Vorhang auf für die Eiche

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Der Tannenhäher ist ein sympathischer Bewohner der Bergwälder – gar Schirmherr des Schweizerischen Nationalparks. Als er 1961 unter Schutz gestellt wurde, ging dem eine Erkenntnis voraus, welche die Optik auf diesen Vogel diametral änderte. Das menschliche Urteil musste revidiert werden. Die Brandmarkung als gejagter «Schädling» wurde nicht nur aufgehoben, die Rehabilitation führte gar zur Ernennung schützenswerter «Nützling». Gerühmt werden Rabenvögel für ihre überdurchschnittliche Intelligenz. Nützlich für die Waldverjüngung wird aber ironischerweise ihre Vergesslichkeit bei der Futtereinlagerung. Diese Verteilwut mit reduziertem Finderglück lässt die vergessenen Arven-Nüsschen keimen. Eine Geschichte aus dem Naturschutz, die man gerne erzählt. Bereits Coaz erwähnt 1902 in der Zeitschrift für Forstwesen dessen Bedeutung für die Ausbreitung des Waldes an der Vegetationsgrenze. Er meinte jedoch auch, «… wenn sie aber zu zahlreich auftreten, sollte ein Abschuss stattfinden». Erst 60 Jahre später folgte das Jagdverbot. Zweifelsohne war der Tannenhäher auch der perfekte Botschafter für die gebeutelten Bergwälder, die sich mittlerweile in der fläch gen Ausdehnung sukzessive erholten. Für seinen nahen Verwandten aus den Mischwäldern sieht es etwas anders aus. Der Eichelhäher ist noch jagdbar. Spitzenreiter bei den Abschüssen sind gemäss eidg. Jagdstatistik seit einigen Jahren die Bündner Jäger, welche die Tessiner ablösten. Die Argumentation ist heute so: Was nicht gefährdet ist, kann grundsätzlich bejagt werden, besonders wenn die Jagd nur kompensatorisch wirkt. Da zwinkert der Tannenhäher erleichtert vom Geäst. Die ökologische Rolle des Eichelhähers ist uns längst klar und sie gewinnt wegen des Klimawandels an Bedeutung, was der vorliegende «Bündner Wald» verdeutlicht. Bis zu 5000 Eicheln soll ein Häher pro Saison verteilen. Erste Forstbetriebe machen sich die Dienste schon zu eigen und stellen Kästen mit Eicheln zur Verfügung. Dabei fällt auf, wie wählerisch die schlauen Krähenvögel sind. Op-

tisch nicht einwandfreie Eicheln werden in den Kästen liegengelassen. Eine erste Selektion vor der Keimung für werdende Eichen. Es bleibt die nüchterne Frage, wieso nun der Tannenhäher nichtjagdbarer Sympathieträger wurde und der Eichelhäher noch immer jagdbare Trophäe ist? Das Brüstchen sei köstlich, versicherte mir ein jagender Förster im Schwarzwald und die Feder gehöre in jeden Försterhut. Ob nun das Tannenhäher-Brüstchen ebenso schmeckt, weiss ich nicht – müsste es eigentlich bei einem Vogel, der sich mit feinsten Arven-Nüsschen nährt. Nun ja, bleibt die stilistische Hutdekoration, wo hierzulande mit der falschen Feder geschmückt, eher der modische Vogel abschossen wird. Für mich ist somit kein klarer Trennschnitt möglich zwischen diesen beiden Arten und ihrer menschlichen Einteilung. Eher klemmts beim Versuch einer logischen Auslegung. Für klimafitte Wälder wird es wichtig, dass sich die Eichenarten auf mehr Fläche innerhalb bestehender Wälder verbreiten. Das gerade im Hauptverlag erschienene Buch «Symbiosen in unseren Wiesen, Wäldern und Mooren» zeigt die Rolle beider Häher erneut eindrücklich auf. Der Eichelhäher steht für artenreiche und klimafi te Mischwälder der Zukunft. Als Schirmherr dieser würde er gut taugen, ob weiterhin jagdbar oder nicht. Sandro Krättli

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