Krisenfeste Gemeindefinanzen - Endbericht

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Krisenfeste Gemeindefinanzen

Einschätzung und mögliche Lösungsansätze zu mehr Resilienz der Gemeindefinanzen Endbericht Oktober 2021

verfasst von Dr.in Karoline Mitterer DIin Nikola Hochholdinger Dalilah Pichler, MSc

KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at



INHALT

Inhaltsverzeichnis Kurzfassung .................................................................................................................................... 6 1

Was sind resiliente Gemeindefinanzen? ...................................................................... 6

2

Analyseraster zur Resilienz von Gemeindefinanzen.................................................... 7

3

Erst-Einschätzung zur Resilienz der Gemeindefinanzen ............................................. 8

4

Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen ............................ 10

Einleitung ...................................................................................................................................... 12

I

II

III

1

Ausgangslage und Zielsetzung .................................................................................. 12

2

Inhalte und Aufbau...................................................................................................... 13

3

Methodische Hinweise ................................................................................................ 13

Grundlagen zur Resilienz in Gemeinden ......................................................................... 15 1

Zum Begriff Resilienz.................................................................................................. 15

2

Kommunale Resilienz ................................................................................................. 16

3

Für Gemeinden relevante Krisen und Schocks.......................................................... 19

4

Kommunale Aufgabenerbringung ............................................................................... 21

Krisenfeste Gemeindefinanzen ......................................................................................... 26 1

Auswirkungen von Krisen auf die öffentlichen Finanzen ........................................... 26

2

Resilienz-bestimmende Instrumente im österreichischen Finanzausgleich .............. 29

2.1

Ausmaß der Handlungsspielräume der Gemeinden .................................................. 29

2.2

Instrumente, welche die Resilienz der Gemeindefinanzen bestimmen ..................... 32

Analyseraster ...................................................................................................................... 36 1

Betrachtungsfokus ...................................................................................................... 36

2

Analyseraster .............................................................................................................. 37

2.1

Einbezogene Dimensionen und Variablen ................................................................. 37

2.2

Analyserahmen und Indikatoren des Analyserasters ................................................. 39

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INHALT

IV

Finanzielle Auswirkungen ausgewählter Krisen sowie eingesetzte Instrumente ....... 43 1

Wirtschaftskrise 2009/2010 sowie Entwicklung der Gemeindefinanzen bis 2019 ..... 43

1.1

Entwicklung der Gemeindefinanzen 2009 bis 2019 ................................................... 43

1.2 Finanzielle Auswirkungen sowie weitere Entwicklungen und krisenbezogene Instrumente ........................................................................................................................... 47 2

Pandemie 2020 ........................................................................................................... 50

2.1 Finanzielle Einflüsse der Pandemie auf die Gemeindefinanzen und gesetzte Gegenmaßnahmen............................................................................................................... 50

V

2.2

Finanzielle Auswirkungen und eingesetzte Instrumente ............................................ 52

3

Klimakrise: Klimawandelanpassung und Klimaschutz ............................................... 58

3.1

Aufgaben der Gemeinden im Zusammenhang mit Klimaschutz und -anpassung..... 58

3.2

Instrumente zur Bewältigung der Klimakrise .............................................................. 61

3.3

Finanzielle Auswirkungen ........................................................................................... 65

Einschätzung zum Resilienz-Status ................................................................................. 70 1

Robustheit ................................................................................................................... 71

1.1

Wirtschaftskrise und Pandemie .................................................................................. 71

1.2

Klimakrise ................................................................................................................... 75

2

Anpassungsfähigkeit................................................................................................... 78

2.1

Wirtschaftskrise und Pandemie .................................................................................. 78

2.2

Klimakrise ................................................................................................................... 81

3

Gesamteinschätzung .................................................................................................. 84

VI

Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen ............................... 89

VII

Anhang ................................................................................................................................ 95

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1

Ergänzende Übersichten und Abbildungen ................................................................ 95

2

Verzeichnisse.............................................................................................................. 96

2.1

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................... 96

2.2

Literatur- und Quellenverzeichnis ............................................................................... 97

2.3

Abbildungsverzeichnis .............................................................................................. 100

2.4

Tabellenverzeichnis .................................................................................................. 101


INHALT

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KURZFASSUNG

Kurzfassung Die Pandemie hat verdeutlicht, dass die Gemeindeebene im Krisenfall auf eigens eingerichtete Krisen- und Hilfsinstrumente der anderen Gebietskörperschaften angewiesen ist, um ihr Leistungsangebot – insbesondere die Daseinsvorsorge und die kritische Infrastruktur – aufrechterhalten zu können. Das Konzept krisenfester Gemeindefinanzen kann dazu beitragen, dass die Gemeindefinanzen künftig robuster gegenüber Krisen sind und sich auch besser an sich verändernde Rahmenbedingungen anpassen können. In der vorliegenden Studie wird einerseits ein Analyseraster zur Einschätzung des ResilienzStatus der Gemeindefinanzen entwickelt, andererseits der Status Quo zur Resilienz der österreichischen Gemeindefinanzen eingeschätzt. Ziele sind dabei das Bestimmen der Anforderungen an krisenfeste Gemeindefinanzen, eine erste Einschätzung zum aktuellen Status der Resilienz von Gemeindefinanzen sowie die Identifizierung von Ansatzpunkten zur Stärkung der Krisenfestigkeit im Rahmen der Mehr-Ebenen-Steuerung und des Finanzausgleichs.

1

Was sind resiliente Gemeindefinanzen?

Resilienz der Gemeindefinanzen bedeutet allgemein eine hohe Robustheit und Anpassungsfähigkeit, um auf Krisen schnell reagieren zu können und einen gewünschten Vorkrisenzustand wiederherzustellen oder einen veränderten neuen stabilen Zustand zu erreichen. Die Gemeindefinanzen sind dann resilient, wenn im Krisenfall die negativen Auswirkungen auf die Finanzen einer Gemeinde so abgemildert werden, dass die Gemeinden die Fähigkeit haben, auf die Krisensituation vor Ort adäquat zu reagieren, sich an neue Rahmenbedingungen anzupassen und die Daseinsvorsorge nachhaltig zu gewährleisten. Robustheit bezieht sich auf die institutionellen und rechtlichen Strukturen im föderalen System sowie die Ausgleichsinstrumente, die negative Auswirkungen auf die Finanzen der Gemeinden abmildern bzw. verhindern. Durch gesicherte Finanzen können Gemeinden die kommunale Infrastruktur nicht nur erhalten, sondern diverse, redundante und multifunktionale Strukturen aufbauen, um für zukünftige Herausforderungen vorzusorgen. Anpassungsfähigkeit berücksichtigt im Gegensatz dazu die Flexibilität sowie die Umsetzungsund Innovationsfähigkeit der institutionellen und rechtlichen Strukturen und Prozesse. Die betroffenen Institutionen und handelnden Personen müssen im Krisenfall adäquat reagieren können, um negativen Entwicklungen frühzeitig und effektiv entgegenzuwirken. Im Rahmen der Gemeindefinanzen bedeutet dies vor allem, genügend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um finanzielle Mehrbelastungen kompensieren zu können. Krisen können plötzlich und unerwartet bzw. schockartig auftreten – wie etwa die Pandemie, Umweltkatastrophen oder Blackouts. Krisen können aber auch langfristig sein und chronisch wirken – wie etwa die Klimakrise oder demografiebedingte Veränderungen. Je nach Krisenart sind entsprechend andere Krisen- und Anpassungsinstrumente auszuwählen.

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KURZFASSUNG

2

Analyseraster zur Resilienz von Gemeindefinanzen

Gemäß einem vom KDZ eigens im Rahmen dieser Studie entwickelten Analyseraster zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen erfolgt die Analyse auf der einen Seite mithilfe der beiden Variablen Robustheit und Anpassungsfähigkeit und auf der anderen Seite anhand der Dimensionen Governance, nachhaltige und stabile Gemeindefinanzen sowie Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen. Die Analyse berücksichtigt hierbei u.a. Strukturen, Prozesse, Instrumente des Finanzausgleichs sowie Maßnahmen und Aktivitäten im Krisenfall. Abbildung 1: Analyseraster zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Governancestrukturen und -prozesse sind dann ausreichend robust, wenn negative Auswirkungen von Krisen bestmöglich verhindert oder zumindest abgemildert werden können. Betrachtet werden hierbei etwa die Prozesse und Strukturen der Mehr-Ebenen-Steuerung oder das Vorhandensein von Instrumenten, um rechtzeitig Krisensituationen zu erkennen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welches Ausmaß an Gemeindeautonomie für eine hohe Resilienz der Gemeindefinanzen zweckmäßig ist. Anpassungsfähigkeit ist dann gegeben, wenn bestehende Strukturen flexibel und adäquat reagieren können. Ein zentrales Kriterium ist beispielsweise, ob und in welcher Weise Gemeinden im Krisenfall in Entscheidungen kommunaler Aufgabenbereiche eingebunden werden, wenn die Entscheidungen kommunale Aufgabenbereiche betreffen. Die zweite Dimension der Resilienz betrifft das grundsätzliche Vorhandensein von nachhaltigen und stabilen Gemeindefinanzen. Robust sind die Gemeindefinanzen dann, wenn die Finanzausgleichsinstrumente nachhaltig wirken, bedarfsorientiert ausgerichtet und aufeinander abgestimmt sind. In die Analyse werden etwa Fiskalregeln, die Einnahmen- und Ausgabenstruktur der Gemeinden sowie die Abhängigkeiten von anderen Gebietskörperschaftsebenen miteinbezogen. Ausreichend anpassungsfähig sind Gemeindefinanzen dann, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen der Gemeinden derart

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KURZFASSUNG

gestaltet sind, dass die Gemeinden und deren handelnde Personen auf die Krise reagieren können. Zu nennen sind z.B. Fiskalregeln, die in Krisenzeiten ausgesetzt werden können. Eine wesentliche Rolle spielt hier auch der Transferbereich, etwa im Rahmen von finanziellen Hilfen durch Bund oder Länder. Die dritte Analyse-Dimension bildet der aufgabenbezogene Bereich der Daseinsvorsorge und der nachhaltigen Investitionen. Diese Dimension ist robust, wenn der Betrieb, die Instandhaltung und die Errichtung von Daseinsvorsorge und Investitionen auch im Krisenfall gesichert ist und insbesondere Investitionen generationengerecht erfolgen. Ein besonderer Fokus liegt hier auf Regelungen im Zusammenhang mit ökologisch nachhaltigen Investitionen (z.B. Investitionsprogramme mit Förderschwerpunkt auf klimafreundliche Projekte) und Vorsorgeinstrumenten betreffend systemkritische Infrastruktur (z.B. regional abgestimmte Infrastrukturen und Angebote der Daseinsvorsorge). Eine hohe Anpassungsfähigkeit in dieser Dimension bedeutet, dass die vorgegebenen Handlungsspielräume auch eine Reaktion ermöglichen, gleichzeitig aber jedenfalls die systemkritische Infrastruktur abgesichert ist.

3

Erst-Einschätzung zur Resilienz der Gemeindefinanzen

Basierend auf dem entwickelten Analyseraster erfolgte eine erste Einschätzung zur Resilienz der Gemeindefinanzen am Beispiel von ausgewählten Krisenarten: die Wirtschaftskrise 2009/2010, die Corona-Pandemie 2020 und deren Folgejahre sowie der Klimawandel (mit den beiden Aspekten Klimawandelanpassung und Klimaschutz). Grundsätzlich ist hinsichtlich der Analyse darauf zu verweisen, dass es sich um eine Erstbewertung handelt und ein breiter Diskussionsprozess in Fachkreisen, aber auch mit der Praxis, noch erfolgen sollte. Nachholbedarf betreffend Governance Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Thema der Resilienz der Gemeinden sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft noch zu wenig Beachtung findet und dementsprechend Strategien zur Steigerung der Resilienz der Gemeindefinanzen in ihrer Gesamtheit fehlen. Damit verbunden bedarf es eines ganzheitlichen Monitorings, um auf langfristige Krisen (wie Demografie, Klimawandel) reagieren zu können sowie auch der Definition und Implementierung weiterer Kriseninstrumente. Betrachtet man den Bereich der Klimakrise zeigt sich, dass Strategien der Resilienz und Instrumente zur Risikoabwägung zumindest in einzelnen Aufgabenbereichen (wie z.B. Hochwasserschutz) vorhanden sind. Zur Stärkung der Robustheit und Anpassungsfähigkeit der kommunalen Systeme ist zu diskutieren, welches Ausmaß an Gemeindeautonomie im Sinne einer bestmöglichen Resilienz – sowohl in Bezug auf chronische Krisen als auch kurzfristige Schocks betreffend – zweckmäßig ist. Ein hohes Maß an Gemeindeautonomie bedeutet geringere Abhängigkeiten von anderen Gebietskörperschaftsebenen und damit verbunden größere Handlungsspielräume zur Bewältigung einer Krise. Gleichzeitig erfordert eine hohe Gemeindeautonomie aber auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung, sodass der Bund bzw. die Länder weniger stark in die Ausfallshaftung treten müssen. Betrachtet man die finanzielle Autonomie der österreichischen Gemeinden, zeigt sich eine seit vielen Jahrzehnten voranschreitende Beschränkung, verursacht etwa durch steigende Transferabhängigkeiten und zunehmende Aufgaben- und Finanzierungsverflechtungen in verschiedenen Aufgabenbereichen (wie etwa Kinderbetreuung, Pflichtschulen, ÖPNV).

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KURZFASSUNG

In Bezug auf Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind kurz- und mittelfristig die Handlungsspielräume der Gemeinden durchaus gegeben. Allerdings zeigt sich hier eine starke Abhängigkeit von Förderprogrammen. In ebenen-übergreifende Steuerungsprozesse sind die Gemeinden aktuell nicht durchgehend, sondern teilweise nur punktuell eingebunden. Im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen nehmen die Gemeinden eine gleichberechtigte Rolle ein; bei darüber hinausgehenden Entscheidungen trifft dies jedoch nur bedingt zu. Zu nennen sind beispielsweise Art. 15aVereinbarungen zwischen Bund und Ländern (etwa zu Kinderbetreuung, Pflichtschulen, Gesundheit) oder die mangelhafte Einbindung der Gemeindeebene bei nationalen Strategien und Maßnahmen im Klimaschutzbereich (z.B. Klima- und Energiestrategie 2030, nationaler Energieund Klimaplan, Klimaticket). Zahlreiche positive Aspekte betreffend Nachhaltigkeit und Stabilität der Gemeindefinanzen Betrachtet man die Gemeindefinanzen in ihrer Summe, zeigt sich eine hohe Einnahmendiversität, wodurch einseitige Abhängigkeiten vermieden und damit die Vulnerabilität gesenkt wird. Der Österreichische Stabilitätspakt trägt primär zur Vermeidung einer Überschuldung der Gemeindeebene bei. Während die Fiskalregeln für den Gemeindehaushalt gesamthaft positiv wirken, schränken diese finanzielle Ressourcen für klimafreundliche Investitionen ein. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Diskussionen auf europäischer Ebene zu einer „grün-goldenen“1 Regel zu verweisen. Es zeigt sich eine hohe Aufgaben- und Finanzierungsverflechtung mit Ländern und Bund, zahlreiche rechtliche Vorgaben die Aufgabenerbringung betreffend sowie strenge haushaltsrechtliche Vorgaben durch die Länder, welche die Handlungsspielräume der Gemeinden einschränken. Positiv hervorzustreichen sind die beiden im Zuge der Pandemie kurzfristig bereitgestellten Gemeindepakete im Rahmen eines vertikalen Ausgleichs oder auch der Katastrophenfonds zur Bewältigung von und die Vorsorge für Naturkatastrophen. Kritisch ist jedoch zu sehen, dass entsprechende Instrumente des Finanzausgleichs häufig erst im Krisenfall entwickelt werden und damit aufgrund des erforderlichen Entwicklungs- und Abstimmungsprozesses nur zeitverzögert greifen können. Beim Klimaschutz bestehen Instrumente für den horizontalen Ausgleich, wobei hier insbesondere die Rolle von Gemeindeverbänden und -kooperationen herausgestrichen werden kann. Noch wenig im Blickfeld: Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Grundsätzlich ist bezüglich der Einschätzung im Bereich der Daseinsvorsorge und der kritischen Infrastruktur darauf hinzuweisen, dass klare Abgrenzungen und Definitionen großteils fehlen. Gleichzeitig zeigen sich teilweise gravierende Datenlücken, welche ein rasches und adäquates Reagieren erschweren; etwa bezogen auf die Versorgungssicherheit in Krisenphasen (z.B. Intensivbetten) oder die Finanzierbarkeit des laufenden Bereichs oder von Investitionen (z.B. Erhebungen zu Investitionsrückstau) betreffend. Die Finanzierung des laufenden Betriebes von systemkritischer Infrastruktur war während der Wirtschaftskrise sowie der Pandemie grundsätzlich gesichert. So konnten kurzfristig Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung der systemkritischen Infrastruktur gesetzt werden (z.B. Rücklagenauflösung, Transfers von Bund und/oder Ländern). Die Finanzierung der 1

Dies bedeutet, dass Investitionen in klimafreundliche Investitionen bei den Fiskalregeln ausgenommen werden, um mehr finanzielle Spielräume für klimafreundliche Investitionen zu schaffen.

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KURZFASSUNG

Klimawandelanpassung ist – vor allem durch Förderprogramme – vergleichsweise gut abgesichert, im Bereich Klimaschutz bestehen hingegen Defizite (z.B. städtischer öffentlicher Verkehr). Betreffend Daseinsvorsorge und kritischer Infrastruktur bieten zahlreiche Förderprogramme Unterstützung für die Gemeinden, um das Angebot zu verbessern. Positiv hervorzuheben sind die kommunalen Investitionsprogramme des Bundes. Das Vergabesystem der Bundesländer zu den Gemeinde-Bedarfszuweisungen berücksichtigt nur in Ausnahmefällen auch ökologische Aspekte. Defizite zeigen sich bei der Abstimmung der Strukturen und Angebote zwischen den Gebietskörperschaften, aber auch gegenüber anderen Akteuren. Bei Klimaschutzmaßnahmen bestehen bei einigen Aufgabenfeldern regionale Abstimmungen (z.B. stadtregionaler öffentlicher Verkehr). Auch haben viele Programme einen regionalen Bezug integriert (z.B. Klima- und Energiemodellregionen). Von einer hohen regionalen Abstimmung ist im Bereich Schutzbauten betreffend Naturkatastrophen sowie dem Katastrophenschutz auszugehen. Durch die Wirtschaftskrise 2009/2010 sowie durch die Pandemie kam es zu einem Rückgang der Investitionen, wodurch auch von einem erhöhten Risiko eines Investitionsrückstaus auszugehen ist. In der Pandemie wurde mit dem Kommunalen Investitionsprogramm ein Instrument eingesetzt, um den Investitionsrückgang zu bremsen.

4

Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen

Basierend auf den Analyseergebnissen werden vier Aufgabenfelder genannt, um Reformen für mehr Resilienz der Gemeindefinanzen anzustoßen. Ein erster Schritt wäre eine Status-quoAnalyse zur Resilienz des Finanzausgleichs, welche nicht nur auf die Gemeindefinanzen, sondern auch auf den Finanzausgleich betreffend Instrumente, Governance-Strukturen und Prozesse abstellt. Darauf basierend wird empfohlen, in einem gemeinschaftlichen Prozess von Bund, Ländern und Gemeinden die Anforderungen an einen resilienten Finanzausgleich sowie die Ziele für den weiteren Prozess zu definieren und in weiterer Folge eine Resilienzstrategie zu entwickeln sowie Projekte zur Intensivierung der horizontalen und vertikalen Steuerung die Governance betreffend umzusetzen. Hinsichtlich möglicher Instrumente zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen im Finanzausgleich zeigen sich sehr vielfältige Ansätze. Um etwa die Handlungsfähigkeit der Gemeinden im Krisenfall sicherzustellen, wären ein Abbau der Finanzierungsverflechtungen oder die Stärkung der Abgabenautonomie als mögliche Maßnahmen zu nennen. Weiters gilt es, Krisenpläne sowie Kriseninstrumente zu definieren. Zur Steigerung von Robustheit und Anpassungsfähigkeit können gezielte Förderprogramme die kritische Infrastruktur und Daseinsvorsorge betreffend oder eine Erweiterung der Fiskalregeln des Österreichischen Stabilitätspaktes um eine goldene Regel sowie vertikale und horizontale Ausgleichsinstrumente genannt werden. Insbesondere zur Bewältigung der Klimakrise bedarf es eigener Instrumente, um auch die sich langsam verändernden Rahmenbedingungen ausreichend zu berücksichtigen.

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KURZFASSUNG

Tabelle 1: Aufgabenfelder zur Weiterentwicklung eines resilienten Finanzausgleichs Aufgabenfelder Hauptfragen STATUS-QUOWo liegen aktuell die Stärken und ANALYSE Schwächen hinsichtlich Resilienz?

ZIELE

GOVERNANCE

FINANZAUSGLEICHSINSTRUMENTE

Welche Schlüsse können aus der Status-quo-Analyse gezogen werden? Welche Ziele sollen hinsichtlich Resilienz verfolgt werden? Wie soll eine Resilienzstrategie für den Finanzausgleich unter Berücksichtigung von potenziellen Schocks/chronischen Krisen aussehen? Welcher Anpassungen bedarf es hinsichtlich der vertikalen und horizontalen Koordination und Steuerung?

Mögliche Maßnahmen (1) Studie zur Evaluierung des Resilienz-Status im Finanzausgleich (Governance und Instrumente) (2) Definition der Anforderungen an einen resilienten Finanzausgleich (3) Ebenen-übergreifender Prozess zur Weiterentwicklung des Finanzausgleichs (z.B. Integration bei FAG-Verhandlungen)

(4) Entwickeln einer Resilienzstrategie (z.B. Integration bei FAG-Verhandlungen)

(5) Projekte zur Intensivierung der ebenenübergreifenden Steuerung (z.B. gleichberechtigte Einbindung der Gemeinden bei Art. 15a-Vereinbarungen) (6) Projekte zur Intensivierung der horizontalen Steuerung zwischen Gemeinden (z.B. stärkere Förderung von Gemeindekooperationen bei BZ-Mitteln) Welche Anpassungen braucht es bei (7) Ganzheitliche Ausrichtung des Finanzausgleichs nach Resilienzkriterien (mit Schwerpunkten Instrumenten, um die Lücken Robustheit und Anpassungsfähigkeit) bezüglich Resilienz zu verringern bzw. zu schließen?

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINLEITUNG

Einleitung 1

Ausgangslage und Zielsetzung

Das noch junge 21. Jahrhundert ist bereits mehrfach von globalen Krisen geprägt. Auf der einen Seite finden sich kurzfristig aufgetretene Krisen wie die Wirtschaftskrise 2009/2010, die Migrationskrise 2015 und die Pandemie ab 2020. Auf der anderen Seite bestehen langfristige Herausforderungen wie die Klimakrise oder demografische Veränderungen, die die Rahmenbedingungen verändern und neue Handlungserfordernisse generieren. Im Zusammenhang mit solchen Krisen ergibt sich jedoch die Chance, die Krisenfestigkeit bzw. die Resilienz von bestehenden Systemen zu untersuchen. Krisen eröffnen dabei einen Einblick in die Stärken und Lücken der bestehenden Strukturen und Prozesse. Die Pandemie hat verdeutlicht, dass Gemeindefinanzen sensibel auf Krisen reagieren. Wie auch nach der Wirtschaftskrise 2009/2010 kam es 2020 – und voraussichtlich auch 2021 – zu einem signifikanten Rückgang der kommunalen Investitionstätigkeit. Im Zuge der Pandemie ist von einem deutlichen Anstieg der Anzahl an Abgangsgemeinden zu rechnen. Aktuelle Prognosen des KDZ (Biwald et al., 2021) lassen ein nur langsames Erholen der finanziellen Spielräume der Gemeinden erwarten. Eine mittel- und langfristige Weiterentwicklung zu mehr Resilienz der kommunalen Finanzen würde dazu beitragen, zukünftige Problemlagen besser zu meistern. Die Literatur bietet viele Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Krisen auf Staaten oder supranationale Ebenen (Kickert et al., 2015; Raudla et al., 2015). Andere Studien fokussieren auf die Bedeutung von Resilienz für Städte insgesamt (Kötter et al., 2018; Urban Innovation Vienna, 2018) oder auch auf die finanzielle Resilienz einzelner Kommunen im Umgang mit Haushaltskrisen (Steccolini et al., 2017). Wenig Forschung gibt es betreffend der finanziellen und strukturellen Auswirkungen von Wirtschaftskrisen auf die kommunale Ebene als Ganzes, die etwa Geißler und Wortmann (2021) in einem Beitrag angestoßen haben. Für die Gemeinden von besonderer Bedeutung ist dabei das Finanzausgleichssystem, das den Gemeinden den Rahmen für die Aufgabenerbringung sowie die finanziellen Handlungsspielräume vorgibt. Die vorliegende Studie möchte dazu beitragen, einen Teil der oben genannten Forschungslücke betreffend der Auswirkungen von verschiedenen Arten von Schocks auf die Gemeindefinanzen zu füllen und legt dabei einen Fokus auf das österreichische Finanzausgleichssystem. Vor diesem Hintergrund lauten die Zielsetzungen des vorliegenden Projektes:   

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Bestimmen der Anforderungen an krisenfeste Gemeindefinanzen Einschätzung zum aktuellen Status der Resilienz von Gemeindefinanzen mit besonderem Fokus auf das Finanzausgleichssystem Identifizierung von Ansatzpunkten zur Stärkung der Krisenfestigkeit im Rahmen der Mehr-Ebenen-Steuerung und des Finanzausgleichs


EINLEITUNG

2

Inhalte und Aufbau

Der Bericht startet in einem ersten Teil mit den Grundlagen einer resilienten Gemeinde. Es wird sowohl der Resilienzbegriff an sich als auch die Bedeutung der kommunalen Resilienz am Beispiel verschiedener Arten an relevanten Krisen und Schocks diskutiert. Weiters werden Anknüpfungspunkte der Resilienz mit der kommunalen Aufgabenerbringung aufgezeigt, wie etwa Aspekte des Krisenmanagements oder der kommunalen Daseinsvorsorge. Nach dieser allgemeinen Einführung erfolgt mit dem Kapitel II eine Konkretisierung in Bezug auf die finanziellen Aspekte der Resilienz in den Gemeinden. Zuerst werden mögliche Auswirkungen von Krisen auf die öffentlichen Finanzen im Generellen aufgezeigt. Weiters werden jene Instrumente des Finanzausgleichs, welche die Resilienz der Gemeindefinanzen bestimmen und beeinflussen, näher ausgeführt. Beim dritten Kapitel handelt es sich um ein Methodenkapitel. Um in weiterer Folge eine erste Bewertung des Resilienzstatus der Gemeindefinanzen vornehmen zu können, wurde ein Analyseraster entwickelt, der auf mehreren Resilienz-Variablen und Dimensionen beruht. Der Analyseraster wird in diesem Kapitel näher ausgeführt und die weitere Methodik erläutert. Das vierte Kapitel betrachtet die finanziellen Auswirkungen bei ausgewählten Krisen unter Berücksichtigung der eingesetzten Instrumente. Nähere Betrachtung finden hier die Wirtschaftskrise 2009/2010, die Pandemie 2020 sowie die Klimakrise. Der Fokus liegt daher in diesem Kapitel auf symmetrischen Schocks (daher alle Gemeinden in Österreich betreffend). Im Kapitel V erfolgt danach eine Einschätzung zum Resilienz-Status auf Basis des zuvor entwickelten Analyserasters. Im Fokus stehen dabei die beiden Resilienz-Variablen Robustheit und Anpassungsfähigkeit. Darauf aufbauend findet sich in Kapitel VI ein Vorschlag für mögliche Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz in österreichischen Gemeinden.

3

Methodische Hinweise

Der Darstellung der Grundlagen zu Resilienz in Gemeinden (Kapitel I) und krisenfesten Gemeindefinanzen (Kapitel II) liegt im Wesentlichen eine Literatur- und Quellenrecherche zugrunde. Aufgrund der Breite – und damit Vielfalt an möglichen Blickwinkeln auf die Resilienz – erfolgt ein Fokus auf jene Aspekte der Gemeindefinanzen, welche durch Rahmenbedingungen des Finanzausgleichs im weiteren Sinn bestimmt sind. Dies umfasst dabei nicht nur die rein fiskalische Perspektive, sondern es werden auch Aspekte der kommunalen Aufgabenerbringung im Zusammenhang mit Krisenprävention und -bewältigung miteinbezogen. In der Betrachtung werden daher Einnahmen, Ausgaben und Aufgaben – im Sinne eines Finanzausgleichs im weiteren Sinn – berücksichtigt. Um in weiterer Folge eine Einschätzung zum Resilienz-Status der kommunalen Finanzen durchführen zu können, wurde ein Analyseraster entwickelt (Kapitel III). Die hierfür verwendeten Dimensionen und Resilienz-Variablen wurden im Wesentlichen aus der Literatur abgeleitet und von den Autorinnen zusammengefügt und weiterentwickelt. Derart wurde ein normativer Analyseraster entwickelt. Im Zentrum steht dabei die Fragestellung, wie die drei definierten Dimensionen zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen ausgestaltet sein müssten, um resilient gegenüber Schocks und chronischen Krisen zu sein.

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EINLEITUNG

Zur Bestimmung der finanziellen Auswirkungen von Krisen erfolgt in Kapitel IV eine Konzentration auf drei ausgewählte Krisen. Bei der Auswahl der Krisen wurden solche ausgewählt, welche weitreichende Auswirkungen auf alle österreichischen Gemeinden haben – daher symmetrische Schocks bzw. chronische Krisen. Auch wurde darauf geachtet, dass unterschiedlich vorangeschrittene Krisenphasen bestehen. So ist die Wirtschaftskrise 2009/2010 bereits abgeschlossen, wodurch Aussagen betreffend Bewältigung, aber auch Erholung getroffen werden können. Die Pandemie 2020 und Folgejahre befindet sich aktuell noch in der Bewältigungsphase. Bei Klimawandel und -anpassung handelt es sich um eine chronische Krise, welche sowohl Präventions- als auch Bewältigungsaspekte in sich trägt. Die Einschätzung zum Resilienz-Status der Gemeindefinanzen (Kapitel V) erfolgt auf Basis des zuvor beschriebenen Analyserasters anhand der drei oben genannten Krisen. Diese werden anhand der beiden Resilienz-Variablen Robustheit und Anpassungsfähigkeit betrachtet. In einem abschließenden Kapitel werden Empfehlungen zu Ansatzpunkten zur Resilienzstärkung der Gemeindefinanzen dargestellt.

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

I

Grundlagen zur Resilienz in Gemeinden

Die finanzielle Resilienz einer Gemeinde ist nur ein Teilaspekt unter mehreren. Um in weiterer Folge einen Analyseraster betreffend Resilienz der Gemeindefinanzen entwickeln zu können, braucht es dabei durchaus einen breiteren Blickwinkel. Neben den rein finanziellen Aspekten ist es bei Gemeinden von hoher Bedeutung, auch die Aufgabenebene in die Betrachtung miteinzubeziehen. So muss auch im Krisenfall ein Mindestmaß an Versorgungsleistungen in der Daseinsvorsorge gewährleistet sein. Im Folgenden werden daher neben der grundsätzlichen Begriffsdefinition zur Resilienz auch zwei Modelle zur Bestimmung bzw. Weiterentwicklung der kommunalen Resilienz dargestellt, welche in weiterer Folge ebenfalls in die Überlegungen betreffend eines Analyserasters zur Bestimmung der Resilienz der Gemeindefinanzen einfließen werden. Darüber hinaus werden die beiden Aspekte Katastrophenmanagement und Daseinsvorsorge in Zusammenhang mit der Aufgabenerbringung näher ausgeführt, deren Finanzierung auch im Krisenfall gewährleistet sein muss.

