MAG 98: Roberto Devereux

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MAG

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Enrique Mazzola dirigiert «Roberto Devereux»

Power nap is over.

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Future is an attitude

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Was die Royals fühlen

Verehrtes Publikum,

manchmal erlangen Opernproduktionen Aktualität, ohne dass sie selbst etwas dazu beitragen müssen. Was ist im vergangenen Jahr nicht alles am britischen Königshaus passiert: Den Tod einer hochbetagten Monarchin haben wir erlebt und ihr royal pompöses Begräbnis als weltumspannendes Medienereignis. Wir durften beobachten, wie ein überreifer Prinz sich die Amtswürde des zukünftigen Regenten anverwandelt und diese sichtlich geniesst. Wir waren Zaungast, als der nicht an erster Stelle der Thronfolge stehende Prinz der nächsten Generation gemeinsam mit seiner nichtadeligen Prinzessin dem Königshaus den Rücken kehrte und jetzt in einer spektakulären Buchveröffentlichung offengelegt hat, was man zu allen Zeiten über ein Königshaus vermutete – dass es eine Schlangengrube aus Familienfehden, Missgunst und Gehässigkeiten ist. Während der Medien­Boulevard nicht genug kriegen kann von den Neuigkeiten der Familie Windsor, hüllt sich der Hof selbst natürlich in Schweigen. Dessen innerste Geheimnisse werden allerdings gelüftet, wenn sich am Opernhaus Zürich am 5. Februar der Vorhang zur Premiere von Gaetano Donizettis Oper Roberto Devereux hebt. Dann wird all das vorgeführt, was über den englischen Königshof nicht in den Zeitungen steht, uns aber brennend interessiert – nämlich wie die einsam Herrschenden und Verstossenen, die zwischen Machtausübung und Sehnsüchten Zerrissenen und in ihrer Liebe Gekränkten sich fühlen! Im Zentrum von Roberto Devereux steht zwar nicht Königin Elisabeth II., sondern die legendäre Königin Elisabeth I., die vor vierhundert Jahren lebte und nach der eine ganze Epoche der englischen Geschichte benannt ist, aber die Emotionen unterscheiden sich wahrscheinlich nur graduell.

Gefühlszustände wie Liebe, Hass, Eifersucht und Verzweiflung in die Extreme zu vergrössern, ist von jeher die Stärke der Oper. Donizetti hat sie in ein wahrlich leidenschaftsloderndes Belcanto­Opus gekleidet. Es lohnt sich also – nicht nur für Royalisten –, eine Vorstellung von Roberto Devereux zu besuchen. Der Amerikaner David Alden hat sie inszeniert, Enrique Mazzola, der italienische Spezialist für Belcanto, wird sie musikalisch leiten. Die Oper bildet den Abschluss unserer Trilogie der drei Königinnen­Dramen von Donizetti, die Alden und Mazzola über mehrere Spielzeiten hinweg am Opernhaus Zürich realisiert haben.

Hinweisen möchte ich Sie an dieser Stelle ausserdem auf unsere Debatte unter dem Titel «Wie toxisch ist das Opernrepertoire?», die wir in der vergangenen Ausgabe unseres Opernhaus­Magazins begonnen haben und nun fortsetzen. Wir hinterfragen, wie sich die Werke, die den Kanon unseres Repertoires bilden, zu aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen verhalten. Im letzten Heft haben wir das Frauenbild thematisiert, das manche Opern vermitteln, jetzt geht es um versteckten Rassismus, Diversität und Diskriminierung. Zu Wort kommen die junge aktivistische Sängerin Katia Ledoux, die Diversitätsbeauftrage der Pariser Oper Myriam Mazouzi und der Intendant des Opernhauses Zürich Andreas Homoki.

MAG 98 / Jan 2023

Unser Titelbild zeigt Enrique Mazzola, der «Roberto Devereux» dirigiert und in unserem aktuellen Podcast zu hören ist (Foto Florian Kalotay)

1 Editorial

Enrique Mazzola

Zwischenspiel

Der Podcast des Opernhauses

Der Dirigent Enrique Mazzola ist ein Kenner des italienischen Belcanto und seit vielen Jahren regelmässiger Gast am Opernhaus Zürich.

Anfang Februar bringt er gemeinsam mit dem Regisseur

David Alden «Roberto Devereux» heraus; Gaetano Donizettis Tudor-Trilogie findet damit ihren Abschluss.

Im Podcast spricht er mit Kathrin Brunner unter anderem über erstarrte musikalische Traditionen und seine Auffassung eines authentischen Belcanto.

Podcast
Unterstützt von
2

12 Königin Elizabeth I. steht im Zentrum von Donizettis Oper «Roberto Devereux» – zur

Historie einer gloriosen Regentin 20 Regisseur David Alden spricht über seine Lesart von «Roberto Devereux» und den Abschluss der KöniginnenTrilogie 25 Die Sopranistin Inga Kalna und die Monster-Partie der Elisabetta 42 Wie toxisch ist das Opernrepertoire? In Folge 2 unserer Debatte geht es um Diskriminierung und versteckten

Rassismus

Ich sage es mal so – 4, Oper nhaus aktuell – 7, Drei Fragen an Andreas Homoki – 9, W ie machen Sie das, Herr Bogatu? – 11, Der Fragebogen – 28, Auf dem Pult – 29, W ir haben einen Plan – 32, Volker Hagedorn trifft … – 36

3 Inhalt

Ich sage es mal so

Stumme Antworten auf grundsätzliche Fragen – mit Anna Goryachova, die die Sara in Donizettis «Roberto Devereux» singt

Anna Goryachova

ist als Donizettis Sara kurzfristig in unserer Produktion eingesprungen. Die Mezzosopranistin lernte die Partie innerhalb von nur vier Tagen. Am Opernhaus Zürich ist sie ein gern gesehener Gast: Zuletzt sang sie hier Dorabella in Mozarts «Così fan tutte», aber auch Rossinis Rosina und Melibea («Il viaggio a Reims») sowie Vivaldis Zelim («La verità in cimento») gehören zu ihren Zürcher Partien.

Wie sehr haben Sie sich gefreut, wieder nach Zürich zu kommen?

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Was bedeutet Ihnen Gaetano Donizetti?

Was wünscht sich Sara in «Roberto Devereux»?

Wie schlimm ist es für Sie, morgens zu proben?

Wie sieht Ihre Lieblingsszene in dieser Inszenierung aus?

Tanz über die Wellen des Atlantiks

Mit der Queen Mary 2 und dem English National Ballet

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Tänzer des English National Ballet
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Händels «Wassermusik» mit dem Orchestra La Scintilla

Der englische Dirigent Jonathan Cohen hat 2010 das Ensemble Arcangelo gegründet, mit dem er international grosse Erfolge feiert, etwa bei den BBC Proms, den Salzburger Festspielen oder in der Berliner Philharmonie. In der Spielzeit 2022/23 dirigiert er nicht nur Händels Oper Alcina mit dem kanadischen Ensemble Les Violons du Roy und Händels Oratorium

Theodora mit dem Ensemble Arcangelo, sondern auch einen HändelKonzer tabend mit dem Orchestra La Scintilla am Opernhaus Zürich. Neben der berühmten Wassermusik, die 1717 erstmals im Rahmen einer königlichen Lustfahrt auf der damals wohl noch idyllischen Themse in London erklang, stehen auch zwei Concerti grossi auf dem Programm.

Montag, 27 Feb, 19.30 Uhr, Opernhaus

6. Brunch-/Lunchkonzert

Klavierquartette

«In einem Quartett fühlt man sich wie zu Hause, heimisch, glücklich. Draussen ist es regnerisch, die Dunkelheit nimmt zu, aber die vier Stimmen achten dessen nicht. Sie sind unabhängig, frei, sie tun, was ihnen beliebt und sind dennoch ein harmonisches Ensemble», so der Komponist Bohuslav Martinů, der 1941 nach New York flüchtete und dort sein Klavierquartett Nr. 1 schrieb. 1875 in der tschechischen Heimat entstanden und von deren Volksmusik geprägt, ist das Klavierquartett Nr. 1 von Antonín Dvořák. Yulia Levin (Klavier), Xiaoming Wang (Violine), Sebastian Eyb (Viola) und Lev Sivkov (Violoncello) spielen die beiden Klavierquartette im Lunch­ und Brunchkonzert.

Brunchkonzert: Sonntag, 5 Feb, 11.15 Uhr

Lunchkonzert: Montag, 6 Feb, 12 Uhr Spiegelsaal

Einführungsmatinee

Siegfried

Ausgangspunkt für Wagners Weltdeutungsmythos Der Ring des Nibelungen war die Geschichte des Siegfried. Einen Abend sollte die Oper zunächst dauern, Siegfrieds Tod sollte sie heissen. Doch bald schon wurde Wagner klar, dass ein Abend bei weitem nicht ausreichen würde, um das zu erzählen, was ihm am Herzen lag, und so wurden vier Abende daraus… Nach Rheingold und Die Walküre sind wir in unserem neuen Zürcher Ring nun bei dessen gedanklicher Keimzelle angekommen. In der Einführungsmatinee sprechen Andreas Homoki (Regie), Klaus Florian Vogt (Siegfried) und Wolfgang Ablinger­Sperrhacke (Mime) mit Dramaturgin Beate Breidenbach über die Figuren in Siegfried und die Konzeption des Zürcher Rings

Sonntag, 12 Feb, 11.15 Uhr Bernhard Theater

In memoriam

Dietbert Reich

Das Opernhaus Zürich trauert um den Dramaturgen Dietbert Reich, der am 8.Januar 2023 in seinem 87. Lebensjahr verstorben ist. Dietbert Reich war mehr als 36 Jahre lang eine prägende Figur des Hauses. In den Direktionen von Claus Helmut Drese, Christoph Groszer und Alexander Pereira war er Dramaturg, von 1982 bis 1993 Chefdramaturg. Seine Werkeinführungen, die er weit über seine Pensionierung hinaus bis 2012 hielt, gelten als geradezu legendär. Wir werden seine Fachkenntnis, seine Begeisterungsfähigkeit und Souveränität in dankbarer Erinnerung behalten.

Classical Music Awards Auszeichnung für Heinz Holligers «Lunea»

Die CD ­Aufnahme von Heinz Holligers Lunea wurde bei den International Classical Music Awards in der Kategorie «Contemporary Music» ausgezeichnet. Der Live­Mitschnitt von Holligers Musiktheater ist 2018 anlässlich der Uraufführung am Opernhaus Zürich entstanden. Die erfolgreiche Produktion, die bereits vom Fachmagazin Opernwelt zur «Uraufführung des Jahres» gewählt wurde, basiert auf einem Libretto von Händl Klaus und dreht sich um den romantischen Dichter Nikolaus Lenau. Die Hauptpartie singt der Bariton Christian Gerhaher neben Sängerinnen wie Juliane Banse, Sarah Maria Sun und Annette Schönmüller. Heinz Holliger selbst dirigiert die Partitur. Wir freuen uns über die Auszeichnung!

Opernhaus aktuell 7
Illustration: Anita Allemann

Wir wünschen harmonische Zeiten

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Die Situation ist stabil

Herr Homoki, das Opernhaus hat den Geschäftsbericht für die vergangene Spielzeit veröffentlicht. Wie fällt die Bilanz aus?

Die Saison 2021/22 war noch stark von Corona geprägt. Wir durften zwar wieder ohne Kapazitätsbegrenzungen spielen, aber es gab noch bis Ende März Auflagen wie die Masken- und Zertifikatspflicht, und wir hatten sehr, sehr viele Infektionen in der Belegschaft. Trotzdem konnten wir den gesamten Spielplan präsentieren, so wie wir ihn ursprünglich ohne Corona geplant hatten. Das ist vor allem das grosse Verdienst der Belegschaft, denn oft haben die Gesunden die Arbeit der Kranken mitübernommen. Wir haben phasenweise um jede Vorstellung gekämpft, mussten immer wieder kurzfristig Ersatz für kranke Sängerinnen und Sänger finden. Nachdem die vorhergehende Saison 2020/21 ja mehr oder weniger komplett der Pandemie zum Opfer gefallen war, wollten wir unbedingt wieder da sein und spielen und unser Publikum zurückgewinnen. Das ist uns auch gelungen. Keine Vorstellung ist ausgefallen. Darauf sind wir stolz, denn das haben nicht viele Häuser geschafft. Es war insgesamt ein Riesenkraftakt, aber es hat sich einmal mehr gezeigt, wie fantastisch motiviert und professionell die Mitarbeitenden an diesem Haus sind. Das steht für mich im Vordergrund bei der Bilanz für 2021/22.

Wie ist es finanziell für das Opernhaus gelaufen?

Dadurch, dass wir unser Programm komplett gespielt haben, hatten wir natürlich auch die vollen Kosten. Wir konnten aber nicht die gleichen Einnahmen erzielen wie vor der Pandemie und lagen deutlich unter Budget. Es sind weniger Menschen ins Opernhaus gekommen sind, sei es wegen der Corona-Auflagen, sei es aufgrund einer generellen Zurückhaltung. Die finanzielle Situation ist aber trotzdem

stabil. Grundsätzlich betrachtet, hat die Pandemie uns über drei Spielzeiten hinweg belastet. Das waren bestimmt die schwierigsten Jahre, die das Theater in seiner ganzen Geschichte erlebt hat. Diese drei Spielzeiten haben wir kumuliert mit einem finanziellen Verlust überlebt, der unter einer Million Franken liegt. Wir haben Corona also gut verkraftet, nicht zuletzt dank der Kurzarbeitszuwendungen, die wir erhalten haben. Auch für die laufende Spielzeit haben wir noch eine Pandemie-Rückstellung gebildet, um eventuelle Einnahmeeinbussen ausgleichen zu können.

Alle fragen sich: Wie geht es weiter mit dem Publikum? Wird alles wieder wie vor Corona? Welche Tendenz zeichnet sich da ab?

Wir erarbeiten uns das Publikum zurück und sind dabei gut unterwegs. Aber von den Auslastungszahlen vor Corona sind wir noch ein Stück entfernt. Die hatten bei uns allerdings auch Rekordhöhen erreicht. Wir waren sehr verwöhnt vom Publikumszuspruch. In der aktuellen Saison gibt es Vorstellungsserien, bei denen die Nachfrage ganz hervorragend ist, etwa bei unserem neuen Ring des Nibelungen oder beim Ballett. Generell kann man auch sagen, dass das Interesse an unseren neuen Sachen gross ist, da haben wir den Vorteil, dass wir so viele Neuproduktionen pro Spielzeit anbieten wie kaum ein anderes Opernhaus. Das Publikum tendiert im Moment eher zu bekannten Titeln und ist bei manchen Wiederaufnahmeserien etwas wählerischer. Aber das macht uns keine wirklichen Sorgen. Die künstlerische Qualität stimmt. Unser Spielplan ist sehr abwechslungsreich. Wir haben im Gegensatz zu manch anderem Theater trotz Corona einen stabilen Stamm an Abonnenten. Die Sponsoren sind uns treu. Darauf können wir aufbauen.

