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Mittelstand 6/2020 | Dezember 2020/Januar 2021 | 4,90 Euro
Themenschwerpunkt: Vertrieb
Das Unternehmermagazin
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DER MITTELSTAND. 6 | 2020
Verpflichtung zum Erfolg
Markus Jerger BVMW Bundesgeschäftsführer
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ehr als 20 Jahre stand Mario Ohoven an der Spitze unseres Verbandes. Getreu seinem Lebensmotto „Erfolg heißt sich ändern“ formte er aus einem lokalen Unternehmerverein den größten, freiwillig organisierten Wirtschaftsverband Deutschlands, der auf allen politischen Ebenen erfolgreich für die Millionen Mittelständler und Selbstständigen kämpft. „Wenn der Mittelstand sich nicht wehrt, wird er weggekehrt“, lautete eine weitere Maxime unseres Präsidenten. Der Mittelstand.BVMW bildet eine starke Schutzgemeinschaft für seine Mitglieder und den Mittelstand insgesamt. Das ist heute wichtiger denn je: Nie waren Wachstum und Wohlstand, nie war unsere Soziale Marktwirtschaft stärker gefährdet als heute. Die Corona-Pandemie hat Deutschland vor historisch einmalige Herausforderungen gestellt. Zehntausende Mittelständler und Selbstständige haben mit existenzgefährdenden finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, es droht eine Insolvenzwelle nie gekannten Ausmaßes. Allein der Einzelhandel rechnet mit bis zu 50.000 Pleiten.
Foto: © Annemarie Thiede
Daraus resultiert eine besondere Verantwortung der Bundesregierung: Sie muss die Pandemie eindämmen, ohne die Wirtschaft abzuwürgen. Wir stehen der Politik dabei zur Seite – mit Kritik und konstruktiven Lösungen. So konnte unser Verband für die Mitglieder, für den deutschen Mittelstand, in der Corona-Krise entscheidende Erfolge erzielen: n Die Soforthilfen und Überbrückungshilfen wurden auf Drängen des BVMW mittelstandsfreundlich nachgebessert n Nahezu im Alleingang hat der BVMW die Aufstockung der Haftungsübernahme für den KfW-Schnellkredit auf 100 Prozent durchgesetzt n Es ist vor allem dem Einsatz des BVMW zu verdanken, dass die Bonuszahlungen an Arbeitnehmer in diesem Jahr für alle Branchen von Steuern und Abgaben befreit wurden. Auch in Zukunft werden wir die Politik kritisch-konstruktiv begleiten. Denn es geht um den langfristigen Erhalt unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Dazu müssen die Millionen Mittelständler und Selbstständigen endlich bei Steuern und Abgaben entlastet werden. Deutschland braucht, kurz gesagt, eine Agenda 2025. Kernforderungen sind:
n Radikalreform der Unternehmenssteuer n Rücknahme der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge n Deckelung der Lohnzusatzkosten bei 40 Prozent n Abbau von Bürokratielasten n Vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags n Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags n Entfristung der degressiven AfA. Deutschland ist vom Virus des Schuldenmachens befallen. Umso nachdrücklicher wird der BVMW eine nachhaltige Finanzpolitik von der Bundesregierung einfordern. Nach Berechnungen des Topökonomen Professor Bernd Raffelhüschen, der dem Wissenschaftlichen Beirat unseres Verbandes angehört, wächst der Schuldenberg in der Krise auf über 400 Prozent des BIP. Gleichzeitig leistet sich Deutschland einen intransparenten, aufgeblähten Sozialbereich, und auch dies auf Pump. Der Sozialstaat ist 2019 das fünfte Jahr in Folge schneller gewachsen als unsere gesamte Wirtschaft. Die Kosten für Sozialleistungen aller Art summierten sich im Vorjahr erstmals auf mehr als eine Billion Euro. Steigende Sozialabgaben und Lohnzusatzkosten sind Gift für den Mittelstand. Die Unternehmen können weniger investieren, was Wachstum, Arbeitsplätze und letztlich den Wohlstand von Morgen kostet. Hier ist die Politik gefordert. Sie muss den Wildwuchs des Sozialstaats beschneiden und eine Ausgabenbremse einbauen – gerade jetzt! Es gehe jetzt darum, „Krisenbewältigung mit Zukunftspolitik zu kombinieren“, hat Mario Ohoven der Bundesregierung in das Stammbuch geschrieben. Wirtschaft und Politik müssen sich gemeinsam den Herausforderungen stellen. Der BVMW ist dazu bereit. So erfüllen wir das Vermächtnis Mario Ohovens und sichern den Erfolg auch in der Zukunft.
Markus Jerger
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DER MITTELSTAND. 6 | 2020
„Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen der Mitmenschen.“ Albert Schweitzer In tiefempfundener Trauer nimmt der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) Abschied von seinem
Mittelstandspräsidenten
Mario Ohoven 18. Mai 1946 – 31. Oktober 2020
Mario Ohoven war eine charismatische Persönlichkeit, ein visionärer und zupackender Unternehmer und ein außergewöhnlicher Mensch, der wie kein anderer über zwei Jahrzehnte hinweg Gesicht, Stimme und Gewissen des Mittelstandes in Deutschland war. Den BVMW mit seinen heute 340 Geschäftsstellen und 60 eigenen Auslandsbüros hat Mario Ohoven mit viel Herzblut als Präsident zum größten freiwillig organisierten Mittelstandsverband Deutschlands aufgebaut. Seinen Traum vom ersten Tag an, den Mittelstand zu vereinen und gemeinsam die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen zu vertreten, hat er verwirklicht. Die Mittelstandsallianz spricht heute für 960.000 Mitglieder mit einer einzigen Stimme. Seiner Initiative verdanken Bundeswirtschaftssenat, Politischer Beirat, Wissenschaftlicher Beirat und Bundeskommissionen des BVMW ihre Gründung. Als europäischer Mittelstandspräsident hat Mario Ohoven den Mittelstandsverband European Entrepreneurs mit 35 Verbänden zum größten europäischen Mittelstandsnetzwerk entwickelt und ihn zum Sprachrohr des Mittelstandes in Brüssel gemacht. In Anerkennung seines erfolgreichen, motivierenden und inspirierenden Wirkens wurde Mario Ohoven zum Vizepräsidenten des Weltverbandes des Mittelstandes gewählt und erhielt im In- und Ausland zahlreiche Auszeichnungen. Wir verneigen uns in respektvoller Dankbarkeit vor dem unvergleichlichen Lebenswerk unseres Mittelstandspräsidenten Mario Ohoven. Er hat einen festen Platz in unseren Herzen. Unser tiefempfundenes Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und Enkeln. Die Gedanken und Gebete von uns allen sind bei seiner Familie.
Für den BVMW Vorstand und Geschäftsführung
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DER MITTELSTAND. 6 | 2020
Weggefährten trauern um Mario Ohoven Mittelstandspräsident Mario Ohoven wurde am 31. Oktober durch einen Verkehrsunfall unerwartet aus seinem Leben gerissen. Der Vorstand, der Bundesgeschäftsführer, die Mitarbeiter und die Mitglieder sind in tiefer Trauer um diesen Verlust vereint. Zahlreiche Politiker, Diplomaten und Wegbegleiter haben ihr Beileid auf der Webseite des BVMW oder in Social Media zum Ausdruck gebracht. Hier eine Auswahl:
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier „Die Nachricht vom plötzlichen Unfalltod des MittelstandsPräsidenten Mario Ohoven erschüttert mich sehr. Er hat Großes für die mittelständische Wirtschaft geleistet. Ich habe ihn sehr geschätzt. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Mitarbeitern.“ Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen „Mario Ohoven war eine starke und wichtige Stimme des Mittelstands für ganz Deutschland. Oft haben wir uns ausgetauscht, immer konkret, immer an der Sache orientiert. Sein plötzlicher Unfalltod macht mich tief betroffen. Wir in Nordrhein-Westfalen sind im Gedenken bei seiner Familie.” Dr. Katarina Barley, SPD; Bundesministerin a. D.; Mitglied des Europäischen Parlaments „Ein Charakterkopf, ein Paradiesvogel ist nicht mehr unter uns. In meiner Zeit im Politischen Beitrat des BVMW haben wir uns inhaltlich immer mit deutlichen Worten auseinandergesetzt. Der menschliche Respekt bleibt bis zum Ende.“ Bodo Ramelow, Ministerpräsident des Freistaates Thüringen „Wir waren nicht immer einer Meinung, aber ich habe Ihr Agieren für Ihre Mitgliedsunternehmen sehr geschätzt. Mit Ihnen geht eine gewichtige Stimme für den Mittelstand. Ich trauere mit den Angehörigen und sage Danke für Ihr beherztes Engagement!” Lars Klingbeil, Generalsekretär der SPD „Das ist sehr traurig. Wir waren nicht jedes Mal einer Meinung, aber wir haben gerne und respektvoll miteinander diskutiert. Ich bin sehr dankbar für die Zusammenarbeit.”
Alexander Graf Lambsdorff, Bundestagsabgeordneter der FDP; Mitglied des Politischen Beirats des BVMW „Das ist eine wirklich traurige Nachricht. Ohoven hatte eine Riesenklappe, aber auch Riesenerfolg. Er hat in der Politik wie kein Zweiter (!) für den Mittelstand gekämpft. Logisch, ich war nicht immer seiner Meinung, aber mit ihm hat auch Streiten Spaß gemacht.“ Dr. Gregor Gysi, Bundestagsabgeordneter der Fraktion DIE LINKE; Mitglied des Politischen Beirats des BVMW „Mario Ohoven galt zurecht als Mister Mittelstand – einfallsreich und in hohem Maße verantwortungsvoll. Es war mir eine wirkliche Freude, ihn kennenlernen zu können und unter seiner Präsidentschaft im Politischen Beirat des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft mitzuwirken.” Jürgen Braun, Bundestagsabgeordneter der AfD; Mitglied im Politischen Beirat des BVMW „Sein plötzlicher Tod erschüttert mich. Ich sehe Mario Ohoven, wie er vor dem Lockdown gewarnt hat. Leidenschaftlich wir immer. Der Mittelstand hat sein Herz und sein Gesicht verloren. Meine Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Mitarbeitern.“ Gabor Steingart, Journalist, Autor und Medienmanager Er war für viele eine wichtige Stimme der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland: Mario Ohoven. Wir sind heute Morgen in Trauer bei seiner Frau und den beiden Kindern, denen ich in dieser schweren Stunde zurufen möchte: Seit nicht nur traurig, seid auch stolz. Euer Vater war ein Original, keine Kopie. Er hat nicht nur gelebt, er hat gewirkt. Er war kein Kostgänger, sondern ein Motor dieses Landes. Das zählt und das bleibt.
Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP „Mario Ohoven war als Präsident des BVMW ein leidenschaftlicher und streitbarer Kämpfer für die Interessen des Mittelstandes. Er hinterlässt eine große Lücke. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.” Dr. Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD „Das macht mich sehr betroffen. Ich hatte mit Mario Ohoven in vielerlei Funktion lebhafte und erfrischende, immer am gemeinsamen Ziel eines starken Mittelstandes orientierte Debatten. Seine Stimme wird fehlen.”
Dieser Ausgabe liegt eine Sonderbeilage Nachruf Mario Ohoven bei.
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DER MITTELSTAND. 6 | 2020
IN DIESER AUSGABE 12
DEUTSCHLAND 8 News 10 Warum wir die Umsatzsteuer gesenkt haben 12 Mittelstands-Wohnungsbauprojekt bekommt Grundstück in Berlin 14 Erfolg heißt sich ändern 16 Kommentar: EEG-Novelle – der Mittelstand zahlt doppelt
EUROPA 18 News 20 GAIA-X – eine Dateninfrastruktur für Europa 22 Neu: deutsch-frankophoner Expertenkreis
Mittelstands-Wohnungsbauprojekt bekommt Grundstück in Berlin
306 Biden 78.695.552 Stimmen (50,9 %)
INTERNATIONAL
24
232 Trump
270 Wahlmänner um zu gewinnen
73.122,872 Stimmen (47,3 %)
24 Neustart der Beziehungen Deutschland und USA 26 BVMW startet Panama-Initiative 28 Chancenland Vietnam 30 Europa und Afrika – eine neue Partnerschaft für die Zukunft
SCHWERPUNKT
DC
Neustart der Beziehungen Deutschland und USA
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34 36 38 40 40 40 41 41 42 43 44 46 48 50 52 55 56
Aus gleichwertig wird einzigartig Chancen für den stationären Handel Print oder online? Hybrid! Best practices Vertrieb Kooperation und Networking als Erfolgsfaktoren Virtuelle Messen als Vertriebskanal Nie aufhören mit Schulen und Coachen Persönlicher Vertrieb – ein Erfolgsbaustein Messen versus Web Warum wir ein neues Verkaufskonzept brauchen Passgenau durch Vertrieb 4.0 Wie Ihr Onlineshop zur Erlebniswelt wird Vertriebsprozesse durch Digitalisierung optimieren Rechtlich sicher in den Onlinehandel Crowdfunding als Marketingtool Starker Auftritt: Die Stimme wirkt Vertrieb in Zahlen
BUNDESWIRTSCHAFTSSENAT 59 „Veränderung ist Teil unserer DNA“ 63 „Die Globalisierung lässt sich nicht zurückdrehen“ 66 Gipfeltreffen Königswinter
Chancen für den stationären Handel
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DER MITTELSTAND. 6 | 2020
SERVICE 70 News 72 Starke Frauen, starker Mittelstand 75 Auf Du und Du 76 Genossen als Nachfolger 77 Impressum 78 BVMW und DAK-Gesundheit: Gemeinsam für Gesundheit 80 Sichere Kanäle für Whistleblower 82 Digitalisierung verändert Personalwesen 83 Fachkräfte aus dem Ausland erfolgreich integrieren 84 Digitaler Wandel braucht Führung 86 Ökosysteme für Gründer 87 Neue Angebote der Mittelstandsallianz 88 Flexible Finanzierung für den Mittelstand 89 Mit Sale-and-lease-back Liquidität gewinnen 90 Finanztipp Abschied von der klassischen Lebensversicherung 91 Steuern auf den Punkt: Überbrückungshilfe – die Kosten trägt der Fiskus
80
Sichere Kanäle für Whistleblower
96
BVMW 92 News 96 Raumstation & Friends: Tischlerei der Zukunft 98 Photovoltaik neu gedacht 99 Lichtblick in Thüringen 100 Natürlich künstlich 101 Ausgezeichnete Unternehmenskultur 102 Mit Push-Apps gegen Warenkorbabbrecher 103 Schutz vor der Natur
KULTUR 104 Filmtipp: „Arbitrage“ 105 Serientipps 106 Einst Stasi-Zentrale – heute Ort der Aufklärung 108 BuchTipps 109 AppTipps 110 Nachgefragt: Malu Dreyer
Raumstation & Friends: Tischlerei der Zukunft
Sonderbeilage Nachruf Mario Ohoven
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DEUTSCHLAND
Deutschland
DER MITTELSTAND. 6 | 2020
News
Überbrückungshilfe erweitert Die Verlängerung der Überbrückungshilfe wurde bis Dezember 2020 von der Bundesregierung genehmigt. Dabei wurden konkrete Veränderungen der Hilfe für die folgenden Monate eingeführt: So wird die bisherige Umsatzeinbruchsgrenze von mindestens 60 Prozent nun auf 50 Prozent abgesenkt. Die Fördersätze wurden von 80 Prozent auf bis zu 90 Prozent der Fixkosten sowie die Personalkostenpauschale von 10 Prozent auf 20 Prozent erhöht. Eine besondere Regelung betrifft die Gastronomie und den Einzelhandel. Unternehmen, die trotz Öffnung mit reduzierter Kapazität fahren, können bereits bei einem Einbruch von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr Hilfe beantragen. Bisher wurden 280 Millionen Euro von 24,6 Milliarden eingeplanten Mitteln bewilligt. Durch die Senkung der Anforderungen der Antragsstellung könnte sich diese Zahl erhöhen.
EEG Novelle verabschiedet Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021 wurde im Bundeskabinett verabschiedet. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sieht in der EEG-Novelle ein klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz und mehr Erneuerbare Energien in Deutschland. Führende Verbände des Sektors für Erneuerbare Energien sehen dieses Gesetz jedoch deutlich weniger positiv als das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Es werde damit nicht verhindert, dass bestimmte Klima-Kipp-Punkte bereits 2030 überschritten werden. Solar- und Windkraftenergie würden nicht genug gefördert, um wichtige Klimaziele zu erreichen. Mittelständische Unternehmen sind seit Jahren mit stark steigenden Strompreisen konfrontiert und benötigen für die Zukunft klimafreundliche und preisgünstige Energie.
Digitalisierungsimpuls durch E-Rechnung
Antrag auf Bürokratieabbau Das Land Nordrhein-Westfalen hat zum 30. September einen Antrag in den Bundesrat eingebracht. In diesem fordert es, laufende und weitere Konjunkturprogramme durch breit aufgestellten Bürokratieabbau zu ergänzen. Enthalten sind unter anderem Forderungen zum Verzicht auf Vermögensteuer oder -abgabe und Transaktionssteuer, einstweiliger Verzicht auf ein Lieferkettengesetz oder die Entgeltgrenze für geringfügig Beschäftigte auf 530 Euro anzuheben. Die Abschaffung unnötiger Lasten ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ein kleiner Lichtblick in der Krise. Sollte dieser Antrag bewilligt werden, ist die Bundesregierung dazu angehalten, diese Forderungen umzusetzen, um so optimale Voraussetzungen für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft zu schaffen.
Seit Ende November gilt die Einreichung ausschließlich elektronischer Rechnungen für alle Lieferanten der Bundesbehörden als Pflicht. Dies betrifft sämtliche Rechnungen, ausgenommen sind nur sogenannte Direktaufträge bis zu einer Bagatellgrenze von bis zu 1.000 Euro. Zu beachten gilt, dass lediglich elektronische Formate von „XRechnung“ und „ZUGFeRD 2.1.1“ akzeptiert werden. Die Einreichung kann per E-Mail beim Bund über die Zentrale Rechnungseingangsplattform (ZRE), direkt aus dem IT-System des Rechnungsstellers oder auf der Webseite der ZRE erfolgen. Sollte keine Software zur Erstellung von XRechnungen vorhanden sein, ist es möglich, die Daten direkt in der ZRE im Internet einzugeben. Ein PDF-Dokument als E-Mail-Anhang gilt hingegen nicht als E-Rechnung. Mit Blick auf die Rechnungsbearbeitung entfällt so ein deutlicher Aufwand an Transportzeiten und der Durchlaufzeit einer Rechnung. Seit dem 27. November 2018 gilt diese EU-Richtlinie bereits für die obersten Bundesbehörden und die Verfassungsorgane, seit November 2019 auch für alle weiteren Behörden. Insgesamt stellt die E-Rechnung für die Wirtschaft einen wichtigen Digitalisierungsimpuls dar, der wahrscheinlich noch auf weitere Bereiche übergreifen wird.
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DEUTSCHLAND
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Mittelstand fordert Dynamisierung der Minijobgrenze In Deutschland sind geringfügige Beschäftigungen oder Minijobs in § 8 Abs. 1 SGB IV geregelt. Eine geringfügige Beschäftigung liegt demnach vor, wenn das monatliche Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig nicht über 450 Euro liegt. Geringfügige Beschäftigung ist insbesondere für den Arbeitnehmer vorteilhaft, weil lediglich bei der Rentenversicherung Versicherungspflicht besteht. Im Verhältnis zum Bruttolohn resultiert ein höherer Nettolohn. Jedoch besteht hier eine Opt-out Möglichkeit, durch die eine Einzahlung in die Deutsche Rentenversicherung (DRV) abgewählt werden kann. Die Kernforderung des Mittelstands ist eine Erhöhung der Verdienstobergrenze für geringfügig Beschäftigte auf monatlich 530 Euro sowie eine Kopplung an die Entwicklung des Mindestlohns. Für Beschäftigte in der Gleitzone muss die Dynamisierung ebenfalls erfolgen.
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Deutscher Sonderweg beim Brennstoffemissionsgesetz Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) hat der deutsche Gesetzgeber im Dezember 2019 eine eigene Regelung zur CO2-Reduktion und -Bepreisung der nationalen Wirtschaft erlassen. Das Gesetz, das zum 1. Januar 2021 in Kraft treten wird, soll den Verbrauch von Brennstoffen durch einen Zertifikatehandel stark einschränken. Entgegen der europäischen Lösung konnte sich die Bundesregierung jedoch zu keiner Ausnahmeregelung für energieintensive und systemrelevante Unternehmen durchringen. Eine solche Carbon-Leakage-Regelung führt beispielsweise Sektoren aus der Lebensmittelindustrie auf, die maßgeblich zur Versorgungssicherheit Deutschlands beitragen. Sie ist unerlässlich, damit die Betriebe gegenüber der internationalen Konkurrenz wettbewerbsfähig bleiben, und eine Abwanderung inklusive der damit verbundenen Arbeitsplätze ins europäische Ausland verhindert werden kann.
Nein zum „Mobile Arbeit Gesetz“ Das von Arbeitsminister Hubertus Heil vorgelegte Gesetz sieht einen Mindestanspruch von 24 Tagen Homeoffice im Jahr vor. Für ein solches Gesetz sieht der BVMW keine Notwendigkeit: Homeoffice hat sich in der Krise zwar bewährt. Aber in der Zeit danach darf die Erholung der Wirtschaft nicht durch steigende Arbeitskosten und zusätzliche Bürokratie gefährdet werden. Deshalb sagt der BVMW Nein zu einem generellen Recht auf Homeoffice. Nötig ist vielmehr eine freiwillige Übereinkunft.
Reform des Patentrechts Patente sind für kleine und mittlere Unternehmen als Inhaber von Patenten und als Marktteilnehmer von großer Bedeutung. Seit einigen Jahren wird von Patenttrollen berichtet, die gezielt Schwächen des deutschen und europäischen Patentsystems ausnutzen, um unberechtigte oder völlig überzogene Forderungen durchzusetzen, welche insbesondere auch Mittelständler gefährden. Die Patentrechte hätten oftmals gar nicht erteilt werden dürfen, und bis deren Nichtigkeit festgestellt wurde, vergehen oft mehr als zwei Jahre. In der Zwischenzeit wurde der betroffene Mittelständler schon lange verurteilt (Injunction Gap), was einen umfassenden Angebotsund Verkaufsstopp nach sich zieht, auch wenn nur ein Teil eines komplexen Produkts betroffen ist. Nunmehr liegt ein Referentenentwurf vor, der durchaus einige Ansätze in Richtung mehr Verhältnismäßigkeit und besserer Gleichlauf zwischen Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren aufweist. Es sind allerdings weitere Änderungen, auch zu weniger Verhältnismäßigkeit, möglich. Das liegt daran, dass für viele Branchen eine effektive Durchsetzung das Maß der Dinge bleibt. Diese möchten eine Schwächung des deutschen Patentrechts verhindern.
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DEUTSCHLAND
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Warum wir die Umsatzsteuer gesenkt haben Die Corona-Pandemie ist eine enorme Herausforderung. Die letzten Monate haben uns alle auf eine harte Probe gestellt und jedem einzelnen ein hohes Maß an Flexibilität abverlangt. Jede Bürgerin und jeder Bürger spürt die Einschränkungen, die weiter nötig sind, um die Gesundheit und das Leben der Menschen in unserem Land zu schützen.
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m Beschäftigung zu erhalten und Unternehmen zu unterstützen, hat der Staat das größte Hilfspaket in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland auf den Weg gebracht. Mit Blick auf die Wirtschaft sind hier sicherlich zunächst die Regelung zum Kurzarbeitergeld zu nennen, aber auch die vielen Kreditlinien und Soforthilfeprogramme für kleine und mittelständische Unternehmen. Neben den Instrumenten zur Liquiditätssicherung hat die Bundesregierung bereits im Juni ein Konjunkturprogramm beschlossen, das seine stabilisierende Wirkung zunehmend entfaltet. Zu den stützenden Maßnahmen gehört auf der Steuerseite als ein zentrales Instrument die zeitlich befristete Absenkung der Umsatzsteuersätze. Die Umsatzsteuer wurde zum 1. Juli 2020 für ein halbes Jahr gesenkt. Der Regelsteuersatz ist auf 16 Prozent (von 19), der ermäßigte Umsatzsteuersatz auf fünf Prozent (von sieben) gesunken. Diese temporäre Absenkung der Umsatzsteuersätze ist ein in der Breite wirkender, branchenneutraler Ansatz, von dem nahezu alle profitieren. Vorrangige Ziele der Steuersenkung sind die Stabilisierung des privaten Verbrauchs und ein klarer Impuls zur Verbesserung der allgemeinen Verbraucherstimmung in der Krise. Beides haben wir mit der Maßnahme erreicht.
ren Mitteln dagegenhält. Auch dieser Effekt hat den aktuell einsetzenden Aufschwung spürbar gestärkt.
Anreiz beim Autokauf
Bei der Wirkungsanalyse der Umsatzsteuersenkung spielen Vorzieheffekte beim Kauf von Waren und Dienstleistungen eine wichtige Rolle. Solche Effekte waren und sind weiterhin zu erwarten, weil die Maßnahme von vornherein befristet wurde. Die Umsatzsteuersatzsenkung wird im gesamten zweiten Halbjahr insbesondere auch für größere Anschaffungen (wie z. B. bei Autos) einen zusätzlichen Kaufanreiz setzen. Schon im September 2020 wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt 8,4 Prozent mehr Autos als im Vorjahresmonat neu zugelassen. Die Senkung der Umsatzsteuersätze spielt Spürbare Kaufkraft für diesen Aufholeffekt eine große Rolle. Das wird auch bei anderen, Der Effekt der Steuerentlastung auf die Verbraucherpreise ist spür- teureren Konsumgütern so sein. Es ist zu erwarten, dass es im Debar. Seit ihrer Umsetzung zum 1. Juli 2020 wirkt sie sich im Vor- zember dieses Jahres einen zusätzlichen Sondereffekt geben wird, jahresvergleich dämpfend auf die Verbraucherpreise aus. Für die da klar ist, dass die Steuervergünstigung Ende des Jahres ausläuft. Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet dies bei gleichem Ein- Der Vorteil der abgesenkten Umsatzsteuersätze wird an die Kundinkommen einen spürbaren Kaufkraftgewinn gegenüber dem ersten nen und Kunden weitergegeben. Das wissen wir z. B. aus dem LeHalbjahr. Folglich hat sich das Konsumklima in den ersten Monaten bensmittelhandel und von der Deutschen Bahn. Gleichzeitig gibt es deutlich aufgehellt. Genau das war das Ziel der Bundesregierung. Unternehmen, die besonders stark unter der Krise leiden und jetzt jeDie sich derzeit abzeichnende gesamtwirtschaftliche Erholung wur- den Cent brauchen, um ihre Existenz zu sichern. Unsere Maßnahme de durch den Impuls der Umsatzsteuersatzsenkung unterstützt. Wir stützt sowohl die Nachfrage- als auch die Angebotsseite. haben einen solchen konjunkturellen Impuls zu Beginn des zweiten Halbjahres gebraucht, und wir gehen aktuell davon aus, dass er Wege aus der Krise auch im gesamten zweiten Halbjahr seine Wirkung entfalten wird. Wir wissen, dass die Umsatzsteuersatzsenkung für die UnternehSchließlich dürfte die Umsatzsteuersatzsenkung auch einen sig- men auch Umstellungskosten ausgelöst hat. Das ließ sich nicht vernifikanten Beitrag zur Zuversicht bei Verbrauchern und Produzen- meiden, um die Krise mit diesem Instrument wirksam zu bekämpfen. ten geleistet haben. Der Staat hat gezeigt, dass er die Bürgerinnen Wenn sich im Ergebnis aber eine Normalisierung der Wirtschaftslage und Bürger in der Krise nicht allein lässt, sondern mit allen verfügba- einstellt – und danach sieht es aus –, hat sich der Aufwand gelohnt.
Foto: © Bundesministerium der Finanzen / Photothek / Thomas Koehler; © sh99 von www.stock.adobe.com
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Denn dann haben wir am Ende erfolgreich die Beschäftigung und die produktive Substanz unserer Volkswirtschaft erhalten. Für das Jahr 2021 erwarten wir weiter eine deutliche Belebung der Wirtschaft, die auch dem Schwung des Konjunkturprogramms zu verdanken ist. Um die Wirtschaft aus der Krise zu führen, wurden dort umfangreiche weitere steuerliche Maßnahmen beschlossen. Insbesondere die Erweiterung des steuerlichen Verlustvortrags, die Stundung von Steuerzahlungen, die Anpassung und Erstattung von Vorauszahlungen und die Steuerfreistellung von Aufstockungen des Kurzarbeitergeldes helfen, die Ausstattung mit Liquidität zu verbessern. Die großen Steuersenkungen durch das Familienentlastungsgesetz und die Abschaffung des Solidaritätszuschlages für rund 90 Prozent der Steuerzahler, die den Zuschlag bisher entrichtet haben, werden den Aufholprozess nachhaltig beschleunigen. Im nächsten Jahr stehen dadurch den Bürgerinnen und Bürgern rund 17 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung. Zudem kommen dann die zukunftsgerichteten Fördermaßnahmen im Bereich der Energiesicherheit und der Digitalisierung immer stärker zum Tragen. Wir sind zuversichtlich, mit den vielen stützenden Maßnahmen des Staates dazu beizutragen, dass sich der Wirtschaft schon bald wieder ein gutes und stabiles Umfeld bietet.
Gut zu wissen n A ls eine Maßnahme zur Pandemiebekämpfung im Rahmen des
Konjunkturpaketes der Bundesregierung bestehen seit Juli 2020 bis vorerst Ende dieses Jahres die ermäßigten Mehrwertsteuersätze von 16 bzw. 5 Prozent n Z iel dieser Maßnahme war es, den Konsum der Bevölkerung anzuregen und somit die Wirtschaftskraft zu stabilisieren. Die erhoffte Konsumsteigerung konnte bislang leider nicht verzeichnet werden n D er BVMW fordert daher mittelfristig eine Entfristung der Senkung der Mehrwertsteuer und langfristig eine Angleichung der beiden Mehrwertsteuersätze auf 15 Prozent Dr. Rolf Bösinger Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen www.bundesfinanzministerium.de
DEUTSCHLAND
DER MITTELSTAND. 6 | 2020
Mittelstands-Wohnungsbauprojekt bekommt Grundstück in Berlin Nachdem sich ein Kreis von BVMW-Mitgliedern im Juni 2019 als erste Mitarbeiterwohnungsbaugenossenschaft „Job & Wohnen“ Berlin eG zusammengeschlossen hatte, bewarb man sich beim Senat von Berlin um ein landeseigenes Grundstück zur Errichtung einer Wohnanlage mit rund 150 Mitarbeiterwohnungen und Ganztageskinderbetreuung – mit Erfolg.
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m Wege der Direktvergabe wurde der Genossenschaft jetzt ein 8.500 Quadratmeter großes Baugrundstück im Ortsteil BerlinSpandau zugewiesen. Nun steht der Abschluss des Erbbaurechtsvertrages, des GU-Vertrages für die Bebauung sowie der Fördermittel- und Darlehensverträge unmittelbar bevor. Die Architektur für die ökologischen und energieeffizienten Wohnhöfe Havelschanze stammt von Eva Dedering (dgk architekten GmbH, Berlin). Es werden etwa 150 Wohnungen und eine Kindertagesstätte sowie ein Nachbarschaftscafé, Coworking Space und zahlreiche Gemeinschaftsflächen (zum Beispiel Fahrradhaus mit Werkstatt, Waschhaus und Veranstaltungsräume) entstehen.
Job & Wohnen – so funktioniert‘s An das Konzept des früheren Werkwohnungsbaus anknüpfend entstand die Idee, durch Gründung einer Genossenschaft mit vereinten Kräften das zu schaffen, was früher nur großen Unternehmen möglich war: die Errichtung einer Mitarbeiterwohnanlage zu Selbstkos-
Foto: © dgk architekten
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ten auf einem städtischen Grundstück in serieller Bauweise ohne Inanspruchnahme eines Bauträgers. Die Genossenschaft beschäftigt selbst kein Personal, sondern wird durch eine Servicegesellschaft betreut, die gemeinsam mit den Architekten (dgk) und den Juristen (DSC Legal, Berlin) die Projektentwicklungsphase sowie den anschließenden Betrieb der Wohnanlage als Eigentümervertreter begleitet. Jedes Mitglied der Genossenschaft zeichnet diejenige Anzahl von Geschäftsanteilen, die für die Belegung der gewünschten Mitarbeiterwohnungen notwendig sind (beispielsweise zwei Anteile von je 250 Euro für eine Einzimmerwohnung von 34 Quadratmetern) und wird in eine Warteliste eingetragen. Mit Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann auch das Werkmietverhältnis mit dem ausscheidenden Mitarbeiter in aller Regel beendet werden, wenn die Wohnung für einen neuen Mitarbeiter benötigt wird.
Erschwinglicher Wohnraum Die durchschnittlichen Gesamtherstellungskosten der Wohnanlage werden bei knapp unter 2.500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche liegen. Jedes Mitglied wird 20 Prozent
der Gesamtherstellungskosten der jeweils gewünschten Wohnungen als eigenkapitalersetzendes Nachrangdarlehen (zum Beispiel rund 15.000 Euro für eine Einzimmerwohnung) zur Verfügung stellen, das mit 0,25 Prozent pro Jahr verzinst und ab dem zweiten Jahr nach Fertigstellung mit einem Prozent pro Jahr zurückzuzahlen sein wird. Im Übrigen sollen öffentliche Fördermittel und Bankdarlehen zur Finanzierung der Wohnanlage in Anspruch genommen werden. Es wird circa 2.000 Quadratmeter sozial geförderte Wohnungen geben, die an Bezieher kleinerer Einkommen für 6,50 Euro pro Quadratmeter (kalt) vermietet werden. Die restlichen Wohnungen werden – je nach Größe – ab circa 9,25 Euro (kalt) vermietet. Gut zu wissen Interessierte BVMW-Mitglieder sollten sich schnell entscheiden, da Ende 2020 über die finale Verteilung entschieden wird. Neben dem Pilotprojekt in Berlin Spandau sind zahlreiche weitere Job & Wohnen-Projekte in nahezu allen Bundesländern geplant. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an Dr. Peter Diedrich: diedrich@dsc-legal.com, Tel. 030 88929440 Dr. Peter Diedrich Rechtsanwalt und Notar DSC Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Vorsitzender der BVMW Kommission Recht Mitglied im Bundeswirtschaftssenat www.dsc-legal.com
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DEUTSCHLAND
DER MITTELSTAND. 6 | 2020
Erfolg heißt sich ändern Dem griechischen Philosophen Heraklit wird die Sentenz zugeschrieben: „Alles fließt.“ Das Bild des Fließens beschreibt sehr anschaulich eine Erfahrung, die jeder von uns macht: Die Dinge sind im Wandel, sie verändern sich ständig, mit oder ohne unser Zutun.
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eränderungen gehören zum menschlichen Leben dazu. Sie sind absolut unvermeidlich, und das ist auch gut so. Denn ohne Veränderungen würden wir immer nur auf der Stelle treten, Entwicklung und Wachstum wären unmöglich. Das gilt für uns selbst, das gilt ebenso für unser Umfeld. Der italienische Schriftsteller Giuseppe Tomasi di Lampedusa brachte es in dem scheinbaren Paradoxon auf den Punkt: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass alles sich verändert.“ Natürlich stehen wir Veränderungen nicht generell positiv gegenüber. Ein Beispiel ist die Corona-Pandemie: Es handelt sich zwar um eine Veränderung, aber wir sind uns einig, dass diese nicht gut ist. Der plötzliche Verlust unseres Präsidenten und Mentors Mario Ohoven ist eine unerwartete, tiefgreifende Veränderung unseres Arbeits- und Familienumfelds. Aber ob wir wollen oder nicht, die Veränderung ist da, wenngleich nicht gut oder gar von uns so gewollt. Wir werden älter, und um uns weiterzuentwickeln, lernen wir Neues hinzu und erleben Neues jeden Tag. Es verändern sich die Menschen um uns herum – manche gehen, neue Menschen treten in unser Leben. Es verändern sich die Umwelt, die Jahreszeiten, die Moden, die Trends, die Technik, die Arbeitsmethoden, die Art und Weise, wie wir momentan Menschen treffen. Entscheidend ist immer, was wir aus einer solchen Situation machen. Wir können darüber jammern, oder wir können überlegen, welche Chancen sich uns bieten. Mit einer Veränderung zu hadern, ist eine zutiefst menschliche Reaktion, hilft aber langfristig nicht weiter. Weitaus besser ist es, unsere Einstellung zu ändern. Im Idealfall stoßen wir bewusst Veränderungen an. So beugen wir einerseits Enttäuschungen vor und bestimmen andererseits die Zukunft selbst.
Foto: © kikkerdirk von www.stock.adobe.com
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Veränderungen finden nie nur punktuell statt. Sie ziehen in der Regel eine ganze Kette an weiteren Veränderungen nach sich. Wenn man gesünder leben will, reicht es nicht, ein Buch über Sport zu lesen oder sich nur ein einziges Mal in der Woche sportlich zu betätigen. Am Anfang braucht es einen starken Willen, damit ein Veränderungsprozess überhaupt in Gang kommt. Danach ist ein kontinuierlicher Kraftaufwand erforderlich, um den Prozess in Bewegung zu halten und letztlich das Ziel der Veränderung zu erreichen. Das gilt im persönlichen Bereich ebenso wie für Organisationen und unseren Verband. In jedem Fall bedarf es dieses inneren Antriebs, um Veränderungen zu planen und sie umzusetzen.
Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass alles sich verändert. Giuseppe Tomasi di Lampedusa
Erfolgreiche Veränderung beruht auf kontrollierter Bewegung. Jeder weiß, ein Flugzeug fliegt nicht von allein. Entscheidend ist der Pilot oder die Pilotin am Steuerknüppel. Auf den BVMW übertragen, sind wir die Piloten, und unser Verband ist das Flugzeug. Wir entscheiden, wie wir den BVMW in die Zukunft steuern und wo wir am Ende ankommen (wollen). Gemeinsam können, nein: müssen wir diese Destination und unsere Zukunft selbst gestalten. Es ist in dieser Zeit radikaler Umbrüche die Aufgabe unseres Verbandes, Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne des Mittelstandes zum Besseren zu verändern. Erfolg heißt sich ändern, und Veränderung beginnt bei einem selbst. Oder wie Mahatma Gandhi es formulierte: „Sei Du die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“ Gut zu wissen n J e stärker unser Urvertrauen, desto leichter fallen uns Veränderungen n V isionen und Zuversicht helfen, um mit Veränderungen umzugehen n V eränderungen haben Einfluss auf Gehirnstruktur, Sprachstil und
Persönlichkeit Markus Jerger BVMW Bundesgeschäftsführer mittelstand@bvmw.de
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Kommentar*
EEG-Novelle – der Mittelstand zahlt doppelt
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ktuell wird in Berlin der Entwurf zur EEG-Novelle beraten. Anstelle der zentralen Forderungen des Mittelstands, Bürokratieabbau und Förderung des Eigenbedarfs, enthält der aktuelle Entwurf das genaue Gegenteil. So sollen Photovoltaik-Dachanlagen ab einer Leistung von 500 Kilowatt Peak (kWp) zukünftig an Ausschreibungen teilnehmen. Gleichzeitig wird der Eigenverbrauch untersagt. Unternehmen müssen sich also entscheiden, ob sie den Strom komplett ins Netz einspeisen – was bei hohem Energiebedarf widersinnig wäre – oder ihn selbst nutzen und Überschüsse in Eigenregie vermarkten. Die eigene Vermarktung wird dabei unnötig erschwert. So fällt bei einer Lieferung des Stroms an Dritte, selbst an Abnehmer in unmittelbarer räumlicher Nähe, zum Beispiel auf dem eigenen Grundstück, die volle EEG-Umlage an. Bei Eigenverbrauch sind weiterhin 40 Prozent der EEG-Umlage als Strafabgabe fällig. Ein Hauptargument für die EEG-Abgabe war stets, dass sich Anlagenbetreiber an den Netzkosten beteiligen sollen. Dies tun Unternehmen durch die Leistungspreise beim Netzentgelt aber ohnehin. Letztlich zahlt der Mittelstand doppelt. Der Verkauf des Stroms zum Beispiel an Mieter oder den Pächter der Firmenkantine wird durch die volle Abgabe erschwert. Ebenso der Ausbau der dringend benötigten Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität. Denn auch hier fällt die volle EEG-Abgabe an, sofern der Strom an Dritte abgegeben wird. Dafür müssen natürlich die Mengen ermittelt werden, was den technischen Aufwand unnötig erhöht. Eine einfache Lösung wäre die Gleichstellung von Direktverbrauch und Eigenverbrauch beziehungsweise die Abschaffung der Personenidentität. Gleichzeitig könnte dadurch das bürokratische Monster Mieterstrom ersatzlos gestrichen werden.
Bei der Ausschreibung sollen Anlagen mit einer Leistung von unter einem Megawatt Peak (MWp) mit Anlagen von bis zu 20 MWp konkurrieren. Es liegt auf der Hand, dass die Herstellungskosten mit zunehmender Größe günstiger werden. Das bedeutet aber auch, dass die im Verhältnis kleineren Anlagen reihenweise keinen Zuschlag erhalten. Angesichts dieser Aussichtslosigkeit wird der Mittelstand das bürokratische Monster Ausschreibung ohnehin meiden. Im Ergebnis werden wir weniger mittelständische Investitionen im Bereich der Photovoltaik sehen, und auch die Dachflächen in mittelständischen Unternehmen werden nicht zur Verfügung stehen. Zumal sich gerade die Anlagen bis zu einer Leistung von einem MWp, was einer Dachfläche von rund 8.000 bis 10.000 Quadratmetern entspricht, für den direkten Verbrauch der erzeugten Energie im Mittelstand eignen. Anstelle von weiteren bürokratischen Hürden sollte das zukünftige EEG Bürokratieabbau, Anreize für den weiteren Ausbau und Chancen für den Mittelstand enthalten. Nur dann wird der Mittelstand zum Motor der Energiewende.
