, Meinrad Abegg
An Eichen leben mehr Insekten- und Pilzarten als an allen anderen einheimischen Baumarten. Die Eiche ist aber gleichzeitig auch bei den wildlebenden Huftieren eine der beliebtesten Baumarten (Kupferschmid et al. 2015). In diesem Artikel beleuchten wir deshalb den Einfluss der wildlebenden Huftiere auf die Eichenverjüngung. Die Eichenarten sind in der Schweiz vorwiegend in der kollinen, submontanen und untermontanen Vegetationshöhenstufe verbreitet, weshalb sich unsere Beurteilung der Dichte und des Verbisses auf diese Höhenstufen beschränken. Im vierten Landesforstinventar (LFI 4, 2009 bis 2017) wurde Eichenverjüngung auf knapp 200 Probeflächen gefunden. Die meisten dieser Probe flächen fanden sich in den Wirtschaftsregionen Jura West (22 Probeflächen), den drei Mittelland-Regionen (29 bis 37), sowie in den Regionen Alpen Südwest (28) und Alpensüdseite (23). Die mittlere Verjüngungsdichte lag nur in drei Regionen der Westschweiz über 2000 Eichen pro ha (Abbildung 1). Im Schweizer Mittel nahm die Eichenverjüngung seit dem Landesforstinventar 1993/1995 (LFI 2) stark zu, aber nur bei kleinen Pflanzen zwischen 10 cm und 129 cm Baumhöhe. Die Dichte der Eichen zwischen 130 cm Baumhöhe und 11,9 cm Brusthöhendurchmesser (BHD) veränderte sich in den meisten Regionen nicht signifi-
kant, sank aber in den Regionen Alpen Südwest und Alpensüdseite (Abbildung 1). Die Zunahme der kleinen Eichen deutet darauf hin, dass sich Eichen entweder vermehrt etablierten und/oder fast keine Eichen von < 130 cm Baumhöhe in die höhere Grössenklasse einwuchsen. Ein Grund für Letzteres könnten wildlebende Huftiere sein. Speziell Rehe und Rothirsche fressen Eichentriebe sehr gerne. Von den 10 bis 129 cm grossen Eichen waren laut dem LFI 4 auf der kollinen bis montanen Höhenstufe 32,7 ± 9,3 Prozent (Mittelwert ± einfacher Standardfehler) an ihrem letztjährigen Endtrieb verbissen (Abbildung 2) beziehungsweise 31,6 ± 8,7 Prozent in allen Höhenstufen (Brändli et al. 2020). Dies bedeutet, dass im Schnitt alljährlich jede dritte Eiche an ihrem Endtrieb verbissen wird. Ein Vergleich mit früheren Verbisszahlen ist schwierig, da sich die Aufnahmemethode im LFI veränderte. Vereinfacht ausgedrückt, galt ein Bäumchen im LFI 2 als «unverbissen», wenn die Knospenschuppennarben der zwei letzten Jahre unverbissen waren, im LFI 4 hingegen bereits, wenn diejenige des letzten Jahres «unversehrt» war (Schwyzer & Lanz 2010). Im LFI 2 wurden also mehr Bäumchen als am Endtrieb verbissen betrachtet als im LFI 4. Wenn trotz der weniger strengen Beurteilung der Verbissintensität im LFI 4 mehr Bäumchen verbis-
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10.06.20 12:53