9 Drei Fragen an Andreas Homoki
Foto: Daniel auf der Mauer AB 23. FEBRUAR IM KINO

Nackt auf dem Berg

Ein Teil unseres neuen Ballettabends On the Move ist die Choreografie Tal von Louis Stiens. Wenn der Vorhang aufgeht, sieht man einen Berg und nackte Tänzerinnen und Tänzer. So sieht es zumindest auf den ersten Blick aus. Gerade zu Beginn ist es relativ dunkel auf der Bühne, doch dann bemerkt man, dass die Tänzerinnen und Tänzer irgendwie geschlechtslos wirken bzw. man keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern erkennen kann. Es muss also doch mindestens eine Lage Stoff am Körper eng anliegen. Da ich jedoch keinen Übergang zwischen einem Stoff und der Haut sehen kann und die Hände, Köpfe und Füsse definitiv nackt sind, fragte ich mich, wie wir das gemacht haben. Unsere Produktionsleiterin Heike Uschner klärt mich auf: Das sind Trikots, also hautenganliegende Kleidungsstücke. Damit man diese nicht sieht, wurde ein dünner Trikotstoff ausgewählt, der individuell genau auf die Hautfarbe jeder Tänzerin und jedes Tänzers eingefärbt wurde. Dieser Stoff lässt sich locker auf das Doppelte dehnen und macht somit nahezu faltenfrei jede Bewegung mit. Der Stoff wird nach einem ganz speziellen Schnittmuster zugeschnitten: Es wird genau darauf geachtet, dass die Nähte nicht dort sind, wo man empfindlich ist, und viel Kontakt mit dem oben genannten Berg haben, denn jede Naht, die auf der Haut reibt, ist unangenehm. Dann wird das Trikot mit einer Spezialnähmaschine genäht: Aus drei bis vier Fäden fertigt diese Maschine eine elastische Naht. Diese kann fast genauso nachgeben wie der Stoff – bleibt aber dennoch ein Schwachpunkt in dem sehr stabilen, aber dünnen Kostüm. Die Trikots gehen von den Knöcheln am Fuss bis zum Hals und bis zu den Handgelenken. Ich frage mich: Wie kommt man hinein, und ist das nicht ungemütlich? Heike sagt mir, dass es am Rücken einen «nahtverdeckten» Reissverschluss gibt, und dass die Tänzerinnen und Tänzer Trikots sehr gerne tragen, da diese ihnen volle Bewegungsfreiheit lassen. Das ist auch notwendig, denn Louis Stiens lässt sie über den Berg rutschen und klettern – mit akrobatischen Bewegungen. Dabei wird das Material extrem beansprucht. Ich stelle mir die praktische Frage: Was würde passieren, wenn in so einem Moment das Kostüm reisst? Ganz nackt wäre die Person nicht: Die Tänzerinnen tragen einen dünnen Slip und die Männer ein Suspensorium. Das ist grundsätzlich eines der wichtigsten Kleidungsstücke für Tänzer: Es ist eine Art String aus einem festeren Material, das auch bei Sprüngen (und akrobatischen Klettereien) dafür sorgt, dass alles am Platz bleibt und sich nichts zu explizit abzeichnet. Heike sagt mir aber, dass die Trikotstoffe sehr stabil sind und auch das Rutschen vom Berg gut mitmachen. Apropos rutschen: Bei der Materialwahl kam es darauf an, dass der Stoff sich beim Rutschen auf dem Felsen oder auf dem Boden nicht durch Reibung erhitzt und dadurch Verbrennungen verursacht. Bei den ersten Prototypen hatten wir darauf noch nicht geachtet…

11 Wie machen Sie das, Herr Bogatu?
Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich Illustration: Anita Allemann

Mythos Elizabeth I.

Nach ihr wurde ein ganzes Zeitalter genannt: Königin Elizabeth I. (1533-1603) gehört zu den faszinierendsten historischen Herrscherfiguren. Ein knappes halbes Jahrhundert lang war sie an der Macht, obwohl ihr der Herrschaftsanspruch als Frau und «Bastard» ständig streitig gemacht wurde. Sie galt als hochintelligente Politikerin und sorgte für Stabilität im Land. Die Monarchin heiratete nie, blieb kinderlos und ging deswegen als «The Virgin Queen» in die Geschichte ein. Ein Blick zurück von Eva-Maria Schnurr

12 Roberto Devereux

Die Bilder sollen sich in die Netzhaut brennen. Betörend sollen sie sein, überwältigend und unmissverständlich. Sie müssen die Grösse demonstrieren der Frau, die sich anschickt, als Elizabeth I. den Thron Englands zu besteigen. Am Tag vor ihrer Krönung lässt sie sich deshalb durch die Strassen von London tragen, in einer goldverbrämten Sänfte durch eine begeisterte Menschenmenge vom Tower zur Westminster Abbey. Auf ihrem Weg zeigen Schauspieler in kurzen Szenen Elizabeths Regier ungsprogramm: Die Tugenden «Weisheit», «Gerechtigkeit», «Liebe zu den Unter tanen» und «Wahre Religion» trampeln Laster wie Aberglauben und Dummheit nieder. Triumphal wird die junge Königin als die biblische Prophetin Debora dargestellt, die das Volk Israel aus der Unterdrückung durch den König von Kanaan befreite – Elizabeth, das ist die Botschaft, wird England endgültig aus der Knechtschaft des Papstes führen. Noch wenige Jahre zuvor hätte kaum jemand der zweitältesten Tochter Heinrichs

VIII.Chancen auf den Thron eingeräumt. Ihr Vater liess sie von der Thronfolge ausschliessen, nachdem ihre Mutter Anne Boleyn 1536 hingerichtet worden war. Obwohl er sie als Zehnjährige rehabilitierte, galt sie vielen noch immer als illegitimer Bastard. Noch aussichtsloser wurde ihre Situation unter der Regentschaft ihrer Halbschwester

Maria Tudor: Die kerkerte sie in den Tower ein, weil sie sich nicht zum Katholizismus bekehrte, den Maria in England wieder eingeführt hatte. Erst auf dem Sterbebett stimmte die kinderlose «Bloody Mary» Elizabeth als Nachfolgerin zu.

Ihr Leben, ihr Einfluss, ihre Kämpfe

Nun, am Tag vor ihrer Krönung, muss sie ihre Untertanen überzeugen, dass ihre Herrschaft ein Er folg werden wird. «Ich werde nicht zögern, mein Blut zu vergiessen, um für Eure Sicherheit und Ruhe zu garantieren», verspricht Elizabeth, während ihre Stimme fast untergeht im Jubel der Menschen. «Man kann die City of London zu dieser Zeit nicht besser beschreiben denn als Bühne, auf der das wundervolle Schauspiel einer grossherzigen Prinzessin gegeben wurde, die sich ihrem höchst liebenden Volk zeigt, und die ausserordentliche Freude des Volks, solch einen löblichen Souverän zu haben», heisst es in einem Flugblatt, das neun Tage später veröffentlicht wird und sich rasch verbreitet. Der Auftraggeber ist womöglich die Königin selbst.

Öffentliche Selbstdarstellung gehört zu den Kernkompetenzen eines Herrschers schon in der frühen Neuzeit. Zwar glauben alle, dass Gott bei der Wahl eines Monarchen seinen W illen walten lässt, doch er muss sich vor den Untertanen auch bewähren; Königsherrschaft ist keine Diktatur, sondern auf Konsens zwischen Herrscher und Beherrschten ausgerichtet; für Gesetze braucht der englische König das Parlament.

Elizabeth, gekrönt mit 25 Jahren am 15. Januar 1559, perfektioniert die royale PR. Die 45 Jahre ihrer Herrschaft galten auch unter Historikern lange als das «Goldene Zeitalter» der englischen Geschichte. Erst in jüngerer Zeit richtet sich der Blick stärker auf Elizabeths Strategien der Macht und der Inszenierung – und auf die Schattenseiten ihrer Regierung. An Faszination verliert die Königin dabei nicht, im Gegenteil: Erst durch den Mythos hindurch zeigt sich die wahre Staatskunst Elizabeths.

Vor ihrer ersten grossen Aufgabe steht sie, seit sie lebt: Sie muss beweisen, dass sie eine rechtmässige Königin ist – weil sie eine Frau ist. Zwar gilt in England nicht wie auf dem Kontinent das salische Recht, das Frauen von der Erbfolge ausschliesst. Doch eine Thronerbin ist nicht erwünscht – Heinrich VIII. tat alles, um endlich einen Sohn zu bekommen. Frauen gelten als das schwache Geschlecht, sie sollen sich dem Mann unterordnen und nicht regieren. Weiberherrschaft verstösst gegen das Naturrecht und damit gegen die göttliche Ordnung, so sehen es die meisten.

Elizabeths ältere Halbschwester Maria kam 1553 an die Macht, nachdem Eduard VI., der einzige legitime Sohn Heinrichs VIII., gestorben war. Sie heiratete den Konventionen gemäss rasch – allerdings den spanischen Thronfolger Philipp und damit in den Augen vieler den Falschen: einen katholischen Fremden, der das Land in einen nutzlosen Krieg mit Frankreich verwickelte. Die Verbindung mit dem Spanier und

Der Mythos von Elizabeth I. hat sich auch in unzähligen ikonografischen Ansichten niedergeschlagen, die zu ihren Lebzeiten und im Laufe der Jahrhunderte in der Bildenden Kunst, in der Literatur und in Kinofilmen von der Königin entstanden sind. Wir haben sie zu drei Collagen zusammengeschnitten mit Kate Blanchett aus dem Film «Elizabeth: Golden Age» von 2007 auf Seite 13, Bette Davies in «The Private Lives» von 1939 auf Seite 14 und Quentin Crisp in «Orlando» von 1992 auf Seite 17; im Hintergrund zwei Originalgemälde aus den 1580er­Jahren.

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ihr Versuch, ihre Untertanen gewaltsam zum Katholizismus zurückzuzwingen, machten Maria Tudor extrem unbeliebt. Das ist ein Startvorteil für ihre Nachfolgerin und ein Auftrag. Protestantische Theologen wie der Genfer Reformator Johannes Calvin (1509 bis 1564) entschuldigen Elizabeths Regierung als einen von Gott herbeigeführten Sonderfall: Ihre Herrschaft diene dazu, das protestantische Bekenntnis wieder einzuführen.

Elizabeth selbst zweifelt offenbar nicht an ihrer Regierungstauglichkeit. Seit sie der Vater rehabilitiert hat, ist er ihr grosses Vorbild. Durch ihre hervorragende Ausbildung – sie spricht Französisch, Italienisch und Spanisch fliessend und hat die Schriften wichtiger lateinischer und griechischer Autoren und Philosophen im Original gelesen – und durch ihre strategische Klugheit kann sie ihren Beratern und Höflingen locker das Wasser reichen.

Ihre ersten Massnahmen erfüllen die Hoffnungen, die viele in sie gesetzt haben: Sie erneuert 1559 den Act of Supremacy, mit dem sich ihr Vater vom Parlament als Oberhaupt der Kirche von England einsetzen liess. Nun steht sie und nicht mehr der Papst an der Spitze der Kirche. Das «Book of Common Prayer», die protestantische Gottesdienstordnung ihres Halbbruders Eduard VI., setzt sie erneut in Kraft, nun ist das Land wieder losgelöst von Rom.

Elizabeth selbst hält ihr Innerstes verschlossen. Bis heute rätseln Historiker, was denn nun ihre persönliche Glaubensüberzeugung war. Das ist vermutlich so gewollt: Unklarheit ist ein wichtiges Mittel von Elizabeths Politik – und ein Machtinstrument. Sie verschleiert ihre Absichten, wechselt ihre Meinungen scheinbar willkürlich, um nicht durchschaubar und nicht manipulierbar zu sein. «Es gab in ihrer Zeit kaum jemanden, der ihr in den Künsten der Täuschung, Ausflucht und des Lügens gewachsen war», urteilt der Literaturwissenschaftler Jürgen Klein.

Heirat? Vielleicht schon, aber lieber nicht

Zwar ist ihre Regierung auf gemeinsame Beschlussfindung mit ihren Beratern ausgelegt. Aber die Königin behält durch ihr «Dissimulieren», wie es im Jargon der Zeit heisst, die Entscheidungshoheit: «So liess sie die Hof- und Ratsfraktionen sich immer wieder gegenseitig ausspielen, um auf diese Weise zu dokumentieren, dass sie es war, die das letzte Wort hatte», beschrieb es der 2015 verstorbene Historiker Günther Lottes. Ihre Berater, allen voran die Männer in ihrem «Privy Council», dem geheimen Staatsrat, treibt sie damit immer wieder schier in den Wahnsinn. Ihr engster Mitarbeiter, der Erste Sekretär William Cecil, leidet besonders, weil sich Elizabeth in Heiratsdingen nicht festlegt. Er ist überzeugt, dass ein Gatte an ihre Seite gehört, möglichst schnell. Auch, damit die Thronfolge geklärt ist.

Die Königin aber laviert. Schon im ersten Jahr ihrer Regentschaft erklärt sie dem Parlament, dass sie eine Heirat zwar nicht ausschliesse, aber lieber als Jungfrau leben und sterben wolle. Hat sie wegen eines Missbrauchs in ihrer Jugend eine Abneigung gegen Männer, wie manche Forscher vermuten? Oder ist sie so verliebt in ihren Jugendfreund und Höfling Robert Dudley, der durch den mysteriösen Tod seiner Ehefrau diskreditiert ist, dass sie keinen anderen will? Vermutlich ist die Ehelosigkeit auch ein Mittel der Machtsicherung, denn einem Mann müsste selbst eine Königin sich ein Stück weit unterordnen.

Eine unverheiratete Frau ist dem Volk jedoch suspekt, zumal eine Königin ohne Erben. Gerüchte über Affären, uneheliche Kinder, mit Dudley und anderen, gehen um, das Parlament bedrängt die Königin, sich endlich zu entscheiden. 1566 verbittet sich die Königin, vom Parlament noch länger mit der Heiratsfrage belästigt zu werden. Sie nutzt mögliche Eheallianzen auch als Mittel der Aussenpolitik. Dabei agiert sie bemerkenswert realpolitisch und nicht nach konfessionellen Gesichtspunkten. Zu Beginn ihrer Regierung steht England im Krieg mit Frankreich. Elizabeth setzt deshalb auf ein gutes Verhältnis zu Spanien und verhandelt mit dessen Regenten Philipp II.

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und dessen Haus Habsburg über eine Ehe. Im Gegenzug bewirkt der Spanier, dass der Papst die Königin nicht wegen ihres Abfalls von der römischen Kirche exkommuniziert. Doch seit 1568 verschlechtern sich die Beziehungen, weil Spanien Truppen in die um Unabhängigkeit kämpfenden protestantischen Niederlande entsendet. Nun avanciert Frankreich zum wichtigeren Partner und Männer aus der Königsfamilie der Valois zu potenziellen Heiratskandidaten. Das hat Folgen, denn mit dem Bruch der spanischen Allianz endet auch die Schonzeit beim Papst.

Elizabeths Thron ist in Gefahr. Maria Stuart, Königin von Schottland, ist wegen protestantischer Aufstände nach England geflohen. Für die Katholiken dort und in ganz Europa ist sie die rechtmässige Anwärterin auch auf den englischen Thron – auch sie selbst sieht sich dort. Und nun öffnet die Bulle des Papstes die Schleusen für den katholischen Widerstand. In mehreren Verschwörungen planen spanische Diplomaten und katholische englische Adlige in den Jahren bis 1586 den Staatsstreich oder gar die Ermordung der Königin zugunsten Marias. Sie werden entdeckt, denn der Höfling Francis Walsingham hat für Elizabeth einen hervorragend vernetzten Geheimdienst aufgebaut, zahlreiche Agenten informieren ihn über die Umtriebe. Er ist auch einer derjenigen, die Elizabeth 1586 schliesslich überzeugen, dass nur eine Hinrichtung der Konkurrentin Maria Stuart ihre Herrschaft langfristig sichert.

Gefahr droht allerdings auch aus den eigenen Reihen. Etlichen protestantischen Theologen gehen Elizabeths Kirchenreformen nicht weit genug. Auch sie stellen die Legitimität der Königin infrage. Nun beendet sie schrittweise ihre Toleranzpolitik. Wer den anglikanischen Gottesdienst nicht besucht, wird mit hohen Geldstrafen belegt. Und auch das Gerede im Volk versucht die Königin mit rigiden Methoden zu stoppen. Dem Flugschriftenautor John Stubbes, der in einem Pamphlet gegen die Ehepläne mit dem französischen Herzog von Anjou wettert, lässt sie ebenso wie seinem Verleger auf dem Marktplatz von Westminster die rechte Hand abschlagen.

