Natur+Umwelt 3-2022

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NATUR IM PORTRÄT

Pflanzenporträt

PFLANZENPORTRÄT

GEMEINE BRAUNELLE Als kleiner lila Sommerblüher m ­ it viel Nektar und einer genialen Mischung an Wirkstoffen ist d ­ ie Gemeine B ­ raunelle eine ideale Insektenweide sowie eine bei uns fast vergessene Würz- und Heilpflanze. ie Prunella vulgaris liebt sonnige, nährstoffreiche und leicht feuchte Standorte und wächst auf Weiden, Wiesen, Rasen und an Wegrändern. Mit Über­ dauerungsknospen direkt an der Erd­oberfläche kann ein Rasenmäher ihr wenig anhaben. Sie vermehrt sich über kriechende Aus­ läufer und Samen, die durch Regentrop­ fen aus dem Kelch geschleudert werden. Diese sind in feuchtem Zustand klebrig und werden über Tierpfoten und Schuh­ sohlen verbreitet.

BRAUNELLEN

(Prunella) – Lippenblütler Unsere häufigsten Arten: • Gemeine Braunelle (Prunella ­vulgaris): oberstes Blattpaar direkt am Grund des Blütenstandes, ­häufig und ungefährdet • Großblütige Braunelle (Prunella grandiflora): erstes Blattpaar mit Abstand zur größeren Blüte, ­ Rote Liste Vorwarnstufe • Weiße Braunelle (Prunella ­laciniata): Rote Liste 3 – gefährdet • Endemische Arten auf Kreta, in ­Albanien, im Mittelmeerraum • Leichte Verarbeitung und ungiftig, aber die ärztliche Kontrolle nicht vergessen!

Ihren Nektar lieben Hautflügler wie Hummeln und Bienen, deshalb Vorsicht beim Barfußgehen. Aber auch verschie­ dene Bläulinge, Weißlinge und der Mauer­ fuchs sind hier zu sehen. Die Stahlblaue Mauerbiene nutzt die Pollen zur Larven­ aufzucht. In der chinesischen Medizin wird die Gemeine (oder auch Kleine) Braunelle seit Jahrtausenden geschätzt (in der heutigen TCM vor allem als Leber- und Gallenmit­ tel), ebenso in Kaschmir, Indien und bei der indigenen Bevölkerung Nordameri­ kas. Sie gilt als Allheilmittel. In Asien wird deshalb viel geforscht über ihre Wirksam­ keit bei Erkrankungen wie Krebs, Diabe­ tes, AIDS und anderen Viruserkrankun­ gen. Hierzulande ist sie fast vergessen, obwohl sie im Mittelalter als Wundkraut und bei Diphterie verwendet wurde. Volks­

Fotos: Irmela Fischer

D

tümliche Bezeichnungen der Pflanze wie Gottheil, Tischlergras oder der englische Name Selfheal deuten auf diese Wirkung hin. Heute weiß man: Sie ist anti­mikrobiell, antioxidativ, leberschützend, blutdruck­ senkend, harntreibend, entzündungshem­ mend, antiviral, wundheilend sowie tumorund HIV-hemmend. Die Kleine Braunelle lädt ein zum Sel­ bermachen: Blütenköpfchen sammeln, frisch oder getrocknet für Tee bei Erkäl­ tung, Halsschmerzen, Zahnfleischentzün­ dungen oder als Wundauflage, zermahlen als Gewürz oder im Kräutersalz, in Wein gesotten oder als Tinktur zum Betupfen von Herpes-Bläschen und zum Gurgeln, Öl oder Salbe bei Wunden und Sonnen­ brand. Genial als Notfallmittel bei Verlet­ zungen unterwegs: ein Blätterverband für frische Wunden. Welch Schatz in Natur und Gärten! IRMELA FISCHER Die Autorin arbeitet selbststän­ dig als Naturbegleiterin und Um­ weltpädagogin. Sie bietet auch für den BUND Naturschutz und das NEZ Allgäu Exkursionen und Kräuterwanderungen an.

Ein hübscher Anblick für uns Menschen und ein Schlemmerbüffet für Insekten: die Kleine Braunelle in Blüte


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