KW33_Pressespiegel_Österreich_Print

Page 14

Graz, am 09.08.2020, 312x/Jahr, Seite: 8-9 Druckauflage: 342 662, Größe: 87,06%, easyAPQ: _ Auftr.: 8420, Clip: 13043062, SB: Ischgl

Kleine Zeitung Sonntag, 9. August 2020

8 | Sommergespräch Wie wollen wir

künftig leben? Covid-19 hat die Welt auf den Kopf gestellt. In den Sommergesprächen gehen wir heuer jeden Sonntag der Frage nach, wie Krisen das Leben verändern und was sich ändern sollte. Serie, Teil 5

ie „Piefke-Saga“ flimmerte vor 30 Jahren über unsere Bildschirme. Schon damals haben Sie ein Land porträtiert, das vom Tourismus devastiert wird. Fühlen Sie sich als Prophet? FELIX MITTERER: Nein, über-

D

haupt nicht. Ich hab ja nur gesammelt und verdichtet. Alles ist wahr gewesen, das wusste die Branche auch. Auch wenn sie mich damals als Landesverräter hinstellten. Und der damalige Tiroler Landeshauptmann die ARD bat, die anderen Folgen doch erst ab 23 Uhr zu senden. Erst Jahre später hat man mir gesagt: „Felix, du bist so was von naiv, es ist ja alles viel schlimmer.“ Was ist Ihnen spontan durch den Kopf gegangen, als Sie im Zuge der Corona-Pandemie erstmals von der unrühmlichen Rolle hörten, die Ischgl dabei spielte?

Die wollten halt ihren ganz normalen Wahnsinn – wie jede Wintersaison – durchziehen. Wenn das Geld nur so in die Kassen prasselt, wer könnte da widerstehen? Auch wenn dem einen und anderen der Kragen zu platzen droht, bei all dem Ballermann. Wenn betrunkene Gäste gemeinschaftlich vom Hotelbalkon urinieren, wenn sie in den Bach fallen und ertrinken, dann entsteht ein gewisser Widerwillen unter den Einheimischen und auch unter den Betreibern des Wahnsinns. Der letzte Teil der Saga spielt ja in der Zukunft. Alles ist zugemüllt, nur der Profit zählt, Menschenleben und Natur sind nichts mehr wert. Leben wir schon längst in dieser Zukunft?

Heute muss ich sagen, dass die

Wirklichkeit die Erfindung immer und ausnahmslos übertrifft. Ein Virus namens Corona wäre mir nie eingefallen, niemals. Und wäre es denn so gewesen, hätte man mich für komplett verrückt erklärt, was manche ja schon damals taten. Es wird eine Fortsetzung der ,Piefke-Saga‘ geben. Und sowohl die Familie Sattmann als auch das Coronavirus werden eine Rolle darin spielen. Können Sie kurz verraten, wie die Geschichte weitergeht?

Ich hab noch keine Ahnung, weil ich vorerst was anderes zu schreiben habe und noch nicht recherchieren konnte. Jedenfalls hat Karl-Friedrich Sattmann keine Freude mit dem Ballermann. Und wenn er dann auch noch mit Corona auf der Intensivstation landet, wird er gewiss eine Sammelklage der deutschen Gäste gegen Tirol und ganz Österreich initiieren. Kann man angesichts der absurden, surrealen Realität die Wirklichkeit überhaupt noch toppen mit den Mitteln der Satire?

Überhaupt nicht, drum werde ich mich an die dürren Tatsachen halten. Die toppen sich selber in nie gedachter Weise. Das Komische, die Satire, wird wohl aus den bereits vorhandenen Figurenkonstellationen entstehen. Ist die Verhaltensweise, ja nichts zuzugeben, auch wenn etwas ganz evident auf der Hand liegt, ein österreichischer Wesenszug – oder ein menschlicher?

