Sonderausgabe der NewsDigest
JAPANS WEGE IN DIE ZUKUNFT
BLICKPUNKT NACHHALTIGKEIT Daisugi: Nachhaltige Holzgewinnung Mottainai: Philosophie des Nicht-Verschwendens Dashi: Essenz der japanischen Küche
Nr. 20 APRIL 2022
www.japandigest.de
INHALT APRIL 2022 In der heutigen Zeit sind angesichts des voranschreitenden Klimawandels die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit wichtiger denn je. Wir zeigen, wo Nachhaltigkeit in der Gesellschaft, Architektur und Ernährung Japans eine wichtige Rolle spielt und welche Formen diese annehmen kann. Außerdem reisen wir zur historischen Burg Odawara und lernen mehr über japanische Sprache und Musik. Wie immer dabei: leckere Rezepte und spannende Events. Viel Spaß beim Lesen! Alle Artikel und mehr finden Sie online unter www.japandigest.de.
04
Die Essenz des Washoku
26
08
Lecker & locker japanisch kochen
28
12 14 16 18
DASHI
REZEPTE FÜR WARME TAGE Mottainai
24
Von Protestreden zu Popmusik
ENKA
Anleitung
RICHTIG MIT MÜLL UMGEHEN
DIE PHILOSOPHIE DES NICHT-VERSCHWENDENS
29
Eventkalender
Überfischung, Energiewende, Naturschutz
30
Ausflug in die japanische Sprachgeschichte
JAPANS LANGER WEG RICHTUNG NACHHALTIGKEIT
MAI BIS SEPTEMBER
DIE ENTSTEHUNG VON HIRAGANA & KATAKANA
Kleine Schritte zu mehr Nachhaltigkeit
BIO-LEBENSMITTEL IN JAPAN
© 京都北山丸太生産協同組合
18
Aufgeweckte Sprösslinge
DAS GEHEIMNIS DER KITAYAMA-ZEDERN
20
Pionierstück nachhaltiger Architektur
24
Die Perle der Hōjō
FUKUOKAS GRÜNE PYRAMIDE
FOLGEN SIE UNS ONLINE! @japandigest
BURG ODAWARA
8
IMPRESSUM Herausgeber: Geschäftsführung: Generaldirektion: Vertrieb: Redaktion: Übersetzung:
Doitsu News Digest GmbH Mie Mori Kei Okishima Sho Kajiwara Diana Casanova, Kei Okishima, Constanze Thede Diana Casanova, Constanze Thede
Coverbild (o. r.): ACROS Fukuoka © Emilio Ambasz & Associates Inc.
Beiträge:
Diana Casanova, Simone Hencke, Maria-Laura Mitsuoka, Kei Okishima, Aya Puster, Yoko Rendel, Constanze Thede Art Director: Mayuko Ishibashi Grafikdesign: Mayuko Ishibashi, Kanako Amano Web: Masaru Mito, Erika Yamaguchi
Doitsu News Digest Immermannstraße 53, 40210 Düsseldorf TEL: +49 (0)211-357000 FAX: +49 (0)211-357766 info@japandigest.de
Copyright: © 2005-2022 Doitsu News Digest GmbH All Rights Reserved. Do not duplicate or redistribute in any form.
Eikoku News Digest 85 Tottenham Court Road, London W1T 4TQ
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
3
ESSEN
Die Essenz des Washoku
DASHI Wer gerne authentische japanische Gerichte kocht, wird eher früher als später mit dieser Zutat in Berührung kommen: Dashi ist nicht nur eine der wichtigsten Komponenten der japanischen Küche, viele bezeichnen sie sogar als deren Fundament. Die vielseitig einsetzbare Brühe mit ihrem unverkennbaren Aroma sorgte sogar für die Entdeckung einer ganz neuen Geschmacksrichtung. (Text: Diana Casanova) Mehr auf der Webseite: Reisen > Essen
4
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
E
ine unscheinbare klare Brühe mit unendlichem Potenzial: Dashi ist ein essenzieller Bestandteil der japanischen Küche, des washoku. Als reiche Umami-Quelle intensiviert sie die Aromen der Zutaten, die in ihr gekocht oder gegart werden. Umami, die fünfte Geschmacksrichtung, wurde 1908 durch den japanischen Chemiker Ikeda Kikunae geprägt, der in einer einfachen Dashi-Brühe etwas herausschmeckte, das er keiner der bekannten Geschmacksrichtungen (süß, sauer, salzig und bitter) zuordnen konnte. Aus Kombu-Algen, eine Hauptzutat des Dashi, isolierte er schließlich Glutamat als den wesentlichen Geschmacksträger, und nannte die neue Geschmacksrichtung umami, zu Deutsch „herzhaft“ oder „schmackhaft“.
Leicht und vielseitig zubereitet Das Geheimnis dieses natürlichen Geschmacksverstärkers liegt in dessen Zubereitung: Die Hauptzutaten einer klassischen Dashi-Brühe sind Wasser, Bonito-Flocken (katsuobushi) und Kombu-Alge. Letztere sind selbst reich an Glutamat – anders als etwa Hühneroder Rinderbrühen müssen sie nicht über Stunden eingekocht werden, sondern geben bereits nach wenigen Minuten ihre Aromen ab. Das Ergebnis ist eine klare, leicht fischige, aber vollmundige Suppe, die als Basis für viele typisch japanische Gerichte dient und den Eigengeschmack anderer Zutaten dennoch nicht überlagert. So gehört Dashi in jede Miso-, Rāmen- und Udon-Suppe sowie in viele Eintopfgerichte – Speisen, die dafür bekannt sind, einfach unwiderstehlich zu sein. Zusammen mit Sojasauce, Mirin und Zucker kann man leckere Saucen für Tempura oder Tōfu zaubern. Gemüsesorten wie Rettich, Auberginen, Kürbis, selbst Fleisch und Fisch, gegart in einer eleganten Dashi-Brühe, entfalten trotz dieser Einfachheit ihr ultimatives Geschmackspotenzial. Die Zubereitung ist denkbar einfach: In Wasser wird zuerst ein Stück getrocknete Kombu-Alge eingeweicht und dann langsam erhitzt. Bevor das Wasser
anfängt zu kochen, entnimmt man die Alge (da ansonsten die Brühe sehr schnell bitter wird) und fügt eine Handvoll Bonito-Flocken hinzu. Diese werden für ein paar Minuten gekocht und die Brühe anschließend durch ein Sieb und Küchenpapier gegossen und aufgefangen. Die gebrauchten Zutaten kann man noch einmal verwenden, um eine zweite Portion, genannt niban dashi („zweites Dashi“), zuzubereiten. Im Kühlschrank gelagert hält die fertige Dashi-Brühe ein paar Tage oder alternativ eingefroren mehrere Monate.
KOMBU
Die aromatischen Braunalgen enthalten viel Jod und Antioxidanzien, die als entzündungshemmend gelten.
Dashi, ein echtes Superfood Dashi gehört zu den wohl ältesten japanischen Zutaten, das sich über Jahrhunderte vor allem lokal und saisonal entwickelt und verändert hat. Bis heute gibt es zahlreiche regionale Zubereitungsmethoden der herzhaften Brühe, die teils von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Neben Bonito-Flocken gibt es auch Varianten mit getrockneten Sardinen, Shiitake-Pilzen, sogar mit Kürbis oder geröstetem Reis. Dabei muss sie nicht immer von Hand gekocht werden, auch wenn sie frisch sicherlich am intensivsten schmeckt. Heutzutage ist Dashi als Granulat oder Brühwürfel in japanischen Supermärkten praktisch abgepackt erhältlich. Auch die gesundheitlichen Vorteile von Dashi, das quasi keine Kalorien oder Kohlenhydrate enthält, lassen sich nicht von der Hand weisen: Kombu-Algen sind u. a. reich an Jod, Eisen, Kalzium sowie Vitamin A und B und sollen die Verdauung anregen. Bonito-Flocken wiederum enthalten u. a. viel Protein, Eisen und Vitamin B12, die für ihre blutdrucksenkende Wirkung bekannt sind. Beide sind zudem reich an Aminosäuren. Vor allem seit washoku 2013 von der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt wurde, finden die japanische Küche sowie ihre traditionellen Zubereitungsmethoden und Zutaten weltweit mehr Beachtung und Wertschätzung. Dashi darf dabei nie fehlen, denn es sorgt erst für den authentischen Geschmack und bildet die unvergleichbare Essenz des washoku.
KATSUOBUSHI
Die Flocken des getrockneten Bonito-Fischs dienen auch als Topping für Okonomiyaki und Yakisoba.
NIBOSHI
Dashi-Brühen mit getrockneten Sardinen besitzen in der Regel einen kräftigeren, leicht bitteren Geschmack.
SHIITAKE
Für vegetarisches Dashi wird auf die getrockneten Pilze zurückgegriffen, die ihm ein intensives Shiitake-Aroma verleihen.
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
5
PIONIER DES UMAMI
DIE ERFOLGSGESCHICHTE VON WADAKYU EUROPE Die Flocken des getrockneten Bonito-Fischs sind eine reichhaltige Umami-Quelle, die vielen japanischen Gerichten erst ihr authentisches Aroma verleiht. Wada Sachiyuki führt das Unternehmen Wadakyu Europe © Fotos: Pia Schmikl, Illustrationen: Lisa Rammensee bereits in dritter Generation und er war der erste, der die Produktion der Katsuobushi nach Europa brachte.
S
chon ein bisschen Umami, die „herzhafte“ Geschmacksrichtung, reicht, um den Geschmack eines Gerichtes erst richtig hervorzuheben. Die Flocken des Bonito-Fischs enthalten viel davon und sorgen als natürliche Geschmacksverstärker für intensivere Aromen. Wada Sachiyuki von Wadakyu Europe hat sich diesen verschrieben, die in seiner Fabrik in Spanien produziert und von dort in ganz Europa verkauft werden. Bereits als Junge half Wada seinem Vater und Großvater im 1925 in Tōkyō gegründeten Familienbetrieb, der sich in Japan bereits erfolgreich etabliert hat.
EROBERUNG DES INTERNATIONALEN MARKTES
In seiner Studienzeit verschlug es Wada zunächst in die USA, bevor er schließlich die Führung des Traditionsunternehmens übernahm. Im Blick stets das Ausland, war er überzeugt davon, dort neue Märkte erobern zu können. Eine Begegnung mit einem Koch während einer Europareise brachte alles ins Rollen: Dieser verwendete Bonito-Flocken von Wadakyu, die er auf dem Schwarzmarkt erworben hatte. Sie waren längst abgelaufen und kosteten das Fünffache des normalen Preises. Für jemanden, der bereit war, soweit zu gehen, um dieses Produkt in die Hände zu bekommen, wollte der Unternehmer einen Weg finden, Bonito-Flocken sicher in Europa zu verkaufen. Doch der Import von Lebensmitteln in die EU ist streng reglementiert. Produkte, die Benzpyren enthalten – ein Karzinogen, das beim Verbrennen von organischen Stoffen entsteht – sind verboten, weshalb es die durch Räuchern hergestellten Bonito-Flocken nicht zu kaufen gab. Also begann Wada nach a eschäftsführer Wad alternativen Herstellungsmeem Wadakyu Europe-G ein f t seinem Team au thoden zu forschen, bei denen Sachiyuki (3. v. l.) mi t. ark japanischen M kein Benzpyren entstand. Als
6
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
ihm das nach vielen Misserfolgen gelang, rückte der Traum der Herstellung von Bonito-Flocken in Europa ein Stück näher.