1

Zum Begriff Resilienz

Resilienz beschreibt im Allgemeinen die Widerstandskraft, d.h. die Stärke, mit Krisensituationen fertig zu werden. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Physik bzw. der Werkstoffkunde und beschreibt die Beschaffenheit von bestimmten Elementen, die auch nach extremen Außeneinwirkungen in ihre Ausgangsform zurückspringen (Resilienz Akademie, o. J.). Ab den 1950er Jahren wird das Konzept der Resilienz in die Kinderpsychologie und später in die Pädagogik übernommen: Der „resiliente Mensch“2. Im Zusammenhang mit den globalen ökonomischen und ökologischen Krisen der letzten zwei Jahrzehnte ist das Thema Resilienz sukzessive in den Vordergrund getreten (Stichwort: Katastrophenschutz). Spätestens mit dem Auftreten der COVID-19-Pandemie wird die Resilienz-Debatte verstärkt in Politik und Verwaltung geführt und ist aus dem gesellschaftspolitischen Diskurs nicht mehr wegzudenken. So wird auch in der Beratungsbranche die Stärkung der persönlichen und unternehmerischen Resilienz zunehmend ein Tätigkeitsfeld (vgl. www.resilienz.at). In der Resilienzforschung gibt es viele unterschiedliche Definitionen und Konkretisierungen von „Resilienz“, je nachdem, welche Disziplin den Begriff anwendet. Beispielhaft werden nachfolgend einige allgemeine Resilienzdefinitionen angeführt:

„A system is resilient if it can adjust its functioning prior to, or following events (changes, disturbances, and opportunities), and thereby sustain required operations under both expected and unexpected conditions. Resilience is something a system does, and not something a system has. Resilience is a characteristic of a system’s performance or behavior. This characteristic cannot be reduced to, substituted by, or explained by a single ‚internal mechanism‘ or ability.” (Hollnagel et al., 2008) „Resilience is defined as the ability of a system and its component parts to anticipate, absorb, accommodate, or recover from the effects of a potentially hazardous event in a timely and efficient manner, including through ensuring the preservation, restoration, or improvement of its essential basic structures and functions.“ (Lavell et al., 2012) 2

https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Resilienz_(Psychologie)&oldid=210125268 [Download: 10.09.2021].

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

„Resilienz als Kapazität Störungen zu absorbieren, sich zu verändern, trotzdem im Wesentlichen dieselbe Funktion und Struktur zu behalten ohne die Schwelle zu einem anderen Systemverhalten zu überschreiten.“ (Walker & Salt, 2012)

2

Kommunale Resilienz

Im Kontext von Städten und Gemeinden und der öffentlichen Verwaltung steht der Resilienzbegriff häufig noch primär in Zusammenhang mit dem Katastrophenmanagement. Das Resilienzmanagement umfasst jedoch neben der Governance auch weitere Disziplinen, wie die technische, ökonomische, ökologische und soziale Resilienz und setzt daher deutlich breiter an. Die OECD definiert resiliente Städte als “…cities that have the ability to absorb, recover and prepare for future shocks (economic, environmental, social & institutional). Resilient cities promote sustainable development, well-being and inclusive growth.” (OECD, o. J.) “[Urban resilience means] to anticipate, prevent, absorb and recover from shocks and stresses, in particular those brought about by rapid environmental, technological, social and demographic change, and to improve essential basic response structures and functions.” (ICLEI - Local Governments for Sustainability, 2008, S. 10) Nach Newman, der langfristige globale Prozesse wie den Klimawandel untersucht hat, „verfügen resiliente Städte über die Fähigkeit, auf die damit verbundenen Veränderungen zu reagieren und negative Ereignisse und Stress durch innovative Problemlösungen zu bewältigen.“ (Devecchi & Haßheider, 2020, S. 8) Das Kompetenzzentrum „Urban Innovation Vienna“ führt in einer Studie im Auftrag der Stadt Wien aus 2018 weiter aus: „Resiliente Städte und Gemeinden können adäquat auf umweltbedingte, soziale und wirtschaftliche Herausforderungen reagieren. Sie müssen in der Lage sein, negative Effekte auf die Bevölkerung bzw. kommunalen Systeme auszugleichen bzw. vorzubeugen. Das setzt voraus, dass die Gemeinden und Städte systemisch denken, ihr Verständnis von ;Good Governance‘ entsprechend anpassen und etwa Planungspraktiken, die nicht nachhaltig sind, adaptieren. Darüber hinaus wird Resilienz in Städten vor allem über die entsprechende Anpassung von Infrastruktursystemen und Services forciert.“ (Urban Innovation Vienna, 2018) Die Stärkung der städtischen Resilienz muss folglich als eine multidimensionale Aufgabe verstanden werden, die einen ganzheitlichen, ebenen- und fachbereichsübergreifenden Ansatz erfordert, ähnlich der Agenda 2030 mit ihren SDGs oder integrierten Smart City- und Smart RegionAnsätzen. Die Kernkompetenzen der Krisenfestigkeit sind Robustheit und Anpassungsfähigkeit. Robustheit ist gefordert bei der Umsetzung von Bewältigungsmechanismen (redundante Systeme und BackUps). Die Gemeinden müssen insoweit flexibel sein, dass sie auf nicht-vorhersehbare Ereignisse schnell reagieren können. Wichtig ist daher eine proaktive Vorausplanung für eine reaktive Anpassungsfähigkeit. Darüber hinaus wird auch der inklusive Ansatz unter Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen (Partizipation) zur Förderung des sozialen Zusammenhalts als zentraler Bestandteil für resiliente Governance-Prozesse angesehen (Urban Innovation Vienna, 2018, S. 4). Folglich sind krisenfeste Gemeinden und Städte „adaptiv – robust – redundant – flexibel – innovativ – inklusiv“ (OECD, o. J.).

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

Aus der Vielzahl an unterschiedlichen Konzepten und Programmen zur „resilienten Stadt/Gemeinde auf internationaler Ebene“ werden nachfolgend das umfassende Resilienzmodell „City Resilience Framework“ und der „Stresstest Stadt“ kurz vorgestellt: Modell des City Resilience Framework Bereits seit 2013 unterstützt die 100 Resilient Cities-Netzwerkinitiative (Resilient Cities Network)3 die Erstellung von Resilienz-Strategien, die Bestellung von Resilienz-Beauftragten und die Umsetzung von Projekten ihrer Mitgliedsgemeinden. Im City Resilience Framework (The Rockefeller Foundation & ARUP, 2015) werden 4 ResilienzDimensionen mit jeweils 3 zentralen Faktoren definiert: 

Leadership und Strategie: o Stärkung von Leadership und effektivem Management innerhalb von Regierung und Zivilgesellschaft, o Stakeholder-Einbindung (gut informierte, involvierte Bürgerinnen und Bürger) und o integrierte Langzeit-Planung (Abstimmung von Sektoralstrategien und Einzelprojekten mit der Stadtstrategie). Gesundheit und Wohlbefinden: o Zugang zu notwendigen Ressourcen zur Deckung der Grundbedürfnisse/des täglichen Bedarfes, o Chancen zum Erwerb des Lebensunterhalts und Zugang zu Arbeit sowie o Sicherung der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Ökonomie und Gesellschaft: o engagierte Gemeinschaften, die zusammenhalten, o soziale Stabilität, Sicherheit und Gerechtigkeit basierend auf einem allumfassenden, inklusiven Ansatz des Rechtssystems sowie o ökonomischer Wohlstand. Infrastruktur und Umwelt: o Schutz von natürlichen Ressourcen und vom Menschen geschaffenen Gütern, o Aufrechterhaltung kritischer Infrastrukturen und o verlässliche Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen und Mobilität.

Resiliente kommunale Systeme werden in diesem Modell durch 7 zentrale Eigenschaften charakterisiert: reflektierend, reich an Ideen, inklusiv, integrierend, robust, redundant und flexibel. Der „Stresstest Stadt“ und das Modell einer funktionsfähigen Stadt Im deutschsprachigen Raum gilt insbesondere das vom Deutschen Bundesamt für Bauwesen entwickelte Modell des Stresstest Stadt als Vorbild für Studien und Projekte zur kommunalen Resilienz (Kötter et al., 2018). Der Stresstest Stadt stellt ein strategisches Test-Instrument für die Stadtentwicklung dar, welches den Städten dabei helfen soll, die eigene Position, die Vulnerabilität, Exposition und Betroffenheit, zu bestimmen und deren Handlungs- und Reaktionsfähigkeit in Krisensituationen zu erhöhen.

3

https://resilientcitiesnetwork.org

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

Im Stresstest Stadt wird die Resilienz bzw. Krisenfestigkeit einer Gemeinde primär auf Basis der Robustheit der städtischen Strukturen und der Anpassungsfähigkeit anhand der städtischen Strategien und Instrumente zur Anpassung bestimmt. Abbildung 2: Konzept der Resilienz für den Stresstest Stadt

Quelle: Kötter et al., 2018.

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

3

Für Gemeinden relevante Krisen und Schocks

Arten an Krisen und Schocks Das Konzept der Resilienz basiert zumeist auf exogenen Bedrohungen und unerwartet auftretenden Ereignissen, die unterschiedliche natürliche, technische, wirtschaftliche oder soziale Ursachen haben können und das Funktionieren des kommunalen bzw. städtischen Systems gefährden (Urban Innovation Vienna, 2018). Bei den störenden Ereignissen kann zwischen kurzfristig auftretenden Schocks und langfristigen bzw. chronischen Krisen unterschieden werden: 

„Schocks“ sind plötzlich und überraschend eintretende Ereignisse, wie beispielsweise Epidemien, Flut, Wind, Landrutsch, Trockenheit, Erdbeben, plötzliche Konflikte oder starke ökonomische Volatilität (Konjunkturschwankungen), Blackout, etc.; „Chronische Krisen“ betreffen sich langsam entwickelnde Trends, die die Leistungsfähigkeit des Stadtsystems untergraben und die Schutzbedürftigkeit von Akteurinnen und Akteuren innerhalb des Systems erhöhen. (z.B. Mangel an Ressourcen, demografische Veränderungen, Klimawandel, Digitalisierung, politische Instabilität, etc.).

Die Art der Krise ist in weiterer Folge wesentlicher Bestimmungsfaktor für die Maßnahmen bzw. Instrumente, welche zur Krisenbewältigung bzw. -prävention gesetzt werden. Akute Schocks auf der einen Seite und chronische Krisen auf der anderen Seite sind Herausforderungen für Gemeinden, welche unterschiedliche Vorgangsweisen rechtfertigen und einen unterschiedlichen Reformbedarf aufzeigen. So sind chronische Krisen vorhersehbar und mit klar erwartbaren Entwicklungen verbunden, wie etwa betreffend Demografie oder Klimawandel. Hingegen ist eine Vorbereitung auf akute, plötzlich auftretende Krisen deutlich schwieriger (Thöne, 2021). Abbildung 3: Zwei unterschiedliche Krisentypen

Quelle: Thöne (2021). Ein weiterer Aspekt betrifft die Fragestellung, ob es sich um symmetrische oder asymmetrische Krisen handelt. Weltweite Krisen, wie die Wirtschaftskrise 2009/2010 oder die Pandemie 2020 und Folgejahre, bewirken eine allgemeine Betroffenheit. Alle Staaten werden

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

daher ähnlich und in der gleichen Richtung getroffen. Gleiches gilt auch für die Gemeindeebene. Während von der Pandemie sämtliche Gemeinden – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – betroffen sind, erzeugen etwa Naturkatastrophen punktuelle – daher asymmetrische – Betroffenheiten. Relevante Krisenszenarien Der Global Risk Report des World Economic Forum (2020) analysiert bestehende Risiken und Bedrohungen in den Kategorien Umwelt, Geopolitik, Gesellschaft, Technologie und Wirtschaft. Basierend auf einer umfassenden Befragung unterschiedlicher Stakeholder und Institutionen, wird jährlich eine Global Risk Landscape erstellt, welche die größten Risiken nach ihrer Wahrscheinlichkeit sowie ihren Auswirkungen darstellt. Insbesondere Bedrohungsszenarien im Zusammenhang mit dem Klimawandel (z.B. Extremwetterereignisse, thermische Belastung) und Umweltschäden (z.B. Umweltkatastrophen, Abnahme der Biodiversität, Wasserkrisen), aber auch im Bereich der technischen Infrastrukturen (z.B. Cyberattacken, Blackout, etc.), werden darin als besonders wahrscheinlich und folgenschwer eingestuft. Abbildung 4: The Global Risks Landscape 2020

Quelle: World Economic Forum, 2020.

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

Weitere bislang betrachtete Szenarien umfassen die Bevölkerungsentwicklung (z.B. Schrumpfung oder auch Außenzuwanderung etc.), eine gesellschaftliche Polarisierung oder globale Finanz- bzw. Wirtschaftskrisen. Eine globale Gesundheitskrise (Pandemie), wie wir sie aktuell durchleben, fand in den bisherigen Risikobewertungen bislang nur wenig Beachtung. Im Stresstest Stadt des deutschen Bundesamtes für Bauwesen wurden folgende acht Stressszenarien als wahrscheinlich definiert und pilothaft überprüft (Kötter et al., 2018):        

4

Außenzuwanderung Schrumpfung Schwarmstadt Branchenwandel oder Unternehmensverlust Gesellschaftliche Polarisierung Starkregen Thermische Belastung Krise der Energieversorgung

Kommunale Aufgabenerbringung

In Abhängigkeit der Art der Krise (Schock oder chronische Krise) und insbesondere auch der Phase im Resilienz-Zyklus4 unterscheiden sich die Aufgaben und Instrumente innerhalb des Steuerungsprozesses. Die zeitliche Dimension bzw. die einzelnen Wirkungsphasen im ResilienzZyklus werden in der Literatur mit unterschiedlichem Detailierungsgrad beschrieben. Im Rahmen der gegenständlichen Studie wird vereinfachend zwischen den beiden Phasen „Vorsorge“ und „Bewältigung und Nachsorge“ unterschieden. Abbildung 5: Resilienz-Phasen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

4

Z.B. Resilienz-Zyklus nach empirica/gaiac/Universität verändert nach Jakubowsky 2013: reagieren – regenerieren – vorbereiten – vorsorgen – schützen.

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

Die Phase der Vorsorge (vorbereiten, vorsorgen, schützen) umfasst die Analyse und Bewertung der Resilienz sowie die Erhöhung der Anpassungsfähigkeit und Robustheit (z.B. Notfallstrukturen, Schutzmaßnahmen, Ausgleichsmechanismen etc.). Es gilt, erste Anzeichen eintretender Krisen schnell zu erkennen und frühzeitig finanzielle Maßnahmen (bspw. Aufbau von Reserven, Verschiebung von nicht dringlichen Investitionen) zu setzen. In Bezug auf die Gemeindefinanzen umfasst diese Phase insbesondere auch die Analyse bestehender Strategien und die Identifizierung von Lücken in der Finanzsituation und -planung. Insbesondere sollten hier die „Schwachstellen“ aufgedeckt und offen diskutiert werden, um entsprechende Vorsorgeinstrumente aufzubauen. In der Phase der Bewältigung und Nachsorge (reagieren, regenerieren) steht einerseits das Management zur Bewältigung von Krisen und Katastrophen (= reagieren) sowie andererseits die Schadensbeseitigung, Restrukturierung und Neuorganisation (= regenerieren) im Zentrum (Devecchi & Haßheider, 2020). Die Resilienz zeigt sich dann auch in der Anpassungsfähigkeit, sprich der Flexibilität und Innovationskraft der Organisation und der handelnden Akteure, eigene bestehende Strukturen relativ rasch an neue Rahmenbedingungen anzupassen. Als lokale Verwaltungsbehörde direkt vor Ort entfällt auf die Gemeinden im Krisen- und Katastrophenfall zunächst die Hauptlast der Bewältigung bzw. der schnellen Reaktion auf das Ereignis, um mit adäquaten Maßnahmen die negativen Auswirkungen abzumindern, die Bevölkerung zu schützen und das Funktionieren der (Versorgungs-)Systeme zu gewährleisten bzw. möglichst rasch wiederherzustellen. Doch auch in der Prävention entfallen maßgebliche Aufgaben, wie beispielsweise die Erstellung von Katastrophen-Notfallplänen, in den Aufgabenbereich der Gemeinden. Im Wesentlichen können die krisenbezogenen kommunalen Aufgaben in drei große Pakete unterteilt werden. Weiterführende Informationen zu den spezifischen Aufgaben der Gemeinden in Bezug auf ausgewählte Krisen finden sich im „Kapitel IV Finanzielle Auswirkungen ausgewählter Krisen sowie eingesetzte Instrumente“.   

Vorsorge: Krisenmanagement, Koordination und Planung Bewältigung und Nachsorge: Sofort-Maßnahmen und Anpassungen im Leistungsangebot in der Akutphase Nachhaltige Sicherstellung der kommunalen Daseinsvorsorge

Vorsorge: Krisenmanagement, Koordination und Planung Voraussetzung für die Bewältigung jeder Krise ist die Handlungsfähigkeit der lokalen Verwaltung als Krisenmanager und Koordinator der Sofort-Maßnahmen vor Ort. Somit liegt der Schlüssel zur Krisenbewältigung in der Prävention: der Vorbereitung und Anpassung der kommunalen Systeme5 auf potentielle Risiken und Bedrohungen in Form von überraschend eintretenden Schocks oder chronische Krisen. Je nach Gefahrenlage und Anlassfall variieren die Bedeutung und Priorisierung der kommunalen Aufgaben. Im Krisenfall besteht die erste kommunale Aufgabe jedenfalls in der Einberufung eines Krisenstabes und der Priorisierung und Koordination der kommunalen Aufgaben, um alle verfügbaren Ressourcen optimal für die Bewältigung der Krisensituation einsetzen zu können. In vielen Bereichen sind daher Sicherheitskonzepte und Präventionsmaßnahmen für Krisensituationen längst etabliert (z.B. Brandschutz, Hochwasserschutz, Evakuierungsplanung, 5

administrative, politische und technische Systeme

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

Sicherheitsplanung für Großveranstaltungen). In Oberösterreich sind beispielsweise die Hochwasserschutzverbände (Gemeindeverbände) als Interessenten für die Instandhaltung und den Betrieb von Hochwasserschutzanlangen zuständig (Loibl et al., 2018). Bewältigung und Nachsorge: Sofort-Maßnahmen und Anpassungen im Leistungsangebot in der Akutphase Systemrelevante Aufgaben stellen das Funktionieren der Gemeinde in den zentralen Daseinsgrundfunktionen auch in Krisensituationen bei der Bewältigung (Reaktion) und Nachsorge (Wiederherstellung) infolge eines störenden Ereignisses sicher. Dazu zählen unterschiedliche Hilfssysteme zum Schutz der Bevölkerung (z.B. Notrufsysteme, Feuerwehren, Rettungs- und Notarztdienste, etc.) und Sofort-Maßnahmen zur Verminderung oder Behebung von Schäden an den zentralen Versorgungs-Infrastrukturen (Wasserversorgung, Verkehrsverbindungen etc.). Darüber hinaus sind sowohl im Zuge der Bewältigung als auch im Rahmen der Prävention Anpassungen im Leistungsangebot vorzunehmen, wie etwa am Beispiel der Pandemie gezeigt werden kann. So bestehen nicht nur Konsequenzen im Gesundheitsbereich, sondern es gibt sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen auf eine breite Palette an kommunalen Aufgaben. Zu nennen sind etwa Auswirkungen auf die Bereiche innere Verwaltung, Bildung, Kultur, Soziales, Sport, Ver- und Entsorgung, ÖPNV etc. (Freier, Ronny & Geißler, René, 2020). So wurden etwa in der ersten Akutphase der Pandemie von den Gemeinden Einkaufsdienste organisiert und eine Vielzahl an Freiwilligen – später dann auch im Zusammenhang mit den Testund Impfstraßen – koordiniert. Seit Anbeginn der Krise ist auch der Kinderbetreuungs- und Bildungsbereich betroffen. Während der Lockdowns konnte das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen großteils aufrechterhalten werden, obwohl sich die Zahl der betreuten Kinder phasenweise massiv reduzierte und damit auch Elternbeiträge zur Finanzierung entfielen. Die stärkere Digitalisierung im Bildungsbereich bedeutet für die Gemeinden als Schulerhalter Anpassungen in der IT-Infrastruktur (Mitterer & Hochholdinger, 2020). Dennoch kann festgehalten werden, dass gerade in der Phase der direkten Reaktion und Bewältigung einer Krise eines plötzlichen Ereignissen bzw. Schocks jedenfalls das Funktionieren der Verwaltungsstrukturen und auch der zentralen Infrastrukturen in den zentralen Produktbereichen – Hauptverwaltung, Ver- und Entsorgung, Verkehr und Kommunikation, Schutz und Versorgung der Bevölkerung (v.a. Gesundheit) – prioritär sichergestellt sein muss. Die nachhaltige Sicherstellung der Daseinsvorsorge, welche spätestens in der Phase der Nachsorge bzw. Wiederherstellung der Strukturen ansetzen muss, umfasst jedoch ein deutlich weiteres Aufgabenspektrum für die Gemeinden mit vielfach auch umfassenderen finanziellen Folgewirkungen. Nachhaltige Sicherstellung der kommunalen Daseinsvorsorge Aufgaben der Daseinsvorsorge umfassen im Allgemeinen all jene behördlichen, dienstleistungsmäßigen und infrastrukturellen Kernaufgaben, die zur Gewährleistung der Grundversorgung der Bevölkerung und Befriedigung ihrer grundlegenden Bedürfnisse wahrgenommen werden (Bröthaler et al., 2002). Die Daseinsvorsorge zählt im Wesentlichen als Folge gesetzlicher Bestimmungen zu den Basisaufgaben der österreichischen Gemeinden und dient der Erfüllung der acht Daseinsgrundfunktionen: Wohnen – Arbeiten – Bildung – Versorgung – Entsorgung – Gemeinschaft – Mobilität – Erholung.

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GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

Abbildung 6: Die acht Daseinsgrundfunktionen

Quelle: https://www.communalp.at/gemeindeentwicklung [03.05.2021]

Dementsprechend vielfältig ist auch die kommunale Daseinsvorsorge. Im weiteren Sinn reicht sie von der Bildung über Kultur bis zur Straßen-, Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur. Ebenso sind die Freizeit- und Sportinfrastruktur mit den Freibädern, Sportplätzen und -hallen hinzuzuzählen. Einen wichtigen Kern der Daseinsvorsorge bildet die Ver- und Entsorgung mit der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung sowie Abfallbeseitigung. Angesichts der Entwicklungen im Immobilienmarkt ist auch Wohnen ein wichtiger Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Im Rahmen der Daseinsvorsorge übernehmen die Gemeinden zur Erfüllung der Daseinsgrundfunktionen folgende Aufgaben:  

 

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BILDUNG: Elementare Bildung, Pflichtschulen, Kinder- und Nachmittagsbetreuung VER- und ENTSORGUNG: Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Abfallbeseitigung, Energieversorgung; Kommunikationsinfrastruktur: Breitbandausbau, Basis-Gesundheitsversorgung, Friedhöfe und Bestattung MOBILITÄT: Straßenbau und -erhaltung (Gemeindestraßen, Landesstraßen im übertragenen Wirkungsbereich) inklusive Reinigung und Beleuchtung, kommunaler öffentlicher Personennahverkehr ARBEIT: Unterstützung der lokalen Wirtschaft, Tourismusförderung GEMEINSCHAFT: Soziale Einrichtungen und Dienste, Pflege und Jugendwohlfahrt, Kultureinrichtungen und -veranstaltungen sowie -förderung (Museen, Büchereien, Musikschulen etc.) ERHOLUNG: Erhalt und Pflege der Grün- und Erholungsflächen, Park- und Gartenanlagen, Freizeit- und Sportinfrastruktur mit den Freibädern, Sportplätze und -hallen, Seilbahnen und Lifte WOHNEN: Kommunaler Wohnbau, Wohnbeihilfen, Gebäudemanagement, Raumentwicklung


GRUNDLAGEN ZUR RESILIENZ IN GEMEINDEN

In Hinblick auf die finanziellen Folgewirkungen der kommunalen Krisenbekämpfung und Daseinsvorsorge ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass sich die Leistungserbringung in den einzelnen Aufgabenfeldern infolge der teilweise sehr heterogenen gesetzlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen in den Bundesländern sowohl in Art, als auch Ausprägung und Qualität stark unterscheiden kann. Weiters erbringen Städte verstärkt Leistungen der regionalen Versorgungsfunktion bzw. spezielle zentralörtliche Aufgaben, z.B. in der Kinderbetreuung (höhere Kinderbetreuungsquote bei längeren Öffnungszeiten) oder in der Altenbetreuung (z.B. Führen von Tagesstätten). Gleichsam ist die Frage, ob eine hoheitliche oder freiwillige Verpflichtung zur Leistungserfüllung besteht (Pflicht-, Ermessensaufgabe oder freiwillige Aufgabe) in vielen Fällen nicht bundeseinheitlich geregelt, so dass auch dadurch Unterschiede im Leistungsumfang bedingt sind (Mitterer et al., 2016). Finanzierung der kommunalen Daseinsvorsorge Die Finanzierung der Daseinsvorsorge ist unterschiedlich ausgestaltet:  Bereiche wie die Ver- und Entsorgung (Wasser, Abwasser, Abfall) können zu einem sehr hohen Anteil oder auch ausschließlich durch die Nutzerinnen und Nutzer (Gebühren) sowie von Zuschüssen anderer öffentlicher Träger finanziert werden.  Die anderen Bereiche der Daseinsvorsorge – insbesondere Bildung, Kultur, Straßen- und Verkehrsinfrastruktur sowie Freizeit- und Sporteinrichtungen – sind großteils durch allgemeine Steuermittel finanziert. Zur Deckung der Ausgaben müssen Gemeinden daher auch auf allgemeine Steuermittel zurückgreifen. Dies sind vor allem die Ertragsanteile (Anteil an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben) und gemeindeeigene Steuern (v.a. Kommunalsteuer, Grundsteuer). Die Ausgaben jener Bereiche, welche nicht primär gebührenfinanziert sind, lagen 2018 bei 4,8 Mrd. Euro. Davon entfielen 3 Mrd. Euro auf den laufenden Betrieb, rund 1,8 Mrd. Euro betreffen Investitionen. Besonders hohe Ausgaben finden sich in den Bereichen Infrastruktur/ÖPNV sowie Bildung (Kindergärten, Pflichtschulen, Horte etc.): Die Ausgabendeckungsgrade nach Aufgabenbereichen sind dabei durchaus unterschiedlich. Diese zeigen an, zu welchem Anteil den Ausgaben direkte Einnahmen (v.a. Nutzerbeiträge, Transfers von Bund/Ländern) gegenüberstehen. So müssen im Bereich Infrastruktur/ÖPNV 65 Prozent der Ausgaben durch allgemeine Steuermittel gedeckt werden, im Bereich Sport/Freizeit sind es sogar 76 Prozent (Biwald & Hödl, 2020a).

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KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

II

Krisenfeste Gemeindefinanzen

1

Auswirkungen von Krisen auf die öffentlichen Finanzen

Der Finanzausgleich bestimmt die Einnahmen, Ausgaben und Aufgaben einer Gemeinde und legt damit die Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich die Gemeinden bewegen können, fest. Innerhalb des Finanzausgleichs bestehen etwa Ausgleichsinstrumente bei unterschiedlichen Entwicklungen auf der Gemeindeebene. Auch sind bereits Instrumente zur Abmilderung von Schocks vorhanden, wie etwa der Katastrophenfonds. Der Finanzausgleich stellt damit auch eine Art Auffangnetz für die Gemeinden in Krisenzeiten dar. Um die Resilienz der Gemeindefinanzen beurteilen zu können, ist daher eine nähere Betrachtung des Finanzausgleichssystems notwendig. Dies bedeutet aber nicht, dass die einzelne Gemeinde der Verantwortung zur Verbesserung der Krisenfestigkeit der Gemeindefinanzen entbunden ist. Denn die finanzielle Resilienz einer Gebietskörperschaft ist die Fähigkeit, Schocks, die sich auf die Finanzen auswirken, im Laufe der Zeit zu antizipieren, zu absorbieren und darauf zu reagieren (Barbera et al., 2017). Einzelne Gemeinden können sich also gewisser Instrumente bedienen, um ihre Resilienz unabhängig vom Finanzausgleich zu verbessern. In Bezug auf die Gemeindefinanzen in ihrer Summe steht dabei die „ökonomische“ Resilienz im Mittelpunkt, welche einen durchaus umfassenden Ansatz verfolgt: „Ökonomische Resilienz ist die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, vorbereitende Maßnahmen zur Krisenbewältigung zu ergreifen, unmittelbare Krisenfolgen abzumildern und sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.“ (Brinkmann et al., 2017, S. 13). Jegliche Krisen, die aus externen Faktoren entstehen (z.B. Katastrophen, Pandemien, Finanzmarktkrisen), haben auch Auswirkungen auf die Finanzen und können damit eine finanzielle Krise auslösen. Solche Auswirkungen sind für den öffentlichen Sektor offensichtlich. Bei Wirtschaftskrisen sinken etwa einerseits Steuereinnahmen, andererseits steigen die Ausgaben für Sozialleistungen und Wirtschaftshilfen. Dabei kann zwischen direkten und indirekten Effekten unterschieden werden (Geißler & Wortmann, 2021, S. 5). Unmittelbar entstehen Einnahmenausfälle und direkte Ausgabensteigerungen, wie dies auch in Österreich aktuell im Zuge der Covid19-Krise sichtbar ist (Biwald & Hödl, 2020b). Mittelfristig sind auch indirekte Effekte zu erwarten, welche jedoch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Entscheidender Faktor sind hierbei die intragovernmentalen Transferbeziehungen, welche mittelfristig gekürzt oder ausgebaut werden können. Doch auch die Übernahme staatlicher Aufgaben auf der Kommunalebene (z.B. Organisation der Corona-Teststraßen), stärkere Regulierungen der Haushaltsregeln (Österreichischer Stabilitätspakt) sowie Veränderungen in der kommunalen Struktur (Gemeindekooperationen bzw. -fusionen) können als Reaktion auf Krisen für die Gemeindefinanzen relevant sein.

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KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

Abbildung 7: Effekte von Wirtschaftskrisen auf die kommunalen Ebenen

Quelle: Geißler & Wortmann, 2021, S. 5.