Fragen Sie einen Kleinkriminellen, möge er noch so klein sein, in Wien, Zürich, Mailand oder

„Ein Elefant geht heim, gegen Ende“ INTERVIEW. Nach der „Piefke-Saga“ wurde er als Landesverräter geschimpft, jetzt kehrt Felix Mitterer zurück in die Heimat. Ein Gespräch über die Verheerungen des Tourismus, die Unverbesserlichkeit der Menschen, das Altern und die Nähe. Von Bernd Melichar

Hamburg, er wird immer zum Mauern raten. „Sagst du Ja, bleibst du da, sagst du Nein, gehst du heim.“ Ein zutiefst menschlicher Wesenszug seit Kain und Abel. Kain hatte nur das Pech, einen allwissenden Gott als Tatzeugen zu haben. Was, glauben Sie, ist der Grund dafür, dass sich Menschen an bestimmten Orten zwei, drei Wochen zusammenrotten und aufführen wie die Wahnsinnigen?

Es ist die Sehnsucht nach dem Ausnahmezustand. Das ganze Jahr über muss man funktionieren, muss man der Familie dienen, der Gesellschaft, dem Staat, dann darf man für zwei Wochen Drecksau sein – wie schön!

Die Urlaubsfrage ist heuer nahezu zur Glaubensfrage geraten. Urlaub in Österreich wird vom verantwortungsbewussten Staatsbürger regelrecht eingefordert. Wie groß ist die Gefahr, dass durch diese Krise Nationalismen wieder aufleben bzw. sich verstärken?

Ich bin sowieso für die Region! Daheim will ich meine Freizeit verbringen, und ich will einkaufen, was hier in meiner Gegend erzeugt wird, nicht bei Tönnies oder einem anderen Menschenvergifter und Menschenausbeuter. Oder gar in China, wo viel zu lange jede Hose, jedes Bettgestell, jedes Handy herkamen. Nein, danke schön. Das hat aber mit Nationalismus, den ich zutiefst ablehne, überhaupt nichts zu tun.

zählt als: 5 Clips, erschienen in: Steiermark und Kärnten gesamt (Weiz, Ennstal, Graz, Leoben, Murtal, Mürztal, Süd-, Südwest-, Südost, - Ost-, Weststmk -- Klagenfurt, Lavanttal, St. Veit, Oberkärnten, Osttirol, Villach, Völkermarkt, Feldkirchen) Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Digitale Nutzung gem PDN-Vertrag des VÖZ voez.at. Seite: 1/2 Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 0316/875*0).Pressespiegel Seite 14 von 48

www.observer.at

Kleine Zeitung Unabhängige Tageszeitung


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook

Articles inside

ISCHGL oder: Wie die lernte, die Berge zu lieben

2min
pages 47-48

Wohin in Tirol

4min
page 46

KULTUR-PROGRAMM

5min
page 45

Müssen die Extreme zurückschrauben

4min
pages 43-44

Sonntags-Brunch am Berg in See

0
page 42

Silvretta Ferwall Marsch in Galtür

1min
page 41

Bergbilder: „Piz-Alpin“ von Roland Böck im Alpinarium

1min
page 40

Coronakrise hat die Bedeutung des Tourismus aufgezeigt

3min
page 38

Tourismusbilanz mit Licht und Schatten

7min
pages 36-37

Tiroler fordern Regeln für Ski-Saison

1min
page 34

Bildgewaltiges Gletscher-Tribut

3min
page 39

Sperrstund´ für das Après-Ski

4min
pages 30-31

Mit Vollgas durch das Paznaun

1min
page 33

Ischgl-Ironbike-Challenge mit Andi Goldberger

1min
page 32

Ischgl-Ermittlungen ziehen sich

3min
page 29

Gallische Dörfer

4min
page 28

TOP EVENTS

2min
pages 26-27

Gesucht: Neue Regeln fürs Après-Ski

6min
pages 24-25

Freie Fahrt auf halbe Sicht

3min
page 23

Après

1min
page 22

Der Berg ruft - und fast alle kommen

14min
pages 18-21

Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge

7min
pages 16-17

Pfiat di, Gletscher

5min
page 12

In einer Krise ist Klarheit ganz wichtig

8min
pages 10-11

Ein Elefant geht heim, gegen Ende

9min
pages 14-15

Ein Eiland als Geisterschiff

2min
page 9

Für Frist bei Corona-Maßnahmen

1min
page 13

Cover

1min
page 6

Justiz lieferte fünf Info-Berichte zu Ischgl

2min
page 8
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.