Düsseldorfer Schauspielhaus — Spielzeitheft 22/23

Page 47

Bertolt Brecht hatte nichts gegen Geld. Und es wäre ihm wohl auch recht gewesen, wenn wir alle »die Welt retten, Spaß haben und dabei Geld verdienen« würden. Doch was uns Amory Lovins, der berühmte amerikanische ­Ökonom und Umweltaktivist, da in Aussicht stellt, scheitert leider allzu oft an der ­gnadenlosen Realität schneller Märkte. Die menschliche Natur scheint zu kurzfristigem Profit zu neigen. Genau hier setzt Brechts merkwürdige Geschichte aus der chinesischen Provinz Sezuan an. In Sezuan treffen drei obdachsuchende Götter auf die Sexarbeiterin Shen Te, die als Einzige bereit ist, die hohen Gäste aufzunehmen. Für ihre Güte wird die junge Frau mit einem kleinen Kapital belohnt – Mikrokredit, zu verzinsen in guten Taten –, woraufhin Shen Te sich mit einem Tabakladen selbstständig macht. Ihr bescheidener Wohlstand aber weckt Begehrlichkeiten. Als die Bitten ihrer Mitmenschen zu Forderungen werden und sie ihre Hilfsbereitschaft hemmungslos missbraucht sieht, erschafft sie sich ein kapitalistisches Alter Ego: einen Vetter namens Shui Ta, in dessen Gestalt sie ihre Interessen rigoros durchsetzt. Befreit vom Anspruch, moralisch zu handeln, baut Shen Te alias Shui Ta ein ausbeuterisches Tabakimperium auf. Auch hier stellt Brechts Parabel ihre Aktualität unter Beweis: Je skrupelloser das Vorgehen des erfundenen Vetters, desto schmerzlicher wird die gütige Shen Te von den Menschen in Sezuan vermisst. Mit dem Wechsel des Geschlechts verändert sich nicht nur das Selbst, sondern auch die Beziehungen rundherum. Die Frage nach weiblicher und männlicher Macht und Führungsstärke steht im Raum. Der gute Mensch von Sezuan — Parabelstück von Bertolt Brecht — Regie: Bernadette Sonnenbichler — Bühne: David Homann — Kostüm: Tanja Kramberger — Musikalische Leitung: Tobias Vethake — Premiere im April 2023 — Schauspielhaus, Großes Haus

49


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook

Articles inside

Kontakt und Impressum

2min
pages 162-165

Abonnements

5min
pages 159-161

Eintrittspreise und Ermäßigungen

2min
pages 156-157

Service

2min
page 155

Ensemble und Mitarbeiter*innen

10min
pages 148-154

Residenz

1min
pages 137-139

Solingen 1993 von Bassam Ghazi und Ensemble

3min
pages 129-133

Extras

1min
page 136

Freunde und Förderer

2min
pages 140-141

Odyssee von Pavlo Arie frei nach Homer

4min
pages 126-128

Die Nacht so groß wie wir von Sarah Jäger

1min
pages 121-125

Aufbruch — Vorwort von Bassam Ghazi und Birgit Lengers Künstlerische Leitung Stadt:Kollektiv

2min
pages 119-120

Don Giovanni von Jens Ohlin und Hannes Meidal inspiriert von Mozarts Oper

3min
pages 107-110

Extras im Jungen Schauspiel

4min
pages 114-118

Robin Hood nach der mittelalterlichen Legende

3min
pages 103-106

Wenn Wolken wachsen von Emel Aydoğdu

1min
pages 101-102

Moby-Dick von Herman Melville

5min
pages 96-100

Weißt du, was das Junge Schauspiel ist? — Vorwort

1min
pages 89-90

Theaterpädagogik

3min
pages 84-88

Keine Gegenwart für immer von Bonn Park

3min
pages 77-80

Serge von Yasmina Reza

4min
pages 70-74

Johanna (to go) von Friedrich Schiller

1min
pages 75-76

Biedermann und die Brandstifter von Max Frisch

0
pages 63-64

Extras im Schauspiel

6min
pages 51-57

Artist in Residence Bongile Mantsai

0
page 50

Der gute Mensch von Sezuan von Bertolt Brecht

1min
pages 47-48

Othello von William Shakespeare in einer Fassung von Lara Foot

3min
pages 21-24

Willkommen — Vorwort von Generalintendant Wilfried Schulz

4min
pages 5-9

Die fünf Leben der Irmgard Keun

1min
pages 35-36

Sieben Schritte ins Theater

7min
pages 14-20

Johann Holtrop von Rainald Goetz

10min
pages 41-46

Cabaret von Joe Masteroff, John Kander und Fred Ebb

5min
pages 30-34

Franziska von Frank Wedekind

1min
pages 25-29

Weiterhin im Spielplan

1min
page 13
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.