Während recht klar ist, dass Krisen finanzielle Auswirkungen auf die Gemeinden haben, stellt sich gleichzeitig die Frage, inwieweit die Resilienz der Gemeindefinanzen innerhalb der bestehenden Rahmenbedingungen ausreichend gewährleistet ist. Die Beantwortung dieser Frage ist vorerst schwierig, da es sich beim Resilienzansatz um ein normatives Modell handelt. Es gilt daher, diesen Ansatz in die Praxis zu übersetzen. Rahmenbedingungen bestimmen die Resilienz der Gemeindefinanzen Abbildung 8 zeigt mehrere Anknüpfungspunkte der Resilienz der Gemeindefinanzen. Fundament hierbei ist ein grundsätzliches gesamtstaatliches Bewusstsein der Bedeutung von Resilienz und deren Berücksichtigung in den bundesstaatlichen Steuerungsprozessen und Strategien. Ansatzpunkte dafür finden sich etwa in der Finanzverfassung, welche grundsätzlich darauf ausgerichtet ist, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit einzelner Gebietskörperschaften nicht überschritten wird. Auch ein gemeinschaftliches Agieren im Bereich der Aufgabensteuerung ist hier zu nennen, wie dies etwa bei gemeinschaftlicher Aufgabenerbringung (z.B. Bildung, Soziales, öffentlicher Verkehr) grundsätzlich vorgesehen ist. Basierend auf diesen Grundleitsätzen ergeben sich Rahmenbedingungen für die Gemeinden, welche die Resilienz der einzelnen Gemeinden wesentlich bestimmen. Zu berücksichtigen ist etwa, dass nicht sämtliche Gemeinden dieselbe Ausgangssituation haben. Man denke etwa an Gemeinden im städtischen oder ländlichen Raum, an wachsende oder schrumpfende Gemeinden bzw. an unterschiedliche Funktionen der Gemeinden (z.B. Grad der Zentralörtlichkeit). Um dem zu begegnen bestehen Ausgleichs- und Koordinierungsinstrumente, wie etwa das Finanzausgleichsgesetz oder der Österreichische Stabilitätspakt. Auch sind die Handlungsspielräume der Gemeinden häufig durch Bundes- oder Landesregelungen eingeschränkt. Dies betrifft etwa die bescheidenen Spielräume der

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KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

Gemeinden bei der Grund- und Kommunalsteuer oder die überdurchschnittlich dynamisch wachsenden Umlagenzahlungen ans Land. Schließlich ist es auch in der Verantwortung jeder einzelnen Gemeinde, sich krisenfest aufzustellen und ein Resilienzmanagement aufzubauen. Hierunter fallen beispielsweise eine kommunale Resilienzstrategie, eine datenbasierte Risikoabschätzung, der Aufbau von Notfallstrukturen und Frühwarnsystemen, die Berücksichtigung von Resilienz bei bestehenden Planungsinstrumenten (z.B. vorausschauende Flächenwidmungsplanung) oder ein laufendes Monitoring. Im Folgenden wird der Fokus auf die bestimmenden Rahmenbedingungen gelegt. Abbildung 8: Anknüpfungspunkte der Resilienz der Gemeindefinanzen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

2

Resilienz-bestimmende Instrumente im österreichischen Finanzausgleich

Im Folgenden werden zentrale Instrumente des österreichischen Finanzausgleichs beschrieben, welche Auswirkungen auf die Resilienz der Gemeindefinanzen haben können. Dabei liegt ein Fokus auf der Prävention bzw. den Rahmenbedingungen. Konkrete Kriseninstrumente finden sich hier – angesichts der Fülle an möglichen Krisen – vorerst nicht. Diese werden in den Folgekapiteln im Rahmen der näher ausgeführten Krisen exemplarisch dargestellt.

2.1

Ausmaß der Handlungsspielräume der Gemeinden

Gemeinden können nur eingeschränkt über ihre Einnahmen und Ausgaben verfügen (Brait et al., 2019). Die Verteilung der Ertragsanteile auf die einzelnen Gemeinden sowie die Bemessung der Kommunalsteuer sind bundesweit einheitlich geregelt. Ein nur eingeschränkter Gestaltungsspielraum besteht bei der Grundsteuer, da die Abgabenhöhe nur innerhalb eines engen Rahmens (Maximal-Hebesatz) von der einzelnen Gemeinde selbst bestimmt werden kann. Fehlende Gestaltungsspielräume zeigen sich auch bei den Transfereinnahmen. Die Transfers vom Bund sind bundesweit einheitlich vorgegeben, die Transfers von den Ländern werden durch diese bestimmt. Gleiches gilt auch für die Gemeinde-Bedarfszuweisungen, welche zwar originäre Gemeinde-Mittel sind, aber von den Ländern nach eigenen Regeln an die Gemeinden weitergegeben werden. Insbesondere bei Investitionen resultiert hieraus eine hohe Abhängigkeit der Gemeinden von der Länderebene. Gestaltungsspielräume bestehen hingegen bei Gebühren, Leistungsentgelten und Einnahmen aus Besitz und wirtschaftlicher Tätigkeit. Insgesamt ergibt dies, dass nur rund 40 Prozent der Einnahmen direkt von der einzelnen Gemeinde beeinflusst werden können und daher eine hohe Abhängigkeit von anderen Einnahmenquellen besteht. Demgegenüber sind die Gestaltungsspielräume der Gemeinden im Bereich der Ausgaben mit rund 80 Prozent deutlich höher. Nicht beeinflussbar ist (mit rund 20 Prozent der Ausgaben) der Umlagenbereich. Dies betrifft die Landesumlage, die Sozialhilfe- sowie die Krankenanstaltenumlage, welche sich gleichzeitig sehr dynamisch entwickeln. Hier werden sowohl die Höhe als auch die Verteilungsparameter, nach welchen die einzelnen Gemeinden belastet werden, von den Ländern bestimmt. Auch bei den weiteren Aufgabenbereichen können die Gemeinden in den seltensten Fällen völlig frei entscheiden. So bestehen etwa im Kinderbetreuungs- oder Pflichtschulbereich Vorgaben – etwa das verpflichtende Kindergartenjahr oder Regelungen zu Leistungsstandards. Finanzausgleich geht über das Finanzausgleichsgesetz hinaus Unter Finanzausgleich im weiteren Sinn wird die Zuordnung der öffentlichen Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen zu den Gebietskörperschaften verstanden. Bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs ist darauf zu achten, dass Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen im Einklang stehen. Dies bedeutet, dass jede Gebietskörperschaftsebene ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung haben muss, um ihre Aufgaben erbringen zu können. Die Aufgaben verändern sich jedoch im Zeitverlauf. Zu nennen sind z.B. demografiebedingte Entwicklungen, welche etwa den Gesundheits- und Pflegebereich vor Herausforderungen stellen. Hinzu kommen zusätzliche Aufgaben, etwa im Klimaschutz oder durch die Digitalisierung.

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KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

In mehreren Bereichen besteht eine gemeinschaftliche Aufgabenerbringung von Bund, Ländern und Gemeinden. Dies betrifft etwa die Bildung, den Sozial- und Gesundheitsbereich oder den öffentlichen Verkehr. Dadurch kommt es jedoch zu Kompetenz- und Finanzierungsverflechtungen, welche regelmäßig in Diskussion stehen. Hingegen wird die Aufgabenverteilung im Finanzausgleich im engeren Sinn als gegeben angesehen. Die erfolgten Aufgabenverschiebungen zwischen den Gebietskörperschaftsebenen erfordern entsprechende Anpassungen im Rahmen des Finanzausgleichs. Somit stellt der Finanzausgleich im engeren Sinn über die Regelung der Einnahmenverteilung – inklusive Ausgleichsmaßnahmen – die Finanzierung der Aufgaben der Gebietskörperschaften sicher. In der öffentlichen Diskussion wird unter „Finanzausgleich“ zumeist nur ein Teilbereich des Finanzausgleichs im engeren Sinn verstanden: Das Finanzausgleichsgesetz. Dieses ist aber nur ein Element von vielen innerhalb des Finanzausgleichs im engeren Sinn (Mitterer & Pichler, 2020). Abbildung 9: Finanzausgleich im weiteren und engeren Sinn

Quelle: Mitterer & Pichler, 2020.

Ein Modell zur Resilienz des Finanzausgleichs In Bezug auf den fiskalischen Föderalismus und den österreichischen Finanzausgleich müssen mehrere Dimensionen betrachtet werden. Der Finanzausgleich im weiteren Sinn umfasst neben der Verteilung der gesamtstaatlichen Steuereinnahmen auch die der Ausgaben und öffentlichen Aufgaben auf alle Gebietskörperschaftsebenen. Diese Verflechtung ist ein historisch gewachsenes Produkt jahrzehntelanger Fiskalpolitik und (politischer) Entscheidungen, u.a. in der Infrastrukturplanung. In diesem Zusammenspiel sind deshalb unterschiedliche Dimensionen für eine Analyse relevant (Bröthaler & Getzner, 2021):  

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Die institutionelle Resilienz betrachtet die Verwaltung und Vollziehung und deren Möglichkeiten und Maßnahmen, Krisen zu bewältigen. Die politische Resilienz bezieht sich auf die Gesetzgebung und Normensetzung durch politische Entscheidungsträgerinnen und -träger.


KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

 

Die funktionale Resilienz stellt die Aufgaben- und Ausgabenpolitik des öffentlichen Sektors bei einem Schock in den Mittelpunkt. Die räumliche Resilienz berücksichtigt unterschiedliche räumliche Anforderungen und unterschiedliche Betroffenheiten.

Die Herstellung der Resilienz der Gemeinden über den Finanzausgleich ist daher keine einfache Aufgabe, da eine hohe Komplexität besteht. In Abbildung 10 werden die vier Dimensionen in Beziehung zueinander gesetzt. Um einen resilienten Finanzausgleich zu erreichen, genügt es daher nicht, sich ausschließlich auf die Fiskalpolitik zu konzentrieren, sondern es bedarf ebenso einer Betrachtung der Aufgabenseite. Am Beispiel des öffentlichen Verkehrs bedeutet dies etwa, dass es einer abgestimmten Vorgehensweise zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bedarf und dass Finanzinstrumente zur Verfügung gestellt werden, um die zu erbringenden Aufgaben auch adäquat zu erledigen. Insbesondere die Ver- und Aufteilung der Aufgaben und Kompetenzen im föderalen Staat ist daher mit der finanziellen Ausstattung der einzelnen Gebietskörperschaften in Einklang zu bringen, wie dies auch in § 4 des Finanzverfassungsgesetzes6 explizit vorgesehen ist. Abbildung 10: Resilienz des Finanzausgleichs

Institutionelle Resilienz Resilienz öffentlicher Institutionen (i.S.d. Verwaltung) auf Bundes-, Landes-, Ebenen Gemeindeebene, um Krisen (Schocks) des Staates zu bewältigen: Prozesse, Informationen, Instrumente, Koordinierung

Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen im föderalen Staat Resilienz staatlicher Aufgaben (z.B. Gesundheit, Öffentliche Bildung, Kultur, Aufgaben Infrastrukturen): Qualität und Funktionsfähigkeit

Funktionale Resilienz

Politische Resilienz Zunahme der Resilienz durch Föderalismus-, Strukturund Verwaltungsreformen

Fiskalischer Förderalismus & Finanzausgleich

Räumliche (urbane & rurale) Planung, Infrastrukturplanung, Zielorientierung betreffend zukünftige Krisen (z.B. Klimakrise)

Fiskalpolitik

Reaktion politischer Entscheidungsträger*innen durch Wirtschaftspolitik: politische Debatten und Entscheidungen

Politiken betreffend Wirtschaftsförderung, Regionalentwicklung (räuml. Ungleichheiten), Mobilität, Standorte

Nachhaltigkeit der Staatsschulden, Wirkungen Staatsausgaben, Beschäftigung und Wirtschaftsstruktur: Effizienz und Verteilung

Räumliche Resilienz

Quelle: Bröthaler & Getzner, 2021.

6

„Die (Finanzausgleichsregelung…) hat in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden.“ § 4 F-VG (BGBl. Nr. 45/1948 idF BGBl. I Nr. 51/2012)

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KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

2.2

Instrumente, welche die Resilienz der Gemeindefinanzen bestimmen

Tabelle 2 gibt ein Überblick über relevante Regelungsbereiche zum Finanzausgleich im weiteren Sinn. Zentral für die Ausgestaltung des Finanzausgleichs ist die Finanzverfassung. Hervorzuheben ist § 4 F-VG 1948, wonach die Regelungen des Finanzausgleichs in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen hat. Weiters ist darauf zu achten, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden. In der Bundesverfassung ist der strategische Grundsatz zur ausgeglichenen und nachhaltigen Haushaltsführung festgeschrieben. Basierend auf diesen Grundsätzen sind alle weiteren Regelungen auszugestalten. Hierzu zählen insbesondere bundes- und landesgesetzliche Regelungen sowie die Art. 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern. Besondere Bedeutung haben das Finanzausgleichsgesetz sowie der Österreichische Stabilitätspakt (Bauer & Thöni, 2017). Tabelle 2: Die Resilienz bestimmende Grundsätze und Instrumente Regelungsbereiche

Beschreibung

Verfassungsrechtliche Grundsätze Konnexitätsgrundsatz (§ 2 F-VG)

Tragung der Ausgaben zur Erfüllung der eigenen Aufgaben, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt

Sachlichkeitsgebot (§ 4 F-VG)

Die Regelung des Finanzausgleichs hat in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden.

Strategischer Grundsatz zur Haushaltsführung (Art. 13 B-VG)

Bund, Länder und Gemeinden haben bei ihrer Haushaltsführung das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sicherzustellen, nachhaltig geordnete Haushalte sowie bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben.

Regelungen und Instrumente im Finanzausgleich im weiteren Sinn Bundes- und landesgesetzliche Regelungen

Ergänzende Regelungen sind etwa die Steuergesetze des Bundes oder der Länder, weiters verschiedene Regelungen zur (Ko-)Finanzierung einzelner Aufgaben (z.B. Pflegefonds, Umlagenzahlungen der Gemeinden, Musikschulfinanzierung).

Art. 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern

Ergänzende Regelungen etwa in den Bereichen Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebotes oder die Zielsteuerung im Gesundheitsbereich

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KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

Finanzausgleichsgesetz

Zentrales Steuerungsinstrument zur Verteilung der Abgabenerträge auf die Gebietskörperschaften

Österreichischer Stabilitätspakt

Zentrales Steuerungsinstrument zur Koordination der Nachhaltigkeit der Haushaltsführung

Dauerhafte Kriseninstrumente

Dauerhaft eingerichtete Instrumente zur Krisenbewältigung (wie z.B. der Katastrophenfonds) oder zum Risikoausgleich (z.B. Gemeindeverbände im Hochwasserschutzbereich)

Kurzfristig krisenbezogene Maßnahmen

Instrumente, welche während Krisen herangezogen werden können, wie intragovernmentale Transfers (z.B. kommunales Investitionsprogramm 2020 betreffend Pandemie 2020/2021; pauschaler Kostenersatz für Migration und Integration betreffend Migrationskrise 2015)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Im Folgenden werden die genannten Regelungen und Instrumente zum Finanzausgleich im weiteren Sinn näher ausgeführt. Finanzausgleichsgesetz Das Finanzausgleichsgesetz 20177 stellt die Grundlage der finanziellen Ausstattung und Transferbeziehungen der Gebietskörperschaftsebenen dar. Es handelt sich hierbei um eine zeitlich befristete Regelung, welche im Abstand von rund 4 bis 6 Jahren zwischen den Vertragspartnern (Bund, Länder, Städtebund, Gemeindebund) neu ausverhandelt wird. Durch den wiederkehrenden Charakter der Verhandlungen ergibt sich regelmäßig die Gelegenheit, das Finanzausgleichsgesetz an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen oder Kriseninstrumente zu installieren (wie dies beim pauschalen Kostenersatz für Migration und Integration betreffend Migrationskrise 2015 der Fall war). Innerhalb des Finanzausgleichsgesetzes ergeben sich drei zentrale Regelungsbereiche, welche die finanzielle Ausstattung der Gemeinden beeinflussen. Tabelle 3: Regelungsbereiche des Finanzausgleichsgesetzes 2017 Regelungsbereiche Abgabenhoheit

7

Beschreibung Zuweisung der eigenen Abgaben (mit unterschiedlichen Graden der subnationalen Autonomie betreffend Steuer- und Ertragshoheit), Festlegen gemeinschaftlicher Bundesabgaben

BGBl. I Nr. 116/2016 idF BGBl. I Nr. 29/2021.

33 21.10.21


KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

Verteilung der Abgabenerträge auf Bund, Länder und Gemeinden

Festlegung der vertikalen und horizontalen Aufteilung der Abgabenerträge aus gemeinschaftlichen Bundesabgaben

Transfers und Kostentragung

Finanzzuweisungen des Bundes (z.B. Finanzkraftstärkung für Gemeinden), gesonderte Kostentragungsregelungen (z.B. Kostenersatz Migration, Besoldung Landeslehrerinnen und -lehrer), Vorgaben für Länder-Gemeinde-Transfers (Landesumlage und GemeindeBedarfszuweisungen)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021; auf Basis: Finanzausgleichsgesetz 2017.

Österreichischer Stabilitätspakt Ziel des österreichischen Stabilitätspaktes 20128 ist die Koordination zur Nachhaltigkeit der Haushaltsführung. Hierfür besteht ein System mehrfacher Fiskalregeln zur Verfügung, welches das Ziel verfolgt, die Schulden möglichst auf ein vertretbares Niveau zurückzuführen. Für die Gemeinden bestehen betreffend Haushaltssaldo besonders strenge Vorschriften; so gilt für diese ein Nulldefizit. Bis 2019 erreichten die Gemeinden inkl. Wien immer ein weitgehend ausgeglichenes Ergebnis, für das Krisenjahr 2020 ergibt sich ein Defizit von -0,5 Prozent des BIP.9 Ergänzend zu den Fiskalregeln steht die Koordination der Haushaltsführung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden im Mittelpunkt. Besondere Bedeutung hat dabei das Österreichische Koordinationskomitee mit Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern und Gemeinden. Bei den regelmäßigen Abstimmungstreffen werden neben der Einhaltung der Fiskalregeln auch aktuelle Themen (z.B. Konsequenzen der Coronakrise) oder Auswirkungen von bundes- und landesgesetzlicher Regelungen (z.B. Entfall des Pflegeregresses) auf die Haushalte besprochen. Tabelle 4: Regelungsbereiche des Österreichischen Stabilitätspaktes 2012 Regelungsbereiche

8 9

Beschreibung

System mehrfacher Fiskalregeln

Regelungen betreffend Haushaltssaldo (Maastricht-Saldo), strukturelles Saldo (Schuldenbremse), Ausgabenwachstum (Ausgabenbremse), Rückführung des öffentlichen Schuldenstandes (Schuldenquotenanpassung), Haftungsobergrenzen

Koordination der Haushaltsführung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden

Österreichisches Koordinationskomitee sowie innerhalb der Länder Länder-

BGBl. I Nr. 30/2013 idF BGBl. I Nr. 45/2013. Statistik Austria: Öffentliches Defizit nach Teilsektoren des Staates. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/oeffentliche_finanzen_und_steuern/maastricht-indikatoren/oeffentliches_defizit/index.html [download 16.09.2021].

34 21.10.21


KRISENFESTE GEMEINDEFINANZEN

Koordinationskomitees, Instrumente zur gegenseitigen Information, Transparenzvorgaben Mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung

Verpflichtende Erstellung von Mittelfristplanungen

Sanktionsmechanismen

Zur Absicherung der Stabilitätsverpflichtungen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021; auf Basis: Österreichischer Stabilitätspakt 2012.

Weitere bundes- und landesgesetzliche Regelungen sowie 15a-Vereinbarungen Neben den beiden genannten zentralen Steuerungsinstrumenten (Finanzausgleich und Österreichischer Stabilitätspakt) bestehen zahlreiche bundes- und landesgesetzliche Regelungen, welche ebenfalls direkten oder indirekten Bezug auf die Gemeindefinanzen nehmen. Tabelle 5: Regelungsbereiche weiterer bundes- und landesgesetzlicher Regelungen sowie 15a-Vereinbarungen Regelungsbereiche

Beschreibung

Landesgesetzliche Vorgaben betreffend nachhaltige Haushaltsführung

Vertiefende Bestimmungen innerhalb der Länder, etwa betreffend Verschuldung

Laufende Finanzierung über Transfers

Festlegung von Transfers, welche das Finanzausgleichsgesetz ergänzen (z.B. Verteilung der GemeindeBedarfszuweisungen, Regelungen zu Sozialhilfe- und Krankenanstaltenumlage, Weitergabe von Mitteln für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen)

Koordination im Rahmen der Mehr-EbenenSteuerung (etwa über Art. 15a-Vereinbarungen)

Aufgaben- und Finanzierungssteuerung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (z.B. Zielsteuerung Gesundheit, Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen)

Instrumente zur Krisenbewältigung

Permanente Installierung von Instrumenten (z.B. Katastrophenfonds im Falle von Naturkatastrophen) oder kurzfristige Maßnahmen im Krisenfall (z.B. kommunales Investitionspaket 2020)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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ANALYSERASTER

III Analyseraster Basierend auf den theoretischen Ausführungen der Vorkapitel wird im Folgenden ein Analyseraster zur vertiefenden Bewertung der Resilienz der Gemeindefinanzen entwickelt. Es wird das Analysekonzept grundsätzlich vorgestellt und die Methodik erläutert.

1

Betrachtungsfokus

Die Theorie bietet vielfach Ansätze zur Bestimmung der Resilienz.10 Je nach Schwerpunktsetzung werden dabei unterschiedliche Facetten der Resilienz betrachtet. Dies trifft insbesondere auch auf die Gemeindeebene zu, wo die meisten Resilienzkonzepte auf die Aufgabenerbringung fokussieren und nur wenige auf die Gesamtebene der Gemeindefinanzen im Rahmen des Finanzausgleichs selbst abstellen. Basierend auf den Konzepten zur kommunalen Resilienz im Allgemeinen, und zur finanziellen Resilienz im Besonderen, gilt für den hier entwickelten Analyseraster folgende Definition in Bezug auf die Resilienz der Gemeindefinanzen: Resilienz der Gemeindefinanzen bedeutet allgemein eine ausreichende Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit, um auf Krisen zu reagieren und einen gewünschten Vorkrisenzustand wiederherzustellen oder einen veränderten neuen stabilen Zustand zu erreichen. Die Gemeindefinanzen sind daher resilient, wenn im Krisenfall die negativen Auswirkungen auf die Finanzen einer Gemeinde so abgemildert werden, dass diese die Fähigkeit haben, auf die Krisensituation vor Ort adäquat zu reagieren, sich an neue Rahmenbedingungen anzupassen und die Daseinsvorsorge nachhaltig zu gewährleisten. Zu den Krisenfällen zählen nicht nur akute Schocks, sondern auch chronische Krisen, die sich auf die Gemeindeebene auswirken.11 Der Fokus der vorliegenden Analyse liegt auf den Rahmenbedingungen, welche die Resilienz der Gemeinden wesentlich bestimmen, wobei der Finanzausgleich im weiteren Sinn betrachtet wird. Dies umfasst daher nicht nur das Finanzausgleichsgesetz, sondern auch den Österreichischen Stabilitätspakt, Art. 15a-Vereinbarungen sowie weitere bundes- und landesgesetzliche Regelungen. Jene Maßnahmen, welche die Gemeinden innerhalb ihres eigenen Wirkungsbereiches umsetzen können, werden daher nicht in die Betrachtung einbezogen (z.B. kommunale Resilienzstrategie, Notfallstrukturen und Frühwarnsysteme).12 Auch wenn der primäre Fokus auf der finanziellen Perspektive liegt, werden verschiedene Aspekte der Resilienz betreffend Finanzausgleich soweit möglich mitberücksichtigt. Dies umfasst beispielsweise auch die institutionelle (Verwaltung und Vollziehung), die politische (Gesetzgebung und Normensetzung), funktionale (Aufgabenpolitik) und räumliche Resilienz (unterschiedliche Betroffenheiten).13 Dementsprechend werden sowohl die vertikalen als auch die horizontalen Beziehungen in die Analyse einbezogen sowie unterschiedliche Betroffenheiten und Rahmenbedingungen – soweit möglich – berücksichtigt. Sowohl Vorsorge als auch Prävention – insbesondere auch im Zusammenhang mit der Daseinsvorsorge – sind hierbei zu beachtende Aspekte.14 10

Siehe u.a. The Rockefeller Foundation; ARUP: City Resilience Framework, 2015; Kötter et al.: Stresstest Stadt, 2018; Steccolini et al.: Governmental Financial Resilience; Devecchi; Haßheider: Resiliente Gemeinden in der Modellregion Bodensee, 2020. Siehe hierzu die Ausführungen in Kapitel I3 „Für Gemeinden relevante Krisen und Schocks“. 12 Siehe hierzu die Ausführungen in Kapitel II1 „Auswirkungen von Krisen auf die öffentlichen Finanzen“. 13 Siehe hierzu die Ausführungen in Kapitel II2.1 „Ausmaß der Handlungsspielräume der Gemeinden“ (Bröthaler & Getzner, 2021). 14 Siehe hierzu die Ausführungen in Kapitel I4 „Kommunale Aufgabenerbringung“. 11

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ANALYSERASTER

Bei der Erstellung des Analyserasters stand dabei folgende Fragestellung im Mittelpunkt: In welche Richtung müssten sich die Gemeindefinanzen entwickeln, damit Schocks und chronische Krisen adäquat bewältigt werden können?

2

Analyseraster

2.1

Einbezogene Dimensionen und Variablen

Es wurden – basierend auf den Erkenntnissen der Vorkapitel – mehrere Dimensionen festgelegt, welche zur Bestimmung der Resilienz der Gemeindefinanzen geeignet erscheinen:   

Governance nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen

Zusätzlich werden dem Analyseraster die beiden Resilienz-Variablen Robustheit und Anpassungsfähigkeit zugrunde gelegt. Resilienz-Variablen Die vorgestellten Modelle zu kommunaler Resilienz in Kapitel I2 weisen meist ähnliche Eigenschaften auf. Demnach ergibt sich Resilienz aus den Eigenschaften Robustheit, Redundanz, Flexibilität, Innovation, Inklusion u.a. Eine Bewertung aus dieser Vielzahl von Eigenschaften würde den Rahmen dieser Studie sprengen. Es wird daher auf das Konzept „Stresstest Stadt“ (Kötter et al., 2018) zurückgegriffen, um die Kompetenzen Robustheit und Anpassungsfähigkeit als Variablen für die Bestimmung der Resilienz heranzuziehen. Robustheit bezieht sich im Kontext der resilienten Gemeindefinanzen auf die institutionellen und rechtlichen Strukturen im föderalen System sowie die Ausgleichsinstrumente, die negative Auswirkungen auf die Finanzen der Gemeinden abmildern bzw. verhindern. Durch die gesicherten Finanzen können Gemeinden die kommunale Infrastruktur nicht nur erhalten, sondern redundante Strukturen aufbauen, um für zukünftige Herausforderungen vorzusorgen. Darunter werden Strukturen verstanden, die bei punktuellen Ausfällen nicht großflächig gefährdet sind, sondern durch vernetzte Back-Up-Systeme wieder rasch in einen stabilen Zustand zurückkehren. Anpassungsfähigkeit berücksichtigt im Gegensatz dazu die Flexibilität und Innovationsfähigkeit der institutionellen und rechtlichen Strukturen. Sollten sich Rahmenbedingungen aufgrund einer Krise verändern, müssen die betroffenen Institutionen und handelnden Personen adäquat reagieren können, um negativen Entwicklungen entgegenzuwirken. Im Rahmen der Gemeindefinanzen bedeutet dies vor allem, genügend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen und finanzielle Mehrbelastungen zu kompensieren. Bezogen auf die Resilienzphasen spielt die Anpassungsfähigkeit bei der Bewältigung eine wichtige Rolle, da trotz vorbereitender Maßnahmen mit unvorhersehbaren Ereignissen zu rechnen ist. Dimensionen Kommunale Resilienzmodelle bauen auf unterschiedlichen Dimensionen auf. Betrachtet man die diversen möglichen Krisen ist ein ganzheitlicher Ansatz jedenfalls erforderlich. Für diese Studie

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ANALYSERASTER

werden die Dimensionen (1) Governance, (2) nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen sowie (3) Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen in Bezug auf die Gemeindefinanzen näher ausgeführt und dem nachfolgend beschriebenen Analyseraster zugrunde gelegt. Governance Die Dimension Governance bezieht sich insbesondere auf Strukturen, Prozesse, Instrumente und die Koordinierung innerhalb des föderalen Systems, die zur Krisenbewältigung und -vorsorge beitragen. Auch in anderen Modellen (OECD, o. J.; The Rockefeller Foundation & ARUP, 2015) stellen Governance, Leadership und Strategie eine eigene Dimension dar, da komplexe Prozesse und Abläufe koordiniert und abgestimmt werden müssen, um die erwünschten Wirkungen zu erzielen. Darunter fällt auch ein inklusiver Zugang, d.h. die Einbindung aller Stakeholder in solchen Abstimmungsprozessen. Gerade in Bezug auf die Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaften, also wenn es um die Verteilung der Steuermittel geht, sowie betreffend der Koordinierung bei der Aufgabenerfüllung, ist diese Dimension ein wesentlicher Aspekt für die Beurteilung der finanziellen Resilienz. Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Nach Artikel 13 B-VG haben Bund, Länder und Gemeinden bei ihrer Haushaltsführung die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes und nachhaltig geordnete Haushalte anzustreben. Neben den verfassungsrechtlichen Verpflichtungen sind auch unionsrechtliche Vorgaben (z.B. europäischer Fiskalpakt) einzuhalten. Diese Mechanismen dienen zur Stabilität der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und haben primär zum Ziel, die Staatsschulden zu senken und die öffentlichen Ausgaben zu verringern. Für die Gemeindeebene bedeutet dies eine kontrollierte Schuldenaufnahme. Daher ist es besonders wichtig, die Fähigkeit zu haben, Investitionen zum Teil auch aus eigenen Mitteln zu finanzieren (z.B. aus dem laufenden Betrieb oder über Rücklagen). Relevant ist auch die Gestaltung der Einnahmenquellen für Gemeinden, damit zentrale Eigenschaften wie Diversität, Redundanz und Flexibilität den Handlungsspielraum im Krisenfall erweitern. Die Ausgestaltung der Finanzausgleichsinstrumente spielt für diesen Bereich eine zentrale Rolle. Diese Dimension betrifft somit eine nachhaltige ökonomische Entwicklung der Gemeinden. Die Regelungen sollten im Einklang mit den Bedarfen der Gemeinde sowie der Nutzerinnen und Nutzer der kommunalen Infrastruktur und öffentlichen Leistungen stehen. Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Gemeinden haben eine Reihe von essentiellen Aufgaben zu erbringen. Darunter fällt u.a. die Erhaltung der kommunalen Infrastruktur. Für diese Aufgabenerbringung müssen die finanziellen Ressourcen langfristig gesichert sein. Neben der Aufrechterhaltung des Betriebs und der Errichtung von Anlagen im akuten Krisenfall soll auch die Vorbeugung und Vorbereitung auf zukünftige Herausforderungen gefördert werden. Dazu zählen Investitionen zum Schutz von natürlichen Ressourcen, in den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und den Aufbau von verlässlichen Informations- und Kommunikationsstrukturen. Im Sinne der Generationengerechtigkeit müssen die Leistungen der Daseinsvorsorge auch in Zukunft gewährleistet sein und der Ressourcenverbrauch der jetzigen Generation nicht auf Kosten der zukünftigen gehen. Diese Dimension deckt sich mit den Anforderungen einer resilienten Gemeinde in Bezug auf Umwelt, Infrastruktur, aber auch Gesundheit und das Allgemeinwohl der Bevölkerung.