Ihre Anhänger belohnt die Königin dagegen mit ihrer Gunst und Gnade – und mit Nähe. Jedes Jahr im Sommer reist sie für zwei Monate auf dem Pferd oder in einer offenen Sänfte durch den Südosten Englands, hört sich die Sorgen und Nöte der einfachen Leute an, nimmt Geschenke entgegen, plaudert, scherzt, schmeichelt den Menschen. Wer die Regentin nicht persönlich erleben kann, erfährt durch eigens beauftragte Flugschriften von ihren Reisen. Auf Konventionen gibt Elizabeth nicht viel, doch Rituale und Zeremoniell setzt sie gekonnt ein, um sich selbst zu überhöhen, zu demonstrieren, dass sie über den normalen Menschen steht und dass ihr Hof das Zentrum der Macht ist.

Der lange Weg ins Zentrum der Macht

Rund 2500 Menschen gehören zum Hofstaat, viele von ihnen ziehen mit der Monarchin von Schloss zu Schloss, von Greenwich nach Whitehall, wo der Hof Weihnachten feiert, nach Richmond, Hampton Court und Windsor. Die Höflinge sind die politisch aktive Klasse aus den Adelsgruppen der Peers, Gentry und Knights, sie dürfen sich ständig in der Nähe der Königin aufhalten, unter ihnen wählt sie ihre Favoriten, denen sie besondere Vergünstigungen erweist. Aussenstehenden dagegen verdeutlicht ein langer Weg durch eine Flucht von Zimmern, dass sie nun ins Innere der Macht vordringen.

Nur wenige führt der Lord Chamberlain in die «Privy Chamber», die Gemächer der Königin, das Herz des Hofes und des Staates. Hier empfängt die Königin den Diplomaten, der über ihre tief dekolletierte Robe staunt, kunstvoll gefertigt aus Samt und Seide, mit Gold- und Silberfäden durchwirkt, bestickt mit Perlen und Rubinen. «Ihre Brust ist etwas faltig, aber weiter unten ist ihr Fleisch ausgesprochen weiss und zart, soweit man sehen kann», schwärmt er respektlos.

Auf den meisten Porträts der Königin ist von solchen Altersspuren allerdings wenig zu sehen. Elizabeth wünscht ihre Abbilder fast übermenschlich glamourös und

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alterslos: Makellos ist ihr Teint darauf, obwohl sie mit 29 Jahren eine Pockenerkrankung nur knapp überlebt hat und sicher gezeichnet bleibt, sie wirkt mädchenhaft mit ihren langen hellroten Haaren und den schmalen, langgliedrigen Fingern. «Ich habe zwar den Leib eines schwachen kraftlosen Weibes, dafür aber Herz und Mut eines Königs». Es sind Bilder der «Virgin Queen», der jungfräulichen Herrscherin, wie sie seit den späten 1580er-Jahren von ihren Untertanen immer stärker verehrt wird. Nun ist sie über 50 Jahre alt, und es ist klar, dass sie wohl nicht mehr heiraten und keine Kinder mehr haben wird. Sie ist jetzt mit ihrem Land verheiratet, so stellt sie es dar.

Die Königin und England geben ein strahlendes Paar ab, das die Weltmeere erobert. Sir Francis Drake kehrt 1580 von seiner Weltumsegelung zurück, Sir Walter Raleigh wagt 1578 eine Expedition nach Amerika und finanziert auf Roanoke Island die erste Kolonie, «Virginia». Der Triumph schlechthin aber ist der Sieg der englischen Marine über die spanische Armada im Jahr 1588. Auch wenn Glück im Spiel ist, weil ein günstiger Wind die spanischen Schiffe auseinandertreibt: Die Royal Navy hat eine spanische Invasion auf der Insel vereitelt. Elizabeths Prestige steigt ins Unermessliche. Ihr Sieg, so erklärt sie es ihrem Volk, ist Teil des göttlichen Heilsplans, so wie ihre ganze Herrschaft. Die Botschaft ist deutlich: Ein Goldenes Zeitalter ist angebrochen, mit ihr an der Spitze. 1590 huldigt ihr der Dichter Edmund Spenser in einem Gedicht als «Fairy Queen», als märchenhafte Feenkönigin. Vergessen ist die angebliche weibliche Regierungsschwäche, vergessen ihre illegitime Abkunft. Sogar die meisten katholischen Engländer stehen nun hinter ihrer Königin.

Die Verdüsterung der späten Jahre

Die Königin hat das Land zu wahrer Grösse geführt, so sieht man es jetzt. Ihr Image nach dem Sieg über Spanien blendet und funkelt, so sehr, dass es die verbleibenden Jahre zu überstrahlen vermag. Die nämlich geraten eher düster. Der Krieg mit Spanien ist nach dem Sieg über die Armada noch lange nicht vorbei, drei Expeditionen gegen die verfeindete Weltmacht verschlingen Unsummen, die Angst vor einer Invasion steigt wieder, als 1595 spanische Schiffe Fischerdörfer in Cornwall angreifen. Missernten drücken auf die Stimmung im Land, Aufstände in Irland lässt Elizabeth rücksichtslos niederschlagen, die puritanische Kritik an ihrer Religionspolitik versucht sie, mit brutalen Mitteln der Inquisition einzudämmen.

Auch ihr Vertrauen in ihren Hofstaat bröckelt: Wichtige Weggefährten wie William Cecil, Francis Walsingham und Robert Dudley sterben, neue Hofleute erweisen sich als unzuverlässig, wie Robert Devereux, der Earl of Essex, der nach einer Verschwörung gegen die Königin hingerichtet wird. Und auch mit den Parlamenten streitet sie zunehmend um Kompetenzen. Die Macht im Land verschiebt sich von den lokalen Adligen hin zur königlichen Zentralverwaltung, die jetzt auch in den Distrikten des Landes enorm ausgebaut wird.

Die Königin versucht mit aller Härte, die Kontrolle über ihr Bild zu behalten. Ihre Spionage- und Propagandaagenten halten Kritik und Subversion klein und verfolgen jede Diskussion um die Nachfolge als Hochverrat. 1596 ordnet Elizabeth an, alle unziemlichen Porträts – also alle, die ihr reales Alter von inzwischen 63 Jahren zeigen – zu vernichten.

19 Roberto Devereux
Regisseur David Alden

Ein Kammerspiel für vier Personen

Regisseur David Alden hält Gaetano Donizetti für einen der grössten Musikdramatiker. In Zürich bringt er mit «Roberto Devereux» Donizettis Tudor-Trilogie zum Abschluss –ein hochemotionales Meisterwerk über den Niedergang der letzten Königin des schillernden Hauses Tudor

David, gerade macht das englische Königshaus mit Spare, dem neuen Buch Prinz Harrys, erneut Schlagzeilen. Sex, Crime und Royality – davon sind wir nach wie vor fasziniert…

Ist das nicht erstaunlich? Wie ist es nur möglich, dass diese verrückte Familie seit nunmehr fast 1’000 Jahren die Aufmerksamkeit der Welt so auf sich zieht? Wer auch immer dieses Script schreibt, er muss ein Genie sein.

The Spare heisst ja auch derjenige, der in der Thronfolge erst an zweiter Stelle kommt. Dass Elizabeth I., die als Figur das Epizentrum von Roberto Devereux darstellt, Königin werden würde, war zunächst nicht zu erwarten. Doch dann wurde sie zu einer der erfolgreichsten Monarchinnen in der Geschichte Englands.

Ja, aber nach einem traumatischen Beginn. Ihre Kindheit war schrecklich. Man hat ihr furchtbare Dinge nachgesagt, ihre Halbschwester Maria, die damalige Königin, liess die 21-Jährige im Tower einsperren. Elizabeths Schicksal war lange Zeit ungewiss, ihr Leben mehr als einmal in Gefahr. Später, als Königin, faszinierte sie die ganze Welt. Sie war eine ausserordentliche Frau, die 45 Jahre lang regierte. Die kürzlich verstorbene Elizabeth II. war zwar noch länger Queen, aber sie hatte keine politische Macht. Queen Elizabeth I. hingegen machte als einzige Frau in einer patriarchalischen Epoche in Europa Weltpolitik, sie hielt die spanische Armada auf, errichtete das britische Weltreich und prägte das Selbstbewusstsein ihrer Nation, das sich bis heute in Grossbritannien daraus speist.

Donizetti setzte sich insgesamt dreimal mit dieser Königin auseinander: zum ersten Mal in seiner frühen Oper Il castello di Kenilworth, später in Maria Stuarda und zuletzt in Roberto Devereux. Wie sieht er diese Figur?

Zunächst einmal ist es erstaunlich, dass er sich überhaupt mit Elizabeth I. beschäftigte, war sie doch im katholischen Italien lange Zeit eine Hassfigur. Während Elizabeths katholische Vorgängerin Maria I. die Protestanten rigoros verfolgte, stand Elizabeth auf der Seite der anglikanischen Kirche und trieb die Reformen voran. Was die Figur in Maria Stuarda angeht, ist Elisabetta ziemlich negativ gezeichnet. Sie erscheint kaltherzig und intrigant, auch wenn es Momente gibt, in denen man mit ihr mitfühlt. Donizettis Sympathien gelten dort eher Maria, der Katholikin und schottischen Königin, die als Märtyrerin stirbt. Zu Elisabettas Verteidigung muss man allerdings sagen, dass sie es als weibliche Machtfigur in einer männlich dominierten Welt nicht einfach hat und erst recht nicht, gleichzeitig ihre privaten Liebesbeziehungen auszuleben. Der Historiker Ernst Kantorowicz hat einmal den Begriff vom König mit den zwei Körpern geprägt: Dieser habe eine öffentliche und eine private Seite. Dieser Konflikt ist in Roberto Devereux noch

Roberto Devereux 21

links: Bühnenbildner

Gideon Davey im Gespräch mit dem Tenor Stephen Costello (Roberto Devereux)

unten: Inga Kalna (Elisabetta) und Regisseur David Alden

ausgeprägter und geht tiefer. Hier ist die Königin bereits älter, und wir hegen viel Sympathie für sie. Aber auch in diesem Stück hat sie zuweilen monsterhafte Züge –und ist gleichzeitig eine tragisch Liebende. Es ist schon erstaunlich, was Musik alles kann.

Was reizt dich als Regisseur besonders an dieser Oper?

Ich liebe Donizetti grundsätzlich und halte ihn für einen der grössten Musikdramatiker überhaupt. Roberto Devereux ist ein Melodram, fast 200 Jahre alt und in seiner Theatralität auch irgendwie ein Kind seiner Zeit. Andererseits ist dieses Stück von einer faszinierenden Schärfe, die Szenen sind ungemein dicht und prägnant geschrieben. Es gibt zwar auch hier noch die Cabaletta oder Cavatinen, musikalische Formen, die noch von Rossini herrühren. Aber Donizetti benutzt diese Formen mit einer neuen Freiheit und immer im Dienste des Dramas. Er schafft emotionale und eindrucksvolle Situationen. Dadurch erleben wir die Gefühle und Leidenschaften der Figuren wie unter einem Brennglas. Sich da hineinzugeben und gemeinsam mit den Sängerinnen und Sängern diese Figuren zu formen, die Geschichte für ein modernes Publikum zu erarbeiten und die extreme Übertreibung, die Intensität herüberzubringen, ist eine grosse Herausforderung und gleichzeitig ein wunderbares Geschenk für einen Regisseur. Man arbeitet dabei wie ein Filmregisseur mit Grossaufnahmen: Im Grunde ist die Oper ein Kammerspiel mit vier Figuren, die allesamt sehr komplex sind und in komplizierten Beziehungen zueinander stehen. Den Chor könnte man strenggenommen sogar weglassen: Er ist eine Farbe und agiert sehr passiv. Im Vergleich zu Anna Bolena und Maria Stuarda hat er hier am wenigsten zu tun.

Die Oper erzählt in erster Linie von Elisabettas Liebe zum gut dreissig Jahre jüngeren Roberto Devereux.

Roberto Devereux ist vergleichbar mit Leicester in Maria Stuarda – ebenfalls ein junger Mann, mit dem die Königin politisch und emotional verstrickt ist. Elisabetta zerstört Maria Stuarda nicht aus politischen, sondern aus persönlichen Gründen –sie möchte diesen jungen Mann für sich selbst haben. So auch in Roberto Devereux. Roberto muss schliesslich sterben, weil Elisabetta herausfindet, dass er eine andere liebt. Es ist also in erster Linie Liebesverrat, der Roberto in der Oper zum Verhängnis wird. Der historische Roberto Devereux betrog Elizabeth I. politisch, indem er einen Pakt mit dem irischen Gegner unterzeichnete. Später zettelte er sogar eine Revolte gegen Elizabeth an, die allerdings kläglich scheiterte. Man kann es nicht anders sagen, aber dieser Typ war wirklich verrückt. Und dennoch unterhielt Elizabeth jahrelang eine Beziehung mit ihm, auch wenn sie wusste, dass er nicht der Richtige für sie war. Offenbar sprach er sie auf vielen Ebenen an. Er war brillant, gutaussehend, ein Poet, ein Kriegsherr, ein Abenteurer. Gleichzeitig spielte er mit ihr, war zuweilen sehr brutal zu ihr, verliess den Hof urplötzlich und verschwand für Wochen in sein Schloss. Immer war sie diejenige, die ihn bitten musste, wieder zurückzukommen.

Der historische Devereux war auch der Patensohn des vorherigen Favoriten Elizabeths, Robert Dudley. Verrückt, nicht wahr?

Wie ist Devereux in Donizettis Oper gezeichnet?

Donizettis Devereux ist ein merkwürdiger Charakter. Die Oper heisst zwar Roberto Devereux – aber was tut er denn eigentlich? Wenn wir ihn zum ersten Mal sehen, hat er bereits all seine Karten ausgespielt. Er ist bereits ein Verdammter, ein «dead man walking», wie man so schön sagt. Devereux ist nicht wirklich ein Held, auch wenn er das vielleicht von sich selbst denkt. Donizetti verleiht ihm fast depressive Züge und seine Musik ist meistens sehr weich. Das ist noch kein Verdi-Tenor.

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Seine heimliche Geliebte ist Sara, die ebenfalls eine wichtige Spielfigur in diesem Stück ist.

Sie ist eine verlorene Seele, und wir leiden mit ihr. Ihr Ehemann Nottingham hat eine sehr schwierige Persönlichkeit, und wie wir gesehen haben ebenso ihr Liebhaber Rober to. Als Frau in einer solchen Welt hat Sara keine Macht, keinerlei Karten, die sie ausspielen kann. Und dennoch ist es interessant zu sehen, welche Stärke sie trotz allem ausstrahlt, wie sie für sich kämpft und für sich einsteht.

Ihr Mann Notthingham wiederum ist derjenige, der in dieser Geschichte wie ein Katalysator wirkt und die Tragödie besiegelt. Das ist natürlich von einer tragischen Ironie, denn er liebt seinen Freund Roberto und ist der Einzige unter den Höflingen, der Robertos Leben retten möchte. Das komplette Gegenteil tritt ein, wenn er erfährt, dass Roberto eine Affäre mit Sara hatte und womöglich noch immer hat. Seine Fallhöhe ist extrem.

Die letzte Viertelstunde gehört zu den beeindruckendsten Momenten dieser Oper. In was für einem Zustand ist die Königin? Auch sie erlebt im Laufe der Oper einen beispiellosen, traurigen Niedergang. Anfangs sehen wir sie als jemanden, der die Welt regiert und die Zügel noch fest in der Hand hat – zumindest glaubt sie das. Sie liebt Roberto noch immer und hat diese lächerliche Vorstellung, sie könne Robertos Leben retten und weiter machen wie zuvor. Am Ende wandert sie fast wahnsinnig geworden durch den Palast. Sie hat alles verloren. Ich glaube aber, dass sie letztlich nicht nur am Verlust Robertos zugrunde geht, sondern in diesem Moment auch ihre ganze dunkle Familiengeschichte über sie hereinbricht, die sie so lange erfolgreich unter Kontrolle halten konnte: Ihr Vater Henry VIII. brachte ihre Mutter Anne Boleyn um, und während hunderten von Jahren hat diese Familie durch Gewalt, Krieg, Unterdrückung und Unterjochung geherrscht. Ein schreckliches Familienerbe.