Andre Steffens Geschäftsführer Wi SOLAR GmbH Mitglied in der Energiekommission des BVMW www.wi-solar.de
*Stand: Mitte November
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Lockdown und keiner liefert? Der Einkauf beschafft trotzdem alles? DER MITTELSTAND. 6 | 2020
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Europa
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News
Bargeldlos durch die Krise „Zahlen Sie möglichst kontaktlos.“ Mit dieser Aufforderung wenden sich zahlreiche Einzelhändler in Coronazeiten an ihre Kunden. Als Folge begleichen mehr Verbraucher ihren Einkauf per Karte oder Smartphone, europaweit beträgt der Zuwachs 44 Prozent. Experten gehen davon aus, dass sich das Zahlungsverhalten durch die Coronakrise dauerhaft ändert. In Extremszenarien könnten bis zum Jahr 2025 sogar 80 Prozent des Transaktionsvolumens im Handel bargeldlos erfolgen. Dabei ist im europäischen Vergleich die Vorliebe für Münzen und Scheine in Österreich und Deutschland mit 57 Prozent immer noch am größten, in den Niederlanden und in Schweden werden unter 20 Prozent der Kaufvorgänge bar bezahlt. www.strategyand.pwc.com/de
Brexit gefährdet Auslandspraktika 2013 hat der Deutsche Bundestag das Ziel formuliert, dass bis 2020 mindestens zehn Prozent der Auszubildenden eine Auslandserfahrung ermöglicht werden soll. Angesichts der Zahl von 1,32 Millionen Auszubildenden ist man mit 17.000 Auslandsaufenthalten von dieser Quote weit entfernt. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Dr. Stefanie Hubig, meint, man müsse es Betrieben noch besser erläutern, dass ein Auslandspraktikum für künftige Mitarbeiter eine perfekte Weiterbildung bedeutet. Allerdings haben mehr als 40 Prozent der Auslandspraktikanten entsprechend ihren Sprachkenntnissen Großbritannien als Ziel gewählt. Nach dem EU-Austritt der Briten droht für Erasmus+ ein herber Rückschlag. Die KMK-Präsidentin hofft, dass sich künftig das Interesse auf Frankreich richtet und verweist auf das Programm „Lerne die Sprache des Nachbarn“, das in Rheinland-Pfalz besteht. Auszubildende in dualer oder schulischer Berufsausbildung können ein Auslandspraktikum beantragen. Es kann während der Ausbildungszeit oder bis zwölf Monate nach der Abschlussprüfung stattfinden. Die Aufenthaltsdauer beträgt vier bis maximal acht Wochen. www.bibb.de oder www.auslandsjob.de
Rechtsstaatsbericht ohne Folgen Erstmals hat die EU-Kommission einen Bericht zur Rechtsstaatlichkeit vorgelegt. Darin bewertet sie die Situation in den Mitgliedsländern in vier Bereichen: Unabhängigkeit der Justiz, Kampf gegen Korruption, Verankerung der Gewaltenteilung sowie Pressefreiheit und Medienvielfalt. In mehreren Bereichen stehen Polen und Ungarn, aber auch Bulgarien, Rumänien, Kroatien und die Slowakei am Pranger. Gegen Ungarn und Polen hat die Kommission bereits Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 eingeleitet. Doch in der Frage von Sanktionen zeigt sich Brüssel zahnlos. Unter der deutschen Ratspräsidentschaft wurde ein fragwürdiger Kompromiss vorgelegt, der eine Bestrafung nur bei Missbrauch von EU-Geldern vorsieht, und wenn zwei Drittel der Mitglieder zustimmen. Europa hat es leider versäumt, sich rechtzeitig einen wirksamen Hebel zur Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit zuzulegen. www.ec.europa.eu/info/policies/ justice-and-fundamental-rights_de
Arbeitsmarkt offen für Westbalkan Bereits im August hatte das Bundeskabinett eine Änderung der Beschäftigungsverordnung verabschiedet, jetzt hat auch der Bundesrat zugestimmt. Damit wird die Westbalkan-Regelung bis Ende 2023 verlängert. Diese ermöglicht Staatsbürgern aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien, dass sie unabhängig von einer formalen Qualifikation zur Erwerbstätigkeit einreisen dürfen. Die Bundesagentur für Arbeit muss der Einstellung zustimmen, sie kann maximal 25.000 Bewilligungen pro Jahr erteilen. Besonders dem hohen Arbeitskräftebedarf der Bauwirtschaft wird damit Rechnung getragen. Immerhin sind hier 58 Prozent aus dieser Region auf dem Niveau von Fachkräften beschäftigt. Die Probleme der EU-Wanderarbeiter, von denen die deutsche Wirtschaft von der Gastronomie bis zum Pflegesektor abhängig ist, werden damit allerdings nicht gelöst. www.arbeitsagentur.de/ vor-ort/zav/content/1533719184471
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Streit um Brexit spitzt sich zu
So verwundbar ist Europa
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Die Coronapandemie hat wieder Fahrt aufgenommen, die wirtschaftlichen Einschnitte in Europa werden heftiger. Das hat die Creditreform Rating AG dazu veranlasst, einen Pandemie-Index (Pandemic Vulnerability Index, PVI) zu entwickeln, um die strukturelle Anfälligkeit der europäischen Länder zu messen. Primär wurden fünf Faktoren untersucht: die Wirtschaftsstruktur, der Arbeitsmarkt, das Gesundheitssystem, die Bevölkerung und die Kapazitäten für das mobile Arbeiten. Das Ranking bildet nicht das aktuelle Infektionsgeschehen ab, sondern die relative Verwundbarkeit gegenüber Pandemien. Der PVI zeigt deutlich, dass Staaten im Süden und am Rand der EU – namentlich Italien, Kroatien, Malta und Griechenland – tendenziell anfälliger sind. Diese Staaten erzielen hohe Risikowerte über alle Faktoren hinweg. Länder im Norden und im Kern Europas sind strukturell besser gegen Pandemien gewappnet und haben eine höhere Widerstandskraft.
Nach wie vor stocken die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich für ein Abkommen über die zukünftigen Beziehungen, die nach Ende der Übergangsphase nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU ab 1. Januar 2021 gelten sollen. Gelingt keine Einigung, so droht ein harter Bruch mit schweren politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen. Zwar haben beide Seiten unter erschwerten Bedingungen während der Coronakrise seit März in regelmäßigen Runden verhandelt, bisher konnte jedoch keine Einigkeit erzielt werden. Die noch offenen Fragen betreffen vor allem den Umfang des Zugangs zu britischen Gewässern, den das Vereinigte Königreich den EU-Fischereiflotten gewähren wird, faire Wettbewerbsregeln für Unternehmen, einschließlich der Regeln für inländische Subventionen, und der im endgültigen Vertrag vorgesehene Mechanismus zur Beilegung künftiger Streitigkeiten.
www.creditreform-rating.de
Forschungsziele gefährdet
Brücke nach St. Petersburg
Für EU-Forschungsprojekte wird in den nächsten sieben Jahren deutlich weniger Geld zur Verfügung stehen als geplant. Anstelle der 100 Milliarden Euro, die für das ambitionierte Forschungsprogramm „Horizon Europe“ ab 2021 zur Debatte standen, werden es nach dem EU-Sondergipfel nur noch 80,9 Milliarden sein. Immerhin haben sich die EU-Forschungsminister über eine Budgetverteilung für die Programmpunkte geeinigt. Nun laufen die Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission, um Horizon Europe bis Jahresende zu verabschieden. Durch die Kürzung sieht der Europaabgeordnete Dr. Christian Ehler (EVP/CDU) die Förderung von Forschung und Innovation in den Bereichen CO2-Reduzierung, digitale Agenda und Pandemiebekämpfung erheblich gefährdet. Er befürchtet, dass „Europa als Innovationsstandort um Jahre zurückgeworfen wird“.
Die Kooperation des BVMW mit der Saint Petersburg State University of Economics (UNECON), der führenden wirtschaftswissenschaftlichen Universität in Russland, fördert den Austausch zwischen Studierenden und Unternehmern beider Länder. Beim Wissenstransfer Mittelstand beantworten Studierende die Forschungsfragen von mittelständischen Unternehmern. Das Projekt „Digitalization of procurement in Russia“ beispielsweise soll das Verständnis von Beschaffung als ganzheitlichen Prozess bei den Studierenden unterstützen. Der nächste Schritt der Kooperation ist die Gründung eines Expertenrats des Mittelstands an der UNECON. Dieser wird die Universität dabei beraten, wie mittelständische Themen in den Vorlesungen und Seminaren abgebildet werden können.
www.horizont2020.de
www.bvmw.de/russland/wissenstransfer
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GAIA-X – eine Dateninfrastruktur für Europa
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in wesentliches Element ist die geplante gemeinsame länderübergreifende Nutzung von Daten. Mit diesem Vorhaben rückt das deutsch-französische Projekt GAIA-X in den Fokus. Ziel dieser europäischen Dateninfrastruktur, die erstmals im Jahr 2019 von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vorgestellt wurde, ist es, die EU-Mitgliedsstaaten, die Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger in einem digitalen Ökosystem miteinander zu verbinden.
Datenökosysteme als Chance für mittelständische Unternehmen
für die Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI), von der sich viele Branchen einen Innovationsschub versprechen. Ein solches Datenökosystem bietet vor allem kleinen und mittleren Unternehmen eine Chance, da sie schnell und unkompliziert auf geteilte Ressourcen zugreifen und Daten mit Kooperationspartnern verknüpfen können. Hierdurch ergeben sich die notwendigen Datenmengen für datenbasierte Analysen. Mögliche Use Cases umfassen unter anderem Mobilität (beispielsweise digitales Parkraummanagement), den Öffentlicher Sektor (digitale Verwaltung), Industrie 4.0/KMU (Smart Manufacturing) sowie Smart Living (smarte Gebäudebewirtschaftung).
Geplant ist ein Netzwerk aus europäischen Cloud-Anbietern, bei denen Unternehmen ihre Daten speichern, miteinander teilen und verarbeiten können. Diese IT-Infrastruktur für Software, Speicher und GAIA-X als Netzwerk bietet laut Wirtschaftsministerium aus drei Rechenleistung, die von überall aus erreichbar und nutzbar sein soll, Gründen einen Mehrwert. Erstens soll die Infrastruktur Innovatiist die Grundlage für zahlreiche Anwendungen. Insbesondere auch onen fördern, die die Grundlage für neue Produkte liefern. So kann
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In ihrer Rede zur Lage der EU im September rief Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Digitale Dekade aus. Hiernach sind digitale Innovationen ein zentraler Bestandteil von NextGenerationEU, dem europäischen Wiederaufbaufonds nach Überwinden der Coronakrise.
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die weltweite Skalierung von europäischen Unternehmen und Geschäftsmodellen ermöglicht werden. Zweitens soll die europäische Datensouveränität gestärkt werden, denn die existierenden CloudAngebote werden aktuell von außereuropäischen Anbietern mit hoher Marktmacht und großen Kapitalreserven dominiert. Schließlich soll drittens durch GAIA-X die Datenverfügbarkeit erhöht und große europäische Datenbestände verfügbarer und nutzbarer werden.
Ein solches Datenökosystem bietet vor allem kleinen und mittleren Unternehmen eine Chance, da sie schnell und unkompliziert auf geteilte Ressourcen zugreifen und Daten mit Kooperationspartnern verknüpfen können. Fachpresse äußert sich gemischt In der Fachpresse werden die Erfolgsaussichten des Projektes strittig diskutiert. Einerseits steht GAIA-X nicht in Konkurrenz zu bereits existierenden Angeboten, sondern ist vielmehr eine vernetzende Innovationsplattform bestehender Cloud-Anbieter. Es besteht daher kein direkter Anspruch, sich gegen Marktführer zu behaupten. Andererseits müssen Unternehmen in großer Zahl die auf GAIA-X angebotenen Dienste in Anspruch nehmen, damit das Projekt Erfolg hat. Anders gesagt: Wenn das Projekt nicht im Mittelstand ankommt, ist es gescheitert. Immerhin steht es seit Beginn neuen Partnern auf Anbieter- und Anwenderseite gegenüber offen, seien es große Industrieunternehmen, KMU oder Startups. Spannend ist GAIA-X damit für alle Branchen.
reich, haben im September die notariellen Unterlagen für die Gründungsorganisation unterzeichnet. Für Anfang 2021 ist die operative Umsetzung am Markt geplant. Zu Beginn wird erwartet, dass Staaten die Hauptauftraggeber sein werden, um das Projekt in Schwung zu bringen. In diesem Kontext interessant: Vor kurzem haben die EU-Telekommunikationsminister eine Erklärung unterzeichnet, in der sie sich zum Aufbau einer europäischen Cloud-Infrastruktur bekennen und dafür auch eigene Gelder in Aussicht stellen – GAIA-X ist darin als einziges Referenzvorhaben genannt. Ob sich das Vorzeigeprojekt auf dem freien Markt wirklich behaupten kann, wird sich aber wohl erst im Laufe des kommenden Jahres zeigen.
Gut zu wissen n Im April gaben bereits 43 Prozent der deutschen Mittelständler an, Cloud-Programme zu nutzen n Insgesamt sind bereits rund 300 Unternehmen und Organisationen in das Projekt eingebunden, vom Startup über den Mittelständler bis hin zum Großkonzern n Alle interessierten Unternehmen, die ihre domänenspezifischen und technischen Anforderungen einbringen möchten, können mit ihrem Beitrag technischer Expertise in den Arbeitsgruppen oder mit Einreichung neuer Use Cases mitwirken n Kontakt: contact@data-infrastructure.eu Eva Mattes BVMW Referentin Digitales und Tourismus eva.mattes@bvmw.de
Ein Blick in die Zukunft In letzter Zeit nimmt das Projekt an Fahrt auf. Insgesamt 22 Unternehmen und Institutionen, je zur Hälfte aus Deutschland und Frank-
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Neu: deutsch-frankophoner Expertenkreis Das deutsch-frankophone Unternehmernetzwerk „Le Mittelstand BVMW“ unterstützt Unternehmen aus Deutschland und frankophonen Ländern beim Eintritt in den jeweiligen Zielmarkt und bietet eine Plattform für Geschäftskontakte. Im November hat Le Mittelstand BVMW zusätzlich einen Expertenkreis gegründet. Frankreich, Paris
menarbeit zu intensivieren und den wirtschaftlichen Austausch zwischen den Ländern zu fördern. Themen und Ziele des Expertenkreises: n Regierungsmaßnahmen zur Förderung von Auslandsinvestitionen insbesondere der KMU n Finanzinstrumente zur Förderung der Entwicklung von KMU n Interessenvertretung im In- und Ausland (zum Beispiel Ausschreibungen, Förderprogramme) n Zusammenarbeit an konkreten themenübergreifenden Projekten (unter anderem Green Deals, Wasserstoff, Industrie 4.0, Luft- und Raumfahrt)
Das erste Treffen fand am 10. November 2020 in der Bundeszentrale des BVMW statt. Als Special Guest nahm der Vizepräsident des MEDEF, Fabrice Le Saché, daran teil. „Mouvement des entreprises de Der deutsch-frankophone Expertenkreis France“ (MEDEF) ist der größte und einflussreichste ArbeitgeberverDieses Jahr feiert die OIF das 50-jährige Jubiläum der französisch- band in Frankreich. sprachigen Welt. Zu dieser Gelegenheit hat Le Mittelstand BVMW im November einen Expertenkreis ergründet, bestehend aus Experten aus Frankreich, Belgien, Luxemburg, Schweiz, Monaco und Kanada. Dem Expertenkreis gehören erfahrene, hochrangige PersönlichkeiFanny Czajkowski ten des wirtschaftlichen, politischen und diplomatischen Lebens an, Projektmanagerin Le Mittelstand die dem LM BVMW beratend zur Seite stehen und sich für den Mitfanny.czajkowski@bvmw.de telstand in Deutschland sowie in den frankophonen Ländern engagieren. Ziel dieses Expertenkreises ist es, die Sprachbarriere zu überwinden, die deutsch-frankophonen Beziehungen für eine bessere Zusam-
Foto: © Francois Roux von www.stock.adobe.com
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ie Frankophonie umfasst einen Sprachraum von 300 Millionen Menschen. Die französische Sprache ist im Ranking der wichtigsten Handelssprachen auf Platz drei zu finden. Mehr als 88 Staaten und Regierungen bilden derzeit den französischsprachigen Raum und sind Mitglieder der „Organisation internationale de la Francophonie“ (OIF). Als zweitwichtigste Geschäftssprache in Europa, die von 20 Prozent der Weltbevölkerung gesprochen wird, machen die frankophonen Länder 17 Prozent des Welteinkommens aus. Die französische Sprache dient nicht nur als Kommunikationsvektor für Unternehmen auf der ganzen Welt, sondern spielt auch in der diplomatischen Szene eine bedeutende Rolle. „La Francophonie des Affaires“ bietet insbesondere deutschen Unternehmern enorme Expansionschancen und steht im Mittelpunkt der Mission von Le Mittelstand BVMW (LM BVMW).
EUROPA 23 SIERRA LEONE © Peter Bräunig / msf
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Neustart der Beziehungen Deutschland und USA Mit dem 46. Präsidenten der USA, Joseph R. Biden, wird ab dem 20. Januar 2021 ein Politiker die Geschicke der größten Volkswirtschaft dieser Erde führen, der sich in der Vergangenheit als Vizepräsident unter Barack Obama einen Namen als ausgewiesener Transatlantiker gemacht hat. Damit dürften aller Voraussicht nach die Absetzbewegungen der USA von Europa in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht enden und der Multilateralismus neuen Elan erhalten.
306 Biden
270 Wahlmänner um zu gewinnen
78.695.552 Stimmen (50,9 %)
232 Trump 73.122,872 Stimmen (47,3 %)
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räsident Donald Trump hatte in den vergangenen vier Jahren einen protektionistischen Kurs in der Handelspolitik eingeschlagen. Die USA als Garant einer verlässlichen und liberalen Welthandelsordnung fielen in dieser Zeit aus. Seit dem Amtsantritt Trumps kamen nicht nur die Verhandlungen zum transatlantischen Handel- und Investitionsabkommen TTIP zum Erliegen, sondern es wurden auch Handelsbarrieren zum Schutz der heimischen Wirtschaft errichtet oder angedroht, wie Zölle auf die Einfuhr von Stahlund Aluminiumprodukten, gegen die Airbus-Subventionen der EU und auf einige Lebensmittel. Bei den Strafzöllen auf Automobilimporte blieb es bei Androhungen.
te der Anteil der Einfuhren aus den USA an allen deutschen Importen von 6,1 auf 6,5 Prozent zu, bei den Exporten blieb der US-Anteil mit 8,9 Prozent konstant. Die Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und der EU hat deutsche Firmen veranlasst, verstärkt Produktionsstätten in den
Der deutsche Außenhandel mit den USA ist trotz dieser Widrigkeiten robust weitergewachsen. Sie blieben in den vergangenen drei Jahren das wichtigste Zielland für deutsche Waren. Laut amtlicher Statistik nahmen die deutschen Exporte in die USA seit 2017 um 6 Prozent zu. Im vergangenen Jahr wurden Güter im Wert von 118,7 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten ausgeführt. Die Importe aus den Vereinigten Staaten erhöhten sich von 58 auf 71 Milliarden Euro. Damit leg-
USA aufzubauen oder diese zu entwickeln und so drohende Handelsbarrieren auszuhebeln. Dies zeigt sich bei den stärkeren Veränderungen der deutschen Direktinvestitionen in den USA. So sind 2019 fast 37 Milliarden Euro an unternehmerischem Beteiligungskapital aus Deutschland über den Atlantik geflossen. Das war der höchste Wert seit dem Jahr 2001. Damals hatte die New-EconomyEuphorie zu einem Fusionsboom geführt.
Nichts verunsichert die Wirtschaft mehr als die Ungewissheit über die zukünftige Entwicklung.
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Quelle: https://edition.cnn.com/
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Keine Rückkehr zur Vor-Trump-Zeit Nichts verunsichert die Wirtschaft mehr als die Ungewissheit über die zukünftige Entwicklung. Es ist daher verständlich, dass die Unternehmen, die ihre Produkte in die USA verkaufen oder von dort Waren beziehen, sich Klarheit darüber wünschen, wie es mit der US-Handelspolitik im kommenden Jahr weitergeht. Sicher ist derzeit nur eines: Eine Rückkehr zu guten Handelsbeziehungen mit den USA gibt es nicht zum Nulltarif. Der neue Bewohner von 1600 Pennsylvania Avenue, Joe Biden, wird in Handelsfragen nicht klein beigeben. So trägt das Wahlprogramm seiner Partei, der Demokraten, deutlich protektionistische Züge. Vom stark an Trump erinnernden Slogan „America first“ unterscheidet die dort unterstützte Buy-American- Insgesamt summieren sich Harris‘ Pläne bis 2030 auf 46 Billionen Dollar. Regel nur wenig. Auch vor Produktionsverlagerungen ins Ausland und Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von US-Produzenten Die Demokraten bezeichnen die gewählte Vizepräsidentin Kamala Harris macht das Programm keinen Halt. Die noch von Präsident Obama als gemäßigt, Donald Trump als „Kommunistin Kamala“. Ihre Positionen forcierten TTIP-Verhandlungen haben unter diesen Bedingungen sind laut US-Handelskammer sogar weit links. Im Senat votierte sie nur keine Chance auf Realisierung. bei 29 Prozent der Abstimmungen im Sinne der Unternehmen, aber zu 100 Prozent im Gewerkschaftsinteresse. Bernie Sanders, der lange Zeit Zivilisiertes Miteinander löst Wild-West-Methoden ab mit Joe Biden um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten rang Bei allen inhaltlichen Differenzen kann mit einiger Berechtigung daund als sehr weit links gilt, kommt lediglich auf 98 Prozent. Tatsächlich von ausgegangen werden, dass der Ton zwischen Washington auf gelangt mit Biden auch die heimliche Anführerin der Linken ins Zentrum der einen Seite und Berlin und Brüssel auf der anderen Seite modeder Macht. Harris fordert: rater und Ergebnisse verbindlicher sein werden. Was den Konflikt mit n Erhöhung der Unternehmenssteuern auf 35 Prozent China angeht, werden die USA voraussichtlich wieder die Kooperatin Haushalte mit einem Jahreseinkommen von über 100.000 Dollar on mit ihren westlichen Partnern suchen und den schroffen Konfronsollen einen Beitrag in Höhe von vier Prozent zur Finanzierung einer tationskurs beenden. Für die Europäer wäre das allein schon eine gukostenfreien Gesundheitsversorgung für Arme zahlen te Nachricht, erhöht sich doch dadurch die Chance auf eine Reform n Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,2 Prozent der von Trump zu einem zahnlosen Tiger degradierten Welthandelsn Steuererleichterungen in Höhe von 6.000 Dollar für Familien mit organisation WTO. Hier ist es höchste Zeit, dass die Weltgemeinweniger als 100.000 Dollar Jahreseinkommen – Finanzierung über schaft den Umgang mit staatlich subventionierten Unternehmen im zusätzliche Einnahmen internationalen Wettbewerb regelt. Ferner muss der – insbesondere n Mehrausgaben für Erneuerbare Energien von China – erzwungene Technologietransfer beendet werden, und n Monatlicher Scheck über 2.000 Dollar für jeden Amerikaner während der Diebstahl geistigen Eigentums auf internationaler Ebene darf der Coronakrise nicht mehr länger als Kavaliersdelikt behandelt werden. Gut zu wissen Quellen: Internationaler Währungsfonds, Institut der deutschen Wirtschaft (2020) USA in Zahlen (im Jahr 2018) USA Deutschland (zum Vergleich) Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar 20.580 3.951 Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in Dollar 62.869 52.386 Importe von Waren und Dienstleistungen in Milliarden Dollar 3.148 1.629 Exporte von Waren und Dienstleistungen in Milliarden Dollar 2.510 1.872 Handelsbilanzsaldo in Milliarden Dollar -638 243
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Deutschland muss mehr Verantwortung tragen In den deutsch-amerikanischen Beziehungen werden zukünftig wieder Partnerschaft und die Betonung von Gemeinsamkeiten an der Tagesordnung sein. Die Rücknahme des Ausstiegs aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und aus der Weltgesundheitsorganisation WHO zählen ebenso dazu wie der Verzicht auf den geplanten Abzug von knapp 12.000 Angehörigen des US-Militärs aus Deutschland. Die Gegenleistung Deutschlands wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein signifikantes Anwachsen des Verteidigungsbudgets in Richtung von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes sein. Nur so können wir gegenüber unseren NATO-Partnern glaubwürdige Sicherheitspolitik betreiben und den Bedeutungsverlust vermeiden. Schließlich ist noch eine für alle Seiten akzeptable Lösung für Nord Stream 2 zu finden. Ein „weiter so“ wird es auch mit dem gewählten Präsidenten Joe R. Biden nicht geben. Schon jetzt haben sich Demokraten und Re-
publikaner im US-Senat auf die bislang schwersten Sanktionen gegen aktive Unterstützer von Nord Stream 2 ab Januar geeinigt. Die Bundesregierung muss ein tragfähiges Konzept entwickeln, um unsere europäischen Partner daher zu uneingeschränkten Profiteuren russischen Erdgases zu machen und gleichzeitig Amerika einen Weg aufzeigen, wie die Versorgungssicherheit aller gewährleistet wird.
Dr. Hans-Jürgen Völz BVMW Leiter Volkswirtschaft hans-juergen.voelz@bvmw.de
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BVMW startet Panama-Initiative n Webimpuls(e) mit Botschafter Thayer Hausz und Wirtschaftsattaché Alejandro Ferrer mit BVMW-Mitgliedern zu aktuellen Investitionsmöglichkeiten in Panama n Road Shows des Botschafters in 2021 an diversen BVMW-Standorten n Eröffnung einer permanenten BVMW-Repräsentanz in Panama-City n Delegationsreisen von BVMW-Mitgliedern nach Panama
Überdurchschnittliches Wachstum
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anama, der Staat auf der Landbrücke zwischen Mittel- und Südamerika, bietet mittelständischen Unternehmen gute Geschäftsmöglichkeiten. Der BVMW hat den Besuch des neuen Botschafters von Panama in Deutschland, S. E. Enrique Alberto Thayer Hausz, in der Bundeszentrale zum Anlass für eine PanamaInitiative des deutschen Mittelstands genommen. Im Gespräch mit Bundesgeschäftsführer Markus Jerger und dem neuen Panama-Beauftragten des BVMW, Matthias Lefarth, vereinbarte Botschafter Thayer Hausz einen Kooperationsplan von BVMW und der Botschaft Panamas. Die Freihandelsabkommen Panamas mit den USA als auch der EU, der gemeinsame US-Dollar-Währungsraum sowie die stabilen politischen Verhältnisse sind optimale Voraussetzungen für den deutschen Mittelstand. Diese Chance sollte man nutzen und jetzt in Panama investieren.
Agenda 2021 Diesem Ziel dient die gemeinsame Agenda 2021 von BVMW und der Botschaft Panamas, unter anderem mit folgenden Maßnahmen: n Gründung einer deutsch-panamesischen Business Group n Regelmäßiger Länder-Investitionsreport
Gut zu wissen Business Group Panama: Unternehmen, die Mitglied der Business Group Panama des BVMW werden wollen oder an einem Austausch mit der Botschaft Panamas in Berlin interessiert sind, wenden sich bitte an: n Matthias Lefarth, Panama-Beauftragter des BVMW matthias.lefarth@bvmw.de n Alejandro Ferrer, Wirtschaftsattaché der Botschaft Panamas in Deutschland (Botschaft der Republik Panama) aantonioferrer@mire.gob.pa Delegationsreisen Panama: n Matthias Lefarth wird Mitte Januar 2021 in Panama-City vor Ort sein und Gespräche mit Vertretern der Regierung und der deutschpanamesischen Business Community führen. n Die nächste Unternehmer-Delegationsreise soll im März/April 2021 stattfinden. Interessenten wenden sich bitte direkt an Matthias Lefarth. Foto: © BVMW
Matthias Lefarth (BVMW Leiter Studien, Wissenschaft und Programme) und Panamas Botschafter S. E. Enrique Alberto Thayer Hausz.
Panama ist trotz Corona wieder auf Wachstumskurs: n Alle Wirtschaftssektoren sind wiedereröffnet. Seit dem 12. Oktober ist der internationale Flughafen Panama City wieder im Betrieb, nachdem er knapp sieben Monate geschlossen war. n Das Vertrauen der Verbraucher steigt, die Weltbank rechnet für 2021 erneut mit überdurchschnittlichem Wachstum. n Laut Regierung wird es trotz Corona-Pandemie, die weitestgehend überwunden ist, auch weiterhin nicht zu Steuererhöhungen kommen. n Es werden neue Investoren-Visa angeboten. n Ein neues milliardenschweres Wasser-Projekt am Panamakanal, der Bau der Metro-Linie 3 und vier weitere große Investitionsprojekte für öffentliche Bauvorhaben sollen die Wirtschaft wieder ankurbeln. n Die Kupfermine, eine der größten weltweit, läuft auf voller Produktion. Sie befindet sich 120 Kilometer westlich von Panama City.
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MEHR UNTERNEHMEN:
DIE ÜBERBRÜCKUNGSHILFE II
FÜR KLEINE UND MITTLERE UNTERNEHMEN SOWIE SOLOSELBSTÄNDIGE NEU: VERBESSERTE ANTRAGSBEDINGUNGEN, HÖHERE FÖRDERSÄTZE UND ZUSCHUSS ZU HYGIENEMASSNAHMEN Die Corona-Pandemie stellt Gesellschaft und Wirtschaft weiterhin vor immense Herausforderungen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat deshalb die Überbrückungshilfen verlängert und unterstützt damit betroffene Unternehmen aller Branchen von September bis Dezember 2020. Wir haben die Zugangskriterien für Unternehmen erleichtert und die Fördersätze erhöht, um noch mehr Unternehmen mit der Überbrückungshilfe II zu unterstützen.
Wer kann die Förderung beantragen? Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Soloselbständige und Freiberufler, gemeinnützige Unternehmen und Organisationen aus allen Branchen mit einem Umsatzeinbruch von mindestens 30 % im Förderzeitraum September bis Dezember 2020 sowie Umsatzeinbußen von:
Was und wie wird gefördert? Je größer Ihre Umsatzeinbußen im Förderzeitraum September bis Dezember, desto höher ist der Anteil an Fixkosten (z. B. Mieten und Pachten, Kreditzinsen, Leasingraten, Strom), die erstattet werden:
– mindestens 50 % in zwei zusammenhängenden Monaten zwischen April und August 2020 gegenüber den Vorjahresmonaten
– 90 % der Fixkosten bei mehr als 70 % Umsatzeinbruch – 60 % der Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch zwischen 50 und 70 % – 40 % der Fixkosten bei mehr als 30 % Umsatzeinbruch
oder
Die Förderung beträgt maximal 50.000 Euro pro Monat.
– mindestens 30 % im Durchschnitt der Monate April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum
Damit haben wir den Fixkosten-Zuschuss bei der Überbrückungshilfe II nochmal erhöht. Und: Sie können die Hilfe schon ab 30 % Umsatzeinbruch erhalten. Außerdem wird eine Personalkostenpauschale in Höhe von 20 % der förderfähigen Kosten erstattet.
Ihr Unternehmen muss vor dem 31. Oktober 2019 gegründet worden und dauerhaft am Markt tätig sein. Wie stellen Sie den Antrag? Den Antrag können Sie über einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder vereidigten Buchprüfer stellen. Die Kosten dafür werden bezuschusst.
Was ist mit der aktuellen Wirtschaftshilfe für November? Die Bundesregierung gewährt eine außerordentliche Wirtschaftshilfe (Novemberhilfe) in Form von Zuschüssen für Unternehmen, Selbständige und Einrichtungen, die von den für November 2020 beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie besonders betroffen sind. Diese wird zusätzlich zu den laufenden Überbrückungshilfen angeboten. Die von den aktuellen Schließungen betroffenen Unternehmen können in jedem Fall die Überbrückungshilfe II beantragen. Diese wird auf die Novemberhilfe angerechnet. Weitere Informationen dazu auf www.bmwi.de
Sie können die Überbrückungshilfe II auch beantragen, wenn Sie bereits Zuschüsse aus der Überbrückungshilfe I erhalten haben. NEU: Mit der Überbrückungshilfe II bezuschussen wir auch Corona-bedingte Hygiene-Maßnahmen, wie z. B. Desinfektionsmittel, mobile Luftfilteranlagen sowie Außenzelte und Wärmestrahler im Gastronomiebereich.
Beispiel: Überbrückungshilfe II für Hotel Ein Hotel hat kaum noch Gäste und daher einen Umsatzeinbruch von über 70 %. Trotzdem müssen weiterhin Miete, Strom und Versicherungen gezahlt werden – pro Monat etwa 10.000 Euro. Die Überbrückungshilfe II übernimmt 90 % dieser Fixkosten. Der Zuschuss beträgt also 9.000 Euro pro Monat für den Zeitraum September bis Dezember 2020.
Jetzt über Ihren Steuerberater beantragen! Weitere Infos auf www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de oder unter der Service-Hotline +49 30 526 85 087 (Mo – Fr 8:00 bis 18:00 Uhr). Die Antragsfrist endet am 31. Dezember 2020.
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Chancenland Vietnam Am 1. August 2020 trat das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam (EVFTA) in Kraft und wird in den nächsten Jahren für eine starke Dynamik in den Wirtschaftsbeziehungen sorgen. Wie können mittelständische Unternehmen diese Chance nutzen?
Vietnam, Saigon
Eine besondere Partnerschaft Aufgrund der Partnerschaft zwischen der ehemaligen DDR und der Sozialistischen Republik Vietnam trifft man vor Ort immer wieder auf einige der etwa 100.000 Gastarbeiter, die einmal in Deutschland gelebt haben und unsere Sprache sprechen. Hinzu kommt, dass 170.000 Vietnamesen in Deutschland leben. Solche Brücken finden sich in keinem anderen südostasiatischen Land.
zent der Bevölkerung ausmacht. In fünf Jahren wird ihr Anteil schon bei 26 Prozent liegen, was Vietnam zu einem immer interessanteren Absatzmarkt macht. Vietnamesen gelten als „Preußen Südostasiens“, sind pflichtbewusst und bildungsorientiert. Seit 2011 verbindet Deutschland und Vietnam eine strategische Partnerschaft. Die beiden Länder engagieren sich für eine regelbasierte Ordnung, Respekt vor dem Völkerrecht, Multilateralismus, weltweite Handels- und Investitionsfreiheit sowie Umwelt- und Klimaschutz.
Wann, wenn nicht jetzt Gute Rahmenbedingungen bieten internationalen Unternehmen in Vietnam attraktive Geschäftschancen. EVFTA ermöglicht, dass bis zum Ende einer Übergangszeit nahezu 99 Prozent aller Zölle wegfallen, 65 Prozent der Zölle von Waren aus der EU nach Vietnam werden sofort abgeschafft. Über einen Zeitraum von zehn Jahren laufen die restlichen Zölle schrittweise aus. Umgekehrt fallen 71 Prozent der Zölle von Waren aus Vietnam in die EU sofort weg, die restlichen folgen schrittweise über sieben Jahre.
Für die EU ist Vietnam nach Singapur das zweite südostasiatische Land, mit dem ein Freihandelsabkommen geschlossen wurde. Der Weitere Argumente sprechen für Vietnam: Unternehmen können zu EU und ihren Unternehmen bietet EVFTA die Möglichkeit, Handel und 100 Prozent ausländischen Investoren gehören. Vietnams Bevölke- Einfluss in Südostasien auszuweiten. rung wächst: Im Jahr 2050 wird sie 120 Millionen Menschen zählen. Ausländische Direktinvestitionen in Vietnam steigen. Hauptländer Besonders stark wächst die Mittelschicht, die derzeit noch 13 Pro- sind Südkorea, Japan und Singapur. Deutschland nimmt nur etwa
Fotos: © Richie Chan von www.stock.adobe.c0om; © 12ee12 von www.stock.adobe.com
V
ietnam ist für viele Deutsche ein beliebtes touristisches Ziel. Ist das südostasiatische Land aber auch ein attraktiver Markt für mittelständische Unternehmen? Die Fläche Vietnams ist ähnlich groß wie die Deutschlands. Im Zentrum Südostasiens gelegen, ist das Land mit seinen 97 Millionen Einwohnern ein Verkehrsknotenpunkt zwischen dem Indischen und Pazifischen Ozean. Es verfügt über eine junge, dynamische und bildungsorientierte Bevölkerung und hat sich zu einem der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands in Südostasien entwickelt. Vietnam ist 1995 ASEAN beigetreten, 1998 APEC und seit 2007 WTO-Mitglied. Inzwischen hat Vietnam 13 Freihandelslabkommen abgeschlossen und verspricht sich vom Abkommen mit der EU, dass die Wirtschaft des Landes ein weiteres großes Stück vorankommt.
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Rang 18 ein. Vietnam strebt ein ausgewogeneres Verhältnis ausländischer Investoren an. In enger Abstimmung mit der vietnamesischen Botschaft und dem Ministerium für Planung und Investitionen arbeitet der BVMW gerade daran, ein Help Desk zur Unterstützung deutscher mittelständischer Unternehmen in Vietnam einzurichten. Im Prozess der wirtschaftlichen Umstrukturierung des ehemaligen Agrarlandes steht Vietnam noch immer vor vielen Herausforderungen. Zu nennen ist der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und einer adäquaten Logistikinfrastruktur. Deutschlands Stärke im Hinblick auf Industrie 4.0 und die Digitalisierung von Produktionsprozessen sowie Erneuerbare Energien zur nachhaltigeren Bedarfsdeckung des aufstrebenden Schwellenlandes wird in Vietnam sehr geschätzt. Auch unser duales Ausbildungssystem stößt auf starkes Interesse. Eine Zulieferindustrie, über die Deutschland in Gestalt unserer mittelständischen Wirtschaft verfügt, hat positive Aussichten, auch in Vietnam erfolgreich zu sein. Zurzeit sind erst knapp 300 deutsche Unternehmen in Vietnam tätig. Geschäftschancen für deutsche Unternehmen bestehen vor allem in den Bereichen Umwelttechnologie und Erneuerbare Energien, Logistik, dem Bildungssektor, der High-Tech-Industrie, Medizintechnik, Lebensmittel- und getränkeverarbeitende Technologie, Bau- und Gebäudetechnik, Pharmazie sowie der Automobilindustrie.
Gut zu wissen n Das Durchschnittsalter der 97 Millionen Einwohner Vietnams liegt bei etwa 30 Jahren n 2015 erreichten vietnamesische Schüler in der PISA-Studie Platz 8 in den Naturwissenschaften n Die kommunistische Führung hat sich formell unter die Verfassung und das Gesetz gestellt, der private Sektor wird geschützt, die Pressefreiheit bleibt stark eingeschränkt Ludwig Graf Westarp BVMW Repräsentant Vietnam www.skarosolutions.de
Duong Gräfin Westarp Geschäftsführerin SKARO VIETNAM Services and Trading Ltd. www.skaroservices.com
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Europa und Afrika – eine neue Partnerschaft für die Zukunft Die Europäische Union und Afrika sind aufgrund der geographischen Lage natürliche Partner. Die EU ist nach wie vor der größte Handelspartner und ausländische Investor. Jetzt ist es Zeit, diese Partnerschaft mit Ende des Cotonou-Abkommens im Dezember 2020 zu verstärken. Dazu hat die EU eine Strategie vorgestellt. fung nachhaltiger Arbeitsplätze zum Ziel hat. In dieser Hinsicht ist Afrika der Partner Europas, nicht nur in entwicklungspolitischen Belangen, sondern auch bei der künftigen Gestaltung der Handels-, Finanz-, Umwelt-, Gesundheits-, Agrar- und Wirtschaftspolitik. Um diese Partnerschaft zu stärken, hat die EU eine neue umfassende Strategie für eine Allianz mit Afrika vorgestellt.
Chancen für den deutschen Mittelstand
B
is vor Kurzem beruhten die Beziehungen zwischen Europa und Afrika fast ausschließlich auf der Entwicklungshilfe von Geberländern für Empfängerstaaten. Heute stehen beide Parteien vor einer wachsenden Zahl gemeinsamer Herausforderungen. Die Europäische Union befindet sich aufgrund der Corona-Pandemie in einer Krise, die sie wirtschaftlich und finanziell schwer trifft. Dennoch möchte die EU ihre Zusammenarbeit mit Afrika intensivieren, insbesondere bei der Bekämpfung des Klimawandels und irregulärer Migration. Afrika hat seinerseits in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum erlebt und ist zudem der Kontinent mit der jüngsten Bevölkerung der Welt. Mit der Annahme der Agenda 2063 hat die Afrikanische Union eine klare Strategie für nachhaltige Entwicklung und Wirtschaftsreformen in Afrika verabschiedet.
Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze Das AKP-EU Partnerschaftsabkommen, auch bekannt als CotonouAbkommen, zwischen der Europäischen Union und der Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten, das Ende dieses Jahr ausläuft, stand lange Zeit dem Fortschritt Afrikas im Wege. So waren die Weiterverarbeitungsmöglichkeiten von afrikanischen Produkten innerhalb Afrikas mangels Fertigkeiten und Technologien oft gering.