VIELE RÜCKSCHLÄGE, NEUE HERAUSFORDERUNGEN Über London ging es weiter nach Polen, doch schien vor allem Polens äußerst strenge Auslegung von EU-Gesetzen dem Geschäft vorzeitig ein Ende zu setzen. Der Japaner ergriff ein letztes Mal eine Chance und zog nach Spanien, an dessen Küste sich viele Bonito-Fische tummeln. Das Unternehmen erholte sich, bevor die Corona-Pandemie alle ambitionierten Pläne erneut zunichte machte. Aufträge wurden storniert, die Umsätze brachen ein, trotz Investition in teures Equipment. Die Rettung war eine große Bestellung aus Deutschland, die Wadakyu wieder auf Kurs brachte. „Ich habe das einmalige Talent, egal wohin ich gehe, Menschen zu treffen, die mir in Zeiten der Not aushelfen“, so Wada Sachiyuki. Die vielen Hürden waren notwendig, um ein Pionier auf dem Gebiet zu werden, an das sich zuvor keiner gewagt hatte. So schaffte es das Unternehmen, durch Wadas ungebrochenes Engagement den europäischen Markt zu erobern. Wer heute in Deutschland nach hochwertigen Bonito-Flocken sucht, wird dank Wadakyu Europe fündig.
GEBALLTE UMAMI-POWER
KOCHEN MIT BONITO-FLOCKEN Wadakyu Europe gründete in Spanien die erste Fabrik für Bonito-Flocken in Europa. Qualitativ kann sich die vielfältige Produktpalette leicht mit den Waren des berühmten Toyosu-Fischmarktes messen, sodass der authentischen Zubereitung japanischer Gerichte nichts im Wege steht.
DashiGerichte zum Nachkochen!
KATSUOBUSHI (Hana-katsuo)
DASHI STOCK BAGS
Eine typische Dashi-Brühe wird mit Kombu-Alge und Bonito-Flocken zubereitet, dafür muss man aber durchaus etwas Zeit einplanen. Auch ohne Alge gelingt eine lockere Brühe voll mit Umami-Aromen!
Für die schnelle Küche eignet sich Wadakyu Europe‘s Dashi-Granulat im praktischen Filterbeutel. Die DASHI STOCK BAGS bestehen zu 100 % aus getrockneten Bonito-Flocken.
5-MINUTEN-DASHI MIT BONITO-FLOCKEN 1 2 3
SCHNELLES BONITO-DASHI MIT DASHI STOCK BAG
In 1 Liter kochendes Wasser ca. 40 g Bonito-Flocken für 2 Minuten köcheln. Den Herd ausschalten und 2-3 Minuten stehen lassen. Bonito-Flocken durch ein Sieb oder Küchenpapier abschöpfen, die Flüssigkeit auffangen. Fertig!
1 2 3
2 Liter Wasser in einem Kochtopf erhitzen. Eine DASHI STOCK BAG (50 g) dazugeben. 3 Minuten köcheln lassen, dann den Beutel entnehmen. Fertig!
GROSSE PRODUKTVIELFALT Neben Bonito-Flocken führt Wadakyu Europe viele weitere Produkte, die alle Umami-Wünsche erfüllen werden.
NIBOSHI
Getrocknete Sardinen mit kräftigem Aroma.
FÜR EINE BEWUSSTE ERNÄHRUNG
MAGUROBUSHI
Thunfisch-Flocken für raffinierte Rezeptideen.
SABABUSHI POWDER Makrelen-Flocken für erfrischend süße, dicke Suppen.
DIET RICE
Mit kalorienarmem Konjak gemischt enthält dieser Reis im Vergleich zu herkömmlichem 60 % weniger Kalorien, während er wie gewohnt zubereitet werden kann.
WADAKYU EUROPE S.L.
Pol. Ind. As Gandaras 47. 1-1-B. O Porriño (36418) Pontevedra, Spanien
ALLROUNDER KATSUOBUSHI
VERSCHIEDENE VARIANTEN Die gängigste Variante ist Usukezuri (Hana-katsuo): Die Flocken werden vom getrockneten Bonito-Fisch dünn abgeschabt und enthalten nur wenig dunkles Fleisch. Sie sind der Allrounder unter den Sorten und dienen als Basis für Dashi-Brühen oder als Topping für Okonomiyaki. Mit einem Schuss Sojasauce schmecken sie auch als herzhafte Füllung von Onigiri-Reisbällchen. Itokezuri sind kleiner und schmaler und eignen sich gut als Garnierung für Salate oder Tōfu. Dickere Flocken (ab 0,2 mm) nennen sich Atsukezuri. Sie enthalten deutlich mehr dunkles Fleisch und werden für kräftige, besonders reichhaltige Suppen oder Schmorgerichte verwendet.
www.wadakyueurope.com [Anzeige]
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
7
GENUSS
Lecker & locker japanisch kochen
REZEPTE FÜR WARME TAGE Ob klassische Vorspeisen oder fruchtig-leichte Desserts, die japanische Küche hält für jeden etwas bereit. Begrüßen Sie die warme Jahreszeit mit diesen leckeren Rezepten und holen Sie sich ein kleines Stück Japan nach Hause! (Text und Fotos: Yoko Rendel) Mehr auf der Webseite: Japan in Deutschland > Rezepte
In eleganter Dashi-Sauce
AGEDASHI TŌFU 2 Portionen / Zubereitungszeit: 45 Min. ZUTATEN 200 g fester Seidentōfu 4 grüne Bratpaprika • 100 ml kaltes Wasser • 10 g Kombu-Alge • •
1 Handvoll Bonito-Flocken (Katsuobushi) • 2 EL Sojasauce • 1 EL Mirin •
2 EL Stärke 1 TL geriebener Ingwer • 2 EL geriebener Rettich • Öl zum Frittieren • •
ZUBEREITUNG 1
2
3
4
5
6
Für die Dashi-Brühe Kombu-Alge und Bonito-Flocken in einem Topf mit kaltem Wasser 30 Minuten ziehen lassen. Das Wasser erhitzen, die Alge entnehmen, bevor es anfängt zu kochen. Kurz aufkochen, dabei nicht umrühren. Den Herd sofort ausschalten und 2 Minuten ruhen lassen. Die Flüssigkeit durch ein Sieb geben und auffangen. In einem Topf Dashi, Mirin und Sojasauce einmal aufkochen lassen und anschließend warm halten. Tōfu halbieren oder vierteln und mit Küchenpapier abtrocknen. Mit einem Messer bzw. Zahnstocher in die Bratpaprika stechen, damit sie nicht aufplatzen. Paprika für 30 Sekunden in 170 Grad heißem Öl frittieren. Tōfu in Stärke wälzen und für ca. 2 Minuten frittieren. Tōfu und Paprika in einer Schale mit Dashi übergießen. Mit Ingwer und Rettich heiß servieren.
Fruchtiges Apfeldessert
RINGO-KAN
4 Portionen / Zubereitungszeit: 20 Min. + 3 Std. Kühlzeit ZUTATEN • •
2 rote Äpfel (ca. 350 g) 500 ml Wasser
• •
2-3 EL Zucker 4 g Agar-Agar-Pulver
•
2 TL Apfelessig
ZUBEREITUNG 1
2
3
8
Äpfel waschen und in kleine Stücke schneiden. Apfelstücke in einen Topf geben und in 500 ml Wasser für ca. 15 Minuten weich kochen. Anschließend Apfelessig, Zucker und Agar-Agar dazugeben und alles mit einem Stabmixer sehr fein pürieren. Bei mittlerer Hitze weitere 2 Minuten unter ständigem Rühren köcheln lassen. Apfelmasse in ein nicht zu tiefes Gefäß gießen und im Kühlschrank fest werden lassen. In beliebige Formen ausstechen oder in Stücke schneiden und kalt servieren.
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
Erfrischend pikant
GARNELEN-WAKAME-SALAT MIT WASABI-DRESSING 2 Portionen / Zubereitungszeit: 15 Min. ZUTATEN 200 g geputze u. gekochte Garnelen • 4 g getrocknete Wakame-Algen •
1 TL Wasabi-Paste 2 EL Sesamöl • 1 EL Sojasauce • 1 TL Limettensaft
1 TL weiße Sesamsaat 4 Limettenscheiben • 4 Gurkenscheiben
•
•
•
•
ZUBEREITUNG 1
2
3
Wakame-Algen in eine Schüssel mit Wasser geben und 10 Minuten darin einweichen. Durch ein Sieb abtropfen lassen. Für das Dressing Wasabi-Paste, Sesamöl, Sojasauce und Limettensaft miteinander verrühren. Garnelen, Wakame-Algen und Sesamsaat in eine Schüssel geben und das Dressing unterheben. Mit Limetten- und Gurkenscheiben anrichten und kalt servieren.
RAMEN
Ramennt Restaura triff t auf f Bauernho
LESSER PANDA RAMEN Selbst gemachte Ramen-Nudeln, kombiniert mit der Erfahrung aus 10 Jahren Sternegastronomie. Fantastische Bio-Produkte aus der Region und eine unbändige Leidenschaft für Gastronomie und hervorragende Qualität. Das ist das Lesser Panda Ramen in Hamburg. © Fotos: Pia Schmikl, Illustrationen: Lisa Rammensee
10
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
„N
ur Kombu-Algen können wir hier nicht anbauen”, scherzen Vincent Domeier und Florian Ridder, während sie über den Acker spazieren. Die beiden Gründer des Lesser Panda Ramen haben schon vor drei Jahren mit einem Mini-Versuchsfeld am Rand von Hamburg angefangen zu experimentieren. „Ein eigener Hof war schon immer ein Traum”, erzählt Küchenchef Florian. Ende 2021 war es dann endlich soweit: Zusammen mit seiner Partnerin Lisa Rammensee lebt er nun auf dem „Hof Meisennest” in der Altmark. Hier soll in Zukunft so einiges für das Lesser Panda Ramen angebaut und produziert werden. Das Fleisch und die Eier für ihre Ramen-Gerichte beziehen die beiden Restaurantinhaber bereits vom Demeter-Betrieb Bauckhof ganz in der Nähe. Doch das war nicht genug: Das Ziel ist es, langfristig einen Kreislauf zwischen Restaurant und Hof zu etablieren, sodass – ganz nach dem Vorbild der Permakultur – möglichst keine Ressourcen verschwendet werden. „Wir achten seit jeher darauf, möglichst wenig Abfall überhaupt erst entstehen zu lassen, aber so ganz kann man es einfach nicht vermeiden. Zum Beispiel pellen wir jede Woche knapp 1000 Eier. Eigentlich sind die Schalen viel zu schade, um auf dem Müll zu landen, weshalb wir sie jetzt kompostieren wollen, um diese Nährstoffe wieder für die Natur und den Gemüseanbau verfügbar zu machen.” Nachhaltig produzierte Produkte sind meist deutlich teurer als Lebensmittel aus der konventionellen Landwirtschaft. Allein deshalb mussten sich die Gründer des Lesser Panda Ramen etwas einfallen lassen. „Bio ist nur nachhaltig, solange es für einen konkurrenzfähigen Preis angeboten wird. Wir wollen echte Kochkunst und gute Produkte für ein breites Publikum verfügbar machen.” Sein Handwerk hat Florian Ridder in der Sterneküche gelernt, doch zu Ramen sind er und Vincent Domeier in Singapur gekommen. „Ein japanischer Kollege hat mir Ramen gezeigt – ich war sofort süchtig und habe danach ein Jahr lang jeden Mittag Ramen gegessen!“. Als Vincent ihn dort besuchte, war klar: Das wollen sie zu Hause in Deutschland auch machen.