Mit Roberto Devereux beschliesst du deine Tudor-Trilogie am Opernhaus Zürich. Inwiefern spiegelt sich das im Bühnenbild?

Die Klammer für alle drei Werke ist ein riesiger, leerer Marmorraum. Darin haben wir für jede Oper – wie in ein modernes Museum – eine Art Installation gestellt. In Maria Stuarda war das ein skulpturhaftes, grosses Pferd, in Anna Bolena haben wir mit viel Holz die dunkle und gefängnishafte Welt Henry VIII. nachempfunden In Roberto Devereux spielen wir mit einem kreisförmigen, architektonischen Gebilde, das es uns ermöglicht, offene und geschlossene, private und öffentliche Räume zu zeigen, um dadurch Donizettis rasante Dramaturgie der Schauplätze zu realisieren.

Wenn ich dich so auf den Proben erlebe, habe ich das Gefühl, dass du ein unglaublich leidenschaftlicher Melomane bist. Woher kommt das?

Ich habe keine Ahnung. Als ich jung war, ging ich dreimal die Woche in die New York City Opera. Dort habe ich auch Beverly Sills erlebt. Sie war eine berühmte Elisabetta, und ich glaube, dass es ihr zu verdanken ist, dass man Donizettis TudorOper n als Triptychon aufführt. Ich muss sagen, dass ich sehr glücklich bin über unsere Zürcher Besetzung. Inga ist wahnsinnig kreativ und hat viele eigene Ideen, sie fasziniert mich wirklich. Das ist eine sehr schwer zu besetzende Rolle – in Zürich ganz besonders: Den Geist von Edita Gruberova spürt man natürlich noch immer, es war eine ihrer grössten und letzten Rollen. Aber Inga macht das auf ihre eigene, wunderbare Art.

Das Gespräch führte Kathrin Brunner

«Am Ende bricht auch ihre ganze dunkle Familiengeschichte über sie herein.»

Sie gibt ihm Chance um Chance

Die lettische Sopranistin Inga Kalna übernimmt in Donizettis «Roberto Devereux» die herausfordernde Partie der Elisabetta. Die alternde Königin ist in einen ausweglosen Liebeskonflikt mit ihrem jungen Günstling Roberto Devereux verstrickt

Inga, du hast letztes Jahr hier in Zürich Mme Lidoine in Poulencs Dialogues des Carmélites gesungen und verkörperst nun mit Elisabetta in Roberto Devereux ebenfalls eine historische Figur. Verändert es deine Herangehensweise, wenn die Figur ein historisches Vorbild hat?

Nein. Aber es macht natürlich Spass, sich in historische Dokumente, in Biografien und Memoiren zu vertiefen. Königin Elizabeth I. war eine faszinierende Persönlichkeit, eine «femme for midable» wie Katharina die Grosse, wie Königin Victoria, Margaret Thatcher oder Angela Merkel, die allesamt mit viel Hingabe und Pflichtbewusstsein regiert haben. Eine Machtfigur, die wahnsinnig viel für ihr Volk geschaffen hat, die dem Land Stabilität gegeben hat und viel für die Gesellschaft getan hat, dabei aber auch viel opfern musste. In der Oper wird aber nicht die historische Figur, die Politikerin dargestellt, sondern in erster Linie die private Elizabeth und ihr persönliches Schicksal.

Eine Frau im Spätherbst ihres Lebens… Sie ist zu diesem Zeitpunkt 67 Jahre alt, hat bereits viel erlebt und geschaffen, und verliebt sich Hals über Kopf in Roberto Devereux, diesen gut 30 Jahre jüngeren Mann. Ihm gesteht sie Dinge zu, die sie keinem anderen durchgehen liess. Der historische Devereux war überaus eloquent und gebildet, aber auch recht aufbrausender Natur und hatte ein wildes Temperament. Er neigte zu einer Art paradoxaler Denkweise, und das muss sie als wahnsinnig erfrischend empfunden haben. Nachdem er hingerichtet wurde, lebte die Königin nur noch zwei Jahre.

Wie schätzt du diese Beziehung ein?

Elisabetta hat wohl bemerkt, dass der Zahn der Zeit an ihr nagt. Und trotzdem scheint sie diese Tatsache durch ihre Inszenierung einer fast göttlichen, ewigjugendlichen Erscheinung komplett ausser Acht gelassen oder kompensier t zu haben. Vielleicht gerade weil sie kinderlos geblieben ist, hatte sie in diesem Lebensabschnitt diese Neigung zu jüngeren Männern. Diese verehrten sie natürlich, denn sie war eine hoch zu achtende Person, die mächtigste Frau im Land! Doch Roberto konnte Elisabettas Avancen nur zu einem gewissen Teil erwidern und sicher nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Das muss in ihr einen unermesslichen Schmerz erzeugt haben, den sie nie stillen konnte.

In Donizettis Oper sind Elisabettas Unsicherheit und Verletzbarkeit in Bezug auf Devereux von Anfang an spürbar. Empfindest du das auch so? Sie wirkt tatsächlich bereits in der ersten Szene ziemlich atemlos, wenn sie über Devereux spricht. Sie hält nur noch an der Vergangenheit fest und schmiedet keine Pläne mehr, sondern geht auf ihr Ende zu. Nur wenn sie die Eifersucht bei sich entdeckt und eine Rivalin vermutet, scheint sie zum Handeln bereit zu sein. Und doch kokettiert sie bis zum letzten Moment mit Devereux, gibt ihm Chance um

Roberto Devereux 25

Chance, damit er ihre und seine Ehre bewahren kann. Wenn sich das Parlament aus politischen Gründen für das Todesurteil von Devereux ausspricht und sie es nur noch unterschreiben müsste, schlägt es eine Minute vor Mitternacht – aber sie zögert.

Eine deiner Paraderollen war lange Georg Friedrich Händels Alcina, die Zauberin, die Männer auf ihre Insel lockt, um sie anschliessend in Steine oder Tiere zu verwandeln. Da gibt es ja durchaus Parallelen zu Elisabetta… Gut, dass du das ansprichst. Gerade wenn man Alcinas Arie «Ombre pallide» mit der Wahnsinnsszene von Elisabetta vergleicht, gibt es frappante Ähnlichkeiten. In «Ombre pallide» hört man diese merkwürdig mäandernden chromatischen Terzgänge, die wie Würmer sind und Alcina innerlich zerfressen. Alcina, der bewusst geworden ist, dass sie Ruggero auf ihrer Insel nicht halten kann, verliert in diesem Moment ihre Zauberkräfte, ihre Macht und ihr Reich, ihre Weiblichkeit und ihr Eros. Die Zauberkräfte waren für sie wie ein Lebenselixir. Nun ist es versiegt – sie wird während dieser Arie alt. Ganz ähnlich Elisabetta in ihrer Wahnsinnsszene: Als das Todesurteil vollstreckt wird, altert sie innerhalb einer Viertelstunde vor unseren Augen. Alles, was diese Persönlichkeit ausgemacht hat, stürzt in sich zusammen. «Non vivo, non regno» – sie lebt und regiert nicht mehr. Elisabetta hat ihre Karten ausgespielt und alles so lange hinausgezögert, dass sie nicht gemerkt hat, wie sie sämtliche Trümpfe verloren hat. So bemitleidenswert diese Figur am Ende ist, hat sie doch auch etwas Groteskes.

«Die Elisabetta ist eine Partie, die mit Verdis Lady Macbeth vergleichbar ist.»

Donizetti schrieb die Rolle der Elisabetta für Giuseppina Ronzi de Begnis, eine seiner Lieblingssängerinnen und Primadonna assoluta am Teatro San Carlo in Neapel. Sie sang auch die Uraufführung von Maria Stuarda und war eine berühmte Anna Bolena. Welche Fähigkeiten muss sie gehabt haben? Sie hatte ausgeprägte Höhen, genauso aber auch kräftige Tiefen, eine grosse Beweglichkeit in der Stimme, und sie muss gleichzeitig zu einer konzentrierten Dramatik fähig gewesen sein. Insofern ist diese Partie fast mit Verdis Lady Macbeth vergleichbar, wie ja diese ganze Oper den frühen Verdi gleichsam vorwegnimmt. Generell muss man sagen, dass Donizetti damals die besten Sängerinnen und Sänger ihrer Zeit zur Verfügung standen. Nicht umsonst werden diese Partien –dazu gehört zum Beispiel auch Leicester in Maria Stuarda – als verhängnisvoll angesehen. Die Elisabetta in Roberto Devereux ist eine der gefährlichsten Partien in diesem Repertoire überhaupt. Als ich mit meiner Professorin diese Partie durchgegangen bin – ich arbeite seit 25 Jahren mit ihr zusammen –, hat sie am Ende die Noten zugeklappt und gesagt: «Mädchen, bleib bitte gesund.»

Der virtuose Stil, wie ihn Donizetti noch bei der zwei Jahre zuvor entstandenen Lucia di Lammermoor schrieb, verwandelt sich bei Roberto Devereux eher in eine Bravour des Expressiven…

Koloraturen sind ja grundsätzlich immer nur ein Mittel zum Zweck, selbst bei Händel und Rossini. Bei Roberto Devereux gibt es durchaus noch brillante Koloraturen, und wir machen das in unserer Produktion recht puristisch. Die grosse Leyla Gencer hat diese Par tie fast wie Verdi gesungen, Montserrat Caballé hat einen ganz eigenen Weg gefunden, während Beverly Sills in den 1960er-Jahren ihre Partie fast überornamentiert hat. Das war aber auch typisch für ihre Zeit. Edita Gruberova wiederum interpretierte Elisabetta fast wie eine veristische Rolle. Die Ästhetik, die wir in unserer Produktion pflegen, geht zurück zu den Quellen. Das bedeutet: keine Fer maten auf den hohen Tönen, und wenn doch, dann nur, wenn es tatsächlich in den Takt passt, und nicht allzu viele Verzierungen. Ich empfinde das wie ein Bild von Piet Mondrian – mit klaren Linien, Primärfarben und Rauten –, und nicht wie einen verspielten Klimt mit viel Gold.

Hilft dir deine langjährige Erfahrung mit Mozart und Händel für eine Partie wie der Elisabetta?

Vor allem Mozart. Händel ist Balsam für die Stimme, denn er hat die Stimme sehr gut gekannt, und seine Partien liegen immer angenehm. Mozart hingegen behandelt die Stimme wie ein Instr ument. Das diszipliniert enorm. Ein Fehltritt bei Mozart, und du bist draussen. Das ist wie beim Biathlon: Einmal verschossen, und du verlierst sofort deinen Platz, weil du diese Extra-Runde laufen musst. So ist es auch bei einer Partie wie der Elisabetta. Puccini verzeiht einem zum Beispiel viel mehr, denn man kann alles als Farbe, als Ausdruck verkaufen. Bei Donizetti geht das nicht. Ich weiss genau, in welche Fussstapfen ich hier trete, und ich verneige mich vor jeder Sängerin, die diese Rolle gesungen hat oder sie aktuell singt. Diese Partie ist ein Ritterschlag. Persönlich gibt mir die Elisabetta die Möglichkeit, mich zum ersten Mal mit Altersfragen auseinanderzusetzen. «Ageism» ist ein Thema, das sehr lange tabuisiert war. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Bereits vor zehn Jahren musste ich mir anhören, dass meine Stimme zwar jung klinge, ich selber aber nicht jung sei. Ein Sopran altert schliesslich nicht! Diese Problematik stellt sich für Mezzosopranistinnen weniger: Hier gibt es wesentlich mehr Partien für Frauen, die in die Jahre gekommen sind. Ich finde es interessant, mich mit diesem Thema durch diese Geschichte, durch das Sujet einer alternden Frau auseinanderzusetzen, einen Bezug zum eigenen Alter zu finden, ein eigenes Bild vor Augen zu haben –und nicht wie in der Oper, sich auf einen Dreissigjährigen einzulassen…

Das Gespräch führte Kathrin Brunner

Roberto Devereux Oper von Gaetano Donizetti

Musikalische Leitung

Enrique Mazzola Inszenierung

David Alden

Bühnenbild und Kostüme

Gideon Davey

Lichtgestaltung

Elfried Roller

Choreografische Mitarbeit

Arturo Gama

Choreinstudierung

Janko Kastelic

Dramaturgie

Kathrin Brunner

Elisabetta I.

Inga Kalna

Duca di Nottingham

Konstantin Shushakov

Sara

Anna Goryachova

Roberto Devereux

Stephen Costello

Lord Cecil

Andrew Owens

Sir Gualtiero Raleigh

Brent Michael Smith

Page

Aksel Daveyan

Vertrauter Nottinghams

Gregory Feldmann

Philharmonia Zürich

Chor der Oper Zürich

Statistenverein am Opernhaus Zürich

Premiere 5 Feb 2023

Weitere Vorstellungen

9, 12, 17, 22, 26 Feb; 4, 7, 17 März 2023

Partner Opernhaus Zürich a b

Stanislav Vorobyov

Aus welcher Welt kommen Sie gerade?

Aus der Welt Verdis: Gerade eben ging die Traviata­Serie zu Ende, in der ich den Dr. Grenvil gesungen habe. Und nun geht es direkt weiter mit der Welt von Richard Strauss und Salome.

Sie singen auch Alidoro in der Wiederaufnahme von La Cenerentola. Auf was freuen Sie sich in dieser Produktion?

Das ist eine meiner Lieblingsproduktionen hier am Haus! Ich freue mich sehr darauf, meine fantastischen Kolleginnen und Kollegen, darunter natürlich Cecilia Bartoli, wiederzusehen und mich erneut von dieser Inszenierung und Rossinis Musik verzaubern zu lassen.

Welches Bildungserlebnis hat Sie besonders geprägt?

Zum einen die Stimme von Dmitri Hvorostovsky: Als ich ihn zum ersten Mal hörte (da war ich noch ein Kind), habe ich zu meiner Mutter gesagt: So wie dieser Onkel will ich auch singen! Die Kunst Hvorostovskys hat mich und viele meiner Kollegen, die in Russland Gesang studiert haben, sehr geprägt. Zum andern hat mich die Begegnung mit dem Dirigenten Vladimir Fedosejew sehr beeindruckt. Als ich noch Student am Moskauer Konservatorium war, durfte ich unter seiner Leitung als Gremin in einer konzertanten Aufführung von Jewgeni Onegin auftreten. Das war sehr aufregend für mich. Nach der Vorstellung drückte er ganz fest meine Hand und sagte: Junger Mann, Sie haben eine grosse Zukunft. Passen Sie gut auf Ihre Stimme auf!

Welche CD hören Sie immer wieder? Der Klang von Schallplatten gefällt mir besser... die Aufnahme von Verdis Requiem mit Leontine Price, Renata Scotto, Luciano Pavarotti und Nicolai Ghiaurov unter der Leitung von Herbert von Karajan.

Welches Buch würden Sie niemals aus der Hand geben?

Homers Ilias. Zum ersten Mal habe ich dieses Epos in der Schule gelesen und seither immer wieder hervorgeholt.

Was bringt Sie zum Lachen?

Mein vierjähriger Sohn Artjom. Vor einer Woche habe ich ihm einige Ausschnitte aus dem Video einer Aufführung gezeigt, in dem ich zu sehen bin. Nun kommt er dauernd zu mir und sagt: «Papa, sing noch mal! Wie machst du das?» Dann singe ich etwas, und er sagt: «Papa, stop! Du singst nicht richtig! Du musst so singen...» Und dann läuft er mit ernstem Gesicht in der Wohnung herum und versucht, laut auf dem Vokal O Töne zu produzieren.