38 21.10.21


ANALYSERASTER

2.2

Analyserahmen und Indikatoren des Analyserasters

Im Analyseraster werden die genannten Dimensionen und Resilienz-Variablen zusammengeführt. Abbildung 11 gibt einen Überblick über die drei Dimensionen und Variablen zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen. Basierend auf der Fragestellung, wie die drei Dimensionen ausgestaltet sein müssen, um robust bzw. anpassungsfähig zu sein, findet sich im Analyseraster eine grundsätzliche Beschreibung der für die Gemeindefinanzen relevanten Strukturen und Prozesse anhand von Indikatoren. Sowohl die Erstellung des Analyserahmens als auch der nachfolgend aufgelisteten Indikatoren erfolgte einerseits aufbauend auf dem zuvor ausgeführten Betrachtungsfokus, andererseits im Rahmen von Workshops durch die Autorinnen. Im Rahmen der folgenden Analyse können sicherlich nicht sämtliche Aspekte von resilienten Gemeindefinanzen berücksichtigt werden; insbesondere auch, da es einerseits eine Vielzahl an möglichen Schocks und chronischen Krisen gibt und andererseits die Komplexität sowohl im Finanzausgleich als auch im Rahmen der Aufgabenerbringung der Mehr-Ebenen-Steuerung sehr hoch ist. Mit der vorliegenden Analyse soll eine erste Einschätzung als Diskussionsgrundlage für weitere Schritte in Richtung stärker resiliente Gemeindefinanzen erfolgen. Analyserahmen Governancestrukturen und -prozesse sind dann ausreichend robust, wenn negative Auswirkungen von Krisen bestmöglich verhindert oder zumindest abgemildert werden können. Betrachtet werden hierbei etwa die Prozesse und Strukturen der Mehr-Ebenen-Steuerung oder das Vorhandensein von Instrumenten, um rechtzeitig Krisensituationen zu erkennen. Näher betrachtet wird auch die Frage, welches Ausmaß an Gemeindeautonomie für eine hohe Resilienz der Gemeindefinanzen zweckmäßig ist. Eine ausreichende Anpassungsfähigkeit ist gegeben, wenn eine Flexibilität der Strukturen besteht, um im Krisenfall adäquat reagieren zu können. Relevante Aspekte hierbei sind etwa, ob und in welcher Weise Gemeinden im Krisenfall in Entscheidungen eingebunden werden, wenn die Entscheidungen kommunale Aufgabenbereiche betreffen. Die zweite hier beschriebene Dimension der Resilienz betrifft das grundsätzliche Vorhandensein von nachhaltigen und stabilen Gemeindefinanzen. Robust sind die Gemeindefinanzen dann, wenn die Finanzausgleichsinstrumente nachhaltig wirken und aufeinander abgestimmt sind. In die Analyse werden etwa Fiskalregeln, die Einnahmen- und Ausgabenstruktur der Gemeinden sowie die Abhängigkeiten von anderen Gebietskörperschaftsebenen miteinbezogen. Ausreichend anpassungsfähig sind Gemeindefinanzen dann, wenn mit den vorliegenden Instrumenten des Finanzausgleichs auf die Krise reagiert werden kann. Zu nennen sind weiters Fiskalregeln, welche in Krisenzeiten ausgesetzt werden können. Wesentliche Rolle spielt auch der Transferbereich, etwa im Rahmen von finanziellen Hilfen durch Bund oder Ländern. Dritte Analyse-Dimension ist der aufgabenbezogene Bereich der Daseinsvorsorge und der nachhaltigen Investitionen. Diese Dimension ist robust, wenn der Betrieb und die Errichtung von Daseinsvorsorge und Investitionen auch im Krisenfall gesichert ist. Besonderer Fokus liegt hier auf Regelungen im Zusammenhang mit nachhaltigen Investitionen (z.B. Investitionsprogramme mit Förderschwerpunkt auf klimafreundliche Projekte) oder Vorsorgeinstrumenten betreffend systemkritische Infrastruktur (z.B. regional abgestimmte Infrastrukturen und Angebote der Daseinsvorsorge). Eine hohe Anpassungsfähigkeit in dieser Dimension bedeutet, dass die

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ANALYSERASTER

vorgegebenen Handlungsspielräume eine Reaktion im Krisenfall ermöglichen, gleichzeitig aber jedenfalls die systemkritische Infrastruktur abgesichert ist. Der hier vorgegebene Analyseraster kann dabei unterstützen, systematisch die verschiedenen Aspekte im Zusammenhang mit Gemeindefinanzen zu betrachten und jene Bereiche zu identifizieren, welche die Resilienz stärken oder schwächen. Abbildung 11: Analyseraster zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Indikatoren Für die Analyse erfolgte eine Konkretisierung, indem pro Variable und Dimension drei bis vier Indikatoren formuliert wurden. Diese werden in den folgenden Tabellen dargestellt.

40 21.10.21


ANALYSERASTER

Abbildung 12: Indikatoren der Resilienz-Variable Robustheit Resilienzvariable

ROBUSTHEIT

Dimension A Governance Die institutionellen und rechtlichen Strukturen im föderalen System verhindern oder Definition mildern negative finanzielle Auswirkungen von Krisen (Schocks oder Stresse) auf die Gemeindeebene. A1

Die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinden ist durch ein ausreichendes Ausmaß an Gemeindeautonomie gesichert.

A2

Es sind für den Krisenfall gesamtstaatliche Ausgleichsinstrumente für Gemeinden aufgebaut.

A3

Die Gemeindeebene wird bei ebenen-übergreifenden Aufgaben/Prozessen (außerhalb der Akutphase) gleichwertig in Entscheidungen eingebunden.

A4

Es existieren Instrumente zur Risikoabwägung (z.B. fachbereichs- und ebenenübergreifende Mittel-/Langfrist-Planung, Risikoanalyse, Monitoring)

Indikatoren

Dimension B Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen

Definition

Bestehende Finanzausgleichsinstrumente unterstützen langfristig nachhaltige und stabile Gemeindefinanzen.

B1

Es bestehen Fiskalregeln zur nachhaltigen Stabilität der Gemeindefinanzen (z.B. Vermeiden von Überschuldung).

B2

Die Einnahmen der Gemeinden sind divers (z.B. kein Übermaß an Abhängigkeit der Gemeindeeinnahmen vom Konjunkturzyklus).

B3

Die Handlungsspielräume der Gemeinden sind vorhanden, um einen ausgeglichenen Haushalt selbstständig anzustreben.

B4

Die Planungssicherheit für Gemeinden ist durch abgesicherte, transparente und nachvollziehbare Finanzierungsprozesse gegeben.

Indikatoren

Dimension C Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen

Definition

Indikatoren

Die Finanzierung des Betriebes, der Erhaltung und des Ausbaus der kommunalen Infrastruktur ist gesichert.

C1

Investitionen in die Infrastruktur werden nach nachhaltigen Aspekten (v.a. ökologisch, ökonomisch, sozial) getätigt und gefördert.

C2

Die Finanzierung kritischer Infrastrukturen ist gesichert (Erhaltung und Betrieb).

C3

Die Strukturen und Angebote der Daseinsvorsorge sind divers, redundant und regional abgestimmt. Es besteht kein Investitionsrückstau.

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

41 21.10.21


ANALYSERASTER

Abbildung 13: Indikatoren der Resilienz-Variable Anpassungsfähigkeit

Resilienzvariable

ANPASSUNGSFÄHIGKEIT

Dimension X Governance Flexibilität der rechtlichen und institutionellen Strukturen, sich an neue Definition stressauslösende Rahmenbedingungen anzupassen, um die Gebietskörperschaften finanziell für die Aufgabenerbringung zu kompensieren.

Indikatoren

X1

Politische EntscheidungsträgerInnen berücksichtigen bei kurzfristigen Hilfsinstrumenten und Reformen auch die Belange der Gemeinden.

X2

Resilienzstrategien sind mit bestehenden Steuerungsinstrumenten verknüpft und zwischen den Gebietskörperschaften abgestimmt.

X3

Die organisationelle Innovationsfähigkeit und Flexibilität wird gefördert und ist gewährleistet.

Dimension Y Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen

Definition Die Finanzausgleichsinstrumente können unterschiedliche Krisenfälle berücksichtigen.

Y1

Die bestehenden Fiskalregeln können kurzfristig an neue Rahmenbedingungen und unerwartete Ereignisse angepasst werden.

Y2

Die Instrumente zur Abwendung negativer finanzieller Effekte werden nach Bedarf und Betroffenheit der Gebietskörpeerschaftsebenen aktiviert.

Y3

Horizontale Ausgleichsmechanismen sorgen für die Abgeltung/Ausgleich regionaler räumlicher und wirtschaftlicher Benachteiligungen und Betroffenheit.

Y4

Die Gemeinden sind fähig, im Krisenfall selbstständig zu agieren (z.B. neue Einnahmenquellen erschließen, Ausgaben einsparen, auf Rücklagen zurückgreifen).

Indikatoren

Dimension Z Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen

Definition

Haushaltsbudgets können schnell und flexibel auf den akuten Liquiditäts- und Investitionsbedarf reagieren

Indikatoren

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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Z1

Es gibt diverse Finanzierungsmöglichkeiten im Krisenfall zur Absicherung systemkritischer Investitionen.

Z2

Die Liquidität zur Sicherung der Daseinsvorsorge ist auch im Krisenfall gesichert.

Z3

Krisenpläne stellen sicher, dass Gemeinden nicht finanziell überlastet werden und die kommunale Basisinfrastrukturen im Notfall gesichert sind.


FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

IV Finanzielle Auswirkungen ausgewählter Krisen sowie eingesetzte Instrumente Wie in Kapitel I3 „Für Gemeinden relevante Krisen und Schocks“ ausgeführt, besteht eine breite Palette an möglichen Schocks und chronischen Krisen. Insbesondere globale Krisen zeigen deutliche Wirkungen bei den Gemeindebudgets und sollen nachfolgend schwerpunktmäßig betrachtet werden, da hier sowohl Prävention, Bewältigung als auch Erholung über den Finanzausgleich im weiteren Sinn wesentlich mitbestimmt werden können. Im Folgenden werden daher die finanziellen Auswirkungen von drei ausgewählten Krisen ausgeführt. Dabei erfolgt eine Beschreibung der eingesetzten Instrumente zur Krisenprävention und -bewältigung. Erstens wird die Entwicklung der Gemeindefinanzen im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise 2009/2010 und der folgenden Erholungsphase dargestellt. Zweitens werden die Konsequenzen der Pandemie 2020/2021 auf die Gemeindefinanzen ausgeführt. Und drittens wird das komplexe Thema von Klimawandelanpassung und Klimaschutz aufgegriffen. Damit werden hier nur drei von mehreren möglichen Krisenarten herangezogen, welche starke finanzielle Auswirkungen auf die Summe der Gemeinden zeigen. Daneben ist auf eine Vielzahl an weiteren Krisen hinzuweisen, welche einen stärker punktuellen oder regionalen Charakter aufweisen, wie etwa Naturkatastrophen. Analysen zu den finanziellen Konsequenzen dieser lokal begrenzten Krisen fehlen jedoch häufig.15 Auch bei langfristig wirkenden Krisen – wie beim Klimawandel und der Demografie – ist eine Abgrenzung der krisenbezogenen finanziellen Konsequenzen schwierig und kann daher beim hier dargestellten Beispiel betreffend Klimaschutz und -anpassung nur beispielhaft dargestellt werden.

1

Wirtschaftskrise 2009/2010 sowie Entwicklung der Gemeindefinanzen bis 2019

1.1

Entwicklung der Gemeindefinanzen 2009 bis 2019

2009 kam es im Zuge der Wirtschaftskrise zu einem signifikanten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes. Dieses sank real (inflationsbereinigt) um 3,8 Prozent (Baumgartner et al., 2021). Für die Gemeinden ergaben sich dadurch vor allem 2010 deutliche Rückgänge bei den Ertragsanteilen (ihr Anteil am Aufkommen der gemeinschaftlichen Bundesabgaben). Die Ertragsanteile erholten sich jedoch zeitnah. Dennoch zeigen sich deutliche Auswirkungen insbesondere im Investitionsbereich. Im Folgenden wird die Entwicklung zentraler Kennzahlen der Gemeindebudgets für den Zeitraum 2009 bis 2019 dargestellt. Einerseits können hier die unmittelbaren Folgen in den beiden Krisenjahren beobachtet werden. Dies gibt etwa darüber Auskunft, wie robust die Gemeindefinanzen (laufender Betrieb und Investitionen) gegenüber Krisen sind. Andererseits ermöglicht eine Betrachtung der mittelfristigen Konsequenzen Aussagen betreffend der Erholungsfähigkeit der Gemeindefinanzen. Letztere hängt nicht unmittelbar mit der gemeindeweisen Betroffenheit in den Krisenjahren zusammen, sondern ergibt sich aufgrund der bestehenden Instrumente des Finanzausgleichs. 15

Für den Hochwasserschutz gibt es hierzu beispielsweise eine Studie zu Auswirkungen von Hochwasserereignissen auf Gemeindebudgets (Loibl et al., 2018)

43 21.10.21


FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

Folgende Daten beziehen sich auf die Publikation „Österreichische Gemeindefinanzen 2021 – Entwicklungen 2009 bis 2022“ (Mitterer et al., 2021), welcher auch vertiefende Informationen entnommen werden können. Die folgenden Analysen betreffen die Gemeinden ohne Wien. Einnahmenrückgang 2010 2010 kam es bei den Ertragsanteilen zu einem Rückgang, was jedoch durch laufende Transfereinnahmen (von den Ländern) teilweise abgefedert wurde. Gleichzeitig ist eine deutliche Reduktion im Bereich der Kapitaltransfereinnahmen (in der Regel Investitionszuschüsse im Rahmen der Gemeinde-Bedarfszuweisungen) zu verzeichnen. Es kam daher zu einer Verschiebung bei den Transfers von einmaligen Zuschüssen zu laufenden Transferzahlungen zur Liquiditätsstützung. Von der Krise weitgehend unberührt zeigten sich 2009/2010 die eigenen Abgaben, die Gebühreneinnahmen sowie der Leistungsbereich (z.B. Mieten). Abbildung 14: Verteilung und Entwicklung der laufenden Einnahmen und Kapitaltransfereinnahmen nach Einnahmenkategorien, 2009 bis 2019 100%

9

150

eigene Steuern

80% 70% 60% 50% 40%

140

28

37

Ertragsanteile

Index = 2009

Anteil an laufenden Einnahmen und Kapitaltransfereinnahmen

90%

160

7

130 Gebühren, Einnahmen aus Leistungen und wirtschaftlicher Tätigkeit

120 110

laufende Transfereinnahmen

30% 100 20% 10%

Kapitaltransfereinnahmen 20

0% 2019

90 80 2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2021 auf Basis Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2009 bis 2019.

Hohe Ausgabendynamik im Umlagenbereich sowie bei Kinderbetreuung und Pflichtschulen Eine hohe Dynamik der laufenden Ausgaben zuzüglich der Investitionsausgaben zeigt sich innerhalb des Betrachtungszeitraums im Kinderbetreuungs- und Bildungsbereich, der sozialen Wohlfahrt und im Gesundheitsbereich (Abbildung 15). Die Ausgaben erhöhten sich in diesen Aufgabenbereichen von 2009 bis 2019 um 47 bis 58 Prozent, vor allem aufgrund der hohen Dynamik der Sozialhilfe- und Krankenanstaltenumlage, der Ausbaubemühungen im Bereich der Ganztagsschulen und des Ausbaus des Leistungsangebotes im Kinderbetreuungsbereich. Insbesondere die Ausgabenentwicklung der Sozialhilfe- und Krankenanstaltenumlage kann von den Gemeinden nicht direkt beeinflusst werden. In beinahe allen Aufgabenbereichen kam es 2010 und 2011 zu einem Rückgang der Ausgaben (vorwiegend im Investitionsbereich).

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FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

Abbildung 15: Indexentwicklung der ordentlichen Ausgaben und Investitionen nach Aufgabenbereichen, 2009 bis 2019 160

Allgemeine Verwaltung 145

Öffentliche Ordnung und Sicherheit

Index = 2009

Bildung 130

Kultur Soziales

115

Gesundheit Verkehr Wirtschaftsförderung

100

Dienstleistungen 85 2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2021 auf Basis Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2009 bis 2019.

Langsame Erholung der Investitionen Betrachtet man den gesamten Zeitraum 2009 bis 2019 anhand zentraler Kennzahlen der Gemeindebudgets (ohne Wien) (Abbildung 16), zeigt sich eine nur langsame Erholung der Gemeindefinanzen. Die kommunale Investitionstätigkeit konnte inflationsbereinigt sogar erst 2017 an das Vorkrisenniveau anschließen. Die Finanzkraft vor Transfers16 stieg von 2009 auf 2019 um 44 Prozent, die Finanzkraft nach Transfers17 hingegen mit 37 Prozent deutlich weniger. Dies verdeutlicht, dass über Transfers (insbesondere über Umlagen) ein immer höherer Anteil der Finanzkraft von den Gemeinden abgeschöpft wird. Dies führte dazu, dass die Gemeinden verstärkt auf andere Einnahmenkategorien zurückgreifen mussten, um ihre laufenden Ausgaben zu finanzieren und um ausreichend Investitionsspielräume zu haben. Gleichzeitig zeigen sich mit 2018 und 2019 konjunkturell gute Jahre, in denen ausreichend finanzielle Spielräume aus dem laufenden Betrieb heraus entstanden, um Investitionen zu tätigen. Bei den Investitionen18 kam es im Zeitraum 2010 und 2011 aufgrund der Wirtschaftskrise zu signifikanten Rückgängen. 2014 war (nominell) das Vorkrisenniveau erreicht, ein deutlicher Anstieg der Investitionen ist ab 2016 zu verzeichnen. Insgesamt stiegen die Investitionen (nominell) von 2009 bis 2019 um 45 Prozent. Unter Berücksichtigung des Baukostenindex19 haben die Investitionen (real) erst im Jahr 2017 das Investitionsniveau von 2008 erreicht. Dies ging einher mit Investitionsprogrammen des Bundes für die Gemeindeebene, wie insbesondere das kommunale Investitionsprogramm (KIP 2017). Auch die Ausbauprogramme in den Bereichen Ganztagsschulen und Pflichtschulen wirkten investitionsfördernd (Mitterer, 2020a). Die Verschuldung der Gemeinden20 stieg 2009 und 2010 im Zuge der Wirtschaftskrise an und sank dann bis zum Jahr 2017 kontinuierlich. Seit 2018 ist die Verschuldung absolut wieder 16

Ertragsanteile +eigene Abgaben (ohne Wien). Ertragsanteile +eigene Abgaben +Transfereinnahmen (v.a. Bedarfszuweisungen) -Transferausgaben (v.a. Umlagen) (ohne Wien). Investitionen Gemeindehaushalte (daher ohne ausgelagerte Gesellschaften) (ohne Wien). 19 Baukostenindex für Wohnhaus und Siedlungsbau der Statistik Austria. 20 Verschuldung Gemeindehaushalte (daher ohne ausgelagerte Gesellschaften) (ohne Wien). 17 18

45 21.10.21


FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

angestiegen, in Relation zum BIP jedoch konstant geblieben. Dies ist auch auf die Bestimmungen im Österreichischen Stabilitätspakt zurückzuführen, welcher der Gemeindeebene keinen Spielraum für Neuverschuldung einräumt (Mitterer et al., 2021). Abbildung 16: Indexentwicklung laufende Ausgaben und Kapitaltransferausgaben, Investitionen, Verschuldung, Finanzkraft vor Transfers und Finanzkraft nach Transfers, 2009 bis 2019 150

Transfers reduzieren Finanzkraft der Gemeinden 140

130

Investitionen haben sich erholt

Index = 2009

120

Investitionen* Verschuldung

110

Finanzkraft vor Transfers Finanzkraft nach Transfers

100

90

Verschuldung sinkt bis 2017 und steigt danach wieder

80

70 2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2021 auf Basis Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2009 bis 2019. Anmerkung: Investitionen exkl. Erwerb von Beteiligungen und Wertpapieren. * 2018: Bereinigt um ein Rekommunalisierungsprojekt einer großen Stadt, welches als Reorganisationsmaßnahme zu werten ist.

Regionale Unterschiede Bei einer Betrachtung nach Bundesland zeigt sich, dass die Einnahmensituation nicht in allen Gemeinden gleich ist, sondern dass es zu deutlich unterschiedlichen Entwicklungen kommt. Während die Einnahmen (laufende Einnahmen sowie Kapitaltransfereinahmen) in den Tiroler Gemeinden um 48 Prozent stiegen, war dies in Kärnten nur im Ausmaß von 31 Prozent der Fall. Diese unterschiedlichen Entwicklungen sind nicht Ergebnis einer unterschiedlichen Betroffenheit durch die Wirtschaftskrise 2009/2010, sondern weisen auf unterschiedliche Potenziale im bestehenden Finanzausgleichssystem hin (z.B. unterschiedliche Belastung durch Transfers).

46 21.10.21


FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

Abbildung 17: Indexentwicklung der laufenden Einnahmen und Kapitaltransfereinnahmen nach Bundesland, 2009 bis 2019 150 145 140 135

Burgenland Kärnten

Index = 2009

130

Niederösterreich

125

Oberösterreich

120

Salzburg Steiermark

115

Tirol 110

Vorarlberg

105 100 95 2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2021 auf Basis Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2009 bis 2019.

Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei der Verschuldung pro Kopf. So liegt die Pro-KopfVerschuldung der Gemeindeebene 2019 in der Steiermark 3,5mal so hoch wie in Kärnten.

1.2

Finanzielle Auswirkungen sowie weitere Entwicklungen und krisenbezogene Instrumente

Finanzielle Auswirkungen Betrachtet man den Zeitraum seit 2009 sind die Konsequenzen der Wirtschaftskrise 2009/2010 auf die Gemeindefinanzen gut erkennbar. In Tabelle 6 werden die Jahre 2009 und 2010 der Akutphase der Wirtschaftskrise zugeordnet. Demgegenüber ist die Erholungsphase schwieriger abgrenzbar. Basierend auf den Faktoren Saldo der laufenden Gebarung und Investitionstätigkeit dürfte die Erholungsphase jedenfalls bis 2016 gedauert haben, da erst ab 2017 annähernd an die Vorkrisenwerte angeschlossen werden konnte. Grundsätzlich ist erkennbar, dass in der Akutphase insbesondere der Einnahmenrückgang im Bereich der Ertragsanteile weitreichende Folgen hatte. Teils wurde dies durch laufende Transfers von den Ländern ausgeglichen; ein deutlicher Rückgang der Investitionen konnte jedoch nicht verhindert werden. Sowohl die Ausgabenentwicklung als auch die Schuldaufnahme zeigten sich weitgehend stabil. Ab 2011 zeigen sich wieder stabile Einnahmenentwicklungen. Allerdings bestehen im Zeitverlauf Verschiebungen im Bereich der Einnahmen- und Ausgabenstruktur. Die überdurchschnittliche Dynamik im Umlagenbereich wird durch einen stagnierenden Personalstand und überdurchschnittliche Steigerungen etwa im Gebührenbereich ausgeglichen. Im Bereich der eigenen Abgaben wurden unterdurchschnittliche Entwicklungen bei der Grundsteuer durch überdurchschnittliche Entwicklungen bei der Kommunalsteuer ausgeglichen.

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Eine Trendwende zeigt sich ab 2017. Aufgrund der guten konjunkturellen Situation erhöht sich der Saldo der laufenden Gebarung. Erstmals kommt es ab 2017 wieder zu einem Ausbau des Personalstands (insbesondere im Kinderbetreuungsbereich). Die Investitionen wurden ausgebaut und schließen erstmals wieder an das Vorkrisenniveau an. Tabelle 6: Entwicklung zentraler Finanzgrößen 2009 bis 2019 Steuerungsbereiche

2009/2010 (Bewältigung)

ab 2011 (Erholung)

Einnahmen

Rückgang der Ertragsanteile, Verschiebung von Investitionszuschüssen der Länder zu laufenden Transfers

konstante Entwicklung der Ertragsanteile und eigenen Abgaben, überdurchschn. Dynamik der Gebühren, unterdurchschn. Dynamik der Grundsteuer

Laufende Ausgaben

keine wesentlichen Anpassungen

überdurchschn. Dynamik bei Umlagen sowie im Bildungsbereich (Ganztagsschulen, Kinderbetreuungseinrichtungen), stagnierender Personalstand bis 2017

Saldo der laufenden Gebarung

deutlicher Rückgang 2009 und 2010

Erholung bis 2016, Verbesserung ab 2017

Investitionen

deutlicher Rückgang 2010 und 2011 (zeitverzögerte Reaktion der Investitionstätigkeit)

langsame Erholung bis 2016, deutliche Verbesserung ab 2017, überdurchschn. Dynamik bei Schulen, Straßen und Kinderbetreuungseinrichtungen

Verschuldung

kein markanter Anstieg der Verschuldung der Gemeindehaushalte

stabile Verschuldung (im Verhältnis zum BIP)

Rücklagen

leichter Abbau 2010 (gegenüber 2009)

kontinuierlicher Aufbau

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021; auf Basis Mitterer et al.: Gemeindefinanzen 2021, 2021. Anmerkung: Einschätzung betrifft die Entwicklung der Gemeindefinanzen ohne Wien.

Krisenbezogene Instrumente In den Krisenjahren 2009/2010 gab es keine gezielten Hilfsmaßnahmen des Bundes für die Gemeindeebene. Hingegen wirkten die Transfers von Seiten der Länder stabilisierend, indem verstärkt laufende Transfers zwecks Liquiditätsstützung ausgeschüttet wurden. Gleichzeitig gingen diese Hilfsmaßnahmen zulasten von Investitionszuschüssen, was auch zur Reduktion der kommunalen Investitionen beitrug.

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Als eine Konsequenz der Wirtschaftskrise 2009/2010 wurde der innerösterreichische Stabilitätspakt 201221 installiert. Um die laufenden Ausgaben zu beschränken, gilt eine Ausgabenbremse, zur Vermeidung der Überschuldung besteht neben dem Maastricht-Saldo auch der strukturelle Saldo. Auch wurden eine Schuldenquotenanpassung sowie Haftungsobergrenzen eingeführt. Damit folgte man weitgehend dem EU-rechtlichen Rahmen. Die Regelungen gelten dabei jeweils für die Gemeindeebene in ihrer Summe, da ein Herunterbrechen auf die einzelne Gemeinde großteils nicht möglich ist. Für den betrachteten Zeitraum sind weiters drei bundesweite Investitionsprogramme22 von besonderer Relevanz:   

Ausbauprogramm Kinderbetreuungsbereich: Hier werden seit 2008 15 bis 100 Mio. Euro p.a. zur Verfügung gestellt.23 Ausbauprogramm Ganztagsschulen: Der Rahmen liegt seit 2011 bei 38 bis 109 Mio. Euro p.a.24 Kommunales Investitionsprogramm (KIP): Insgesamt 175 Mio. Euro für die Jahre 2017/2018.

Die Programme sind dabei durchaus unterschiedlich ausgestaltet. Während es sich bei den Ausbauprogrammen um programmatische Förderungen mit klaren Zielsetzungen und aufgabenspezifischen Förderungen (etwa Zuschuss pro Gruppe) handelt, ist das KIP ein allgemeines Konjunkturprogramm (bei bereits guter Konjunkturentwicklung), welches allen Gemeinden unabhängig von konkreten programmatischen Schwerpunkten gewährt wurde. Die Ausbauprogramme zeigten durchaus Wirkungen. So stiegen die Investitionen für die Kinderbetreuung trotzt Wirtschaftskrise im Zeitraum 2009 und 2010, sanken danach aber wieder ab, um dann schließlich wieder zu steigen. Im Schulbereich konnte 2018 ein viermal höheres Investitionsvolumen als noch in den Jahren vor dem Ausbauprogramm erzielt werden. Das KIP fällt mit Rekordinvestitionen der Gemeinden in den Jahren 2017 und 2018 zusammen. Eine generelle Beurteilung der Konjunkturprogramme des Bundes nach der Wirtschaftskrise 2009/2010 fällt nach Köppel et al. (2020) nicht optimal aus, da die Schwerpunkte auf Zukunftsbereiche nur schwach ausgeprägt waren: „Die Chance, konjunkturstabilisierende Maßnahmen so zu gestalten, dass sie auch langfristige Ziele zur Förderung der Resilienz sowie einer nachhaltigen Entwicklung unterstützen, wurde allerdings in der Krise 2008/2009 unzureichend genutzt. So zeigt (sich), dass (nur) knapp 30 Prozent der Konjunkturstabilisierungsmaßnahmen im weiteren Sinne Zukunftsbereichen (Infrastruktur, F&E, Bildung, „grüne“ Technologien) zuzurechnen waren; dabei dominierten allerdings traditionelle Infrastrukturinvestitionen.“25

21

Österreichischer Stabilitätspakt 2012; BGBl. I Nr. 30/2013 idF BGBl. I Nr. 45/2013. Nähere Ausführungen dazu siehe in einer Studie zur Entwicklung der kommunalen Investitionen seit 2008 (Mitterer, 2020a). Über die tatsächliche Ausschöpfung sind keine Werte bekannt. 24 Über die tatsächliche Ausschöpfung sind keine Werte bekannt. 25 Köppl et al.: COVID-19, Klimawandel und Konjunkturpakete, 2020, S. 7. 22 23

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2

Pandemie 2020

Im Zuge der COVID-19-Krise ging die österreichische Wirtschaftsleistung 2020 gegenüber dem Vorjahr signifikant zurück (real 6,6 Prozent; nominell 5,5 Prozent). Damit fällt sie deutlich stärker aus als die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2009 mit einem Rückgang von 3,8 Prozent (Baumgartner et al., 2021). Die Pandemie verursachte bei den Gemeinden nicht nur Einnahmenausfälle, sondern hatte auch weitreichende Folgen in der Leistungserbringung quer durch alle Aufgabenbereiche (z.B. teilweise Schließungen im Kinderbetreuungsbereich). Auch wurden angesichts der Wucht der Krise Hilfspakete durch Bund und Länder geschnürt.

2.1

Finanzielle Einflüsse der Pandemie auf die Gemeindefinanzen und gesetzte Gegenmaßnahmen

Das erste Krisenjahr 2020 war stark von den Auswirkungen der Pandemie geprägt: Die Gemeinden waren mit deutlichen Einnahmeneinbußen v.a. im Bereich der Ertragsanteile und der eigenen Abgaben konfrontiert. Der Rückgang der Ertragsanteile war dabei nicht nur in einem Rückgang der gemeinschaftlichen Bundesabgaben (z.B. Körperschaftssteuer, Umsatzsteuer) begründet, sondern auch im Konjunkturstärkungsgesetz26, welches Entlastungen für die Wirtschaft enthält (z.B. Schaffung der Möglichkeit eines Verlustrücktrags, Senkung des Eingangssteuersatzes bei der Lohn- und Einkommensteuer). Gleichzeitig konnten die laufenden Ausgaben nicht reduziert werden, da Gemeinden in hohem Maße Systemleistungen der Daseinsvorsorge (von der Wasserversorgung bis zur Pflichtschule) erbringen. Im Dezember 2020 hat das KDZ daher eine Prognose zur Entwicklung der Gemeindefinanzen (Biwald & Hödl, 2020b) veröffentlicht. Ohne Hilfsmaßnahmen des Bundes hätten sich demnach die bestehenden finanziellen Überschüsse aus dem laufenden Bereich bis 2021 um über 70 Prozent gegenüber 2019 reduziert. In Abbildung 18 werden die beiden Problembereiche dargestellt, welche sich durch sinkende Überschüsse der laufenden/operativen Gebarung generell ergeben. Durch den Rückgang der Liquidität steigt die Anzahl der Abgangsgemeinden – also jener Gemeinden, welche ihre laufenden Ausgaben nicht mehr selbstständig decken können. Auch können verstärkt Finanzierungsprobleme bei der Daseinsvorsorge sowie bei der Darlehenstilgung auftreten. Der zweite kritische Bereich betrifft die Investitionen. Fehlen hier die Mittel aus der laufenden/operativen Gebarung, ist mit einem Rückgang der kommunalen Investitionstätigkeit zu rechnen. Dies kann zu in der Zukunft nur schwer aufholbaren Investitionsrückstaus führen. Werden die Investitionen trotz fehlender finanzieller Spielräume durchgeführt, führt dies zumeist zu einer steigenden Verschuldung.

26

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00287/index.shtml [download 20.7.2021].