A
Ramen-Lieferung deutschlandweit Mittlerweile wurde aus dem einstigen Pop-up-Restaurant ein festes Lokal in der Karolinenstraße im Szene- und Messeviertel von Hamburg, in dem von Mittwoch bis Sonntag fleißig geschlürft werden darf. Das Besondere daran: Auch wenn ihre Ramen natürlich stark vom japanischen Ursprung geprägt sind, so ist es Florian Ridder und Vincent Domeier dennoch wichtig, sich mit der Verwendung regionaler Zutaten abzuheben.
Wir haben großen Respekt vor den japanischen Wurzeln. Uns ist es wichtig, keine Ramen wie Tokyooder Hokkaido-Style in Deutschland zu kopieren: Unser Ziel ist es, ein Ramen-Gericht mit dem Ausdruck der eigenen Region zu kreieren. VINCENT DOMEIER
Um das zu schaffen, wird im Lesser Panda Ramen wirklich alles selbst gemacht – Nudeln, Brühen, aber auch Gewürze und der Sirup für die hausgemachten Limonaden. Inzwischen kann man diese tollen Produkte nicht nur in Hamburg kosten, denn mit dem eigenen Onlineshop liefert Lesser Panda deutschlandweit. Sogar komplette Ramen-Kochboxen können so auch an die entlegensten Orte in Deutschland gesendet werden. Denn obwohl die Nudelsuppe immer beliebter wird, gibt es noch längst nicht in jeder Stadt eine eigene Ramen-Bar. „Ich wohne jetzt ja auch auf dem Dorf. Das nächste Ramen-Restaurant ist weit weg und Ramen kochen ist sehr aufwendig, nichts für mal eben zwischendurch. Ich bin also selbst Stammkunde im eigenen Onlineshop”, erzählt Florian Ridder lachend.
B
C
A Erntesaison auf dem kleinen Versuchsacker außerhalb Hamburgs. Schon jetzt landet so manches selbst angebautes Gemüse im Topf. B Hier entsteht etwas Neues: Vincent Domeier und Florian Ridder auf dem Hof Meisennest in der Altmark. C Lesser Panda liefert deutschlandweit Ramen-Kochboxen, Gewürze, Öle und besondere Zutaten aus eigener Produktion.
Nicht verpassen: 10% Rabatt, aber 100% Umami! JAPANDIGEST-Leserinnen und Leser sichern sich exklusiv 10 % Rabatt auf ihre erste Bestellung bei Lesser Panda Ramen. Jetzt QRCode scannen und sparen!
Lesser Panda Ramen
Karolinenstraße 32 20357 Hamburg Mi-So: 17:00-22:00 www.lesser-panda-ramen.de
[Anzeige]
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
11
ALLTAG
MOTTAINAI
MOTTAINAI
Mottainai
DIE PHILOSOPHIE DES NICHTVERSCHWENDENS MOTTAINAI MOTTAINAI
Ungenutztes Potenzial oder verschwendete Ressourcen – diese scheinbar ungreifbaren Konzepte lassen sich durch das japanische Wort mottainai kurz und knapp auf den Punkt bringen. Es ist ein normaler, alltäglich benutzter Begriff, in dem dennoch Dankbarkeit und Wertschätzung für die Dinge des Lebens zum Ausdruck kommen. (Text: Kei Okishima) Mehr auf der Webseite: Alltag > Verhalten
D
as japanische Adjektiv mottainai lässt sich relativ schwer in andere Sprachen übersetzen. Grundsätzlich drückt es ein Gefühl des Bedauerns über die Verschwendung einer Ressource aus, etwa Zeit, Güter oder anderer Dinge. So wäre z. B. das ungenutzte Potenzial eines Sportlers genauso mottainai
12
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
wie das Wegwerfen von übriggebliebenen Lebensmitteln oder das Versäumnis, während einer Reise in ein fremdes Land nicht die lokale Küche probiert zu haben. Je nach Kontext kommen die deutschen Begriffe „So eine Verschwendung“ oder auch „Schade“ der Bedeutung am nächsten. Laut dem einsprachigen JapanischWörterbuch Kōjien hat das Wort, das
bereits seit Jahrhunderten verwendet wird, drei Bedeutungen: 1. die Götter und Buddha belästigen; rücksichtslos sein, 2. ehrfürchtig sein; dankbar sein, 3. Bedauern über eine Verschwendung [von etwas]. In der Geschäftswelt zum Beispiel taucht öfter die Floskel mottainai koto de gozaimasu („Das ist eine Verschwendung“) als Erwiderung auf ein (vom Vorgesetzten
Dankbarkeit für das, was man hat Doch ist es vor allem die dritte Bedeutung, unter der mottainai im Alltagsleben verwendet und verstanden wird. Im Japanischen wird zusätzlich zwischen dem Wort mudazukai unterschieden, welches ebenfalls „Verschwendung“ bedeutet, aber sich eher auf Konsumgüter oder Geld bezieht – mottainai hingehen oft auf natürliche Ressourcen wie Wasser und Nahrungsmittel. Es geht darum, dem Leben und der Natur um uns herum mit Wertschätzung zu begegnen. Die Entstehung des Begriffs wird vor allem dem Zen-Buddhismus zugeschrieben, in dem der Glauben, dass „alles auf der Welt miteinander verbunden ist“, vorherrscht und nichts als selbstverständlich gilt. Daraus ergibt sich Dankbarkeit für die Dinge, die man im Leben hat. Wenn man sich dies vor Augen führt, begreift man auch den Sinn von mottainai – das Bedauern darüber, etwas ungenutzt gelassen oder vergeudet zu haben. Schon in der Edo-Zeit war das Konzept des Nicht-Verschwendens nicht nur allgegenwärtig, sondern überlebensnotwendig. In dieser Ära verdoppelte sich die Bevölkerungszahl in Japan auf 30 Millionen. Es war nicht leicht, eine so hohe Anzahl an Menschen zu ernähren, Lebensmittelund Ressourcenknappheit waren keine
Seltenheit. Aus dieser Not heraus richteten sich zahlreiche Bräuche, Ess- und Lebensgewohnheiten, aber auch Berufe der Menschen, die sich auf die Wiederverwertung alter oder kaputter Dinge spezialisierten, stark nach der Philosophie des mottainai. Manche kauften alte Schirme auf, reparierten und verkauften sie anschließend weiter, andere verarbeiteten kalte Asche zu Düngemitteln oder sammelten Papierabfälle, um sie zu recyceln. Die Menschen von damals hatten keine andere Wahl als sorgfältig darüber nachzudenken, wie sie die begrenzten Ressourcen effizient nutzen und deren Verschwendung auf ein Minimum reduzieren konnten.
MOTTAINAI: Schlagwort des Umweltschutzes Dieses einstige Fundament der japanischen Gesellschaft scheint mit dem Wandel der Zeit und besonders durch die Entstehung einer Massenkonsumgesellschaft ab Mitte des 20. Jahrhunderts, als Wegwerfprodukte den Markt zu überschwemmen begannen, verloren gegangen zu sein. Dennoch hat sich in der heutigen Zeit mottainai als Leitspruch der japanischen Umweltschutzbewegung etabliert. Internationale Aufmerksamkeit bekam es durch die kenianische Friedensnobelpreisträgerin und Umweltaktivistin Wangari Maathai, die das Wort 2005 während eines UN-Gipfels als Slogan für eine Umweltschutzkampagne nutzte.
Sie setzte sich für die Förderung der sog. 3R-Aktivitäten (reduce = Verringerung [der Müllerzeugung], reuse = Wiederverwendung, recycle = Wiederverwertung) ein, um den Aufbau einer nachhaltigen und Recycling-orientierten Gesellschaft voranzutreiben. Mottainai ist also nicht einfach nur ein Wort, das man von sich gibt, wenn man etwa keine Gelegenheit findet, die brandneuen Schuhe zu tragen. In ihm steckt der Gedanke, dass Ressourcen nicht unendlich sind und man deren volles Potenzial ausschöpfen sollte. Nicht grundlos ist zu den drei R mittlerweile ein viertes hinzugekommen: Respekt. In diesem Sinne scheint es umso wichtiger, sich die alten Werte der Edo-Zeit und des mottainai, die Wertschätzung aller Dinge, wieder bewusst zu machen. © Newscom / Alamy Stock Photo
ausgesprochenes) Lob auf, die sowohl Dankbarkeit als auch Demut und Bescheidenheit ausdrückt.
Die kenianische Friedensnobelpreisträgerin und Gründerin der Umweltbewegung The Green Belt Movement, Wangari Maathai, 2007 in Akita, Japan.
