DENKRAUM Nr 5

Page 18

Mensch sein heißt verantwortlich sein

von Christine Klein

//  „Mensch sein heißt verantwortlich sein.“ Dieser Satz von ­Antoine de Saint-Exupéry ist einer der am häufigsten gelisteten Nachweise, die man im Internet in Bezug auf den Begriff „Verantwortung“ findet. Für manch einen Text mag dieses schnelle Ergebnis der Suche gerade passend erscheinen. Die Intention des berühmten Autors ist damit allerdings nicht geklärt. Der Schlüssel dafür liegt in der Interpretation des bekannten Märchens „Der kleine Prinz“, erschienen 1943 in New York, wo sich der Franzose im Exil aufhielt.

Der Begriff „Verantwortung“ Doch lassen Sie uns zunächst den Begriff „Verantwortung“ etwas genauer fassen. Verantwortung kann nämlich aus verschiedenen religiösen, juristischen, politischen, wirtschaftlichen und moralischen Blickwinkeln betrachtet werden. Eine Vielzahl unterschiedlicher philosophischer Grundgedanken aus der Geschichte kann der Definitionsklärung zugrunde gelegt werden. Verschiedene kulturelle Prägungen legen zudem unterschiedliche Instanzen zugrunde, aus denen sich ein andersartiger Verantwortungsbegriff definieren kann. Aber auch nicht zu handeln, um der Verantwortung zu entgehen, führt letztlich zu einem Ergebnis. In diesem Fall wird die Person für ihr Nichthandeln verantwortlich gemacht. Schwieriger wird es, wenn das handelnde Subjekt nicht eine einzelne Person ist, sondern eine Gruppe von Menschen. Dann

lässt sich die Verantwortung auf andere schieben. Keiner will im schlechten Fall die Verantwortung übernehmen.

Der kleine Prinz Saint-Exupéry kritisiert in dem Märchen die Erwachsenenwelt und die Konsumgesellschaft, einhergehend mit dem Werteverfall der Gesellschaft. Er setzt sich für eine bessere Welt mit Freundschaften und Menschlichkeit ein. Der Begriff „Verantwortung“ schwingt in all diesen Themenfeldern mit. Im Märchen vom kleinen Prinzen berichtet der Erzähler zunächst über seine Kindheitserinnerungen im Umfeld mit „großen Leuten“. Sie betrachten seine Zeichnungen nicht ernsthaft und sind nicht an einer korrekten Interpretation der Bilder interessiert. Der junge Erzähler fühlt sich nicht ernst genommen, er entscheidet sich deshalb dafür, nicht Maler, sondern Pilot zu werden. Durch Gleichgültigkeit entsteht eine Distanz zwischen dem Kind und der Erwachsenwelt. Die Erwachsenen (Subjekt) nehmen ihre Verantwortung gegenüber dem Kind (Objekt) nicht wahr, die Instanz wäre die moralische. Träume und Fantasie des Kindes werden ignoriert, die Erwachsenen verhalten sich nicht wie verantwortungsvolle Menschen. Als im Lauf der Geschichte der erzählende Pilot in der Sahara notlanden muss, begegnet er dort einem kleinen Prinzen, der nicht von diesem Planeten stammt und folglich sich auch nicht so üblich verhält wie die Menschen. Der kleine Prinz nimmt


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.