art
DAS HAUS DER KUNST Kunst ist die Vermittlerin des Unaussprechlichen, hat Johann Wolfgang von Goethe so schön gesagt. Dieses Unaussprechliche steht auch im Zentrum der Aaartfoundation Kitzbühel, die sich in einem Haus mit Seele eingenistet hat, um mit zeitgenössischer Kunst zu berühren. In Kirchberg bei Kitzbühel, auf einem schönen, grünen Grundstück mit Aussicht auf die Berge, steht ein Haus, das gleichzeitig jung und alt ist. Jung ist es, weil es nicht mal 15 Jahre her ist, dass die Kunstliebhaber und -sammler Mieke und Theo Jongen es bauen ließen. Alt ist es, weil es aus über 100jährigen, dichten, schweren Hölzern gemacht wurde, deren Zeit als Hafenanlagestellen für Ozeandampfer abgelaufen war. Klare, moderne Formen dominieren in diesem eigenwilligen Haus, das aber dennoch so wirkt, als wäre es immer schon dagewesen. Wer die Räumlichkeiten betritt, hat das Gefühl, inmitten eines alten Hauses zu stehen, in dem sich alles irgendwie stiller und langsamer und bedeutsamer anfühlt. Und das ist gut so, denn hier passiert Kunst. Und Kunst braucht viel Raum und Zeit, um seine BetrachterInnen in den Zustand von Raum- und Zeitlosigkeit führen zu können. Sie muss gezeigt werden, um wirken zu können. Ort des Dialogs Das junge, alte Haus ist das Zuhause der Aaartfoundation – AAA als Anspielung auf die besten Bewertungen von Ratingagenturen. Es ist ein Haus der Kunst, ein Ort der Begegnung zwischen KünstlerInnen, Kunstinteressierten und SammlerInnen. Ein Ort des Dialogs „zwischen den Kunstwerken und dem Betrachter, aber auch zwischen den Werken untereinander,“ wie es die für das Haus tätige Kuratorin Martina Dorner-Bauer beschreibt. Zeitgenössische Werke werden hier ausgestellt – Gemälde, Grafiken, Fotografien, Skulpturen, multimediale Kunst, Konzeptkunst. Kunst von Menschen, „die uns zum Nachdenken anregen. Zeitgenossen, die Grenzen überschreiten um unseren Blick zu weiten. Die dabei auffallen. Vor allem, wenn sie Tabus brechen oder uns den Spiegel vorhalten.“ Auch klassische Konzerte und Events „für alle Sinne“ sowie bis
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zu sechs Ausstellungen werden 2020 hier stattfinden. „Truth, Reality, Certainty“ Aktuell sind inmitten der alten Hölzer unter dem Titel ‚Truth, Reality, Certainty‘ die Werke zweier Künstler ausgestellt. „Der Fotokünstler Helmut Grill und der Bildhauer Friedrich Sebastian Feichter haben vielleicht auf den ersten Blick nichts gemeinsam, aber beide arbeiten mit Illusionen, denen der Mensch auf eine gewisse Art und Weise ausgesetzt ist, denen er sich nicht entziehen und in unserer Zeit schon gar nicht verweigern kann,“ so Dorner-Bauer. Grill bezeichnet sich selber als Komponist, weil er Details aus ihrem gewöhnlichen Kontext reißt und in ein anderes, fremdes Setting setzt. Dieses Spiel mit Fragmenten irritiert, wirft Fragen auf, provoziert. Feichters Skulpturen hingegen, in denen weiche und strenge Formen verschmelzen, verstehen sich als Wesen zwischen Vergangenheit und Zukunft, als Übersetzungen von einem Innen zu einem Außen. In Kombination miteinander entfalten die Werke, in Resonanz mit dem Ort, noch mal eine ganz eigene Dynamik. Bei dem, was ausgestellt wird, geht es nie nur um das bloße ZurSchau-Stellen oder um die Vermittlung von Expertise. „Kunst mit Anspruch muss nicht auf den ersten Blick verstanden werden. Wenn es einen weiter beschäftigt, man es aber nicht genau lokalisieren kann, warum das so ist, dann stimmt die Chemie und es ist richtig, sich darin zu vertiefen,“ sagt Dorner-Bauer. „In diesem Sinne ist das Haus der Kunst auch ein Haus der Anfänge, der Impulse, die in Köpfe gesetzt werden und die dann in den eigenen Welten wirken können, um von dort aus wiederum andere zu berühren.“ − MM