Für diese neue Allianz ist es notwendig, die afrikanische Wirtschaft durch Investitionen in Industrie, Landwirtschaft und Infrastruktur sowie durch Zugang zu Finanzmitteln, Märkten und Technologietransfer zu verändern: All das ist denkbar und kann für beide Seiten eine gewinnbringende Investition in eine gemeinsame Zukunft sein. Gut zu wissen n Im Rahmen der neuen Allianz sind fünf Schwerpunktbereiche mit Vorschlägen für die künftige Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika festgelegt: (1) Energiewende, (2) digitaler Wandel, (3) nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Beschäftigung, (4) Frieden und Governance, (5) Migration und Mobilität. n Der BVMW und das Team der Mittelstandsallianz Afrika (MAA) stehen Ihnen für einen erfolgreichen Eintritt in Afrika gern zur Seite. Nehmen Sie Kontakt mit der MAA auf: bienvenue.angui@bvmw.de, www.maa-bvmw.de Mor Diop BVMW Referent Außenwirtschaft mor.diop@bvmw.de
Die neuen Beziehungen zwischen Europa und Afrika sollen heutzutage auf einer vertieften gemeinsamen wirtschaftlichen Zusammenarbeit basieren, die insbesondere Investitionen und die Schaf-
Foto: © Luise von www.stock.adobe.com
Südafrika, Kapstadt
Afrika hat seine Integrationsbemühungen durch die Reform der Afrikanischen Union und die Einführung der panafrikanischen Freihandelszone (AfCFTA) neu belebt. Indem der Chancenkontinent sich auf seine zunehmend professionell ausgebildete Jugend, seinen Reichtum an natürlichen Ressourcen, seinen fruchtbaren Boden und das Wachstum kleiner und mittlerer Unternehmen stützt, könnte er sein außerordentliches wirtschaftliches Potenzial freisetzen. Dieser Wandel stellt, zusammen mit der Verbesserung des Investitionsund Innovationsklimas und der Fokussierung der künftigen Partnerschaft auf Schwerpunktbereiche wie Energiewende, Digitalisierung und Mobilität, eine große Chance für den deutschen Mittelstand dar.
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Aktuelle Meldungen zur Wirtschaftsentwicklung in China, zu Akteuren und Investments. In unserem neuen China-Nachrichten-Portal und wie gewohnt alle 14 Tage als Newsletter.
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+ 9% + 67% 2013 € 37,7 Mrd.
2018 € 62,9 Mrd.
2019 € 68,3 Mrd.
Umsatzentwicklung des Onlinehandels in Deutschland Quelle: IFH Köln, Branchenreport Onlinehandel, 2019
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Schwerpunkt
Vertrieb geht heute anders Wohl kaum ein anderer Bereich steht so im Wandel des 21. Jahrhunderts wie der Vertrieb. Digitalisierung, Industrie 4.0 und zuletzt die Pandemie erfordern einen ständigen Wandel in den Vertriebsstrukturen des Mittelstandes. Sich auf die vielen Herausforderungen einzustellen, ist nicht immer leicht. Lesen Sie in unserem Themenschwerpunkt, wie der Vertrieb der Zukunft aussieht, und was das für die Kundenbeziehungen bedeutet. Wir erläutern, wie Sie weiterhin optimal Kundenakquise betreiben können, und zeigen Ihnen häufige Fehler auf. Darüber hinaus finden Sie hilfreiche Beispiele, wie Unternehmen sich optimal auf die Herausforderungen eingestellt und welche Lösungen sie
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für den Vertrieb des 21. Jahrhunderts gefunden haben.
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Aus gleichwertig wird einzigartig Um den Vertriebserfolg im B2B-Bereich zu steigern, genügt es nicht, die Verkäufer zu schulen und den Vertrieb professionell zu führen. Vielmehr sind alle im Unternehmen für einen erfolgreichen Vertrieb verantwortlich.
Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass rhetorisch geschulte Vertriebler beim Kunden Erwartungen wecken, die in der Realität nicht erfüllt werden. Nicht alles ist schulbar Die operativen Faktoren können geschult und trainiert werden. In der Praxis kommt es dennoch häufig vor, dass ein ausgebildeter Vertriebsmitarbeiter in der finalen Verhandlung einen unnötigen Preisnachlass gewährt. Er befürchtet, sonst den Auftrag zu verlieren. Damit verschenkt er einen Teil des Gewinns. Wie wäre es, wenn die Vertriebsmannschaft in der Preisverhandlung so souverän auftreten könnte wie die eingangs erwähnten Sportwagenhändler? Damit sind wir wieder bei den strategischen Faktoren. Stiftet ein Produkt einen einzigartigen Nutzen? Das scheint im B2B oft gar nicht möglich, weil man auf Kunden aus reifen Industrien trifft, und die Spezifikationen der nachgefragten Artikel sehr genau definiert sind. Die Produkte unterschiedlicher Anbieter sind häufig in ihrer Funktion und Leistungsfähigkeit sehr ähnlich. Es geht deshalb darum, dem Kunden in der Zusammenarbeit mit dem eigenen Unternehmen einen über das reine Produkt hinausgehenden Nutzen oder Mehrwert zu bieten. Dieser zusätzliche Nutzen muss so groß sein, dass der Kunde nicht darauf verzichten möchte. Gibt es in einem Unternehmen, bei dessen Produkten oder Prozessen Dinge, die einen außergewöhnlichen zusätzlichen Nutzen für die
Kunden stiften? Gehen die Leistungen des Unternehmens über das Branchenübliche hinaus? Nehmen die Kunden diese zusätzlichen Leistungen wahr? Sind diese Leistungsmerkmale so wertvoll für den Kunden, dass er sie nicht mehr entbehren möchte? Gibt es Ansätze für solche zusätzlichen Leistungen, die man zu echtem Zusatznutzen ausbauen kann? Kann man solchen Mehrwert auf intelligente Art ohne hohe Kosten generieren? Aufgrund der Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung täuscht man sich schnell bei der Beantwortung dieser Fragen. Deshalb ist im Interesse der Objektivität die Unterstützung eines externen Experten oft nützlich.
Die Strategie entscheidet Der Erfolg des Vertriebs hängt weitgehend davon ab, ob man beim Kunden den Wunsch zur Zusammenarbeit, vielleicht sogar das Verlangen danach, wecken kann. Das ist jedoch eine Aufgabe, die nicht nur den Vertrieb betrifft. Es nützt wenig, wenn dieser professionell präsentiert und hervorragend argumentiert, der Kunde aber nicht bei jedem Kontakt mit dem Unternehmen erlebt, dass der Partner der Richtige für ihn ist, und zwar der einzig Richtige. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass rhetorisch geschulte Vertriebler beim Kunden Erwartungen wecken, die in der Realität nicht erfüllt werden. Unternehmer, Geschäftsführer oder Vertriebsleiter sollten sich deshalb fragen: Nehmen unsere Kunden uns als einen Partner wahr, der bereit ist, mehr zu tun als er müsste? Ist diese Geisteshaltung in der gesamten Leistungserstellung verinnerlicht? Gelingt es uns, diese Arbeitsweise auch potenziellen Neukunden schon vor dem Vertragsabschluss zu demonstrieren? Sind wir, trotz möglicherweise austauschbarer Produkte, als Partner für unsere Kunden einzigartig? Sind wir selbstbewusst genug, uns diese Einzigartigkeit auch bezahlen zu lassen? Alle Bemühungen um operative Verbesserungen im Vertrieb können nur dann eine nachhaltige Wirkung entfalten, wenn die strategischen Voraussetzungen im gesamten Unternehmen gegeben sind. Diese müssen in einem längeren Prozess kultiviert werden. Das gelingt nur mit einer Grundhaltung des „dem Kunden dienen wollens“, die das „verdienen wollen“ nicht aus dem Auge verliert.
Fotos: © Gustav Naujoks; © Gorodenkoff von www.stock.adobe.com
W
ie viel Rabatt bekommt man beim Porsche-Händler? Verkäufer dieser Marke hört man sagen, dass sie selten Kunden aufgrund des Preises verlieren. Warum ist das so? Weil die Kunden genau dieses Produkt haben wollen. In diesem Beispiel sind die strategischen und die operativen Erfolgsfaktoren für den Vertrieb klar erkennbar. Zu den operativen Faktoren beim Prozess des Verkaufens gehören unter anderem eine klare Zielsetzung des Vertriebsmitarbeiters, eine gründliche Vorbereitung und eine hohe Methodenkompetenz. Die strategischen Erfolgsfaktoren sind möglicherweise durch die Vertriebsmitarbeiter gar nicht zu beeinflussen.
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Gut zu wissen Die strategischen Faktoren für den Vertriebserfolg: n Exzellenz in der Leistungserstellung n Exzellenz in der Kundenorientierung n Hohe Methodenkompetenz der Vertriebsmitarbeiter n Souveränes Auftreten des Unternehmens und seiner Mitarbeiter n Permanente Weiterbildung aller Mitarbeiter im Kundenkontakt, in Gesprächs- und Verhandlungstechniken
Gustav Naujoks Mitglied der Task-Force Vertrieb Nordbayern des BVMW www.gustav-naujoks.de
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Chancen für den stationären Handel Kunden wünschen sich vermehrt integrierte Angebote. Dazu braucht es nicht nur Investitionen in die Digitalisierung, sondern auch in Menschen.
D
er stationäre Einzelhandel wird weiter in der Digitalisierung voranschreiten müssen, um überlebensfähig zu bleiben. Laut einer Studie von Google und Euromonitor suchen Kunden schon jetzt verstärkt Angebote, bei denen Online- und Offline-Sortimente nahtlos ineinander übergehen. Nur wenn das physische Einkaufserlebnis, das maßgeblich von der Begegnung mit dem Verkäu-
fer geprägt ist, eine adäquate Entschädigung für die Mühen, sich von der Couch zu bewegen, darstellt, werden Kunden auch weiterhin Ladengeschäfte aufsuchen. Kunden erwarten im Kontakt mit dem Verkäufer keine Verteufelung des Onlinehandels, sondern dessen sinnvolle und nahtlose Integration in den Verkaufsprozess, also einen echten emotionalen und fachlichen Mehrwert.
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Social-Media-Aktivitäten Der Erfolg des klassischen Einzelhändlers beruhte stets auf mehreren Säulen. Die geographische Nähe zum Bedarfsträger und die positive Mund-zu-Mund-Propaganda gehörten dabei schon immer zu den wichtigsten Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidung von Kunden. Im Zeitalter der Digitalisierung hat sich der Vorteil der geographischen Nähe zum Bedarfsträger relativiert. An der Bedeutung positiver Mund-zu-Mund-Propaganda hat sich hingegen nichts geändert. Im Gegenteil. Durch die größere Reichweite durch OnlineBewertungen ist sie sogar erheblich wichtiger geworden. Laut einer Studie der Online-Fachpublikation Search Engine Land vertrauen über 80 Prozent der Nutzer Bewertungsportalen und lassen sich davon bei ihren Kaufentscheidungen beeinflussen. Das zeigt die Notwendigkeit eines professionellen Umgangs mit Online-Bewertungen, also zum Beispiel der systematischen Auswertung von Kundenrezensionen und die Integration der dabei gewonnenen Erkenntnisse in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Gut ausgebildete und sensibilisierte Verkäufer sind in der Lage, entsprechende Kundenerlebnisse zu schaffen, und generieren damit systematisch positive Online- und Offline-Bewertungen. Dadurch wird über kurz oder lang die Frequenz am Point of Sale steigen. Unzureichend qualifizierte Verkäufer bewirken genau das Gegenteil und richten damit großen, oft nicht oder zu spät entdeckten Schaden an.
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Lokales Social-Media-Marketing Neben dem aktiven Management von Online- und Offline-Bewertungen kommt Social Media beim Kreieren neuer Chancen für den stationären Einzelhandel eine immer größere Bedeutung zu. Laut Social Selling Club recherchieren über 90 Prozent aller Konsumenten vor oder während ihres Einkaufs im stationären Handel Produktinformationen, Angebote und Bewertungen mit einem digitalen Endgerät. Deshalb wird die digitale Wahrnehmung eines Stores immer wichtiger und kann durch entsprechende Filter zielgerichtet auf die lokale Zielkundschaft ausgerichtet werden. Dabei spielen Plattformen wie Facebook & Co. eine besondere Rolle. Für die Aktivierung von Neu- und Bestandskunden ist Social Media in den letzten Jahren rasant zu einem effizienten Tool herangewachsen und kann nach einer entsprechenden Qualifizierung auch von den eigenen Mitarbeitern durchgeführt werden.
Händler müssen Mehrwert schaffen Wurden durch Social-Media-Aktivitäten zusätzliche Chancen generiert, heißt das aber noch nicht, dass dadurch automatisch auch mehr Umsatz entsteht. Der
Kunde, der trotz der Verlockungen des Onlinehandels den Weg in die Innenstadt auf sich nimmt, erwartet zu Recht ein Einkaufserlebnis, das den Mehraufwand rechtfertigt. Kaufentscheidungen werden durch das immer größere Angebot zunehmend komplizierter. Deshalb wünschen sich Kunden von einem Verkäufer hilfreiche, gut verständliche Informationen und keine Standardfloskeln oder gar die Vertonung eines technischen Datenblattes. Sie erwarten konkrete Entscheidungshilfen, die auf einer individuellen Bedarfsermittlung basieren und vom Verkäufer in einer Sprache vermittelt werden, die man versteht. Je anspruchsvoller und
Kunden wünschen sich von einem Verkäufer hilfreiche, gut verständliche Informationen und keine Standardfloskeln oder gar die Vertonung eines technischen Datenblattes. wertiger das Produkt oder die Dienstleistung, desto entscheidender der Verkäufer. Nur wer es versteht, neben der notwendigen digitalen Kompetenz auch seine fachliche, methodische, soziale und persönliche Kompetenz überzeugend zu orchestrieren, wird aus Frequenz Umsatz machen können. Auch der Einsatz digitaler Verkaufshilfen und die Einbindung eines virtuellen Verkaufsregals erfordern ein Zusammenspiel aller Kompetenzen. Diese Kompetenzen sind neu und müssen erst gelernt werden.
Mitarbeiter finden und binden Geeignete Mitarbeiter zu finden und zu binden, ist seit jeher ein zentrales Thema im stationären Einzelhandel. Der in diesem Bereich vorhandene Schmerz der Branche durch Fachkräftemangel und Fluktuation wird durch die aktuelle Coronakrise, wenn überhaupt, nur vorübergehend gelindert. Daher kommt der systematischen Entwicklung des eigenen Führungs- und Verkaufspersonals auch als Bindungs- und Rekrutierungsinstrument eine zusätzliche strategische Bedeutung zu. Um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, bedarf es weit mehr als eines marktüblichen Gehaltes: Sinnhaftigkeit, Flexibilität und persönliche Weiterentwicklung belegen hier die vorderen Plätze der Wertehierarchie. Gut zu wissen n Der stationäre Einzelhandel muss sich weiter der Digitalisierung öffnen und darf dabei die Bedeutung der Menschen am Point of Sale nicht außer Acht lassen n Neben Investitionen in die Digitalisierung sind auch Investitionen in die Entwicklung der Verkäufer und ihrer Führungskräfte notwendig Rainer Arlt Geschäftsführer und Gesellschafter Commax Consultung GmbH und Co. KG BVMW-Mitglied www.commax.de
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Print oder online? Hybrid! Warum gedruckte Werbebriefe gerade jetzt so gut ankommen und wie sie sogar online für mehr Erfolg sorgen können.
„S
2. Adblocker und Spamfilter sind am Briefkasten machtlos Immer mehr Verbraucher versuchen, digitale Werbung zu unterdrücken, da die Masse an unerwünschten Botschaften überhand nimmt. Und selbst wenn die Zustimmung für einen Newsletter erfolgt, so bleibt dieser oft in den Fängen der Spamfilter hängen. Die aktuelle CMC Dialogpost-Studie der Deutschen Post und des Collaborative Marketing Club (CMC) vom Mai 2020 belegt dieses Dilemma: Von 30 Prozent der Konsumenten, die überhaupt die Erlaub3 Gründe, warum personalisierte Briefe nis geben, sie per E-Mail anzuschreiben, öffnen wiederum nur 30 Prozent die Mail. Selbst im besten Falle werden also nur neun Prozent Kunden oft besser erreichen: 1. Kein Double-opt-in nötig der Kunden erreicht, also 91 Prozent, sehen die Werbebotschaft nicht. Ein gut gepflegter E-Mail-Verteiler ist Basis für erfolgreiches Marke- Deutlich besser schneiden laut Studie jedoch postalisch adressierte ting. Doch leider können viele der vorhandenen Kontakte gar nicht Werbebriefe ab, deren Lesequote liegt bei 80 Prozent. angesprochen werden. Bei vielen älteren Adressen gibt es datenschutzrechtliche Bedenken, da das Double-opt-in fehlt oder unvoll- 3. Gedruckte Informationen bleiben länger im Gedächtnis ständig ist. Was oft nicht bekannt ist: Auch eine erteilte Einwilligung Unser Gehirn ist noch nicht komplett in der digitalen Welt angekomhält nicht ewig. Wenn sie vor vier Jahren generiert wurde, und in die- men. Daher merken wir uns Informationen besser, wenn wir sie in geser Zeit an den Adressaten keine einzige Mail von Ihnen verschickt druckter Form erhalten, statt sie nur am Bildschirm zu lesen. Multisensorische Eigenschaften, das heißt die Haptik von Papier, hawurde, erlischt sie. Mit Briefen per Post dagegen sind Sie auf der sicheren Seite. Gemäß ben zudem Einfluss darauf, wie wir eine Botschaft wertschätzen. § 7, Abs 2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darf der Nutzen Sie also Veredelungstechniken oder sogar dezente Düfte, um Empfänger auch angeschrieben werden, wenn er kein explizites Ein- ein Mailing besonders zu machen. Spezialisierte Druckereien bieten mittlerweile auch in kleinen Auflagen persönlich adressierte Digitalverständnis dafür erteilt hat.
Foto: © Eric Isselée Productions von www.stock.adobe.com
chreib mal wieder!“ – das war der Slogan der Deutschen Bundespost in den 80er Jahren. Doch in schwierigen Zeiten besinnt man sich ja gerne auf alte Traditionen und Werte. Vielleicht ist das eine Erklärung, wieso Briefe zur Zeit ein echtes Comeback erleben. Es gibt aber noch einige andere Argumente, warum Unternehmen aus dem Mittelstand jetzt auf haptische und persönliche Kommunikation setzen sollten.
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hybride Kampagnen, in denen analoge und digitale Welt miteinander verschmelzen. Und so könnte eine hybride Werbeaktion ablaufen: Mit einem personalisierten Anschreiben erhalten die Empfänger per Post die Einladung zu einer individuellen Landingpage per Link und / oder QR-Code. Auf dieser Seite finden sie dann individuell zusammengestellte Informationen sowie die Aufforderung zu weiteren Aktionen. Tracking-Tools werten den Zugriff aus und zeigen so den Erfolg der Kampagne und beispielsweise welche Empfänger wie auf die Einladung reagiert haben. Mögliche Anlässe für hybride Kampagnen: n Einladung zu Online-Umfragen n Einladung zu Online-Seminar n Einladung zu Online-Coaching n Mailing an Bestandskunden mit Link zu Seiten mit Sonderaktionen
Hybride Veranstaltungen boomen Versammlungen, Messen und Kongresse leben normalerweise davon, dass viele Menschen gemeinsam an einem Ort sind. Weil dies aktuell nicht überall möglich ist, werden immer häufiger Teile der Events in die Onlinewelt verlegt: Vorträge oder Präsentationen etc. finden teilweise sowohl analog vor einem kleinem Kreis bzw. im Studio statt als auch digital vor einem großem Publikum. Wie gedruckte und personalisierte Einladungen die Teilnehmerzahdrucke mit Bildpersonalisierung, Metallic-Effekten und partiellen La- len deutlich erhöhen konnten, zeigen diese zwei Praxis-Beispiele: n Ein Wirtschaftsverband lud per Brief seine Mitglieder zum Onlineckierungen. Business-Lunch ein. In dem Schreiben war ein Link zu einer WebAnlässe für personalisierte Print-Mailings seite, wo man sich anmelden und auch gleich das gewünschte Auch bei Mailings sorgt eine gewisse Regelmäßigkeit für größere ErEssen bestellen konnte. Alle Teilnehmer erhielten vor dem Busifolge. Um Ihren Kunden einen Brief zu schreiben, gibt es viele gute ness-Lunch einen Onlinezugang zur Videokonferenz, und das EsGründe, hier eine kleine Auswahl: sen wurde zum Termin pünktlich ins Büro oder Homeoffice gen Anlassbezogene Mailings liefert. So konnten alle Teilnehmer gemeinsam speisen, sich wie z. B. zum Geburtstag, Jahrestag Mitgliedschaft, austauschen und den Impulsvorträgen zuhören. n Ein Bundesliga-Fußballverein veranstaltete seine erste digitale Unternehmens-Jubiläum n Reaktivierungskampagnen Mitgliederversammlung, da eine Präsenzveranstaltung aufgrund an Kunden bzw. Nutzer, die nicht mehr auf E-Mails oder der Größe nicht möglich war. Weil nicht von allen Mitgliedern eine Newsletter reagieren Mailadresse vorlag, erfolgte die Einladung per Post inklusive Link n Herzlich-willkommen-Mailings zum Livestream, wo der Zugang über die Mitgliedsnummer legiNeue Mitglieder, Kunden etc. werden begrüßt und erhalten timiert wurde. z. B. einen Dankeschön-Gutschein n Loyality-Kampagnen Claudia Mattheis Bestehende Kunden erhalten als Dank für Kauf etc. Geschäftsführerin einen personalisierten Gutschein mattheis. Werbeagentur GmbH BVMW-Mitglied
Analog + digital = hybrid Dass man auch in der gedruckten Kommunikation auf eine Webseite oder einen Online-Shop verweist, ist altbekannt. Neu dagegen sind
www.mattheis-berlin.de
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Best practices Vertrieb Für die kommenden Monate müssen wir uns weiter auf ein Leben mit der Corona-Pandemie einstellen. Wie kann Vertrieb auch in diesen Zeiten gelingen? Wir haben bei unseren Mitgliedsunternehmen nachgefragt.
Kooperation und Networking als Erfolgsfaktoren
D
as Aluminiumsystemhaus Wicona gehört zur Norsk Hydro ASA, einem voll integrierten norwegischen Unternehmen der Aluminiumbranche mit 35.000 Mitarbeitern, präsent in mehr als 40 Ländern auf allen Kontinenten. Als Aluminiumsystemhaus sind Architekten, Planer und Metallbau-Unternehmen für uns die wichtigsten Marktpartner und Zielgruppen. Um mit diesen auch über die nur alle zwei Jahre in München stattfindende Weltleitmesse BAU hinaus im Dialog zu bleiben und gleichzeitig die Sichtbarkeit unserer Marke zu erhöhen, haben wir Mitte 2017 ein in der Fenster- und Fassadenbranche neues Kommunikations- und Vertriebskonzept ins Leben gerufen: das Next Studio by Wicona + Partners in Frankfurt. In einem gemeinsamen Showroom präsentieren wir mit zwölf Partnerunternehmen zukunftsweisende Entwicklungen rund um die Fassade. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor dabei ist der kooperative Ansatz. Architekten, Fachplaner, Projektentwickler und Metallbauer haben
die Möglichkeit, thematisch über den Tellerrand zu schauen und die aktuellen Trends an einem zentralen Ort zu besichtigen. Ganz wichtig für den Dialog mit unseren Zielgruppen sind dabei auch die regelmäßigen Fachveranstaltungen. Seit dem Start vor drei Jahren hat sich das Studio als Kommunikations- und Informationsplattform etabliert.
Christian Mettlach Marketing/Projektmanagement Next Studio/ Wicona, Frankfurt am Main www.next-studio.de
Virtuelle Messen als Vertriebskanal
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ährend der Coronakrise können Messen nicht wie geplant stattfinden. Deshalb haben wir, die Vatrix GmbH, gemeinsam mit der GHK Management Consulting GmbH aus Frankfurt einen virtuellen Messestand konzipiert, der es Unternehmen ermöglicht, einen innovativen, standortunabhängigen und kontaktlosen Kunden- und damit Vertriebskontakt aufzubauen. Durch diese digitale Plattform können Produkte und Dienstleistungen den Kunden direkt online weltweit präsentiert und vermarktet werden. Eine virtuell besuchbare Messehalle mit einem individuell gebauten virtuellen Messestand bietet den Firmen eine digitale Plattform, die dem persönlichen Kontakt sehr nahekommt. Dieser moderne Vertriebskanal kann zurzeit nicht mögliche Kundenbesuche ersetzen
und zusätzliche Akquise-Chancen ermöglichen. Wir möchten mit Unternehmen gemeinsam deren virtuelle und digitale Zukunft auf unserer Entwicklungsplattform gestalten. Probieren und spinnen ist dabei ausdrücklich erlaubt! Ingo Söhngen Geschäftsführer The Vatrix GmbH, Frankfurt am Main www.the-vatrix.com www.ghk-management.com
SCHWERPUNKT 41
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Nie aufhören mit Schulen und Coachen
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ecruiting und Vertrieb gehören bei uns Personaldienstleistern zu den wichtigsten Kompetenzen. Man muss sie pflegen, am besten täglich einsetzen. Aber das funktioniert nicht immer: Anstatt zu Unternehmen zu fahren, um sie als Kunden zu gewinnen, erledigt man doch erst die Büroarbeit. Und eigentlich wollte man noch Firmen anrufen, die auf der Wunschkundenliste stehen. Aber irgendwie ist gerade heute keine Zeit dafür … Um solche Entwicklungen frühzeitig zu stoppen, setzen wir bei Hofmann Personal auf regelmäßige Schulungen durch einen firmeneigenen Kommunikations-Coach. Ich habe als neuer Büroverantwortlicher von Kaiserslautern gleich das komplette Paket gebucht. Sechs Module, prall gefüllt mit Tipps und Tricks, wie ich erfolgreich akquiriere und die vielen kleinen Hürden des täglichen Vertriebslebens umschiffe. Unter anderem gab es eine aktive Live-Telefonakquise. Ein gutes Telefontraining mit konstruktivem Feedback gibt Sicherheit, ist ungeheuer motivierend und darum sehr zu empfehlen.
Inzwischen findet ein Teil unserer Schulung als Webinar statt, ergänzt durch Videoclips. Das funktioniert zwar sehr gut, doch der persönliche Kontakt ist mir lieber. Wir sind als Unternehmen gut aufgestellt und wir Mitarbeiter gut vorbereitet durch regelmäßige Schulungen, nicht nur im Vertrieb. Hofmann Personal bietet seinen Kunden Qualität und ist für alle Mitarbeiter, auch unsere Zeitarbeitsmitarbeiter, ein guter Arbeitgeber. Das beweist die Auszeichnung Beste Arbeitgeber Deutschlands, die wir seit 2008 durchgehend erhalten haben. Torsten Heyer Büroleiter Hofmann Personal, Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz) www.hofmann.info
Persönlicher Vertrieb – ein Erfolgsbaustein
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ine enge persönliche Beziehung zu unseren Kunden bestimmt das Credo unserer Unternehmensphilosophie. Selbstverständlich nutzen unsere VertriebsmitarbeiterInnen moderne CRM-Systeme, um notwendige Daten und Informationen über unsere Zielgruppen und Marktteilnehmer zu erhalten. Sie dienen jedoch ausschließlich zur Vertriebsvorbereitung, um Kundenwünsche besser erkennen und erfüllen zu können. Wir identifizieren die Bedürfnisse unserer Kunden mit Hilfe von Onlinetools, um daraus maßgeschneiderte Angebote zu generieren und in persönlichen Gesprächen auf individuelle Kundenschwerpunkte gezielt einzugehen. Dazu arbeiten wir seit vielen Jahren mit einem regional aufgestellten Vertriebsteam, das unsere Kunden permanent vor Ort betreut und berät. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Interesse unserer Kunden an einer persönlichen Produktionsberatung zur Lösung ihrer komplexen Aufgabenstellungen sehr groß ist.
Der Vertrieb technischer Dienstleistungen, wie wir ihn in unserem Business täglich praktizieren, verlangt ein hohes Maß an technischer Ausbildung, um die geeigneten Lösungen für die Aufgabenstellungen unser KundInnen entwickeln zu können. Ebenso wichtig ist jedoch die persönliche Ebene in unseren Kundenbeziehungen. Ein hohes Maß an Empathie ist bei jedem guten Vertriebler gefragt, das können weder Künstliche Intelligenz noch Callcenter leisten. Deshalb ist für uns der persönliche Vertrieb nach wie vor das beste Rezept für den Unternehmenserfolg. Steffen Seifert Geschäftsführer Marketing und Vertrieb Möller Mediengruppe, Berlin-Ahrensfelde www.moeller-mediengruppe.de
42 SCHWERPUNKT
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Messen versus Web Messen und Ausstellungen sind das Premium-Parkett für die Neukundenakquise und die Pflege von Kundenbeziehungen. Doch nicht erst seit der Coronakrise wächst die virtuelle Konkurrenz aus dem Netz.
n 22 Prozent wollen künftig digitale Alternativen für ihr Unternehmen nutzen. n 20 Prozent planen für das Jahr 2021 weniger Marketingbudget ein als in 2020. n 50 Prozent wollen ersatzweise stärker auf Online-MarketingMaßnahmen setzen. Noch 2019, also vor dem Corona-Crash, sah dies laut AUMA-Zahlen ganz anders aus. Damals planten mehr als ein Viertel der deutschen ausstellenden Unternehmen (29 Prozent), mehr Geld in Messebeteiligungen weltweit zu investieren. Neue Online-Formate oder Internetplattformen wie beispielsweise Webimpulse sind bei 17 Prozent der Befragten seit der Pandemie im Aufwind. Mehr als jeder Vierte nutzt im eigenen Unternehmen inzwischen außerdem Cloud-Systeme. Die digitale Verlagerung befeuern auch virtuelle Messeplattformen, die zum Beispiel in 3D-Optik Messebesuchern ein realistisches Messeerlebnis im B2C- und B2B-Bereich sowie virtuelle Messestände bieten wollen.
Den digitalen Mehrwert nutzen
Viele Messegelder fließen künftig ins Online-Marketing Eine gemeinsame Studie des Plattformanbieters Visable und YouGov in der DACH-Region zeigt, dass Covid-19 den Trend verschärft hat, Messebeteiligungen aufzugeben und stattdessen virtuelle Messeformen zu nutzen, weil viele Unternehmensstrategien im Zuge der Coronakrise grundsätzlich infrage gestellt werden. Stattdessen wird in Online-Marketing-Maßnahmen investiert. Die Umfrage wurde im Juli 2020 unter mehr als 500 Führungskräften in Deutschland und 150 Entscheidern in Österreich durchgeführt. So wollen in Deutschland n 37 Prozent derjenigen Unternehmen, die bisher auf Messen vertreten waren, im kommenden Jahr keine Messeauftritte oder -besuche mehr durchführen. n Nur zehn Prozent sehen einen Messeauftritt generell noch als wichtiges Vertriebstool.
Gut zu wissen n Unternehmen investieren verstärkt in Online-Marketing-Maßnahmen n Neue Online-Formate oder Internetplattformen sind im Aufwind n Digitale Medien ermöglichen den nahtlosen Übergang von On- und Offline-Welt n Weitere Infos unter: https://bvmw.info/springerprofessional_vertriebskanäle https://bvmw.info/springerprofessional_marketing_vertrieb Eva-Susanne Krah Stellvertretende Chefredakteurin SpringerZeitschrift Sales Excellence Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Channel Managerin Marketing + Vertrieb Springer Professional www.springerprofessional.de
Foto: © Syda Productions von www.stock.adobe.com
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iele Messen unterschiedlicher Branchen mussten in den vergangenen Jahren bereits signifikante Ausstellerverluste hinnehmen und sich um neue Konzepte bemühen, um Besucher wie Aussteller auf dem Messeparkett zu halten. Für Vertriebsteams bedeuten Messen zwar vor allem eines: Kosten, Zeit und oft auch Stress. Doch der persönliche Kontakt zum Kunden ist nach wie vor überaus wertvoll für die Neukundenanbahnung genauso wie zur Vertiefung von Kundenbeziehungen bei Bestandskunden.
Die Springer-Autoren Christoph Kirst und Urte Peter betonen in ihrem Buch „Events und Messen im digitalen Zeitalter“ den positiven Aspekt der Veränderungen in der Messelandschaft. Digitale Bestandteile, etwa bei Events, könnten Erlebnisse intensivieren und den Nutzen vieler Live-Kommunikationsmaßnahmen zielführend verstärken. Digitale Medien ermöglichten den nahtlosen Übergang von On- und Offline-Welt und Live bekomme eine Verlängerung vor und nach einem Event. Ein reales Erlebnis wird aus Sicht von Kirst und Peter dadurch mit einem virtuellen verknüpft.
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Warum wir ein neues Verkaufskonzept brauchen Karsten Brocke ist seit Jahren einer der meistgebuchten Verkaufs- und Verhaltenstrainer. Sein Credo: Es gibt keinen Verkauf mehr. Wie man genau deshalb im Vertrieb erfolgreich wird, was das alles mit Gehirnstrukturen zu tun hat, und wie Mittelständler davon profitieren, erklärt er im Interview mit DER Mittelstand.
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ER Mittelstand.: Herr Brocke, Sie stellen in Seminaren und Büchern ein neues Konzept für Vertriebler vor. Was ist das alte, und warum ist es nicht mehr zeitgemäß?
Karsten Brocke: Als erstes muss man begreifen: Es gibt keinen Verkäufer mehr, auch keinen Verkauf im klassischen Sinn. Es gibt in echt ja nur Verkaufsprozesse. Denn das Kaufverhalten der Menschen hat sich drastisch geändert, nicht aber das Verkaufsverhalten.
Foto: © Christian Krup
Was ist passiert? Die Digitalisierung hat einen Gesellschafts- und Kulturwandel erzeugt. Die Angebotsfülle im Internet lässt Menschen, die kaufen wollen, Tag und Nacht aktiv nach Produkten und Dienstleistungen suchen. Amazon und Ebay beschäftigen keinen einzigen Verkäufer, sie kennen nur Anbieter. Die Kunden erleben dort niemandem mehr, der sie überzeugen will, etwas zu kaufen. Gleichwohl gehen alle herkömmlichen Verkaufsstrategien vom Konzept der Kundenüberzeugung aus. Doch nach allen Hirnforschungsergebnissen kann man einen Menschen nicht überzeugen, er muss sich selbst überzeugen. Das alte Verkaufskonzept „passiviert“ den Kunden, doch es ist besser, Menschen menschlich zu aktivieren. Deshalb trainiere ich keine Verkäufer, sondern Kaufanreger. Kaufanreger aktivieren Entscheidungsprozesse, die in Kaufprozessen münden, sie bauen beim Kunden eine innere Motivation auf. Menschen treffen Entscheidungen, wenn sie merken, dass ihre Wahl ihr Leben direkt betrifft. Im limbischen System des Gehirns wird die emotionale Wertigkeit einer Wahl verhandelt, in Form einer Erwartungshaltung, die zu erfüllen ein gutes Gefühl gibt. Dies alles geschieht, bevor der Mensch eine Kaufentscheidung fällt, aber das Bereitschaftspotenzial ist da. Menschen wollen Entscheidungen, die sie betreffen, auch treffen. Soweit die Neurologie. Aber was macht nun der Kaufanreger? Er versetzt den Kunden in einen Zustand, der ihn erkennen lässt, dass es um ihn geht, er selbst eine Entscheidung fällt, die ihn betrifft. Der Kaufanreger aktiviert den Verkaufsprozess, in dem der Kunde erkennt, dass ihm ein Produkt etwas wert ist – so viel, dass er darin investieren will. Der Kunde antizipiert ein Bild in der Zukunft, das gute Gefühle auslöst. Wir Kaufanreger müssen diese Bilder kennen und über vertraute Sprachmuster dieses Bilderarsenal aktivieren, das richtige Bild zu erzeugen. Fachchinesisch wird daher nur als Bestätigung der emotionalen Entscheidung benötigt. Letztlich investieren Menschen in die eigenen Ziele, die es ihnen wert sind.
Karsten Brocke Verkaufs- und Verhaltenstrainer, Dozent am Steinbeis-Transfer-Institut, Buchautor und BVMW-Mitglied. Videos, Publikationen, Informationen und Booking unter: www.der-kaufanreger.de
Ergibt Sinn beim Urlaub auf den Malediven im Frühjahr, für den ich im November zahle. Aber wie ist es mit neuartigen Zylinderkopfdichtungen eines unterfränkischen Mittelständlers? Für den Verkauf von Produkten des produzierenden Gewerbes gilt dasselbe. Schließlich sitzen sich immer Menschen gegenüber. Ein guter Vertriebler eines mittelständischen Unternehmens kennt die Bilder, die er beim Einkäufer eines Motorenbauers aktivieren muss. Denn auch hier werden Wahlentscheidungen auf der Grundlage von Emotionen getroffen: Ein Bild von besseren Zylinderkopfdichtungen, die weniger Arbeitsschritte bei längerer Haltbarkeit garantieren und Motoren günstiger und besser machen, löst ein Bild in der Zukunft beim Menschen aus. Er versteht, dass diese Entscheidung sein Unternehmen betrifft. Natürlich muss der Vertriebler fachlich fit sein, aber diese Kompetenz wird die selbst getroffene Entscheidung des Kunden nur bestätigen. Das Interview führte Bernd Ratmeyer.
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Passgenau durch Vertrieb 4.0 Die Reise des Kunden vom unspezifischen Interessenten zum loyalen Käufer geht viele verschlungene Pfade. Um diese Kundenreise im Sinne des Unternehmens zu leiten, kommt ein moderner Vertrieb um Digitalisierung und Automatisierung nicht mehr herum.
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er Kunde steht im Mittelpunkt, und die Customer Journey wird dahingehend beeinflusst, dass am Ende ein loyaler kaufender Kunde herauskommt.“ So klingt in vielen Unternehmen der Kernsatz in der Vertriebsstrategie. Dass ersteres häufig jedoch nur Wunschdenken und letzteres nur bedingt beeinflusst werden kann, wird vielen Marketing- und Vertriebsexperten immer deutlicher bewusst. Insbesondere im B2B-Umfeld sind während des Kaufprozesses viele Entscheidungsträger beteiligt. Sie machen die Kundenreise hochkomplex und ziehen sie in die Länge.
Schlaue Kombination von Basis- und Promotion-Content Im Vorfeld zu bestimmen, an welchem „Moment of Truth“ der Kunde den Kaufprozess auslöst, wird immer unwahrscheinlicher. Ein B2BKunde informiert sich längerfristig über Angebote im Internet und befasst sich mit einer vielfältigen Contentlandschaft, bevor er eine Kaufentscheidung trifft. Ist ein Unternehmen online nicht präsent, findet es nicht statt. Um dem Kunden auf seiner digitalen Reise möglichst viele Touchpoints zu bieten, muss die Contentstrategie sowohl Basiselemente wie E-Books, Whitepapers, Themendossiers und Checklisten als auch Promotioncontent wie Interviews, Fach- und Anwenderberichte und Social-Media-Posts beinhalten. Eine Marketingautomation mit verhaltensbasierter Ausspielung relevanter Inhalte und eine nutzerzentrierte Führung der Kundenreise entlasten den Vertrieb und führen den Kunden zum Kauf.
Wenn das Contentmodell einmal steht, braucht ein erfolgreicher Vertrieb diese drei Eigenschaften: Er muss die Bedürfnisse des Kunden verstehen, sie digital abbilden und die Informationshoheit über die eigenen Produkte und Preise behalten. Gab es im Vertrieb 1.0 eine große Nachfrage und kaum Wettbewerb, belebte im Vertrieb 2.0 die wachsende Wirtschaft Geschäft wie Konkurrenz. Im Vertrieb 3.0 war der Kunde durch Internet und Onlineshops über alles auf Knopfdruck informiert, Vertriebler verloren die Deutungshoheit über das Nutzenversprechen ihrer eigenen Produkte und Services. Heute muss sich der Vertrieb mit Unternehmen und Anforderungen des B2B-Kunden auseinandersetzen. Nicht die Frage, warum ein Kunde das Produkt kaufen soll, sondern warum gerade dieser Kunde das Produkt von diesem Anbieter kaufen soll, muss beantwortet werden. Willkommen im Vertrieb 4.0!
