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Neue Vorarlberger Tageszeitung Bregenz, am 08.08.2020, 260x/Jahr, Seite: 18-19 Druckauflage: 10 876, Größe: 87,09%, easyAPQ: _ Auftr.: 8420, Clip: 13042505, SB: Ischgl

18 Vorarlberg

„In einer Krise ist Klarheit ganz wichtig“ INTERVIEW. SPÖBundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner vermisst klare Regeln der Regierung zum Umgang mit dem Coronavirus. Von Michael Steinlechner michael.steinlechner@neue.at

W

ie ist Österreich auf dem Weg aus der Krise unterwegs? Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Arbeit der Regierung?

Pamela Rendi-Wagner: Wenn wir ganz an den Anfang zurückdenken, dann hat die Regierung im Februar und März sicher die richtigen Maßnahmen gesetzt. Wenn man sich allerdings die letzten Wochen und Monate genauer anschaut, dann muss man feststellen, dass mehr und mehr Fehler gemacht wurden. Außerdem wurde aus den Fehlern nicht gelernt. Mit den Erfahrungen aus Ischgl hätte St. Wolfgang in Oberösterreich mit mehr als 100 Fällen, vor allem unter den Beschäftigten im Tourismus, nicht passieren dürfen. Es braucht klare österreichweite Regeln für den Tourismus und regelmäßige Corona-Tests bei den Beschäftigten im Abstand von circa zwei Wochen – und zwar nicht freiwillig, sondern systematisch für alle Beschäftigten. Gibt es noch weitere Problemfelder?

Rendi-Wagner: Die zweite große Herausforderung, die Corona an Österreich herangebracht hat, ist natürlich die größte soziale und wirtschaftliche Krise seit 1945 mit der größten Arbeitslosigkeit. Und auch da stellen wir

fest, dass in den letzten Monaten die Hilfen, die die Regierung in 100 Pressekonferenzen angekündigt hat, offenbar nicht dort ankommen, wo sie benötigt werden. Wir laufen jetzt Gefahr – das sagen auch viele Experten –, dass im Herbst schon die nächste Pleitewelle droht und die Arbeitslosigkeit noch einmal steigen wird. Hier braucht es mehr Programm und das haben wir mit dem „Kraftpaket Österreich“ bereits vor einigen Wochen auf den Tisch gelegt. Dieses Programm hat ja auch Diskussionen, beispielsweise um die Vier-Tage-Woche, ausgelöst.

Rendi-Wagner: Das Kraftpaket hat mehrere Schwerpunkte. Die größte Wirtschaftskrise braucht das größte Investitionspaket, um die Wirtschaft zu unterstützen und Arbeitsplätze zu sichern. Wir müssen auch innovative, neue und moderne Ideen haben wie etwa die Vier-Tage-Woche, bei der die Unternehmer unterstützt werden, ihre Beschäftigten trotz niedriger Auftragslage zu halten. Die große Frage ist: Wer zahlt die Kosten? Es kann nicht sein, dass die, für die die letzten Monate seitens der Regierung geklatscht wurde, jetzt zur Kassa gebeten werden. Breitere Schultern müssen schwerere Lasten tragen. Wie soll das gelingen? Rendi-Wagner: Es gibt in der Krise auch Profiteure und das sind vor allem große internationale Online-Konzerne wie Amazon. Es ist nicht fair, dass diese Milliarden an zusätzlichen Gewinnen durch Corona machen und so gut wie keine Steuern in Österreich und Europa zahlen. Das muss sich ändern. Das beste wäre eine Lösung auf europäischer Ebene, aber wir haben jetzt keine Zeit und können die Konzerne in Form einer Online-

Zur Person Pamela Rendi-Wagner wurde am 7. Mai 1971 in Wien geboren und ist auch dort aufgewachsen. Nach ihrer Schulausbildung hat sie ein Medizinstudium absolviert und war danach unter anderem im Bereich der Impfprävention und Tropenmedizin als Forscherin tätig. Von 2011 bis 2017 war sie Leiterin der Sektion für Öffentliche Gesundheit und Medizinische Angelegenheiten im Gesundheitsministerium. Von 8. März 2017 bis zum 18. Dezember 2017 fungierte die Wienerin zudem als Gesundheitsministerin. Seit 24. November 2018 ist RendiWagner Bundesparteivorsitzende der SPÖ und im November 2017 wurde sie erstmals in den Nationalrat gewählt.

Abgabe auf nationaler Ebene ihren Beitrag leisten lassen. Ich bin dafür, dass sie zehn Prozent ihres Jahresumsatzes in Form eines Corona-Solidarbeitrags leisten. Und ich bin natürlich auch für mehr Steuergerechtigkeit in Form einer Millionärsabgabe auf Vermögen und Erbschaften. Die Millionärsabgabe wird von der SPÖ seit Jahren gefordert. Wie stehen die Chancen, dass diese nun in der Krise eingeführt wird?

Rendi-Wagner: Verteilungsgerechtigkeit ist seit jeher Thema der Sozialdemokratie. Auch Bru-

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no Kreisky, dessen 30. Todestag letzte Woche war, war Steuergerechtigkeit wichtig. Corona gibt uns einen ganz dramatischen Anlass, jetzt noch mehr darüber zu sprechen. Denn die Krise hat die sozialen Unterschiede verschärft. Nicht nur in Österreich werden Reiche reicher und Arme ärmer. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit und wie viel Verantwortung jeder von uns übernimmt, damit wir Leistungen wie etwa Krankenversorgung, Straßenbau oder Schulen finanzieren können. Gerade die Gemeinden leisten enorm viel und haben jetzt durch Corona weniger Mittel zur Verfügung. In ganz Österreich fehlen zwei Milliarden Euro. Es braucht daher ein Gemeindepaket und ich bin dafür, dass alleine nach Vorarlberg 100 Millionen Euro fließen. Martin Staudinger: Gerade die Vorarlberger Gemeinden sind jene, die am meisten verschuldet sind. Das Land rühmt sich ja schon seit Jahrzehnten, dass keine Schulden gemacht werden – was zwar auch nicht stimmt, aber vor allem zulasten der Gemeinden geht. In der Übersicht

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