Welches künstlerische Projekt in der Zukunft, das Ihnen viel bedeutet, bereiten Sie gerade vor?

Ich habe viele Projekte, alle sind wichtig für mich, egal ob es eine kleine Rolle ist oder eine Hauptrolle. Momentan bereite ich die Basspartie in Verdis Requiem vor, ausserdem den Polizeikommissar in Richard Strauss’ Rosenkavalier, den ich im November an der Oper Genf singen werde.

Wie wird die Welt in 100 Jahren aussehen?

Ich möchte sehr gerne daran glauben, dass die Welt in 100 Jahren noch schöner und geheimnisvoller sein wird als jetzt; aber vor allem wünsche ich mir, dass unsere Nachfahren in Frieden, Liebe und Einigkeit leben werden. Und natürlich, dass auch in 100 Jahren noch Musik erklingen wird!

Stanislav Vorobyov singt in der Wiederaufnahme von «La Cenerentola» den Alidoro. Er war zunächst Mitglied des Internationalen Opernstudios, bevor er 2018 ins Ensemble des Opernhauses engagiert wurde. Zuletzt stand er hier als Dr. Grenvil in «La traviata» und als Colline in «La bohème» auf der Bühne.

Fragebogen
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Jewgeni Onegin

Die Bratschistin Natalia Mosca über eine besondere Stelle in Pjotr Tschaikowskis Oper

Die musikalische Schlüsselstelle in der berühmten Briefszene von Tschaikowskis Oper Jewgeni Onegin ist ein Motiv in den ersten Geigen und den Bratschen. Takt für Takt verdichtet es sich und wird immer schneller («stringendo») – für mich stellt es Tatjanas Herzklopfen dar. Die anfangs so schüchterne und verschlossene Tatjana spürt hier zum ersten Mal die Möglichkeiten des Lebens, Hoffnungen und Glücksgefühle. Es sind diese wenigen Takte, in denen sie sich entscheidet, einen Brief an Onegin zu verfassen und ihm ihre Liebe zu gestehen («Sollte ich auch sterben…»). Es ist der Moment, der aus Tatjana einen neuen Menschen machen wird – eine überschwänglich und hingebungsvoll liebende junge Frau. Die Musik wechselt in dieser Szene ständig zwischen Dur und Moll, zwischen Andante und Allegro und ist Ausdruck ihrer inneren Aufgewühltheit. Tatjana öffnet sich und macht sich damit sehr verletzlich. Umso mehr wird sie die schmerzhafte Abweisung durch Onegin treffen und einen enormen Einfluss auf ihr weiteres Leben haben: Mit Gremin wird sie später einen sehr viel älteren Mann heiraten. Als Onegin einige Zeit danach dann doch noch um die verheiratete Tatjana wirbt, weist sie ihn brüsk ab. Damit stellt sie die Treue zu ihrem Ehemann über die Treue zu sich selbst und über ihr eigenes Glück. Durch die ganze Oper zieht sich eine melancholische Farbe; der Bratschenklang, der sehr nah an der menschlichen Stimme ist, trägt einen wichtigen Teil zu diesem Klang bei. Seit meiner Kindheit berührt mich dieses Werk. Bei meinen drei Töchtern im Alter von 8, 11 und 14 Jahren würde ich mit einem Besuch der Oper allerdings noch warten, auch wenn ich weiss, dass sie als selbstbewusste, lebensfrohe junge Menschen aufwachsen und – anders als Tatjana in der Oper – auch mit Enttäuschungen und Kränkungen umzugehen lernen. Ihr Lebensglück wird nicht von einem Mann abhängig sein – wie gut, dass wir heute in anderen Zeiten leben!

29 Auf dem Pult

Verpasste Chancen

Im Zentrum von Tschaikowskis «Jewgeni Onegin» steht Tatjana, die ganz in der Welt ihrer Bücher lebt. Auf den ersten Blick verliebt sie sich in Onegin, doch der weist sie schroff zurück. Erst als es zu spät ist, entdeckt er seine Liebe zu ihr

Mit Ekaterina Sannikova, Igor Golovatenko, Benjamin Bernheim u. a.

Vorstellungen: 10, 16, 19, 24 Feb, 1 März 2023

Unterstützt von der Marion Mathys Stiftung

Fotos: Monika Rittershaus
Wiederaufnahme31
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Wir haben einen Plan

Plan

Einmal den Überblick haben? Die ganze Saison in einem Plan? Da wird es am Opernhaus Zürich schnell sehr kleinteilig... Julia Mathes, die Assistentin unseres Technischen Direktors, verschickt alljährlich einen solchen Plan. Aus Platzgründen zeigen wir hier nur den Ausschnitt vom Spielzeitbeginn bis etwa zur Premiere von «Roberto Devereux» im Februar. Eingetragen sind alle Vorstellungen auf der Hauptbühne (Premieren in pink). Der Plan, der vor allem dem technischen Betrieb dient, zeigt aber auch, wann beispielsweise die «Technische Einrichtung» erfolgt (grau), wann eine Vorstellungsserie vorbei ist und abgebaut werden kann (grün) sowie (oben und unten in gelb) die Tage, an denen Doppelvorstellungen stattfinden und die Bühnentechniker:innen besonders gefordert sind. Wer den Plan genau anschaut, merkt, dass es sich dabei meistens um Sonn- und Feiertage handelt. Für ein bisschen mehr Überblick und Orientierung sorgen die MiniV isuals von François Berthoud: Die grün-weisse Pille zeigt zum Beispiel, in welchem Zeitraum «La traviata» gespielt wurde.

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Fotos: Carlos Quezada Wiederaufnahme 34
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Von Bienen und Engeln

Mit dem Ballettabend «Angels’ Atlas» kehren zwei in ihrer kollektiven Wucht überwältigende Arbeiten der kanadischen

Choreografin Crystal Pite in den Spielplan zurück. Neben dem titelgebenden Stück und der vom Kollektivverhalten der Bienen inspirierten Choreografie «Emergence» tanzt das Ballett

Zürich mit «Almost Blue» –zur Musik der Soullegende Etta James – ein sehr persönliches Stück des gefeierten deutschen Choreografen Marco Goecke. Vorstellungen:

18, 19, 25, 26 Feb; 30, 31 März 2023

Ein Haus am See

Im Februar startet die Philharmonia Zürich einen Zyklus mit Werken von Sergei Rachmaninow in Kooperation mit dem Tonhalle-Orchester. Aus dem Anlass hat unser Kolumnist Volker Hagedorn der Villa des Komponisten am Vierwaldstätter See einen Besuch abgestattet

«Hat er geraucht?» «Kette», sagt sie, «eine Zigarette nach der anderen.» Wir stehen vor dem Gärtnerhaus, der Nieselregen hat kurz mal aufgehört, unterm Himmelsgrau hören wir von der Villa her einen Laubsauger brummen. Gärtnerhaus? Es ist selbst eine kleine Villa von dezenter Eleganz, kubisch, einstöckig, Flachdach, weiss, die Längsseite zum geschwungenen Parkweg hin, der Eingang unter dem rund umlaufenden Balkon versteckt. Das erste Gebäude, das er auf diesem Anwesen bezog, 1931. Von hier aus überwachte er den Bau der Villa Senar, benannt nach Sergei und Natalja Rachmaninoff. Mit ff. So stand es auf seiner Visitenkarte, so wird er hier am Vierwaldstättersee buchstabiert.

Auch von Andrea Loetscher, der Konzertflötistin und Kulturmanagerin, mit der ich rund um die Villa unterwegs bin, die für die Sergei Rachmaninoff Foundation das Kulturprogramm leitet und realisieren wird, nach der Renovierung. Wenn die Villa fertig ist, zum zweiten Mal. Noch wird das kubische Wunderwerk von einem Gerüst umschlossen und überdacht, von einem Aussenskelett, durch das schon die neu aufgebrachte Originalfarbe leuchtet, goldwarmes Ocker. Im Gärtnerhaus sind die Möbel zwischengelagert. Da findet man ein grüngepolstertes Stahlrohrsofa à la Corbusier, aber auch Neobarockes und Art déco, eine biedermeierliche Standuhr, einen schlichten Arbeitstisch, eine gewaltige Truhe – nein, das ist der Überseekoffer. Der Deckel mit grünem Leder bezogen und mit Messing beschlagen, das Innere blau und leer.

36 Volker Hagedorn trifft

So stand er wohl auch in diesem Haus, frisch ausgepackt, als es losging. Wir sind seinem Besitzer jetzt vielleicht näher als in einer wohlsortierten Schau. In einer seltsamen Zwischenwelt bewegen wir uns an diesem frühen Tag des Jahres, in dem er 150 Jahre alt geworden wäre, in einer Mittagsstunde, aus der sich die Gegenwart zurückgezogen hat wie die Sonne hinter die Wolken über dem See. Dafür ist Rachmaninoff überall. Alles hier erzählt von ihm, auch die Bäume, auch der sanfte Schwung des Terrains. Denn er bestimmte jedes Detail.

«Er hat sogar einen Felsen abtragen lassen, den sie hier ‹Gibraltar› nannten», sagt Andrea Loetscher, während wir zum See hinabgehen. «Es sollte vermutlich mehr wie in Iwanowka aussehen.» Wie jenes Landgut 600 Kilometer östlich von Moskau, das Rachmaninoff 1917 zum letzten Mal sah, ehe er das ins Chaos gestürzte Russland verliess. Iwanowka, wo er die meisten seiner Werke komponierte und sich in die Cousine verliebte, die er 1902 heiratete, Natalja. Mit ihr suchte Sergei, als Pianist einer der bestbezahlten seiner Zeit, diesen Flecken der Schweiz im Jahr 1930 aus, als er 57 war und sie 53. Er suchte Ruhe in einem Europa, in dem schon wieder die politische Spannung wuchs.

Von oben gesehen, auf der Landkarte oder vom Satelliten aus, ähnelt die Halbinsel eine halbe Schiffsstunde östlich von Luzern dem Kopfprofil eines Löwen mit halb aufgerissenem Maul, nach links gewandt. Etwa da, wo das Auge wäre, befindet sich das Areal von 20’000 Quadratmetern, das der Musiker für 250’000 Schweizer Franken kaufte. Heute ist das eine der teuersten Lagen des Planeten. Wären nicht die Denkmalschutzauflagen für ein unschätzbares Kulturerbe, hätten Rachmaninoffs Erben das ganze Anwesen wohl für 30 Millionen Franken verkaufen können. Der Kanton Luzern konnte es aber für acht Millionen erwerben und bezahlte noch mal drei Millionen für die Renovierung. Das klingt viel einfacher, als es zustandekam… Wir sind am Ufer, an einem Ausblicksplatz mit Steinbänken. Andrea Loetscher zeigt ins Grau über dem leicht bewegten Wasser: «Das ist der schönste Blick, den man am Vierwaldstättersee überhaupt haben kann.» Ohne Wolken sähe man drüben den Pilatus. «Es ist noch schöner, wenn’s nicht schön ist, wie jetzt» fügt sie hinzu. Mit Sonne sei es nämlich fast schon kitschig. Vom See aus konnte man früher bei gutem Wetter bequem die Villa sehen, jetzt verstellen die kanadischen Fichten den Blick, die der Musiker am Uferweg anpflanzen liess, wie auch die Scheinzypresse hinter der perfekt platzierten Steinbank, wie, im Park weiter oben, die Lärchen, Birken, Silbertannen, den Tulpenbaum und noch viel mehr, wovon er 1932 in einem Brief an seine Schwägerin schwärmt.

Ein Stück weiter nach Süden ist das Bootshaus, darin schaukelte bis 1939 sein überlanges Motorboot, in dem er auf einem Foto fast etwas verloren sitzt. Er liebte die Moderne in der Technik so, wie er sie in der Musik ablehnte. Im Frühjahr 1930 lässt er seinen nagelneuen Lincoln mit V8-Motor von New York nach Le Havre einschiffen und steuert das Luxusauto von dort bis in die Schweiz. Für seine Villa verpflichtet er Schweizer Architekten, die zu den besten des «Neuen Bauens» zählen, Möri & Krebs, und lässt für ihren Entwurf ein Chalet abräumen. Man könnte meinen, der Mann verfüge über unbegrenzte Mittel – aber die Weltwirtschaftskrise trifft auch ihn, im Januar 1933 telegrafiert er: «Bau stoppen». Drei Wochen später gibt er wieder grünes Licht, gut ein Jahr später, im März 1934, steht der Bau.

«Vielleicht doch zu schnell gebaut», meint Andrea Loetscher, als wir zur Villa hochgehen über ein wunderbar geschwungenes Treppchen. Die Renovierungsbedürftigkeit des Baus geht eben nicht nur auf die jüngeren Jahrzehnte zurück, als zwar der Enkel des Künstlers hier nach dem Rechten sah, es aber an Mitteln fehlte. Rachmaninoff scheint es eilig gehabt zu haben mit seinem Paradies, das er sich sogar als letzte Ruhestätte dachte. Es gibt Briefe und Berichte aus den 1930ern, die von nachlassender Gesundheit und nicht mehr ganz zuverlässiger Virtuosität zeugen. Es gibt aber auch die geniale Rhapsodie über das Thema von Paganinis 24. Caprice, die er hier gleich nach dem Einzug schrieb, am neuen D-Flügel mit ein paar Extras, den ihm Steinway & Sons zum 60. Geburtstag geschenkt hatte. «Der stand da links.» Wir

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stehen draussen vor dem riesigen, sprossenlosen Glasfenster des «Studiums», wie Rachmaninoff den für ihn wichtigsten Raum nannte, sein Studio, drei Stufen tiefer als das Hauptgebäude und diesem nach Westen vorgelagert.

Drinnen sieht man jetzt nur Malerutensilien. Ich denke sie mir weg und stelle mir vor, wie er von hinten aus dem Salon kommt, der «sehr grosse, hagere, ernste Gentleman», wie ein New Yorker Kritiker ihn 1935 beschreibt, sich mit dem Rücken zu uns an den Flügel setzt, mit Blick auf die Fotografien über dem Bücherregal, und seinem fernen, nahen Kollegen Paganini huldigt, indem er dessen berühmtes Thema zwischen Ironie und Pathos dekonstruiert, ein letztes Mal für Klavier und Orchester komponierend, nicht zufällig in Konzertlänge.

Andrea Loetscher telefoniert inzwischen mit einem, der den Schlüssel zum Haus haben könnte. Denn die Handwerker sind gerade nicht da, und wie vor einem richtigen Umzug muss halt auch improvisiert werden. Ich tröste uns damit, dass man sich Claude Debussys Haus in Paris nicht mal auf Sichtweite nähern kann, weil es einer saudischen Prinzessin in einer gated community gehört. Ausserdem hat es etwas schön Konspiratives, hinter einer Bauplane bis zur Haustür mit seinen Initialen in Stahl zu gelangen: «SR». Der Eingang fürs Personal ist links davon und tiefer. «Es ist sehr hierarchisch», sagt Andrea Loetscher fast etwas entschuldigend. Naja, er hat wenigstens dazu gestanden, der antirevolutionäre Grossbürgersohn aus dem Zarenreich. Heute werden Hierarchien kaschiert, ohne verschwunden zu sein. Verrückt nur, wie sich das hier mit einer Architektur verbindet, die alles Herrschaftliche, allen Pomp abgeworfen hat.