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FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

Abbildung 18: Konsequenzen eines sinkenden Überschusses der operativen Gebarung

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Inzwischen wurden auf Bundesebene zwei Gemeindepakete verabschiedet: Mitte 2020 wurde das kommunale Investitionspaket mit 1 Mrd. Euro primär für 2020/21 fixiert, mit Jänner 2021 folgte ein zweites Gemeindepaket auf Bundesebene in Höhe von 1,5 Mrd. Euro für das Jahr 2021. Hinzu kommen noch Unterstützungsmaßnahmen durch die Länder, welche auch 2020 griffen, wie etwa die Erweiterung der Spielräume bei der Darlehensaufnahme oder gesonderte Transferzahlungen zur Stützung der Liquidität. Beim kommunalen Investitionsprogramm 2020/202127 werden vom Bund Mittel mit einer 50prozentigen Förderquote zur Verfügung gestellt. Die verbleibenden 50 Prozent sind teils durch Länder- oder EU-Mittel, teils durch Eigenmittel der Gemeinden zu decken. Der Förderbetrag pro Gemeinde ist beschränkt. Die Deckelung nimmt dabei keinen Bezug auf unterschiedliche tatsächliche Aufgabenbedarfe, etwa aufgrund unterschiedlicher demografischer Rahmenbedingungen. Das zweite Gemeindepaket28 besteht zum einen aus 500 Mio. Euro zusätzlichen Hilfen 2021 (400 Mio. Euro Aufstockung der Ertragsanteile, 100 Mio. Euro Strukturfonds). Zum anderen enthält es eine Milliarde an Vorschüssen auf künftige Ertragsanteile, welche in den Folgejahren zurückgezahlt werden müssen. Dadurch ergeben sich nur schwache Ertragsanteilssteigerungen in den nächsten Jahren zwischen 1 und 2 Prozent p.a., welche nicht mit der Ausgabenentwicklung mithalten können. So werden die Ertragsanteile der Gemeinden von 2019 auf 2024 um nur 7 Prozent29 (für den gesamten Zeitraum) steigen, was deutlich unter der prognostizierten Inflationsentwicklung oder der Umlagenentwicklung (4,3 Prozent p.a.30) liegt. Basierend auf diesen beiden Paketen hat das KDZ im Juni 2021 eine erneute Prognose der Gemeindefinanzen bis 2024 (Biwald et al., 2021) veröffentlicht. Die Hilfspakete des Bundes haben dazu beigetragen, dass die Liquiditätsprobleme für 2021 und teils auch noch 2022 abgewendet werden konnten. Es zeigt sich jedoch bis 2024 erneut eine kritische Perspektive 27

https://www.bmf.gv.at/themen/budget/finanzbeziehungen-laender-gemeinden/kommunales-investitionsprogramm.html [download 20.7.2021]. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00630/index.shtml [download 20.7.2021]. KDZ-Berechnungen auf Basis FAG 2017 idF BGBl Nr 29/2021 sowie BMF: Ertragsanteile 2019/2020. 30 Umlagen sind die Transfers zwischen Ländern und Gemeinden etwa für die Krankenhäuser oder den Sozialbereich. Prognosewerte auf Basis Befragung der Länder (Biwald et al., 2021). 28 29

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(Abbildung 19). Da die Vorschüsse des zweiten Gemeindepaketes in den Folgejahren zurückgezahlt werden müssen, sinken die finanziellen Spielräume erneut auf das Niveau von 2020. Es ist davon auszugehen, dass ohne Reformen die laufenden Ausgaben stärker steigen als die laufenden Einnahmen und es dadurch erneut zu Problemen in der Daseinsvorsorge sowie bei kommunalen Investitionen kommen wird. Abbildung 19: Gemeindefinanzprognose: Öffentliche Sparquote in Prozent nach Varianten, 2019-2024 (Stand Juni 2021)

Quelle: KDZ: eigene Berechnungen, Gemeindefinanzprognose – Stand Juni 2021. Anmerkung: Öffentliche Sparquote = Saldo der laufenden/operativen Gebarung dividiert durch die Summe an laufenden Ausgaben(operativen Auszahlungen.

2.2

Finanzielle Auswirkungen und eingesetzte Instrumente

Finanzielle Auswirkungen Im Vergleich zur Wirtschaftskrise 2009/2010 beeinflusste die Pandemie die Gemeindefinanzen merkbar stärker und wirkte sich auf beinahe alle Aufgabenbereiche – wenn auch in deutlich unterschiedlichem Ausmaß – aus. Mindereinnahmen Wie bereits oben ausgeführt zeigen sich markante Rückgänge bei den Ertragsanteilen, aber auch bei der Kommunalsteuer. Neben diesen beiden Einnahmenbereichen waren auch andere Einnahmen der Gemeinden betroffen. So entfielen etwa die Tourismusabgaben und es kam zu einem teilweisen Entfall der Elternbeiträge im Kinderbetreuungsbereich. In mehreren Bereichen

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gab es Stundungen oder Ausfälle, wie etwa bei Mieten oder Gebühren. Die höchste Stabilität zeigten die Einnahmen aus der Grundsteuer (Mitterer, 2020b). Abbildung 20: Einnahmenstruktur der Gemeinden 2018 und erwartbare Mindereinnahmen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; Einnahmen basierend auf Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2018. Anmerkung: ohne Wien.

Mehrausgaben Gleichzeitig kam es zu keinen Senkungen der laufenden Ausgaben. So waren Gemeinden von der Kurzarbeitsregelung explizit ausgenommen, sodass die Personalausgaben in Bereichen wie Kindergärten, Schulen, Horten, Musikschulen oder dem Kunst- und Kulturbereich konstant blieben, auch wenn die Arbeitsleistung stark reduziert wurde. Auch hatten Gemeinden keinen Zugriff auf den Fixkostenzuschuss. In den ersten Monaten der Pandemie entstanden den Gemeinden Mehrausgaben etwa für (Mitterer, 2021):  Sachausgaben für den Ankauf von Hygiene-, Reinigungs- und Schutzmaterialien  erforderliche Umbauarbeiten in den Kundenbereichen wie Bürgerservice und Bestattung  öffentliche Sicherheit (z.B. Zutrittsbeschränkungen, Wachdienste, Sperren, etc.)  Öffentlichkeitsarbeit (z.B. breite Information der Bevölkerung)  Investitionen in die EDV-Ausstattung (Home-Office)  Soforthilfe für Bürgerinnen und Bürger, z.B. für Mietzahlungen  Einkaufsdienste, sofern Freiwillige ausfallen Mit zunehmendem Fortschreiten der Pandemie übernahmen die Gemeinden eine wesentliche Rolle bei Testungen und Impfungen, etwa durch die Einrichtung von Test- und Impfstraßen.

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FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

Alleine für die Einrichtung der Teststraßen in den größeren Städten ist mit einem Mehraufwand von über 3 Mio. Euro zu rechnen. Der Kostenersatz des Bundes deckte dabei nicht den gesamten Mehraufwand (Mitterer & Hochholdinger, 2021). Überdurchschnittliche Ausgabensteigerungen sind coronabedingt auch in den Bereichen Krankenanstalten und Soziales (etwa Pflegeheime, Sozialhilfe) zu erwarten, in denen die Gemeinden einen Finanzierungsbeitrag leisten (Biwald et al., 2021). Investitionen und Verschuldung Trotz des Kommunalen Investitionsprogrammes 2020 ist mit einem Rückgang der Investitionen zu rechnen. Basierend auf den Rechnungsabschlüssen auf www.offenerhaushalt.at mit Stand Mai 2021 ist mit einem Rückgang des Investitionsvolumen um rund 10 Prozent zu rechnen. Bei den Finanzschulden zeigt sich ein Anstieg von rund 5 Prozent (Biwald et al., 2021). Tabelle 7: Auswirkungen der Pandemie auf die Gemeindefinanzen Steuerungsbereiche

Auswirkungen

Einnahmen

Starker Rückgang der Ertragsanteile 2020 (-9%) sowie fixe Steigerungsraten ab 2021, Rückgänge bei eigenen Abgaben (v.a. Kommunalsteuer) Verschiebung von Investitionszuschüssen der Länder zu laufenden Transfers

Laufende Ausgaben

zusätzliche Ausgaben, insbesondere durch Massentests und -impfungen

Saldo der operativen Gebarung

Einbruch 2020, Stabilisierung 2021, mittelfristig erneut Verschlechterung erwartbar

Investitionen

Geschätzter Rückgang von rund 10 Prozent erwartbar* (Daten liegen voraussichtlich erst Anfang 2022 vor)

Verschuldung

Geschätzter Anstieg von rund 5 Prozent erwartbar* (Daten liegen voraussichtlich erst Anfang 2022 vor)

Rücklagen

Veränderung noch nicht bekannt (Daten liegen voraussichtlich erst Anfang 2022 vor)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021; auf Basis (Mitterer et al., 2021) und (Biwald et al., 2021). Anmerkung: Einschätzung betrifft die Entwicklung der Gemeindefinanzen ohne Wien. * basierend auf den Rechnungsabschlüssen 2020 auf offenerhaushalt.at (Stand Mai 2021). Siehe auch die Prognose der Gemeindefinanzen bis 2024 (Biwald et al., 2021).

Unterschiedliche Betroffenheiten Auch wenn sämtliche Gemeinden durch die Pandemie betroffen waren, zeigt sich durchaus eine Bandbreite an unterschiedlichen Betroffenheiten. Diese hängt dabei von mehreren Faktoren ab, wie die nachfolgende Tabelle exemplarisch anhand von ausgewählten Einnahmengrößen darstellt.

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Tabelle 8: Unterschiedliche Betroffenheiten der Gemeinden am Beispiel ausgewählter Einnahmengrößen Einnahmenbereich

Ausmaß der Betroffenheit

Ausfall Kommunalsteuer

Branchenzusammensetzung, Lage, Größe der Gemeinde (städtischer Raum ist stärker betroffen, innerhalb des ländlichen Raumes gibt es sehr unterschiedliche Betroffenheiten)

Auswirkungen auf Ertragsanteile

betrifft alle Gemeinden im Verhältnis der aktuellen Ertragsanteilsverteilung, - aber Städte sind aufgrund des ABS anteilsmäßig stärker betroffen - kleinere Gemeinden sind aber oft stärker von Ertragsanteilen abhängig, da ihnen andere Einnahmequellen fehlen

Fremdenverkehrsabgabe, Orts- und Kurtaxen

am stärksten betroffen: städtischer Tourismus sowie Tourismusgemeinden im ländlichen Raum

Leistungserlöse (Kindergärten, Musikschule, Schwimmbäder, Kultureinrichtungen etc.)

stärkere Belastung zentraler Orte (mehr Angebot bei Kinderbetreuung, sowie zentralörtliche Leistungen im Kultur- und Freizeitbereich), je nach Bundesland unterschiedliche Entlastungsmaßnahmen durch die Länder

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Wie eine Studie des IHS (Kluge, 2020) zeigt, unterscheidet sich die Betroffenheit der Gemeinden durch die Pandemie regional. Wesentlich ist hierbei die Branchenzusammensetzung in der einzelnen Gemeinde. Besonders stark betroffen sind die Bereiche Industrie, Handel, Beherbergung, Gastronomie, Dienstleistungen und der Freizeitsektor. Insgesamt ist der städtische Raum stärker betroffen als der ländliche Raum. Vom Studienautor wird auch darauf hingewiesen, dass innerhalb des ländlichen Raumes deutlich unterschiedliche Betroffenheiten bestehen können – etwa wenn ein Industriebetrieb wegfällt oder bei einer stark auf Tourismus ausgerichteten Gemeinde.

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Abbildung 21: Wachstumsbeiträge der Sektoren in Stadt und Land (für 2020, in %)

Quelle: Kluge (2020).

Doch auch innerhalb der Branchen zeigen sich regional unterschiedliche Entwicklungen, wie das Beispiel Nächtigungsnachfrage zeigt (Fritz & Burton, 2021). Besonders starke Einbrüche 2020 gegenüber 2019 zeigten sich in Wien (starker Rückgang des Städtetourismus), in Tirol und in Salzburg, während sich die Verluste im Burgenland, in Kärnten, in der Steiermark und in Vorarlberg in Grenzen hielten. Krisenbezogene Instrumente Wie bereits oben ausgeführt wurden von Bundesseite zwei Hilfspakete verabschiedet. Das Kommunale Investitionsprogramm 202031 war mit Stand Juli 2021 zu 82 Prozent ausgeschöpft. Insgesamt zeigte sich dadurch eine stabilisierende Wirkung auf die kommunalen Investitionen. Der Rückgang der kommunalen Investitionen konnte jedoch nicht zur Gänze verhindert, aber doch zumindest abgedämpft werden. Zweckmäßig wäre eine nähere Untersuchung der Gründe, warum das Kommunale Investitionsprogramm noch nicht zur Gänze ausgeschöpft werden konnte. Ein möglicher Grund könnte darin liegen, dass die Baubranche derzeit überhitzt ist und keine Aufträge annehmen kann bzw. dass Projekte deutlich überteuert durchgeführt werden müssten. Das mit Jänner 2021 verabschiedete zweite Gemeindepaket trug 2021 zu einer Stabilisierung der kommunalen Einnahmen bei und konnte damit einen wichtigen Beitrag zum Vermeiden von Liquiditätsproblemen bzw. Problemen bei der Finanzierung der Daseinsvorsorge leisten. Die Mindereinnahmen 2020 mussten hingegen von der Gemeindeebene realisiert werden, welche jedoch teilweise über Rücklagenauflösungen ausgeglichen werden konnten. Durch die oben 31

Informationen betreffend Ausschöpfung des kommunalen Investitionsprogramms auf: https://www.bmf.gv.at/themen/budget/das-budget/budget2021.html [download: 21.9.2021].

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beschriebene Rückzahlverpflichtung ist mittelfristig erneut mit einer kritischen Situation der Gemeindefinanzen zu rechnen.32 Zu nennen ist weiters die Aussetzung des Österreichischen Stabilitätspaktes. Wie auch auf europäischer Ebene wurde der Stabilitätspakt in Österreich ausgesetzt, wodurch sich für die Gebietskörperschaftsebenen größere Spielräume betreffend Ausgabenentwicklung und Verschuldung ergaben. Letzteres trifft auf die Gemeinden jedoch nur bedingt zu, da die Schuldaufnahme der Gemeinden auch durch landesrechtliche Vorgaben begrenzt ist, welche ab 2020 teilweise gelockert wurden. So wurden in den meisten Ländern die Spielräume für Kassenkredite erweitert (Peischl, 2020). 2020 zeigten die Transferzahlungen der Länder jedenfalls eine entlastende Wirkung auf den laufenden Bereich. So dürfte es zu einer Umschichtung im Bereich der GemeindeBedarfszuweisungen von Investitionszuschüssen zur Liquiditätsstärkung gekommen sein, um die Anzahl an Abgangsgemeinden zu verringern. Tabelle 9: Pandemie – Krisenbezogene Instrumente Krisenbezogenes Instrument

Kurzbeschreibung

Kommunales Investitionsprogramm 2020 des Bundes

Förderquote von 50% bei kommunalen Investitionen, ergänzende Förderung durch Länder, EU-Mittel etc. möglich; Maximalförderbetrag pro Gemeinde; ursprünglicher Zeitraum 2020/2021, Streckung bis 2022

Zweites Gemeindepaket des Bundes

Maßnahme ab 2021; 500 Mio. nicht rückzahlbarer Zuschuss + 1 Mrd. rückzahlbarer Vorschuss auf künftige Ertragsanteile; Abschöpfung der künftigen Ertragsanteile auf Basis fixierter Steigerungsraten (1-2% p.a.), bis die Vorschüsse abgezahlt sind

Aussetzen des Österreichischen Stabilitätspaktes

Aussetzen der Sanktionen bei Nicht-Einhaltung der fiskalpolitischen Vorgaben (etwa betreffend Neuverschuldung)

Zweckzuschussgesetz

Abgeltung der Mehrausgaben von Ländern und Gemeinden für Tests und Impfungen im Zuge der Corona-Pandemie

Transferleistungen der Länder (bundeslandspezifisch)

z.B. Umschichtungen im Rahmen der GemeindeBedarfszuweisungen (verstärkte Liquiditätsstärkung zulasten von Investitionszuschüssen), zusätzliche Transfers aus Landesmitteln, teilweise Ersätze für entgangene Einnahmen wie Elternbeiträge

Maßnahmen der Länder im Darlehensbereich (bundeslandspezifisch)

z.B. Erhöhung der Obergrenze von Kassenkrediten, erweiterte Darlehensaufnahmemöglichkeiten bzw. Erleichterungen, Gewährung zinsfreier Darlehen (Landesfonds etc.)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

32

Auch hierzu siehe die Ausführungen oben.

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FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

3

Klimakrise: Klimawandelanpassung und Klimaschutz

Die Klimakrise ist gekennzeichnet durch einen langfristigen Wandel, welcher sowohl eine dauerhafte, chronische Belastung (chronische Krise) für das gesellschaftliche System und deren Strukturen darstellt, als auch unterschiedliche kurzfristige Schocks in Form von Naturkatastrophen mit teilweise massiven Folgewirkungen auf die baulichen Strukturen zur Folge hat. Die Auswirkungen der globalen und lokalen klimatischen Veränderungen erstrecken sich über zahlreiche Lebens- und Governance-Bereiche. Als direkte Folgen des Klimawandels sind in Europa vor allem folgende zentralen Veränderungen spür- und messbar:  

Steigendes Risiko und Häufung von Naturgefahrenereignissen (z.B. Starkregen, Hochwasserrisiko, Stürme, Hitzeperioden etc.) Temperaturveränderung mit Auswirkungen auf die Schneesicherheit (z.B. Tourismus), Versorgungssicherheit (z.B. Abnahme der Wasserverfügbarkeit), die Gesundheit, den Energiebedarf (z.B. zur Kühlung) Beeinträchtigung und Schädigung der Infrastrukturen und Gefährdung der Gesundheit in Folge von Naturereignissen wie Hochwasser, Muren, Lawinen, Nassschnee, Stürmen etc.

Angesichts der hohen Komplexität kann dem Klimawandel nur mit einem gemeinschaftlichen und multidimensionalen Ansatz auf zwei zentralen Ebenen erfolgreich begegnet werden. Klimaschutz dient der Bekämpfung der Ursachen des Klimawandels und der Ressourcenschonung. Die Klimawandelanpassung zielt darauf ab, auf bereits erfolgte und zukünftige Klimaänderungen vorausschauend zu reagieren und Maßnahmen zu setzen bzw. die Systeme derart anzupassen, um Schäden und negative Auswirkungen zu verhindern bzw. zu mindern (Umweltbundesamt, 2020). Im Folgenden wird in einem ersten Schritt aufgezeigt, welche Konsequenzen Klimaschutz und -anpassung auf der Aufgabenebene der Gemeinden haben. Daran anschließend werden bestehende Instrumente in diesem Zusammenhang beschrieben. Schließlich erfolgt eine Einschätzung zu den finanziellen Auswirkungen im Allgemeinen sowie anhand des Beispiels Hochwasserschutz im Speziellen.

3.1

Aufgaben der Gemeinden im Zusammenhang mit Klimaschutz und -anpassung

Klimaschutz Im Bereich des Klimaschutzes können und müssen die Gemeinden im Rahmen ihrer Kompetenzen zentrale Beiträge leisten. Dabei kristallisieren sich drei Aspekte heraus, welche sich über zahlreiche kommunale Aufgabenfelder erstrecken und welche sich auch mit dem nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, 2019) decken: 

58 21.10.21

Reduktion der Treibhausgas-Emissionen / Dekarbonisierung - Ökologisierung der Mobilität: z.B. Förderung des nichtmotorisierten Verkehrs (Fußgänger und Fahrräder) und des öffentlichen Verkehrs, Mobilitätsmanagement, E-Mobilität - Abfallwirtschaft – Abfallvermeidung, Recycling etc.


FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien und Versorgungssicherheit - Förderung und Ausbau von Solarenergie (z.B. Photovoltaikanlagen, etc.) - Gebäudesanierung: Umstellung auf erneuerbare Energiequellen Steigerung der Energieeffizienz - Thermisch-energetische Sanierung von Gebäuden - Energiesparen - Digitalisierung – Smart City

Weitere Aufgaben im Bereich des Klimaschutzes übernehmen die Gemeinden insbesondere auch in den Bereichen:  Ressourcenschonung und Naturschutz (klimafreundliche Gestaltung) - Boden- und Flächennutzung, Bebauungsplan und Siedlungsentwicklung (Raumplanung, speziell Energieraumplanung) – Flächen sparen - Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft – Nachhaltige Sicherung der Wasserressourcen, sparsamer Umgang etc. - Naturschutz und Grünraumplanung: Erhaltung und Förderung von Biodiversität und Ökosystemen, Sicherung und Schaffung von Flächen mit hoher klimatischer Ausgleichsfunktion (z.B. Wald)  Bewusstseinsbildung für eine nachhaltige Zukunft - Mobilitätsmanagement - Vorbildwirkung öffentliche Verwaltung - Bewusstseinsbildende Aktivitäten Klimapolitik ist dementsprechend grundlegend in den Steuerungsprozess zu integrieren: Zentral sind die öffentliche Infrastruktur (v.a. Verkehr und Gebäude), Raumplanung und Stadtentwicklung sowie die Einnahmengestaltung. Abbildung 22: Die klimafreundliche Gemeinde

Quelle: Brait et al. (2020).

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Der Beitrag der Gemeinden im Rahmen der Siedlungsentwicklung und Raumplanung ist dabei vielfältig. Der Gestaltung des Raumes kommt große Bedeutung zu. Kurze Wege, Verdichtung, ökologische Bauweisen, starke Zentren rund um Bahnhöfe statt an der Umfahrungsstraße sind nur einige der wichtigsten Schlagworte in diesem Zusammenhang. Eine kompakte Siedlungsentwicklung reduziert das Flächenwachstum, den Verkehr und den Energieverbrauch drastisch. Wesentlicher Adaptierungsbedarf besteht im Verkehrsbereich. Um den Umstieg auf stärker klimafreundliche Verkehrsmittel zu fördern, braucht es etwa einen Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln und der Radweginfrastruktur, weiters auch die Bereitstellung einer entsprechenden Infrastruktur zur Förderung der Elektromobilität. Großes Potenzial besteht auch im Bereich der thermischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden. So sind über 60 Prozent der öffentlichen Gebäude den Gemeinden zuzuordnen – wie etwa Gemeindewohnungen, Pflichtschulen, Kindergärten oder Gemeindezentren. Genannt werden sollen hier weiters die Potenziale durch eine stärker ökologische Ausrichtung der kommunalen Abgaben. Umweltrelevante kommunale Abgaben bestehen aktuell lediglich in Form von Gebühren (Parkometerabgabe, Wasser- und Müllgebühren). Ökologische Lenkungseffekte wären jedoch auch durch eine Neugestaltung der Grundsteuer möglich, um etwa unbebaute Bauflächen zu mobilisieren. Auch weitere Instrumente – neben der bereits existierenden Parkometerabgabe – zur Steuerung von Mobilität und Verkehr sind zu prüfen, wie etwa Road-Pricing, City-Maut oder eine Verkehrserregerabgabe (Brait et al., 2020). Klimawandelanpassung Für Gemeinden und Städte bedeutet der Klimawandel, dass die bestehenden Systeme und Strukturen auf eine veränderte klimatische Situation angepasst werden müssen. Nicht nur die Verwaltung und die baulichen Infrastrukturen, sondern auch die Bevölkerung muss bestmöglich geschützt und auf mögliche Extremereignisse vorbereitet sein, um die Schäden und finanziellen Auswirkungen zu minimieren. Bei Eintreten einer schockartigen Naturkatastrophe (z.B. Unwetter, Hangrutschung, Hochwasser) ist die Gemeinde als lokale Verwaltungsbehörde vor Ort für die Koordination der Sofort-Maßnahmen und die möglichst rasche Wiederherstellung der Versorgungs-Infrastrukturen verantwortlich. Daraus resultieren vielfältige kommunalen Aufgaben und Verpflichtungen, mit denen entsprechende finanzielle Aufwände verbunden sind, wie insbesondere: 

 

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Schutz vor Naturgefahren (z.B. Hochwasserschutz, Lawinenschutz, Hitzeschutz) und Katastrophenvorsorge (z.B. Notrufsysteme, Katastrophen-Notfallpläne, Schutzübungen, Flächenvorsorge) Katastrophenmanagement und Soforthilfe-Maßnahmen (z.B. Evakuierungen, Feuerwehren, Rettungsdienste, Notunterkünfte) sowie Aufräumarbeiten Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung: Instandsetzung, Wartung, Adaption und Ausbau der technischen Infrastrukturen (z.B. Wasserversorgung, Verkehrsinfrastruktur) Bauen und Wohnen – Adaption von öffentlichen Einrichtungen und Gebäuden (z.B. Schulen, Amtsgebäude, öffentliche Räume, kommunaler Wohnbau, passive und aktive Kühlung) Raumplanung: Flächenvorsorge, Flächenwidmung: Schutzzonen etc.


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3.2

Instrumente zur Bewältigung der Klimakrise

Die zentralen Klima- und Energieziele Österreichs sind in der Klima- und Energiestrategie 2030 (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus & Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, 2018) und dem Integrierten Nationalen Energie- und Klimaplan (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, 2019) definiert und festgeschrieben. Im Bereich der Klimawandelanpassung gibt insbesondere die Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, 2017) den Rahmen für die kommunalen Aktivitäten vor. Bei den genannten Strategien handelt es sich im Wesentlichen um Strategien des Bundes, welche in der Regel nicht auf die Länder- und Gemeindeebene heruntergebrochen sind. Sie stellen jedoch im Wesentlichen den Handlungsrahmen für Länder und Gemeinden dar. Im Bereich des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung finden sich mehrere Förderprogramme, zu welchen auch die Gemeinden Zugang haben. Im Anschluss an Tabelle 10 werden die Förderstrukturen im Klima- und Energiebereich, der Katastrophenfonds, der Siedlungswasserwirtschaftsfonds und die Förderung zur Steigerung des Anteils an emissionsfreien Bussen näher ausgeführt, da diese für die Gemeinden eine besondere Relevanz aufweisen. Zahlreiche weitere Konzepte, Strategien und Planungen sowohl auf Länder-, regionaler als auch kommunaler Ebene (z.B. Energieraumplanung, Katastrophenschutz-, Alarm- und Einsatzpläne) geben den Rahmen für die Entwicklungen und Aktivitäten vor. Konkrete Instrumente zur Risikoabwägung (z.B. Modellierung, Gefahrenzonenplan, Hitzewarndient) und Planungshilfen (z.B. Leitfaden Klimaschutz in Gemeinden, Good-PracticeDatenbanken) unterstützen darüber hinaus bei der Umsetzung der Maßnahmen. Nachfolgende Tabelle listet einige bedeutende Instrumente für die kommunale Ebene im Zusammenhang mit der Bewältigung der Klimakrise auf. Tabelle 10: Instrumente zur Bewältigung der Klimakrise Steuerungsbereiche Strategien, Konzepte mit präventivem Charakter

Klimaschutz Klima- und Energiestrategie 2030

Klimawandelanpassung Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel

Nationaler Energie- und Klimaplan Klima- und Energiestrategien der Länder Klimaschutzprogramme der Länder und Städte

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Risikoabwägung

Klimamodellierung Österreich

Katastrophenmanagement

(exemplarisch)

Flächenwidmung (z.B. Naturschutzgebiete)

Gefahrenzonenpläne, Hochwasserschutzpläne Wärmeatlas

Finanzierungsinstrumente/ Förderschienen (exemplarisch)

Siedlungswasserwirtschaftsfonds Klima- und Energiefonds (KLIEN): Klima- und Energiemodellregionen

Katastrophenfonds Klima- und Energiefonds (KLIEN): Klimawandelanpassungs-Modellregionen Gemeinde-Bedarfszuweisungen

Energiespargemeinden Clean Vehicle Directive Förderung von PhotovoltaikAnlagen e5 – energieeffiziente Gemeinden Klimabündnis-Gemeinden EU-Förderungen: LEADER (CLLD): Integrierte Regionalentwicklung Anmerkung: Gegenständliche Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es handelt sich vielmehr um eine beispielhafte Auswahl zentraler Instrumente, die in Zusammenhang mit dem Klimaschutz und der Klimawandelanpassung von kommunaler Relevanz sind. Quelle: KDZ: eigene Darstellung, Wien 2021.

Katastrophenfonds Der Katastrophenfonds33 wurde 1966 zur Finanzierung von Maßnahmen zur Vorbeugung gegen künftige und zur Beseitigung von eingetretenen Katastrophenschäden beim Bund eingerichtet. Im Jahr 2019 lag die Dotierung des Katastrophenfonds bei 480 Mio. Euro. Die Mittel des Katastrophenfonds werden zum Großteil (rund 75 Prozent) für Vorbeugemaßnahmen verwendet, der Rest fließt in die Schadensbewältigung und in Einsatzgeräte der Feuerwehren. Bei den Vorbeugemaßnahmen handelt es sich im Wesentlichen um Maßnahmen zur Vorbeugung gegen künftige Hochwasser- und Lawinenschäden, die Finanzierung von passiven Hochwasserschutzmaßnahmen sowie die Erhebung der Wassergüte. 2019 erhielten die Gemeinden zur Schadensbekämpfung 20 Mio. Euro, für Einsatzgeräte bei den Feuerwehren wurden 43 Mio. Euro aufgewendet. Förderungen in Vorbeugemaßnahmen in Höhe von 352 Mio. Euro gingen zu einem wesentlichen Teil in Maßnahmen des Bundes und nur zum Teil an die Gemeinden (Bundesministerium für Finanzen, 2020). Bei Schäden am Vermögen von Ländern und Gemeinden ersetzt der Katastrophenfonds 50 Prozent des Schadens (Land Oberösterreich, 2015). Nicht berücksichtigt werden Kosten für Beseitigungsmaßnahmen.34 Die Gemeinden müssen demnach einen erheblichen Teil der Schäden selbst tragen und haben somit einen Anreiz, in Prävention zu investieren.

33 34

Katastrophenfondsgesetz 1996; BGBl. Nr. 201/1996 idF BGBl. I Nr. 140/2021.. Wie etwa Beseitigung von Verklausungen, Anschaffung und Befüllung von Sandsäcken, Aufräumungsarbeiten, Gräben-/Kanalräumung, Beseitigung von Hindernissen auf Straßen.

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Siedlungswasserwirtschaftsfonds Dieses Förderprogramm stellt die Errichtung und Sanierung der erforderlichen Infrastruktur für eine geordnete Abwasserentsorgung und eine ausreichende Trinkwasserversorgung sicher. Aktuell ist der Fonds mit jährlich 80 Mio. Euro dotiert. Der Basisfördersatz wird jeweils mit 10 Prozent der förderungsfähigen Kosten festgelegt. Der Spitzenfördersatz beträgt im Trinkwasserbereich bis zu 25 Prozent und im Abwasserbereich bis zu 40 Prozent der förderungsfähigen Kosten. Derzeit fließen etwa 2/3 der Fördermittel in Maßnahmen der Abwasserentsorgung und 1/3 in die Wasserversorgung. Der Siedlungswasserwirtschaftsfonds ist eine wichtige Maßnahme zur Prävention im Bereich Abwasserent- und Trinkwasserversorgung. Mittlerweile sind mehr als 95 Prozent der Bevölkerung an ein öffentliches Kanalnetz sowie an eine kommunale Abwasserreinigungsanlage angeschlossen. Dadurch konnte die Gewässergüte in Österreich erheblich verbessert werden.35 Förderstrukturen im Klima- und Energiebereich Die Möglichkeiten öffentlicher Unterstützungen und Strukturen im Klima- und Energiebereich für Regionen und Gemeinden sind vielfältig. Zu nennen sind insbesondere: KEM, KLAR!, LEADER, Klimabündnis, e5.36 Maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz und Klimawandelanpassung werden zu großen Teilen über den Klima- und Energiefonds (KLIEN) gefördert: 

35 36

Zentrale Förderschienen bilden dabei die Klima- und Energie-Modellregionen (KEM) und die Klimawandelanpassungs-Modellregionen (KLAR). Die durch die Förderprogramme finanzierten KEM- & KLAR-Managerinnen und -Manager koordinieren die Maßnahmen vor Ort. Die Umsetzung – basierend auf regionalen Konzepten – wird finanziell unterstützt. Die KEM fokussieren im Wesentlichen in ihren regionalen Konzepten auf Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung von Energiesparpotenzialen, auf die Forcierung erneuerbarer Energieträger, auf die Förderung nachhaltiger Mobilität und auf die Reduktion von Treibhaugasemissionen. Im Rahmen des KLAR-Programms sollen Gemeinden und Regionen bei der Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen unterstützt werden, wie beispielsweise bei informativen Maßnahmen, die v.a. auf Bewusstseinsbildung setzen, bei „grünen“ Maßnahmen (z.B. die Renaturierung eines Gewässers) oder bei „grauen“ Maßnahmen (z.B. technische Hangstabilisierungen oder technischer Hochwasserschutz). Zusätzlich werden der Aufbau langfristiger Strukturen für Klimathemen sowie die Umsetzung von Klima- und Energieprojekten über das Programm für energieeffiziente Gemeinden (e5) gemeinschaftlich durch alle Gebietskörperschaftsebenen finanziert. Bei den Klimabündnis-Gemeinden liegt der Fokus auf der Implementation der Klimaziele in die lokale Politik (Aufbereitung der Klimaziele und Berücksichtigung bei kommunalen Entscheidungen) sowie der Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit. Die Gemeinden werden bei der Finanzierung der Aktivitäten durch die Länder, den Bund und die EU unterstützt. Schließlich stehen die Klimaziele auch im Fokus der integrierten Regionalentwicklung in den EU-Förderprogrammen: In der neuen Programmperiode bis 2027 gibt es im Rahmen

https://info.bmlrt.gv.at/themen/wasser/foerderungen/trinkwasser_abwasser/foerderung-kommunale-siedlungswasserwirtschaft.html [download: 22.9.2021]. https://www.klimawandelanpassung.at/newsletter/nl46/kwa-oeffentliche-unterstuetzung [Zugriff 07.09.2021]

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der Maßnahme LEADER37 zur Erhaltung und Stärkung des ländlichen Raumes das Aktionsfeld 4 „Klimaschutz und Klimawandelanpassung“ als neuen Schwerpunkt für die Lokale Entwicklungsstrategie und die Aktivitäten der LAGs38. Dabei können insbesondere auch Synergien zu den Förderungen KEM und KLAR des Klimafonds gezielt genutzt werden. Abbildung 23 Förderstrukturen im Klima- und Energiebereich

Quelle: Klima- und Energiefonds; https://www.klimawandelanpassung.at/newsletter/nl46/kwa-oeffentlicheunterstuetzung. [Zugriff 07.09.2021]

Förderung zur Steigerung des Anteils an emissionsfreien Bussen – Clean-VehicleDirective Die Clean Vehicle Directive (CVD) (Richtlinie 2019/1161 des Europäischen Parlaments und Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge) gibt Mindestziele zur Quote sauberer Fahrzeuge für öffentliche Beschaffungsvorgänge vor. Sie betrifft Neubeschaffungen der Dienstwagenflotten im PKW- und Nutzfahrzeugsegment sowie die Fahrzeugbeschaffung bei neuen Verkehrsdiensten im öffentlichen Verkehr. Zwecks konkreter Umsetzung ist ein entsprechendes Förderprogramm in Ausarbeitung, welches über den Aufbau- und Resilienzplan in Österreich finanziert wird. Gefördert werden einerseits die Umstellung auf emissionsfreie Busse, andererseits die erforderliche Infrastruktur für den Betrieb der Busse im öffentlichen Verkehr, einschließlich Lade- und Tankstationen. Insgesamt werden im Zeitraum 2022 bis 2026 Fördermittel in der Höhe von 130 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, zu

37 38

Liason entre Actions de Developpement de l'Economie Rurale. LEADER ist Teil des EU-Förderprogrammes für Ländliche Entwicklung. Lokale AktionsGruppen

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welchen primär Länder (über Verkehrsverbünde) und Städte (über städtische Verkehrsunternehmen) Zugang haben (Europäische Kommission, 2021).

