Kultur
WIE WOLLEN SIE LEBEN? Sommerspiele Melk 2021: Zehn Minidramen stellen aufwühlende, bewegende, amüsante Fragen. Wir diskutieren unsere mit drei Schauspielerinnen unterschiedlicher Generationen. Wir fragen auch Sie, eine Antwort wird belohnt. Text: Viktória Kery-Erdélyi
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Fotos: Georg Buxhofer, Daniela Matejschek/Wachaukultur Melk, Zofia Jasinska, Carlos Anthonyo
in Freitagabend im April-Lockdown. Wir treffen uns via Skype: mit Beatrice Fago, Dagmar Bernhard und Serapia Lentsch (siehe Kurzbios S107).
NIEDERÖSTERREICHERIN: Zehn Autorinnen und Autoren schrieben je ein Minidrama: „Die 10 Gebote. #wiewirlebenwollen“ lautet der Titel der Produktion für die Sommerspiele Melk. Sie werden auf der Bühne stehen. Mit welchen Gedanken und Gefühlen gehen Sie in die Probenarbeit? Dagmar Bernhard: Ich freue mich total auf das Proben und wieder Leute zu treffen. Jede Autorin und jeder Autor hatte freie Hand, zu den zehn Geboten zu assoziieren; da sind ein paar Schocker dabei, aber auch viele Augenzwinkerer. Das braucht es diesen Sommer besonders, dass wir uns um Freude bemühen. Beatrice Fago: Das stimmt. Einiges ist schwere Kost, einiges kommt mit viel Leichtigkeit daher bzw. ist sehr schön philosophisch. Für uns persönlich ist es besonders schön, hoffentlich auch wieder unsere Freunde in Österreich sehen zu können (Beatrice Fago lebt in Deutschland, Anm.). Serapia Lentsch: Das wird unglaublich spannend, wie diese zehn Texte zu einem werden. Außerdem freue ich mich,
mit tollen Schauspielerinnen und Schauspielern zusammenzuarbeiten. Bist du gerade im Distance Learning? Ja und ich habe gerade echt Stress, weil ich in den nächsten drei Wochen alle Schularbeiten habe. Ich besuche eine Modeschule, der Praxisunterricht konn-
Die Pandemie ist eine Ego-Prüfung. Niemand schafft es allein, es geht nur zusammen. Dagmar Bernhard, Schauspielerin
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te kaum stattfinden; ich verliere total viel Stoff, was sehr schade ist. Ob gläubig oder nicht, können Sie den zehn Geboten an sich etwas abgewinnen? Beatrice: Die zehn Gebote beeinflussen unser Leben und unsere Zivilisation seit Jahrhunderten. Du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht lügen, … Das sind entscheidende Sachen, die man verinnerlichen sollte. Nun lehrt uns jede Zeit, dass diese Gebote mehr als gebrochen werden. Das Entscheidende ist, sich so zu verhalten, dass man sich noch selbst im Spiegel anschauen kann. Das hat etwas mit Respekt zu tun: vor Menschen und der Natur. Was bedeutet für Sie Freiheit? Und wie hat Corona den Begriff verändert? Beatrice: Jetzt im Moment bin ich für einen absoluten Lockdown, um die Infektionszahlen in den Griff zu kriegen (das Interview fand am 16. April statt, Anm.). Aber: Freiheit ist für mich, hinzufahren, wohin man will, Menschen zu sehen, die ich möchte. Freiheit bedeutet aber auch politische Verantwortung; oft wird sie missverstanden, manche glauben, es bedeutet, machen zu können, was man will. Ich denke gerade an jene, die mit Verschwörungstheorien hausieren gehen und die Gesundheit vieler gefährden. Da