«Ich gehe durchs Haus und fühle mich wie ein Millionär – obwohl nicht jeder Millionär so ein Haus hat», schrieb er nach dem Einzug. In der Tat haben die allerwenigsten Millionäre so einen guten Geschmack. Und es ist mehr als geschmackvoll. Das ganze Ensemble, der Park, die Bauten, die Pflanzen sind ein Werk, ein wunderbares Spätwerk, eine Komposition in Balance von Form und Detail. Und komponiert man nicht eigentlich für alle? Insofern steht der Villa Senar ihre Uraufführung erst noch bevor, weiter wachsend in der Zeit wie die kanadischen Fichten am Ufer. Ihr Schöpfer konnte Senar nur fünf Jahre lang geniessen. Im August 1939 spielt er noch bei den Luzerner Festwochen; zu der Zeit hat er sich, besorgt über die deutsche Expansionspolitik, schon eine Wohnung in New York gesichert, wohin er mit Natalja am 23. August aufbricht.

Der Mann mit dem Schlüssel kann doch nicht kommen. Egal. Holen wir in Gedanken schon mal die Möbel aus dem Gärtnerhaus, stellen den Esstisch und Stühle für acht Personen aufs Parkett in den hellen Salon. Denken wir uns unter die Gäste, die vom – wie immer bei Rachmaninoff – russischen Personal bedient werden, den 36jährigen Pianisten Vladimir Horowitz aus der Ukraine, der sich später mit dem Gastgeber ans Klavier setzen wird – denn das tat er – und selbst einer von dessen besten Interpreten ist. Hoffen wir auf vergleichbare Begegnungen in der Zukunft und rauchen vorm Gärtnerhaus noch eine mit SR. Es nieselt wieder. «Es ist nützlich zu wissen», hat er zu Beginn der Bauarbeiten geschrieben, «dass hier wie überall die regnerischen Leute überwiegen. Die sonnigen sind selten.» Könnte sein, dass Rachmaninoff seine Meinung ändert, wenn hier an seinem Geburtstag am 1. April sein Flügel wieder erklingt…

38 Volker Hagedorn trifft

Rachmaninow-Zyklus 1

Noseda im Opernhaus

Gianandrea Noseda, Dirigent

Yefim Bronfman, Klavier

Elena Stikhina, Sopran

Sergei Skorokhodov, Tenor

Alexey Markov, Bariton

Philharmonia Zürich

Chor der Oper Zürich

Janko Kastelic, Choreinstudierung

SERGEI RACHMANINOW

Klavierkonzert Nr. 3 d-Moll op. 30

Die Glocken op. 35

So 12 Feb 2O23, 11.15

Opernhaus

Rachmaninow-Zyklus 3

Noseda in der Tonhalle

Gianandrea Noseda, Dirigent

Francesca Piemontesi, Klavier

Tonhalle-Orchester Zürich

SERGEI RACHMANINOW

Klavierkonzert Nr. 4 g-Moll op. 40

Sinfonie Nr. 1 d-Moll op. 13

Mi 8 Nov 2O23, 19.3O

Fr 1O Nov 2O23, 19.3O

Tonhalle

Rachmaninow-Zyklus 4

Järvi im Opernhaus

Paavo Järvi, Dirigent

Francesca Piemontesi, Klavier

Philharmonia Zürich

SERGEI RACHMANINOW

Rhapsodie über ein

Rachmaninow-Zyklus 2

Järvi

in der Tonhalle

Paavo Järvi, Dirigent

Yuja Wang, Klavier

Tonhalle-Orchester Zürich

SERGEI RACHMANINOW

Klavierkonzert Nr. 2 c-Moll op. 18

Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 44

Mi 29 Mär 2O23, 19.3O Do 3O Mär 2O23 19.3O

Tonhalle

Thema von Paganini a-moll op. 43

Sinfonie Nr. 2 e-Moll op. 27

Sa 11 Nov 2O23, 19.OO

Opernhaus

Ende gut, alles gut

In Gioachino Rossinis Oper «La Cenerentola» muss sich Angelina gegen zwei eifersüchtige Stiefschwestern behaupten und kann am Ende eine Märchenhochzeit feiern. Die legendäre Inszenierung von Cesare Lievi verpricht mit Cecilia Bartoli in der Titelrolle, dem jungen südafrikanischen Tenor Levy Sekgapane als Ramiro und Nicola Alaimo als Dandini ein Rossini­Fest der Extraklasse.

Vorstellungen:

Fotos: Monika Rittershaus, Suzanne Schwiertz
8, 10, 12, 15, 19, 21, 24 März 2023
Wiederaufnahme 41
Alle Infos zur Produktion

Weil Schwarzer hässlich

ein Schwarzer hässlich ist.

Weil

Wie viel Diskriminierung steckt in der Oper?

Unter der Fragestellung «Wie toxisch ist das Opernrepertoire?» haben wir in der vergangenen Ausgabe unseres MAGs eine mehrteilige Debatte begonnen, die die Werke und den Opernbetrieb kritisch in den Blick nimmt. In der ersten Folge haben wir gefragt, ob die Frauenbilder in der Oper noch zeitgemäss sind. In der Folge 2 widmen wir uns nun den Themen Diskriminierung, Rassismus und Vielfalt.

Folge 2
Schreiben Sie uns Ihre Meinung per Mail unter info@opernhaus.ch, Stichwort: Debatte

Wir sind noch nicht vom institutionellen Rassismus befreit

Die Mezzosopranistin Katia Ledoux, deren Karriere in Zürich am Interntionalen Opernstudio begann, kämpft für Vielfalt und gegen Diskriminierung an Opernhäusern. Ein Gespräch über Erfahrungen und Hoffnungen einer Schwarzen Sängerin

Katia, ich möchte mit dir über Diskriminierung und Vielfalt in der Welt der Oper sprechen. Du gehörst zu einer jungen, kritischen Generation von Sängerinnen, der diese Themen wichtig sind. Fangen wir bei den Werken an: Wie diskriminierend empfindest du die Stoffe, die dir im Opernalltag begegnen?

Ich hatte bis jetzt das Glück, nicht so vielen dieser Stoffe in meinem direkten Opernalltag zu begegnen, weil ich mich sehr viel im Barock und im zeitgenössischen Repertoire bewege. Es ist aber nicht möglich, zu ignorieren, dass es sehr viele problematische Werke gibt, die in den Statistiken der am meisten gespielten Opern ganz oben stehen.

Zum Beispiel Mozarts Zauberflöte. Genau. Auch Werke wie Madama Butterfly oder Turandot sind schwierig. Aber an der Zauberflöte kommt man nicht vorbei. Wenn ich das Libretto lese, könnte ich mich stundenlang darüber ärgern.

Was regt dich auf?

Sexismus, Rassismus, Heteronormativität… Pamina wird entführt, weil Sarastro meint, die Königin der Nacht könnte sie als Frau alleine nicht erziehen. Monostatos singt eine «lustige» Arie darüber, dass er die schöne weisse Frau vergewaltigen möchte, «weil ein Schwarzer hässlich ist» und sie ihn freiwillig nie lieben würde. Währenddessen sitzen im Publikum kleine Schwarze

Kinder oder Kinder von Familien, die vielleicht nicht traditionell aussehen. Was macht es mit einem Kind, so etwas zu sehen und zu hören? Da braucht es schon extrem viel Regiearbeit, um diesen Stoff so zu bearbeiten, dass er etwa auch als Kinderoper aufführbar ist.

Wie gehst du damit um? Weigerst du dich, in der Zauberflöte aufzutreten? Ich habe meine Bachelorarbeit über die Zauberflöte geschrieben und hatte eigentlich mit mir selbst den Deal gemacht, nie in ihr zu singen. Diesen Deal habe ich aber schon zweimal gebrochen. Einmal in Zürich in einer sehr klugen Inszenierung von Tatjana Gürbaca und einmal in Wien in einer wunderschönen Inszenierung von Mason Henry. Als junge Sängerin ist es nicht so einfach zu sagen: «Nein, das singe ich nicht!»

Wie gehen die Opernhäuser heute deiner Meinung nach mit den heiklen Stoffen um?

Ich habe den Eindruck, dass viele Bühnen inzwischen sensibel reagieren, da hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Ich selbst mache die Erfahrung, dass ich meine Vorbehalte thematisieren und mit der Regie oder der Dramaturgie darüber reden kann, das wird auch ernst genommen. Bisher habe ich immer einen Weg gefunden, nicht bei einer Produktion dabei sein zu müssen, bei der ich mich unwohl fühle, weil sie gegen meine tiefsten Überzeugungen verstösst. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich traue, die Themen offensiv anzusprechen. Aber vielleicht hatte ich auch einfach nur Glück. Natürlich gibt es Regisseure, die für Einwände nicht offen sind und nie etwas ändern würden. Dann bleibt einem wahrscheinlich keine andere Möglichkeit, als aus dem Projekt auszusteigen.

Plädierst du dafür, die Zauberflöte nicht mehr zu spielen?

Ich sage nicht, dass man die Oper aus dem Repertoire verbannen soll. Die Musik ist wahnsinnig schön, das ist ja klar. Ich verstehe, dass man den Menschen diese Oper nicht wegnehmen kann. Aber ich finde, man kann sie heute nur noch in einer Inszenierung spielen, die sich der Problematik bewusst ist und Lösungen dafür findet. Andererseits: Was wäre so schlimm daran, wenn sie mal ein paar Spielzeiten

Wie toxisch ist das Opernrepertoire? 45
«Wenn ich das Libretto der ‹Zauberflöte› lese, könnte ich mich stundenlang aufregen.»

nicht gespielt würde? Es gibt so viele andere spannende Werke mit wunderschöner Musik. Es wird manchmal gesagt: Die Oper droht auszusterben, wenn sie kein neues Publikum erreicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man neue Zugänge vor allem mit Stücken ausserhalb des traditionellen Repertoires schafft, indem man Geschichten erzählt, in denen sich Menschen wiederfinden, die bisher noch kein Opernhaus betreten haben. Vor eineinhalb Jahren habe ich am Amsterdamer Opernhaus in einer neuen Oper mitgewirkt, wo genau das gelungen ist. Sie heisst How Anansi Freed the Stories of the World, stammt vom südafrikanischen Komponisten Neo Muyanga und erzählt eine Geschichte, die ich aus karibischen Märchen meiner Kindheit kannte. Ich wusste nicht, dass fast jede Schwarze Community auf der Welt eine eigene Version des Spinnenwesens Anansi kennt. Als die Opernplakate in der Stadt hingen, hat die Community in Amsterdam gesagt: Oh, das ist eine Geschichte, die wir kennen, da gehen wir hin. Und das Theater war voll mit Menschen, die sonst kaum in der Oper zu sehen sind.

Wo stehen die Opernhäuser, was das Thema Diversität angeht?

Ich habe das Gefühl, es tut sich gerade viel, und ich hoffe, dass das nicht nur meine subjektive Wahrnehmung ist. Es gab enorme Schritte in den vergangenen zwei Jahren, die auch manche Formen von Diskriminierung un möglich gemacht haben. So wurde 2020 in den USA die Black Opera Alliance gegründet. Sie hat sehr viel in Bewegung gebracht. Bisher war die Antwort auf die Frage, warum an den Opernhäusern fast nur Weisse singen: Es gibt halt keine guten Schwarzen Sänger:innen. Jetzt legt die Opera Alliance sofort eine sehr, sehr lange Liste mit sehr, sehr guten Schwarzen Opernschaffenden auf den Tisch und sagt: Es gibt sie. Man muss sie einfach nur engagieren. Die alten Argumente sind nicht länger haltbar.

Haben der Mord an George Floyd 2020 und die Black Lives Matter­

Bewegung der Entwicklung einen Schub verliehen?

Die #BlackLivesMatter­Bewegung wurde ja eigentlich schon 2013 gegründet, nach dem Freispruch des Mörders von Trayvon Martin. In den letzten Jahren hat die Bewegung immer wieder Proteste organisiert, um auf die Tötung unschuldiger Schwarzer Menschen von Polizeibeamten, auf racial profiling und Polizeigewalt aufmerksam zu machen. Die bekanntesten Fälle, die durch #BlackLivesMatter ins Bewusstsein gerückt wurden, sind die Morde an Eric Garner, Tamir Rice, Philando Castile, Aiyana Jones, Walter Scott, Breonna Taylor oder Michael Brown, dessen Ermordung die riesigen Proteste in Ferguson herbeigeführt hat. Aber die vollständige Liste ist viel, viel länger und voll extremt schrecklicher Geschichten. Von dem Mord an George Floyd gab es ein Video, und das hat die ganze Welt wachgerüttelt. Der Rassismus gegenüber Schwarzen wird seitdem in einer neuen Dimension diskutiert. Die Black Opera Alliance ist 2020 gegründet worden. Zunächst war sie eher als Community zur Vernetzung und gegenseitigen Unterstützung gedacht. Daraus hat sich aber schnell eine starke politische Kraft entwickelt, die den Impuls in die Opernhäuser trägt: Lasst uns die Situation endlich verändern! Und in den USA hat sich seit der Gründung tatsächlich sehr viel bewegt. Die Alliance fordert gerechte Repräsentanz in den Häusern. Genau so viel Prozent wie Schwarze Leute in einer Stadt leben,

sollen auch an der Oper arbeiten. Die Alliance zeigte auf, dass die Diskrepanz in sehr vielen Fällen unglaublich gross war.

Wie sieht es in Europa aus?

Auch da tut sich einiges. Immer mehr Opernhäuser bemühen sich immer mehr, die Diversität der Städte, in der sie sich befinden, auch in ihrem Ensemble und in der Gestaltung der Spielpläne zu spiegeln. Es ist noch lang nicht perfekt, und wir sind als Gesellschaft noch nicht von institutionellem Rassismus oder Microaggressions geheilt, aber wir sind auf einem guten Weg.

In Zürich sagt man gerne: Hier leben ja gar nicht so viele Schwarze Menschen.

Meine Lebensrealität in Zürich war eine andere. Es kommt halt darauf an, wo man hingeht. Ich habe eine ausgeprägte Schwarze Community erlebt mit Restaurants, Afro­Shops, Friseurläden, die von manchen Kreisen aber vielleicht nicht wahrgenommen wird.

Sind die Opernhäuser nach wie vor Kulturinstitute der weissen Oberklasse?

Im Moment schon noch. Es ist schwer, da reinzukommen. Für alle jungen Sängerinnen und Sänger ist das auch eine materielle Frage. Ohne die finanzielle Unterstützung meiner Eltern hätte ich keine Karriere starten können. Um zu Vorsingen zu kommen, musst du viel reisen, hast Unterkunftskosten. Als Freischaffender am Beginn deiner Laufbahn verdienst du nicht viel und hast hohe Kosten. Alleine dadurch ist der Zugang zur Welt der Oper sehr limitiert. Ich kenne viele junge Kolleginnen und Kollegen mit wunderschönen Stimmen, die es nicht auf die Bühne schaffen, weil ihnen die materielle Grundlage fehlt. Auch die Visumsbarriere ist ein grosses Problem. Du kannst nicht einfach ohne festen Job, nur mit der Hoffnung auf schöne Engagements in einem Land ein Visum beantragen. Nehmen wir Südafrika als Beispiel: Das Land hat in den letzten Jahren unglaublich viele tolle Stimmen hervorge­

46 Wie toxisch ist das Opernrepertoire?
«Die Ausgrenzung von Sängerinnen und Sängern aus dem asiatischen Raum macht mich wütend.»

bracht, die auch in Wettbewerben erfolgreich waren. Und wo sind sie jetzt alle? Die meisten kommen nicht durch, weil ihnen das Geld und eine Aufenthaltserlaubnis fehlen. Deshalb kommt die Oper nicht weg von Milieus der weissen wohlhabenden Menschen. Das gilt genauso für Sängerinnen und Sänger aus dem asiatischen Raum. Ihre Ausgrenzung macht mich so wütend. Wir hatten viele Leute aus Korea an der Musikhochschule, supergute Stimmen, teilweise zum Niederknien schön. Aber die kriegen anschliessend einfach keinen Job und müssen wieder zurück nach Hause. Gleichzeitig ist der Kontinent bei der Besetzung asiatischer Rollen mit asiatischen Künstlerinnen und Künstlern so gut wie nicht existent. Man sieht kaum je eine asiatische Turandot. Das passt für mich nicht zusammen.