Im Mittelstand ist Luft nach oben Laut einer aktuellen Studie ist bei 47 Prozent aller Mittelständler die Digitalisierung im Vertrieb kein strategisches Ziel, über ein Drittel verfügt über keinen digitalen Vertriebskanal. Wer nicht riskieren
will, hinter digitalaffine Unternehmen zurückzufallen und irrelevant zu werden, muss sich bewegen. Eine in der kompletten Organisation gelebte konsequente Kundenorientierung, reibungslose Kommunikation und schnelle, automatisierte Reaktionsgeschwindigkeit sind absolut erfolgsrelevant. Gut zu wissen n „Moment of Truth“ als finalen Kontaktpunkt möglichst präzise planen n Kundenbedürfnisse vorwegnehmen und digital abbilden n Informationshoheit über eigene Produkte und Preise behalten Oliver Hickfang BVMW Projektmanager E-Mail, Marketing Automation oliver.hickfang@bvmw.de
Fotos: © Matti Hillig; © krugli von stock.adobe.com, klyaksun von stock.adobe.com
Vertrieb 4.0 ist bereits unter uns
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Wie Ihr Onlineshop zur Erlebniswelt wird IT-Dienstleister wie die Kreativagentur Walk3 helfen Unternehmen, auf deren Geschäfte zugeschnittene Onlineshops zu realisieren. Wie dabei vorgegangen wird, was beachtet werden muss, wie seine Kunden zuarbeiten müssen, und was an Kosten entsteht, erklärt BVMWMitglied Pierre Jacek.
entweder veraltet oder mit Website-Erweiterungen wie WooCommerce oder TT-Commerce aufgebaut, was aber keinen echten Onlineshop ersetzt.“ Solche Erweiterungen verlangsamen den Seitenaufbau und führen nicht selten zur Unauffindbarkeit des Shops. Für Jacek ist der perfekte Onlineshop „eine Erlebniswelt für den Besucher“, größter Wert müsse auf die optimale Darstellung auf Smartphone-Displays gelegt werden. „Filtermöglichkeiten und eine optimale Benutzerführung runden den perfekten Shop ab.“ Dabei zähle der erste Eindruck: „Aussagekräftige Produktbeschreibungen und Bilder der Produkte müssen ansprechen und sollten deshalb vorhanden sein oder vom Kunden zeitnah erstellt werden.“ Weiterhin sollte sich der Kunde über konkurrenzfähige Preise, den oder die passenden Versanddienstleister sowie die bevorzugten Zahlungsmittel „Eine Erlebniswelt für Besucher“ – PayPal, Kreditkarten, Vorkasse oder andere – im Vorfeld Gedan„Die von uns erstellten Onlineshops eignen sich für jede Branche ke gemacht haben. und für jedes Produkt“, sagt Walk3-Geschäftsführer Pierre Jacek, „sowohl für physische als auch digitale Produkte wie Gutscheine – Lieferschein und Rechnung mit einem Klick zum direkten Verkauf an private Endkunden, aber auch für Geschäf- „Aber auch die gesetzlichen Vorgaben wie Impressum und Datente im B2B-Bereich.“ Ein Großteil seiner Kunden habe schon vor der schutzerklärung sowie vielleicht die Anbindung eines Newsletters Zusammenarbeit mit Walk3 Onlineshops gehabt. „Diese waren aber erläutern wir bereits im ersten Gespräch, damit diese Anforderun-
Foto: © sutthinon602 von www.stock.adobe.com
E
inkaufen auf dem Sofa oder unterwegs in der Bahn, ohne Maske und unabhängig von Ladenöffnungszeiten: Onlineshopping macht´s möglich. Eine Website, über die ein Unternehmen Waren oder Dienstleistungen im Internet anbietet und verkauft, ist gerade in diesen Zeiten nahezu unverzichtbar. Deshalb spezialisieren sich immer mehr Firmen auf die Erstellung von Onlineshops. Eine davon ist das BVMW-Mitglied Walk3 GmbH & Co. KG aus Leopoldshöhe bei Bielefeld. Die Kreativagentur bietet darüber hinaus Kunden im ganzen deutschsprachigen Raum sämtliche Onlinemarketing-Dienstleistungen an, gestaltet und programmiert Websites oder sorgt dafür, dass Internetpräsenzen bei Google und anderen Suchmaschinen schnell gefunden werden.
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gen frühzeitig in den Onlineshop integriert werden können.“ Natürlich sei in jedem professionellen Shop-Software-System auch schon eine Warenwirtschaft enthalten. „Dadurch können unsere Kunden nach Bestelleingang mit einem Klick den Lieferschein erzeugen und mit einem weiteren die Rechnung versenden – so kann auf dem glei-
Wer online einkauft, etwa bei Amazon, achtet davor fast immer auf die Bewertungen anderer Kunden. chen Weg auch ein Paketaufkleber erzeugt werden.“ Walk3 arbeitet vor allem mit den Shop-Software-Systemen Magento 2 und Shopware 6, um auf bestimmte Geschäfte zugeschnittene Onlineshops zu entwickeln.
Wichtig: Möglichkeit zur Produktbewertung Für den Start, so Jacek, sei ein Standard-Paket ideal: „Die Sonderwünsche kommen dann meist während der Planung, denn es gibt Tausende von vorgefertigten Erweiterungen, die das Einkaufen nicht nur zum Erlebnis machen, sondern den Besucher des Onlineshops schnell ans Ziel, nämlich den Verkauf, bringen.“ Die Möglichkeit der Produktbewertung zum Beispiel sei sehr wichtig: „Denn wer online einkauft, etwa bei Amazon, achtet davor fast immer auf die Bewertungen anderer Kunden.“ Und ein großer Teil der Suchmaschinenoptimierung SEO (für Search Engine Optimization), die früher mühsam händisch eingetragen oder programmatisch bearbeitet werden musste, läuft in den bei Walk3 eingesetzten Shop-Software-Systemen automatisiert.
Die Kosten für die Erstellung eines Onlineshops hängen vor allem vom Bedarf und dem damit verbundenen Aufwand ab. „Wir haben Kunden, die einen Standard-Onlineshop mit ihrem Logo und einem guten Standard-Design erstellen lassen – dazu kommt noch eine Einweisung in die Bedienung.“ Die notwendigen Einstellungen würden dann vom Kunden getätigt. „Die meisten Kunden wollen jedoch einen optimalen Onlineshop, wofür wir die Designs und den kompletten Shop umsetzen.“ Die entstehenden Kosten für solche PremiumLösungen lägen meist zwischen 6.000 und 15.000 Euro.
Gut zu wissen Was beim Onlineshop zu beachten ist: n Produktbeschreibungen und Bilder der Produkte müssen ansprechen n Gesetzliche Vorgaben wie Impressum und Datenschutzerklärung müssen integriert werden n Jedes professionelle Shop-Software-System sollte bereits eine Warenwirtschaft enthalten n Produkte sollten bewertet werden können www.walk3.com Almut Friederike Kaspar Journalistin mittelstand@bvmw.de
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Vertriebsprozesse durch Digitalisierung optimieren Der Erfolg von Unternehmen steht und fällt mit dem Vertrieb. Es lohnt sich also, genauer zu schauen, wie man digitale Möglichkeiten nutzen kann: Vertriebsprozesse optimieren, von Amazon lernen und heute schon ins Morgen schauen.
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ährend das Sammeln von Informationen über potenzielle Kunden und relevante Produkte bisher ein analoger, mühsamer Prozess war, können heute hierbei digitale Möglichkeiten unterstützen. So können sich die Vertriebsmitarbeiter per Sprachassistent auf dem Weg zum Kunden entsprechende Informationen vorlesen lassen. Wenn alle Mitarbeiter eine zentrale Plattform zum Ablegen von Produkt- und Kundeninformationen verwenden, ist der Abruf kein Problem mehr: Der digitale Assistent kann die zuletzt festgehaltenen Informationen zum Kunden schnell liefern.
Intelligente Produktsuche Für den Kunden sind vor allem Produktinformationen wichtig. Somit ist es von oberster Priorität, dass die Vertriebsmitarbeiter schnell auf sie zugreifen können. Je nach Komplexität des Angebots kann eine intelligente Produktsuche hilfreich sein. Interessant sind hier auch Informationen, wie sie aus dem Online-Handel bekannt sind: Kunden, die Produkt X kauften, interessieren sich auch für Produkt Y. Warum dem Kunden nicht auch ein weiteres Produkt anbieten, das für ihn hilfreich sein kann?
Plattform Termin-Nachbereitung Ein Problem der Termin-Nachbereitung ist, dass diese in vielen Unternehmen noch handschriftlich angefertigt wird. Auf diese Informationen kann daher niemand zugreifen, und oft entsteht ein doppelter Aufwand, da die Notizen im Nachgang noch in Systeme eingetragen
werden müssen. Auch hier hilft ein smarter Assistent, der Informationen während oder nach dem Termin abfragt und sie effizient auf einer zentralen Plattform ablegt.
Motivation im Team Eine Möglichkeit, aktuelle Vorgänge im Vertrieb festzuhalten, ist ein Vertriebs-Dashboard. Die Mitarbeiter können ihre Aktivitäten dort visualisieren und Erfolge festhalten. Hierbei kann es sie antreiben, ihren Beitrag als Teamziel festzuhalten. Wichtig dabei ist, dass dieser Ansatz im Team erarbeitet werden sollte, damit alle Mitarbeiter sich damit wohl fühlen.
Der Blick in die Zukunft Wer diese Ansätze berücksichtigt und die Informationen aus den Vertriebsterminen digital festhält, sammelt automatisch Daten. Nach einer gewissen Zeit lassen sich daraus konkrete Vorhersagen machen und die Erfolgsquote im Vertrieb weiter steigern.
Niklas Volland und Christian Schieber Gründer und Geschäftsführer der bytabo® GmbH BVMW-Mitglied https://bytabo.de
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Lorem ipsum SCHWERPUNKT 49 Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Lease back kurzfristige Geldvorteil Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Lease back Industrie- oder Büroobjekt raum kurzfristige Geldvorteil Liquiditätsgewinn Sale and Lease back kurzfristige GeldIndustrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale vorteil and Lease back kurzfristige Geldvorteil and Lease Leaseback back raum Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Industrie- oder zieller Spielraum kurzfristige Geldvorteil Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and and Lease Leaseback back kurzIndustrie- oder Büroobjekt Liquiditätsfristige Geldvorteil kurzfristige Geldvorteil gewinn Sale and Lease back and Lease Leaseback ziellen Spielraum Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and back kurzfristige Geldvorteil Indusand Lease Lease back trie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and raum kurzfristige Geldvorteil Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Lease Lease back back kurzfristige GeldIndustrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale vorteil and Lease back kurzfristige Geldvorteil and Lease Leaseback back raum Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Industrie- oder zieller Spielraum kurzfristige Geldvorteil Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and and Lease Leaseback back kurzIndustrie- oder Büroobjekt Liquiditätsfristige Geldvorteil kurzfristige Geldvorteil gewinn Sale and Lease back ziellen Spielraum Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and and Lease Leaseback back kurzfristige Geldvorteil Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and and Lease Leaseback back Industrie- oder Büroobjekt raum kurzfristige Geldvorteil Liquiditätsgewinn Sale and Lease Lease back back kurzfristige GeldIndustrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale vorteil and Lease back kurzfristige Geldvorteil and Lease Leaseback back raum Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Industrie- oder zieller Spielraum kurzfristige Geldvorteil and Lease Leaseback back kurzBüroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsfristige Geldvorteil gewinn Sale and Lease back kurzfristige Geldvorteil and Lease Leaseback ziellen Spielraum Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and back kurzfristige Geldvorteil Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Lease back Industrie- oder Büroobjekt raum kurzfristige Geldvorteil Liquiditätsgewinn Sale and Lease Lease back back kurzfristige GeldIndustrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale vorteil back kurzfristige Geldvorteil and Lease back raum Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Lease Lease back back Industrie- oder Büroler Spielraum kurzfristige Geldvorteil objekt Liquiditätsgewinn Sale and Lease back kurzfristige Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Geldvorteil and Lease Leaseback back kurzfristige Geldvorteil Sale and Spielraum Industrie- oder Büroobjekt Liquiditätsgewinn Sale and Lease Lease back back Um Ihr Unternehmen gerade in turbulenten Zeiten zukunftsorientiert aufzustellen, braucht es Industrie- oder nanzieller Spielraum kurzfristige Geldvorteil finanziellen Spielraum. VielleichtSale wollen Sie Ihre Produktion ausweiten, einen Standort Büroobjekt Liquiditätsgewinn and Lease back kurz- stärken oder and Lease back
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Rechtlich sicher in den Onlinehandel Ob Bestellung, Terminvergabe oder Beratung – längst erwarten Kunden digitale Angebote und wollen immer häufiger über Onlineshops oder Chats mit Unternehmen verbunden sein. Die Corona-Pandemie zeigt, dass Online-Angebote die Sichtbarkeit von Unternehmen enorm steigern können.
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iele Unternehmer sind noch immer skeptisch und scheuen den Schritt, neue Tools oder moderne Shopsysteme zu nutzen. Im Fernabsatzgeschäft – wie der Onlinehandel rechtlich heißt – gelten zahlreiche Rechtspflichten rund um Widerrufs-, Marken- und Wettbewerbsrecht oder Datenschutzbestimmungen. Mit dem Händlerbund sind Unternehmer jederzeit informiert und abgesichert.
Fairer Partner für Onlinehandel Seit zwölf Jahren begleitet und gestaltet der Händlerbund die Entwicklung der E-Commerce-Branche mit und unterstützt Unternehmer bei der Absicherung ihres Geschäfts im Netz. Als Mitglied beim Händlerbund profitieren Unternehmer nicht nur von einer rechtlichen Absicherung, die kaum ein Anbieter zu diesem Preis-Leistungs-Verhältnis garantieren kann, sondern sind auch Teil einer starken Gemeinschaft. Regelmäßige Branchentreffen, professionelle Weiterbildungen und tagesaktuelle News aus der E-Commerce-Branche sind nur einige der vielseitigen Angebote des Händlerbunds.
Abmahnungen
Onlineplattform zugänglich Der Marketplace des Händlerbundes ist eine digitale Plattform mit zahlreichen kostenfreien und buchbaren Angeboten für Händler und Unternehmer. Im Wissensbereich, der dem Einstieg in den Onlinehandel eine eigene Kategorie widmet, finden interessierte Unternehmer praxisnahe Beratung. Tipps rund um den erfolgreichen Onlinehandel sind selbst ohne Händlerbund-Mitgliedschaft abrufbar. Auch Vorlagen für Arbeitsverträge, Checklisten, Weiterbildungskurse und ein Jobnetzwerk bietet der Händlerbund Marketplace.
Gut zu wissen n Rechtliche Absicherung in jedem Mitgliedschaftspaket inklusive n Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für Start in digitales Business n Kurse zur Weiterbildung mit dem Händlerbund Campus n Tagesaktuelle Nachrichten mit den Onlinehändler-News n Wissensbereich zu E-Commerce auf dem Händlerbund Marketplace n Wer eine Mitgliedschaft abschließen oder das bestehende Paket mit Zusatzleistungen erweitern will, kann dies digital unter marketplace.haendlerbund.de erledigen Tim Arlt COO Händlerbund – das 360°-E-Commerce-Netzwerk www.haendlerbund.de
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Die jährliche Abmahnstudie des Händlerbunds zeigt, dass bis zu 30 Prozent der Onlinehändler von Abmahnungen betroffen sind. Durchschnittlich schlagen diese mit 500 Euro zu Buche, und die Kosten steigen häufig in den vierstelligen Bereich, wenn keine rechtliche Absicherung besteht. Für mittelständische Händler und Unternehmer bietet der Händlerbund mit seinen vier Mitgliedschaftspaketen ein Angebot, um rundum abgesichert und gut beraten zu sein. Mit Rechtstexten wie Impressum, AGB, Widerrufsrecht und Datenschutzerklärung starten Unternehmer im B2B- und B2C-Bereich ihren abmahnsicheren Verkauf. Die Unterstützung geht jedoch weit über die rechtliche Absicherung von Onlinepräsenzen hinaus. Der Händlerbund Marketplace verschafft einen Überblick.
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Crowdfunding als Marketingtool Es dient nicht nur der Startfinanzierung eines Unternehmens, Produktes oder einer Idee: Crowdfunding nützt auch dem Marketing. Ist es also auch eine Möglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen, ihre Bekanntheit zu steigern? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Und was muss man beachten?
Wer wird angesprochen? Mit den Expertinnen und Experten des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Berlin, _Gemeinsam digital, hat sich die Litewerks GmbH in einem Projekt angeschaut, wie eine Crowdfunding-Kampagne für sie aussehen könnte. Das Unternehmen stellt smarte Lithium-Batterien her. Die per App steuerbaren Batterien sind aufgrund besonderer Funktionen und Eigenschaften vor allem bei Motorsportbegeisterten beliebt. Grundsätzlich sind die USA bezüglich Crowdfunding etwas weiter. Dort ist die Unterstützung von guten Ideen auch bei Endkunden populärer. In Deutschland sind eher strategische Investoren aktiv, hier erreicht man also nicht unbedingt die breite Masse. Gleichzeitig ist dies aber abhängig von den Gegenleistungen, die man für eine Unterstützung bietet, und von der Finanzierungsform. Gewinnbeteiligung oder Unternehmensanteile als Gegenleistungen ziehen eine andere Crowd an als ein schickes Produkt als Belohnung. Deshalb muss hier eher eine auf Investition spezialisierte Zielgruppe angesprochen werden. Andererseits muss die zusätzliche Bewerbung der Kampagne über andere Kanäle, besonders Social-Media-Kanäle, noch stärker ausfallen, um potenziell interessierte Konsumenten zu erreichen. Zu den größeren Plattformen im deutschsprachigen Raum zählen Kickstarter, Startnext, aber auch Seedmatch, Companisto oder Vision Bakery. Alle haben unterschiedliche Konditionen, Zielgruppen, Zielbranchen und Reichweiten. Eine gute Crowdfunding-Kampagne ist jedoch nicht unaufwendig und sollte strategisch geplant werden. Das
Foto: © Prostock-studio von www.shutterstock.com
M
ittels Crowdfunding kann jeder, ob Privatperson oder andere rechtliche Institutionen, auf einer dafür konzipierten Plattform eine Idee, ein Produkt oder eine Finanzierungsbitte veröffentlichen. Die Kampagnen laufen über einen bestimmten Zeitraum und haben eine festgelegte Summe als Finanzierungsziel. Insbesondere Gründerinnen und Gründer nutzen Crowdfunding (übersetzt: Schwarmfinanzierung) als eine der ersten Finanzierungsmöglichkeiten. Denn sobald das Eigenkapital oder die Finanzierung durch Familie und Freunde nicht mehr ausreichen, sind Startups oftmals mit einer Finanzierungslücke konfrontiert. Insbesondere für Unternehmen in der Gründungsphase ist es schwierig, eine Finanzierung durch Banken, Business Angels oder Venture Capital Gesellschaften zu erhalten. Das monetäre Gesamtvolumen der Transaktionen über Crowdfunding-Plattformen steigt laut den Prognosen des Statistikportals Statista stetig. In diesem Jahr sollen Akteure in Deutschland mit 39,2 Millionen Euro innerhalb eines Jahres 2,5 Millionen Euro mehr umsetzen als 2019. Betrachtet man hingegen die Höhe des eingesammelten Kapitals pro Projekt, liegt dieser Wert durchschnittlich lediglich bei 7.429 Euro. Selbstverständlich gibt es auch Beispiele von Unternehmen, die mit ihren Vorhaben Beträge in Millionenhöhe eigesammelt haben. Doch für die meisten bleibt es bei einem verhältnismäßig geringen Betrag, womit eine Finanzierung nur kurzfristig überbrückt werden kann. Es muss also noch andere Vorteile geben, die eine Crowdfunding-Kampagne lohnend machen.
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Kommunikationsplan ist notwendig Natürlich gibt es auch Nachteile: Die hohe Zahl an Plattformen führt zu einer Streuung der Crowd, der Impact wird also etwas geschmälert. Zudem gibt es keine Erfolgsgarantie der Finanzierung, das heißt, eine Kampagne kann auch zu Ende gehen, ohne dass die Finanzierung erreicht wird. Zudem veröffentlicht man ggf. seine Geschäftsidee, was nicht immer von Vorteil ist.
Eine gute Crowdfunding-Kampagne benötigt eine Strategie und einen Kommunikationsplan. Vorausgesetzt werden eine gute Produktpräsentation, also qualitativ hochwertige Fotos, Gifs und ein prägnantes Pitch-Video inklusive einer guten Geschichte zur Idee. Das Projekt sollte dabei engmaschig in vorhandene Social-Media-Aktivitäten eingebunden werden. Kurz gesagt: Eine gute Crowdfunding-Kampagne benötigt eine Strategie und einen Kommunikationsplan. Sie muss bis zum Ende durchgeplant sein, um lebendig zu bleiben und in ihrer Reichweite zu wachsen. Die Litewerks GmbH hat nun einen ausführlichen Leitfaden für ihre Crowdfunding Kampagne an der Hand und kann die Planung beginnen. Damit auch andere Unternehmen von den Erkenntnissen aus diesen staatlich geförderten Digitalisierungsprojekten profitieren können, werden sie regelmäßig auf www.gemeinsam-digital.de veröffentlicht.
Gut zu wissen Wählen Sie eine Crowdfunding-Plattform, die zu Ihrer Zielgruppe passt: n Kickstarter: Kreative & Designer n Indiegogo: technische, kreative, soziale Projekte n Seedmatch: Startups & Immobilienprojekte n Startnext & Vision Bakery & Companisto: alle Anastasia Schad Projektmanagerin _Gemeinsam digital, Institut für Innovation und Informationsmanagement
Marie Landsberg Referentin _Gemeinsam digital, Bundesverband mittelständische Wirtschaft
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kann sich aber lohnen, denn so kann Crowdfunding auch zum Marketingtool werden. Es kann das Interesse einer neuen, investitionsfreudigen Zielgruppe wecken, für eine neue Produktidee oder einen neuen Bestandteil eines bereits existierenden Produkts oder einer Dienstleistung zu werben. Die Bindung zwischen Kunden und Unternehmen, das Brandbuilding und der Bekanntheitsgrad können gefördert werden. Es ermöglicht direktes Feedback einer Crowd zum Projekt und erhöht die Transparenz.
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Starker Auftritt: Die Stimme wirkt Wirkungskompetenz mit Sachkompetenz im Vertrieb zu vereinen: Das schafft die Stimme, und es ist eine Kunst, sie effektiv einzusetzen, um souverän zu wirken.
I
m Horrorfilm produziert die Musik die Spannung. Unser vegetatives Nervensystem reagiert messbar. Willenlos sind wir akustischen Reizen ausgeliefert. Umgekehrt reagiert unsere Stimme genauso direkt: Stress, Unwohlsein, Aufregung, Unsicherheit, Schmerzen, Druck, Erfolg, Liebe, Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein drücken sich unmittelbar in unserer Stimme aus. Unsere Stimme ist ein phänomenales Instrument. Kaum beachtet, bedienen wir es intuitiv. So wie die Musik als höchste emotional wirkende Kunst gilt, so kann auch die Stimme nichts verheimlichen. Sie reagiert unwillkürlich auf kleinste Umgebungsveränderungen und verrät unserem Gegenüber, wie wir uns fühlen.
Was Vertrieb und Oper gemeinsam haben VertriebsmitarbeiterInnen, Führungskräfte und alle Menschen, die mit Kunden zu tun haben, sind in einer ähnlich ambivalenten Situation wie eine Opernsängerin vor dem Auftritt. Sich selbst und die trainierte Stimme unter Aufregung und Lampenfieber gekonnt zu führen, ist die Herausforderung. Mit wenigen, leicht erlernbaren Tricks können die Werkzeuge der klassischen Gesangsausbildung auf andere Lebensbereiche übertragen werden.
Unsere Stimme, ein Verräter Ist ein körperlicher Bereich angespannt, breiten sich diese Verspannungen unmittelbar im ganzen Körper aus. Auch die beiden Stimmbänder im Kehlkopf sind in diesem System involviert. Unter Stress verspannen sich Nacken-, Kiefer-, Schulter-, Bauch- und Rückenmuskulatur. Dies führt dazu, dass Stimmen angespannt bis gepresst wahrgenommen werden. Um anders zu klingen, ist es notwendig, den Körpertonus, also den Spannungszustand der Muskulatur, zu verändern. Dabei hilft der Atem. Mit jedem bewussten Ausatmen aktiviert das Nervensystem den Parasympathikus, den Nerv, der im gesamten Körper für Lockerung und Lösung sorgt. Stresshormone werden nicht mehr ausgeschüttet, Puls und Herzschlag verlangsamen sich, man kommt zur Ruhe. Die sehr kurzen Stimmbänder – bei Frauen bis zu 1,75, bei Männern bis zu 2,5 Zentimeter lang – bewegen sich beim Sprechen über hunderte Male in der Sekunde. Sie reagieren dabei seismographisch auf jegliche Spannungsänderung.
Foto: © Christel Damm
Tiefe Töne klingen angenehm Jeder kann positiv auf seine Stimme einwirken. Befindet sich der Körper in einem Zustand der optimalen Balance zwischen aktiv und passiv, angeregt und beruhigt, arbeiten alle Muskeln des Stimmapparats effizient und effektiv zusammen. Nur eine gelockerte Muskulatur im Stimmapparat lässt tiefe Töne erzeugen. Sprechen im indivi-
duellen „Eigenton“ wird möglich. Dieser liegt meist im unteren Drittel der Sprechstimme, löst angespannte Atmosphären und schafft Vertrauen – den so wichtigen Grundstein für positive Beratungs- und Verhandlungsabläufe. Stresssituationen lassen einen sich selbst verstärkenden Kreislauf entstehen, der nicht bewusst wahrgenommen wird. Die Atmung wird flacher, und die Stimme verlagert sich in höhere Frequenzen. Man nimmt die eigene erhöhte Stimmlage wahr, was wiederum irritiert und die Atmung stocken lässt. Die Kiefermuskulatur verhärtet sich, und die Stimmlage erhöht sich erneut. Ein Kreislauf, der sich nur mit Übung durchbrechen lässt, da er fast vegetativen Charakter hat. Als Überlebensprogramm früher sinnvoll, erschwert dieser KampfFlucht-Reflex heute herausfordernde Sprechsituationen.
Der Klang ist wichtiger als der Inhalt Die Kunst ist es, bewusst das vegetative Ausgeliefertsein über ein kontrolliertes Bewegungsmuster in einen selbstbestimmten Zustand zu führen. Studien zufolge macht der Stimmklang in der Kommunikation 45 Prozent der Wirkung aus und nur sieben Prozent der Inhalt des Gesagten. Fällt durch Telefon- und Onlinekommunikation die körperliche Präsenz aus, liegt der Fokus fast ausschließlich auf der Stimme. So ist die souveräne und starke Stimme, die mit ihrem Stimmklang überzeugt, besonders im Vertriebsalltag ein unbewusstes Hauptargument und ein wichtiger Schlüsselfaktor für den positiven Ausgang geschäftlicher Prozesse.
Gut zu wissen n Bewegen Sie sich bei Aufregung auch nur minimal, um Flucht oder Kampf zu simulieren, senkt sich der Adrenalinspiegel ab n Stehen Sie mit durchlässigen Knien, um die notwendige Atembewegung im Bauchraum zu ermöglichen n Atmen Sie immer wieder bewusst aus, um Muskelanspannungen zu vermeiden und den Sprechvorgang mit Luft zu versorgen Claudia Duschner CLAUDIA DUSCHNER – StimmStudio Mühlheim an der Ruhr BVMW-Mitglied www.stimmewirktsofort.com
56 SCHWERPUNKT
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VERTRIEB IN ZAHLEN
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Prozent Zuwachs konnte im Lockdown Monat April der deutsche Online-Handel im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnen. Quelle: Statista
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23,9 Prozent der Verkaufsemails werden geöffnet. Quelle: http://bvmw.info/blog_topohq
Prozent beträgt der Anteil der männlichen Beschäftigten, die im Vertrieb tätig sind. Quelle: salesjob
80
Prozent der Vertriebsmitarbeiter sind zwischen 25 und 54 Jahre alt. Quelle: salesjob
37
Prozent der Unternehmen in Deutschland, die bisher auf Messen vertreten waren, wollen im kommenden Jahr keine Messeauftritte oder -besuche mehr durchführen.
40,4 Milliarden Euro im Jahr geben deutsche Unternehmen für ihre Werbung aus. Davon 18,4 Milliarden Euro für Dialogmedien. Quelle: Deutsche Post
Quelle: Visable und YouGov
60.000
In
80
Unternehmen, die ganz überwiegend mittelständisch geprägt sind, agieren in Deutschland im Bereich der logistischen Dienstleistungen.
Prozent der deutschen Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe sind Geschäftsprozesse innerhalb der Abteilungen Vertrieb, Controlling und Einkauf digital vernetzt.
Quelle: BVL
Quelle: Institut für Mittelstandsforschung (IfM)
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Bundeswirtschaftssenat Bundeswirtschaftssenat
Der Bundeswirtschaftssenat das Spitzengremium D er Bundeswirtschaftssenat ist dasist Spitzengremium des BVMW.
des230 BVMW. Ihm gehören 300 herausragende Ihm gehören herausragende Unternehmerpersönlichkeiten an, Unternehmerpersönlichkeiten an, darunter zwei deutsche darunter vier deutsche Nobelpreisträger und zahlreiche Nobelpreisträger und zahlreiche Marktführer. Marktführer. inhabergeführten Unternehmen DieDie Vorzeigeunternehmen stehen fürstehen einenfür einen Jahresumsatz von circa 100als Milliarden Euro undEuro rundund 1 Million Jahresumsatz von mehr 100 Milliarden rund eine Million Arbeitsplätze. Arbeitsplätze. In dieser Ausgabe von „Der Bundeswirtschaftssenat im Dialog“
dieser Ausgabe von erzählt Martin Billhardt,In Vorstandvorsitzender der Pfisterer Holding AG, „Der Bundeswirtschaftssenat im Dialog“:
wie die traditionsreiche Firma mit dem steten Wandel in der Energiebranche umgeht.
Markus Meißner, geschäftsführender Direktor von AEB SE, erklärt, wie wichtig die Digitalisierung von Arbeitsprozessen Stephan Frigge, von Phoenix Contact, erläutert, sowie Werte wieGeschäftsführer Dynamik, Anpassung und Flexibilität in der vor welchen Herausforderungen der in Weltmarktführer im Bereich der Coronakrise für Unternehmen der Logistikbranche sind. Elektrotechnik steht und stellt die Arbeitskultur in seinem
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Horst Wildemann, Unternehmen vor. Universitätsprofessor und Geschäftsführer der TCW Transfer-Centrum für Produktions-Logistik und Technologie-Management GmbH & Co. KG, beschreibt, wie Unternehmen anhand von Innovationen im Technik- und Managementbereich in Krisensituationen lernen können.
https://bvmw.info/BWS
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Foto: © NN
MARKUS MEISSNER AEB SE
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„Veränderung ist Teil unserer DNA“ Wie wichtig Digitalisierung und Flexibilität in der Logistikbranche sind, erläutert Markus Meißner, geschäftsführender Direktor der AEB SE. Das Stuttgarter Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ist auf Cloud-Software für Logistik und Außenwirtschaft spezialisiert.
Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Meißner, für Ihre Branche, Ihr Unternehmen mit Software für Logistik und Außenwirtschaft, muss die noch nicht beendete Krise deutliche Auswirkungen haben und etliche Herausforderungen bedeuten ...
Foto: © AEB SE
und höher automatisierten IT-Systeme in der Logistik kümmern. Wir sorgen dafür, dass sie von neuesten Entwicklungen der Softwarearchitektur und dem Zusammenspiel unterschiedlicher Komponenten profitieren. Damit gewinnt man deutlich an Flexibilität, ein Stichwort dazu ist API (Application Programming Interface), die Ansteuerung Markus Meißner: Lassen Sie mich zum Jahresbeginn 2020 zurück- der Software von außen durch den Anwender. Dies ermöglicht die gehen. Wir waren noch mit recht guten Aussichten auf die Zukunft einfachere Integration in bestehende Lösungsstrukturen. gestartet, sahen zwar schon einige schwarze Wolken. Da aber 2019 besser als erwartet ausgefallen war, waren wir verhalten optimistisch. Vermutlich also ein Wechselspiel zwischen standardisierten und Am 16. März kam ich aus Singapur zurück, dort waren coronabedingt individualisierten Prozessen. bereits die Alarmstufen auf Rot, und musste unmittelbar ins Homeof- Genau das. Und es wurde und wird erst recht bedeutsam in Zeiten fice, wir schlossen alle Büros für die folgenden Wochen. In Krisensze- stark schwankender Nachfrage und drohender Unterbrechung von narios haben wir uns dann dem Umgang mit der neuen Situation ge- Lieferketten, siehe zum Beispiel die inzwischen beschmunzelten vorwidmet. Zunächst schätzten wir den Umsatzeinbruch auf rund sieben übergehenden Engpässe bei Toilettenpapier. Prozent. Wir sind in vielen Branchen unterwegs. Manche davon sind sehr hart betroffen, andere dagegen verzeichnen sogar Steigerungs- Dies hat auch mit der Wechselbeziehung zwischen Produktion, Disraten. Insgesamt gibt es gar nicht die eine Art der Logistik, sie fällt tribution und Verbrauchervertrauen zu tun. Der Einbruch dessen nachvollziehbar je nach Branche ganz unterschiedlich aus. führt dann erst zu Hamsterkäufen und der zunächst gar nicht notwendigen Versorgungskrise. Können Sie diese Unterschiede am Beispiel einiger Branchen deut- In diesem Zusammenhang ist ein gutes Supply-Chain-Management lich machen? enorm wichtig. Je leistungsfähiger die Steuerung einer Lieferkette ist, Unser Geschäft bezieht sich zunächst auf alle Sparten, in denen et- desto geringer werden sich dramatische Einbrüche an einer Stelle was versandt werden muss. Schwerpunkt war bislang das produzie- insgesamt auswirken. Wichtig ist dabei auch hohe Transparenz, die rende Gewerbe. Dies hat auch mit unserem Standort Stuttgart zu tun Einsicht in jede einzelne Stufe der Prozesse, einschließlich Informaund den traditionellen mittelständischen und natürlich auch großen tionen über die jeweilige Verfügbarkeit. Industrieunternehmen. Mit der Zunahme des digitalen Handels wird aber auch die Logistik Richtung der Endverbraucher immer wichtiger, Gibt es für Sie bestimmte Qualitätskriterien? weg von B2B. Auch unsere klassische Kundenklientel muss sich nicht Es gehören Prozesssicherheit und Stabilität dazu, ebenso Resilienz. zuletzt logistisch auf veränderte Abnehmererwartungen und -abläufe Zugleich hohe Flexibilität, schnelle Reaktionsfähigkeit auf Kundeneinstellen. anforderungen, Beachtung von Marktentwicklungen und eben der Umgang mit Volatilität und Ausnahmesituationen, wie wir sie gerade Das heißt, Ihrerseits ist große Flexibilität bei den angebotenen Lö- erlebt haben und immer noch erleben. Es geht mit dem Vermögen sungen erforderlich. Mehr Customization, mehr Möglichkeiten für einher, scheinbar Unvereinbares miteinander zu verknüpfen. ÜbriIhre Kunden, selbst die Abläufe mitzugestalten. gens ist dieses Sowohl-als-auch ein Erfolgsprinzip für aktuelle geJa, das ist ein weites Feld. Fest steht, der Cloudtrend ist unumkehr- sellschaftliche Herausforderungen. Wir selbst können nach diesem bar. Schon vor 18 Jahren hatten wir durch Gründung eines eigenen Konzept kleine und große Kunden gleichermaßen bedienen, hohe Rechenzentrums die Weichen für die Digitalisierung und eben auch und niedrige Volumina bearbeiten. Ob Millionen von Päckchen durchCloudstrategien gestellt. Dabei entwickeln wir eine so flexible Soft- geschleust werden müssen oder ein Unternehmen spezialisiert auf ware, dass einerseits Individualisierung, andererseits aber auch durch die Logistik von Großanlagen ist, für beides haben wir die Lösung. hohe Standardisierung die Bedienung vieler verschiedener Kunden Unsere Systeme sind mit dem Hintergrund 40-jähriger Erfahrung zuermöglicht werden. Diese damals richtige Entscheidung hat uns die gleich robust und über die Cloudplattform flexibel und individualisiert bisher kontinuierlichen Wachstumsraten beschert. konzipiert. Was bedeutet das konkret für Ihre Kunden? Wie ist Ihre Einschätzung der Anpassungsfähigkeit des MittelstanSie können sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, müssen des generell? sich nicht selbst um die seit 20 Jahren immer breiter ausgelegten Da gibt es eine große Bandbreite. Noch immer sind selbst Main-
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Eine ansprechende Arbeitsplatzumgebung, die Kreativität, Ideenreichtum und Gedankenaustausch fördert.
Ihr „Culture Book“ mit einigen Unternehmensprinzipien wäre auch zu nennen. Der Titel, vielfältig zu interpretieren: „kann/alles/ändern“. Eine Philosophie, die Sie gleichermaßen für Ihre Stakeholder formulieren, Partner, Kunden, Mitarbeiter. Für uns ist dieser Ansatz die einzige Möglichkeit, allen Beteiligten langfristig den Erfolg zu sichern. Das verbindet das Wohl des Individuums und der Gemeinschaft mit Unternehmenskultur und wirtschaftlicher Prosperität. Führung und Mitarbeiter des AEB-Teams bewegen sich auf Augenhöhe in einer flachen Hierarchie. Ein Team eben. Zugleich sehen wir uns als Trendsetter, das „Culture Book“ fasst dabei das zusammen, was uns schon seit langem ausmacht und begleitet. Wir waren also schon sehr früh mit Prinzipien aktiv, die sich heute immer mehr verbreiten. Und Sie und Ihr Unternehmen verkörpern dies sehr glaubwürdig. Dies ist auch bei neuen Mitarbeitern ein zentrales Anliegen. Diese erhalten im Rahmen der Einarbeitung die Gelegenheit, alle Bereiche der Firma und möglichst viele der neuen Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen. Wir sind auch stolz darauf, dass unsere Unternehmenskultur auf einschlägigen Bewertungsplattformen von ehemaligen Mitarbeitern sehr gut eingeschätzt wird. Auch die physische Gestaltung Ihrer Arbeitsplätze spiegelt all dies wider, Sie haben Co-Working Spaces, aber auch Sportplatz, Terrasse und Kräutergarten für die Teammitglieder. Es ist das Resultat unserer Philosophie, die es auch leicht macht, neue Dinge auszuprobieren: „Veränderung ist Teil unserer DNA.“ Dynamik, Anpassung und Flexibilität sind Leitprinzipien. Dies gilt für die Art der Zusammenarbeit, es gilt ebenso für Raumgestaltung und Infrastruk-
tur, in die wir in den letzten Jahren an vielen Standorten erheblich investiert haben. Ergänzend hatten wir die Möglichkeit für Homeoffice schon lange vor Corona gelebt. Wir sind der Überzeugung, dass konstruktives Zusammenarbeiten viel mit einer am Wohlbefinden ausgerichteten Arbeitsumgebung und individuellen Freiräumen zu tun hat. Open Space, Nachhaltigkeit, Freundlichkeit, Teamgeist sind die erforderlichen Akzente. Diese Werte von Vertrauen und Aufrichtigkeit gehen bereits zurück auf den Gründer des Unternehmens, Peter Michael Belz. Ja, er stellte schon 1979 die Menschlichkeit vor den wirtschaftlichen Erfolg. Letztendlich ist das kein Gegensatz, sondern Teil des Fundaments. Dazu passt Ihre bis heute gültige Betonung sozialer Verantwortung. In unseren Statuten ist festgeschrieben, dass das Unternehmen den Mitarbeitern gehört. Dies fördert durch höhere Loyalität auch die langfristige Stabilität. Und übrigens fließt ein Teil des Gewinns in die VITA Markus Meißner, Jahrgang 1965, ist seit 2011 geschäftsführender Direktor der AEB SE, einem international ausgerichteten Anbieter von softwarebasierten Cloudlösungen für die Logistik, Außenwirtschaft und das Supply-Chain-Management. In dieser Position verantwortet er unter anderem die Portfoliostrategie und die Internationalisierung der AEB Gruppe. Dazu ist er auch für die Unternehmenstöchter in England, Schweiz, Singapur und den USA als Direktor bzw. Verwaltungsrat verantwortlich. Meißner kam 1995 zur AEB, wo er anfangs als Projektleiter IT-Lösungen bei verschiedenen Konzernen in Europa, Asien und den USA einführte – unter anderem bei Siemens, Infineon, Epcos, Honeywell und VW. Er ist Mitinitiator des Sachverständigenrats „Gipfel der Logistikweisen” und engagiert sich zudem in verschiedenen Verbänden und Gremien, darunter bei der Bundesvereinigung Logistik e. V. und dem Club of Logistics e. V. Seit 2019 ist er als Dozent im Masterstudiengang Umweltorientierte Logistik an der Hochschule für Technik in Stuttgart tätig.
Fotos: © Promat Ratingen
frame-, erst recht PC- und Client Server-Technologien gleichermaßen zu finden. Wir selbst hatten für die Logistikbranche schon früh die Zollabwicklung sehr weitgehend digitalisiert, das ging nur aufgrund der schnellen Anpassung an die jeweils neuesten Softwareentwicklungen. Dabei darf man vor allem Aspekte der Sicherheit nicht außer Acht lassen. Oft führen diese dazu, nur geschlossene Systeme zu bevorzugen. Und andererseits ist es auch natürlich häufig eine Frage von Budget und Know-how.