[Anzeige]
POLITIK & WIRTSCHAFT
Überfischung, Energiewende, Naturschutz
JAPANS LANGER WEG RICHTUNG NACHHALTIGKEIT Japan verpflichtete sich als Mitglied der UN bis 2030 den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung nachzukommen. Gerade, was Energie und Umweltschutz angeht, liegt das Land allerdings weit hinter dem Vorreiter Finnland zurück. Wir wagen einen Blick in die Zukunft. (Text: Constanze Thede) Mehr auf der Webseite: Aktuelles > Politik & Wirtschaft
I
m September 2015 verabschiedete die UN ihre 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDG), die u. a. den Erhalt von Ökosystemen sicherstellen sollen. Auch Japan verpflichtete sich als UN-Mitgliedsstaat, diese bis 2030 umzusetzen. Wenn man Japan mit dem Vorzeigeland Finnland vergleicht, das im Sustainable Development Report 2021 Platz 1 erreichte, wird deutlich, dass das ostasiatische Land im Bereich Umwelt und Energie noch sehr viel aufzuholen hat, aber teilweise auch positive Ergebnisse erzielt hat. Ein Thema, bei dem Japan weit zurückliegt, sind erneuerbare Energien. Im April 2021 kündigte die Regierung unter Premierminister Kishida Fumio allerdings an, bis 2030 den Anteil dieser auf 36-38 % zu erhöhen, obwohl es dafür derzeit noch an Solarstandorten mangelt. Gleichzeitig ist die Wiederinbetriebnahme einiger Kernreaktoren geplant, womit der Anteil an Atomkraft wieder auf 20-22 % steigen würde. Kohlekraft soll in Zukunft 19 % und Flüssigerdgas 27 % der Stomversorgung ausmachen. Von einer nachhaltigen Energiewende ist Japan daher weit entfernt. Einen weiteren hohen Risikofaktor für die Umwelt stellt die Überfischung der Weltmeere dar. Zum einen unterstützt Japan neben der EU, China und den USA durch Fischerei-Subventionen indirekt illegale Fischerei und Überfischung. Zum anderen stammt über 70 %
des japanischen Fischfangs aus überfischten oder zusammengebrochenen Beständen. Beim Ocean Health Index, ein Maßstab für die Gesundheit und Sauberkeit der Meere, liegt Japan knapp unter dem internationalen Durchschnitt.
www.un.org/sustainabledevelopment JAPAN FINNLAND SDG-Platzierung
18/165
1/165
Anteil erneuerbarer Energien (2019)
6,2 %
34,1 %
Jährliche CO2Emissionen u. a. aus fossilen Brennstoffen/ Kopf (2019)
8,7 t
7,5 t
59,4
70,1
Ocean Health Index (Skala von 0-100) (2020)
Anteil des Fischfangs aus überfischten/ 70,8 % zusammengebrochenen Beständen (2014) Anteil der geschützten für die Biodiversität wichtigen Meeresgebiete (2019) Anteil der geschützten für die Biodiversität wichtigen Landgebiete
6,2 %
64,8 %
61 %
64,8 %
71,8 %
(2019) Quelle: Sachs et al. (2021): The Decade of Action for the SDGs. Sustainable Development Report 2021. Cambridge University Press.
Fortschrittlich zeigt sich Japan dagegen, was staatlichen Naturschutz angeht, denn landesweit gibt es immerhin über 5.600 ausgewiesene Naturschutzgebiete. Laut der unabhängigen World Database on Protected Areas stehen dort ca. 29,8 % der Landesfläche und 13,9 % der Meeresfläche unter Naturschutz, womit Japan sogar Finnland übertrifft. Allerdings entsprechen die von Japan als Naturschutzgebiete ausgewiesenen Bereiche noch nicht den globalen Standards der International Union for Conservation of Nature, die für ihre Grüne Liste, die den ersten globalen Standard für Naturschutzgebiete darstellt, strenge Kriterien ansetzt. In seinem freiwilligen SDG-Bericht von 2021 kündigte Japan an, in Zukunft mehr in den Erhalt von Ökosystemen und Biodiversität zu investieren. Insgesamt lässt sich sagen, dass das Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz in Japan zwar langsam steigt, die Schritte, die von Regierungsseite in Richtung Nachhaltigkeit getan werden, aber viel zu zaghaft sind. Es bleibt zu hoffen, dass den bisherigen Versprechen konkrete Taten folgen werden. Wenn nicht ein schnelles Umdenken stattfindet, bleibt das Erreichen der 17 Ziele bis 2030 wohl ein bloßes Vorhaben.
The content of this publication has not been approved by the United Nations and does not reflect the views of the United Nations or its officials or Member States.
14
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
ESSEN
Kleine Schritte zu mehr Nachhaltigkeit
BIO-LEBENSMITTEL IN JAPAN Bio-Lebensmittel sind in Japan noch nicht so verbreitet wie in anderen Teilen der Welt. Mit neuen Strategien und innovativen Technologien wollen verschiedene Menschen, Organisationen und auch die japanische Regierung solche umweltschonenderen Produkte und deren Herstellung fördern. (Text: Simone Hencke) Mehr auf der Webseite: Alltag > Gesundheit
T
ausende Berge erstrecken sich majestätisch durch ganz Japan, dichte, grüne Wälder bedecken über zwei Drittel des Landes. Doch wenn es um die Landwirtschaft geht, ist die üppige Natur vielleicht eher Fluch als Segen. Denn nur ein kleiner Teil des Landes kann dafür genutzt werden, um etwa Obst, Gemüse oder Getreide anzubauen. Und seit Jahrzehnten schrumpft die landwirtschaftliche Fläche immer weiter, die Farmer:innen werden weniger und älter. Lange Zeit sind deswegen herkömmliche Anbaumethoden vor ökologische gestellt worden, Produktivität vor Nachhaltigkeit.
Viele Hürden für Bio-Farmer:innen Daten des Ministeriums für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei (MAFF) zufolge waren 2018 nur ungefähr 0,5 % der landwirtschaftlichen Fläche in Japan biologisch, also ohne synthetische Pestizide, Düngemittel und Gentechnik, bewirtschaftet. Lediglich die Hälfte davon war tatsächlich nach dem japanischen Bio-Landwirtschaftsstandard zertifiziert. Für Bio-Bauernhöfe ist eine Zertifizierung nämlich oft zu teuer oder nicht notwendig. Viele von ihnen sind kleine Familienbetriebe, produzieren relativ wenig und verkaufen ihre Ernten und Erzeugnisse nur in ihren Gemeinden. Sie können teilweise auch nur dort verkaufen und nicht in überregionalen Supermärkten, weil
16
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
sie etwa nicht mit dem Großhandel zusammenarbeiten. Diejenigen, die an Supermärkte verkaufen dürfen, stoßen vor andere Hindernisse. So gibt es für frisches, biologisch angebautes Obst oder Gemüse in Japan strenge Regeln. Wenn etwa eine Gurke zu stark gebogen ist, dann „gilt sie nicht mehr als Rang A [...] deswegen nehmen sie sie nicht an“, so Nishimura Chie, die mit ihrem Business „Farm Canning“ liegengebliebene BioLebensmittel ankauft und weiterverarbeitet, in einem Interview mit der Japan Times 2019. „[Bio-]Farmer:innen haben viel ungewöhnlich geformtes Gemüse, das sie nicht verkaufen können.“ Nur Lebensmittel, die dieses Siegel tragen, dürfen als „Bio“ vermarktet werden.
Langsam wachsendes Bewusstsein Weil es relativ wenige Bio-Lebensmittel in die Regale bekannter Supermärkte schaffen, wissen viele Verbraucher:innen nicht, wo sie solche Produkte finden können, oder dass es sie überhaupt gibt. Auch deswegen war und ist die japanische Bio-Bewegung noch immer kleiner als in vielen anderen Ländern. Doch in den vergangenen Jahren haben immer mehr Menschen damit angefangen, sich für Bio-Produkte zu interessieren, etwa aus Umwelt- oder Gesundheitsgründen. Das merkte auch Imai Akiteru von Bio c‘ Bon Japon gegenüber Foodex 2018 an. Seine BioSupermarktkette hat vor allem das Ziel, Bio-Produkte zugänglicher zu machen. 2016 eröffnete das erste Geschäft in der
Präfektur Tōkyō, mittlerweile gibt es dort sowie in der Nachbarpräfektur Kanagawa mehr als 25 Filialen. Und auch Restaurants, Cafés und Bars steigen vermehrt auf Bio-Zutaten um, zumindest für einen Teil ihrer Gerichte und Getränke. Die Sicht der Menschen auf die biologische Landwirtschaft scheint sich zu verändern. Immer mehr Verbraucher:innen suchen zum Beispiel Bio-Farmen im ganzen Land auf, um über ökologische Landwirtschaftsmethoden zu lernen, oder arbeiten mit diversen Organisationen daran, stillgelegte Ackerflächen wiederzubeleben. Auch große Konzerne wie Rakuten bieten Programme an, die Menschen über die Vorteile von Bio-Produkten aufklären und Nachwuchs-Farmer:innen anlocken sollen.
und Düngemitteln um 50 bzw. 30 % reduziert werden. Auch sollen in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei keine CO2 -Emissionen durch fossile Brennstoffe mehr entstehen. Der Fokus der neuen Strategie liegt auf Innovation und technologischem Fortschritt. Beispielsweise soll eine App mit Künstlicher Intelligenz entwickelt werden, die Krankheiten oder Schädlinge identifizieren und so ihre Bekämpfung erleichtern könnte. Oder Drohnen, die nur dort Pestizide versprühen würden, wo unbedingt notwendig statt über das ganze Feld. Japan möchte eine Vorreiterposition einnehmen und solche Technologien auch auf andere asiatische Länder übertragen, um dabei zu helfen, nachhaltigere Ernährungssysteme auf der ganzen Welt zu errichten.