Nervt es dich eigentlich, dass du immer wieder zu den Themen Diskriminierung und Rassismus Stellung beziehen sollst? Die Regisseurin Tatjana Gürbaca hat mal polemisch gesagt: Sie werde andauernd zu ihrer Position als Frau befragt, während die Männer gleich ihre tollen Inszenierungskonzepte vorstellen dürfen. Empfindest du das als Schwarze Frau ähnlich?

Ja und nein. Was mich nervt, ist, wenn die Leute von mir nur spektakuläre Opfergeschichten hören wollen: Was ist das Schlimmste, das dir widerfahren ist? Es ist etwas anderes, wenn man das Gespräch mit mir als Expertin für diese Themen sucht, weil ich dann nicht in einer Opferrolle angesprochen werde. Ich bin überhaupt kein Opfer. Ich habe wahnsinnig Glück gehabt in meinem Leben. Das ist der Grund, warum ich so offen reden kann und es auch möchte. Ich hatte enorme Privilegien. Ganz viele problematische Situationen sind mir erspart geblieben.

Welche Privilegien meinst du?

Ich bin zwar Schwarz – ich schreibe das mit grossem, politisch selbstbewussten S –, aber sehr hellhäutig. Dadurch habe ich viel weniger Diskriminierung er­

fahren. Auch deshalb liegt mir daran, über die Themen zu sprechen, weil ich es kann. In meiner Ausbildung wurde mir oft gesagt, dass ich nicht öffentlich über Sachen wie Feminismus, Queerness und Rassismus sprechen soll, sonst könnte ich meine Karriere vergessen. Das würde den Leuten Angst machen, man würde mich nicht besetzen usw. Musst du dich wirklich als Schwarz definieren? Mach es dir doch nicht unnötig schwer. Aber es wäre für mich völlig absurd gewesen, das nicht zu tun. In meiner Gesangausbildung in Wien hat man mir geraten, ich solle auf jeden Fall für mich behalten, dass ich mit einer Frau zusammen bin. Das käme im Betrieb überhaupt nicht gut an. Jetzt stehe ich auf den Premierenempfängen, schaue mich um und frage mich: Gibt es hier eigentlich auch jemand, der nicht gay ist? Ich habe Glück in Opernhäusern zu arbeiten, in denen ich so sein kann wie ich bin und das machen zu können, was ich liebe. Aber genau deshalb ist es wichtig, dass ich mich für die Menschen einsetze, die das Privileg nicht haben, und so versuche, den Weg für die nächsten Generationen einfacher zu machen.

Wir müssen auch über Blackfacing reden, also das Schwarzschminken weisser Menschen auf der Bühne. Welche Erwartungen hast du bei diesem Thema an die Opernhäuser? Blackfacing geht gar nicht. Es ist diskriminierend und verletzend.

Du erwartest, dass die Theaterleitungen das respektieren?

Wenn sie weiter daran festhalten, sind sie einfach nur zu faul und zu unkreativ, anders damit umzugehen. Ich habe bisher noch keinen einleuchtenden Grund gehört, warum Blackfacing sinnvoll oder wichtig wäre.

Es gab im vergangenen Sommer in der Arena di Verona einen prominenten Fall von Blackfacing, der hohe Wellen geschlagen hat. Anna Netrebko ist als Aida schwarz geschminkt aufgetreten, und die Sopranistin Angel Blue hat ihren Auftritt als Traviata daraufhin abgesagt, weil sie nicht mit einem Veranstalter identifiziert werden wollte, der Blackfacing zulässt.

Da konnte man erleben, wieviel Aggression das Thema auslöst. Angel Blue hat die sehr schwierige Entscheidung getroffen, ihre Traumrolle abzugeben, um Haltung zu zeigen, und hat dafür so üble Hasskommentare auf den sozialen Medien bekommen, dass sie ihre Kanäle abschalten musste. Währenddessen wirbt der Veranstalter immer noch stolz mit Blackface­Bildern auf der Webseite.

Die Veranstalter haben entschuldigend argumentiert, es handele sich um eine alte Inszenierung von Luchino Visconti, die könne man nicht ändern. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, damit umzugehen. 2019 hat die Sopranistin Tamara Wilson sich zum Beispiel geweigert, für die Produktion angemalt zu werden, und damit ein starkes Zeichen gesetzt. Drei Jahre später sieht man, dass die Veranstalter nichts gelernt haben. Der Fall wurde geradezu zu einer Glorifizierung von Blackfacing.

Vielleicht ist die Welt der Oper eben doch noch nicht so tolerant, wie sie sich gerne gibt.

Das Problem ist nicht die Kunstform, sondern es sind die Institutionen, in denen sie stattfindet, die Strukturen, in die sie eingebettet ist. Ich gebe nochmal ein anderes Beispiel: Genderfluidität ist ja im Moment ein grosses

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«Ich habe noch keinen einleuchtenden Grund gehört, warum Blackfacing sinnvoll wäre.»
Wie toxisch ist das Opernrepertoire?

Thema. Es wird begrüsst, dass die Oper dafür so offen ist – Frauen treten in Männerrollen auf, Männer singen Frauenpartien. Aber an jedem Opernhaus gibt es eine superstrikte Geschlechtertrennung, was Garderoben, Kostüm und Maske angeht. Ich habe an der Stuttgarter Staatsoper in einer Produktion von Rusalka gesungen, in der Crossdressing konzeptionell eine grosse Rolle spielt, und es war sehr kompliziert zu organisieren, wer für wen die Kostüme macht. Ist für ein DragQueen­Kostüm jetzt die Herren­ oder die Damenschneiderei zuständig? Sind wir wirklich noch an dem Punkt?

Es ist nur ein kleines Beispiel, aber es zeigt, wie eingefahren die Strukturen sind. Das sitzt eben noch tief in vielen Köpfen: Ich erinnere mich an eine Produktion, bei der in der Premierenansprache ein Mann dafür gelobt wurde, dass er einen anderen Mann auf der Bühne geküsst hat. Wow, wie mutig. Ich habe als queere Frau noch nie Lob dafür bekommen, wenn ich einen Mann auf der Bühne geküsst habe.

Als du in Amsterdam warst, hast du im Rahmen eines Black Achievement Month sieben Tipps an dein jüngeres Ich gepostet. Einer lautete, man soll immer vorbereitet sein, sich selbst schminken zu können. Was hast du damit gemeint? Es gibt an Opernhäusern immer noch Maskenabteilungen, die sich mit nichtweisser Haut und nichtweissen Haaren nicht auskennen. Ich habe schon in der Maske gesessen und Kommentare gehört wie: Uff, das wird jetzt kompliziert. Für diese Hautfarbe haben wir nichts Passendes. Da müssen wir improvisieren und etwas zusammenmixen. Soll ich mich dafür entschuldigen? Ich sage dann: Es ist nicht mein Job, aber ich schlage folgendes vor. Ich habe immer mein eigenes Makeup dabei für den Fall der Fälle.

Dein Tipp Nummer eins lautete: Stay angry. Stay kind.

Ja, denn es gibt so viel auf der Welt, das mich wütend macht, gerade in der Oper. Ich könnte mich stundenlang

darüber aufregen, weil ich die Oper so unendlich liebe und es nicht akzeptieren möchte, dass es Menschen schwer gemacht wird, in ihr zu arbeiten oder als Publikum einen Zugang zu finden.

Mir fällt in unserem Gespräch allerdings eher der zweite Teil deines Tipps auf – die Freundlichkeit, die gute Laune, die positive Art, mit der du über Themen sprichst, die dich bedrücken.

Weil ich auch denke, dass man mit Wut alleine nicht viel bewegen kann. Wut ist wichtig. Wer nicht wütend ist, hat nicht aufgepasst, weigert sich, den Schmerz anderer zu sehen, oder fühlt einfach nicht mit. Aber mit Wut alleine kann man nur zerstören. Nicht aufbauen. Ich liebe die Oper. Ich möchte eine Welt erschaffen, in der Oper besser, zugänglicher, schöner, leistbarer, offener für alle ist. Deshalb: Stay angry, but stay kind.

Das Gespräch führte Claus Spahn

Die französische Mezzosopranistin Katia Ledoux kam als Kind nach Österreich, wo sie eine dreisprachige Erziehung (Französisch, Deutsch, Englisch) genoss. Sie hat eine ganze Reihe von Gesangswettbewerben gewonnen, bevor sie in den Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 Mitglied des Internationalen Opernstudios in Zürich war. Zuletzt hat sie die Jezibaba in Antonín Dvořáks «Rusalka» an der Stuttgarter Staatsoper gesungen, und an der Wiener Volksoper den Prinz Orlofsky in der «Fledermaus» und die Venus in Offenbachs «Orpheus in der Unterwelt». In der Neuproduktion von Gounods «Roméo et Juliette» ist sie im April und im Mai am Opernhaus Zürich in der Rolle der Gertrude zu erleben.

48 Wie toxisch ist das Opernrepertoire?

Es geht darum, die Freiheit der Kunst zu verteidigen

Intendant Andreas Homoki besteht auf Differenzierung in der Debatte um Wokeness, Diversität und kulturelle Aneignung. Ein Gespräch über das emanzipatorische Anliegen von Kunst, Shitstorms, erlaubte Eingriffe in die Werke und Empathie für Ausgegrenzte

Andreas, wir spielen an den Opernhäusern ein Repertoire, das zu grossen Teilen aus Werken des 18. und 19. Jahrhunderts besteht. In ihnen geht die Darstellung von Randgruppen oder die Stellung der Frau von ganz anderen gesellschaftlichen Übereinkünften aus als heute. Ist es ein Problem, wenn die Opern in unserer Gegenwart erklingen, die viel sensibler auf Diskriminierung und versteckten Rassismus reagiert? Das finde ich nicht. Man muss dabei bedenken, welche Opern sich bis heute im Repertoire gehalten haben und warum. Die meisten Opern, die im 18. und 19. Jahrhundert geschrieben wurden, kennen und spielen wir ja gar nicht mehr, weil sie zu sehr an die Zeit ihrer Entstehung gebunden und dem Gesellschaftsbild unserer Zeit nicht mehr vermittelbar sind. Die Aufführungsgeschichte wirkt über die Jahrhunderte hinweg wie ein starker Filter. Und ich wage die These, dass den Opern, die uns heute noch etwas zu sagen haben, letztlich immer ein emanzipatorisches Anliegen innewohnt. In der Oper geht es – wie in der griechischen Tragödie – immer um den Konflikt zwischen einer oder einem Einzelnen und der Gemeinschaft. Und jeder Konflikt ist getrieben von einer emanzipatorischen Energie – gegen Unterdrückung, für Freiheit und Selbstbestimmung. Daraus erwächst eine überzeitliche Kraft, die wir heute noch spüren. Natürlich haben die meisten Opern des 19. Jahrhunderts eine männlich dominierte Gesellschaft als Hintergrund, weil das damals halt so war.

Aber ich finde, dass die wirklich guten Autoren mit ihren Werken über die zeitgebundenen Hierarchien hinausweisen. Deshalb sind die Frauen immer wieder Utopieträgerinnen in den Opern. Sie scheitern, aber der Appell, dass sich die Verhältnisse ändern müssen, bleibt über ihren Tod hinaus bestehen. Der Humanitätsanspruch ist ganz eng mit der emotionalen Kunstform Oper verbunden. Und wirklich grosse Kunst ist frei von Ressentiments.

Gegenbeispiele diskutieren wir in dieser Debatte, von Mozart bis Richard Strauss. Opern existieren nur, wenn wir sie aufführen, und das heisst, wir interpretieren sie und untersuchen sie auf ihre Relevanz für unsere Zeit. Die Partituren haben eine grosse Offenheit in den Darstellungsmöglichkeiten. Nicht selten ist unser Bild von einem Stück durch die Rezeptionsgeschichte verzerrt, die

unter Umständen diskriminierend und rassistisch geprägt ist. Aber dann guckt man sich das Stück genau an und stellt fest: So ist es eigentlich gar nicht. Es ist viel universeller, und ich muss es gar nicht so machen, wie es immer scheint.

Diskriminierendes findet sich also eher in einer schlechten Aufführungstradition als in den Stücken selbst? Was heisst schlecht? Es sind Aufführungstraditionen, die an ihre jeweilige Zeit gebunden sind. Ich würde das gar nicht werten. Sie sind für heute einfach nicht mehr interessant.

Wer ist zuständig für diese Überprüfung, die letztlich verhindern soll, dass sich Diskriminierung fortsetzt? Das ist eine künstlerische Aufgabe. Die liegt vor allem in den Händen der Regie.

Wie stark darf man in Werke eingreifen, um sie für unsere Zeit akzeptabel zu machen?

Rein rechtlich kann ich als Regisseur mit den Stücken machen, was ich will, wenn das Urheberrecht abgelaufen ist. Aber natürlich gehen wir auf der Basis eines grossen Verantwortungsgefühls gegenüber den Partituren mit den Werken um. Das gängigste Mittel eines Eingriffs ist, etwas zu streichen, von dem man meint, dass es irgendwie stört oder zu lang dauert. Als Regisseur sollte ich mich aber erstmal allen Sperrigkeiten des Stücks stellen und sagen: Es gibt nichts, was sich szenisch nicht lösen lässt. Übermässiges Streichen kann ein Indiz dafür sein, dass es sich

Wie toxisch ist das Opernrepertoire? 49
«Die sozialen Medien erzeugen Meinungsdruck, der nicht auf Argumenten basiert, sondern moralisch urteilt.»

die Regie zu leicht gemacht hat. Die Widerstände, die eine Oper bei der szenischen Umsetzung bietet, sind produktiv. Man muss sich ihnen stellen, dann kommt unter Umständen etwas viel Interessanteres dabei raus.

Darf man unzeitgemässe Librettotexte umschreiben?

Was heisst dürfen? Das ist eine Frage, die durch künstlerische Überlegungen beantwortet werden muss. Hier und da einen Satz verantwortungsvoll umzuschreiben, finde ich nicht dramatisch. Das ist für uns am Haus kein Sakrileg.

Wie stark sind Werke grundsätzlich interpretierbar? Kann man Aussagen in ihr Gegenteil verkehren?

Bei einem wirklich guten Stück wird das schwierig. Die Stücke haben ihren eigenen Wahrheitskern, der unhintergehbar ist. Wenn eine interpretatorische Annahme gegen das Stück läuft, funktioniert es theatralisch nicht. Das Publikum merkt das sofort und ist zu Recht verärgert. Der musikalischszenische Inhalt einer Oper ist wie ein Strom. Dem musst du folgen. Du kannst nicht dagegen anschwimmen.

Machst du als Intendant Vorgaben?

Sagst etwa einem Team, das Die Entführung aus dem Serail machen soll, dass du Osmin nicht als Karikatur eines wütenden Muslims auf der Bühne sehen willst?

Für den künstlerischen Suchvorgang darf es keine inhaltliche Einschränkung vonseiten der Theaterleitung geben. Vielleicht ergibt sich ja eine Inszenierungsmöglichkeit, die klug mit so einer Klischeefigur umgeht und sie umwertet. Ich würde nie eine pauschale Ansage machen im Sinne von: Komm mir ja nicht mit diesem oder jenem. Als Intendant muss ich den Künstlerinnen und Künstlern vertrauen, die ich mit einer Neuproduktion beauftrage.

Du verteidigst die Freiheit der Kunst gegen Ansinnen von aussen wie Forderungen nach Wokeness oder Political Correctness.

Genau. Darum geht es.

Wie würdest du das Klima beschreiben, in dem im Moment Themen wie Wokeness diskutiert werden?