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seit drei Jahren existierende Unternehmungsstiftung, die sich um Ausbildung und Chancenverbesserung benachteiligter Menschen kümmert. Und all dies zugunsten der Förderung des Dreiecks Kunden, Mitarbeiter, Gesellschaft. Bei der Stiftung geht es darum, gezielt solche Projekte zu fördern, die auch unseren Mitarbeitern persönliches Engagement ermöglichen. Unser Gründer ist dabei noch sehr aktiv als Vorsitzender der Stiftung. Deren Wirken ist aber natürlich nur möglich durch das dahinterstehende Unternehmen AEB mit 500 Mitarbeitern an sechzehn Standorten in zehn Ländern und rund 5.000 Kunden. ... mit einem Umsatz in der Gruppe von rund 50 Millionen im letzten Jahr. Trotz Corona hoffen wir auf ähnliche Werte für 2020. Unser Bestreben ist dabei eine noch stärkere Internationalisierung auf mindestens 40 Prozent des Umsatzes. Dies ist natürlich eine Frage der Absicherung durch breitere globale Aufstellung. Asien ist dabei für uns eine wichtige Region. Einerseits haben wir in vielen Ländern in Fernost direkte Kunden, andererseits arbeiten wir weltweit zunehmend mit Partnern zusammen. Etwas zurückhaltender sind wir in den USA, der Wettbewerb ist dort sehr etabliert, die politische Situation schafft nicht gerade Planungssicherheit. Auch der Brexit bringt viele Fragezeichen, aber auch große Chancen mit sich. Ein weiterer Aspekt ist die stimulierende Wirkung eines internationalen Netzwerks, welches auf das Unternehmen zurückwirkt und uns weiterbringt. Und schließlich bereitet es einfach Freude, international tätig sein zu können. Freude macht ja vermutlich auch die Arbeit für den und mit dem BVMW. Wo sehen Sie über existierende Aktivitäten hinaus in Zukunft weitere Felder für das Wirken des Verbandes? Schon jetzt ist der BVMW natürlich die Stimme des Mittelstandes gegenüber der Politik und einer breiten Öffentlichkeit. Und das funktioniert sehr gut, trotz mancher Zähigkeit und der häufigen Fokussierung der Politik auf bekannte Konzerne. Bei allen digitalen, technologischen und sozialen, teilweise sogar tektonischen, Verschiebungen wird der Verband als Einflussgruppierung sogar nach innen wie nach außen noch wichtiger werden. Welches sind die neuen Geschäftsmodelle, wie können wir die Qualität der schulischen Ausbildung oder der digitalen Weiterbildung steigern? Große Felder für Politik, Gesellschaft und natürlich den BVMW. Wir haben über viele Aktivitäten, Perspektiven, Ideale gesprochen. All diese haben auch mit der Person Markus Meißner zu tun. Was machen Sie bei allem schwäbischen Arbeitsethos in der hoffentlich auch noch verbliebenen Freizeit? Ich habe doch noch viele Hobbys, einen Lehrauftrag würde ich dazuzählen – oder die Aktivitäten als Sprecher der Logistikweisen. Ich mache auch viel Sport. Mein Studium verdiente ich mir als Tennislehrer. Ich sitze gerne auf dem Mountainbike oder absolviere auch mal eine Golfrunde. Seit der Coronakrise koche ich auch häufiger zu Hause. Und ich reise gerne. Aber Corona hat auch dahingehend meine Prioritäten verändert. So schön das Erkunden ferner Länder ist, die nähere Umgebung im Schwabenland bietet auch tolle Möglichkeiten. Und das Wichtigste bleibt die Gestaltung der Arbeit und der direkten Umwelt. Ich danke herzlich für das tolle Gespräch.
Der Firmenhauptsitz der AEB SE in Stuttgart.
Das Gespräch führte der Medienexperte Prof. Dr. Jo Groebel
AEB SE Rechtsform: SE Gründung: 1979 Sitz: Stuttgart Geschäftsführende Direktoren: Markus Meißner, Matthias Kieß Mitarbeiter: +500 Umsatz: 49,7 Millionen Euro Branche: Software Produkte: Software für Logistik und Außenwirtschaft, z. B. für Zoll- und Versandabwicklung, Lagerverwaltung und Trade Compliance Management Webseite: www.aeb.com
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PROF. DR. DR. H. C. MULT. HORST WILDEMANN TCW Transfer-Centrum für Produktions-Logistik und Technologie-Management GmbH & Co. KG
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„Die Globalisierung lässt sich nicht zurückdrehen“ Wie können Unternehmen aus Krisen lernen? Über diese Frage und die besonderen Potenziale des Mittelstandes spricht Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Horst Wildemann, Universitätsprofessor und Geschäftsführer der TCW Transfer-Centrum für Produktions-Logistik und TechnologieManagement GmbH & Co. KG.
Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Professor Wildemann, Ihre breite Expertise, wissenschaftlichen Analysen und Ihre Praxiserfahrung kommen der strategischen Planung von Unternehmen in der aktuellen Krise zugute. So appellieren Sie, dass ein Management die aktuellen Herausforderungen dazu nutzen könnte und sollte, grundlegende Richtungsentscheidungen und vor allem anstehende Innovationen jetzt anzugehen.
Foto: © TCW Transfer-Centrum für Produktions-Logistik und Technologie-Management GmbH & Co. KG
Horst Wildemann: Die Coronakrise wird nicht zwangsläufig zu neuen Erfindungen führen, aber sie könnte dazu genutzt werden, schon bestehende Erfindungen viel schneller in der Praxis umzusetzen. Dazu zählen natürlich die Möglichkeiten der Kommunikationstechnologie. Sie spielen eine zentrale Rolle im Unternehmensalltag, zum Beispiel bei virtuellen Konferenzen und Meetings. Als weiterer Bereich sind die Befunde der Data Science zu nennen. Bei der Erfassung von Daten zu Unternehmensabläufen und Entscheidungsprozessen lassen sich Muster, Entwicklungslinien und Cluster identifizieren, die wiederum Grundlagen für weitere Entscheidungen bieten können. In Europa müsste Corona die möglichen Automatisierungsprozesse beschleunigen, um Wertschöpfungsketten auf dieser Basis immens zu optimieren. Sie sehen auch jetzt die Zukunft für den hiesigen Industriestandort sehr optimistisch. Unternehmer und Manager seien lernfähig, Abläufe würden ständig optimiert. Was verleitet Sie zu diesem positiven Ausblick? Selbstverständlich sind nicht alle Führungskräfte gleichermaßen aufgeschlossen. Ich beobachte aber sehr wohl, dass die meisten innovationsbereit sind und auch kontinuierlich an entsprechenden Strategien und Umsetzungen arbeiten. Mein Optimismus nährt sich aus früheren Erfahrungen mit Krisen und entsprechenden Analysen. Zum einen die durch die Japaner ausgelöste Kostenkrise, zum anderen der Finanzeinbruch von 2008 und 2009. Aus beiden Situationen gingen deutsche Unternehmen eher gestärkt hervor. Es wurden Fehler gemacht, genauso, wie es jetzt bei noch viel größeren Herausforderungen geschieht. Aber auch diese Fehler führen zu letztlich positiven Lerneffekten. Automatisierungsprozesse sind dabei sehr hilfreich... Umso mehr, wenn man sie mit dem Erfahrungswissen von Management und Mitarbeitern koppelt. Hier hilft bestenfalls der Druck in der Krise, solche Entwicklungen zu beschleunigen.
hen, um dieses strukturell noch mehr in Unternehmen zu beschleunigen? Da sind wir zunächst durch die sehr guten Arbeitsbedingungen für Firmenangehörige, den Kündigungsschutz und zum Beispiel durch die aktuellen Regelungen zur Kurzarbeit in Deutschland in einer recht guten Ausgangsposition. Anders als beim „Hire & Fire“-Prinzip sind Mitarbeiter hier längerfristig in einem Unternehmen engagiert. So kann man ihr Erfahrungswissen nutzbar machen. Hinzu kommen die bessere Umsetzung von Managementprinzipien wie Agilität, die genannten technologischen Möglichkeiten und horizontale Netzwerkstrukturen statt hierarchischer Einwegkommunikation. All dies in konstruktiv gestalteten unternehmerischen und gesellschaftlichen Ökosystemen. Universitäten und Hochschulen spielen beim Wissens- und Erkenntniszuwachs natürlich eine große Rolle. Sie selbst stehen ja prominent für genau diese Verknüpfung aus akademischer Analyse und praktischer Umsetzung. Ja, und ich sehe besonders in Ökosystemen die Fähigkeit, recht schnell und flexibel Altes mit Neuem zu verbinden, das Erfahrungswissen in digitale Strukturen einfließen zu lassen. Ein Pro für unseren Standort Deutschland sind sicherlich auch eine hohe Rechtssicherheit und persönliche Freiheit. Langfristig sehe ich hier für unser Land eben doch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber zentralistischer Steuerung. Voraussetzung dafür ist, dass wir unsere Innovationsfähigkeit weiter beschleunigen und bereit sind, die hervorragende Forschung in marktfähige Produkte und Services umzusetzen. Wir sollten unsere gesellschaftlichen Werte bewahren und zugleich eine größere Kunden- und Abnehmerorientierung kultivieren. Apropos Werte. Sind diese, zum Teil schon von Ihnen genannten, Bestandteil einer höheren Effizienz im unternehmerischen Handeln? Absolut. Nehmen Sie zum Beispiel Diversität und Respekt. Je größer beide ausfallen, desto wahrscheinlicher werden gegenseitige Befruchtung und gegenseitiges Lernen, nicht zuletzt im wirtschaftlichen Kontext. Freiheit und Unabhängigkeit von Bildungs- und Forschungsinstitutionen gehören neben anderen ebenso dazu.
Die angesprochenen Werte sind auch strukturell kennzeichnend für den deutschen Mittelstand. Das kann ich nur voll und ganz unterschreiben. Dessen Initiativgeist Dies ist nicht nur eine Frage der Technologien, sondern auch die und Kreativität sind maßgebliche Faktoren des wirtschaftlichen Ereines systematischen Wissensmanagements. Was müsste gesche- folgs Deutschlands im internationalen Vergleich. Die Konzentration
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Dies wird sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Branchen unterschiedlich darstellen. Nehmen wir das Beispiel Textilindustrie. Sie wird mit der Fertigung nicht nach Europa zurückkehren, sehr wohl aber gibt es bereits bei den Kosten Verlagerungen, zum Beispiel von der billigen Produktion in China zur noch billigeren in Vietnam oder aktuell in die Türkei und nach Portugal. Gleichzeitig entstehen immer wieder neue Sektoren, neue Branchen. Globalisierung bedeutet auch ständige Dynamik.
Ein großes Thema sind in diesem Zusammenhang für Sie Risikoeinschätzung und -bewertung. Sind Zukunftsrisiken, zum BeiIm Austausch mit Studierenden. spiel der Ausbruch einer neuen Pandemie, quantifizierbar? auf Kernkompetenzen zähle ich ebenso dazu. Im Prinzip ist unsere Vor Überraschungen ist keiner gefeit. Trotzdem kann man in StressWirtschaft, ist besonders der Mittelstand in der Lage, nahezu jedes tests, durch Simulationen und virtuelle Abbildungen mithilfe digitaler Produkt hier autonom zu entwickeln und in entsprechend technolo- Technologie die Wahrscheinlichkeiten und Auswirkungen disruptiver Ereignisse ermitteln. So können Entscheidungen beschleunigt und gisch perfekt ausgestatteten Fabriken zu produzieren. deutlich verbessert werden. Mit diesen exzellenten Noten für den deutschen Mittelstand: WelGibt es Prinzipien, die besonders für den Mittelstand die Risikoefche Rolle spielen dabei der BVMW und seine Führungsgremien? Ich sehe den BVMW als Mittler in vielfacher Hinsicht: zwischen ver- fekte zumindest abmildern können? schiedenen Branchen, zwischen kleineren und größeren Unterneh- Auf jeden Fall gehört hohe und ständige Flexibilität dazu, außerdem men, zwischen der mittelständischen Wirtschaft und der Politik. Hier Beschäftigungsanpassung und die Adaption neuer Technologien transportiert er Bedürfnisse des Mittelstandes in die Regierung, Parla- oder Methoden. Krisen sind nicht vermeidbar, aber gut oder weniger mente und politischen Gremien. Ebenso wichtig ist es, die Bedeutung gut zu bewältigen. des Mittelstandes in der Öffentlichkeit noch deutlicher zu machen. Hier leistet der BVMW vor allem an der Spitze hervorragende Arbeit. VITA In der Krise sprachen und sprechen sich viele für eine teilweise Loslösung von der Abhängigkeit internationaler Lieferketten und für eine Rückkehr zu größerer nationaler Wirtschaftsautonomie aus. Bei aller Notwendigkeit zur Justierung lässt sich die Globalisierung nicht zurückdrehen. Sie steht für höhere Effizienz, bessere Flexibilität und nicht zuletzt für die Chancen, die sonst abgehängte Wirtschaftsregionen immer noch haben, wenn sie in der Lage sind, dynamisch und innovativ auf Märkte zu reagieren. Zugleich heißt Globalisierung immer, sich potenziell solche globalen Märkte selbst zu erschließen. Allerdings muss man natürlich auch die mit globalem Handeln verbundenen höheren Risiken, Sie nannten beispielhaft die Lieferketten, mit ins Kalkül einbeziehen. Dies ist eine Frage der möglichst umfassenden Datenerfassung und intelligenter Designs für Strategie, Entscheidungen, Wertschöpfungsketten einschließlich der Risikobewertung.
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Horst Wildemann, Jahrgang 1942, war nach seinem Abschluss in Maschinenbau als Ingenieur in der Automobilindustrie tätig, bis er 1974 zum Dr. rer. pol. promovierte und 1980 habilitierte. Seit 1980 ist er Professor für Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Bayreuth und Passau und seit 1989 an der Technischen Universität München. Zudem leitet er die TCW Unternehmensberatung für Unternehmensplanung, Produktion und Logistik. In 40 Büchern und über 800 Aufsätzen, welche in engem Kontakt mit der Praxis entstanden sind, zeigt er Unternehmen neue Wege für die wirtschaftliche Gestaltung der Zukunft. Auszeichnungen wie den Bayerischen Verdienstorden, die Staatsmedaille des Freistaates Bayern, ein Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, Ehrendoktorwürden der Universitäten Klagenfurt, Passau und Cottbus wurden Wildemann bereits verliehen. Außerdem wurde er in die Logistics Hall of Fame aufgenommen und erhielt die Ehrennadel durch die Bundesvereinigung Logistik.
Fotos: © TCW Transfer-Centrum für Produktions-Logistik und Technologie-Management GmbH & Co. KG
Und ein Automatismus, bei dem nach Adam Smiths „Hidden Hand“ der Wettbewerb alles automatisch zum Besseren steuert? Gerade in der Krise hat sich gezeigt, dass der Staat eine steuernde Funktion übernehmen muss, um sowohl zum Besseren der Volkswirtschaft als auch für große Teile des Mittelstandes mit Notfallmaßnahmen Risiken abzufedern.
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All dies erfordert eine große Offenheit von Industrie und Wirtschaft, nicht zuletzt in Deutschland. Kann und muss sich die deutsche Industrie noch einmal neu erfinden? Fast automatisch anfallende Daten, also die aus maschinellen Abläufen zum Beispiel, haben wir schon ganz gut im Griff. Dass Erfahrungswissen der Menschen gespeichert ist, lässt sich bislang immer noch schwieriger erfassen. Genau hier aber setzen digitale Netzwerkmöglichkeiten der Kommunikation an, die gerade auch ein Potenzial für die deutsche Industrie darstellen. Fehlertoleranzen zum Beispiel lassen sich bei entsprechenden Analysen und Anwendungen viel besser definieren, damit Made in Germany weiter glänzt. Mit all Ihren zahlreichen akademischen, gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Aktivitäten der vergangenen Jahrzehnte: Was gehört aktuell zu Ihren Aktivitäten? Auch nach der Emeritierung bin ich immer noch in der TU München aktiv und leite ein Forschungsinstitut. Gerne erhebe ich meine Stimme in Aufsätzen und Vorträgen. Und scheue auch den Gegenwind dabei nicht. Die Beratungspraxis mit TCW gehört jedenfalls prominent dazu. Hier haben Sie als CEO viele Erkenntnisse umsetzen können. Dazu gehörten Konzepte wie Cost Engineering, die Null-Fehler-Programme; ziemlich herausfordernd ist bis heute Just-in-time und Lean. Eines meiner Bücher adressiert die „Modulare Fabrik“, ebenfalls Professor Wildemann bei einem Vortrag. zugleich Thema unserer Beratungstätigkeit. Bei den meisten Feldern muss man einen langen Atem haben, um sie in der Praxis umzusetzen. Es überrascht und motiviert mich immer noch, wenn die Praxis unsere Konzepte aufgreift. Es überrascht Sie wirklich? Nehmen wir mein Buch zur modularen Fabrik. Es dümpelte jahrelang mit ein paar Hundert verkaufter Auflagen vor sich hin, nach rund zehn Jahren aber schnellte es durch eine aktualisierte Industriedebatte auf mehrere Tausend hoch. Da braucht man eine Grundüberzeugung, um das eigene Handeln zu leiten. In diesem Zusammenhang: Ihre Bewertung der akademischen Welt? Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man die höchsten Qualitätsmaßstäbe ansetzen muss. Zugleich ist es wichtig, mit seinen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Ihre Biographie belegt das breite Spektrum Ihrer Interessen, Neugier, Tätigkeiten. Geboren in Lodz, dann, wie Sie selbst es nennen, „Republikflucht“, Werkzeugmacher im Westen, Studium Maschinenbau in Aachen und BWL in Köln und dann die akademischen und privatwirtschaftlichen Stationen. Und gibt es auch noch eine freie Zeit? Sie gehört der Familie. Und zur Muße zusätzlich die Beschäftigung mit Bildender Kunst und Musik, gerne vor Ort wie kürzlich in Florenz in der Oper und den Uffizien. Ein sehr spannendes Leben. Ich danke für das Gespräch.
Das Gespräch führte der Medienexperte Prof. Dr. Jo Groebel
TCW Rechtsform: GmbH und Co. KG Gründung: 1980 Sitz: München Geschäftsleitung: Horst Wildemann, Hannelore Menton Mitarbeiter: 65 Branche: Automobil- und Zulieferindustrie, Maschinen- und Anlagenbau, Elektro- und Elektronikindustrie, Prozessindustrie, industrielle Dienstleistungen Unternehmenszweck: Managementberatung für Supply-ChainManagement, Innovations- und Technologiemanagement, digitale Geschäftsmodelle, Data Science, und Organisationsentwicklung, Cost Engineering und Modularisierung Webseite: www.tcw.de
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Gipfeltreffen Königswinter Ein Festabend auf der Drachenburg hoch über dem Rhein war einer der Höhepunkte des ersten Präsenztreffens des Bundeswirtschaftssenates seit Beginn der Pandemie.
Die Teilnehmer der Veranstaltung auf der Drachenburg in Königswinter mit Arne Schönbohm, dem Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (vorne Mitte).
Ehrung (v. li.): Bundesgeschäftsführer Markus Jerger, Dr. Jochen Rettler, Präsident Mario Ohoven (†) und Christoph Ahlhaus, Erster Bürgermeister a. D. und Generalsekretär des Bundeswirtschaftssenats.
Galaabend und Ehrungen Anschließend kamen die Senatsmitglieder zu einem glanzvollen Galaabend im Schloss Drachenburg oberhalb von Königswinter zusammen, das seine Tore nur selten für ausgewählte Gäste öffnet. In ei-
nem feierlichen Akt wurden Dr. Jochen Rettler (Dr. Rettler Service GmbH), Dr. Klinkers (Nexum AG) sowie Thomas Pester (pester pac automation GmbH) mit der Verleihung des Titels Senator h. c. durch Präsident Mario Ohoven (†) und Bundesgeschäftsführer Markus Jerger geehrt. Die weltbekannte Pianistin Marina Koslowa und der Violinist Igor Barisov begleiteten das Dinner. Beste Unterhaltung gab es auch beim Auftritt des Stimmenparodisten und Entertainers Jörg Hammerschmidt. Das abschließende Fazit eines der Teilnehmer spricht für sich: „Mehr wertvolle Informationen aus erster Hand, gewinnbringendes Netzwerken und exklusive Unterhaltung in so kurzer Zeit sind nicht zu machen.“ Christoph Ahlhaus, Erster Bürgermeister a. D. Generalsekretär des Bundeswirtschaftssenats christoph.ahlhaus@bvmw.de
Fotos: © BVMW/Annemarie Thiede
D
er Bundeswirtschaftssenat, das höhste Gremium des BVMW, hatte seine Mitglieder nach Bonn und Königswinter eingeladen. Geboten wurde ein anspruchsvolles Tagesprogramm, das mit dem Coach Dieter Lange startete, der Impulse zum Thema Führung in Zeiten des digitalen Wandels gab. Im Anschluss daran war ein exklusiver Besuch beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in Bonn eingeplant. Dessen Präsident Arne Schönbohm empfing die Senatsmitglieder in mehreren Kleingruppen. Er informierte sie persönlich über die Herausforderungen des Mittelstandes beim Thema Cybersicherheit und bot eine individuelle Unterstützung seiner Behörde für die Unternehmer an. Im Kunstraum Villa Friede gab Dirk Geuer, renommierter Kurator und Ausstellungsmacher im In- und Ausland, den Senatorinnen und Senatoren die Möglichkeit, den berühmten und international geschätzten Künstler Ren Rong und seine Werke kennenzulernen.
Mit Lösungen von gestern gewinnt man nicht die Talente von morgen.
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Service UNTERNEHMERPREISE Es gibt viele Gründe, sich mit anderen Unternehmen in einem Wettbewerb zu messen: gute Presse, individuelle Förderung, Kontakte knüpfen und, nicht zu vergessen, das Preisgeld. Hier stellen wir Ihnen drei der aktuellen Unternehmerpreise vor.
Der Große Preis des Mittelstands Der Große Preis des Mittelstands wird seit 1994 jährlich ausgeschrieben und zeichnet Unternehmen aus Industrie, Dienstleistung, Handel, Handwerk und Gewerbe aus. Verliehen wird der Preis jährlich von der Oskar-Patzelt-Stiftung. Die Auswahl der Preisträger treffen zwölf Regionaljurys und eine Abschlussjury. Pro Wettbewerbsregion können drei Unternehmen als Preisträger und fünf weitere als Finalisten ausgezeichnet werden. Die Nominierungsphase endet am 31. Januar 2021 https://www.kompetenznetz-mittelstand.de/
Bundespreis Ecodesign Der Bundespreis Ecodesign zeichnet herausragend gestaltete, nachhaltige Produkte, Dienstleistungen und Konzepte aus. Der Preis wird seit 2012 jährlich vergeben und richtet sich an Unternehmen aller Branchen und Größen. Gefördert werden umweltentlastende Veränderungen sowohl in Entwicklung und Produktion als auch im Konsumverhalten. Bewerbungsschluss ist der 6. April 2021
Die Corona-Kiste sorgt für den richtigen Datenschutz in Zeiten der Pandemie.
Corona-Kiste Die Rückverfolgbarkeit von Personen nach der Corona-Schutzverordnung gilt nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in Industrie- und Verwaltungsbetrieben. Häufig wird die Kontaktdatenerfassung von Besuchern nicht konsequent umgesetzt, und auch die Einhaltung des Datenschutzes wird vernachlässigt. Zur Einhaltung der Bestimmungen sind die Kontaktdaten zu erfassen, aber auch datenschutzkonform zu vernichten. Dabei hilft die Corona-Kiste: Ein Einwurfkarton mit Blöcken zur Kontaktdatenerhebung. Durch den Einwurf der Kontaktzettel in die Corona-Kiste werden die Daten professionell und sicher abgelegt. Die Einhaltung der Aufbewahrungspflichten und -fristen wird anschließend über mitgelieferte Umschläge organisiert. www.corona-kiste.de
Zeitgewinn mit Freelancern
Der Deutsche Exzellenz-Preis zeichnet jedes Jahr Unternehmen, Agenturen, Start-ups sowie Führungskräfte aus. Die Auszeichnung richtet sich an kleine, mittelständische und Großunternehmen. Prämiert werden exzellente Produkte, Dienstleistungen, Kampagnen, Projekte und Macher. Die Preise vergibt eine Jury renommierter Vertreter aus Wirtschaft, Medien und Wissenschaft. Schirmherrin der Jury ist Brigitte Zypries, Bundesministerin a. D. Bewerbungsschluss ist der 14. Juni 2021
Welches Projekt auch immer geplant wird, oft können Freelancer bei der Umsetzung helfen. Auftraggeber profitieren von Zeitgewinn, Kostenersparnis und planmäßig realisierten Projekten. BVMW-Mitglied freelance.de ist eine Akquise-Plattform für Freelancer und Projektanbieter aus allen Branchen. Für den gesamten deutschsprachigen Raum werden hier Projektangebote veröffentlicht und Freelancer gesucht. Das Portal bietet Zugriff auf eine umfassende Projekt- und Freelancer-DaCEO Simon Gravel (li.) und tenbank. Kontaktaufnahmen zwischen Chief Brand Officer Stefan Freiberuflern und Projektanbietern sind Oberdörfer von freelance.de. ebenso möglich wie Bewerbungen auf ausgeschriebene Projekte. Für die Mitglieder des BVMW bietet freelance.de ein sehr günstiges und rein erfolgsbasiertes Vergütungsmodell an: Das Unternehmen bezahlt nur, wenn es zur erfolgreichen Beauftragung kommt.
https://deutscherexzellenzpreis.de/
www.freelance.de
https://bundespreis-ecodesign.de/de/wettbewerb
Deutscher Exzellenz-Preis
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BVMW unterstützt bei Förderprogrammen Der Expertenkreis Förderprogramme im BVMW ist ein Zusammenschluss ausgewiesener Experten auf dem Gebiet der Förderung des deutschen Mittelstands. Er soll dazu beitragen, Förderprogramme für Unternehmerinnen und Unternehmer noch greifbarer zu machen. Darüber hinaus geht es um Gestaltung und Einwirken auf politische Programme. In der jüngsten Sitzung des Expertenkreises standen Vertreter der Programme ZIM und Digital jetzt! aus dem Bundesministerium für Wirtschaft für einen Austausch mit den Mitgliedern zur Verfügung. In Zukunft soll es regelmäßige Webinare zu ausgewählten Förderprogrammen geben. Interessenten wenden sich bitte an Matthias Lefarth: matthias.lefarth@bvmw.de http://bvmw.info/expertenkreis_förderprogramme
Digitalcheck Mittelstand Das Thema Digitalisierung ist im Mittelstand angekommen. Während noch vor fünf Jahren volle Auftragsbücher die Vertagung des Wandels rechtfertigten, zögert heute kaum ein Unternehmen mehr. Unser Digitalcheck Mittelstand zeigt, dass entsprechende Investitionen, Geschäftsmodellinnovation und eine Ausweitung digitaler Kompetenzen für die 132 befragten KMU weit oben auf der Agenda stehen. Im Durchschnitt erzielten sie hier einen fortschrittlichen Reifegrad. Nachholbedarf gibt es bei der Strategieentwicklung: Wenige dokumentieren und kommunizieren die eigenen Ziele systematisch genug. Noch seltener nutzen Betriebe strategische Partnerschaften mit Startups. In diesen Bereichen hat der Mittelstand noch Beginner Status. http://bvmw.info/digitalcheck
Fotos: © Ann-Kathrin Linde; edelmat GmbH
Kooperationspartner finden leicht gemacht Die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie Klimaschutz und Digitalisierung erfordern technologische Innovationen, die eine nachhaltige Ressourcennutzung mit einer Verbesserung des Lebensstandards verbinden. Für KMU liegt in der Kooperation mit Forschungseinrichtungen eine große Chance, um ihre Forschungskompetenzen auszuweiten und unverzichtbare Innovationen hervorzubringen. Die neue Forschungsplattform von Edecy möchte dies durch die gezielte Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft ermöglichen. Im Rahmen eines smarten Matchmaking-Verfahrens findet das BVMW-Mitglied für jedes Unternehmen einen geeigneten Kooperationspartner und erhöht dadurch Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit. www.edecy.de www.portal.edecy.de
Smart Meter zur Verbrauchsdatenerfassung.
Mit vernetzten Verbrauchsdaten Richtung Smart World Die ad hoc Firmengruppe bietet ihre Expertise und innovativen Ansätze in der Energie- und Immobilienwirtschaft an. Dabei wird in der Digitalisierung eine große Chance gesehen, die gesamte Versorgungswirtschaft strategisch zu gestalten. In diesem Jahr hat ad hoc in das Kundengeschäft einen universellen, interoperablen „Datensammler“ zur Verbrauchsdatenerfassung in Immobilien eingeführt. Mit dieser technischen Marktneuheit erhalten die Immobilienkunden und Verwalter die Möglichkeit, ihr Energiedaten-Management zukunftsweisend und kosteneffizient aufzustellen. Sie können ohne manuellen und physischen Aufwand die Verbrauchsdaten erheben, direkt und in Echtzeit verarbeiten bis hin zum digitalen Havarie-Service. Das ist für den Verwalter der Immobilien ein wichtiger Schritt in Richtung Smart World, in der ein Eigentürmer seine Verbräuche direkt und mobil abrufen kann. www.adhoc-holding.de
Sprachverständlichkeit in digitalen Meetings Schwer verständlicher Ton wird bei längeren oder häufigen Konferenzen und Terminen als anstrengend und ermüdend empfunden. Es entsteht eine zusätzliche, unnötige Belastung. Die Aufmerksamkeit der Teilnehmer sinkt, die Kommunikation und die Verständigung leiden. Digitale und hybride Meetings im eigenen Konferenzraum sind zeitgemäß, wirken in der Außenwahrnehmung jedoch oft unprofessionell. Hier hilft BVMW-Mitglied edelmat GmbH. Mit individuellen Lösungen gewinnen die Teilnehmer in den Meetings Flexibilität, Redefreiheit und Sprachverständlichkeit. Alle Personen im Raum können sich frei bewegen und frei sprechen und werden vom digitalen Teilnehmer einwandfrei verstanden. besprechungsraum.edelmat.de
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Starke Frauen, starker Mittelstand Wie wird man Unternehmerin? Und welche Erfahrungen kennzeichnen diesen Weg? Drei Unternehmerinnen sprechen im Interview mit DER Mittelstand. über ihre Position als Unternehmerin: Alina Käufer, TFC Training & Development GmbH; Christina Guth, CGW GmbH; und Dr. Sonja Sulzmaier, Navispace GmbH.
Alina Käufer
D
ER Mittelstand.: Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?
Alina Käufer: Das Unternehmer-Gen wurde mir bereits in die Wiege gelegt. Schon meine Großeltern (beiderseits) waren selbstständig, und ich bin in einem Familienunternehmen aufgewachsen, das mein Vater noch immer leitet. Meine Entscheidung, eine eigene Unternehmung gründen zu wollen, formte sich über einige Jahre hinweg. Der Gedanke, eigene Visionen verfolgen zu können, meinen Arbeitsalltag und den Arbeitsplatz von anderen Menschen positiv gestalten zu können, beflügelte mich. Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg noch einmal gehen, oder würden Sie etwas anders machen? Da ich an meinem aktuellen Punkt im Leben (beruflich und privat) sehr glücklich bin, würde ich den Weg genauso noch einmal gehen. Man kann natürlich nie sagen, wie unterschiedliche Abzweigungen ausgesehen hätten. Aber ich bin dankbar für die Erfahrungen, die ich an den verschiedenen Punkten des Weges machen konnte.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv? Besonders intensiv beschäftige ich mich momentan mit dem Spagat zwischen eigenständiger Unternehmung und dem Bezug dieser Unternehmung zum bestehenden Familienunternehmen. Ich versuche, die Expertise der vergangenen knapp 40 Jahre mit meiner Vision zu verbinden. Dabei geht es darum, den Kundenbereich zu erweitern, in andere Märkte einzutreten und moderne Themen wie die Digitalisierung mit aufzunehmen. Welche Botschaft möchten Sie anderen UnternehmerInnen mitgeben? Persönliche und berufliche Weiterentwicklungen und Ideen müssen keinem genauen Fahrplan entsprechen. Die Hauptsache ist, dass der Fahrplan zu einem persönlich passt. Denn wie ich bereits erwähnt
Alina Käufer, Geschäftsführerin von TFC Training & Development GmbH.
habe, sind es für mich die selbstbestimmten Entscheidungen, die uns weiterbringen und uns zeigen, worin wir gut sind und was für uns wertvoll ist. Vielleicht auch genau aus dem Grund sind meiner Meinung nach gerade inhaberInnengeführte Unternehmen häufig so voll Energie, Leidenschaft und individueller Note.
Gut zu wissen Alina Käufer, Jahrgang 1989, ist Pilotin, Trainerin für Human Factors und Wirtschaftspsychologin. Ihr Unternehmen TFC Training & Development GmbH in Essen bietet Training und Coaching für Führungskräfte, Teams und Einzelpersonen an. Es werden bewährte Konzepte und Modelle aus der Luftfahrt genutzt und auf Non-aviation-Bereiche projiziert. Die Trainings finden in Kombination mit Sessions in Flugsimulatoren statt. www.tfc-training-development.de
Foto: © TFC Training & Development GmbH
Welche Entscheidung würden Sie für sich als die wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben? Am wegweisendsten waren die Entscheidungen, welche ich selbstbestimmt getroffen habe. Sie waren nicht immer richtig oder gut, aber sie haben mir genau gezeigt, wer ich bin, was meine Ziele sind und mich aus Fehlern lernen lassen.
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Christina Guth
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ER Mittelstand.: Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?
Christina Guth: Vor 40 Jahren wollte mich – eine junge Mutter mit Kleinkind – keine Werbeagentur an verantwortlicher Stelle haben und entsprechend einstellen. Das war die Motivation, mich selbstständig zu machen. Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg noch einmal gehen, oder würden Sie etwas anders machen? Ja, ich würde sofort denselben Weg wieder gehen. Unser Unternehmen hat sich langsam, aber stetig zur heutigen Größe entwickelt. Unternehmerin zu sein bedeutet, Dinge gestalten zu können, eigene Ideen zu realisieren, unabhängig zu sein und am Ball zu bleiben. Es ist herrlich, wenn man sich selbstverantwortlich auf den Weg macht und dabei Erfolg hat.
Foto: © CGW GmbH
Welche Entscheidung würden Sie für sich als die wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben? Nach einer über 40-jährigen Berufslaufbahn, Christina Guth (mi.) mit ihren Töchtern Anna-Maria (li.) und Kristiane (re.). ohne große Niederlagen, bin ich überzeugt davon, dass es immer Chancen gibt. Schnelligkeit, Anpassungsfähigkeit und nicht Aufgeben sind meines Erach- Weg zu gehen. Frauen ticken anders – sie setzen andere Schwertens die größten Hebel für eine gute Unternehmensentwicklung. Für punkte und agieren und führen anders. Authentisch bleiben und unser 35-jähriges Firmenjubiläum haben wir das Motto „Alles bleibt selbstbewusst auftreten ist hier die Devise. Wichtig ist auch, den Geanders“ und als Symbol das Chamäleon gewählt – beides symboli- nerationenwechsel frühzeitig einzuleiten. Meine Töchter haben von siert die Arbeitsweise der CGW: Die Märkte verändern sich und die Anfang an erlebt, was es heißt, sich zu engagieren und für das eigene Unternehmen einzubringen – vielleicht war das der Grund, warum CGW mit. sie sich sehr früh entschieden haben, in das Unternehmen einzusteigen. Das war ein großer Gewinn. Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv? Als Kommunikations- und Medienunternehmen sind wir digital schon sehr gut aufgestellt, natürlich bleibt die Digitalisierung eine permanente Herausforderung. Das heißt, in dem Bereich müssen wir Gut zu wissen schneller sein als unsere Kunden. Womit ich beim Thema bin: Kunden sind unsere alltägliche Herausforderung – wir wollen, dass unChristina Guth, Jahrgang 1957, hat die CGW GmbH 1985 gegründet. Sie sere Kunden erfolgreich auf dem Markt agieren. Dafür müssen sie führt die mittelständische Full-Service-Agentur mit Sitz in Willich am heute alle Kanäle bespielen, hochaktuell und attraktiv für Mitarbeilinken Niederrhein mit ihren beiden Töchtern Kristiane und Anna-Maria. tende sein. Die Agentur hat sich bewusst sehr breit aufgestellt und bietet vor allem Welche Botschaft möchten Sie anderen UnternehmerInnen mitgeben? Jungen UnternehmerInnen möchte ich mit auf den Weg geben, sich nicht wegzuducken, Profil zu zeigen und ihren ganz persönlichen
mittelständischen Unternehmen das komplette Portfolio von PR- und Pressearbeit. www.c-g-w.net
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Dr. Sonja Sulzmaier
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ER Mittelstand.: Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?
Dr. Sonja Sulzmaier: Alle meine beruflichen Stationen waren gefühlt eine „grüne Wiese“, auf der ich unternehmerisch agieren konnte. Bei einem der Top10 Tech-Integratoren habe ich Navispace als Kunde kennen und schätzen gelernt. Ich wollte noch mehr selbst machen, ohne monatelange Freigabeprozesse, und mit meiner Geschwindigkeit. Seit sieben Jahren leite ich nun die Navispace GmbH. Wir vernetzen jedes Jahr Hunderte von Innovatoren und Unternehmen mit dem Ziel, deren Geschäftsentwicklung nach vorne zu bringen – und lassen uns dabei auch gerne über den Vertriebserfolg messen. Es rockt inhaltlich, wir sind agil und schnell und können auf die jeweiligen Zielsetzungen unserer Kunden optimal eingehen. Wir unterstützen heute als kleines Unternehmen den Mittelstand und viele internationale Tech-Giganten in ihren Innovationstätigkeiten. Darauf sind wir stolz. Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg noch einmal gehen, oder würden Sie etwas anders machen? Im Leben gibt es immer wieder Wegverzweigungen, und man muss sich entscheiden, Dr. Sonja Sulzmaier, Managing Partner bei der Navispace GmbH und welchen Weg man geht. Hier gibt es oft kein Board Member bei der OSB International Consulting AG. besser oder schlechter, sondern es gilt, den Weg, den man zu einem bestimmten Zeitpunkt gewählt hat, mit vol- Seid mutig, macht selbst, sprecht über das, was Ihr macht auf der lem Einsatz und frohen Mutes zu gehen. Ich bin kein Mensch, der zu- „großen Bühne“ – und vernetzt Euch miteinander. rücksieht und sich fragt, ob es besser gewesen wäre, einen anderen Weg zu gehen. Es kam aber schon vor, dass ich zu viel Energie und Einsatz in ein Thema oder ein Geschäftsmodell gesteckt habe. Ich Gut zu wissen bin eben ein unverbesserliches Arbeitstier und eine treue und hartnäckige Seele. Dr. Sonja Sulzmaier, Jahrgang 1970, ist Managing Partner bei der
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv? Wie wir Innovatoren in der Corona-Zeit durch internationale Visibilität und Vernetzung über den Berg helfen können und dabei gleichzeitig die digitale Transformation größerer Unternehmen voranbringen. Welche Botschaft möchten Sie anderen UnternehmerInnen mitgeben?
Navispace GmbH und Board Member bei der OSB International Consulting AG. Die Navispace GmbH ist ein internationales Technologie- und Innovationsunternehmen mit Sitz in Herrsching (Bayern). Seit 2004 unterstützt Navispace Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung von digitalen Geschäftsmodellen und Open Innovation Programmen. Navispace bringt Akteure aus verschiedenen Branchen zusammen, um neue Impulse, neue Märkte und Plattformen für die Geschäftsentwicklung zu schaffen. www.innovationworldcup.com
Die Interviews führte Diana Scholl, BVMW Leiterin politische Netzwerke und Strategie, stellvertretende Leiterin Volkswirtschaft.
Foto: © Sonja Sulzmaier
Welche Entscheidung würden Sie für sich als die wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben? Man muss sich nicht immer mit viel Energie durch den Berg fräsen, um auf die andere Seite zu gelangen. Es gibt manchmal auch einen Weg um den Berg herum.
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Auf Du und Du „Lassen Sie uns zum Du übergehen“ – immer häufiger erübrigt sich dieser Satz im BusinessKontext, denn mehr und mehr Kontakte werden über das Du geknüpft. Ein Vorgehen, das im Mittelstand oft gar nicht gut ankommt. Warum das so ist, und warum auch wir eher kritisch sind.
Es geht um Respekt
I
mmer wieder flammt die Diskussion auf, wie in Sozialen Medien die richtige Ansprache für Geschäftskontakte ist: Das klassische Sie oder das aktuell aufkommende Du. Im Mai dieses Jahres hat zum Beispiel das Karrierenetzwerk Xing das Du für die Ansprache seiner Mitglieder untereinander eingeführt und damit die Diskussion noch einmal angeheizt. Die Verantwortlichen haben dafür teils kräftigen Gegenwind geerntet.
Wir stimmen der Aussage zu, dass in einem Großteil der Unternehmen – auch in Konzernen – das Sie beinahe ausgestorben ist. Und es ist richtig, dass der Umgang per Du für eine moderne internationale Arbeitswelt stehen kann (in Startups und in den Generationen Y und Z ist das heute Standard). Die Frage ist aber, ob das für den deutschen Mittelstand auch so zutrifft. Wir sagen Nein. Der deutsche Mittelstand ist nun mal wertkonservativ. Konkret: Im deutschen Mittelstand ist das Sie ein Zeichen von Respekt und Höflichkeit. Die Ansprache per Du wird schnell als Angriff oder Respektlosigkeit missverstanden. Wenn das Du angeboten wird, steht das für ein hohes Maß an Vertrauen und Verbindlichkeit. In den eigenen Gruppen oder innerhalb des bestehenden Netzwerks mag das Du ja in Ordnung sein – für einen ersten Kontaktaufbau innerhalb des Mittelstandes würden wir eher Abstand davon nehmen. Denn weiter gedacht, kann das Thema Ansprache in Sozialen Medien letztlich natürlich auch Auswirkungen auf den Vertrieb des Unternehmens haben. Fühlt sich jemand schon bei der Kontaktaufnahme per Du vor den Kopf gestoßen, wird derjenige möglicherweise von einem Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung Abstand nehmen. Zu steif soll die Ansprache aber auch nicht sein. Also was tun? Letztlich entscheidet jeder Nutzer weiter selbst, wie er mit wem auf welchem Netzwerk kommuniziert. Wir persönlich bleiben für neue Kontakte beim Sie. Aus Respekt.