Politische Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit In den im April 2020 überarbeiteten Richtlinien zur Förderung der biologischen Landwirtschaft des MAFF wird damit gerechnet, dass die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln in Japan bis 2030 auf 328 Milliarden Yen (circa 2,5 Milliarden Euro) wachsen wird, von 185 Milliarden Yen im Jahr 2017. Um dies möglich zu machen, soll u. a. (ebenfalls bis 2030) die Zahl der Bio-Landwirt:innen mehr als verdreifacht werden, von 11.800 (Stand 2009) auf 36.000 und mehr Bio-Lebensmittel sollen im Inland produziert werden. Im Mai 2021 präsentierte das MAFF seine neue Strategie mit weiteren Zielen für die biologische Landwirtschaft. Etwa soll bis 2050 der Anteil der biologisch bewirtschafteten Fläche von 0,5 auf 25 % wachsen, der Einsatz von chemischen Pestiziden
Original japanische Produkte in Berlin-Friedrichshain Im hanabira verkaufen wir u.a. traditionelle japanische Produkte von kleineren bis mittelgroßen Herstellern. Unser Fokus liegt dabei auf Würzmitteln und Gewürzen. hanabira – Japanische Lebensmittel & Feinkost Colbestr. 5 10247 Berlin 030-57791222 info@hanabira.eu https://hanabira.eu Onlineshop: https://hanabiraberlin.de [Anzeige]
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
17
NATUR
Aufgeweckte Sprösslinge
DAS GEHEIMNIS DER KITAYAMA-ZEDERN Die Kitayama-Region nördlich von Kyōto bietet nicht nur eine wunderschöne, idyllische Berglandschaft, sondern auch üppige Zedernwälder. Hier entstand eine bahnbrechende Methode, um auf kleinem Raum eine große Menge Zedernholz zu gewinnen. Doch kann diese auch zum Wohl unseres Planeten beitragen? (Text: Constanze Thede) Mehr auf der Webseite: Reisen > Natur
18
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
© 京都北山丸太生産協同組合
A
I
n den Bergen Kitayamas nördlich der alten Kaiserstadt Kyōto spielt sich Sonderbares ab. Aus einem knorrigen Zedernbaum ragt etwas heraus, das auf den ersten Blick wie zahlreiche Kerzen wirkt, die sich gen Himmel strecken. Dabei handelt es sich jedoch um Äste, die gerade in die Höhe wachsen. Diese im 15. Jahrhundert entstandene Technik nennt sich Daisugi (台杉). Sugi bezeichnet die Japanische Zeder (im Deutschen auch „Sicheltanne“ genannt) und dai bedeutet soviel wie „Plattform“. Der Name erklärt schon ungefähr, welchem Prinzip diese Methode folgt: Eine Zeder dient als Mutterbaum, der so beschnitten wird, dass er eine Art Plattform bildet, auf der die nachkommenden Äste wie junge Bäume nach oben wachsen. Was erst einmal seltsam klingt, ist eine ausgeklügelte Technik, die man ursprünglich erfand, um der steigenden Nachfrage nach Zedernholz nachzukommen, die während der Muromachi-Zeit (ca. 1336-1573) aufkam. Da zu wenig Forstfläche vorhanden war und zudem Setzlinge knapp waren, musste eine Möglichkeit gefunden werden, aus einem einzigen Baum möglichst viel Zedernholz zu gewinnen. Es heißt, dass der Teemeister Sen no Rikyū, der die Entwicklung
SPITZE
JUNGE ÄSTE
BASIS
STAMM
KITAYAMA-ZEDER
B
C
© 京都北山丸太生産協同組合
© 京都北山丸太生産協同組合
der Teezeremonie in Japan maßgeblich prägte, im 16. Jahrhundert die Perfektionierung des Zedernholzes vorantrieb, um es als Baumaterial für Teehäuser einzusetzen. Die Zedern aus Kitayama sind dafür besonders gut geeignet, da sie einen geraden Wuchs und sehr glattes Holz aufweisen.
der Daisugi-Technik im Kampf gegen die globale Erderwärmung? Weltweit fallen durchschnittlich mindestens 14 Millionen Hektar Wald pro Jahr der Rodung zum Opfer, besonders stark betroffen sind die Tropen und Subtropen (WWF 2021). Dabei werden große Mengen Kohlendioxid freigesetzt, was wiederum die globale Erwärmung vorantreibt. Die Daisugi-Technik ermöglicht es, Holz zu gewinnen, ohne dabei einen ganzen Wald zu opfern. Nachdem der Mutterbaum seine Aufgabe erfüllt hat, lebt er nämlich weiter. Daisugi ist daher nicht nur eine effektive, sondern auch nachhaltige Methode, denn dank ihr kann der Wald als Lebensgrundlage für Mensch und Tier erhalten bleiben. Wälder haben entscheidenden Einfluss auf das weltweite Klima: Sie speichern etwa die Hälfte des auf der Erde vorkommenden Kohlenstoffes und wandeln Sonnenenergie in Wasserdampf um, der wiederum einen kühlenden Effekt auf die Atmosphäre hat. Sowohl im Alten Rom als auch in Großbritannien wandte man früher ähnliche Forstmethoden wie Daisugi an – im Zeichen des Klimaschutzes gewinnen diese alten Techniken immer mehr an Bedeutung und es ist großartig, dass sie in Japan nicht in Vergessenheit geraten sind.
Die Daisugi-Technik Daisugi ist eine aufwendige, doch lohnenswerte Prozedur. Aus den Ästen des Mutterbaumes wachsen junge Sprösslinge in die Höhe, die nach fünf bis sechs Jahren zum ersten Mal beschnitten werden. Dabei werden jeweils die unteren Äste abgeschnitten und nur wenige obere Äste an der Baumspitze belassen. Anschließend müssen alle zwei Jahre nachwachsende Keimlinge vorsichtig entfernt werden, da sonst zu viele Äste hinzukommen, die den Mutterbaum belasten. Sobald die jungen Zedernäste die gewünschte Dicke erreicht haben, werden sie gefällt, während neue nachgezüchtet werden. Dieser Vorgang wird über einen Zeitraum von 100 bis 200 Jahren mehrmals wiederholt. Erst nach 200 bis 300 Jahren beginnt der Stamm des Mutterbaumes an Kraft zu verlieren und hat somit seinen Dienst getan.
Daisugi als nachhaltige Forstmethode Das Holz der Kitayama-Zedern wird in der heutigen Zeit nicht nur für Essstäbchen gebraucht, sondern auch als hochwertiger Baustoff eingesetzt. Weitere Endprodukte sind Möbel, Geländer und Jalousien. Doch gibt es auch einen Nutzen
A Mithilfe der Daisugi-Methode kann aus einer einzigen Zeder sehr viel Holz gewonnen werden. B Mutterbaum einer Kitayama-Zeder im Nakagawa-Hachimangū-Schrein bei Kyōto. C Bis die Kitayama-Zedern zu Holz verarbeitet werden können, müssen sie sorgfältig mit einer Sichel beschnitten werden.
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20 A
19
DESIGN
Pionierstück nachhaltiger Architektur
FUKUOKAS GRÜNE PYRAMIDE Mitten im Herzen der größten Stadt Kyūshūs liegt ein imposanter Gebäudekomplex, dessen innovatives Design urbane Nutzung und offene Grünflächen miteinander verbindet. Das weltweit renommierte ACROS Fukuoka zeigt eindrucksvoll, wie nachhaltig gestaltete Architektur im Einklang mit der Natur aussehen kann. (Text: Diana Casanova)
Mehr auf der Webseite: Moderne Kultur > Design
20
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20 © Emilio Ambasz & Associates Inc.
es Inc.
D
as ACROS Fukuoka, gelegen im Zentrum der japanischen Metropole im Süden des Landes, zeigt sich von zwei beinahe gegensätzlichen Seiten: Auf der einen sieht es aus wie ein gewöhnliches verglastes Bürogebäude – auf der anderen fließen vom obersten Stockwerk 14 Terrassen mit Gärten wie ein Wasserfall die Front hinab, die wiederum mit dem angrenzenden Tenjin Park zu verschmelzen scheinen. Dadurch ähnelt es fast einem natürlichen Berg inmitten der sonst so grauen Großstadt. Insgesamt wachsen fast 50.000 Pflanzen und 120 verschiedene Arten in den „Step Garden“ genannten Gärten. Das als Geschäftsund Kulturzentrum dienende architektonische Kunstwerk beherbergt auf fast 100.000 qm² Regierungs- und Privatbüros, Konferenzräume, zahlreiche Shops und Restaurants, eine Kunstgalerie sowie die Fukuoka Symphony Hall.
Positive Effekte für Mensch und Umwelt A
B © ACROS Fukuoka
Das Grau mit Grün überdecken Anfang der 1990er Jahre benötigte die Stadt dringend ein neues Regierungs- und Bürogebäude, doch die einzig verfügbare Fläche war der zwei Hektar große öffentliche Park im Stadtteil Tenjin. Fürchtend, dass mit dem Bau eine der letzten verbliebenen Grünflächen der Stadt verloren ginge, protestierten die Anwohner von Fukuoka heftig dagegen. Der argentinische Architekt Emilio Ambasz, weltweit bekannt als Vorreiter der „grünen Architektur“, legte daraufhin einen Entwurf vor, der den Wunsch eines modernen Mehrzweckgebäudes und den der Erhaltung des Parks miteinander vereinte. Das knapp 350 Millionen Euro teure Projekt basiert auf dem Konzept, dass „die Natur das Grau überdecken soll“. Ambasz‘ Ziel war es, der Gemeinde die Fläche, auf der das Gebäude errichtet wird, genauso zurückzugeben: „Es ist zu einfach, die Natur in Vororte zu verbannen und das Graue in der Stadt verbleiben zu lassen. Dieser Vorstellung fehlt es völlig an Fantasie“, so der Architekt. Das Ergebnis ist ein Pionierstück, das noch heute als ein führendes Beispiel dafür gilt, was ein nachhaltiges Bauprojekt für die Umwelt und seinen Standort wirklich leisten sollte.
C © ACROS Fukuoka
Die positiven Effekte dieser Symbiose zwischen Natur und Architektur wurden auch im Rahmen einer Studie der Kyūshū-Universität, der Takenaka Corporation und dem Nippon Institute of Technology aus dem Jahre 2000 deutlich. Das ACROS-Zentrum (im Übrigen ein Akronym für „Asian CrossRoad Over the Sea“) soll Messungen zufolge zu einer Reduktion des sogenannten „Wärmeinseleffektes“ führen. Eine Wärmeinsel ist ein typisches Phänomen in urbanen Ballungsräumen, die aufgrund der Vielzahl an versiegelten Flächen eine höhere Lufttemperatur im Vergleich zum umliegenden Land aufweisen. Das wiederum kann eine enorme Belastung für das Ökosystem sowie die menschliche Gesundheit darstellen. Die Ergebnisse der Studie haben gezeigt, dass die Gärten des ACROS zu einer kühleren Umgebungstemperatur, der Reduzierung des Energieverbrauchs sowie der CO2 -Emissionen in der direkten Umgebung maßgeblich beitragen. Auch über 25 Jahre nach ihrer Fertigstellung im Jahre 1995 ist die grüne Pyramide Herzstück und Wahrzeichen Fukuokas und hat viele Architekten sowie ihre Projekte nachhaltiger Baukunst auf der ganzen Welt beeinflusst und inspiriert. Der japanische Star-Architekt Andō Tadao kommentierte einst, dass es wohl kein anderes Bauwerk gäbe, bei dem „die Natur die Architektur mit solch einer Kraft und einem solchen Charme dominiert“. In Zeiten des Klimawandels eine Eigenschaft, die mehr an Bedeutung gewinnt denn je.
D © Emilio Ambasz & Associates Inc.
A Im Tenjin Park: Von vorne präsentiert sich das ACROS Fukuoka in seiner vollen Pracht. B Die Fensterwände bilden einen faszinierenden Kontrast zur mit Pflanzen bedeckten Vorderseite. C Das lichtdurchflutete Atrium des ACROS Fukuoka bildet das Zentrum des Gebäudes. D Die Fukuoka Symphony Hall bietet für fast 2.000 Besucherinnen und Besucher Platz. E Vogelperspektive: In der grauen Stadt ist die Parkanlage ein willkommener Rückzugsort.
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20 E
21
Das Onyado Fukuchiyo bietet max. vier Gästen pro Tag Platz.
Gästezimmer im Erdgeschoss.
Im Sōan Nabeshima werden über 20 Sorten Nabeshima-Sake angeboten.
Restaurant Sōan Nabeshima.
Annehmlichkeiten für Gäste.