3.3

Finanzielle Auswirkungen

Die direkten und indirekten Folgekosten im Bereich Klimawandel und -anpassung sind vielfältig und können alle kommunalen Aufgabenfelder betreffen. Gemäß einer aktuellen Studie zu den Folgekosten des Klimawandels (Steininger et al., 2020) werden die Auswirkungen der Klimakrise bzw. die Kosten des Nicht-Handelns für Österreich mit rund 15 Milliarden Euro pro Jahr eingeschätzt. Dies umfasst insbesondere Schäden durch Hochwasser, Trockenheit und andere extreme Wetterereignisse; weiters beispielsweise Wertschöpfungsverluste oder Kosten der Klimawandelanpassung (Steininger et al., 2020). Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden Basierend auf den oben dargestellten vielfältigen Aufgabenfeldern der Gemeinden betreffend Klimaschutz und -anpassung und der den Autorinnen bekannten Datenlage ist eine konkrete Benennung der Mehrausgaben für die Gemeindeebene nicht möglich. Im Folgenden kann daher nur eine grobe Übersicht über die finanziellen Auswirkungen gegeben werden. In der folgenden Tabelle 11 erfolgt eine Unterteilung der Maßnahmen in die Bereiche „Bewältigung und Nachsorge von Naturkatastrophen“, „Prävention – Vorsorge und Schutzmaßnahmen“ sowie „Prävention Klimaschutz“. Die Ausgaben- und Einnahmenbereiche der Gemeinden werden beispielhaft dargestellt. Bei der Benennung der finanziellen Auswirkungen ist darauf hinzuweisen, dass dies keine abschließende Darstellung sein kann. Es erfolgt daher eine Konzentration auf einzelne Aufgabenbereiche. Dies sind im Bereich Klimaschutz die Bereiche öffentlicher Verkehr sowie Radweginfrastruktur, Gebäudesanierung und erneuerbare Energien (inkl. E-Tankstellen und Photovoltaikanlagen). Im Bereich Klimawandelanpassung liegt der Fokus auf dem Bereich der Prävention und Bewältigung von Naturkatastrophen.

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Tabelle 11: Finanzielle (beispielhafte) Einflüsse der Klimakrise (Klimaschutz und Klimawandelanpassung) auf die Gemeinden Bewältigung und Nachsorge von Naturkatastrophen (z.B. Hochwasser, Muren, Lawinen) Einnahmen über das Transfersystem

Ausgleichszahlungen (z.B. Katastrophenfonds, Notfallpakete, Transferleistungen der Länder)

Prävention zur Klimawandelanpassung – Bereich Naturkatastrophen Förderprogramme, z.B. betreffend Hochwasserschutz, Lawinenverbauung (EUFörderungen, Bund, Länder) GemeindeBedarfszuweisungen (Finanzausgleich)

Ausgaben (ohne Investitionen)

Bewältigung Sofortmaßnahmen: Katastrophenmanagement, Schutz- und Rettungsmaßnahmen Nachsorge: Aufräumarbeiten, Abfallentsorgung und Instandsetzung: Wiederherstellung der Infrastrukturen (z.B. Straßen, Versorgungsnetze) und Einrichtungen nach Extremereignissen

Plan-Grundlagen und Digitalisierung: Katastrophenschutz-, Alarm und Einsatzpläne Betrieb und Instandhaltung von Warnsystemen und Schutzeinrichtungen Weiterbildung und Training (z.B. Katastrophenschutzübungen)

Prävention Klimaschutz (z.B. ÖV, Radwege, Gebäudesanierung, erneuerbare Energie) Förderprogramme, z.B. Klima- und Energieprojekte, CleanVehicle-Directive, Fahrradoffensive, Biodiversitätsfonds, klimafitte Ortskerne (EU-Förderungen, Bund, Länder) Strategien für Klimaschutzmaßnahmen Forschungsstudien/projekte (z.B. Monitoring) und Förderungen der Stadt ÖV-Bereich Instandhaltung Radwege E-Infrastruktur

Forschungsstudien/projekte (z.B. Monitoring) und Förderungen der Stadt Versicherungen

Investitionen

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Bauliche Sanierung von Infrastrukturen, Gebäuden und des öffentlichen Raumes (Objektschutzmaßnahmen)

Adaption und Ausbau von Infrastrukturen (z.B. Versorgungsnetze, Verkehr), Gebäuden und des öffentlichen Raumes (Objektschutzmaßnahmen)

Mobilität: z.B. Ausbau der Angebote im öffentlichen Verkehr, emissionsfreie Busse, Ausbau der Fahrradinfrastruktur Energiewende: Ausbau alternativer Energien


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Ausbau Schutzelemente (z.B. Hochwasserschutz, Lawinenschutz) Ausstattung Katastrophendienste (z.B. Feuerwehr)

(z.B. Photovoltaik, Elektromobilität) Steigerung der Energieeffizienz: Sanierung und Adaption von Gebäuden (z.B. thermische Sanierung) Klimatische Ausgleichsflächen und Kühlung: Bepflanzungen, Gebäudebegrünung, Entsiegelung

Quelle: KDZ: eigene Darstellung, Wien 2021.

Finanzielle Auswirkungen am Beispiel Hochwasser Ein vergleichsweise gut abgrenzbares Beispiel ist der Bereich Hochwasser. Im Rahmen der Studie „Auswirkungen von Hochwasserereignissen auf Gemeindebudgets – Anpassungsmaßnahmen und finanzielle Auswirkungen am Beispiel oberösterreichischer Regionen“ (Loibl et al., 2018) wurden die finanziellen Folgen von Hochwasserereignissen auf einzelne Gemeinden untersucht. Die nachfolgend dargestellten Ergebnisse dieser Studie geben beispielhaft Einblick in die Komplexität dieses Aufgabenfeldes und die finanziellen Auswirkungen. Abbildung 24 beschreibt die Kernaufgaben der Gemeinden im Rahmen der drei Haupt-Phasen im Zyklus des Hochwassermanagements: der Bewältigung (Sofortmaßnahmen), der Nachsorge (Aufräumarbeiten und Instandsetzung) und Prävention (Vorsorge und Schutzmaßnahmen). Die Schwerpunkte im Bereich der Bewältigung liegen bei der Koordination und dem Management im Katastrophenfall und den Rettungsmaßnahmen. Die Nachsorge betrifft etwa Aufräumarbeiten und die Wiederherstellung von Infrastrukturen und beschädigten Objekten. In der dritten Phase der Prävention sind Städte und Gemeinden insbesondere für vorsorgende Maßnahmen im Bereich der örtlichen Raumplanung und für die Erstellung eines Katastrophenschutzplanes zuständig. Auch treten die Gemeinden sowie Hochwasserschutzverbände als Interessenten bei schutzwasserbaulichen Maßnahmen auf.

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FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

Abbildung 24 Aufgaben der Gemeinden im Rahmen der drei Phasen des Katastrophenmanagements

Quelle: (Loibl et al., 2018)

In den betrachteten Fallstudien wurden verstärkt Gemeindeverbände39 eingerichtet. Diese sind von zentraler Bedeutung für die Koordination insbesondere der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen und für den finanziellen Ausgleich zwischen Ober- und Unterlieger-Gemeinden. Die Gemeindeverbände finanzieren sich über Mittel der Gemeinden sowie über Förderungen von Bund und Ländern (und auch EU-Förderungen) und führen vorwiegend Präventivmaßnahmen durch.

39

Beispiele für solche Hochwasserschutzverbände in Oberösterreich sind der „Hochwasserschutzverband Aist“ (http://www.hws-aist.at), der „Hochwasserschutzverband Aschachtal“ (http://www.hws-aschachtal.at) oder der „Hochwasserschutzverband Donau-Machland” (http://www.machlanddamm.at).

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FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN AUSGEWÄHLTER KRISEN SOWIE EINGESETZTE INSTRUMENTE

Im Zusammenhang mit Hochwasserereignissen ergeben sich finanzielle Auswirkungen in den folgenden Aufgaben- und Budgetbereichen:  Soforthilfe  Abfallentsorgung  Straßen  Öffentlicher Verkehr  Bau- und Wirtschaftshöfe sowie städtische Betriebe  Abwasserentsorgung  Wasserversorgung  Hochwasserschutz Die Kosten der Bewältigung und Soforthilfe betreffen etwa das zentrale Katastrophenmanagement, vorbereitende Schutzmaßnahmen (z.B. Errichtung mobiler Hochwasserschutz) sowie akute Rettungsmaßnahmen (z.B. Evakuierung, Notquartiere). Im Zuge der Nachsorge, den Aufräumarbeiten und der Instandsetzung fallen für die Gemeinden neben den Personalkosten für die Gemeindebediensteten und den Versorgungskosten für Freiwillige vor allem Kosten für die Wiederherstellung von Infrastrukturen und Objekten in unterschiedlichen Bereichen an. Zusätzlich entstehen Mehrkosten für die Müllentsorgung, Entschädigungszahlungen an Landwirte im Schadensfall für Retentionsbecken und die Anschaffung oder Aufwandsentschädigung für die Bereitstellung unterschiedlichster Hilfsgeräte und Materialien, wie beispielsweise die Anschaffung von Muldencontainern, Abdeckplanen und Bauholz zur Absicherung von Häusern. Darüber hinaus werden durch die Abwicklung der Förderanträge von Privaten an den Katastrophenfonds personelle Kapazitäten gebunden. Die quantitativ größten Kostenbelastungen bestehen im Bereich der Prävention, der Vorsorge und den baulichen Schutzmaßnahmen; insbesondere Ausgaben für die Errichtung, Instandhaltung und Instandsetzung gemeindeeigener Hochwasserschutzelemente (z.B. Dammanlagen, Retentionsbecken, Schlauchwehranlagen), die Ko-Finanzierung bei Hochwasserschutzmaßnahmen anderer Gebietskörperschaften (z.B. Bundesgewässer, Landesbrücken) sowie die Verbandsbeiträge an die Schutzwasserverbände.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

V

Einschätzung zum Resilienz-Status

Im Folgenden werden die zuvor in Kapitel IV beschriebenen Schocks bzw. chronischen Krisen basierend auf dem im Kapitel III dargestellten Analyseraster analysiert. Die Einschätzung zum Resilienz-Status erfolgt dabei anhand der definierten Indikatoren. Die beiden Resilienz-Variablen Robustheit und Anpassungsfähigkeit werden in zwei getrennten Kapiteln behandelt und im anschließenden Kapitel zur Gesamteinschätzung zusammengeführt. Die Einschätzung beruht auf folgenden Grundlagen: 

Bei den beiden symmetrischen Krisen (Wirtschaftskrise 2009/2010 und Pandemie) erfolgt ein ganzheitlicher Blick auf die Gemeindefinanzen. Besonderer Fokus liegt dabei auf den Rahmenbedingungen, welche durch das Finanzausgleichssystem bestimmt sind. Bei der Analyse betreffend Klimakrise wird der Schwerpunkt auf die konkreten Konsequenzen für die jeweiligen Aufgabenbereiche gelegt. Dies bedeutet, dass hier nur ein Teilausschnitt der Gemeindefinanzen betrachtet wird. Dadurch können manche Indikatoren, welche sich auf die Gemeindefinanzen in Summe beziehen, nicht beurteilt werden. Da es sich bei den Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise um ein sehr breites Aufgabenfeld handelt, erfolgt eine Konzentration auf konkrete Aufgabenfelder. Dies betrifft im Bereich Klimaschutz die Aufgabenfelder Öffentlicher Verkehr, Gebäudesanierungen, Radwege und erneuerbare Energien. Im Bereich der Klimawandelanpassung liegt der Fokus auf der Prävention und Bewältigung im Bereich Naturkatastrophen. Beim Klimaschutz handelt es sich um eine chronische Krise, welche keine kurzfristige Akutphase aufweist. Gewisse Indikatoren, welche sich auf kurzfristige Akutphasen von Krisen beziehen, können hier daher nicht angewendet werden. Die Bewertung bezieht sich auf eine Einschätzung betreffend des Status Quo. Etwaige (nicht realisierte) Potenziale werden daher nicht berücksichtigt.

Um die Stärken und Schwächen im Rahmen der Einschätzung herauszuarbeiten, wurde ein Ampelsystem angewendet:   

„GRÜN“: Der jeweilige Indikator ist in einem hohen Maße erfüllt. „GELB“: Der Indikator ist teilweise erfüllt. „ROT“: Der jeweilige Indikator ist in überwiegend unzureichender Weise erfüllt.

Die nachfolgenden Tabellen enthalten die Detailinformationen zur Bewertung der Indikatoren.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

1

Robustheit

1.1

Wirtschaftskrise und Pandemie

In Bezug auf die Dimension Governance (Tabelle 12) zeigen sich mehrere Aspekte, in welchen die Anforderungen der Resilienz teilweise erfüllt sind. Dies betrifft etwa die Handlungsspielräume, gesamtstaatliche Ausgleichsinstrumente und die Einbindung der Gemeindeebene in ebenenübergreifende Entscheidungen. Nachholbedarf zeichnet sich bei den Instrumenten zur Risikoabwägung ab. Ein dabei schwer zu beurteilender Aspekt ist das Ausmaß der Gemeindeautonomie sowie deren Rolle für die Resilienz. Grundsätzlich ist die Gemeindeautonomie ein wichtiger Baustein im österreichischen Verwaltungsaufbau. Gemeinden haben – etwa im Vergleich zu den Ländern – eigene Abgaben sowie weitere Einnahmequellen wie Leistungsentgelte und können über weite Teile ihrer Aufgaben selbstständig entscheiden. Gleichzeitig zeigt sich jedoch eine kontinuierliche Schwächung der Gemeindeautonomie, etwa durch die steigende Abhängigkeit von Transfers der Länder oder eine Vielzahl an gemeinderelevanten Maßnahmen im „grauen“ Finanzausgleich. Inwieweit die Gemeindeautonomie die Resilienz fördert – oder sogar erschwert – hängt dabei von der konkreten Ausgestaltung ab. So schwächt etwa ein hoher Anteil an konjunkturabhängigen Gemeindeabgaben die Resilienz, wohingegen eine hohe Einnahmendiversität diese stärkt. Ein hohes Maß an Gemeindeautonomie bedeutet einerseits geringere Abhängigkeiten von anderen Gebietskörperschaftsebenen und damit verbundene größere Handlungsspielräume, was die Flexibilität im Krisenfall und in der Erholungsphase erhöht. Gleichzeitig bedeutet eine hohe Gemeindeautonomie aber auch, dass damit eine höhere Eigenverantwortung verbunden ist und der Bund bzw. die Länder weniger stark in die Ausfallshaftung treten (Finanzausgleich als Versicherungssystem).

Durchwegs durchmischt zeigt sich die Dimension nachhaltige und stabile Gemeindefinanzen (Tabelle 13). So ist die Einnahmendiversität grundsätzlich gegeben, jedoch verstärkt konjunkturabhängig. Einschränkungen zeigen sich bei den Handlungsspielräumen zur Haushaltssteuerung und bei der Planungssicherheit. Positiv ist das Vorhandensein von Fiskalregeln hervorzuheben, welche als Reaktion auf die Wirtschaftskrise 2009/2010 über den Weg des Österreichischen Stabilitätspakts implementiert wurden. Gleichzeitig schränken die Fiskalregeln auch die Investitionstätigkeit ein. In der Pandemie 2020 zeigten sich stärkere Unterschiede in der Betroffenheit der Gemeinden als bei der Wirtschaftskrise 2009/2010. Die unterschiedlichen Betroffenheiten wurden jedoch bei der Ausgestaltung der Kriseninstrumente des Bundes zur Pandemie nicht berücksichtigt.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

Tabelle 12: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension Governance Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Wirtschaftskrise 2009/2010

Pandemie 2020 und Folgejahre

A GOVERNANCE Die institutionellen und rechtlichen Strukturen im föderalen System verhindern oder mildern negative finanzielle Auswirkungen von Krisen (Schocks oder chronische Krisen) auf die Gemeindeebene. Die finanzielle * grundsätzlich zeigt sich eine hohe finanzielle Gemeindeautonomie Handlungsfähigkeit der * eine kontinuierliche Schwächung ist jedoch erkennbar (z.B. steigende Bedeutung der Umlagen, sinkende Bedeutung der eigenen Abgaben, Gemeinden ist durch ein steigende Transferabhängigkeit von Bund und Ländern) ausreichendes Ausmaß an * im Vergleich zu Bund und Ländern enge Handlungsspielräume Gemeindeautonomie A1 gesichert. (z.B. Vorgaben betreffend Leistungserbringung, länderspezifische Einschränkungen – etwa betreffend Darlehensaufnahme oder Gebührenhöhe) * im Krisenfall Abhängigkeit von Hilfspaketen, die erst beschlossen werden müssen Es sind für den Krisenfall * Im Vorfeld der Krise: Es wurden keine automatischen Ausgleichsgesamtstaatliche instrumente definiert Ausgleichsinstrumente für Gemeinden aufgebaut. * Während der Krise: Es wurden A2 keine bundesweiten Hilfspakete erstellt; Landestransfers reagierten unmittelbar Die Gemeindeebene wird bei ebenenübergreifenden A3 Aufgaben/Prozessen gleichwertig in Entscheidungen eingebunden.

* Regelfall: Einbindung teilweise gegeben (z.B. gleichberechtigte Stellung im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes, jedoch kein Vertragspartner bei Art. 15a-Vereinbarungen – etwa Kinderbetreuung, Ganztagsschulen; weiters idR mangelhafte Einbindung bei der Ausgestaltung der Länder-Gemeinde-Transferbeziehungen) * Akutphase: eingeschränkte Einbindung

Es existieren Instrumente * in der Finanzkrise nicht ausreichend vorhanden zur Risikoabwägung (z.B. fachbereichs- und A4 ebenenübergreifende Mittel/Langfrist-Planung, Risikoanalyse, Monitoring) Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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* Im Vorfeld der Krise: Es wurden keine automatischen Ausgleichsinstrumente definiert * Während der Krise: Landestransfers reagierten unmittelbar; bundesweite Hilfspakete wurden mit Zeitverzögerung geschnürt

* in der Pandemie nicht ausreichend vorhanden


EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

Tabelle 13: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Wirtschaftskrise 2009/2010

Pandemie 2020 und Folgejahre

B Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Bestehende Finanzausgleichsinstrumente unterstützen langfristig nachhaltige und stabile Gemeindefinanzen. * fiskalpolitische Vorgaben Es bestehen Fiskalregeln * fiskalpolitische Vorgaben der Länder der Länder (z.B. Beschränkungen zur nachhaltigen Stabilität * als Reaktion auf die Finanzkrise der Schuldaufnahme) der Gemeindefinanzen B1 (z.B. Vermeiden von wurde der Österr. Stabilitätspakt * Fiskalregeln des ÖStP (ÖStP) eingerichtet Überschuldung) (im NichtKrisenfall). * grundsätzlich hohe Einnahmendiversität gegeben Die Einnahmen der * allerdings (im internationalen Vergleich) hohe Abhängigkeit vom Gemeinden sind divers Konjunkturzyklus (z.B. kein Übermaß an B2 Abhängigkeit der * verstärkt untersch. Betroffenheit Gemeindeeinnahmen vom der einzelnen Gemeinden Konjunkturzyklus). Die Handlungsspielräume * Handlungsspielräume durch den Finanzausgleich iwS teils eingeschränkt: der Gemeinden sind - hohe Abhängigkeit im Länder-Gemeinde-Transfersystem vorhanden, um einen (kein Gestaltungsrecht der Gemeinden bei Umlagen oder ausgeglichenen Haushalt Gemeinde-Bedarfszuweisungs-Richtlinien) selbstständig anzustreben - kaum Gestaltungsmöglichkeiten bei eigenen Abgaben und Gebühren, bzw. die aber bei Leistungsentgelten und Einnahmen aus wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der Tätigkeit Gemeinden nicht zu - gesetzlich vorgegebener Versorgungsauftrag im Bereich der gefährden. B3 Daseinsvorsorge (z.B. Kinderbetreuung, Abwasserentsorgung) - mangelhafte Aufgabenorientierung im Finanzausgleich (unzureichende Berücksichtigung untersch. Rahmenbedingungen der Gemeinden) * Bundeslandunterschiede bei den Vorgaben durch die Gemeindeabteilungen

Die Planungssicherheit für Gemeinden ist durch abgesicherte, B4 transparente und nachvollziehbare Finanzierungsprozesse gegeben.

* veränderte Vorgaben betreffend ausgeglichenem Haushalt gemäß Modernisierung des Rechnungswesens * Planungssicherheit großteils gegeben (z.B. Prognosen der Ertragsanteile oder Umlagenentwicklung) * Transparenzdefizite (z.B. Umlagenberechnung, in mehreren Bundesländern bei der Fördervergabe bei Gemeinde-Bedarfszuweisungen)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

In Bezug auf die Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen zeigt sich, dass die laufende Finanzierung eines Großteils der kritischen Infrastrukturbereiche grundsätzlich gesichert ist. Hervorzuheben sind hier die Gebührenbereiche mit hoher Nutzerfinanzierung, während beispielsweise die Finanzierung der Kinderbetreuung oder des öffentlichen Verkehrs in hohem Maße steuerfinanziert ist. Nur teilweise erfüllt sind die Indikatoren betreffend Nachhaltigkeitsaspekten bei Investitionen, was sich etwa im Fördersystem zeigt. Lücken zeigen sich auch in Bezug auf abgestimmte Strukturen und Angebote der Daseinsvorsorge bzw. betreffend Investitionsrückstau. Tabelle 14: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Wirtschaftskrise 2009/2010

Pandemie 2020 und Folgejahre

C Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen

Die Finanzierung des Betriebes, der Erhaltung und des Ausbaus der kommunalen Infrastruktur ist gesichert. Investitionen in die * Gemeinde-Bedarfszuweisungen: starker Ressourcenausgleich Infrastruktur werden nach (Beitrag zur ökonomischen Nachhaltigkeit), kein (bzw. vereinzelt geringer) Bezug zur ökologischen Nachhaltigkeit nachhaltigen Aspekten * in einzelnen Aufgabenbereichen gezielte Förderung (v.a. ökologisch, (z.B. Siedlungswasserwirtschaft) ökonomisch, sozial) C1 getätigt und gefördert. * bundesweites Investitions* bundesweites Investitionsprogramm KIP 2017: programm KIP 2020: keine Schwerpunktsetzungen Schwerpunktsetzung auf ökologische Projekte ohne Konsequenzen bei Nichterreichung Die Finanzierung systemkritischer C2 Infrastrukturen ist gesichert (Erhaltung und Betrieb).

* laufende Finanzierung überwiegend gesichert (z.B. Gebührenhaushalte können kostendeckend geführt werden) * keine gesonderten Förderbedingungen für kritische Infrastruktur

Die Strukturen und Angebote der Daseinsvorsorge sind C3 divers, redundant und regional abgestimmt. Es besteht kein Investitionsrückstau.

* mangelnde Datenlage betreffend Versorgungssicherheit in den Krisenphasen (nur geringe Ausfälle werden vermutet) * signifikanter Rückgang der Investitionen im Zuge der Krisen (inkl. Risiko Investitionsrückstau) * regionale Abstimmung der Strukturen und Angebote besteht nur teilweise und wird in Förderprogrammen nicht prioritär berücksichtigt (Organisation in Verbänden erfolgt teilweise)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

1.2

Klimakrise

In Bezug auf die Klimakrise zeigen sich in der Dimension Governance bei zwei der vier Indikatoren Unterschiede zwischen den Aufgabenfeldern Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Während im Bereich der Klimawandelanpassung – bzw. für die Bewältigung und Prävention von Naturkatastrophen – bereits Instrumente entwickelt wurden und etabliert sind – und folglich die Indikatoren überwiegend positiv bewertet werden können –, zeigen sich im Bereich Klimaschutz Nachholbedarfe. Insbesondere bei der ebenenübergreifenden Steuerung bestehen noch Lücken, da mehrere nationale Strategien und Maßnahmen ohne breiter Mitwirkung der Gemeindeebene erarbeitet wurden und diese Strategien nur punktuell auf die Gemeindeebene heruntergebrochen werden. Tabelle 15: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension Governance Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Klimaschutz (am Beispiel Öffentlicher Verkehr, Gebäudesanierungen, Radwege, erneuerbare Energien)

Klimawandelanpassung (am Beispiel Prävention und Bewältigung Naturkatastrophen )

A GOVERNANCE Die institutionellen und rechtlichen Strukturen im föderalen System verhindern oder mildern negative finanzielle Auswirkungen von Krisen (Schocks oder Stresse) auf die Gemeindeebene. Die finanzielle * Handlungsspielräume grundsätzlich gegeben – insbesondere bei Handlungsfähigkeit der Investitionsprojekten besteht jedoch eine Abhängigkeit von Gemeinden ist durch ein Transferleistungen (z.B. thermische Sanierung, Ausbau öffentlicher Verkehr) A1 ausreichendes Ausmaß an Gemeindeautonomie * regionaler Risiko- und gesichert. Kostenausgleich besteht teilweise Es sind für den Krisenfall * lfd. Förderungen für Klimaschutzmaßnahmen in gesamtstaatliche A2 mehreren Aufgabenfeldern Ausgleichsinstrumente vorhanden für Gemeinden aufgebaut. Die Gemeindeebene wird bei ebenenübergreifenden Aufgaben/Prozessen A3 gleichwertig in Entscheidungen eingebunden.

(z.B. Hochwasserschutzverbände) * Instrumente vorhanden (z.B. Katastrophenfonds, Gemeinde-Bedarfszuweisungen, SWW)

* keine gleichwertige Einbindung der * Einbindung gegeben Gemeindeebene bei nationalen Strategien und Maßnahmen (z.B. Klima- und Energiestrategie 2030, Nationaler Energie- und Klimaplan, Nationaler Resilienzund Aufbauplan, 1-2-3-Ticket, Nahverkehrsmilliarde)

Es existieren Instrumente * diverse Strategien und Indikatoren * Instrumente vorhanden (z.B. Katastrophenmanagement, zur Risikoabwägung (z.B. vorhanden (z.B. Klimamodellierung Österreich, Raumordnung, Gefahrenzonenpläne, fachbereichs- und A4 regionale Grünraumplanung) Hochwasserschutzpläne) ebenenübergreifende Planung, Risikoanalyse, Monitoring). Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

In Bezug auf die Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen wird der Fokus nur auf jene Bereiche der Gemeindebudgets gelegt, welche im unmittelbaren Zusammenhang mit der Klimakrise stehen. Damit können zwei Indikatoren (Fiskalregeln, Einnahmendiversität) nicht in die Betrachtung einbezogen werden.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

In Bezug auf die Handlungsfähigkeit (Indikator B3) und die Planungssicherheit (Indikator B4) ergibt sich eine deutlich unterschiedliche Einschätzung betreffend der beiden Aufgabenbereiche Klimaschutz und -wandelanpassung: Betreffend der Klimawandelanpassung existieren entsprechende Instrumente zur Sicherung der Handlungsspielräume der Gemeinden (z.B. Katastrophenfonds, Siedlungswasserwirtschaftsfonds), im Bereich Klimaschutz hingegen ist dies nicht durchgängig gegeben. Eine geringe Planungssicherheit und fehlende Transparenz zeigt sich am Beispiel der Förderungen für städtische ÖV-Investitionen. Die steigenden Ausgaben für den Klimaschutz engen den finanziellen Spielraum für andere Aufgaben der Gemeinden ein. Tabelle 16: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Klimaschutz (am Beispiel Öffentlicher Verkehr, Gebäudesanierungen, Radwege, erneuerbare Energien)

Klimawandelanpassung (am Beispiel Prävention und Bewältigung Naturkatastrophen )

B Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Bestehende Finanzausgleichsinstrumente unterstützen langfristig nachhaltige und stabile Gemeindefinanzen. Es bestehen Fiskalregeln nicht relevant, da nur Teilbereich der Gemeindefinanzen betrachtet wird zur nachhaltigen Stabilität der Gemeindefinanzen B1 (z.B. Vermeiden von Überschuldung) (im NichtKrisenfall). nicht bewertet, da nur Teilbereich der Gemeindefinanzen betrachtet wird Die Einnahmen der Gemeinden sind divers (z.B. kein Übermaß an B2 Abhängigkeit der Gemeindeeinnahmen vom Konjunkturzyklus). Die Handlungsspielräume * steigende Ausgaben für * Handlungsspielräume der der Gemeinden sind Klimaschutz engen die finanziellen Gemeinden im Katastrophenfall vorhanden, um einen Spielräume der Gemeinden in durch Katastrophenfonds gesichert * hohe Investitionsausgaben für ausgeglichenen Haushalt anderen Aufgabenbereichen ein (z.B. steigende Zuschüsse für ÖV, Schutzmaßnahmen werden durch selbstständig anzustreben Investitionsbedarf für thermische Förderprogramme teils bzw. die B3 Sanierung) aufgefangen Leistungsfähigkeit der * klimabezogene Lenkungsabgaben Gemeinden nicht zu wären möglich, sofern der gefährden. rechtliche Rahmen geklärt ist (z.B. Gebühren, Nahverkehrsabgabe) Die Planungssicherheit für Gemeinden ist durch abgesicherte, transparente und nachvollziehbare B4 Finanzierungsprozesse gegeben.