Foto: © Robert Kneschke von www.stock.adobe.com
Emotional verbunden? Die Gründe, die Xing-Geschäftsführerin Sabrina Zeplin nennt, klingen erst einmal plausibel: Man wolle den Mitgliedern helfen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen – dazu brauche es Augenhöhe. „Das Sie steht für eine hierarchische Denk- und Arbeitsweise, mit der wir uns bei Xing nicht mehr identifizieren können. In der Zukunft der Arbeit sollte sich unserer Meinung nach niemand mehr aufgrund des Alters oder der Position wichtiger fühlen dürfen als irgendjemand anderes. Das Du schafft Nähe und eine emotionale Verbundenheit, die auch in einem professionellen Umfeld zu einem signifikant besseren Miteinander führt. Schließlich kommt man mit dem Du deutlich leichter zum Wir als mit dem traditionellen Sie.“ Außerdem lasse die Anrede per Herr und Frau das dritte Geschlecht außer Acht, was nicht mehr in unsere Zeit passe.
Gut zu wissen Althaller communication freut sich auf Ihre Meinungen unter nachstehendem Link im QR-Code: Madeleine Gritzbach Althaller communication BVMW-Mitglied www.althallercommunication.de
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Genossen als Nachfolger
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unehmend erfreuen sich Mitarbeitergenossenschaften der Akzeptanz bei der Organisation von Unternehmensnachfolgen. Die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (eG) eröffnet eine interessante Alternative bei der Gestaltung einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge und wird nachfolgend in Grundzügen am Beispiel von Mitarbeitergenossenschaften (Mitarbeiter-eG) vorgestellt. Über die Mitgliedschaft in einer Mitarbeiter-eG können Mitarbeiter eines inhabergeführten Unternehmens an diesem (bzw. dessen Rechtsträger oder einer Zweckgesellschaft, in welche Vermögensteile des Unternehmens zuvor ausgegliedert wurden), beteiligt werden. Bei einer mittelbaren Beteiligung der Mitarbeiter am Rechtsträger des Nachfolgeunternehmens (das heißt, eG hält die Beteiligung) spricht man von einer Mitarbeiterbeteiligungsgenossenschaft. Demgegenüber betreiben „Mitarbeiterproduktivgenossenschaften“ das Unternehmen selbst. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist die Softwarefirma iteratec GmbH mit Sitz in München, deren Alleingesellschafter
sich für die sukzessive Übertragung ihrer Geschäftsanteile an eine von 215 der über 350 Mitarbeiter gegründete eG entschieden haben. Nach eigener Aussage auf der Firmenwebsite kam für sie ein Management-Buyout oder der Verkauf an einen externen Investor nicht in Frage, „da der Charakter der Inhaberschaft erhalten bleiben“ sollte. Eine „Wertsteigerung sowie Gewinnabschöpfung“ seien „keine primären Ziele“ gewesen. Ein wesentliches Motiv war offenbar die Gewinnung und langfristige Bindung von hochqualifizierten Mitarbeitern (Handelsblatt vom 01.08.2019).
Gründung einer eG Die Errichtung einer eG bedarf einer schriftlichen Satzung (notarielle Beurkundung nicht erforderlich), die von mindestens drei Gründungsmitgliedern zu unterzeichnen ist und einen im Genossenschaftsgesetz („GenG“) definierten Mindestinhalt aufweisen muss (insbesondere Firma, Sitz, Gegenstand, Nachschusspflicht, Generalversammlung, Bekanntmachungen, Geschäftsanteil, gesetzliche Rücklage).
Foto: © Khunatorn von www.stock.adobe.com
Die strategische Planung und Umsetzung der Unternehmensnachfolge ist und bleibt gerade für den deutschen Mittelstand eine besondere Herausforderung. Viele Inhaber von Familienunternehmen tun sich schwer, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Nicht selten gerät dadurch der Fortbestand der betroffenen Unternehmen in Gefahr.
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Kernbestandteil jeder Satzung und charakteristisches Merkmal der Rechtsform der eG ist der Förderzweck, welcher sie von allen anderen Personengesellschaften und juristischen Personen unterscheidet. Unabdingbare Aufgabe jeder eG ist es, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale und kulturelle Belange zu fördern (§ 1 GenG). Zulässiger Förderzweck von Mitarbeiter-eG könnten der Erhalt von Arbeitsplätzen und die Sicherung von Arbeitsbedingungen der im Unternehmen beschäftigten Genossenschaftsmitglieder sowie die Förderungen deren persönlicher und beruflicher Entwicklung sein. Hinzu kommen Satzungsregelungen über Vorstand und Aufsichtsrat der eG. Der Vorstand besteht grundsätzlich aus mindestens zwei Personen und führt die Geschäfte der eG eigenverantwortlich. Ihm obliegt grundsätzlich die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der eG. Der Aufsichtsrat besteht aus drei Personen, sofern die Satzung keine höhere Zahl festsetzt. Ihm obliegt vor allem die Überwachung der Geschäftsführung durch den Vorstand. Erleichterungen hinsichtlich Bildung beziehungsweise Mitgliederzahl von Vorstand und Aufsichtsrat bestehen für Kleinstgenossenschaften (nicht mehr als 20 Mitglieder). Hinsichtlich der Zulassungskriterien für Mitglieder besteht ein weiter Spielraum der Satzungsgeber. Im Fall von Mitarbeiter-eG kann die Mitgliedschaft daher an ein bestehendes Beschäftigungsverhält-
nis geknüpft werden, wobei für die Inhaber eine Ausnahme vorgesehen werden kann. Volle Rechtsfähigkeit erlangt die eG erst mit Eintragung im Genossenschaftsregister. Der Registeranmeldung ist u. a. die Bescheinigung eines Prüfungsverbandes über die Zulassung der eG zum Verbandsbeitritt beizufügen sowie eine gutachtliche Äußerung des Verbands,
Bei einer mittelbaren Beteiligung der Mitarbeiter am Rechtsträger des Nachfolgeunternehmens spricht man von einer Mitarbeiterbeteiligungsgenossenschaft. ob nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der eG, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder Gläubiger zu besorgen ist. Da sich das Registergericht bei seiner Eintragungsprüfung maßgeblich auch am Gutachten des Prüfungsverbands orientieren wird, ist dessen frühzeitige und enge Einbindung in den Gründungsprozess anzuraten.
Gut zu wissen n Die Einrichtung einer eG bedarf einer schriftlichen Satzung n Mitgliedschaft kann an ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis geknüpft werden n Erst mit dem Eintragung im Genossenschaftsregister erlangt die eG volle Rechtsfähigkeit Dr. Peter Diedrich Rechtsanwalt und Notar DSC Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Sprecher der BVMW Kommission Recht Mitglied im Bundeswirtschaftssenat www.dsc-legal.com
Impressum DER Mittelstand. Unternehmermagazin des BVMW Herausgeber BVMW – Bundesverband mittelständische Wirtschaft, Unternehmerverband Deutschlands e. V. Markus Jerger Potsdamer Straße 7 / Potsdamer Platz 10785 Berlin www.bvmw.de Titelbild: © apinan bei stock.adobe.com Redaktion Tel.: 030 / 53 32 06-16 Fax: 030 / 53 32 06-50 mittelstand@bvmw.de
Eberhard Vogt (Chefredakteur) Chiara Ohoven (Art Director) Dorothee Kroll Friederike Pfann Lisa Richert Rotger H. Kindermann (Korrespondent)
Layout und Gestaltung, Mediadaten, Vermarktung v. Anzeigen & Beilagen mattheis. werbeagentur gmbh Tel.: 030 / 34 80 633-0 Fax: 030 / 34 80 633-33 bvmw-anzeigen@mattheis-berlin.de
Verlag mattheis. werbeagentur gmbh Kastanienallee 4 10435 Berlin Tel.: 030 / 34 80 633-0 Fax: 030 / 34 80 633-33 info@mattheis-berlin.de www.mattheis-berlin.de
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Das Magazin „DER Mittelstand.“ ist das offizielle Organ des BVMW. Mitglieder des Verbandes erhalten das Magazin im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen. Namentlichgekennzeichnete Beiträge sowie Selbstdarstellungen müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. ISSN: 2510-425X Druckauflage: 33.500 3/2020
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BVMW und DAK-Gesundheit: Gemeinsam für Gesundheit Gesundheit am Arbeitsplatz gewinnt auch im Mittelstand zunehmend an Bedeutung. Dennoch haben über 60 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland bisher noch kein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) eingeführt.
Foto: © Jacob Lund von www.shutterstock.com
B
egründet wird diese Zurückhaltung vor allem mit fehlendem tungen, Kursen und mit Weiterbildungsmaßnahmen den UnternehKnow-how, Ressourcen und einem zu großen Verwaltungs- men aufzeigen, wie eine Verbesserung der betrieblichen Gesundheit aufwand. Mittelständler, die bereits ein BGM betreiben, neh- erreicht werden kann. men dafür zumeist rund 10.000 Euro jährlich in die Hand. Ohne die Unterstützung externer Experten kommen aber auch sie nicht aus. Gesunde Betriebe leisten mehr Die klassische Medizin beginnt erst bei Eintritt der Krankheit und geht Organisatorisch sind sowohl BGM-Lösungen als auch Einzelmaß- bei der Behandlung von Krankheiten symptombezogen vor. Im Mitnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung bei mehr als drei telpunkt steht die Bekämpfung der Beschwerden. Der Blick für den von vier Mittelständlern in der Personalabteilung angesiedelt. Haupt- Erhalt der Gesundheit scheint verloren gegangen zu sein. Die Weltberuflich Verantwortliche für dieses Thema sind im Mittelstand hin- gesundheitsorganisation (WHO) hat für die moderne, ganzheitlich orientierte Medizin den Begriff „Salutogenese“ geprägt. Dabei stehen gegen eher die Ausnahme. nicht mehr die Symptome im Vordergrund der Therapie, sondern die Um diese fachliche Lücke zu schließen, hat der BVMW eine Koope- Behandlung der Krankheitsursache. Gesundheit muss aktiv erhalten ration mit der DAK-Gesundheit begonnen, um den Unternehmen zu und Krankheit aktiv vermieden werden. Betriebe können dazu beitraermöglichen, sich diesem wichtigen Thema stärker zu widmen. Ge- gen, indem sie sich aktiv an der Gesundheitsvorsorge für ihre Mitarmeinsam werden der Verband und die DAK-Gesundheit in Veranstal- beiter beteiligen. Das Finanzamt akzeptiert Aufwendungen für Ge-
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Wir freuen uns über das entgegengebrachte Vertrauen. Als Deutschlands älteste Krankenkasse verstehen wir uns als Gesundheitspartner für Unternehmen jeder Größenordnung, insbesondere auch für den Mittelstand. Diesem Anspruch wollen wir mit bedarfsgerechten Produktangeboten und Services auf hohem Niveau begegnen. Dr. Hajo Hessabi DAK, stellv. Vorstandvorsitzender
Der Mittelstand braucht gesunde, motivierte und produktive Mitarbeiter, gerade vor dem Hintergrund älter werdender Belegschaften und längerer Lebensarbeitszeiten. Deshalb muss das betriebliche Gesundheitsmanagement im Betrieb Chefsache sein. Markus Jerger BVMW Bundesgeschäftsführer
sundheitsvorsorge, wenn sie im betrieblichen Sinne für Mitarbeiter ausgegeben werden. Der überwiegende Teil der Führungskräfte und Manager hat ein Bewusstsein für die Zusammenhänge entwickelt. So sehen drei Viertel der Führungskräfte eine direkte Beziehung zwischen körperlicher Gesundheit und beruflicher Leistung. Mehr Umsatz, höhere Produktivität und gesündere Mitarbeiter: Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge in Unternehmen sind eine Win-win-Situation für Angestellte und Arbeitgeber.
Ganzheitlicher Ansatz Das medizinische Wissen verdoppelt sich aktuell alle drei Jahre. Oft gelangen neue medizinische Erkenntnisse – aufgrund der Dauer und fehlender Studien – erst nach zehn Jahren in das aktuelle medizinische Regime. Die Folge: Die Schere zwischen aktuellem Wissen und neuester Behandlungsstrategie wird größer. Unternehmen sind deshalb angehalten, sich immer auf dem neuesten Stand der Gesundheitsvorsorge zu bewegen. Der BVMW – nun auch in Kooperation mit der DAK-Gesundheit – engagiert sich mit seiner Gesundheitskommission für eine bessere Gesundheitsprävention in Unternehmen. Zu den Maßnahmen gehören beispielsweise die Entwicklung von Basis-Check-up-Untersuchungen mit einer individuellen Auswertung und Beratung der Unternehmen und Mitarbeiter. Dazu wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt: von einer erweiterten Laboruntersuchung bis hin zur Verbesserung der Ernährung in den Kantinen und Informationskursen für die Mitarbeiter. Durch die Erstellung von Return-on-invest-Plänen ist auch eine Finanzierung durch die Unternehmen machbar.
Gut zu wissen Gesundheitsprävention in Unternehmen ist ein Gewinn sowohl für die Mitarbeiter als auch für den Betrieb selbst. Vorteile für Unternehmen n weniger Ausfalltage n höhere Produktivität n deutlich verringerte Krankheitskosten n Entlastung der Sozialversicherungssysteme Vorteile für Mitarbeiter n Senkung der Krankheitstage n weniger Schmerzen und damit Reduktion der Schmerzmedikation n weniger operative Eingriffe n schnellere Genesung nach Eingriffen n niedrigere Quote an chronischen Erkrankungen n höhere Lebensqualität
Benjamin Schroth BVMW Leiter Kompetenzpartner und Verbandskooperation benjamin.schroth@bvmw.de
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Sichere Kanäle für Whistleblower Bisher ist der Schutz von Hinweisgebern in der EU lückenhaft geregelt. Nun schreibt eine EU-Richtlinie Standards zum Schutz von Whistleblowern vor, um Verstöße gegen Unionsrecht wirksamer zu bekämpfen.
Was ist ein Hinweisgebersystem? Der Begriff Hinweisgebersystem bezeichnet ein System zur Informationsgewinnung, welches Fachabteilungen wie Compliance- oder Rechtsabteilungen in Unternehmen einsetzen, um Mitarbeitern, Lieferanten oder Kunden einen vertraulichen Kommunikationskanal zu eröffnen. Dieser kann von dem Personenkreis zum Melden möglicher Rechtsverstöße und anderer Verstöße (zum Beispiel interner Richtlinien) genutzt werden. Zu Hinweisgebersystemen zählen beispielsweise Ombudspersonen, webbasierte Systeme oder kombinierte Mechanismen zur vertraulichen und sicheren Kommunikation von Missständen und Unregelmäßigkeiten. Unterschiede bei Meldekanälen liegen insbesondere in der Anonymitätswahrung, Verfügbarkeit und Kontaktmöglichkeit (mündlich, schriftlich). Der gewählte Kanal hat eine Auswirkung auf
die Hemmschwelle, sich zu melden. Die Hemmschwelle sollte möglichst gering sein, sodass keine zusätzliche Hürde zu überwinden ist. Ziel dieser Systeme ist – neben der frühzeitigen Aufdeckung – die Prävention interner Missstände und Risiken.
Zu Hinweisgebersystemen zählen beispielsweise Ombudspersonen, webbasierte Systeme oder kombinierte Mechanismen zur vertraulichen und sicheren Kommunikation von Missständen und Unregelmäßigkeiten. Vorgaben für einen Meldekanal Eine unabhängige Person muss als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Der Hinweisgeber muss uneingeschränkten Zugang zum Meldekanal haben, der Dialog mit ihm muss gewährleistet sein. Er erhält eine Eingangsbestätigung innerhalb von sieben Tagen. Nach drei bis sechs Monaten erfolgt eine Rückmeldung. Über den Fall wird eine revisionssichere und datenschutzkonforme Dokumentation angelegt.
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ie EU–Whistleblowing-Richtlinie soll Hinweisgebern künftig EU-weit einheitliche Standards für ihren Schutz bieten. Die am 23. Oktober 2019 von den Mitgliedstaaten beschlossenen Vorschriften verpflichten Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern dazu, sichere Kanäle einzurichten, über die Hinweisgeber Verstöße gegen das EU-Recht melden können, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 17. Dezember 2021 Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.
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n Umweltschutz, n Verkehrssicherheit, n öffentliches Auftragswesen, n Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, n Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit. Im Zuge der nationalen Umsetzung ist von einer Ausweitung der Tatbestände auszugehen
Das dreistufige Meldesystem Hinweisgebern wird empfohlen, zunächst die internen Kanäle ihrer Organisation zu nutzen (Stufe 1), bevor sie auf externe, von den Behörden eingerichtete Kanäle zurückgreifen (Stufe 2) oder sich an die Öffentlichkeit wenden (Stufe 3). Der Hinweisgeber kann sich je nach Sachverhalt direkt an Behörden wie etwa das Gesundheitsamt oder über die Presse an die Öffentlichkeit wenden. Einen Nachteil hat die Person hierdurch grundsätzlich nicht. Insbesondere kann dies der Fall sein, wenn der Hinweis besondere Relevanz für die Öffentlichkeit hat oder Eile geboten ist.
Wenn ein Mitarbeiter Hinweisgeber ist
Implementierung Zunächst muss sich ein Unternehmen für ein passendes Hinweisgebersystem entscheiden und bei der Implementierung frühzeitig den Betriebsrat und die für den Datenschutz beauftragte Person involvieren. Fachlich ist zu klären, welche Sachverhalte über das System kommuniziert werden sollen. Anschließend informiert das Unternehmen über die Einführung des Hinweisgebersystems nach innen und außen. Dieser Aspekt ist für die Qualität und Quantität der Hinweise wesentlich. Zuletzt muss das System durch eine vertrauensvolle Person im Unternehmen betreut werden.
Rechtsgebiete für ein Hinweisgebersystem Folgende Themengebiete werden in der Richtlinie als wesentlich benannt: n Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, n Sicherheit von Netz- und Informationssystemen, n Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz, n öffentliche Gesundheit, n Verbraucherschutz, n Produktsicherheit und -konformität,
Arbeitnehmer werden in der Form geschützt, dass weder eine Kündigung oder vergleichbare Maßnahme noch eine Aufgabenverlagerung oder Änderung des Arbeitsortes stattfinden darf. Die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen darf nicht versagt, Disziplinarmaßnahmen nicht auferlegt werden. Diskriminierung oder die Erfassung auf einer schwarzen Liste verbieten sich. Es erfolgt eine Beweislastumkehr: Der Arbeitgeber muss beweisen, dass der beschriebene Sachverhalt nicht zutrifft. Gut zu wissen n Prävention statt Reaktion! Wer ein Hinweisgebersystem hat, wird auf Sachverhalte aufmerksam, bevor diese öffentlich werden oder enttäuschte Mitarbeiter kündigen n Die EU-Whistleblowing-Richtlinie muss bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht umgesetzt werden n Unternehmen ab 50 Mitarbeitern werden verpflichtet, mit Zustimmung des Betriebsrats einen uneingeschränkt zugänglichen Meldekanal vorzuhalten Christoph Kläs Geschäftsführer der iwhistle GmbH Healthcare Compliance Officer, Interner Revisor DIIR BVMW-Mitglied www.iwhistle.net
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Digitalisierung verändert Personalwesen Personaler müssen heute viel mehr sein als Verwalter – nämlich Strategen, Enabler, ChangeManager. Den nötigen Freiraum dafür schaffen digitale, automatisierte Prozesse. Eine neue Studie zeigt den Status quo der Transformation im HR-Bereich.
automatisieren. Beginnen Sie mit den fehleranfälligsten und zeitaufwendigsten Abläufen. Tipp 2: Finden Sie gemeinsam mit dem HR-Management und der ITAbteilung heraus, welche HR-IT-Architektur für Ihr Unternehmen am besten geeignet ist: eine einzige, umfassende HRM-Plattform, ein Best-of-breed-Ansatz mit spezialisierten (Cloud-)Lösungen – oder etwas dazwischen. Tipp 3: Unterziehen Sie den bisherigen Grad der Automatisierung einer kritischen Prüfung: Erfüllt die Software die Erwartungen? Was muss noch manuell erledigt werden? Sind die Anwender ausreichend geschult? Tipp 4: Arbeiten Sie mit dem internen IT- oder Data-Science-Team zusammen, um gemeinsam ein Konzept zur Nutzung von HR-Daten zu entwerfen und umzusetzen.
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Tipp 5: Beziehen Sie bei der Lösungsauswahl potenzielle Anbieter frühzeitig ein. Erstellen Sie einen Anforderungskatalog, den die Anbieter ausfüllen. So können Sie die Kandidaten vergleichen.
ie „HR-Studie 2020“, die die forcont business technology gmbh gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Personalwirtschaft und Business Governance an der Martin-Luther-Universität Tipp 6: Geben Sie den Projektbeteiligten den nötigen Spielraum für Halle-Wittenberg durchgeführt hat, liefert ein Stimmungsbild aus Digitalisierungsvorhaben. Es zahlt sich aus, genügend Zeit in die deutschen Unternehmen. Auf Platz 1 der Herausforderungen liegt Konzeption, Lösungsauswahl und Implementierung zu investieren. der Fachkräftemangel, dicht gefolgt von der Digitalisierung von Personalprozessen. Weitere drängende Aufgaben sind das Begleiten interner Veränderungen, das Senken des administrativen Aufwands Gut zu wissen und das langfristige Binden von Mitarbeitern. Der HR-Bereich muss wesentlich daran mitwirken, Unternehmensziele zu entwickeln und n 58 Prozent der Befragten haben bereits HR-Aufgaben oder -Prozesse zu erreichen. Doch viele Personalabteilungen leiden unter chronidigital automatisiert. Bei 23 Prozent ist dies in naher Zukunft geplant schem Zeitmangel. Dieser hindert sie daran, agiler zu werden und ihn Folgende Daten erheben Unternehmen am häufigsten (analog oder re strategische Funktion auszuüben. digital): Abwesenheit (77 Prozent), Vergütung (77 Prozent), Gesamtkosten der Belegschaft (73 Prozent) und Fluktuation/MitarbeiterbinDen Wandel vorantreiben dung (61 Prozent) Damit der HR-Bereich sein Potenzial als wichtige Schnittstelle nach n Der Studienbericht mit allen Ergebnissen und Handlungsinnen und außen nutzen kann, gilt es, die nötigen Voraussetzunempfehlungen ist hier zum kostenfreien Download verfüggen zu schaffen. Die Digitalisierung ist dabei der Katalysator für die bar: https://bit.ly/3d60gZv. Transformation. Personalmanager sind gefordert, einige Hürden zu überwinden – von Skepsis der Geschäftsführung über Zeitnot bis hin Matthias Kunisch zu Stolpersteinen bei der Umsetzung. Die folgenden Tipps helfen UnGeschäftsführer der forcont business ternehmen dabei, den Reifegrad der Digitalisierung Schritt für Schritt technology gmbh und Senator h. c. des Bundeswirtschaftssenats im BVMW zu steigern: Tipp 1: Entwickeln Sie einen mehrstufigen Plan für die kommenden fünf Jahre, um Routineprozesse schrittweise zu digitalisieren und zu
www.forcont.de
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HR-Aufgaben oder -Prozesse werden zunehmend digital automatisiert.
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Fachkräfte aus dem Ausland erfolgreich integrieren Trotz Pandemie ist der Fachkräftemangel nach wie vor ein Thema. Häufig versuchen Unternehmen den Personalbedarf zu decken, indem sie Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren. Doch wie gelingt es, diese erfolgreich zu integrieren? Dabei helfen Relocation-Agenturen – und zwar vor, während und nach der Ankunft in Deutschland.
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nternehmen nutzen Relocation Services, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und den harten Kampf um Fachkräfte für sich zu entscheiden. Immer mehr innovative Mittelständler setzen hier auf professionelle Relocation-Unterstützung. Durch die persönliche Betreuung neuer Mitarbeiter steigen die Erfolgschancen der Auslandsrekrutierung um ein Vielfaches. Die Dienstleistungen der Agenturen sind breit gefächert und sollten individuell anpassbar sein. Die aktuellen Corona-Bestimmungen machen einen internationalen Transfer zusätzlich kompliziert, weshalb Unterstützung noch sinnvoller ist.
n Orientierungstour: Verfolgt das Ziel, den Neuankömmlingen einen Überblick über die neue Umgebung zu verschaffen. n Immigration und Behördengänge: Hilfe bei der Beschaffung von Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen, Unterstützung bei sämtlichen Behördengängen. n Wohnungssuche: Suche nach einer passenden Unterkunft und Mietvertragsmanagement für Mitarbeiter. n Administrative Erledigungen: Bankkonto, Versicherungen, Führerscheinumschreibung. n Schul- und Kindergartensuche: Internationale Transfers kommen oft mit Familie. Beratung für den Partner: Beratung zu Arbeitsmöglichkeiten und Sprachprogrammen für begleitende Ehepartner. n Wegzug: Endet ein Auslandseinsatz, übernehmen RelocationAgenturen die Abwicklung der Ausreise, wie Kündigungen und Abmeldungen.
Erfolg mit internationalen Fachkräften Ist ein passender Mitarbeiter gefunden, übergibt die Personalabteilung an die Relocation-Agentur. Diese leitet den erforderlichen Immigrationsprozess ein, sorgt für einen reibungslosen Umzug und die schnelle Eingliederung in Deutschland. So wird garantiert, dass der gewünschte Mitarbeiter termingerecht vor Ort eingesetzt werden kann und sich wohlfühlt.
Wer bei der Integration von Mitarbeitern aus dem Ausland spart, spart am falschen Ende. Denn wenn sich ein Expat aufgrund mangelnder Unterstützung für den vorzeitigen Abbruch seines Auslandseinsatzes entscheidet, schlagen die anfallenden Kosten für das Unternehmen deutlich höher zu Buche als eine Betreuung durch eine Relocation-Agentur. Inge Brendler Inhaberin HereLocation BVMW-Mitglied www.herelocation.de
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Digitaler Wandel braucht Führung Unternehmen, die die digitale Transformation in den vergangenen Jahren nicht ernst genommen haben, erleiden – je nach Branche – mehr oder weniger große Wettbewerbsverluste gegenüber Konkurrenten, die besser aufgestellt sind. Wie können Betriebe daher am besten den digitalen Wandel als Herausforderung annehmen und erfolgreich bewältigen? Die Bertelsmann Stiftung hat dazu bundesweit Unternehmen befragt. Vor kurzem wurde nun die Studie mit den Ergebnissen vorgestellt.
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chon seit Jahren ist zu beobachten, dass die betriebliche digitale Transformation in ihrer Tragweite für den eigenen Betrieb falsch eingeschätzt oder aber unterschätzt wird. In einer von uns vor der Studie durchgeführten Interviewreihe mit Unternehmerinnen und Unternehmer offenbarte sich recht deutlich, dass Digitalisierung häufig als Technisierung der Arbeitsorganisation missverstanden wird. Es wurde uns in den Interviews sehr häufig die technische Ausstattung im eigenen Unternehmen geschildert, zugleich aber auch betont, dass weitergehende Änderungen des eigenen Geschäftsmodells oder auch der Modus der Produktion an sich davon nicht betroffen seien. Übertragen auf die Kundenerfahrung im deutschen Einzelhandel könnte man von außen auch fragen: Ist die im Vergleich zum Ausland – vor Corona - zu beobachtende Unwilligkeit, den Kunden die Bezahlung mit einer Karte anzubieten, eine technische oder eine kulturelle Frage? Sie erahnen die Antwort.
Eine Einladung der Geschäftsführung, sich im neuen Intranet auszutauschen, wird nicht erfolgreich sein, wenn die Führung selbst nicht willens ist, mit den Beschäftigten dort auf Augenhöhe und transparent zu kommunizieren. Aus diesem Grund haben uns bei der Konzeptionierung unserer Studie zur betrieblichen digitalen Transformation, die wir zusammen mit Fraunhofer IAO in Stuttgart und mit freundlicher Unterstützung der Otto Group durchgeführt haben, drei Fragen geleitet. Erstens: Sind Bereitschaft und Kultur in Unternehmen vorhanden, um sich mit dem digitalen Wandel zu befassen? Zweitens: Sind intern die technischen Voraussetzungen gegeben, um den digitalen Wandel voran zu treiben? Drittens: Ist intern die Kompetenz vorhanden, die potenziellen Auswirkungen der Digitalisierung auf das eigene Geschäftsmodell zu erkennen? Wir haben daraufhin in 15 Unternehmen (bundesweit gleichverteilt, unterschiedliche Branchen, grundsätzlich als „digital reif“ zu bezeichnen) die Geschäftsführungen in vertiefenden persönlichen Interviews zu den Erfolgsfaktoren und Hürden der digitalen Transfor-
mation befragt. Hierbei zeigte sich schnell, dass der digitale Wandel deutlich weitreichender ist als vorherige Änderungen in Folge der Einführung neuer Management-Methoden. Der digitale Wandel betrifft das eigene Geschäftsmodell, die eigene Person, die eigenen Werte, die Arbeitsmethoden, die Selbstverortung im Unternehmen.
Führung muss Vorbild sein Wandel ohne eine Unterstützung durch die Führung ist auch in diesem Fall nicht möglich. Und auch hier gilt: Führung muss mit gutem Vorbild vorangehen und im Arbeitsalltag deutlich vorleben, warum der Einsatz digitaler Werkzeuge und Kommunikationsplattformen Sinn hat. Eine Einladung der Geschäftsführung, sich im neuen Intranet auszutauschen, wird nicht erfolgreich sein, wenn die Führung selbst nicht willens ist, mit den Beschäftigten dort auf Augenhöhe und transparent zu kommunizieren. Führung muss Risiken eingehen wollen und den Menschen Raum zum Experimentieren geben.
IT wird zur Querschnittsaufgabe Der digitale Wandel darf nicht an die IT-Abteilung ausgegliedert werden. Die IT muss integraler Bestandteil aller Bereiche des Unternehmens werden. Dies bedingt automatisch auch eine Dezentralisierung des Ansatzes der IT-Administration (hierbei geht es nicht um IT in der Produktion!). Eigenverantwortung in der IT-Anwendung durch die Beschäftigten ist die neue Maxime. Der Anwender muss – neben den Standard-Office-Anwendungen – selbst entscheiden können, wie er kommuniziert und wann im Laufe eines Tages er welche Anwendung nutzt.
Arbeitsorganisation muss agil werden Planungshorizonte müssen verkürzt werden, auf Änderungen von Kundenpräferenzen muss kurzfristig reagiert werden können, interne Wahrheiten („Das haben wir schon immer so gemacht“, „Der Mitarbeiter mit dem höchsten Gehalt entscheidet am Ende der Sitzung“) müssen infrage gestellt werden, agiles Projektmanagement muss Wasserfall-Methoden ersetzen.
Digitaler Wandel ohne Wandel der Arbeitskultur kann nicht gelingen Wenn Arbeitsorganisation und Hierarchiemodelle hinterfragt werden, wenn Führung digitales Arbeiten vorleben muss, wenn gewohnte Rollen und Entscheidungswege disruptiert werden, kann von der Veränderung der Arbeitskultur gesprochen werden. Digi-
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tale Arbeitskultur – häufig auch im Modebegriff des New Work zusammengefasst – beinhaltet Kommunikation auf Augenhöhe, die Selbstvergewisserung, das Erlebnis von Selbstwirksamkeit, besseres Selbstmanagement, Transparenz, Vertrauen, das Teilen von Erkenntnissen. Technik kann oder muss hier sogar Unterstützer sein. Kultur und Technik müssen sich gegenseitig ergänzen.
fahrungen aus der Autobranche haben gezeigt, dass Geschäftsführungen gut daran tun, auf die eigenen Mitarbeiter zu hören, wenn es darum geht, neue Trends zu erkennen, die das eigene Geschäftsmodell betreffen könnten. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Bereitschaft von Geschäftsführungen, demütig zu sein und die Grenzen der eigenen Kompetenzen offensiv anzuerkennen.
Digitale Kompetenz intern aufbauen und extern anwerben
Die Interviews haben gezeigt, dass diese Handlungsfelder gleichzeitig und proaktiv angegangen werden müssen. Diesen Prozess anzustoßen, ist Aufgabe der Führung. Versagt an dieser Stelle eine Führung, die mit der Digitalisierung fremdelt, werden alle Arbeitsplätze des Unternehmens akut gefährdet. Dies zu verhindern, liegt in der Verantwortung der Führung.
Die mit der Änderung der Arbeitskultur einhergehenden Anforderungen an digitale Kompetenzen (Fähigkeit zur virtuellen Kommunikation, Wille zum Teilen, Technikverständnis) müssen durch die HR-Abteilung proaktiv adressiert werden. Es haben sich neben der klassischen Fortbildung hierbei vor allem auch sogenannte Peer to Peer-Formate bewährt. Es geht um die Hilfe unter seinesgleichen, auf Augenhöhe über technisch bedingte Herausforderungen reden zu können. Zugleich müssen die Anforderungsprofile bezüglich von Neueinstellungen unbedingt modifiziert werden.
Das eigene Geschäftsmodell muss täglich hinterfragt werden In Zeiten der digitalen Transformation gibt es keine Gewissheiten mehr. Täglich können sich die Rahmenbedingungen des eigenen Geschäftsmodells ändern, täglich können branchenfremde Unternehmen in die eigene Branche einbrechen und die eigene Existenz gefährden. Digitalisierung ermöglicht das Überwinden der Brandmauern zwischen ehemals streng getrennten Branchen. Dies zu erkennen, ist Aufgabe aller im Unternehmen Arbeitenden. Die Er-
Gut zu wissen Die Ergebnisse der Studie sind abrufbar unter: http://bvmw.info/studie_zukunft_der_arbeit Link zum Blog: www.zukunftderarbeit.de Dr. Ole Wintermann Senior Project Manager Bertelsmann Stiftung www.bertelsmann-stiftung.de
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Ökosysteme für Gründer Seit über 35 Jahren unterstützen die Innovations-, Technologie- und Gründerzentren in Deutschland erfolgreich das Gründungsgeschehen und insbesondere wissensbasierte, innovative Startups. Davon profitieren ganze Regionen nachhaltig.
Neugründungen und Unternehmensansiedlungen, die wiederum Arbeitsplätze, wachsende Steuereinnahmen und strukturelle Entwicklungsmöglichkeiten schaffen. Innovationskraft ist heute mehr denn je Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum.
Der BVIZ als Netzwerk
Erfolgsfaktoren der Zentren Erfolgreiche Innovationszentren sind heute zunehmend auf Branchen spezialisiert und intensiv mit wissenschaftlichen Einrichtungen, Universitäten und Unternehmen vernetzt. Weitere Erfolgsfaktoren für Innovationszentren sind optimale Rahmenbedingungen am Standort sowie ihre Vernetzung innerhalb der Gründerökosysteme, also mit anderen Akteuren der Gründerunterstützung und Wirtschaftsstrukturen, auch über die regionalen Netzwerke hinaus. Davon profitieren nicht nur die betreuten Startups und jungen Unternehmen. Für die Regionen sind die Zentren effiziente Instrumente regionaler Wirtschaftsförderung, denn sie initiieren und unterstützen
Gut zu wissen n Der BVIZ ist das Netzwerk der deutschen Gründerzentren n Vernetzte Innovationszentren spüren Entwicklungen auf, können daher besser beraten und verstehen sich zudem als Trendsetter Andrea Glaser Geschäftsführerin Bundesverband Deutscher Innovations-, Technologieund Gründerzentren e. V. www.innovationszentren.de
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ie Innovationszentren bieten mit ihrem Know-how beste Voraussetzungen für erfolgreiche Gründungen und ergebnisorientierten Technologietransfer. Ihre Leistungen reichen von erster Beratung bezüglich des Businessplans über Innovationsmanagement, Technologietransfer, Qualifizierung oder Finanzierungsberatung bis zu Kapital- und Kontaktvermittlung. Mit der flexiblen Vermietung moderner Büros, Labore oder Werkstätten und Bereitstellung entsprechender Infrastruktur erhalten Startups den notwendigen Rahmen für erfolgreiche Unternehmensgründungen und Wachstum.
Im Bundesverband Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzentren e. V. (BVIZ) ist mehr als die Hälfte der deutschen Zentren organisiert. Der BVIZ versteht sich als Plattform und Netzwerk der Zentren. Durch den überregionalen Erfahrungsaustausch werden insbesondere auch Entwicklungen in der Gründerszene verfolgt, neue Anforderungen an die Arbeit der Zentren eruiert und Best-Practices ausgetauscht. Der BVIZ ist ebenso die Interessenvertretung der Zentren und Startups gegenüber der Politik und anderen Organisationen. Als Gründungsmitglied der Mittelstandsallianz engagiert sich der BVIZ gemeinsam mit anderen Verbänden, um für Start-ups und mittelständische Unternehmen in Deutschland die Rahmenbedingungen zu verbessern. Die über 350 Innovationszentren in Deutschland betreuten allein im Jahr 2019 etwa 4.980 Unternehmensgründungen und trugen bis heute zur Schaffung von mehr als 292.000 Arbeitsplätzen bei. Die Zentren verstehen sich dabei als Begleiter und Mit-Initiatoren von Trends und sehen sich für die Herausforderungen einer sich verändernden Arbeitswelt und Gründerszene gut gerüstet.
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Neue Angebote der Mittelstandsallianz Gemeinsam mit mehr als 30 Partnerverbänden und über 960.000 Unternehmerstimmen ist die Mittelstandsallianz des BVMW die politische Interessenvertretung für den Mittelstand in Deutschland. Unser in der Verbändelandschaft einzigartiger Zusammenschluss bietet die geballte Kompetenz der vielfältigen, branchenspezifischen und branchenübergreifenden Partnerverbände und vertritt deren Anliegen mit einer starken Stimme in der Politik.
Vertreter der Mittelstandsallianz zu Besuch bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
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ie möchten in der Bundes- oder Landespolitik Gehör finden? Profitieren Sie von der einzigartigen Bandbreite des Allianznetzwerks Dann sind Sie bei uns genau richtig. Wir sind Ihr mittelstän- und schaffen Sie eine völlig neue Plattform für Ihre Verbandsarbeit – disches Verbändenetzwerk im politischen Berlin. Mithilfe von im Dialog und digital. deutschlandweitem und auch internationalem Networking auf über 2000 hochkarätigen Veranstaltungen und Events vermitteln wir Ih- Unsere Servicepakete für Sie nen wertvolle Kontakte zu hochrangigen politischen Akteuren und Mit unseren neuen Servicepaketen bieten wir Ihnen künftig noch spannenden Unternehmen. Hier haben Sie die exklusive Möglichkeit, mehr: Aufbauend auf der neuen BVMW-Verbändemitgliedschaft mit MinisterInnen, StaatssekretärInnen und Abgeordneten direkt ins können Sie mit den brandneuen Paketen PLUS und PREMIUM die Gespräch zu kommen und zusammen Ihre individuellen Anliegen exklusiven Vorteile und Angebote der Mittelstandsallianz für sich optimal nutzen. Dabei haben Sie die Wahl zwischen ausgewählten Leiszu diskutieren. tungen im Servicepaket PLUS oder dem Ausschöpfen aller Vorzüge Von Parlamentarischen Frühstücken und Gesprächsterminen über in einer PREMIUM-Allianzpartnerschaft. Empfänge und WebImpulse – wir lassen uns keine Chance entgehen, Sie mit der Politik in Verbindung zu bringen und Ihre Positionen aufzuzeigen. Komfortabel für Sie: Wir organisieren für Ihren Verband exklusive Gesprächstermine und Parlamentarische Frühstücke mit Gut zu wissen Ihren individuellen Themen auf der Tagesordnung.
Gemeinsam sind wir stark. Gemeinsam können wir gestalten Die Mittelstandsallianz fördert gezielt die Repräsentation Ihres Verbandes und setzt sich für eine mittelstandsfreundliche Gesetzgebung in den Bundesländern, Berlin und Brüssel ein. Sie erhalten stets persönliche Unterstützung bei der inhaltlichen Positionierung und der Öffentlichkeitsarbeit Ihres Verbands durch unser kompetentes Team in der Bundeszentrale des BVMW. Eine Allianzpartnerschaft lässt somit Ihre mediale Reichweite stetig anwachsen und erweitert Ihren politischen Gestaltungsraum. Zeitgleich bieten wir Ihnen und Ihren Mitgliedern weitere Vorteile im Bereich Einkauf und Vernetzung.
n Sie möchten mehr über die Mittelstandsallianz erfahren? Dann schauen sie auf unserer Webseite www.mittelstandsallianz.de vorbei oder schreiben Sie uns gern eine E-Mail an mittelstandsallianz@bvmw.de n Alle Vorteile, Themen und Termine auf einen Blick finden Sie unter www.mittelstandsallianz.de Diana Scholl BVMW Leiterin politische Netzwerke und Strategie, stellvertretende Leiterin Volkswirtschaft diana.scholl@bvmw.de
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Flexible Finanzierung für den Mittelstand Der Kapitalmarkt bietet mittelständischen Unternehmen eine Vielzahl flexibler (alternativer) Finanzierungslösungen. Bei Geschäftschancen, aber auch bei geschäftlichen Herausforderungen. Mit und ohne Bank.
Alternative Unternehmensfinanzierung Weil vor allem mittelständische Unternehmen unter dieser Entwicklung leiden, entscheiden sich inzwischen zahlreiche Inhaber und Manager für alternative Finanzierungen. Hierzu zählen Private Debt, Mezzanine-Kapital und die Spezialformen Leasing, Factoring, Einkaufs- und Lagerfinanzierung. Diese Produkte können den Bankkredit ersetzen oder ergänzen. Professionelle Kreditfonds, Mezzanine-Fonds, Family Offices und Spezialfinanzierer finanzieren dadurch beispielsweise Investitionen und Wachstumsvorhaben, Akquisitionen, Umschuldungen, Unternehmensnachfolgen (inklusive Management Buyout und Management Buyin) und Restrukturierungen in der Krise.