In Saga wird traditionelle Kultur gelebt
NABESHIMA AUBERGE Als „Auberge“ wird in Japan eine Herberge bezeichnet, in der man nicht nur übernachten, sondern auch köstliche Speisen und Sake genießen kann. Das Onyado Fukuchiyo in der Präfektur Saga bietet seinen Gästen authentische japanische Küche und den regionalen Nabeshima-Sake in historischer Atmosphäre.
D
ie Präfektur Saga ist voller großartiger Orte, an denen wir die Kultur Japans hautnah miterleben können: Lernen wir die traditionelle Töpferkunst sowie Sake-Brauereien, ShintōSchreine, heiße Thermalquellen, historische Tee-Viertel und Burgen kennen. Beten wir an einem Schrein, entdecken Japans Geschichte in der berühmten Burg Karatsu, legen eine Pause in einem Teehaus ein oder entspannen uns in einer der vielen Onsen-Herbergen. Hizen Hamashuku, heute Teil der Stadt Kashima im Südosten der Präfektur, war während der Edo-Zeit eine florierende Post- und Hafenstadt an der wichtigen Nagasaki Kaidō-Handelsstraße. Entlang der Sakagura-dōri-Straße reihen sich Sake-Brauereien mit weißen Wänden und reetgedeckten Dächern, so historisch wertvoll, dass sie als traditionelle Bauten unter Denkmalschutz stehen.
Dort befinden sich auch die Fukuchiyo Sake-Brauerei und das Onyado Fukuchiyo, Heimat des Nabeshima-Sake.
Onyado Fukuchiyo: Herberge mit historischem Ambiente Das Onyado Fukuchiyo wurde in den 1780er-Jahren zunächst als Produktionsstätte für Sojasauce und Miso erbaut, und war damals eines der größten Gebäude des Bezirks. Doch auch wenn es nun unter Denkmalschutz eine besondere Pflege genoss, war das alte Handelshaus stark in die Jahre gekommen. Daher war eine aufwendige Restauration nötig, um es in ein Restaurant umzuwandeln, das auch als gemütliche Herberge fungiert. Das markante Reetdach im sogenannten Kudo-zukuri-Stil, von dem es heißt, es würde einer antiken Kochstelle (kudo) ähneln, wurde von spezialisierten Handwerkern nachgebaut. Der gemauerte Schornstein,
ein Überbleibsel der Sojasaucen- und Miso-Produktion, blieb original erhalten. Gäste der Herberge bekommen von einem Braumeister einen exklusiven Einblick in die alte Fukuchiyo Sake-Brauerei, welche sonst für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Im Restaurant Sōan Nabeshima wird mit allen fünf Sinnen das köstliche Zusammenspiel aus Sake und authentischer japanischer Küche genossen. Eine Übernachtung im Onyado Fukuchiyo ist das Ziel der Reise selbst – doch alle Gäste sind dazu eingeladen, die einzigartige, historische Atmosphäre von Hizen Hamashuku und der Sakagura-dōri hautnah zu spüren. Onyado Fukuchiyo 2420-1, Hamamachi, Kashima City, Saga Prefecture 849-1322 https://fukuchiyo.com/en onyadofukuchiyo
[Anzeige]
22
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
GESCHICHTE
Die Perle der Hōjō
BURG ODAWARA Festungen sind zuverlässige Zeugen historischer Ereignisse und dienen als Bindeglied zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Sie lassen längst vergessene Epochen wieder aufleben und gewähren uns einen Einblick in vergangene Tage. Mit einem Besuch der Burg Odawara reisen Sie zurück in die Sengoku-Zeit, eine Ära mächtiger Feldherren, die um die Vorherrschaft in Japan kämpften. (Text: Maria-Laura Mitsuoka) Mehr auf der Webseite: Kultur-Erbe > Geschichte
A
© 小田原市観光協会
T 24
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
Ein Blick in die Vergangenheit Der Vorgänger der Burg Odawara war eine kleine Hügelburg, die vom damals mächtigen Ōmori-Clan 1417 auf dem Hachiman-Berg errichtet wurde. Wann die Ersetzung durch den größeren Burgkomplex erfolgte und welche Ausmaße die Erneuerung der Anlage annahm, ist bis heute unbekannt, Historiker schätzen den Ausbau auf Mitte des 15. Jahrhunderts. Als der Feldherr Ise Moritoki (der sich später in Hōjō Sōun umbenannte) Ende des 15. Jahrhunderts den Ōmori-Clan verdrängte und die Burg Odawara bezog, versuchte er von dort aus, seine Macht auszuweiten und Gebiete in der Kantō-Region zu annektieren. Die Burganlage entwickelte sich über fünf Herrschergenerationen hinweg zum zentralen Stützpunkt der Hōjō-Domäne und widerstand zahlreichen Angriffen, bis sie 1590 durch den zweiten Reichseiniger Toyotomi Hideyoshi erobert und als Zeichen der Anerkennung an den Ōkubo-Clan
verschenkt wurde. Dieser hatte Toyotomi bei dessen Feldzug tatkräftig unterstützt. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurde die Burg je nach Besitzer immer wieder umgestaltet. Ab 1632 konnte der InabaClan, ein erblicher Vasallenclan der Tokugawa, die Kontrolle über die Anlage erlangen, bis der Ōkubo-Clan 1686 durch den Shōgun erneut nach Odawara versetzt wurde. 1870 wurde die Burg im Zuge der Meiji-Restauration aufgegeben und teilweise abgerissen, um Platz für Präfekturämter zu schaffen. Die Edo-zeitliche Struktur des Komplexes wurde 光 schließlich durch das große 協 会 Kantō-Erdbeben 1923 vollständig zerstört. Erst 14 Jahre später erfolgte der Wiederaufbau der Ecktürme, und 1960, fast ein Jahrhundert nach der Aufgabe der Festung, wurde der Burgturm restauriert. 観 市 原 田 ©小
ief im Herzen der Präfektur Kanagawa, eingebettet zwischen Bergketten und der Sagami-Bucht, steht die Burg Odawara, die Perle des Hōjō-Clans. Bis kurz vor Beginn des 16. Jahrhunderts genoss sie dank ihrer zahlreichen Wassergräben, hohen Steinmauern und einer fast neun Kilometer langen Umfriedung den Ruf, uneinnehmbar zu sein. In der Sengoku-Zeit (1467-1603) diente sie als Hauptquartier, in der Edo-Zeit (1603-1868) vor allem als Lager. Heute fungiert sie als Museum und ist eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Kantō-Region. Während im Burginneren historische Exponate besichtigt werden können, bietet die Aussichtsplattform des fünfstöckigen Burgturms ein herrliches Panorama auf die Stadt Odawara und die Izu-Halbinsel. Durch interaktive Angebote und Festivals kann man außerdem in das turbulente Zeitalter der Sengoku-Krieger eintauchen.
E
© 小田原市観光協会
A
B B
C
D
E
A
C
© 小田原市観光協会
Von Samurai und Ninja Die Burg Odawara ist zudem eng mit der faszinierenden Geschichte des Ninjas Fūma Kotarō verwoben und ermöglicht Besuchern einen Einblick in die historische Rolle eines solchen Schattenkriegers. Fūma Kotarō war der Anführer des Fūma-Clans und diente den Hōjō bis zu deren Untergang im Jahr 1590. Sein Clan war in der heutigen Präfektur Kanagawa ansässig und spezialisierte sich auf Guerillakriege und Spionage. Zu seinem Gedenken wurde 2019 das Ninja-Museum eröffnet, in dem das Leben eines Ninjas durch eine Reihe von interaktiven Herausforderungen, wie beispielsweise die Infiltration einer Burganlage oder das Werfen von Shuriken-Wurfsternen, näher erläutert wird.
Die Burg Odawara ist das historische Wahrzeichen des Hōjō-Clans: Von der Turmspitze aus erhält man einen großartigen Blick auf die Region. Anfang Mai findet das Hōjō Godai Matsuri statt, bei dem Darsteller mit Gewehren und Bannern die Schlacht von Odawara wieder aufleben lassen. Feiernde tragen den Schrein des Hōjō-Clans durch die Straßen der Stadt Odawara und präsentieren den Zuschauern ein aufregendes Spektakel. Im Ninja-Museum testen Sie, ob Sie das Zeug zu einem wahren Ninja haben. Hier werden Shuriken-Wurf- und Anschleichkünste auf die Probe gestellt. Im Burgturm werden zahlreiche historische Exponate wie Rüstungen, Schwerter und Porzellan ausgestellt, die bei Ausgrabungen auf dem Gelände zutage kamen.
D
Wer die Schlacht von Odawara hautnah miterleben möchte, sollte die Burganlage Anfang Mai besuchen, wenn das jährliche Hōjō Godai Matsuri stattfindet. Dieses Fest wird zu Ehren des Hōjō-Clans abgehalten und beginnt mit einer Prozession auf dem Festungsgelände, von wo aus sie sich ihren Weg durch die Stadt bahnt. Zahlreiche Statisten sind in Rüstungen und historischen Kostümen gekleidet, einige von ihnen stellen mit Musketen bewaffnete Soldaten und Kavalleristen dar, die sich in atemberaubenden Vorführungen hitzige Gefechte liefern. Die gesamte Prozession wird von Tänzen, Musik und Feiernden begleitet, die einen mikoshi (tragbarer Schrein) durch die Straßen tragen. Für naturverbundene Besucher, die sich gerne im Freien aufhalten, bietet die Burg Odawara zu allen Tages- und Jahreszeiten reizvolle Landschaften. Im Frühling färbt die Kirschblüte das gesamte Gelände in zarte Rosatöne, während im Sommer Hortensien dem Burgpark eine
zauberhafte Kulisse verleihen. Nach Sonnenuntergang wird der elegante Schlossturm von Scheinwerfern und Lichtern in eine malerische Atmosphäre getaucht. Ein Ausflug nach Odawara ist ein würdiger Abschluss für jede Tōkyō-Reise, die Besucher über die moderne Metropole hinaus tiefer in die Geschichte Japans versetzen wird. ÖFFNUNGSZEITEN
Täglich 9-17 Uhr * Sa, So u. feiertags bis 19 Uhr (Jul-Aug) ANREISE
Tōkyō - Odawara: JR Tōkaidō-Shinkansen (45 Min.) Ueno-Tōkyō-Linie/ JR Tōkaidō-Linie (90 Min.) Shinjuku - Odawara: Odakyu-Odawara-Linie/ Shōnan-Shinjuku-Linie (90 Min.) WEB
www.city.odawara.kanagawa.jp/kanko/ odawaracastle/
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
25
MUSIK
Die schillernde Sängerin Kobayashi Sachiko gehört zu den berühmtesten Vertreterinnen des japanischen Enka.
