Ein kollektiver Erinnerungsbesuch — Bassam Ghazi, Regisseur und Künstlerischer Leiter des Stadt:Kollektiv, gibt im Interview mit dem Dramaturgen Lasse Scheiba Einblicke in die Entstehung der Inszenierung
Für die Inszenierung »Solingen 1993« suchen wir Mitspieler*innen von zwanzig bis dreißig Jahren. Alle Interessierten aus Düsseldorf, Solingen oder der Region können sich ab 1. Juni auf www.dhaus. de/stadtkollektiv für das Infotreffen am 31. August 2022 anmelden.
1993 wurde in Solingen das Wohnhaus der Familie Genç angezündet. Bei dem rechtsradikalen Anschlag kamen fünf Menschen ums Leben. Bassam Ghazi, Sie wollen dreißig Jahre später eine Inszenierung über diesen Anschlag gemeinsam mit jungen Erwachsenen entwickeln. Wie haben Sie selbst damals reagiert, was haben Sie gedacht, als Sie von dem Anschlag erfahren haben? Ich war damals 18 Jahre alt und verbinde den Anschlag direkt mit der Wiedervereinigung 1989 – wenige Jahre später ging es los mit rassistischen Anschlägen: Hoyerswerda, Mölln, Rostock, Solingen. Die Bedrohung kam immer näher. Ich habe damals mit meinen Eltern und Geschwistern in der Nähe von Oldenburg gelebt. Die Anschläge wurden alle in kleineren Städten verübt, und das hat meine Sinne geschärft: Das kann hier auch passieren. Ich wollte meine Geschwister beschützen, ich war der Älteste. In dem Haus, in dem wir damals lebten, war mein Zimmer direkt neben der Eingangstür. Ich überlegte, was ich tun könnte, sollte jemand vor der Tür stehen oder etwas reinwerfen. Ich habe mir dann einen Baseballschläger besorgt, und neben meinem Bett standen mehrere Wochen zwei Eimer mit Wasser. Ich dachte, damit krieg ich einen Molotow-Cocktail gelöscht. Schwachsinn natürlich. Aber das war mein Notfallplan.
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