Vorteile für den Mittelstand Der unternehmerische Investitionsansatz dieser Kapitalgeber und die vertragliche Gestaltungsfreiheit der Finanzierungsinstrumente ermöglichen langfristige Lösungen, die den jeweiligen Bedürfnissen
Gut zu wissen n Alternative Finanzierungen ermöglichen flexible Lösungen für zahlreiche Unternehmenssituationen n Alternative Finanzierungen ergänzen oder ersetzen den Bankkredit n Professionelle Investoren stellen Kapital bei Chancen und Herausforderungen nachhaltig bereit Philip Reibel Inhaber Reibel Management BVMW-Mitglied www.reibel-management.com
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ür den Mittelstand gestaltet sich die Finanzierung über den Bankenmarkt zunehmend schwieriger. Die Kreditinstitute sind einem hohen regulatorischen Druck ausgesetzt und haben schon seit Jahren mit starren Kostenstrukturen und schwachen Ergebnissen zu kämpfen. Die Pandemie hat die Zurückhaltung der Geldhäuser bei der Kreditvergabe nochmals merklich verstärkt.
des Unternehmens genau angepasst sind. Konkret besteht dabei der wesentliche Vorteil in der Verbindung von Geschäftskontrolle und finanzieller Flexibilität. Damit bleiben Unternehmer „Herr im Haus“ und genießen dabei die Vorzüge eines deutlich größeren finanziellen Spielraums vis-à-vis dem Bankkredit. Im Falle von Private Debt, dem Kredit durch einen Investor, wird somit der vollständige Erhalt der Unternehmensanteile und Stimmrechte durch flexible Vertragsbestandteile erweitert. Regelmäßige Tilgungen und Zinszahlungen werden etwa durch eine endfällige Tilgungsstruktur mit langer Laufzeit und vertraglich vereinbarten Zinsstundungsmöglichkeiten ersetzt. Dadurch kann entscheidende Liquidität produktiv innerhalb des Unternehmens eingesetzt werden. Weil Investoren einen starken Fokus auf die künftige operative Entwicklung des Unternehmens legen, rückt die Wichtigkeit dinglicher und banküblicher Sicherheiten in den Hintergrund. Zudem kann das ausgereichte Finanzierungsvolumen bei Bedarf das Kreditlimit der Hausbank oder Bankengruppe übersteigen. Statt statischen vergangenheitsorientierten Analysen und schablonenhaften Ratingprozessen zu folgen, handeln professionelle Investoren pragmatisch mit dem Ziel, ein ganzheitliches Verständnis für das Unternehmen zu gewinnen. So können Unternehmer attraktive Geschäftsgelegenheiten nutzen und geschäftliche Herausforderungen mit Erfolg bewältigen.
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Mit Sale-and-lease-back Liquidität gewinnen Viele Mittelständler benötigen Liquidität, um wirtschaftliche Krisen zu meistern, die Produktion auszuweiten oder neues Personal einzustellen. Um Unternehmen zukunftsorientiert aufzustellen, braucht es gerade in turbulenten Zeiten finanziellen Spielraum – den Immobilien eröffnen können.
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ie Immobilienpreise im Großraum Berlin steigen seit Jahren. Diese positive Wertentwicklung eröffnet vor allem Unternehmen mit Immobilieneigentum erstklassige Möglichkeiten, um kurzfristig Kapital zu mobilisieren, welches langfristig in die Unternehmensentwicklung investiert werden kann. Beim Sale-and-lease-back ist der Grundgedanke ganz einfach: Die Immobilie wird gewinnbringend veräußert und anschließend langfristig (zurück)gemietet. Das Ergebnis ist ein Liquiditätsgewinn ohne Fremdfinanzierung, mit welchem benötigte Investitionen realisiert werden können.
So funktioniert Sale-and-lease-back Ein typischer Sale-and-lease-back Vertrag setzt sich in der Regel aus zwei Vertragselementen zusammen: n Kaufvertrag: Ein eigenständiger Kauf- und Übereignungsvertrag regelt den Eigentumsübergang und bildet die Sale-Komponente. Die Immobilie geht an einen Investor über. n Leasingvertrag: Der in einer Sale-and-lease-back Transaktion eingesetzte Leasingvertrag entspricht dem Wesen nach einem regulären Mietvertrag. Die nach dem Verkauf abgeschlossenen Mietverträge haben zumeist eine lange Laufzeit von zehn oder mehr Jahren. Entsprechend setzt Sale-and-lease-back eine langfristige Orientierung voraus, sowohl seitens des Investors als auch des Unternehmers.
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So profitieren Sie von einer Sale-and-lease-backFinanzierung Für kleine und mittlere Unternehmen ist Sale-and-lease-back insbesondere sinnvoll, wenn die Entwicklung des Geschäfts einer größeren Investition bedarf – etwa um mit den Anforderungen der Digitalisierung Schritt zu halten, auf die zunehmende Automatisierung oder branchenspezifische Zukunftstechnologien zu setzen. In dynamischen Immobilienmärkten wie Berlin können Verkäufer von Logistik-, Produktions- oder Großhandelsflächen besonders von der positiven Wertentwicklung ihres Objekts profitieren. Die folgende Anmietung vom Käufer kann zusätzliche Ressourcen für das Kerngeschäft freisetzen, da Kosten und Aufwand für die Bewirtschaftung der Immobilie eingespart werden.
Setzen Sie bei der Umsetzung auf Expertise aus einer Hand Das Verfahren beginnt mit einer kompetenten Wertermittlung Ihrer Liegenschaft. Wählen Sie für die Umsetzung einen Partner, der Ihr Objekt gewinnbringend am Markt platziert, um möglichst viel Kapi-
tal für Sie zu mobilisieren. Auch sollte ein Investor gefunden werden, der an einem langfristigen Asset interessiert ist. Je individueller der Vertrag gestaltet wird, desto mehr Spielraum verschafft er Ihnen als Mieter. Nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens können Sie sich finanziell gestärkt auf das Wesentliche konzentrieren: Ihr Kerngeschäft. Sebastian König Leitung Industriefläche Engel & Völkers Gewerbe Berlin GmbH & Co. KG
Ali Murat Asefoglu Leitung Investment, Mitglied der Geschäftsleitung Engel & Völkers Gewerbe Berlin GmbH & Co. KG www.engelvoelkers.com
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FINANZTIPP
Abschied von der klassischen Lebensversicherung
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parbuch, Bausparvertrag und Lebensversicherung: Das war für Generationen die Basis für die Ersparnisbildung der Deutschen. Aber jetzt in den Zeiten von Null- und Minuszinsen? Sparbücher bringen keinen Ertrag mehr, nur noch einen garantierten Verlust an Kaufkraft. Bausparverträge braucht eigentlich niemand mehr, denn die Zinsen für Hypotheken sind günstiger. Und die klassischen Lebensversicherungen? Die können ohne große Risiken kaum noch Erträge einfahren. Weder für sich noch für die Kundschaft. Die Folgen: Kleinere Versicherungen müssen sich ernsthaft überlegen, den Laden zu schließen. Oder das Aufsichtsamt ordnet die Abwicklung an. Oder die Versicherungsunternehmen fusionieren, um Kosten zu sparen. Und/oder die Versicherungen schaffen ihre Garantieversprechen ab. Das kommt jetzt. Wie funktioniert eigentlich eine Lebensversicherungspolice? Von den monatlichen oder jährlichen Einzahlungen werden erst einmal die Abschlusskosten (auch die Vermittler wollen leben) und laufend die Verwaltungsgebühren der Gesellschaft abgezogen. Was dann übrig bleibt, wird aufgeteilt: auf die Risikoprämie und den Sparanteil. Dank der Risikoprämie (Risiko für die Versicherungsgesellschaft!) kann die Versicherungssumme schon vor Vertragsende ausbezahlt werden, wenn die versicherte Person vorzeitig stirbt – unabhängig davon, ob die Beiträge erst für zwei Jahre oder für zwanzig Jahre bezahlt worden sind. Dieses hauseigene Risiko können die Versicherungsgesellschaften auf Rückversicherer abwälzen. Clevere Versicherungskunden haben sich selbst als Versicherungsnehmer (= Inhaber) und zum Beispiel einen Enkel als zu versichernde Person eingesetzt. Statistisch leben Junge eben länger als Ältere, und so fällt nur eine niedrigere Risikoprämie an, sprich: die spätere Auszahlung ist höher. Doch nicht nur der frühe Tod der versicherten Person ist ein Risiko der Versicherungsgesellschaft, sondern auch ein zu langes Leben. Denn bei Rentenversicherungen muss eben gegebenenfalls sehr lange die vereinbarte Rente ausbezahlt werden. Die noch nicht aktualisierten Sterbetafeln verringern dieses Risiko.
Doch nun zum Sparanteil: Früher konnten die Versicherungen mit Leichtigkeit beim planmäßigen Ablauf die Versicherungssumme plus eine mehr oder weniger garantierte Verzinsung von drei oder vier Prozent auszahlen. Soviel konnte eben mit festverzinslichen Wertpapieren, Mieterträgen aus Immobilien und (in geringerem Umfang) mit Aktien verdient werden. Aber heute in Zeiten der uns oktroyierten Null- und Minuszinsen? Die Allianz hat schon angekündigt, dass es – vorerst wohl nur für neue Verträge – keine garantierte Auszahlung mehr geben wird. Es sollen nur noch 60 bis 90 Prozent der Einzahlungen garantiert werden. Die Schweiz war Vorreiter: Die Schweizer Allianz-Tochter Allianz Suisse garantiert schon seit Jahren nur noch Auszahlungen zwischen 50 und 90 Prozent der Versicherungssumme. Was kann man tun, wenn man trotzdem eine Lebensversicherung braucht? Man schließt zu einem Bruchteil der sonst anfallenden Beiträge nur eine reine Risikoversicherung ab. Und weil Vermittler an solchen Risikoversicherungen (ohne Sparanteil) nicht viel verdienen können, lassen sich solche Risikoversicherungen sogar bequem im Internet abschließen. Mit anderen Worten: Den vorgesehenen Sparanteil legt man selbst an (in Aktien oder ETFs) – und spart damit sogar die sonst Jahr für Jahr zusätzlich anfallenden Kosten der Versicherungsunternehmen.
Hans-Peter Holbach Herausgeber des Informationsdienstes Geldbrief (erscheint im 48. Jahrgang) www.geldbrief.com Chefredakteur beim Vertraulichen Schweizer Brief www.vertraulicher.com
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STEUERN AUF DEN PUNKT
Überbrückungshilfe – die Kosten trägt der Fiskus
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ie allermeisten KMU haben in der Corona-Pandemie mit rückläufigen Einnahmen zu kämpfen, während die Ausgaben weiterlaufen. Der Bund hat die existenzbedrohliche Lage für mittelständische Unternehmen früh erkannt und mit der Soforthilfe gegengesteuert. Die unklaren Aus- und Rückzahlungsbedingungen haben allerdings für erhebliche Unsicherheit gesorgt. Mit der Anschlussunterstützung, der sogenannten Überbrückungshilfe, soll alles besser werden. Im Rahmen der Überbrückungshilfe erhalten Unternehmen, die vor dem 1. November 2019 gegründet wurden und im Inland sitzen, einen Teil ihrer Fixkosten erstattet. Auch Soloselbstständige und Freiberufler, die ihre selbstständige Tätigkeit im Haupterwerb ausführen, profitieren. Während die erste Phase der Überbrückungshilfe am 9. Oktober 2020 endete, läuft die zweite Phase noch bis Ende Dezember 2020. Voraussetzung für den Antrag ist, dass der Umsatz in zwei zusammenhängenden Monaten des Zeitraums April bis August 2020 um mindestens 50 Prozent oder im Durchschnitt des vorgenannten Zeitraums um mindestens 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen ist.
Höhe der Überbrückungshilfe Die Höhe des Auszahlungsbetrags richtet sich nach dem prozentualen monatlichen Umsatzrückgang im Zeitraum September bis Dezember. Damit überhaupt eine Unterstützung gewährt wird, muss der jeweilige Umsatz im Vergleich zum Vorjahresmonat um mindestens 30 Prozent zurückgegangen sein. Ist dies der Fall, werden mindestens 40 Prozent der Fixkosten erstattet. Beträgt der Umsatzrückgang zwischen 50 und 70 Prozent, werden 60 Prozent und bei einem Umsatzrückgang von über 70 Prozent sogar 90 Prozent der Fixkosten erstattet. Allerdings darf die monatliche Hilfe 50.000 Euro nicht übersteigen. Im Extremfall winkt also eine staatliche Unterstützung von bis zu 200.000 Euro, die allerdings nur von den allerwenigsten Mittelständlern voll ausgeschöpft werden wird. Zu den erstattungsfähigen Fixkosten gehören beispielsweise die Miete samt Nebenkos-
ten, Wartungs- und Instandhaltungsaufwendungen für Anlagevermögen sowie ein pauschalierter Teil der Personalkosten.
Antragsverfahren Der Antrag ist durch einen prüfenden Dritten – in der Regel den Steuerberater – auf Basis der Daten des betrieblichen Rechnungswesens über eine Online-Plattform zu stellen. Da im Antragsverfahren vielfach mit Schätzwerten gearbeitet wird, ist die Abgabe einer Schlussabrechnung bis Ende 2021 obligatorisch. Die Schlussabrechnung kann eine Rückzahlungsverpflichtung begründen, wenn im Antrag geschätzte Angaben gemacht wurden, die sich später als unrichtig herausstellen. Die Rückzahlung ist allerdings auf die Differenz zwischen der Auszahlung laut Antrag und einem gedachten Auszahlungsbetrag, der sich auf Basis der Schlussabrechnung ergäbe, beschränkt. Vorteilhaft für den Antragsteller ist, dass im Unterschied zur ersten Phase der Überbrückungshilfe auch eine nachträgliche Mehrauszahlung auf Basis der Schlussabrechnung möglich sein soll. Gut zu wissen n KMU sollten frühzeitig prüfen, ob die Überbrückungshilfe für sie in Frage kommt. Stand jetzt endet die Antragsfrist am Jahresende n Die bis Ende 2021 einzureichende Schlussabrechnung kann zu einer Rückzahlung führen. Dem Vernehmen nach soll auch eine nachträgliche Mehrauszahlung möglich sein n Die erhaltene Überbrückungshilfe ist zu versteuern Dr. Sebastian Krauß Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht concepta Steuerberatungsgesellschaft mbH BVMW-Mitglied www.concepta-steuern.de
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BVMW dfg Award® für Pflegeplatzmanager
Johannes Kreißig (li.), geschäftsführender Vorstand der DGNB, überreichte Dirk Zedler (Geschäftsführer Zedler-Institut) die Platin-Plakette.
Doppelte Auszeichnung geht an Zedler-Institut
BVMW-Mitglied Pflegeplatzmanager GmbH hat den dfg Award® 2020, den Branchenpreis im deutschen Gesundheitswesen, in der Kategorie „Herausragende digitale Innovationen und Zukunftsprojekte in der Pflege“ für die Webanwendung „Pflegeplatzmanager“ gewonnen. Der PlatzmaDie Geschäftsführer Alexander nager vernetzt Akteure des GesundBauch (2. v. li.) und Chris Schiller heitswesens datenschutzkonform (Mitte) nahmen in Berlin die Ausund ermöglicht ein transparentes und zeichnung in Empfang. effizientes Entlassungsmanagement im Sinne des Patienten. Insbesondere die Funktionalität für Pflegeeinrichtungen wurde hervorgehoben. Die Firma wurde von einem Sozialministerium vorgeschlagen und dann von einer unabhängigen Jury ausgewählt. Schirmherr war CDU-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. www.pflegeplatzmanager.de
Die Zedler-Institut für Fahrradtechnik und -Sicherheit GmbH wurde in den vergangenen Jahren mehrfach für ihre Leistungen geehrt. Nun erhielt das BVMW-Mitglied von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DNGB) die höchste Auszeichnungsstufe Platin. Das Zedler-Gebäude erzielte Höchstnoten in den Kriterien „Ökologische, ökonomische sowie soziokulturelle und funktionale Qualität“. Zusätzlich erhielt das Unternehmen die Auszeichnung „Klimapositiv“ für das vorbildhafte Firmengebäude. Diese Kombination aus beiden Auszeichnungen gab es zum Verleihungszeitpunkt weltweit nur zwei Mal.
Mittelstandsforum Magdeburg Zusammen mit der Stadt Magdeburg, dem Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung, dem Zweckverband zur Förderung des Maschinen- und Anlagenbaus und dem Verein Deutscher Ingenieure hatte der BVMW zum 10. Mittelstandsforum eingeladen. Der Leiter des Kreisverbandes Magdeburg, Peter Martini, konnte 10. Mittelstandsforum in der Johanniskirche in der Johanniskirche in in Magdeburg. Magdeburg 120 Gäste begrüßen. Im Rahmen der Veranstaltung, die unter dem Thema Ethik in der Digitalisierung stattfand, wurde der Mittelstandspreis 2020 des BVMW Magdeburg an die EVENTUS Wirtschaftsberatung GmbH verliehen.
Alexander Graf Lambsdorff (re.) erläuterte im Diskurs mit RTL West-Chef Jörg Zajonc die Lage der Liberalen im Hinblick auf die nächste Bundestagswahl.
Graf Lambsdorff zu Gast beim Wirtschaftssenat Eigenverantwortung und Wettbewerb sind hohe Werte, die im Schatten des Staates zu verkümmern drohen. Eine gute Gelegenheit für liberale Politiker, ihr Profil zu schärfen und ein marktwirtschaftliches Set an Auswegen aus der Pandemie-Krise zu präsentieren. Bei unserem Mitglied DELTA-V in Wuppertal stellte sich FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff den Fragen der NRW-Wirtschaftssenatoren. Unter der moderierenden Gesprächsführung durch RTL West-Geschäftsführer Jörg Zajonc gelang es Graf Lambsdorff, ein liberales Krisenprogramm zu zeichnen, das einen Kontrast zur etatistischen Konsenshaltung bot: Wohlstand entsteht in der dezentralen Suche nach besten Lösungen, dies im Wettbewerb und ohne staatlichen Interventionismus.
Fotos: © Pflegeplatzmanager GmbH; © zedler.de; INTERBODEN/HPP Architekten, © Visualisierung: bloomimages
www.zedler.de
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Webtalk mit der Bildungsministerin Über 60 interessierte Unternehmerinnen und Unternehmer hatten sich zum Webtalk mit der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig, V. li.: Hans-Peter Pick und Andrea Schneider (oben), Reinhold Habermann und Dr. Stefanie Hubig (unten). die derzeit auch die Präsidentin der Kultusministerkonferenz ist, angemeldet. Eingeladen hatten der BVMW Westpfalz und der BVMW Trier-Eifel-Mosel. In dem Gespräch ging es um die Verbesserung der Bildungsqualität, um digitales Lernen, neue didaktische Ansätze, Verfügbarkeit von Internet, das Einbinden externer Experten und vieles mehr. Dr. Hubig versicherte, dass es zu keiner generellen bundesweiten Schulschließung kommen werde. Im Februar 2021 soll der digitale Schulcampus – eine umfassende Plattform für digitalen Unterricht – an den Start gehen.
Würdigung für innovative Architektur Im kommenden Jahr soll Düsseldorfs erstes Holzhybrid-BürogeDas Holzhybridhaus von bäude The Cradle fertiggestellt HPP Architekten wird dem sein. Das von der ArchitektenMedienhafen ein weiteres partnerschaft HPP Architekten spektakuläres Element hinzufügen. konstruierte Gebäude wird durch seine rautenförmige Holzfassadenkonstruktion im Medienhafen der Landeshauptstadt ästhetisch Akzente setzen. Die Bauelemente folgen dem Cradle-to-Cradle®Prinzip. Das Konzept wurde bereits vor seiner Fertigstellung vom Rat für Formgebung mit dem „ICONIC AWARD: Innovative Architecture“ ausgezeichnet und erhielt im Jahr 2018 den international renommierten MIPIM/ The Architectural Review Future Project Award in der Kategorie „Office“.
Gesundheitsnetzwerk in Westthüringen Akteure des BVMW in der Wirtschaftsregion Westthüringen vereinbarten in einem Strategieworkshop neue Ziele, um sich zeitgemäß und an den Bedürfnissen der Mitgliedsunternehmen orientiert zu positionieren und den Mittelständlern innerhalb des Verbands aktuelle Felder für Zusammenarbeit und Netzwerken zu eröffnen. Als erstes Projekt entsteht ein Netzwerk Gesundheit, zu dem Partnerschaften mit Unternehmen, Wirtschaftsfördergremien, Krankenkassenvertretern sowie dem Schmalkalder Technologiezentrum vereinbart wurden. Das Thema soll den Gesundheitsbegriff weit fassen und unternehmerische Aktivitäten, die sich in den vergangenen Jahren über den sozialen Bereich hinaus etabliert haben, berücksichtigen.
Corona Care Party: Ein großes Dankeschön
Gitarrist und Dirigent José D’Aragon bei der Corona Care Party in Gera.
Die BVMW Corona Care Party in Gera war ein Dankeschön an die Ostthüringer Mittelständler, die in der Pandemie anderen Mitgliedern in Not, aber auch öffentlichen Einrichtungen, geholfen haben: solidarisch, schnell und sehr oft unentgeltlich. So wurden Informationen ausgetauscht, regional die tägliche Lagekommunikation in Kommunen medial initiiert, in Eigeninitiative Hygienewände und Mund-Nase-Bedeckungen produziert, Reiserückhol-Aktionen organisiert, ebenso die Ausstattung von Unternehmen mit Desinfektionsmitteln und Hygieneartikeln. Dank der Mitglieder in der Gruppe konnten Mittelständler, die gezwungen waren zu schließen, auf Onlinebetrieb umstellen. Durch den engen Kontakt zur IHK, HWK und Aufbaubank wurden die Fragen zu den diversen Corona-Hilfsprogrammen aus erster Hand beantwortet. Inzwischen entwickeln sich die in der Not geschlossenen Kontakte zu guten Geschäftsbeziehungen. Überraschungsgast José D’Aragon, Gitarrist und Dirigent von Weltruf, gab dem Abend dazu den richtigen Rahmen.
Fotos: © Björn Walther/bw-pictures
Netzwerken auf dem Neckar Statt Summer in the City hieß es beim BVMW Summer on the River. Gemeinsam mit dem Neckar-Käptn veranstaltete der BVMW sein Netzwerken in diesem Jahr mit einem Politik-Gast: Dr. Susanne Eisenmann, Spitzenkandidatin der baden-württembergischen CDU für die kommende Landtagswahl im März. Sprachgewandt gab sie einen Überblick über die anspruchsvollen Aufgaben, einerseits im Kultusministerium, andererseits als Mitglied der Landesregierung. Die anschließende Diskussion leitete BVMWLandesbeauftragter Dr. Ulrich Köppen. Die Gäste machten ausgiebigen Gebrauch von der Möglichkeit, die Politikerin auf Herz und Nieren zu befragen.
Spitzenkandidatin Dr. Susanne Eisenmann (CDU) stand den Gästen Rede und Antwort.
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BVMW fördert Gewerbegebiet
www.gewerbepark-haemmer.de
Ein Golfturnier, das aus dem Rahmen fällt „So etwas habe ich noch nie erlebt! Ein Golfturnier mit fast genau so vielen Schnuppergolfern wie Golfern mit Platzreife“, so die Reaktion Der fünfte BVMW-Golf Cup in Berlin-Brandenburg. der Managerin des Golf- und Country Club Motzen (Brandenburg). Tatsächlich war der fünfte BVMW-Golf Cup Berlin-Brandenburg in jeder Hinsicht etwas Besonderes. „Wir haben nicht nur Golf gespielt, ich habe auch jemanden gefunden, der mir ein neues Parkett verlegt“, zeigte sich eine Teilnehmerin begeistert. Abends beim Drei-GängeMenü im Sonnenuntergang auf der Terrasse und bei der Tombola für den guten Zweck gab es viele Sieger. Der größte Gewinner war die Stiftung Kinderherz, deren Repräsentant einen Scheck in Höhe von 2.000 Euro entgegennahm.
BVMW ist Partner der Messe Erfurt Ohne Speicher keine Energiewende. Speichermedien sind fest in mittelständischer Hand, auch in Thüringen. Deshalb kooperiert der BVMW Thüringen mit der Messe Erfurt. Die mittelständische Speicherindustrie bekam damit auf dem Energie-Kongress EAST, der Fachausstellung für Speichermethoden, in Erfurt eine starke Stimme. Von dieser Kooperation können nicht nur Mitglieder profitieren. Mit dem BVMW hat EAST einen starken Partner gefunden, um Erfurt als Treffpunkt der Speicherwelt in Deutschland zu etablieren.
Der Pandemie getrotzt: Der Junge Mittelstand in der Natur.
Ge(h)spräche des Jungen Mittelstands Nachdem zwei geplante Veranstaltungen des Jungen Mittelstands München im Frühjahr aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen waren, hatten Mechthild Heppe vom BVMW Bayern sowie der Junge Mittelstand der Region die Idee für ein neues, anderes Format: Die Ge(h)spräche. Bei einem Spaziergang sollten hierbei die persönlichen Kontakte gepflegt und gleichzeitig unternehmerische Erfahrungen der Krisentage ausgetauscht werden. Die Teilnehmer trafen sich am Fohnsee im bayerischen Voralpenland. In vier Gruppen eingeteilt, begaben sie sich auf eine Wanderung, begleitet jeweils von einem Moderator und Ideengeber. Zu den besprochenen Themen zählten Aspekte der Unternehmensführung, Regeln der Konfliktvermeidung sowie die Attraktivität als Arbeitgeber.
Das Netzwerken im Golfclub Weimarer Land war auch in diesem Jahr wieder Austragungsort für das BVMW-Businessgolfen.
Netzwerken zwischen Abschlag und Grün Auch in diesem Jahr trafen sich golfbegeisterte Mittelständler wieder beim GC Weimarer Land in Blankenhain. Das jährliche Event ist für Ringo Siemon, den Leiter der BVMW Wirtschaftsregion Westthüringen, ein Kennenlernen im doppelten Sinn. Auf diese Weise verbindet sich unternehmerisches Netzwerken mit der Gelegenheit, einen wunderbaren Sport kennenzulernen. Und viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben auf diese Weise ihr neues Hobby gefunden. Das Siegerteam Andreas Scheiner und Steffen Glaubrecht durfte sich über Gutscheine für Mercedes-Fahrspaß und Golf-Vergnügen freuen, Preise, die Geschäftsführer Stefan Main für das Autohaus Max Schulz und Golfmanager Thomas Münch übergaben.
Fotos: © Thomas Kolbe
Am Rande des Sauerlands entsteht mit dem Gewerbegebiet Hämmer-Süd der modernste Gewerbepark Südwestfalens, der die bereits vollständig entwickelte Fläche Hämmer-Nord ergänzen soll. Die Vermarktung der neuen Gewerbeflächen Auftakt in Hämmer-Süd. erfolgt unter anderem in Kooperation mit dem BVMW. Dazu haben Peter Staudt, BVMW-Gebietsleiter Nordrhein-Westfalen, und der Geschäftsführer der Mendener Wirtschaftsförderung, Tim Behrendt, eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Es werden bundesweit Unternehmen gesucht, die sich auf dem über 36 Hektar großen Areal mit über 250.000 m² überbaubarer Fläche und vielen Vorteilen, wie beispielsweise Glasfaservernetzung, ansiedeln wollen.
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BVMW- Beauftragter Paul Söhnlein (Mitte) im Gespräch mit Unternehmern.
Fachsimpeln in der Pause beim MiTag in Bischofswerda.
Werteorientierte Führung
MiTag – eine Erfolgsgeschichte
Wie kann die Führungskultur in Unternehmen durch Orientierung an Werten und Prinzipien verbessert werden? Über dieses Thema debattierten Mitglieder, Gäste und Referenten bei der Veranstaltung „Erfolgreich durch werteorientierte Führung II“ des BVMW Bayern. Dazu hatte Paul Söhnlein als Beauftragter des BVMW in die gernBotschaft (Gesellschaft für Kommunikation mbH) in Fürth eingeladen. Neben verschiedenen Vertretern der Mitgliedsunternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen waren Christian Gatt und Peter Kugler von Kontaktwerkstatt als Referenten zu Gast. In einer offenen Diskussionsrunde wurde sich rege darüber ausgetauscht, wie wichtig Werte im Unternehmen und in der Führungsebene sind, wie diese vorgelebt und wie sie langfristig im Unternehmen verankert werden können.
Zum 20. Mittelstandstag (MiTag) kamen wieder zahlreiche Teilnehmer aus der gesamten BVMW Wirtschaftsregion Dresden in den Berggasthof auf dem Butterberg in Bischofswerda. „Die Zukunft ins Heute holen“ war das Motto. Dazu passend präsentierte der BVMW aktuelle Vorträge mit Themen wie beispielsweise Arbeiten 4.0, Niedrigzinsen, E-Mobilität, Künstliche Intelligenz, Bauen, Logistik und Strukturwandel. Aus der Bundeszentrale in Berlin war die Leiterin für politische Netzwerke, Diana Scholl, angereist, die über die Arbeit der unterschiedlichen BVMW Kommissionen berichtete. Natürlich stand auch das individuelle Netzwerken im Mittelpunkt.
Bilder, die im Kopf bleiben
Hans-Peter Pick (li.) und Sandra Hermes in Prüm.
Fotos: © Jessica Großmann
Junger Mittelstand jetzt in Trier-Eifel-Mosel Zahlreiche erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer sind bereits innerhalb des BVMW in der Region Trier-Eifel-Mosel vernetzt. Nun wurde in Prüm die Initiative Junger Mittelstand gegründet. Ziel ist es, auch jungen Unternehmern und Gründern eine Plattform für systematisches Netzwerken zu bieten. Jung-Unternehmerin Sandra Hermes aus Prüm wird zusammen mit dem BVMW-Leiter Hans-Peter Pick diese Initiative leiten. Für Hermes sind Treffen der Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer sowie Aufbau von Mentor-Netzwerken der Kern der Arbeit für den Jungen Mittelstand.
Wenn Menschen gemeinsam arbeiten, sind alle gefordert, den Informationsfluss zu sichern. Gesprochene Worte sind schnell flüchtig. Ein Bild dagegen prägt sich ein und fokussiert das Team zum Handeln. Vor diesem Hintergrund fanden in diesem Jahr die ersten beiden Module der Visualisierungswerkstatt für die Leiter der Thüringer Kreisverbände statt. Sie sind im Rahmen der Verbandsarbeit unterwegs, müssen in ihrer Funktion Siggi Haarbeck, Geschäftsführer der präsentieren und moderieren. Visualisierung spielt dabei eine Apropro Projektmanagement und BVMWMitglied. immer größere Rolle. Auf der Suche nach professioneller Unterstützung war mit Siggi Haarbeck, dem Geschäftsführer der Apropro Haarbeck Projektmanagement, ein geeigneter Partner mit über 20-jähriger Expertise im Projektmanagement und BVMW-Mitglied gefunden, sodass das Thema Verbandsarbeit eng in die Workshops einfließen konnte. www.apropro.de
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Raumstation & Friends: Tischlerei der Zukunft Handwerk, modernste Technik und Social Media. Jedes Möbelstück, jede Küche, jede Holzdecke – alles individuell geplant und umgesetzt. Sieht so die Schreinerei der Zukunft aus? Wenn man Simon Meinberg fragt – ja.
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ls Simon Meinberg zehn Jahre alt war, wohnte er mit seiner Mutter für 15 Monate im spanischen Santander. Andere Jungs gingen nach der Schule an den Strand, sein Ziel war die örtliche Tischlerei. Der Geruch von Holz, das Fertigen von Möbeln, all das fand er aufregend. Bereits mit 19 Jahren legte der Frankfurter seine Meisterprüfung als Tischler im hessischen Bad Wildungen ab. Das folgende Architekturstudium in Berlin war ihm zu langweilig, deshalb kaufte er mit 21 Jahren eine insolvente Tischlerei in Berlin-Kreuzberg und nannte sie Raumstation & Friends. Heute – zwei Jahre später – ist die Raumstation viel mehr als eine Holzwerkstatt. Raumstation arbeitet mit namhaften Architekten zusammen und koordiniert große Bauprojekte. In Berlin-Kreuzberg – gegenüber dem Görlitzer Park – ist die Produktionsstätte auf 700 Quadratmetern angesiedelt und beherbergt einen hochmodernen Maschinenpark. „Wir beginnen in unserem Planungsbüro immer mit einem weißen Blatt Papier und gehen auf die Wünsche unserer Kunden ein“, erzählt Meinberg.
Keine Küche, die nicht gefilmt wird Ein Schlüssel zum Erfolg sind seine außergewöhnlichen Social-Media-Aktivitäten. Keine Küche, die nicht gefilmt und besprochen wird, kein Bauprojekt, das nicht über YouTube dokumentiert wird. „Ich möchte möglichst allen einen Einblick in unseren Betrieb ermöglichen. So gewinnen wir Vertrauen, und wir begeistern potenzielle Kunden für uns“, so Meinberg. Als er in einer Kleinanzeige Ende 2018 die insolvente Schreinerei entdeckte, war sein Ehrgeiz geweckt. Ein bisschen gespartes Eigenkapital, eine Förderung der Handwerkskammer, Existenzgründer-Darlehen und jede Menge Finanzierungspläne – Freunde und Familie hielten den Kauf der Schreinerei für eine Schnapsidee. Er übernahm zwei Mitarbeiter im Alter von 53 und 56 Jahren, die an seine Ideen glaubten. Als er nach kurzer Zeit die ersten größeren Ladenausbauten an Land zog, selbst plante und kräftig mit anpackte, wuchsen Vertrauen und Unternehmen. Heute sind die beiden Kollegen Teil einer Firma mit fast 20 Mitarbeitern, die stetig wächst und junge Möbeltischler ausbildet.
Auch ein Kameramann gehört zum Team Neben Tischlern arbeiten CNC-Fachkräfte, Architekten, Designer und ein Kameramann in der aufstrebenden Firma mit. „Unser Teamgeist macht uns stark. Wir arbeiten alle gemeinsam für ein Unternehmenskonzept der Zukunft“, formuliert Meinberg sein Motto. Es hat sich inzwischen bis zu Banken und in die Finanzwelt herumgesprochen, dass in Kreuzberg etwas erfolgreich Kreatives entsteht. Das
hilft bei der Finanzierung von neuen Maschinen, die meist im sechsstelligen Bereich angesiedelt ist. „Und wenn alle Stricke reißen, erzähle ich meine Geschichte, wie ich als junger Bub meine Playstation gegen eine Handkreissäge eingetauscht habe, dann horchen sie alle auf.“ Visitenkarte Raumstation & Friends GmbH Gründung: 2018 Firmensitz: Berlin Kreuzberg Geschäftsführer: Simon Meinberg Mitarbeiter: 20 BVMW-Mitglied www.raumstation-friends.de Herbert Beinlich BVMW Leiter Kreisverband Berlin-Brandenburg Süd herbert.beinlich@bvmw.de
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Simon Meinberg, Schreiner mit Leidenschaft.
Maßgeschneiderte Einrichtungen, egal ob Küche ...
Ganzheitliche Konzeptentwicklung für den Innenausau.
... oder Schlafzimmer.
Präzision, Handarbeit und Liebe zum Detail.
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Photovoltaik neu gedacht Die in Erfurt ansässige a2-solar GmbH ist Vorreiter für alternative Mobilität – für Antrieb durch e-Motion. Die außergewöhnlichen Solarmodule bringen ohne Frage Bewegung in die Green Mobility. Und von Bewegung war auch die bisherige Unternehmensgeschichte geprägt.
Das neue Rathaus in Freiburg mit Solar-Glas-Fassaden von a2-solar.
Zukunftsweisende Mobilität Mit diesem Ansatz entstanden in den zurückliegenden Jahren solare Auto-, Lkw- und Busdächer, einzigartige autarke GPS-TrackingSysteme für Güterwaggons, solare Balkonkraftwerke, ein Holz-Balkon, der Strom liefert, der Audi Moon Racer (Mondfahrzeug) oder der Solar-Presshai, ein vollständig autarker Entsorgungsbehälter zur Abfallentsorgung – der Mülleimer des 21. Jahrhunderts. Imposante grüne Fassaden entwickelte das Unternehmen für die solare Ausstattung des Großglockner-Parkhauses und des neuen Rathauses Freiburg, einem der größten Solar-Glas-Fassadenprojekte Europas. Visitenkarte a2-solar Advanced and Automotive Solar Systems GmbH Gründung: 2013 Firmensitz: Erfurt (Thüringen) Geschäftsführer: Reinhard Wecker Mitarbeiter: 20 Mitglied im Landeswirtschaftssenat BVMW https://a2-solar.com
Insolvenz und Neugründung „Wir schauen heute mit Stolz auf unsere Leistungen als Pionier für viele Lösungen zurück, Erneuerbare Energie praktisch anzuwenden“, sagt Wecker. „Wir haben als Unternehmen wirklich viel auf den Weg gebracht. Dabei war dieser gar nicht immer nur eben.“ Das richtige Wort wäre wohl eher steinig. Die Geschichte der Solarpioniere begann 2001 ursprünglich sehr erfolgreich und äußerst innovativ. Dann mussten sie sich dem asiatischen Druck und Dumping-Preisen beugen, und es kam zur Insolvenz. Doch das Team ließ sich nicht von seinem eingeschlagenen Weg abbringen, suchte nach neuen Möglichkeiten und nahm Umwege in Kauf. Schließlich kam es 2013 zum Neustart als a2-solar GmbH. „Wir kennen also nicht nur die Hochs, sondern auch die Tiefs. Und an diesen sind wir gewachsen, mit unserem Forscherdrang, dem steten Blick nach vorn und unserem Anspruch, das Thema Photovoltaik zu bringen.“ Der Markt honoriert seither die besonderen Lösungen der automobilen Solartechnik und innovativen Gebäudeintegrationen. Hochqualifizierte Mitarbeiter arbeiten in Forschung und Entwicklung. Neben der Pionierrolle ist dem Team höchste Qualität wichtig. Die Module werden ausschließlich in Deutschland entwickelt und nachhaltig produziert. In Anerkennung seiner unternehmerischen Leistungen und seiner Verdienste um den Mittelstand wurde Reinhard Wecker 2017 in den BVMW-Landeswirtschaftssenat Thüringen berufen. Ringo Siemon BVMW Pressesprecher Thüringen ringo.siemon@bvmw.de
Foto: © a2-solar
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ie Thüringer a2-solar Advanced and Automotive Solar Systems GmbH hat sich auf die Bereiche Fahrzeug- und Gebäudeintegration von Solarsystemen und Sondermodulbau spezialisiert und greift dabei auf einen Erfahrungsschatz von mehr als 30 Jahren zurück. „Wir erschließen neue, erweiterte Anwendungsbereiche für die Photovoltaik mit besonderen Lösungen“, berichtet Reinhard Wecker. Für den Geschäftsführer von a2-solar heißt das: „So leistungsstark wie möglich, 100 Prozent alltagstauglich und qualitativ auf höchstem Niveau.“
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Lichtblick in Thüringen Nico Bruder war gerade mal 16, als er mit einer DJ- und Verleihfirma für Bühnenbau und Rock ’n‘ Roll den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. Vor 13 Jahren kam René Haarseim dazu. Die beiden hoben im wirtschaftlich schwachen Nordthüringen ihr Unternehmen Lichtproduktiv aus der Taufe. Seither entwickelten sie ihr modernes Vertriebskonzept stetig weiter und ließen sich auch von Corona nicht unterkriegen.
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as junge Unternehmen steht auf zwei Beinen – der Full-Service-Eventabteilung mit Nico Bruder und dem Online-OfflineVertrieb mit René Haarseim. Ihr Geschäft entwickelte sich rasant. Mit über 60.000 Artikeln im Webshop vertreiben sie weltweit Produkte und Lösungen für Messe-, Veranstaltungs- und Bühnentechnik.
Von Profis für Profis Im April 2016 zogen sie ins nahe Bad Frankenhausen auf 8.500 Quadratmeter. Zum Team gehören nun 14 Mitarbeiter. Mit diesem Schritt wurde das neue B2B-Portal Licht-produktiv.black realisiert. Parallel boomt das Internet, die Märkte verschieben sich, die Konkurrenz wächst. Licht-produktiv reagiert: Die beiden Thüringer möchten nachhaltige Geschäftsbeziehungen. Nach genauer Analyse wurde der Shop stark reduziert und damit der Fokus erfolgreich geschärft. Deutschlands Grenzen haben sie mit ihrem Geschäft längst überschritten, und Projekte aus Afrika, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten stehen auf ihrer ansehnlichen Referenzliste.
Online-Offline Mit dem Umzug kam noch eine Frage auf: Gibt es endlich einen Laden? Nein. „An ein Old-school-Ladengeschäft glauben wir nicht“, betonen beide. In Bad Frankenhausen entstand aber ein moderner Showroom, der für jeden Kunden individuell vorbereitet wird. Außerdem wird der Showroom für Schulungen, Workshops, Tests, Streaming und als E-Commerce-Fläche verwendet – konzeptionell #showrooming genannt. Mit dem Wachstum wurde das Marketing auf den passenden Social-Media-Kanälen ausgebaut, das #showrooming so online und offline verknüpft, moderne Kundenansprache mit dem Traditionellen verbunden. So viel Engagement findet Beachtung. Nico Bruder wurde Unternehmer des Jahres 2017 im Kyffhäuserkreis, und 2018 verlieh die IHK Visitenkarte Licht-produktiv Gründung: 2007 Firmensitz: Bad Frankenhausen (Thüringen) Geschäftsführer: Nico Bruder, René Haarseim Mitarbeiter: 14 BVMW-Mitglied Leitung BVMW Junger Mittelstand Thüringen www.licht-produktiv.de www.licht-produktiv.black
René Haarseim (li.) und Nico Bruder sind die Gründer und Inhaber von Licht-produktiv. Sie entwickeln und leben mit ihrem Team ein modernes Vertriebskonzept.