Von Protestreden zu Popmusik
ENKA 演歌
Ob J-Pop, Anime-Musik oder die Volkslieder min’yō: Auf musikalischer Ebene hat Japan viele Genres hervorgebracht oder sich zu eigen gemacht, deren Popularität längst über Landesgrenzen hinausgewachsen ist. Einer dieser einzigartigen japanischen Musikstile ist Enka, das eine beeindruckende Entwicklung von Protestreden zu Mainstream-Popmusik durchlaufen hat. (Text: Diana Casanova) Mehr auf der Webseite: Moderne Kultur > Musik
26
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
© 幸子プロモーション
W
er an „traditionelle“ japanische Musik denkt, dem kommt vielleicht Enka in den Sinn – kraftvolle Balladen, die mit bewusst zittriger Stimme gesungen von Liebe und Heimat handeln. Tatsächlich entstand dieses für Japan einzigartige Genre erst in den 1950ern, dessen Wurzeln jedoch in der Meiji-Zeit liegen. Ursprünglich waren Enka („rednerisches Lied“) Protestreden satirischer bzw. kritischer Natur. Sie entstanden gegen Ende des 19. Jh., als strenge Gesetze zu öffentlichen Ansprachen galten. Um diese zu umgehen, wurde die Regierungskritik einfach gesungen statt gesprochen. Mit der Zeit verlor sich die politische Natur des Enka und bewegte sich hin zu persönlichen Themen, die die Menschen bewegten. Die Rolle der Sänger verlagerte sich vom politischen Kämpfer zum Entertainer. Westliche Einflüsse und die Verwendung von Instrumenten zur musikalischen Untermalung verwandelten Enka langsam in ein Mainstream-Genre.
ション
© sweetroom
© Newscom / Alamy Stock Photo
© World Discovery / Alamy Stock Photo
Ein Musikgeschäft in Tōkyō präsentiert die neuesten Erscheinungen japanischer EnkaKünstler:innen.
Ab Beginn der Shōwa-Zeit wurde ryūkōka (Popmusik der späten 20er bis frühen 60er) die neue Musik der Generation. Diese teilte sich schließlich in zwei Genres auf: Pop und das moderne Enka.
Charakteristika des modernen Enka Das moderne Enka etablierte sich erst in der Nachkriegszeit: 1955 erschien Kasuga Hachirōs Wakare no ipponsugi – das erste „echte“ Enka-Lied – und markierte die Geburt des neuen Genres. Die Lieder basieren auf der pentatonischen Tonleiter, ähnlich dem Blues, und handeln meist von Sehnsucht, Verlust, Alkohol oder auch Tod. „Herz“ (kokoro), „Traum“ (yume), „Tränen“ (namida) oder „Du“ (anata) gehören zu den am häufigsten auftauchenden Wörtern, eine idealisierte Liebe zu einer Person oder der Heimat steht dabei oft im Mittelpunkt. Das macht es zu einem sehr sentimentalen und melancholischen Musikstil. Weiterhin kann man Enka-Lieder am kobushi erkennen, eine Gesangstechnik, bei der mehrere Töne auf einer einzigen Silbe unregelmäßig gesungen werden. Enka, wenngleich man aufgrund seiner relativ jungen Geschichte nicht wirklich von traditioneller Musik sprechen kann, bedient sich stilistischer Elemente eines „traditionellen Japans“: Die Künstler:innen, mehrheitlich Frauen, treten meist im Kimono auf und japanische Instrumente (z.B. die Shamisen-Laute) sind oft Teil der Melodien, neben Synthesizern und Streichinstrumenten.
Blütezeit und berühmte Namen Die Blütezeit der japanischen Balladen während der 60er und 70er brachte zahlreiche prominente Namen hervor, darunter
Enka-Sängerin Fuji Ayako 2020 während eines Live-Auftrittes in Ōsaka: Sie feierte ihr Debüt 1989 und ist bis heute aktiv. Die unangefochtene Nummer Eins: Enka-Ikone Misora Hibari (hier 1988) nahm zu Lebzeiten fast 1.500 Songs auf.
Kitajima Saburō, Kobayashi Sachiko, Mori Shin‘ichi und Ishikawa Sayuri, um nur einige zu nennen. Ishikawas Tsugaru kaikyō fuyugeshiki und Amagigoe gehören zu den einflussreichsten Enka-Liedern aller Zeiten. Die unangefochtene „Königin des Enka“ ist jedoch die kulturelle Ikone Misora Hibari, die ihre Karriere als Sängerin und Schauspielerin bereits 1949 begann. Ihre letzte Single Kawa no nagare no yō ni gilt auch heute noch als Genre-bezeichnend. In den 60ern etablierte sich im Übrigen auch der Begriff „Enka“ – den man bis dahin kaum mehr verwendet hatte – wieder zur Beschreibung des musikalischen Erbes der einstigen Protestlieder.
Enka heute Enka gilt in der japanischen Jugend als die eher altmodische „Musik der Älteren“, was aber nicht bedeutet, dass sie bei ihr keinen Anklang findet. Anfang des 21. Jh. erlebte es ein kleines Revival, das durch frische Gesichter und die Verschmelzung klassischer Elemente mit zeitgenössischer Musik einen moderneren Anstrich bekam. Nennenswerte Beispiele sind Fuji Ayako, Hikawa Kiyoshi und Oka Midori, aber auch die Urgesteine Ishikawa Sayuri und Kobayashi Sachiko, die mit über 60 noch immer auf der Bühne stehen. Letztere ist berühmt für ihre pompösen Bühnenshows und lässt seit einiger Zeit zudem japanische Pop- und Otaku-Kultur in ihre Arbeit einfließen. Auch das jährliche
Silvester-Musikprogramm Kōhaku Uta Gassen des TV-Senders NHK präsentiert erfolgreiche Künstler:innen der Pop- und Enka-Welt und sorgt so dafür, dass das Genre dem Publikum präsent bleibt. Obwohl Enka in erster Linie ein japanischer Musikstil ist, haben ihn auch Ausländer für sich entdeckt: Der Inder Sarbjit Singh Chadha oder der US-Amerikaner Jerome „Jero“ White sind zwei nicht-japanische Künstler, die sich einen Namen gemacht haben. Hören Sie also ruhig einmal in diese vielfältigen Lieder hinein!
UNSERE ENKA-LIEDTIPPS FUJI KEIKO Keiko no yume wa yoru hiraku (1970) 圭子の夢は夜開く
KITAJIMA SABURŌ Yosaku (1978) 与作
KOBAYASHI SACHIKO Omoide zake (1979) おもいで酒
ISHIKAWA SAYURI Amagigoe (1986) 天城越え
MISORA HIBARI Kawa no nagare no yō ni (1989) 川の流れのように
HIKAWA KIYOSHI Hatsukoi ressha (2005) 初恋列車
JERO Umiyuki (2008) 海雪
FUJI AYAKO Yume no manimani (2021) 夢のまにまに
ANLEITUNG
RICHTIG MIT MÜLL UMGEHEN Japans Straßen und Gehwege sind oft makellos, selbst im geschäftigen Tōkyō: kein Abfall, keine Zigarettenstummel, doch auch keine Mülleimer weit und breit. Was gibt es zu beachten, wenn Sie während der Japanreise etwas entsorgen möchten? (Text: Diana Casanova) Mehr auf der Webseite: Alltag > Verhalten
Warum findet man in Japan so wenige öffentliche Mülleimer? Die meisten wurden als Reaktion auf die Giftgas-Anschläge 1995 in Tōkyō entfernt, daher sind sie heute ein seltener Anblick. Die Einwohner haben es sich seitdem angewöhnt, ihren Müll von unterwegs mit nach Hause zu nehmen und dort wegzuwerfen. Haben Sie während Ihrer Japanreise am besten stets eine Plastiktüte dabei, in der Sie den Müll aufbewahren können, um ihn bei nächster Gelegenheit zu entsorgen. Werfen Sie niemals Müll auf
die Straße, nicht nur der Umwelt zuliebe: Wer dabei erwischt wird, kann hohe Geldstrafen kassieren. Darüber hinaus wird in Japan sehr viel Wert auf Mülltrennung gelegt. Meistens trennt man zwischen Plastik, Papier, Restmüll sowie (Glas-/PET-)Flaschen und Dosen. Achten Sie auf die Beschriftung der Mülleimer und entsorgen Sie entsprechend. Je nach den Vorschriften der jeweiligen Kommune kann zusätzlich (oder stattdessen) zwischen brennbarem und nicht-brennbarem Abfall unterschieden werden.
WO FINDE ICH MÜLLEIMER? CONVENIENCE STORE
Mülleimer: ゴミ箱 (gomibako) Plastik: プラスチック (purasuchikku) Dose: 缶・かん・カン (kan) (Glas-)Flasche: 瓶・びん・ビン (bin) PET-Flasche: ペットボトル (pettobotoru) Papier: 紙 (kami) Restmüll: その他 (のゴミ) (sono ta [no gomi]) Brennbarer Müll: 燃えるゴミ (moeru gomi)
GETRÄNKEAUTOMATEN
Nicht-brennbarer Müll: 燃えないゴミ (moenai gomi)
ÖFFENTLICHE ORTE An Bahnstationen, Parks, öffentlichen Toiletten sowie touristisch stark besuchten Orten finden Sie in der Regel ebenfalls Mülleimer.
28
Müll: ゴミ (gomi)
Die beste Anlaufstelle, um Mülleimer zu finden. Jeweils einer für Papier, Plastik sowie Flaschen und Dosen steht entweder im Inneren oder direkt am Eingang.
Für leere PET-Flaschen und Dosen suchen Sie nach einem Getränkeautomaten, meistens befindet sich daneben ein spezieller Mülleimer mit rundem Einwurfloch. Werfen Sie keine Flüssigkeiten oder anderen Müll hinein.
RAUCHEN IN JAPAN
NÜTZLICHE VOKABELN
Zigarette: たばこ (tabako) Rauchen: 喫煙 (kitsuen) Raucherbereich: 喫煙所 (kitsuenjo), 喫煙エリア (kitsuen eria) Rauchverbot: 喫煙禁止 (kitsuen kinshi), 禁煙 (kin’en)
Das Rauchen in der Öffentlichkeit ist i. d. R. nur in ausgewiesenen Raucherbereichen gestattet, Verstöße werden schlimmstenfalls mit Geldstrafen geahndet. Auch in Innenräumen (außer Privat- und ggf. Hotelräume) ist das Rauchen untersagt. Entsorgen Sie Zigarettenasche und -stummel entweder in tragbaren, verschließbaren Aschenbechern oder in die dafür vorgesehenen Abfallbehälter.
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
MAI BIS SEPTEMBER
Düsseldorf / 21. Mai
Japan-Tag Düsseldorf/NRW www.japantag-duesseldorf-nrw.de
Das einzigartige Kultur- und Begegnungsfest präsentiert das besondere japanische Flair Düsseldorfs. Zum Abschluss begeistert ein spektakuläres Feuerwerk direkt über dem Rhein.