* Planungssicherheit und Transparenz im Rahmen bestehender Förderprogramme in Abhängigkeit der Förderbedingungen (z.B. Radverkehrsoffensive, Clean Vehicle Directive) * geringe Planungssicherheit und hohe Intransparenz bei Förderungen für ÖV-Investitionen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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* gegebene Planungssicherheit und Transparenz bei Förderprogrammen (z.B. Klimafonds, SWW)


EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Einschätzung in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen. Während die Indikatoren im Bereich Klimawandelanpassung weitgehend erfüllt sind, sind diese beim Klimaschutz nicht durchgehend positiv zu bewerten. Lücken finden sich etwa bei der Finanzierung eines Teils der systemkritischen Infrastruktur (z.B. Ausbau städtischer öffentlicher Verkehr), wodurch auch von einem beginnenden Investitionsrückstau in einzelnen Aufgabenbereichen auszugehen ist. Positiv hervorzuheben ist, dass vermehrt Ansätze zur regionalen Abstimmung bestehen. Tabelle 17: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Klimaschutz (am Beispiel Öffentlicher Verkehr, Gebäudesanierungen, Radwege, erneuerbare Energien)

Klimawandelanpassung (am Beispiel Prävention und Bewältigung Naturkatastrophen )

C Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Die Finanzierung des Betriebes, der Erhaltung und des Ausbaus der kommunalen Infrastruktur ist gesichert. Investitionen in die * spezifische Förderprogramme mit Infrastruktur werden nach direktem Bezug zur Nachhaltigkeit (z.B. Clean Vehicle Directive, nachhaltigen Aspekten Förderung von (v.a. ökologisch, C1 ökonomisch, sozial) Photovoltaikanlagen) * ergänzend Eigeninitiativen von getätigt und gefördert. einzelnen Gemeinden (z.B. Beschaffungswesen)

* spezifische Förderprogramme mit direktem Bezug zur Nachhaltigkeit (SWW)

Die Finanzierung systemkritischer Infrastrukturen ist C2 gesichert (Erhaltung und Betrieb).

* Erhaltung und Betrieb großteils gesichert * Definitionen und Vorgaben zu kritischer Infrastruktur betreffend Klimaschutz fehlen meist * sinkende Spielräume für lfd. Finanzierung des ÖV

* Förderprogramme vorhanden

Die Strukturen und Angebote der Daseinsvorsorge sind divers, redundant und regional abgestimmt. Es C3 besteht kein Investitionsrückstau.

* Abstimmung im stadtregionalen ÖV * mehrfach regionale Verbände bzw. besteht in mehreren entsprechende Förderprogramme Bundesländern vorhanden * allerdings bestehender * Daten zu Investitionsrückstau Investitionsrückstand im ÖV werden nicht erhoben * Investitionsrückstau in weiteren * regional abgestimmter Aufgabenfeldern nicht erhoben Katastrophenschutz * Programme mit regionalem Bezug (z.B. Feuerwehren) vorhanden (z.B. Klima- und Energiemodellregionen)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

2

Anpassungsfähigkeit

2.1

Wirtschaftskrise und Pandemie

Im Vergleich zur Robustheit zeigen sich im Bereich der Anpassungsfähigkeit deutlich größere Lücken. Die in der Dimension Governance herangezogenen Indikatoren zeigen für die Wirtschaftskrise 2009/2010 kein durchgehend gutes Zeugnis. Die zwei Hilfsprogramme des Bundes für die Gemeindeebene führten in der Pandemie 2020 zu einer deutlichen Entlastung. Darüber hinaus bestehen keine gesonderten Resilienzstrategien zum Finanzausgleich, welche über den verfassungsrechtlichen Rahmen hinausgehen und speziell die Bedarfe der Gemeindeebene berücksichtigen. Auch in Bezug auf die organisationale Innovationsfähigkeit und Flexibilität ist von Nachholbedarfen auszugehen. Tabelle 18: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Governance Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Wirtschaftskrise 2009/2010

Pandemie 2020 und Folgejahre

X GOVERNANCE Flexibilität der rechtlichen und institutionellen Strukturen, sich an neue stressauslösende Rahmenbedingungen anzupassen, um die Gebietskörperschaften finanziell für die Aufgabenerbringung zu kompensieren. * keine spezifischen Hilfsprogramme * eigene Hilfsprogramme für Politische für Gemeinden Gemeinden vorhanden, jedoch Entscheidungsträgerzeitverzögert und nur teilweise mit Innen berücksichtigen bei Einbezug der Gemeinden kurzfristigen X1 Hilfsinstrumenten und Reformen auch die Belange der Gemeinden. Resilienzstrategien sind * keine Resilienzstrategien betreffend Finanzausgleich bekannt mit bestehenden Steuerungsinstrumenten X2 verknüpft und zwischen den Gebietskörperschaften abgestimmt. * im Krisenfall keine angepassten Prozesse der Mehr-Ebenen-Steuerung Die organisationelle Innovationsfähigkeit und * Abstimmung (zwei mal jährlich) zwischen allen drei GK-Ebenen über X3 Flexibilität wird gefördert das Österreichische Koordinationskomitee (Einschätzung zu Innovationsfähigkeit und Flexbilität nicht möglich) und ist gewährleistet. Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

In der Dimension nachhaltige und stabile Gemeindefinanzen sind mehrere Stärken des aktuellen Finanzausgleichssystems erkennbar. So sind die bestehenden Fiskalregeln grundsätzlich im Krisenfall flexibel und ermöglichen ein Aussetzen der Instrumente und Maßnahmen. Während der Pandemie 2020 bestanden mit den beiden Hilfspaketen zwei Instrumente zur Abwendung negativer finanzieller Effekte für sämtliche Gemeinden. Defizite sind hingegen beim horizontalen Ausgleich zu beobachten, insbesondere hinsichtlich der Treffsicherheit in Abhängigkeit der Betroffenheit. Es ist auch zu betonen, dass die Gemeinden grundsätzlich fähig sind, in der Krise kurzfristig zu agieren. Tabelle 19: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Wirtschaftskrise 2009/2010

Pandemie 2020 und Folgejahre

Y Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Die Finanzausgleichsinstrumente können unterschiedliche Krisenfälle berücksichtigen. Die bestehenden Fiskalregeln können kurzfristig an neue Y1 Rahmenbedingungen und unerwartete Ereignisse angepasst werden.

* Aussetzung im Krisenfall möglich (und ist auch erfolgt)

Die Instrumente zur Abwendung negativer finanzieller Effekte werden nach Bedarf und Y2 Betroffenheit der Gebietskörperschaftsebenen aktiviert.

* keine zusätzlichen Mittel für die Gemeindeebene (trotz Bedarf)

Horizontale Ausgleichsmechanismen sorgen für die Abgeltung/Ausgleich Y3 regionaler räumlicher und wirtschaftlicher Benachteiligungen und Betroffenheit.

* Ländertransfers vermehrt zur Stärkung der Liquidität einzelner Gemeinden * keine bundesweiten Hilfsprogramme für Gemeinden

* zusätzliche Mittel für die Gemeinden (Bedarf und Betroffenheit) * zusätzliche Ausgabenrückerstattungen im Zusammenhang mit der Pandemie (Zweckzuschussgesetz, Epidemiegesetz)

* Hilfspakete des Bundes teils nach Bedarf, aber ohne Berücksichtigung untersch. Betroffenheiten

Die Gemeinden sind fähig, ja, innerhalb des vorgegebenen Rahmens im Krisenfall selbstständig zu agieren (z.B. neue Y4 Einnahmenquellen erschließen, Ausgaben einsparen, auf Rücklagen zurückgreifen). Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

Ein durchmischtes Bild zeigt die Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen. Positiv hervorzuheben ist, dass die Finanzierung der Daseinsvorsorge auch im Krisenfall im Wesentlichen kurz- bis mittelfristig gesichert ist. Für einzelne Aufgabenbereiche gibt es bereits Krisenpläne. Nachholdbedarfe zeigen sich bei der Absicherung von systemkritischen Investitionen im Krisenfall. Nach der Wirtschaftskrise 2009/2010 gab es kein Investitionsprogramm für die kommunalen Investitionen, weshalb es zu einem markanten Rückgang der Investitionen kam. Mit dem kommunalen Investitionsprogramm 2020 konnte dies – zumindest nach aktuellem Wissensstand – vorerst abgemildert werden. Eine systematische und kontinuierliche Erfassung und Bestimmung der systemrelevanten Infrastrukturen und systemkritischen Investitionen bildet die Grundlage für die Weiterentwicklung und stärkere Ausrichtung des Fördersystems auf vulnerable Bereiche. Tabelle 20: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Wirtschaftskrise 2009/2010

Pandemie 2020 und Folgejahre

Z Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Haushaltsbudgets können schnell und flexibel auf den akuten Liquiditäts- und Investitionsbedarf reagieren. Es gibt diverse Finanzierungsmöglichkeiten im Z1 Krisenfall zur Absicherung systemkritischer Investitionen.

* nein, keine zusätzliche Stützung kommunaler Investitionen erfolgt

* ja, kommunales Investitionsprogramm 2020 (kurzfristige Maßnahme, kein Fokus auf systemkritische Investitionen)

* Einnahmeneinbrüche konnten gemindert werden durch Die Liquidität zur - eigene Maßnahmen der Gemeinden (z.B. Rücklagenauflösung) und Sicherung der - Unterstützungsmaßnahmen der Länder (v.a. Umschichtungen bei Daseinsvorsorge ist auch Gemeinde-Bedarfszuweisungen zugunsten eines im Krisenfall gesichert. Z2 Haushaltsausgleichs, Erleichterungen bei Schuldaufnahmen) * ab 2021 2. Gemeindepaket (mit zugesicherten MindestErtragsanteilen) Krisenpläne stellen sicher, * keine Finanzierungs-Krisenpläne betreffend einzelner Krisen (z.B. Pandemie) vorhanden dass Gemeinden nicht finanziell überlastet werden * Krisenpläne teils für einzelne Aufgabenbereiche (z.B. Ver- und Entsorgung) vorhanden Z3 und die kommunale Basisinfrastrukturen im Notfall gesichert sind. Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

2.2

Klimakrise

Die Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Governance fällt für den Bereich Klimawandelanpassung durchwegs positiv aus. So bestehen Prozesse und Instrumente, um im Krisenfall rasch die betroffenen Gemeinden zu entlasten. Auch bestehen Resilienzstrategien, insbesondere im Rahmen des Katastrophenschutzes. Im Bereich Klimaschutz hingegen zeigen sich teilweise Lücken in Bezug auf die Resilienzstrategien, wobei hier insbesondere auch erneut auf die Mängel der ebenenübergreifenden Abstimmung hinzuweisen ist. Tabelle 21: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Governance Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Klimaschutz (am Beispiel Öffentlicher Verkehr, Gebäudesanierungen, Radwege, erneuerbare Energien)

Klimawandelanpassung (am Beispiel Prävention und Bewältigung Naturkatastrophen )

X GOVERNANCE Flexibilität der rechtlichen und institutionellen Strukturen, sich an neue stressauslösende Rahmenbedingungen anzupassen, um die Gebietskörperschaften finanziell für die Aufgabenerbringung zu kompensieren. nicht relevant, da chronische Krise Politische EntscheidungsträgerInnen berücksichtigen bei kurzfristigen X1 Hilfsinstrumenten und Reformen auch die Belange der Gemeinden.

* bei Naturkatastrophen rasche Unterstützung von Bund und Land (z.B. Bundesheereinsatz) – anlassbezogen und bedarfsorientiert

Resilienzstrategien sind * unzureichende Operationalisierung * Abstimmung im für die Kommunalebene von Katastrophenschutz vorgesehen mit bestehenden bestehenden nationalen Strategien Steuerungsinstrumenten bzw. mangelhafte Abstimmung verknüpft und zwischen zwischen den Gebietskörperden Gebietskörperschaften X2 schaftsebenen bzw. zwischen abgestimmt. Strategien * Unterstützungsmaßnahmen für die kommunale Ebene vorhanden * grundsätzlich gegeben * Nationale Programme lösen Die organisationelle Maßnahmen und Forschung – und Innovationsfähigkeit und Innovationen und Flexibilität – auch Flexibilität wird gefördert auf der regionalen und und ist gewährleistet. X3 kommunalen Ebene aus (Förderung von Bottom-upProjekten); jedoch zumeist kein koordinierter Prozess Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

Während die Flexibilität der Fiskalregeln für die Gemeindefinanzen in Summe ausreichend ist, zeigt sich dies bei einem fokussierten Blick auf die Klimakrise nicht. So wirken die Vorgaben des Österreichischen Stabilitätspaktes investitionseinschränkend, da keine Ausnahmen für klimabezogene Projekte bestehen. Betreffend der Abwendung negativer Effekte hat sich der Katastrophenfonds als Kriseninstrument bewährt. In Bezug auf den Klimaschutz bestehen hingegen wiederum Lücken. Sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Klimawandelanpassung ist ein horizontaler Ausgleich im Rahmen von Gemeindeverbänden und -kooperationen grundsätzlich möglich und wird teilweise auch umgesetzt. Mehrere Förderprogramme fördern auch explizit einen regionalen Ausgleich. Tabelle 22: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Klimaschutz (am Beispiel Öffentlicher Verkehr, Gebäudesanierungen, Radwege, erneuerbare Energien)

Klimawandelanpassung (am Beispiel Prävention und Bewältigung Naturkatastrophen )

Y Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen Die Finanzausgleichsinstrumente können unterschiedliche Krisenfälle berücksichtigen. Die bestehenden Fiskalregeln können kurzfristig an neue Y1 Rahmenbedingungen und unerwartete Ereignisse angepasst werden.

* Fehlen einer grün-goldenen Regel, um Investitionen in Klimaschutz und -anpassung zu sichern (auch auf internationaler Ebene)

Die Instrumente zur Abwendung negativer finanzieller Effekte Y2 werden nach Bedarf und Betroffenheit der Gebietskörperschaftsebenen aktiviert.

* bestehende Palette an Förderprogrammen * unzureichende Fördermöglichkeiten etwa bei städtischem ÖV und Gebäudesanierungen

* Katastrophenfonds berücksichtigt Bedarf und Betroffenheit

* horizontaler Ausgleich über * horizontaler Ausgleich über Horizontale Gemeindeverbände gegeben Ausgleichsmechanismen Gemeindeverbände möglich * einzelne Förderprogramme fördern sorgen für die regionalen Ausgleich Abgeltung/Ausgleich Y3 regionaler räumlicher und (z.B. untersch. Bedarfe) wirtschaftlicher Benachteiligungen und Betroffenheit. Die Gemeinden sind fähig, * ja, innerhalb des vorgegebenen Rahmens im Krisenfall selbstständig zu agieren (z.B. neue Y4 Einnahmenquellen erschließen, Ausgaben einsparen, auf Rücklagen zurückgreifen). Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

Beim Beispiel Naturkatastrophen, welches hier exemplarisch der Analyse der Klimawandelanpassung zugrunde liegt, zeigt sich der Katastrophenfonds, der zu einem großen Teil präventive Maßnahmen fördert, als wichtiges Instrument zur Steigerung der Anpassungsfähigkeit. Im Bereich des Klimaschutzes ist eine Analyse der krisenbedingten Anpassungsfähigkeit in der Form nicht möglich, da es sich um eine chronische Krise handelt. Tabelle 23: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Krisenarten Dimensionen und Indikatoren

Klimaschutz (am Beispiel Öffentlicher Verkehr, Gebäudesanierungen, Radwege, erneuerbare Energien)

Klimawandelanpassung (am Beispiel Prävention und Bewältigung Naturkatastrophen )

Z Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Haushaltsbudgets können schnell und flexibel auf den akuten Liquiditäts- und Investitionsbedarf reagieren Es gibt diverse Finanzierungsmöglichkeiten im Krisenfall zur Z1 Absicherung systemkritischer Investitionen.

nicht relevant, da chronische Krise

* ja, z.B. Katastrophenfonds

nicht relevant, da chronische Krise Die Liquidität zur Sicherung der Z2 Daseinsvorsorge ist auch im Krisenfall gesichert.

* ja, z.B. Katastrophenfonds

Krisenpläne stellen sicher, nicht relevant, da chronische Krise dass Gemeinden nicht finanziell überlastet werden Z3 und die kommunale Basisinfrastrukturen im Notfall gesichert sind.

* ja, es gibt z.B. Katastrophenpläne, Versicherungen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

3

Gesamteinschätzung

Nachholbedarf betreffend Governance In Bezug auf die Dimension Governance zeigen sich mehrere Lücken hinsichtlich der Resilienz. Diese treten bei einem ganzheitlichen Fokus auf die Gemeindefinanzen betreffend Wirtschaftskrise und Pandemie deutlicher hervor als bei einem fokussierten Blick auf die Klimakrise. Tabelle 24: Einschätzung der Resilienz am Beispiel Wirtschaftskrise/Pandemie und Klimakrise im Überblick – Governance

Wirtschaftskrise 2009/2010 sowie Pandemie Gemeindeautonomie teils eingeschränkt Ausgleichsinstrumente im Krisenfall teilweise vorhanden Mitsprachemöglichkeiten und Einbezug der Gemeinden bei ebenen-übergreifenden Prozessen teilweise eingeschränkt Instrumente zur Risikoabwägung fehlen Resilienzstrategien im Finanzausgleich fehlen geringe Flexibilität der Prozesse und Strukturen der Mehr-Ebenen-Steuerung

Klimakrise Handlungsspielräume gegeben, jedoch Transferabhängigkeit Ausgleichsinstrumente bei Klimaanpassung vorhanden, bei Klimaschutz teilweise Mitsprachemöglichkeiten und Einbezug der Gemeinden bei ebenen-übergreifenden Prozessen bei Klimaanpassung und Klimaschutz unterschiedlich Instrumente zur Risikoabwägung vorhanden Resilienzstrategien teilweise vorhanden Flexibilität der Prozesse und Strukturen der MehrEbenen-Steuerung in Abhängigkeit des Aufgabenbereiches gegeben

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Grundsätzlich festzustellen ist, dass das Thema der Resilienz der Gemeinden sowohl in Politik als auch in Wissenschaft noch zu wenig Beachtung findet und dementsprechend auch Strategien zur Resilienzsteigerung der Gemeindefinanzen in ihrer Gesamtheit fehlen. So erfolgten nach der Wirtschaftskrise 2009/2010 nur bedingt Anpassungen im Finanzausgleichssystem. Viele seit Jahren diskutierte Reformen – wie insbesondere die Transferreform, die Aufgabenorientierung und die Stärkung der kommunalen Abgabenautonomie – wurden zwar im Rahmen der Verhandlungen zum FAG 2017 angesprochen, sind jedoch schließlich erneut im Sande verlaufen. Insbesondere fehlt weitgehend ein ganzheitliches Monitoring, um etwa auf langfristige Krisen (wie Demografie, Klimawandel) reagieren zu können sowie die Implementierung von vordefinierten Kriseninstrumenten, um im Krisenfall eine rasche Hilfe zu ermöglichen (positiv hervorzuheben ist der Katastrophenfonds im Zusammenhang mit Umweltkatastrophen). Betrachtet man nur den Bereich Klimakrise und -anpassung zeigt sich, dass Resilienzstrategien und Instrumente zur Risikoabwägung zumindest in einzelnen Aufgabenbereichen (wie z.B. Hochwasserschutz) vorhanden sind. Zur Stärkung der Robustheit und Anpassungsfähigkeit der kommunalen Systeme ist zu diskutieren, welches Ausmaß an Gemeindeautonomie im Sinne einer bestmöglichen Resilienz – sowohl in Bezug auf chronische Krisen als auch betreffend kurzfristiger Schocks – zweckmäßig

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

ist. Ein hohe Maß an Gemeindeautonomie bedeutet geringere Abhängigkeiten von anderen Gebietskörperschaftsebenen und damit verbunden größere Handlungsspielräume, wodurch die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im Krisenfall und in der Erholungsphase erhöht ist. Gleichzeitig erfordert eine hohe Gemeindeautonomie aber auch ein größeres Maß an Eigenverantwortung, so dass der Bund bzw. die Länder weniger stark in die Ausfallshaftung treten müssen (Finanzausgleich als Versicherungssystem). Betrachtet man die Gemeindeautonomie der österreichischen Gemeinden aus der finanziellen Perspektive, zeigt sich eine seit vielen Jahrzehnten voranschreitende zunehmende Einschränkung der Gemeindeautonomie. So vermindern insbesondere die hohe Dynamik der Umlagenbelastung der Gemeinden für Landesaufgaben, die sinkende Bedeutung der gemeindeeigenen Abgaben sowie die Zunahme der Komplexität von Aufgaben- und Finanzierungsverflechtungen in verschiedenen Aufgabenbereichen (wie etwa Kinderbetreuung, Pflichtschulen, ÖPNV) (Mitterer et al., 2021) sukzessive die finanziellen Handlungsspielräume der Gemeinden. Daraus resultieren steigende Abhängigkeiten von anderen Gebietskörperschaften, welche wiederum die Reaktionsfähigkeit, Innovationsfähigkeit und Umsetzungsfähigkeit zur Anpassung der kommunalen Systeme hemmen. Gleichsam erschwert diese Entwicklung den Ausbau von diversen, redundanten, multifunktionalen und erholungsfähigen Systemen, welche die Grundpfeiler der Robustheit bilden. In Bezug auf Klimaschutz und -wandelanpassung sind kurz- und mittelfristig die Handlungsspielräume der Gemeinden durchaus gegeben. Allerdings zeigt sich hier eine starke Abhängigkeit von Förderprogrammen. Viele Projekte können nur umgesetzt werden, wenn es entsprechende Förderprogramme gibt – siehe hier etwa die Clean Vehicle Directive oder Förderprogramme für Klima- und Klimawandelanpassungskonzepte. Fehlen diese – wie etwa für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs auf Gemeindeebene – wird es schwierig. Eine Einbindung der Gemeinden in ebenen-übergreifende Steuerungsprozesse ist teilweise gegeben. Im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen nehmen die Gemeinden eine gleichberechtigte Rolle ein; bei darüber hinausgehenden Entscheidungen trifft dies jedoch nur bedingt zu. Beispielsweise wurden im Zusammenhang mit der Pandemie die Gemeinden häufig nur unzufriedenstellend in die Entscheidungsprozesse eingebunden, auch wenn diese mit Testund Impfstraßen und weiteren Umsetzungsmaßnahmen unmittelbar von den Entscheidungen betroffen waren. Auch bei den zahlreichen Art. 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern (etwa zu Kinderbetreuung, Pflichtschulen, Gesundheit) treten die Gemeinden nicht als gleichberechtigte Partner auf, da sie kein Vertragspartner sind. Dies trifft insbesondere auch auf den Bereich des Klimaschutzes zu, wo in der Regel keine gleichwertige Einbindung der Gemeindeebene bei nationalen Strategien und Maßnahmen erfolgt (z.B. Klima- und Energiestrategie 2030, nationaler Energie- und Klimaplan, Klimaticket). Hingegen ist die Einbindung im Bereich der Klimawandelanpassung – hier am Beispiel Naturkatastrophen – weitgehend gegeben.

Zahlreiche positive Aspekte betreffend Nachhaltigkeit und Stabilität der Gemeindefinanzen Betreffend der Dimension Nachhaltigkeit und Stabilität der Gemeindefinanzen kann vielfach eine positive Einschätzung erfolgen. Betrachtet man die Gemeindefinanzen in ihrer Summe zeigt sich eine hohe Einnahmendiversität, wodurch einseitige Abhängigkeiten vermieden und damit die Vulnerabilität gesenkt wird. Der

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

Österreichische Stabilitätspakt trägt zur Vermeidung einer Überschuldung der Gemeindeebene bei, setzt aber auch Anreize betreffend einer Einschränkung der Ausgabendynamik und sieht eine verpflichtende mittelfristige Planung vor. Die Vorgaben des Österreichischen Stabilitätspaktes gelten dabei für die Gemeindeebene in Summe und können, insbesondere aufgrund ihrer Komplexität nicht zur Gänze auf einzelne Gemeinden heruntergebrochen werden. Tabelle 25: Einschätzung der Resilienz am Beispiel Wirtschaftskrise/Pandemie und Klimakrise im Überblick – Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen

Wirtschaftskrise 2009/2010 sowie Pandemie Fiskalregeln vorhanden, Flexibiltät der Fiskalregeln gegeben Einnahmendiverstät gegeben, aber hohe Abhängigkeit vom Konjunkturzyklus Handlungsspielräume bei Einnahmen- und Ausgabengrößen teilweise eingeschränkt Planungssicherheit großteils gegeben, jedoch Transparenzdefizite bei Transfers untersch. Betroffenheit im vertikalen Gefüge wird berücksichtigt horizontale Ausgleichsmechanismen, welche krisenbedingt untersch. Betroffenheiten berücksichtigen, sind teilweise vorhanden selbstständiges Agieren im Krisenfall möglich (innerhalb des vorgegebenen Rahmens)

Klimakrise Fehlen einer grün-goldenen Regel Einnahmendiversität nicht relevant Handlungsspielräume in Abhängigkeit des Aufgabenbereiches unterschiedlich Planungssicherheit und Transparenz in Abhängigkeit des Förderprogrammes Instrumente zum vertikalen Ausgleich vorhanden - je nach Aufgabenbereich unterschiedlich

horizontale Ausgleichsmechanismen vorhanden selbstständiges Agieren im Krisenfall möglich (innerhalb des vorgegebenen Rahmens)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Während die Fiskalregeln für den Gemeindehaushalt gesamthaft positiv wirken, schränken diese die finanziellen Ressourcen für klimafreundliche Investitionen ein. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Diskussionen auf europäischer Ebene zu verweisen. So wird verstärkt eine „grüngoldene“ Regel40 gefordert, welche Ausnahmen bei den Fiskalregeln für klimafreundliche Investitionen vorsieht. Ähnliche Überlegungen bestehen auch für den innerösterreichischen Stabilitätspakt. Weiters ist grundsätzlich von einer hohen Planungssicherheit auszugehen. Mit dem Finanzausgleichsgesetz ist eine hohe Rechtssicherheit verknüpft, wodurch wesentliche Einnahmequellen der Gemeinden abgesichert sind. Rechtsunsicherheiten bestehen etwa in Bezug auf die Berechnung der Gemeindegebühren (Biwald, Bollinger, et al., 2021) oder betreffend die Grundsteuer.41 Bezüglich Klimaschutz hängt die Planungssicherheit von der Ausgestaltung der Förderprogramme bzw. -möglichkeiten ab. Durch die eingeschränkten Handlungsspielräume der Gemeinden wird die Resilienz der Gemeindefinanzen auch im Krisenfall eingeschränkt. Dies ergibt sich etwa durch hohe Aufgaben40 41

Dies bedeutet, dass Investitionen in klimafreundliche Investitionen bei den Fiskalregeln ausgenommen werden, um mehr finanzielle Spielräume für klimafreundliche Investitionen zu schaffen. In mehrfachen Urteilen des Verfassungsgerichtshofes wurden die der Grundsteuerbemessung zugrundeliegenden Einheitswerte bei diversen Abgaben aufgehoben. Wie bereits in Deutschland erfolgt, droht daher auch in Österreich ein Kippen des Grundsteuergesetzes durch den VfGH.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

und Finanzierungsverflechtungen mit Ländern und Bund, rechtliche Vorgaben betreffend der Aufgabenerbringung oder strenge haushaltsrechtliche Vorgaben durch die Länder. Stärken zeigen sich in Bezug auf die Instrumente zum vertikalen Ausgleich, wie etwa die beiden kurzfristig bereitgestellten Gemeindepakete im Zuge der Pandemie oder den Katastrophenfonds zur Bewältigung von Naturkatastrophen. Kritisch ist zu sehen, dass entsprechende Instrumente häufig erst im Krisenfall entwickelt werden und damit aufgrund des erforderlichen Entwicklungsund Abstimmungsprozesses nur zeitverzögert greifen können. Beim Klimaschutz bestehen Instrumente für den horizontalen Ausgleich, wobei hier insbesondere die Rolle von Gemeindeverbänden und -kooperationen herausgestrichen werden kann. Noch wenig im Blickfeld: Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen Während in Nicht-Krisenzeiten dem Thema der Daseinsvorsorge nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, änderte sich dies deutlich während der Pandemie. Durch die Schließung von Kindergärten, Schulen und anderen Kinderbetreuungseinrichtungen wurde etwa deutlich, wie notwendig dieser Bereich der Daseinsvorsorge für die Kinder, die Eltern und etwa die Wirtschaft42 ist. Die Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen zeigt betreffend Klimakrise eine bessere Bewertung als der ganzheitliche Blick auf die Gemeindefinanzen im Rahmen der Wirtschaftskrise sowie Pandemie. Tabelle 26: Einschätzung der Resilienz am Beispiel Wirtschaftskrise/Pandemie und Klimakrise im Überblick – Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen

Wirtschaftskrise 2009/2010 sowie Pandemie Finanzierung des laufenden Betriebs von systemkritischer Infrastruktur ist überwiegend gesichert (in Krisen- und Nicht-Krisenphasen) keine gezielte Absicherung systemkritischer Investitionen in der Krise nur punktueller Einbezug von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Förderung von Investitionsprojekten der Gemeinden nur teilweise Abstimmung der Struktur und Angebote der Daseinsvorsorge

Klimakrise Finanzierung des laufenden Betriebs von systemkritischer Infrastruktur ist teilweise gesichert (in Krisen- und Nicht-Krisenphasen) spezifische Förderprogramme vorhanden spezifische Förderprogramme mit Fokus auf Nachhaltigkeit vorhanden regionale Abstimmung der Strukturen und Angebote teilweise vorhanden

Datenmängel betreffend Versorgungssicherheit und Investitionsrückstau im Bereich der Daseinsvorsorge

wenig Datensicherheit bezüglich Investitionsrückstau

Krisenpläne nur für einzelne Aufgabenbereiche, nicht aber für einzelne Krisenarten vorhanden

Krisenpläne betreffend Klimaanpassung vorhanden

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Grundsätzlich ist zur Einschätzung im Bereich Daseinsvorsorge und kritische Infrastruktur darauf hinzuweisen, dass klare Abgrenzungen und Definitionen großteils fehlen. Gleichzeitig zeigen sich 42

Viele Eltern mussten von den Arbeitgebern freigestellt werden, um ihre Kinder zu betreuen.

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EINSCHÄTZUNG ZUM RESILIENZ-STATUS

teilweise gravierende Datenlücken, welche ein rasches und adäquates Reagieren erschweren; etwa bezogen auf die Versorgungssicherheit in Krisenphasen (z.B. Intensivbetten) oder betreffend der Finanzierbarkeit des laufenden Bereiches oder von Investitionen (z.B. Erhebungen zu Investitionsrückstau). Bei der Finanzierung des laufenden Betriebes von systemkritischer Infrastruktur ist grundsätzlich davon auszugehen, dass diese kurz- bis mittelfristig gesichert ist. So sind die Handlungsspielräume in den nicht kritischen Bereichen zumeist gegeben, um kurzfristig Spielräume zur Finanzierung der systemkritischen Infrastruktur zu sichern. So können etwa Rücklagen aufgelöst werden und es gibt die Möglichkeit von Transfers von Bund und/oder Ländern. Etwas differenzierter zeigt sich dies bei einem Blick auf die Infrastruktur betreffend Klimakrise und -wandelanpassung. Während der Bereich der Klimawandelanpassung vergleichsweise gut abgesichert ist, gibt es im Bereich Klimaschutz Defizite (z.B. städtischer öffentlicher Verkehr). Betreffend Daseinsvorsorge und kritischer Infrastruktur bieten zahlreiche Förderprogramme Unterstützung für die Gemeinden, um das Angebot zu verbessern. Positiv hervorzuheben sind die kommunalen Investitionsprogramme des Bundes, etwa zum Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen und der Ganztagsschulen, weiters auch die kommunalen Investitionsprogramme 2017 bzw. 2020. Diese Programme konnten nachweislich zu einem Aufholeffekt bei kommunalen Investitionen beitragen und die Versorgungsqualität erhöhen. Auch in Bezug auf Naturkatastrophen und Klimaschutz bestehen zahlreiche spezifische Förderprogramme. Ein Aspekt, welcher in Zukunft mehr Aufmerksamkeit haben sollte, betrifft die Frage, inwiefern mit den bestehenden Förderprogrammen auch nachhaltige Investitionen gefördert werden. So berücksichtigen die Vergabesysteme der Bundesländer zu den Gemeinde-Bedarfszuweisungen nur in Ausnahmefällen auch ökologische Aspekte. Nach wie vor ist die Finanzkraft der wesentliche Bestimmungsfaktor für die Förderhöhe, wohingegen unterschiedliche Aufgabenbedarfe (etwa aufgrund verschiedener Funktionen der Gemeinden) nur selten Eingang finden. Die Berücksichtigung von Energie- und Ökopunkten, wie etwa im Salzburger Vergabesystem43 integriert, stellen die Ausnahme dar. Hingegen weisen Förderprogramme im Bereich Klimaschutz in der Regel auch eine klare Nachhaltigkeitskomponente auf. Defizite zeigen sich betreffend der Abstimmung der Strukturen und Angebote. Bei Klimaschutzmaßnahmen bestehen bei einigen Aufgabenfeldern regionale Abstimmungen. So gibt es in mehreren Bundesländern eine Abstimmung der Angebote im stadtregionalen öffentlichen Verkehr. Auch haben viele Programme einen regionalen Bezug integriert (z.B. Klima- und Energiemodellregionen). Von einer hohen regionalen Abstimmung ist im Bereich Schutzbauten betreffend Naturkatastrophen sowie dem Katastrophenschutz auszugehen. Durch die Wirtschaftskrise 2009/2010 sowie durch die Pandemie kam es zu einem Rückgang der Investitionen, wodurch auch von einem erhöhten Risiko eines Investitionsrückstaus auszugehen ist. In der Pandemie wurde mit dem Kommunalen Investitionsprogramm ein Instrument eingesetzt, um den Investitionsrückgang zu bremsen.