Licht-produktiv den 3. Platz beim Thüringer Innovationspreis – Zukunft Handel. Im Jahr darauf folgte die Nominierung für den Großen Preis des Mittelstandes und ein Sitz im IHK-Wirtschaftsbeirat Thüringen.
Corona 2020 wollten sie ihre Erfolgsgeschichte fortschreiben. Da kam Corona. Seinem Arbeitsstil bleibt das Führungsduo treu. „Es ist uns wichtig, positiv zu bleiben“, sagt René Haarseim. Sie fokussieren sich jetzt auf wenige Bereiche – DJ-Technik, Medien-, Video-, KonferenzTechnik – und Baubeleuchtung. Der Onlineshop www.bau-professional.de entsteht fast über Nacht. Das Team kämpft täglich weiter um Effizienz und Marktpräsenz. Wie gewohnt finden Workshops und Roadtouren statt, denn eines steht für die Unternehmer fest: „Wir müssen gerade in schlechteren Zeiten für unsere Kunden da sein.“ Ringo Siemon BVMW Pressesprecher Thüringen ringo.siemon@bvmw.de
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Natürlich künstlich Die 7SevenRelax Group GmbH will die Welt grüner machen. Gelingen soll dies mit Kunstrasen der neuesten Generation, den der Hersteller und Großhändler samt Komplettzubehör für den Einbau und die Pflege seinen Kunden bietet. wünsche nach Maß zu erfüllen.“ Inzwischen versuchen immer mehr Mitbewerber, diese Vorgehensweise zu kopieren. Dem begegnet das Unternehmen mit einem einzigartigen Komplettsystem: Zusätzlich zu dem Angebot an Kunstrasen in unterschiedlichen Varianten ist hier sämtliches Zubehör für die Installation von Kunstrasenflächen erhältlich, inklusive Installation und Wartung.
Grüner als echter Rasen Ebenso wie die Kundenzufriedenheit zählt der Umweltschutz zum Kern der Unternehmensphilosophie. „Schon bei der Herstellung unserer Produkte verwenden wir keinerlei Weichmacher oder Schwermetalle“, erklärt Wilshusen. „Unsere kinder-, allergiker- und tierfreundlichen Produkte benötigen zudem weniger Energie, Wasser und Dünge- und Spritzmittel als natürlicher Rasen.“ Weltweit einmalig ist das Kunstrasen-Einbausystem. Statt mit sonst üblichem umweltbelastendem Mikroplastik, Kork oder Produkten aus Zuckerrohr wird Eco2-Sand verarbeitet. Pro 100 Quadratmeter absorbiert dieser Sand so viel CO2 wie sieben Buchen, die 80 Jahre alt sind.
Kunstrasen mieten
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igentlich war Andreas Wilshusen, Geschäftsführer der SevenRelax, gelernter Logistiker und selbstständiger Spediteur. Doch als er 2012 bei einem Kunden erstmals mit Kunstrasen in Berührung kam, war er von dem Material fasziniert und wollte alles über das künstliche Grün wissen. Inzwischen ist er ein gefragter Experte und erfolgreicher Unternehmer auf diesem Gebiet.
Unter dem Titel Greens4Events entwickelt die SevenRelax derzeit die nächste Erweiterung ihres Portfolios: die Vermietung von Kunstrasen an Gewerbe, Event- und Messebetreiber und Kommunen – flächig oder in allerlei Figuren wie Giraffe, Nashorn, Löwe, Gorilla oder als Buchstaben.
Beim Blick in die Zukunft kommt nicht nur das tief im Unternehmen verankerte Umweltbewusstsein zum Tragen, sondern auch sein soziales Engagement. „Mir ist wichtig,“ betont Wilshusen, „so viel Gewinn zu machen, dass ich mich auch an Charity-Aktionen beteiligen Kunstrasen komplett kann. Es gibt noch so viel Gutes zu tun in der Welt. Und für jeden Qua„Anfangs habe ich in Kooperationen immer nur ganze Rollen ver- dratmeter Kunstrasen mit CO2-Aufnahme geht eine Spende an gekauft“, erinnert sich Wilshusen. „Doch dann kam mir die Idee, die meinnützige Vereine. Das ist mein Herzenswunsch.“ Vollrollen zu konfektionieren und zu kommissionieren, um Kunden-
7SevenRelax Group GmbH Gründung: 2018 Firmensitz: Aschendorf (Niedersachsen) Geschäftsführer: Andreas Wilshusen Mitarbeiter: 8 Handelsvertreter: 6 BVMW-Mitglied www.sevenrelax.de
Ingrid Hausemann BVMW Pressesprecherin Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein ingrid.hausemann@bvmw.de
Foto: © 7SevenRelax Group GmbH
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Ausgezeichnete Unternehmenskultur Erfolg braucht langen Atem. In Krisenzeiten zahlen sich Vorsorge und langfristige Strategien aus. Unser Mitglied Baum Zerspanungstechnik aus Marl wurde 2020 zum sechsten Mal für den Großen Preis des Mittelstands nominiert und ist jetzt als Finalist ausgezeichnet worden.
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as produzierende Gewerbe ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Die Baum Zerspanungstechnik verwandelt Metallklötze in anspruchsvolle Maschinenbauteile und Kleinserien bis zu einem Gewicht von 16 Tonnen pro Stück. Dabei bleiben Späne übrig, daher Zerspanungstechnik. Der Metallverarbeitungsbetrieb wurde 1983 von Hans-Peter Baum gegründet. In einem ausbalancierten Nachfolgeprozess wurde er im März 2016 an Melanie Baum übergeben. Die begeisterte Unternehmerin ist regional bestens vernetzt und engagiert sich in zahlreichen Unternehmensorganisationen.
Firmenkultur als Erfolgsfaktor In Marl setzt man auf Partnerschaft und Verantwortung. „Dies ist das Erfolgsrezept für unser Wachstum. Wir werden nie schnell verdientes Geld dem nachhaltigen Erfolg vorziehen“, betont Melanie Baum. „Der Mensch ist nicht Mittel zum Zweck, Geld zu verdienen, sondern das Geld ist Mittel für den Menschen“, so die Betriebswirtin und Kommunikationsexpertin. Die Zahlen bestätigen die Melanie Baum im Kreise ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unternehmensstrategie: Der Umsatz ist seit 2016 um rund 25 Prozent gestiegen, der Ertrag wurde fast verdrei- te Verantwortung durch ein umfassendes Gesundheitsmanagement, facht, das Eigenkapital um 70 Prozent gesteigert. Ein großer Teil des untermauert durch eine deutlich übertarifliche Bezahlung, sorgen für Umsatzes wird in Zukunft und neue Technik investiert. Mit der Aus- einen hohen Identifikationsgrad der Belegschaft mit ihrem Arbeitgezeichnung beim Großen Preis des Mittelstandes zählt der Betrieb zu ber. Ein echtes Unikat ist die BAUMschule, in der wöchentlich Weiterden besten sechs mittelständischen Unternehmen in NRW, aus bun- bildung stattfindet. Diese Strategie und ein starkes Engagement für desweit 5000 Nominierungen. Eine besondere Auszeichnung galt Schulen in der Region stehen ganz im Zeichen einer partnerschaftder gelungenen Unternehmensnachfolge mit dem 1. Platz beim Next lichen Akquisepolitik. Baum-Ausbildungsbotschafter besuchen in regelmäßigen Abständen Schulklassen, um den Beruf des ZerspaGeneration Award. nungsmechanikers zu erläutern, damit in Zeiten der ÜberakademiGelebte Verantwortungskultur sierung junge Menschen Karrierealternativen kennenlernen. Baum Ein wertschätzendes Miteinander, flexible Arbeitszeiten und geleb- bietet zudem Projekte für wissenschaftliche Arbeiten an wie zur Einführung eines neuen ERP-Systems (Enterprise-Ressource-Planing) und zur Digitalisierung von Fertigungsprozessen. Die Hälfte des akVisitenkarte tuellen Führungsteams entstammt derartigen Maßnahmen. Im Mittelstand macht man Karriere. Baum Zerspanungstechnik e. Kfr. Gründung: 1983 Firmensitz: Marl (Nordrhein-Westfalen) Geschäftsführerin: Melanie Baum Thomas Kolbe Mitarbeiter: 62 BVMW Pressesprecher Nordrhein-Westfalen BVMW-Mitglied thomas.kolbe@bvmw.de
https://baum-zerspanungstechnik.de
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Mit Push-Apps gegen Warenkorbabbrecher Die Coronakrise wird uns so schnell nicht verlassen. Zu leiden hat auch die Karlsruher Innenstadt, die eigentlich wegen ihrer angenehmen Einkaufsatmosphäre über die Stadtgrenzen hinaus beliebt ist. Die Antwort darauf ist verstärkte Aktivität der Geschäfte im Netz. Sichtbarkeit in Krisenzeiten
Die Doppelspitze der solute GmbH Dr. Thilo Gans (li.) und Bernd Vermaaten.
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eere Geschäfte in deutschen Einkaufsstraßen sind nicht erst der Corona-Pandemie zu beobachten. Die Karlsruher solute GmbH nahm diesen Tatbestand als besondere Herausforderung an. Solute begann vor 16 Jahren mit dem Preisvergleichsportal www.billiger.de. 2016 erweiterte man die Bandbreite durch den Kauf des Portals www.shopping.de, in dem 20.000 Shops vereint sind. Ein Meilenstein war dann die Ernennung zum „Partner“ von Google. Als Doppelspitze arbeiten seit dem vergangenen Jahr Dr. Thilo Gans und Bernd Vermaaten, um das rasante Wachstum besser führen zu können. Nächstes Ziel war ein Transformationsprozess von einem B2C-Preisvergleichsportal zu einem B2B-Reichweitenspezialisten, um channelübergreifend mehr Reichweite für Unternehmen zu erzielen. Visitenkarte solute GmbH Gründung: 2004 Firmensitz: Karlsruhe Geschäftsführer: Dr. Thilo Gans, Bernd Vermaaten Mitarbeiter: 160 BVMW-Mitglied www.solute.de
Für ihre Heimatstadt Karlsruhe wollen die beiden Geschäftsführer dazu beizutragen, dass es die Lieblingsläden der Kunden im stationären Handel auch nach der Krise noch gibt. Dazu zählt die Stärkung der Onlineaktivitäten. „Wir starteten mit der Webseite www.wir-handeln-gemeinsam.de, die es Händlern in Karlsruhe und Umgebung möglich macht, ihre Dienstleistungen auch während der Krise anzubieten, damit sie durch Kooperationen ihre Angebote und Sonderkonditionen zusammen präsentieren“, erläutert Gans. Weitere Spezialitäten des Unternehmens sind moderne Digitalisierungsmethoden. Dazu zählen Produktanzeigen in der bezahlten Suche von Google, und Marketing- und Newsletterkampagnen per E-Mail, die durch eine selbst entwickelte Software gesteuert werden. „Wir operieren auch mit Software as a Service (SaaS) als ein Teilbereich des Cloud Computing“, erklärt Vermaaten. Das SaaS-Modell basiert auf dem Grundsatz, dass Software und Infrastruktur von einem externen IT-Dienstleister betrieben und vom Kunden zur Werbung genutzt werden. Stolz sind die beiden Geschäftsführer auch auf die Ernennung zum Microsoft Advertisingpartner.
Gezielte Kauferinnerung Die neueste Stufe sind weitere Internet-Lösungen für Web-Push, In-App-Push und App-Push-Nachrichten. Vermaaten: „Mit SolutePush können Onlineshops über den Internetbrowser direkt am Point of Sale zusätzlich Impulse setzen und die Kaufentscheidung dadurch positiv beeinflussen. Händler können so Warenkorbabbrecher reaktivieren und die Kundenbindung beispielsweise mit Dankesnachrichten oder Treuerabatt-Benachrichtigungen dauerhaft stärken.“ Neuestes Projekt ist das Geofencing, mit dem die Händler alle Nutzer ihrer App, die sich innerhalb eines bestimmten Radius des jeweiligen Shops aufhalten, mit Push erreichen und dazu aufrufen, in ihrem Laden vorbeizuschauen.
Dr. Ulrich Köppen BVMW Pressesprecher Baden-Württemberg ulrich.koeppen@bvmw.de
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Schutz vor der Natur Schütze Infrastrukturen vor Naturgefahren – dies ist das Motto des Unternehmers Jens Jähnig aus dem Tharandter Tal bei Dresden. Die Jähnig GmbH Felssicherung und Zaunbau ist genau dafür zuständig.
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nhaber Jens Jähnig hat sich mit seinem Unternehmen auf Bohrverfahren im Felsen, Spritzbetontechnik sowie Fels- und Böschungssicherung durch SteinschlagSchutznetze oder Fangzäune spezialisiert. Mit technischem Know-how sorgt das Team für Sicherheit im Straßen- und Tunnelbau, zum Beispiel als Partner der Deutschen Bundesbahn an der DB-Strecke durch den Thüringer Wald. Das Unternehmen mit 50 Mitarbeitern kümmert sich um bautechnische Sicherungsaufgaben: „Wenn es sein muss, schnitzen wir vom Hubschrauberlandeplatz bis zum Wohnungsbau für alles die entsprechenden Flächen aus dem Felsen“, erklärt Jähnig. Auch Projekte wie die Sicherung des Basteifelsens in der Sächsischen Schweiz, des Siegfriedfelsens im Rheintal bis hin zum Fußgänger-Tunnelbau unter dem historischen Zwinger in Dresden erfordern höchste Genauigkeit.
Begeisterung für Technik Schon im Kindes- und Jugendalter interessierte Jähnig alles, was mit Technik zu Jens Jähnig, Spezialist für Felssicherung und Zaunbau. tun hatte. Seine Ausbildung in der Landwirtschaft verstärkte diese Leidenschaft. Während der Armeezeit setze sich sein Bestreben nach technischem deutung: Er gründete 2015 die Georado Stiftung in den erweiterWissen bis ins Studium als Bau-Diplom-Ingenieur fort. Inzwischen ten Räumlichkeiten des ehemaligen VEB. Die Aufgaben der Stiftung leitet er das Unternehmen seit fast 30 Jahren. Gegründet wurde es spiegeln sich in der Schnittmenge der drei großen Aufgaben, Bildung 1992 auf dem ehemaligen Gelände und in den Räumen des VEB Elek- mit Forschung und Entwicklung, Kunst und regionaler Entwicklung tronische Bauelemente Dorfhain. Ein historischer Ort, denn hier ha- zu fördern, wider. Kunst verbindet und inspiriert hier an einem Ort mit ben der elektrische Schalter oder die Steckdose sowie viele Teile des Galerien, Ateliers, Museen, Ausstellungen, Theater und Kabarett. So Radios mit dem Beginn der Elektrifizierung ihren Ursprung gefunden. soll die Region im Tharandter Tal als nationaler Geopark in Sachsens Mitte zertifiziert werden. Seit der Gründung prägt das Unternehmen Bildung für das Bauwesen mit Praxisbezug ein hoher Innovationscharakter, und das gilt auch für die Stiftung. „Es Trotz seiner Affinität für Technik steht für Jähnig der Mensch im Mit- ist ein großes Glück, hier so Vieles weitergeben zu können und datelpunkt. Und noch ein weiteres Thema ist für ihn von großer Be- bei zu sehen, wie auch andere mit dem Wissen erfolgreich sind“, betont Jähnig. Visitenkarte Jähnig GmbH Felssicherung & Zaunbau Gründung: 1992 Firmensitz: Dorfhain (Sachsen) Geschäftsführer: Jens Jähnig Mitarbeiter: 50 BVMW-Mitglied www.jaehniggmbh.de
Hans-Josef Helf BVMW Pressesprecher Sachsen hans-josef.helf@bvmw.de
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Kultur
Filmtipp: „Arbitrage“ Hollywood-Charmeur Richard Gere glänzt in der ambivalenten Rolle eines Finanzmagnaten, der daran verzweifelt, bei maximalem Profit immer das Gute zu wollen.
Miller gleich mehrfach unter Druck. Denn er will seine Firma verkaufen und schönt, um einen maximalen Kaufpreis zu erzielen, die Bilanzen: 420 Millionen Dollar fehlen, und Robert stopft das Loch mit Schulden, die er nicht zurückzahlen kann.
Zwischen Verantwortung und Verlustangst Richard Gere wird als Schönling gerne unterschätzt, doch seinen Robert Miller lässt er mit eleganter Entschlossenheit gleich mehrere Bedrohungen virtuos angehen und macht dabei eine geradezu unangenehm gute Figur. Der graumelierte Beau versucht gegenüber dem hartnäckig ermittelnden Detective, seiner misstrauischen Ehefrau (Susan Sarandon) und seiner in der Firma angestellten Tochter Brooke (Brit Marling) den Schein – moralisch wie fiskalisch – zu wahren. In diesem moralischen Dilemma argumentiert Miller immer wieder selber moralisch. Brechen seine Fonds, seine Investments zusamImmer den Schein wahren: Miller (Richard Gere) und seine Frau (Susan Sarandon). men, dann „kommen Menschen zu Schaden – Anleger und Investoren verlassen sich auf as Lexikon definiert „Arbitrage“ als nen 60. Geburtstag will Lebemann Miller mich“. Dass er dabei die berufliche Zukunft „die in der Wirtschaft ohne Risiko vor- auch bei seiner französischen Geliebten Ju- seiner Tochter, die die Bilanzfälschung aufgenommene Ausnutzung von Kurs-, lie (Laetitia Casta) verbringen. Die ist aufge- deckt, riskiert und zugleich seine Ehe ruiniert, Zins- oder Preisunterschieden zum Zwecke bracht, weil Robert sie neben Spekulation, stört ihn dabei nur marginal. der Gewinnmitnahme“. Regisseur Nicholas Ehe und Familie vernachlässigt. Ein Ausflug „Arbitrage“ ist im Spannungsfeld zwischen Jarecki hat für sein Spielfilmdebüt nicht zu- in das Ferienhaus soll es richten, aber Robert Finanzdrama und Thriller dank der illustren fällig einen Stoff aus der Welt der Hochfinan- verursacht einen Autounfall – Julie stirbt. Er Schauspielerriege eine schöne Wiederentdezen gewählt: Er ist der Sohn des deutsch- verzichtet auf die Polizei, eine Affäre scha- ckung für das Heimkino. Mehr Aufmerksamstämmigen Unternehmers und Investors det seinem Image. Doch das ist nichts an- keit wäre dem Film, der in Deutschland ohne Henry Jarecki und kennt die Welt der Rei- deres als fahrlässige Tötung, und so steht vorherigen Kinostart 2013 auf DVD erschien, chen, samt ihrer dubiosen Verstrickungen. zu gönnen. Schließlich erlebt das Land Und er weiß, dass dort nichts risikolos ist. mit dem Wirecard-Skandal gerade einen echten Thriller. ARBITRAGE
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So stellt er uns den Helden seines Films, den Investor Robert Miller (Richard Gere), als jenen attraktiv gealterten, charmanten Multimillionär vor, wie ihn Hollywood gerne zeichnet: Im Privatjet reist er zu seinem Geburtstag an, den er in einer scheinbar liebevoll-funktionalen Familie begeht. Doch sei-
Thriller, (USA 2012) FSK 12 Regie und Drehbuch: Nicholas Jarecki Mit Richard Gere, Susan Sarandon, Tim Roth, Brit Marling, Laetitia Casta Erhältlich auf Blu-Ray, DVD und VoD
Bernd Ratmeyer Journalist mittelstand@bvmw.de
Foto: © Wild Bunch Germany
Richard Gere als Mann, den man liebt zu hassen
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Serientipps Das Fernsehen lockt immer weniger Zuschauer auf die Couch, und die gute alte Fernsehzeitschrift hat ausgedient. Wir gestalten das Programm nach Lust und Laune und sehen, wann immer wir Zeit dazu haben. Wir stellen den Leserinnen und Lesern in dieser Ausgabe wieder zwei sehenswerte Serien vor. Die meistgesuchten Verbrecher der Welt
auf allen Gesellschaftsebenen. Hintergrundinformationen über Drogenkartelle, oder die enn die Realität zu einem echten russische Mafia zeigen dabei fesselnde und Detektivroman wird: In der span- überraschende Verbindungen, die hinter den nenden Netflix-Dokureihe „Die Kulissen ablaufen. meistgesuchten Verbrecher der Welt“ erzählen Experten und beteiligte Personen – Dorothee Kroll wie ehemalige Mitglieder der GeheimdiensBVMW Werkstudentin te, Polizisten, Journalisten und Bekannte der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Gesuchten – die Geschichten von der Jagd dorothee.kroll@bvmw.de nach kriminellen Superhirnen, wie beispielsweise dem mexikanischen Drogenboss „ElMayo“, der auf 190 Fahndungslisten stehenDIE MEISTGESUCHTEN den „weißen Witwe“ oder dem Paten der siVERBRECHER DER WELT zilianischen Cosa Nostra. Einige von ihnen Drama / Krimi / Dokumentation, 2020 werden bis heute weltweit gesucht, verstecken sich jedoch erfolgreich im Untergrund. 1 Staffel Ihre Verbrechen sind dabei vielfältig, doch eines haben sie gemeinsam: Sie sind Meister Netflix der Manipulation und haben viele Kontakte
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Im Mittelpunkt der zweiten Folge steht Félicien Kabuga aus Ruanda.
The Office
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Foto: © Netflix; © chuntise von www.istockphoto.com
Bei „Dunder Mifflin“ spielen die Mitarbeiter leidenschaftlich gerne Solitaire während der Arbeit.
iel kultiger wird es nicht. Das amerikanische Pendant zu „Stromberg“ nimmt uns mit in eine amerikanische Kleinstadt, in der die regionale Papier-Zulieferungsfirma „Dunder Mifflin“ in die Hauptrolle schlüpft. Steve Carell alias Michael Scott spielt hierbei einen stereotypischen amerikanischen Boss, der uns durch seine zwanghaft witzige Art direkt sympathisch wird. Anstatt zu arbeiten, lenkt er 80 Prozent seiner Zeit andere vom Arbeiten ab, wobei man von seinen Mitarbeitern nicht unbedingt behaupten kann, dass sie wirklich arbeiten. Besonders Jim Halpert (John Krasinski) und Dwight Schrute (Rainn Wilson) sorgen hierbei, neben Michael Scott, durch ihre unzähligen Streiche und Dwights Hass auf Jim für die meisten Lacher.
Wenn sogar Steve Jobs einst dafür sorgte, dass die Serie nicht abgesetzt wird, und Teenie Star Billie Eilish die Serie schon zwölf Mal gesehen hat, dann muss sie einen Blick wert sein.
Dominik Menke-Glückert BVMW Praktikant Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mittelstand@bvmw.de
THE OFFICE Comedy / Mockumentary / Satire, 2005 9 Staffeln Amazon Prime
Gut zu wissen Haben auch Sie eine Serie, die Ihnen am Herzen liegt und die Sie weiterempfehlen möchten? Wenn ja, dann schreiben Sie an die Redaktion: mittelstand@bvmw.de. Wir freuen uns auf Ihre Zusendungen und Vorschläge.
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Einst Stasi-Zentrale – heute Ort der Aufklärung 40 Jahre lang war es die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Heute klärt die Dauerausstellung „Staatssicherheit in der SED-Diktatur“ über Aufbau, Entwicklung und Arbeitsweise des MfS auf. Sie informiert über die Menschen, die für diese Institution tätig waren, und zeigt die Methoden, die sie bei der Kontrolle und Verfolgung der DDR-Bevölkerung anwendeten. Museumsleiter Jörg Drieselmann berichtet über die Arbeit des Museums, und wie die Ausstellung von heutigen Besuchern aufgenommen wird. Das Stasimuseum ist Mitglied der Bildungsallinanz des Mittelstands.
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ER Mittelstand.: Wie wird Ihr Museum, sperrt. Wenn man beginnt zu verstehen, wie das von einem Verein betrieben wird, die Dinge zusammenhängen und die Welt in der Öffentlichkeit wahrgenommen? funktioniert, dann stellt man neue Fragen und sucht nach Antworten. Wir als Museum Jörg Drieselmann: Wir hatten im Jahr 2019 leisten dazu einen Beitrag, indem wir über mehr als 140.000 Besucher. Obwohl wir nicht unser spezielles Thema hinaus Neugier und an den Hauptstraßen des Berlin-Tourismus die Lust auf neue Fragen wecken wollen. Inliegen, interessieren sich offenbar viele Men- sofern liegt es in unserem Interesse, die Bilschen aus dem In- und Ausland für diesen dungsallianz nach Kräften zu unterstützen. Teil der deutschen Geschichte. Neben unse- So bieten wir vielfältige Projekte an, die sich rer Ausstellung bieten wir geführte Rundgän- vornehmlich an Schüler wenden und auch in ge und Fachgespräche zu unterschiedlichen den Schulen durchgeführt werden können. Themen an. Der Lockdown im März dieses Jahres hat uns schwer getroffen. In den vergangenen Jahren haben wir hart daran gearbeitet, den Zuschuss aus Steuermitteln, den wir lange erhalten haben, so weit wie möglich zu verringern und unsere Arbeit im wesentlichen aus den Einnahmen, die wir mit dem Betreiben des Museums erzielen, zu finanzieren. Nur mit Hilfe des Berliner Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Tom Sello, und des Landes Berlin konnten wir diese Krise bis hierher überstehen.
Wie erleben Sie die Reaktion von Jugendlichen, wenn sie mit der Arbeit und dem Vorgehen der Stasi in der DDR konfrontiert werden? Fast jeder hat eine ungefähre Vorstellung von der Stasi. Viele verbinden damit Spionageromantik, denken an James Bond oder andere Top-Spione. Doch das hat mit dem realen Ministerium für Staatssicherheit der DDR kaum etwas zu tun. Im Auftrag der SED sammelte die Stasi aus allen nur denkbaren Quellen Informationen über die Menschen in der DDR.
Das Berliner Stasimuseum, dessen Direktor Sie sind, ist Mitglied der Bildungsallianz des Mittelstands geworden. Warum war Ihnen das wichtig? Die Bildungsallianz hat sich hohe Ziele gesetzt. Es geht zuerst einmal um die grundsätzliche Verbesserung des Bildungsstandes. Jemand, der keinen Schulabschluss hat oder weder schreiben noch rechnen kann, wird kaum ein von Unternehmen umworbe- Der ehemalige DDR-Bürgerrechtler Jörg Drieselmann beschäftigt sich mit der Aufarbeitung der ner Arbeitnehmer werden. Damit sind ihm die SED-Diktatur. Seit 1992 ist er Geschäftsführer des Berliner Stasi-Museums Forschungs- und Wege zu Wohlstand und Zufriedenheit ver- Gedenkstätte Normannenstraße.
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Die Räume in der Etage des Ministers wurden nach den Bedürfnissen von Stasichef Erich Mielke geplant. Hier sein Arbeitszimmer.
Fotos: © John Steer, ASTAK e. V.
Das Stasimuseum in der Berlin-Lichtenberg.
Dabei ging es nicht nur um die Frage politischer Zuverlässigkeit, sondern auch um Privates oder gar Intimes. Die Stasi konnte wissen, wieviel Geld ich auf meinem Konto habe, welches Buch ich zuletzt aus der Bibliothek ausgeliehen habe, und welche Medikamente mir mein Arzt verschrieben hat. Die jungen Leute gehen heute häufig sehr sorglos mit ihren privaten Informationen um. Zu hören, dass selbst Nebensächliches und vermeintlich Unwichtiges in den falschen Händen höchst gefährlich sein kann, bringt manchen zum Nachdenken. Und dass die Stasi ihre Finger immer im Spiel hatte, wenn von der SED über jemanden entschieden wurde – welche Schule man besucht, welchen Beruf man erlernt, ob man studieren darf und ob man Karriere macht – ist für die meisten erschreckend. Eines unserer Schülerprojekte beispielsweise simuliert das Leben einer Schülerband in der DDR. Die Teilnehmer sind immer verblüfft und auch betroffen zu erfahren, wie weit die Macht von SED und Stasi in das Leben des Einzelnen reichte, und in welche Zwänge man geriet, wenn man sich treu bleiben wollte.
Behält das Thema SED-Diktatur bis heute seine Aktualität, und sehen Sie Parallelen zur jetzigen Zeit? Die DDR existiert seit rund 30 Jahren nicht mehr. Und richtig ist, dass Geschichte sich nicht wiederholt. Deshalb ist neben der Vermittlung konkreter historischer Ereignisse das Nachdenken über die ihnen innewohnenden Handlungsprinzipien unerlässlich. Diktaturen erkennt man nicht an der Farbe ihrer Fahnen, sondern daran, dass die Grundpfeiler einer freiheitlichen Ordnung wie Gewaltenteilung, Herrschaft des Rechts und unabhängige Gerichte von der politischen Führung beseitigt worden sind. Wenn Geschichte sich auch nicht wiederholt, so lehrt sie uns doch, dass jedem Versuch, Freiheit und Rechtstaatlichkeit zu beschädigen, entschlossen entgegengetreten werden muss. Mit der Losung der Demonstranten „Wir sind das Volk!“ stürzte 1989 die SED-Diktatur. Im Grundgesetz heißt es: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Wir müssen uns an jedem Tag bewusst sein, dass jeder von uns ein kleines Stück dieser Macht in seinen Händen hält. Das Interview führte Patrick Meinhardt, Generalsekretär der Bildungsallianz des BVMW.
Gut zu wissen n Mit verschiedenen Ausstellungen informiert der Trägerverein ASTAK seit 1990 die Besucher am historischen Ort über die Staatssicherheit und die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf die Bevölkerung der DDR n Seit Januar 2015 ist im Haus 1 die Dauerausstellung „Staatssicherheit in der SED-Diktatur“ zu sehen, die der Verein gemeinsam mit der Stasi-UnterlagenBehörde erarbeitet hat n Öffnungszeiten: Mo – Fr: 10.00 – 18.00 Uhr, Sa, So: 11.00 – 18.00 Uhr, Feiertage: 11.00 – 18.00 Uhr, Schließtage: 24./31. Dezember www.stasimuseum.de
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BuchTipps
Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens
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ichard David Precht beschäftigt sich mit den wichtigsten Fragen rund um das Thema Künstliche Intelligenz und bezieht dabei auch die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen durch die aktuelle Krise mit ein. Während die drohende Klimakatastrophe und der enorme Ressourcenverbrauch der Menschheit den Planeten zerstören, machen sich Informatiker und Ingenieure daran, die Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz voranzutreiben, die alles das können soll, was wir Menschen auch können – nur vielfach optimierter. Ausgehend von völlig falschen Annahmen soll den Maschinen sogar eine menschenähnliche Moral einprogrammiert werden. Richard David
Glücksfaktor Geld 10 Gebote für finanzielle Freiheit
Precht macht uns eindringlich klar, dass das nicht möglich ist. Denn unser Leben besteht nicht aus der Abfolge vorausberechneter Schritte. Wir sind viel mehr als das. Precht, geboren 1964, ist Philosoph, Publizist und Autor und einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum. Er ist Honorarprofessor für Philosophie an der Leuphana Universität Lüneburg sowie Honorarprofessor für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Seit seinem sensationellen Erfolg mit „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ waren alle seine Bücher zu philosophischen oder gesellschaftspolitischen Themen Bestseller.
33 Werkzeuge für die digitale Welt
Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz verändert unsere Welt im Eiltempo. Höchste Zeit, darüber nachzudenken, was Maschinen erlaubt sein darf – und was auf gar keinen Fall Richard David Precht Goldmann 256 Seiten
20,00 € Führungsfrauen im Blick Führungen im Wandel
Praxistipps und Anregungen für Coaches, Unternehmer und Führungskräfte Jean Meyer
Leila Summa, Christine Kirbach
Fildhaut, Happich,Höher, Kiggen, Messerschmidt, Reinhardt, Seewald
Wiley 222 Seiten
Redline 272 Seiten
EHP 296 Seiten
24,99 €
19,99 €
26,99 €
Die Zukunft nach Corona
Unvollendete Metropole
Gewinn ist nur ein Nebenprodukt
Wie eine Krise die Gesellschaft, unser Denken und unser Handeln verändert
100 Jahre Städtebau für Groß Berlin
Wie Sie unternehmerischen Erfolg und ein erfülltes Leben in Einklang bringen
Matthias Horx
Harald Bodenschatz, Benedikt Goebel, Christina Gräwe, Peter Lemburg, Marcus Nitschke, Wolfgang Schuster
Gerold Wolfarth
Econ 144 Seiten
DOM Publishers 752 Seiten
Pieper 272 Seiten
15,00 €
48,00 €
20,00 €
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AppTipps
Wiselab:
Kontist:
Flixcheck:
Wiselab ist ein Instrument zur Bestimmung der Mitarbeiterqualifikation. Mitarbeiter erhalten täglich ein Quiz mit speziellen Fragen und verschiedenen Antwortmöglichkeiten, basierend auf zuvor beantworteten Fragen. Die Applikation beruht auf dem Microlearning Ansatz. Die Auswertung und Pflege erfolgen bequem über das Web. Die App ist kostenlos nutzbar, kann aber auch ergänzt werden durch eine Innovator- oder Enterprise-Lizenz. Sie ist im Google Play Store und im Apple App Store erhältlich.
Kontist hilft dabei, Steuern zu verwalten und den Kontoeröffnungsprozess schnell und papierlos abzuwickeln. Dazu informiert die App rechtzeitig über neue Transaktionen. Die Einkommensteuer und Mehrwertsteuer werden automatisch auf jeder neuen Rechnung berechnet und gespeichert. Die Einlagen sind durch den Europäischen Einlagenfonds geschützt und bis zu 100.000 Euro sicher. Kontist gibt es im Google Play Store und im Apple App Store in einer Free, einer Premium und einer Duo Version.
Flixcheck ist eine Webanwendung, mit der Zeit und Kosten in der persönlichen Kundenkommunikation gespart werden können. Mit Hilfe von Flixcheck können Kunden digitale Formulare via SMS oder E-Mail aufs Smartphone gesendet bekommen. Der User kann digitale Dokumente, Fotos, Unterschriften oder Bankverbindungen mit nur wenigen Klicks erfragen. Jeder Nutzer bekommt als Neukunde einmalig eine kostenfreie Testlaufzeit von 30 Tagen. Nach Ablauf dieser Testphase kann sich der Nutzer für den Tarif Smart (19,90 Euro) oder den Tarif Flex (29,90 Euro) entscheiden. Flixcheck steht im Google Play Store und im Apple App Store zum Download zur Verfügung.
Ebuero:
Planday:
EasyTranslate:
Ebuero ist ein virtueller Sekretariatsservice für kleine und mittlere Unternehmen. Rund um die Uhr werden Anrufe für Nutzer entgegengenommen. Über die ebuero App kann der Nutzer einstellen, wie sein Sekretär oder seine Sekretärin Anrufe für ihn entgegennehmen soll. Ebuero gibt es in drei Stufen: Der Einsteigertarif kostet 49,90 Euro monatlich, der Standardtarif 89,90 Euro, und den Profitarif gibt es ab 179,90 Euro. Die App ist im Google Play Store und im Apple App Store erhältlich. Außerdem kann über deren Webseite direkt ein Angebot angefordert werden.
Die App ist darauf spezialisiert, Unternehmen mit Stundenarbeitern zu helfen, effizienter zu arbeiten. Mit Hilfe von Personalmanagement und Mitarbeiterplanung kann die Übersicht optimiert werden. Darüber hinaus ist es möglich, sich einen schnellen Überblick über Mitarbeiterverfügbarkeit und Urlaubsanträge zu verschaffen. Planday kann als Starter Paket oder Plus Paket gebucht werden und kostet 2 Euro monatlich pro Nutzer, das Plus Paket 4 Euro. Diese App kann über den Google Play Store und über den Apple App Store heruntergeladen werden. Bei größeren Unternehmen kann eine persönliche Beratung direkt über die Webseite gebucht werden.
EasyTranslate ist ein Übersetzungsprogramm für Unternehmen. Es werden eine große Anzahl an Dolmetscher- und Übersetzungsdiensten übernommen. Bei der Berechnung der Kosten für Übersetzungen wird jeder Auftrag individuell betrachtet. Faktoren wie Sprachkombination, Komplexität, Umfang, verwendete Übersetzungstools und andere spezifische Anforderungen fließen mit in die Berechnung ein. Die App kann über den Google Play Store und den Apple App Store heruntergeladen werden. Außerdem ist eine direkte Angebotsanfrage über die EasyTranslate-Webseite erhältlich.
Foto: © Mex IT GmbH 2020; Kontist GmbH; Flixcheck GmbH; Planday A/S; © icon Stocker von www.stock.adobe.com
Mitarbeiterqualifikation als Erfolgsfaktor
Das Büro der Zukunft
Banking für Freiberufler und Kundenkommunikation Einzelunternehmer
Mitarbeiterplanung leicht gemacht
Übersetzungsprogramm für Unternehmen
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NACHGEFRAGT
Malu Dreyer Sie wollten schon immer mal Politiker und Politikerinnen besser kennenlernen? Wir stellen Ihnen in dieser Reihe jeweils eine politische Persönlichkeit vor, die einige Fragen zu ihrer Person und ihrer politischen Karriere beantwortet. Dieses Mal die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
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arum sind Sie in die Politik gegangen? Ich möchte das Leben von Menschen konkret verbessern. Gesellschaft gerechter zu gestalten, beispielsweise beim Zugang zur Bildung, beim Thema Löhne, beim Klimaschutz, bei gleichwertigen Lebensverhältnissen in Stadt und Land, das war und ist meine Motivation.
Was essen Sie am liebsten? Ich mag es am liebsten mediterran, viel Fisch, Salat und Gemüse. Aber in meiner Kindheit habe ich „gestampte Gellerübe mit Haschee“ geliebt, also Möhren- und Kartoffelbrei mit Hackfleischsoße. Eine Delikatesse für mich sind auch Pfälzer Dampfnudeln mit Weinsoße, mit besonders dicker, salziger Kruste. Eine echte Pfälzer Spezialität.
Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Politiker, eine gute Politikerin aus? Ein guter Politiker, eine gute Politikerin muss meiner Meinung nach Empathie besitzen, den Willen zur Gestaltung haben, kreativ und kompromissfähig sein, aber auch voller Überzeugung seine oder ihre Haltung vertreten.
Bier oder Wein? Als Ministerpräsidentin des Weinlandes Nummer 1 mit 6 Weinanbaugebieten ist die Antwort klar. Rheinland-Pfalz verfügt über absolut hervorragende Winzer mit den besten Weinen. Aber hin und wieder, vor allem im Sommer, trinke ich auch gerne ein gutes Bier.
Was war Ihr Berufswunsch als Kind? Ich wollte früher Ärztin werden, dafür habe ich extra ein gutes Abitur und das große Latinum gemacht. Aber das Gerechtigkeitsthema hat mich nicht losgelassen, und so habe ich zunächst ein Theologiestudium begonnen und später auf Jura umgesattelt. Haben Sie jemals an Ihrer beruflichen Entscheidung gezweifelt? Nein, nie. Früher als Ministerin und jetzt als Ministerpräsidentin dieses tollen Landes kann ich mit dafür sorgen, dass Rheinland-Pfalz auch in Zukunft ein lebenswertes Land ist, in dem sich junge und ältere Menschen gleichermaßen wohl fühlen, in dem Familien gerne leben, in dem Unternehmen gute Rahmenbedingungen vorfinden und Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eine sichere und fair bezahlte Arbeit haben.
Sie leben in einem integrativen Wohnprojekt, was ist für Sie das Besondere daran? Das Trierer Schammatdorf zeigt im Kleinen, wie das Zusammenleben ganz unterschiedlicher Menschen funktionieren kann. Hier leben alte und junge, wohlhabende und nicht so wohlhabende, behinderte und nicht behinderte, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zusammen. Sie helfen sich gegenseitig und profitieren voneinander. Jeder bringt das ein, was er kann.
Malu Dreyer Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz (SPD)
Haben Sie Vorbilder? Nelson Mandela ist ganz sicher ein großes Vorbild für mich. Ich bewundere ihn für seinen unermüdlichen Einsatz für Gewaltfreiheit und Gerechtigkeit, mit dem er die Apartheid in Südafrika beendet hat.
Die Juristin war Mitarbeiterin des Wissenschaftlichen Dienstes des Rheinland-Pfälzischen Landtags. 1995 wurde sie zur Hauptamtlichen Bürgermeisterin von Bad Kreuznach gewählt. Sie war mehrere Jahre Dezernentin für Soziales, Jugend und Wohnen der Stadt Mainz, bis sie 2002 als Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit in das Kabinett von Ministerpräsident Kurt Beck berufen wurde. 2013 wurde Malu Dreyer einstimmig von den Regierungsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz gewählt.
Foto: © Staatskanzlei RLP/Elisa Biscotti
www.rlp.de/de/landesregierung/ Haben Sie ein Lebensmotto? Mein Lebensmotto ist Carpe diem. Also den Tag nutzen, um die Dinge zu tun, die getan werden müssen, aber auch um die vielen kleinen und großen Dinge um sich herum bewusst wahrzunehmen. Seien es gute Begegnungen mit Menschen oder auch eine kleine besondere Geste.
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