© Düsseldorf Tourismus GmbH
EVENTS 2022
Mehr auf der Webseite: Aktuelles > Events
Köln / bis 06. Juni
Shin Hanga: Der moderne Farbholzschnitt Japans www.museum-fuer-ostasiatische-kunst.de
Die Ausstellung präsentiert Entstehung und Entwicklung des sog. neuen Farbholzschnitts. Hamburg / 22. bis 26. Juni
Japan-Filmfest Hamburg www.jffh.de
Das Filmfest zeigt zahlreiche japanische Kurz-, Lang- und Animefilme in ausgewählten Kinos.
Düsseldorf / 04. und 05. Juni
DoKomi – Anime- & Japan-Expo
Frankfurt a. M. / 12. bis 14. August
www.dokomi.de Deutschlands größte Anime- und Manga-Convention geht wieder in der Messe Düsseldorf an den Start und bietet ein spannendes Rahmenprogramm mit zahlreichen Ständen.
Main Matsuri www.main-matsuri.de
Das Festival im Herzen Frankfurts feiert die japanische Kultur mit vielseitigem Live-Programm. Berlin / 28. August
München / 24. Juli
Japandult
www.japandult.de Der bayerisch-japanische Markt für handgemachtes Design, Kunst und Kultur feiert sein 15-jähriges Bestehen. Besucher können stöbern, es warten kreative Workshops sowie kulinarische Angebote.
© Robert Litzinger/Lukas Zcech
Japanmarkt Berlin www.moijmomente.de
Der Designmarkt zum Thema Japan feiert sein 5-jähriges Bestehen mit Workshops und mehr. Schweinfurt / 17. und 18. September
Chisana www.chisana.de
Kleine Anime-/Manga-Convention in Bayern mit Programm in gemütlicher Atmosphäre.
© A BALANCE FILM PARTNERS
22. Nippon Connection Filmfestival 24. - 29. Mai
NIPPON CONNECTION FILMFESTIVAL WIEDER IN PRÄSENZ Das Nippon Connection Filmfestival in Frankfurt am Main kann nach zwei Jahren Online-Format endlich wieder vor Ort stattfinden! Vom 24. bis zum 29. Mai 2022 sind rund 100 japanische Kurz- und Langfilme zu sehen.
D
ie Rückkehr in die Kinos feiern wir mit einer Liebeserklärung an das Kinoerlebnis: Talking the Pictures von Masayuki Suo ist eine rasante Komödie über Benshi, die japanischen Stummfilmerzähler des 20. Jh. Der diesjährige Themenschwerpunkt „Stories of Youth“ widmet sich in zahlreichen Filmen dem Erwachsenwerden in Japan. Zu den Highlights gehört What She Likes, in dem ein Jugendlicher sich mit seinem Coming-out auseinandersetzen muss. Auf der Berlinale gefeiert wurde A Balance von Yujiro Harumoto: Eine junge Journalistin
ringt um die Wahrheit über eine Schüler-Lehrer-Liebesbeziehung. Japanische Filmschaffende, die nicht nach Frankfurt kommen können, werden für das Publikumsgespräch live zugeschaltet. Einige Veranstaltungen werden zudem per Livestream übertragen. Vom 30. Mai bis 6. Juni sind einige Filme unter dem Titel Nippon Connection On Demand auf der Streaming-Plattform des Festivals verfügbar. Außerdem laden Konzerte, Kochkurse und Workshops (u. a. zu Mangazeichnen, Kintsugi und Haiku) sowie Verkostungen ein, die japanische Kultur zu erleben.
© 2019 TALKING THE PICTURES Production Committee
Künstlerin Karin Nakagawa © Mori Hirotoshi
Veranstaltungsorte: Künstlerhaus Mousonturm, Theater Willy Praml in der Naxoshalle, Eldorado Arthouse Kino, Kino des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Mal Seh’n Kino, Internationales Theater, Bürgerhaus Bornheim
Weitere Infos und Tickets unter www.NipponConnection.com www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
29
SPRACHE
H I R AG A N A
K ATA K A N A
Ausflug in die japanische Sprachgeschichte
DIE ENTSTEHUNG VON HIRAGANA & KATAKANA Japanisch-Lernende wissen nur zu gut: Die Sprache verfügt über drei Alphabete, die zwei Silbenschriften Hiragana und Katakana sowie die chinesischen Schriftzeichen Kanji. Jedes Hiragana- und Katakana-Zeichen steht für einen Vokal oder für einen Konsonanten + Vokal. Doch warum gibt es dafür ausgerechnet zwei verschiedene Systeme, obwohl sie dieselben Silben beschreiben? (Text: Aya Puster) Mehr auf der Webseite: Alltag > Sprache
30
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
M
eistens werden in der ersten Japanisch-Stunde zwei Tabellen des japanischen Schriftsystems ausgehändigt. Auf den Tabellen stehen jeweils in der ersten Reihe die fünf Vokale (a, i, u, e, o) und in den folgenden neun Zeilen je ein Konsonant (k, s, t, n, h, m, y, r, w). Zur jeweiligen Kombination der beiden gehört ein entsprechendes Zeichen. Die Lehrkraft wird daraufhin sagen: „Diese Schriftzeichen nennen sich Kana. Die rundliche Schrift heißt Hiragana, die eckige Katakana. Die lernt ihr schnell, es sind ja nur jeweils 46 Zeichen“. Fortgeschrittene wissen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist, bedenkt man die über 2.000 chinesischen Schriftzeichen (Kanji), die man für den Alltag in Japan braucht. Doch bleiben wir bei den Basics: Wie sind Hiragana und Katakana überhaupt entstanden? Die Schrift der Hofdamen: Hiragana Die Silbenschrift Hiragana entwickelte sich nicht aus dem europäischen Alphabet oder dem koreanischen Hangul, sondern aus der Kursivschrift der chinesischen Kanji. Vor über 1.000 Jahren, als Japan noch kein eigenes Schriftsystem besaß, war es schwer zu sagen, wie ein bestimmtes Kanji ausgesprochen werden sollte, da sie oft über mehrere Lesarten verfügten. So wurde jeder japanischen Silbe ein vereinfachtes Kanji mit der entsprechenden Aussprache zugeordnet. Mit dieser Kursivschrift konnte man das gesprochene Japanisch schnell und einfach niederschreiben. Sie galt daher als eine „provisorische bzw. unechte“ Schrift (kana), die Kanji dagegen als die „echte
Schrift“ (mana). Während die (männliche) Elite Texte weiterhin mit Kanji verfasste, waren Hiragana besonders bei kaiserlichen Hofdamen der Heian-Zeit beliebt. Selbst heutzutage wird den geschwungenen Zeichen ein feminines Aussehen zugesprochen. KURSIVSCHRIFT
SILBE
KANJI
a
安
あ
u
宇
う
na
奈
な
japanische Kultusministerium, dass die rundlichen Hiragana-Zeichen für kleine Kinder zu schwer zu schreiben seien und sie daher das Lesen mit Katakana erlernen sollten. Bis 1945 lernten Schulkinder als erstes diese Silbenschrift. Katakana wurde im 9. Jahrhundert von buddhistischen Mönchen als eine Art Lesehilfe erfunden, um chinesische Texte besser zu entziffern. Durch ihre simple Schreibweise ließen sie sich gut zwischen den Zeilen einfügen. Sie wurden zwar ebenso wie Hiragana aus Kanji abgeleitet, jedoch handelt es sich nicht um eine vereinfachte Schreibweise, sondern man hat einfach Bestandteile der Kanji mit passender Lesung zu individuellen Zeichen auserkoren.
HIRAGANA
Beispiel: Vom Kanji zum Hiragana-Zeichen.
Im späten 10. Jahrhundert entstand ein Gedicht, in welchem jede Hiragana-Silbe nur ein einziges Mal vorkommt. Es beginnt mit „i-ro-ha“, weshalb bis heute das I-RO-HA im Japanischen das ist, was im Deutschen als ABC bekannt ist. Bis ins 17. Jahrhundert wurden Begriffe in Wörterbüchern nach dieser Reihenfolge angeordnet, bis führende Gelehrte der klassischen japanischen Literatur eine neue Kana-Tabelle anfertigten. Diese bekam ihre uns heute bekannte Reihenfolge, als Ende des 19. Jahrhunderts das erste große einsprachige Japanisch-Wörterbuch erschien. Heute werden vor allem Partikel und grammatikalische Endungen in Hiragana geschrieben, aber auch japanische Namen oder einfache Kinderbücher.
SILBE
KANJI
KATAKANA
i
伊
イ
u
宇
宀→ウ
ro
呂
ロ
Beispiel: Ein Bestandteil eines Kanji wird zum Katakana-Zeichen.
Heutzutage wird Katakana vor allem für die Transkription von Fremdwörtern und ausländischen Namen, aber auch für Lautmalereien (etwa in Mangas oder Comics) verwendet. Man benutzt die Zeichen auch gerne anstelle der üblichen Schreibweise mit Hiragana oder Kanji, um bestimmte Begriffe zu betonen, z.B. auf Hinweisschildern. Lesehilfen für unbekannte oder komplizierte Kanji (etwa in Japanisch-Lehrbüchern) gibt es noch immer. Diese nennen sich Furigana – doch heutzutage wird dafür in der Regel Hiragana verwendet.
Buddhistische Lesehilfe: Katakana Die zweite Silbenschrift Katakana ist wegen ihrer kantigen Schreibweise bei Japanisch-Lernenden eher wenig beliebt. Dabei gilt sie in Japan als besonders einfache Schrift: Im 19. Jahrhundert befand das
Kursivschrift: © IPA/NINJAL, licensed under the Apache License, Version 2.0
Wer mehr über japanische Sprachgeschichte lernen möchte, dem empfiehlt sich ein Besuch des kleinen Ortes Yamashiro Onsen (Präfektur Ishikawa). Dort lebte einst der buddhistische Mönch Myōgaku. 1093 ordnete er in einer 5 x 10-Tabelle (die gojūon-Tabelle) 50 Kana anhand ihrer Phoneme an, um die japanische Aussprache des Sanskrit zu erleichtern. Sie bildete die Grundlage für die Kana-Tabellen, wie sie heute weltweit gelehrt werden. Yamashiro Onsen ist stolz auf die
Meisterleistung „ihres“ Priesters und veranstaltet jährlich den Kotoshi no Nihongo-Wettbewerb. Dafür wird eine Reihe der Kana-Tabelle ausgewählt und die Teilnehmenden müssen eine kleine Geschichte über ein Wort einsenden, das mit einer Silbe aus jener Reihe beginnt. Die Gewinner erwartet u.a. ein erholsamer Aufenthalt in dem bekannten Thermalbadeort. 2022 ist die e-Reihe dran: Verfassen Sie doch selbst eine persönliche Anekdote, die von einem solchen Wort handelt!
© 石川県観光連盟
(Sprach-)Reisetipp: Yamashiro Onsen
Der Yakuōin Onsenji-Tempel in Yamashiro Onsen, wo Myōgaku die gojūon-Tabelle entwickelte.
www.japandigest.de April 2022 Nr. 20
31