43

https://www.salzburg.gv.at/verwaltung_/Seiten/gemeindeausgleichsfonds.aspx [Download 01.09.2021]

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ANSATZPUNKTE ZUR STÄRKUNG DER RESILIENZ DER GEMEINDEFINANZEN

VI Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen Krisen können plötzlich und unerwartet bzw. schockartig auftreten – wie etwa die Pandemie, Umweltkatastrophen oder Blackouts. Krisen können aber auch langfristig sein und chronisch wirken – wie etwa die Klimakrise oder demografiebedingte Veränderungen. Es gilt, die Gemeindefinanzen sowie den Finanzausgleich, als wichtige bestimmende Größe, in Bezug auf die Resilienz (Robustheit und Anpassungsfähigkeit) zu durchleuchten und weiterzuentwickeln. Dies soll dazu beitragen, dass Gemeinden Krisen künftig besser bewältigen können. In Tabelle 27 werden hierfür vier Aufgabenfelder vorgeschlagen, um Reformen in Richtung mehr Resilienz anzustoßen. Es wird empfohlen vorerst mit einer Status-quo-Analyse zu starten, darauf basierend die Ziele der Weiterentwicklung des Finanzausgleichs zu definieren und konkrete Maßnahmen in den Bereichen Governance und Instrumente zu entwickeln. Im folgenden Text werden die vorgeschlagenen Maßnahmen in den vier Aufgabenfeldern näher beschrieben. Tabelle 27: Aufgabenfelder zur Weiterentwicklung eines resilienten Finanzausgleichs Aufgabenfelder Hauptfragen STATUS-QUOWo liegen aktuell die Stärken und ANALYSE Schwächen hinsichtlich Resilienz?

ZIELE

GOVERNANCE

FINANZAUSGLEICHSINSTRUMENTE

Welche Schlüsse können aus der Status-quo-Analyse gezogen werden? Welche Ziele sollen hinsichtlich Resilienz verfolgt werden? Wie soll eine Resilienzstrategie für den Finanzausgleich unter Berücksichtigung von potenziellen Schocks/chronischen Krisen aussehen? Welcher Anpassungen bedarf es hinsichtlich der vertikalen und horizontalen Koordination und Steuerung?

Mögliche Maßnahmen (1) Studie zur Evaluierung des Resilienz-Status im Finanzausgleich (Governance und Instrumente) (2) Definition der Anforderungen an einen resilienten Finanzausgleich (3) Ebenen-übergreifender Prozess zur Weiterentwicklung des Finanzausgleichs (z.B. Integration bei FAG-Verhandlungen)

(4) Entwickeln einer Resilienzstrategie (z.B. Integration bei FAG-Verhandlungen)

(5) Projekte zur Intensivierung der ebenenübergreifenden Steuerung (z.B. gleichberechtigte Einbindung der Gemeinden bei Art. 15a-Vereinbarungen) (6) Projekte zur Intensivierung der horizontalen Steuerung zwischen Gemeinden (z.B. stärkere Förderung von Gemeindekooperationen bei BZ-Mitteln) Welche Anpassungen braucht es bei (7) Ganzheitliche Ausrichtung des Finanzausgleichs Instrumenten, um die Lücken nach Resilienzkriterien (mit Schwerpunkten Robustheit und Anpassungsfähigkeit) bezüglich Resilienz zu verringern bzw. zu schließen?

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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ANSATZPUNKTE ZUR STÄRKUNG DER RESILIENZ DER GEMEINDEFINANZEN

(1) Status quo: Studie zur Evaluierung des Resilienz-Status im Finanzausgleich Ein wesentlicher Aspekt zur Stärkung der Resilienz im Bereich der Gemeindefinanzen ist die Anpassung der Rahmenbedingungen für Gemeinden durch den Finanzausgleich. Eine Studie zur Evaluierung des Resilienz-Status im Finanzausgleich könnte hier eine wichtige Ausgangsbasis für weitere Entscheidungen betreffend einer nachhaltigen Weiterentwicklung des Finanzausgleichssystems sein. Neben den Instrumenten des Finanzausgleichs wären dabei insbesondere auch die Governance-Strukturen und -Prozesse mit dem Fokus Resilienz neu zu bewerten. Die zahlreichen Aufgaben- und Finanzierungsverflechtungen zwischen den Ebenen verdeutlichen die intensiven Wechselbeziehungen innerhalb des Finanzausgleichs. Eine isolierte Reform der Gemeindefinanzen zur Erhöhung der Resilienz ist daher wenig zielführend, weshalb es einer Evaluierung des gesamten Finanzausgleichssystems – samt zugehöriger Governance – bedarf, welches alle drei Gebietskörperschaftsebenen inkludiert. Eine Status-quo-Analyse zur Resilienz im Finanzausgleich sollte dabei insbesondere die Erfüllung der Anforderungen an Robustheit und Anpassungsfähigkeit berücksichtigen. Dies kann beispielsweise die folgenden Themen umfassen:     

  

Entscheidungs- und Koordinierungsstrukturen sowie -prozesse Organisationale Innovationsfähigkeit und Flexibilität Ausmaß an Autonomie und damit verbundene Handlungsspielräume zur Prävention und Bewältigung von Krisen Instrumente zur Risikoabwägung sowie Krisenpläne in Bezug auf potenzielle Krisen Mittel- bis langfristige Instrumente zur Steigerung von Robustheit und Anpassungsfähigkeit (z.B. Einnahmendiversität, Fiskalregeln, Planungssicherheit, Transparenz) Eignung der bestehenden Finanzausgleichsinstrumente zur akuten Krisenbewältigung bzw. vorhandene Kriseninstrumente vertikale und horizontale Ausgleichsinstrumente bei unterschiedlicher horizontaler oder vertikaler Betroffenheit und Ausgangslage kurz- und langfristige Auswirkungen von Krisen auf die sub-nationale Leistungserbringung

(2) Status quo: Definition der Anforderungen an einen resilienten Finanzausgleich Durch die bereits bewältigten bzw. in Bewältigung befindlichen Schocks und chronischen Krisen und steigenden Bedrohungen infolge des Klimawandels gewinnt das Thema Resilienz zunehmend an Bedeutung. Gerade im Bereich des Finanzausgleichs mangelt es jedoch an wissenschaftlichen Grundlagen zu den Anforderungen an einen resilienten Finanzausgleich in Österreich, welche als Basis für eine Evaluierung und für die Weiterentwicklung des Finanzausgleichs herangezogen werden können. Zusätzlich kann der Einbezug der Praxis – daher der Politik und Verwaltung – hier wertvolle Impulse zur Definition der Anforderungen an einen resilienten Finanzausgleich geben.

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ANSATZPUNKTE ZUR STÄRKUNG DER RESILIENZ DER GEMEINDEFINANZEN

(3) Ziele: Ebenen-übergreifender Prozess zur Weiterentwicklung des Finanzausgleichs Erfahrungen mit bisherigen Reformansätzen zum Finanzausgleich haben gezeigt, dass diese oftmals an unklaren Zielsetzungen, unterschiedlichen Interessen sowie mangelhaftem Projektmanagement scheiterten (Rechnungshof Österreich, 2021; Bauer et al., 2019). Insofern wäre es wichtig, aus den Mängeln der bisherigen Prozesse zu lernen und mehr Fokus auf eine gemeinsame Zielentwicklung und -ausrichtung sowie ein verbessertes Projektmanagement zu legen. Die Ergebnisse der Status-quo-Analyse bilden eine zentrale Basis für die Erarbeitung einer Resilienzstrategie mit konsensualen Zielsetzungen und konkreten Anforderungen. In Bezug auf die Zielrichtung der weiteren Reformschritte wäre beispielsweise zu diskutieren:       

  

Welche Krisenszenarien sollen in einem etwaigen Resilienzkonzept des Finanzausgleichs berücksichtigt werden? Wie weit soll der Finanzausgleich als „Versicherungssystem“ für den Krisenfall dienen? Welchen Autonomiegrad bzw. welche Einschränkungen der finanziellen Handlungsspielräume sollen die sub-nationalen Gebietskörperschaften haben? Trägt eine Stärkung der Abgabenautonomie der sub-nationalen Ebenen zur Resilienzsteigerung bei bzw. soll die Abgabenautonomie ausgebaut werden? Wie konjunktursensibel sollen die Budgets der sub-nationalen Gebietskörperschaftsebenen reagieren? In welchem Ausmaß sollen unterschiedliche Betroffenheiten oder Rahmenbedingungen ausgeglichen werden? In welchem Ausmaß soll eine Verschuldung der sub-nationalen Gebietskörperschaften möglich sein bzw. soll es Ausnahmen von Fiskalregeln für bestimmte Arten von Projekten geben (z.B. klimafreundliche oder soziale Infrastruktur)? Welche Anknüpfungspunkte bzw. Wechselbeziehungen sollen mit diversen Steuerungsinstrumenten der verschiedenen Ebenen des Staates bestehen? Welche Infrastruktur bzw. Dienstleistung soll auch im Krisenfall gesichert sein? Wann und in welchem Ausmaß sollen kurz- oder mittelfristige Anpassungen im Leistungsangebot möglich sein?

Eine Integration der Diskussion und Bestimmung der Zielsetzungen zur Resilienz wäre etwa im Rahmen der Vorbereitungen des nächsten Finanzausgleichsgesetzes bis Ende 2023 möglich. (4) Governance: Entwickeln einer Resilienzstrategie Auch die Entwicklung einer Resilienzstrategie für den Finanzausgleich könnte in den Finanzausgleichsverhandlungsprozess integriert werden. Basierend auf den definierten Zielsetzungen gilt es, ein Konzept zu entwickeln, welches die Resilienz aller drei Gebietskörperschaftsebenen gewährleistet. Dabei sind sowohl Maßnahmen in Bezug auf Anpassungen der Governance als auch von Instrumenten des Finanzausgleichs zu definieren. (5)/(6) Governance: Projekte zur Intensivierung der ebenen-übergreifenden und horizontalen Steuerung Zur Stärkung der Robustheit und Anpassungsfähigkeit betreffend der Governance-Aspekte des Finanzausgleichs bieten sich Projekte zur Intensivierung der ebenen-übergreifenden sowie horizontalen Steuerung an.

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ANSATZPUNKTE ZUR STÄRKUNG DER RESILIENZ DER GEMEINDEFINANZEN

Im Bereich der ebenen-übergreifenden Steuerung wären dies etwa Projekte, welche eine intensive und kontinuierliche Einbindung der Gemeindeebene in Entscheidungsprozesse des Bundes und der Länder sichert – sowohl im Krisenfall als auch in Nicht-Krisen-Phasen. Dies betrifft etwa das Schaffen einer Möglichkeit der gleichberechtigten Einbindung der Gemeinden bei Art. 15a-Vereinbarungen, wenn die Gemeinden unmittelbar betroffen sind (z.B. Ausbau Kinderbetreuungseinrichtungen). Am Beispiel des Klimaschutzes könnten die nationalen Strategien in einem gemeinsamen Prozess auf die sub-nationalen Ebenen heruntergebrochen werden. Zu nennen sind weiters die Implementierung von mehrmals jährlich tagenden ebenenübergreifenden Koordinierungs- und Steuerungsgremien (über das Koordinierungskomitee im Zuge des Österreichischen Stabilitätspaktes hinaus). In Bezug auf Anpassungen der horizontalen Steuerung wären stärkere Anreize für Kooperationen und Fusionen auf Gemeindeebene denkbar. Wie anhand zahlreicher Förderprogramme im Bereich des Klimaschutzes sowie der Klimawandelanpassung ersichtlich, besteht hier ein Potenzial zu einer verbesserten regionalen Abstimmung der Infrastrukturen und Leistungsangebote. Weitere Potenziale betreffend gesamtstaatlicher Steuerung und Kooperation bestehen in der Nutzung bereits vorhandener Strategien und Steuerungsansätze. Zu nennen sind hier beispielsweise die SDGs, welche einen ganzheitlichen und nachhaltigen Steuerungsansatz verfolgen. (7) Instrumente: Ganzheitliche Ausrichtung des Finanzausgleichs nach dem Resilienzaspekt Um die bestehenden Instrumente des Finanzausgleichs gemäß dem Resilienzkonzept weiterzuentwickeln, bestehen vielfältige Ansatzpunkte. Nachfolgende Übersicht zeigt mögliche Anknüpfungspunkte, welche zur Steigerung der Resilienz der Gemeindefinanzen beitragen können. Welche Maßnahmen schlussendlich umgesetzt werden sollen, hängt von dem zuvor entwickelten Resilienzkonzept ab. Die Übersicht bietet eine mögliche Orientierungshilfe. Tabelle 28: Mögliche Instrumente zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen Maßnahmenbereich Sicherstellen der Handlungsfähigkeit der Gemeinden im Krisenfall und Stärken der Gemeindeautonomie

Mögliche Instrumente * Abbau der Finanzierungsverflechtungen (insbesondere Transferentflechtung und -reduktion zwischen Ländern und Gemeinden) * Stärkung der Abgabenautonomie der Gemeinden und erweitern der Spielräume (z.B. Grundsteuerreform mit größeren Bandbreiten an Hebesätzen inkl. Steigerung des Aufkommens, Klären der rechtlichen Vorgaben bezüglich Gebühren) – dient auch zur Sicherstellung der Einnahmendiversität und Flexibilität * gleichberechtigte Einbindung der Gemeindeebene bei Entscheidungen/Strategien des Bundes und der Länder, welche die Gemeinden unmittelbar betreffen (z.B. bei Art. 15a-Vereinbarungen, nationale Strategien im Bereich Klimaschutz)

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ANSATZPUNKTE ZUR STÄRKUNG DER RESILIENZ DER GEMEINDEFINANZEN

Krisenpläne und Instrumente zur Risikoabwägung

* Entwickeln von Krisenplänen für ausgewählte Schocks (z.B. Wirtschaftskrise, Naturereignisse) * Entwickeln eines Monitoringsystems zur Erkennung unterschiedlicher Betroffenheiten (vertikal sowie horizontal)

Kriseninstrumente

* Definition von Instrumenten, welche bei Schocks automatisch ausgelöst werden (Instrumente in Abhängigkeit der Krisenart), wie z.B. Entlastungen im Umlagenbereich, Bundesförderungen * Festlegen von „Benchmarks“, ab wann Kriseninstrumente auszulösen sind * Berücksichtigung von Indikatoren bei der Ertragsanteilsverteilung, welche sich auf chronische Krisen beziehen (z.B. demografische Indikatoren) * Einführen von Mindeststeigerungen bei den Ertragsanteilen

Ergänzende Instrumente und Maßnahmen zur Steigerung von Robustheit und Anpassungsfähigkeit

* Erhöhen der Transparenz im Transferbereich (z.B. Umlagen, Gemeinde-Bedarfszuweisungen) * Erstellen von Förderprogrammen in Aufgabenfeldern der kritischen Infrastruktur und Daseinsvorsorge, in welchen derzeit Lücken bestehen (z.B. städtischer ÖV, thermische Sanierung von kommunalen Gebäuden) * Erweiterung der Fiskalregeln des ÖStP um eine goldene Regel, mit dem Zweck klimafreundliche und soziale Infrastrukturinvestitionen zu sichern * konjunkturabhängige fiskalpolitische Vorgaben (z.B. Förderung des Sparens in konjunkturell guten Phasen) * Förderung von betriebswirtschaftlichen Instrumenten bzw. Management-Ansätzen innerhalb der Gemeinde, welche zur Resilienzsteigerung beitragen können (z.B. Resilienzstrategien einzelner Gemeinden)

vertikale und horizontale Ausgleichsinstrumente

* Einführen eines Monitorings des vertikalen Finanzausgleichs, um Verschiebungen bei den Leistungsanforderungen sowie in der Finanzierungslast zu erkennen – in weiterer Folge auch Instrumente zur Anpassung von Verschiebungen im vertikalen Gefüge * Umsetzung eines ganzheitlich ausgerichteten aufgabenorientierten Finanzausgleichs (daher StellvertreterIndikatoren statt Aufgabenorientierung in einem isolierten Aufgabenbereich) – zur Berücksichtigung untersch. Betroffenheiten und zur Steigerung der Anpassungsfähigkeit * Schaffen von Anreizwirkungen betreffend Gemeindekooperationen und -fusionen

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ANSATZPUNKTE ZUR STÄRKUNG DER RESILIENZ DER GEMEINDEFINANZEN

Daseinsvorsorge und kritische Infrastruktur

* Definition und Abgrenzung von kritischer Infrastruktur * Schaffen einer bundesweiten Datenlage betreffend kritischer Infrastrukturen (inkl. Versorgungssicherheit in Krisen) * Resilienzstrategien für ausgewählte Aufgabenbereiche der Daseinsvorsorge und kritischen Infrastruktur * Förderung der regionalen Abstimmung von kommunalen Infrastrukturen und Dienstleistungen (etwa durch Schaffen eines Regionalfonds) * regelmäßige Erhebungen betreffend Investitionsrückstand auf kommunaler Ebene im Daseinsvorsorgebereich

Ergänzende Instrumente zur Bewältigung der Klimakrise

* Integration von klimabezogenen Indikatoren bei der Ertragsanteilsverteilung (z.B. zur Sicherung des Betriebes des öffentlichen Verkehrs, Anreize zur Senkung des Bodenverbrauchs) * Einbezug von klimabezogenen Aspekten bei gemeindeeigenen Abgaben (Beispiel Grundsteuer: höhere Fördersätze bei unbebauten Baugrundstücken zwecks Baulandmobilisierung und/oder Berücksichtigung der Bebauungsdichte; Beispiel Gebühren: Stärken von Lenkungseffekten; Beispiel Nahverkehrsabgabe) * Schaffen eines ÖV-Stadtregionalfonds zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit des laufenden Betriebes sowie von Investitionen von städtischen und stadtregionalen Verkehren

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Prozess: Einbindung in die Finanzausgleichsverhandlungen Wenngleich viele Reformthemen, welche auch die Resilienz der Gemeindefinanzen steigern können – z.B. Reduktion der Transferabhängigkeiten – bereits seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten diskutiert werden, wäre der Resilienzansatz eine Möglichkeit, die Finanzausgleichsreform auf das Ziel der Stärkung der Resilienz für alle drei Gebietskörperschaftsebenen auszurichten. Die aktuelle Finanzausgleichsperiode dauert nach aktuellem Stand bis Ende 2023. Die bis dahin verbleibende Zeit bietet die Gelegenheit, sich verstärkt des Themas anzunehmen. Als Ausgangspunkt wäre eine Analyse des aktuellen Finanzausgleichssystems zweckmäßig, um die aktuellen Stärken und Schwächen in Bezug auf die Resilienz herauszuarbeiten. Dabei sollten mehrere potenzielle Krisen im Fokus stehen – von Blackouts über die Pandemie bis zum Klimawandel, um nur einige Beispiele zu nennen.

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ANHANG

VII Anhang 1

Ergänzende Übersichten und Abbildungen

Abbildung 25: Bereiche des Gemeindebudgets mit finanziellen Auswirkungen von Hochwasserereignissen

Quelle: (Loibl et al., 2018)

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ANHANG

2

Verzeichnisse

2.1

Abkürzungsverzeichnis

ABS

abgestufter Bevölkerungsschlüssel

BIP

Bruttoinlandsprodukt

B-VG

Bundesverfassungsgesetz

BZ

Gemeinde-Bedarfszuweisungen

CLLD

Lokale Entwicklung durch örtliche Bevölkerung (Community-Led Local Development) in Zusammenhang mit LEADER

COVID

coronavirus disease

CVD

Clean Vehicle Directive

EU

Europäische Union

F&E

Forschung und Entwicklung

FAG

Finanzausgleichsgesetz

F-VG

Finanz-Verfassungsgesetz

GK

Gebietskörperschaften

KEM

Klima- und Energie-Modellregionen

KIP

Kommunales Investitionsprogramm

KLAR

Klimawandelanpassungs-Modellregionen

KLIEN

Klima- und Energiefonds

LAGs

Lokale Aktions-Gruppen in Zusammenhang mit LEADER

LEADER

Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft (Liaison entre actions de développement de l'économie rurale)

lfd.

laufend

NEKP

Nationaler Energie- und Klimaplan

ÖPNV

öffentlicher Personennahverkehr

ÖStP

Österreichischer Stabilitätspakt

ÖV

öffentlicher Verkehr

SDGs

Sustainable Development Goals

SWW

Siedlungswasserwirtschaftsfonds

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ANHANG

2.2

Literatur- und Quellenverzeichnis

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ANHANG

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ANHANG

Mitterer, K. (2021). Erste Einschätzung der Städte zur Corona-Krise. https://www.kdz.eu/de/presse/staedtebund-fordert-von-bund-investitionsprogramm-fuergemeinden Mitterer, K., Biwald, P., & Seisenbacher, M. (2021). Österreichische Gemeindefinanzen 2021— Entwicklungen 2009 bis 2022. Stadtdialog. https://www.kdz.eu/de/wissen/studien/stadtdialogoesterreichische-gemeindefinanzen-2021-entwicklungen-2009-bis-2022 Mitterer, K., Haindl, A., Hochholdinger, N., Bröthaler, J., Getzner, M., Kramar, H., & Strohmayer, F. (2016). Bestimmung der regionalen Versorgungsfunktion von Gemeinden. https://www.bmf.gv.at/themen/budget/finanzbeziehungen-laender-gemeinden/studien-reformfinanzausgleich.html Mitterer, K., & Hochholdinger, N. (2020). Auswirkungen der Corona-Krise auf die Städte. Befragungsergebnisse einer Erhebung im Auftrag des Österreichischen Städtebundes im Zeitraum Mitte-Ende Mai 2020. https://www.kdz.eu/de/wissen/studien/auswirkungen-dercorona-krise-auf-die-staedte Mitterer, K., & Hochholdinger, N. (2021). 2. Kurzabfrage zur Entwicklung der Finanzen in Städten. Erhebungszeitraum April/Mai 2021. KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung. https://www.kdz.eu/de/wissen/studien/2-kurzabfrage-zur-entwicklung-der-finanzen-staedten OECD. (o. J.). Resilient Cities. Abgerufen 19. Juli 2021, von https://www.oecd.org/regional/resilientcities.htm Raudla, R., Douglas, J., Randma-Liiv, T., & Savi, R. (2015). The Impact of Fiscal Crisis on DecisionMaking Processes in European Governments: Dynamics of a Centralization Cascade. Public Administration Review, 75. Rechnungshof Österreich. (2021). Reformprojekte im Rahmen des Finanzausgleichs. Bericht des Rechnungshofes, Reihe BUND(2021/17). Resilienz Akademie. (o. J.). Resilienz Definition. https://www.resilienz-akademie.com/. Abgerufen 19. Juli 2021, von https://www.resilienz-akademie.com/resilienz/ Resilienz (Psychologie). (2021). In Wikipedia. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Resilienz_(Psychologie)&oldid=210125268 Steccolini, I., Jones, M. D. S., & Saliterer, I. (Hrsg.). (2017). Governmental Financial Resilience: International Perspectives on How Local Governments Face Austerity. Emerald Group Publishing. Steininger, K. W., Bednar-Friedl, B., Knittel, N., Kirchengast, G., Nabernegg, S., Williges, K., Mestel, R., Hutter, H.-P., & Kenner, L. (2020). Klimapolitik in Österreich: Innovationschance Coronakrise und die Kosten des Nicht-Handelns. Graz. https://unipub.unigraz.at/obvugrveroeff/content/titleinfo/5201636 The Rockefeller Foundation & ARUP. (2015). City Resilience Framework. Thöne, M. (2021). Was ein Finanzausgleich zur Krisenbewältigung beitragen kann. In Krisenfester Finanzausgleich. Herausforderungen und Optionen zur Krisenbewältigung. NWV Verlag. Umweltbundesamt. (2020). KLAR! 2020 Klimawandel-Anpassungsmodellregionen, Fachliches Informationspaket2020. Urban Innovation Vienna. (2018). Resilient Cities 2018—Studie im Auftrag der Stadt Wien. https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/studien/pdf/b008555.pdf Walker, B., & Salt, D. (2012). Resilience Thinking: Sustaining Ecosystems and People in a Changing World. Island Press. World Economic Forum. (2020). The Global Risks Report 2020, 15th Edition. http://www3.weforum.org/docs/WEF_Global_Risk_Report_2020.pdf

99 21.10.21


ANHANG

2.3

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Analyseraster zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen 7 Abbildung 1: Konzept der Resilienz für den Stresstest Stadt 18 Abbildung 2: Zwei unterschiedliche Krisentypen 19 Abbildung 3: The Global Risks Landscape 2020 20 Abbildung 4: Resilienz-Phasen 21 Abbildung 5: Die acht Daseinsgrundfunktionen 24 Abbildung 6: Effekte von Wirtschaftskrisen auf die kommunalen Ebenen 27 Abbildung 7: Anknüpfungspunkte der Resilienz der Gemeindefinanzen 28 Abbildung 8: Finanzausgleich im weiteren und engeren Sinn 30 Abbildung 9: Resilienz des Finanzausgleichs 31 Abbildung 10: Analyseraster zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen 40 Abbildung 11: Indikatoren der Resilienz-Variable Robustheit 41 Abbildung 12: Indikatoren der Resilienz-Variable Anpassungsfähigkeit 42 Abbildung 13: Verteilung und Entwicklung der laufenden Einnahmen und Kapitaltransfereinnahmen nach Einnahmenkategorien, 2009 bis 2019 44 Abbildung 14: Indexentwicklung der ordentlichen Ausgaben und Investitionen nach Aufgabenbereichen, 2009 bis 2019 45 Abbildung 15: Indexentwicklung laufende Ausgaben und Kapitaltransferausgaben, Investitionen, Verschuldung, Finanzkraft vor Transfers und Finanzkraft nach Transfers, 2009 bis 2019 46 Abbildung 16: Indexentwicklung der laufenden Einnahmen und Kapitaltransfereinnahmen nach Bundesland, 2009 bis 2019 47 Abbildung 17: Konsequenzen eines sinkenden Überschusses der operativen Gebarung 51 Abbildung 18: Gemeindefinanzprognose: Öffentliche Sparquote in Prozent nach Varianten, 20192024 (Stand Juni 2021) 52 Abbildung 19: Einnahmenstruktur der Gemeinden 2018 und erwartbare Mindereinnahmen 53 Abbildung 20: Wachstumsbeiträge der Sektoren in Stadt und Land (für 2020, in %) 56 Abbildung 21: Die klimafreundliche Gemeinde 59 Abbildung 22 Förderstrukturen im Klima- und Energiebereich 64 Abbildung 23 Aufgaben der Gemeinden im Rahmen der drei Phasen des Katastrophenmanagements 68 Abbildung 26: Bereiche des Gemeindebudgets mit finanziellen Auswirkungen von Hochwasserereignissen 95

100 21.10.21


ANHANG

2.4

Tabellenverzeichnis

Tabelle 26: Aufgabenfelder zur Weiterentwicklung eines resilienten Finanzausgleichs 11 Tabelle 1: Die Resilienz bestimmende Grundsätze und Instrumente 32 Tabelle 2: Regelungsbereiche des Finanzausgleichsgesetzes 2017 33 Tabelle 3: Regelungsbereiche des Österreichischen Stabilitätspaktes 2012 34 Tabelle 4: Regelungsbereiche weiterer bundes- und landesgesetzlicher Regelungen sowie 15aVereinbarungen 35 Tabelle 5: Entwicklung zentraler Finanzgrößen 2009 bis 2019 48 Tabelle 6: Auswirkungen der Pandemie auf die Gemeindefinanzen 54 Tabelle 7: Unterschiedliche Betroffenheiten der Gemeinden am Beispiel ausgewählter Einnahmengrößen 55 Tabelle 8: Pandemie – Krisenbezogene Instrumente 57 Tabelle 9: Instrumente zur Bewältigung der Klimakrise 61 Tabelle 10: Finanzielle (beispielhafte) Einflüsse der Klimakrise (Klimaschutz und Klimawandelanpassung) auf die Gemeinden 66 Tabelle 11: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension Governance 72 Tabelle 12: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen 73 Tabelle 13: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen 74 Tabelle 14: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension Governance 75 Tabelle 15: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen 76 Tabelle 16: Einschätzung zur Robustheit in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen 77 Tabelle 17: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Governance 78 Tabelle 18: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen 79 Tabelle 19: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen 80 Tabelle 20: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Governance 81 Tabelle 21: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen 82 Tabelle 22: Einschätzung zur Anpassungsfähigkeit in der Dimension Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen 83 Tabelle 23: Einschätzung der Resilienz am Beispiel Wirtschaftskrise/Pandemie und Klimakrise im Überblick – Governance 84 Tabelle 24: Einschätzung der Resilienz am Beispiel Wirtschaftskrise/Pandemie und Klimakrise im Überblick – Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen 86 Tabelle 25: Einschätzung der Resilienz am Beispiel Wirtschaftskrise/Pandemie und Klimakrise im Überblick – Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen 87 Tabelle 26: Aufgabenfelder zur Weiterentwicklung eines resilienten Finanzausgleichs 89 Tabelle 27: Mögliche Instrumente zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen 92

101 21.10.21



KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at


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2.3 Abbildungsverzeichnis

1min
page 100

2.4 Tabellenverzeichnis

1min
pages 101-103

2.2 Literatur- und Quellenverzeichnis

5min
pages 97-99

VI Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen

9min
pages 89-94

3.3 Finanzielle Auswirkungen

4min
pages 65-69

3 Gesamteinschätzung

9min
pages 84-88

V Einschätzung zum Resilienz-Status

1min
page 70

2.2 Finanzielle Auswirkungen und eingesetzte Instrumente

7min
pages 52-57

4 Kommunale Aufgabenerbringung

7min
pages 21-25

2.2 Instrumente, welche die Resilienz der Gemeindefinanzen bestimmen

4min
pages 32-35

3 Für Gemeinden relevante Krisen und Schocks

2min
pages 19-20

3 Erst-Einschätzung zur Resilienz der Gemeindefinanzen

4min
pages 8-9

2 Analyseraster zur Resilienz von Gemeindefinanzen

1min
page 7

2 Kommunale Resilienz

3min
pages 16-18

2.2 Analyserahmen und Indikatoren des Analyserasters

4min
pages 39-42

4 Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen

2min
pages 10-11
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