Ich empfinde es als ein sehr ungutes Klima. Der Diskurs wird stark von den sozialen Medien geprägt, die keine demokratisch legitimierte Macht haben, aber Meinungsdruck erzeugen, der nicht auf Argumenten basiert, sondern moralisch und ideologisch urteilt. Die anonymen Shitstorms werden dann oft von den seriösen Medien als Meinungsrealität präsentiert. Die liberalen gesellschaftlichen Kräfte tun sich schwer, dagegen zu halten, aus Angst, etwas vermeintlich Falsches zu sagen. Und plötzlich steht die populistische Frage im Raum, ob wir Winnetou abschaffen müssen. Meine Sorge ist, dass sich unsere liberale, demokratische Gesellschaftsordnung durch solche Partikularkämpfe schwächt und dekonstruiert und dadurch anfällig für totalitäre Interessen wird.

Was folgt daraus für die Arbeit an einem Opernhaus?

Das Reflexhafte an der Oberfläche ist nicht die Sache der Kunst. Wir müssen auf einer differenzierten Betrachtung und gedanklicher Tiefe bestehen.

Wie gehst du mit der Gefahr um, einen Shitstorm abzukriegen?

Ich versuche, diesen Druck nicht an mich ranzulassen. Ich muss Dinge aussprechen dürfen, von denen ich der Meinung bin, dass sie richtig sind. Und

das tue ich. Natürlich müssen wir in einer Kunstinstitution unsere Sprache und unser Handeln immer kritisch überprüfen. Wir leben in einer konkreten Zeit mit ihren jeweiligen Themen und Konflikten, und wir lernen nie aus. Aber wir müssen auch darüber nachdenken dürfen, ob die tagesaktuelle Debatte gerade so bedeutend ist, dass wir dafür in die Freiheit der Kunst eingreifen. Kunst darf auch mal unbequem dem Zeitgeist widersprechen. Ich finde in dieser Hinsicht übrigens auch die Debatte über sogenannte kulturelle Aneignung problematisch. Das Wesen des Theaters besteht nun einmal in der Verwandlung. In der Oper geht es darum, dass sich jemand durch Kostüm, Maske, Szene in eine Figur verwandelt, dass der Chor die Gestalt des Volkes in einem fernen oder nahen Land annimmt. In letzter Konsequenz würde die Diskussion um kulturelle Aneignung zu einer Auflösung aller Möglichkeiten führen, Verwandlung auf der Bühne zu zeigen. Das ist eine Sackgasse.

In der Diskussion geht es um stereotype Darstellungen, um rassistische Klischeebilder anderer Kulturen. Meine Zürcher Inszenierung von Land des Lächelns spielt in einem China in Anführungsstrichen. Wir haben für diese Operette ein superkünstliches MusicalChina entworfen, wie ein Zitat aus einem alten Revuefilm, und dagegen haben wir die typischen Europäer gestellt. Es ist ein bewusstes Spiel mit dem Stereotypen, das Zitathafte wird kenntlich gemacht.

Es gibt in Opern aber auch einen kolonialistischen Zugriff, der aus einer Position westlicher Überlegenheit agiert, das Fremde als etwas Bedrohliches ausstellt oder sich nur oberflächlich eines exotischen Kolorits bedienen will. Da wird es problematisch. Das kann man beispielsweise in Puccinis Turandot diskutieren. In Turandot ist das Asiatische absolut verzichtbar. Man kann die Oper ohne einen einzigen Chinesen inszenieren. Ich habe es selbst so gemacht, die Oper funktioniert trotzdem. Bei Madama

50 Wie toxisch ist das Opernrepertoire?
«Die Diskussionen um kulturelle Aneignung führen in eine Sackgasse, denn Theater ist immer Verwandlung.»

Butterfly hingegen wird der kulturelle Konflikt zwischen Ost und West, zwischen Japan und den USA, im Stück thematisiert, und zwar explizit antiimperialistisch. Um ihn darzustellen, braucht man die Gegensätze zwischen einem traditionellen Japan und den imperialistischen Vereinigten Staaten.

Eine Theater­Direktion kann an den Punkt kommen, an dem sie abwägen muss zwischen der Kunstfreiheit und der Verantwortung gegenüber Minderheiten. Wo sind die Grenzen? Ich darf Menschen in der Kunst nicht verletzen oder Verletzung ignorieren. Da endet die Freiheit der Kunst. In den Niederlanden gibt es seit Jahren eine Debatte um den Zwarte Piet, den Helfer des Nikolaus, der Kinder, die nicht brav sind, bestraft wie bei uns Knecht Ruprecht. Die Figur hat zwar eine lange Tradition und ist irgendwie folkloristisch in der Gesellschaft verankert, hat aber einen rassistischen und kolonialistischen Hintergrund – und ist negativ besetzt. Wenn ich mir vorstelle, ich bin Vater eines schwarzen Kindes, und mein Kind ist mit dieser Figur konfrontiert, dann muss ich sagen: Das geht nicht. Das ist eine rassistische Verletzung. Die Empathie für ausgegrenzte oder vergessene Figuren ist übrigens auch beim Inszenieren ein wesentlicher Aspekt. Ich muss alle Figuren im Blick haben und sie zu ihrem Recht kommen lassen. Man kann schwache Regiearbeiten daran erkennen, dass in ihnen Randfiguren auf der Bühne einfach übergangen werden. Man muss versuchen, sie zu fokussieren, sich ihrer Situation und ihrem Fühlen annehmen und herausarbeiten, woran sie zugrunde gehen, gerade wenn sie nicht im Zentrum der Handlung stehen.

Wir werden in der kommenden Spielzeit Michael Endes Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer als Familienoper spielen, in der die Hauptfigur ein Schwarzer Junge ist. Die Geschichte gehört inzwischen auch zu den kritisch hinterfragten Stoffen der Kinderliteratur. Siehst du da ein Problem?

Überhaupt nicht. Das ist ein wunderbarer Stoff für Kinder, aber auch für Erwachsene. Es ist eine liebevolle, bewusst inklusive Geschichte, die aus einer antirassistischen Haltung heraus geschrieben ist. Und das werden wir so auch auf der Bühne zeigen.

Wie wird Jim Knopf besetzt sein? Wegen der vielen Vorstellungen brauchen wir zwei Sängerinnen für diese Partie. Beide haben dunkle Hautfarbe.

Bist du dafür Opern, so zu besetzen, dass sich die Identität der Darstellenden mit der Figur deckt oder plädierst für sogenannte Colourblindness bei Besetzungen?

Die Frage kann man nicht pauschal beantworten. Was heisst das? Reden wir von der Hautfarbe oder auch von der kulturellen Sozialisation? Was veranschaulicht wiederum eine «farbenblinde» Besetzung? Wenn ich eine Familie auf der Bühne erzählen will, finde ich es schon okay, wenn sich Familienähnlichkeit auch im Aussehen der Darstellenden abbildet und nicht alle Mitglieder aus verschiedenen Erdteilen kommen. Andererseits: Als ich Bellinis I puritani gemacht habe, war es überhaupt nicht wichtig, dass wir mit Pretty Yende eine Südafrikanerin als Hauptfigur hatten und ihr Vater ein chinesischer Sänger war. Es kommt immer auf die jeweiligen theatralischen Annahmen und die Ästhetik der Aufführung an.

Wir würdest du Verdis Otello besetzen?

Otello hat sich in den letzten Jahren zu einem solchen Problem entwickelt, dass Opernhäuser bereits geplante Neuproduktionen kurzfristig wieder absagen. Das ist sehr schade, denn das Stück ist eine leidenschaftliche Anklage gegen rassistische Ausgrenzung. Die muss man zeigen können. Müsste ich die Oper selbst inszenieren, würde ich vielleicht versuchen, sie total divers zu besetzen mit einer asiatischen Desdemona, einem schwarzen Jago, einem südamerikanischen Otello – und im Vorspiel schminken sich alle weiss, nur einer nicht. Ich sage das, um klarzumachen, dass

man in eine theatralische Situation kommen muss.

In Otello mit Schminke arbeiten? Das könnte schwierig werden. Warum? Schminke ist ein legitimes theatralisches Mittel. Ursprünglich richtete sich Kritik an Blackfacing völlig zu Recht gegen eine rassistische Verunglimpfung schwarzer Menschen. Wer wollte das nicht unterstützen! Leider haben die Diskussionen inzwischen aber einen solchen Hang zu künstlicher Aufgeregtheit und Oberflächlichkeit, dass sie dem emanzipatorischen Anliegen eher schaden.

Strebt das Opernhaus Zürich grundsätzlich eine grössere Diversität bei Besetzungen an?

Wir versuchen, die bestmöglichen Künstlerinnen und Künstler für das jeweilige Stück zu bekommen. Wir brauchen inter nationale Klasse und sind absolut offen für Diversität. Wir müssen um der theatralischen Glaubwürdigkeit willen aber auch typgerecht besetzen. Sonst verlieren die Opern ihre Relevanz Zuallererst muss es natürlich immer um künstlerische Qualität gehen.

Ist Quotierung ein Instrument, um Vielfalt im Opernhaus zu fördern? Das wollen wir nicht. Das finde ich unkünstlerisch und auch menschlich unfair. Wenn man andere Kriterien als rein inhaltliche zulässt, kann das sehr gefährlich werden. Es könnte ja auch jemand auf die Idee kommen, bestimmte Menschen nicht mehr haben zu wollen. Kunst muss ihren eigenen Kriterien folgen, und Diversität muss sich aus dem Angebot ergeben. Folglich ist ein wichtiger Punkt Diversität bei der Förderung junger Talente. Ich bin stolz darauf, dass wir in unserem Internationalen Opernstudio Sängerinnen und Sänger aus allen Teilen der Welt fördern.

Das Gespräch führte Claus Spahn

51
Wie toxisch ist das Opernrepertoire?

Die Bühne bleibt leer, dann geht nochmals die Mitteltür auf. Herein kommt der kleine Neger, mit einer Kerze in der Hand, sucht das Taschentuch, findet es, hebt es auf, trippelt hinaus.

Regieanweisung zu den letzten Takten des «Rosenkavaliers» von Richard Strauss

52 52 Wie toxisch ist das Opernrepertoire?

Wir haben mit Traditionen gebrochen

Die Opéra de Paris hat vor zwei Jahren eine grossangelegte Studie zur Diversität an ihrem Haus in Auftrag gegeben und die Ergebnisse in Strukturveränderungen und neuen Kommunikationsformen umgesetzt. Wir haben bei der Diversitätsbeauftragten Myriam Mazouzi nachgefragt, was sich an der grössten Bühne Frankreichs verändert hat

Frau Mazouzi, an der Pariser Oper wurde 2021 ein «Rapport sur la Diversité» veröffentlicht, eine umfangreiche Studie über die strukturelle und künstlerische Vielfalt an Ihrem Haus. Wie ist es dazu gekommen? Dem «Rapport» ist ein Manifest vorausgegangen, das im Zuge der Black Lives Matter­Bewegung und nach den Protesten, die die Ermordung von George Floyd in den USA ausgelöst hatten, bei der Leitung der Pariser Oper eingereicht wurde. Dieses Manifest wurde von nicht­weissen Künstlerinnen und Künstlern aus unserer Ballettcompagnie und aus dem Chor verfasst. Es ist sehr sachlich und respektvoll formuliert, ohne Polemik und ohne anklagenden Ton. Die Unterzeichnenden forderten, dass über Diskriminierungen aufgrund von Herkunft oder Hautfarbe nicht mehr geschwiegen wird, und dass gewisse damit zusammenhängende Traditionen abgeschafft werden.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, das die Betroffenen in ihrem Manifest nennen?

Im Corps de Ballet der Pariser Oper war es bisher bei einem bestimmten Repertoire üblich, dass sich die Tänzerinnen und Tänzer die Haut weiss puderten. Diese Praktik hängt ursprünglich mit der spezifisch französischen Tradition des romantischen Balletts zusammen, den sogenannten «Ballets blancs» wie beispielsweise La Sylphide oder Giselle. Es ging darum, das Weiss der Kostüme auch auf den Körper auszuweiten, also um ein ästhetisches

Ideal, um Uniformierung. Im 21. Jahrhundert, in dem Tänzerinnen und Tänzer mit verschiedenen Hautfarben zum Corps de Ballet gehören, ist diese Tradition aber nicht mehr praktikabel. Für Menschen mit schwarzer Hautfarbe hat es nicht den gleichen symbolischen Wert, sich weiss zu pudern, wie für solche mit weisser Hautfarbe. Die Unterzeichnenden im Manifest wünschen sich deshalb, dass man in Zukunft auf individuelle Hautfarben Rücksicht nimmt und auch entsprechende kosmetische Produkte zur Verfügung stellt. Solche konkreten Forderungen haben das Projekt rund um die Diversität ins Rollen gebracht.

Der Direktor der Pariser Oper Alexander Neef hat daraufhin den «Rapport» in Auftrag gegeben. Wer hat diese Studie erarbeitet, und welche Auswirkungen hat sie heute auf den Betrieb?

Wir haben Constance Rivière damit beauftragt, die im Bereich der Politik und Kultur tätig ist, und den Historiker Pap Ndiaye, der sich bereits öffentlich zu Fragen der Diversität geäussert hatte und ein Experte für die Diskriminierungsgesetze in den USA ist. Pap Ndiaye ist unterdessen Bildungsminister von Frankreich geworden, aber das ist natürlich ein Zufall. Der «Rapport sur la Diversité» ist sehr umfangreich und macht viele Vorschläge. In der Praxis verfolgen wir heute vorrangig einige zentrale Punkte: Als erstes ging es darum, eine «Référente Diversité» zu bestimmen, eine zentrale Verantwortliche und eine Anlaufstelle. Zurzeit habe ich diese Position inne, allerdings nur für drei Jahre. Mir ist es wichtig, dass dieser Posten beweglich bleibt und in drei Jahren an jemand anderen übergeht.

Welche Entscheidungen haben Sie in dieser Position bisher getroffen?

Als eine der ersten Massahmen habe ich ein Gremium geschaffen, das sich in regelmässigen Abständen trifft und drängende Fragen berät. Dazu gehören der Direktor Alexander Neef, die Leitung der Personalabteilung, der Direktor des Balletts, die Leiterin der Ballettschule, künstlerische Vertreter aus dem Ballett und dem Chor sowie verschiedene Intellektuelle, die uns beratend unterstützen wie die Historikerin Sylvie Chalaye, die das Buch Race et Théâtre geschrieben hat, oder die Schriftstellerin Tania de Montaigne, die sich literarisch ebenfalls mit Fragen

53 Wie toxisch ist das Opernrepertoire?
«Im Corps de Ballet war es bisher üblich, dass sich die Tänzerinnen und Tänzer weiss puderten.»

der Diskriminierung auseinandergesetzt hat. In diesen Runden diskutieren wir jeweils über grundsätzliche strukturelle, aber auch über inhaltliche künstlerische Fragen.

Zum Beispiel?

In einer Runde haben wir uns der Nussknacker-Choreografie von Rudolf Nurejew gewidmet. In diesem Stück gibt es bekanntlich Charaktertänze, die verschiedenen Nationen zugeordnet sind: den Chinesischen, Russischen, Arabischen und Spanischen Tanz. Wir haben das Video der Choreografie in die Runde geschickt und anschliessend darüber diskutiert. Zunächst ging es um die Kontextualisierung: Das Mädchen Klara schläft ein und träumt, dass ihre Spielzeuge lebendig werden. Die Charaktertänze gehören in den Rahmen dieser Traumebene, bilden also keine Realität, sondern eine Welt der Fantasie und Karikatur ab. Als nächstes behandelten wir die Frage, ob diese Karikaturen in irgendeiner Weise diskriminierend sind. Schliesslich haben wir entschieden, im Chinesischen Tanz Änderungen an den Kostümen vorzunehmen und eine pantomimische Aktion im Arabischen Tanz zu ändern: Dort gab es eine Szene, in der Frauen mit der Hand zu essen gegeben wurde. Dieses offensichtliche Klischee erachteten wir als problematisch.

Diskutieren Sie in diesen Runden auch über Opern und Textbücher, die als problematisch gelten?

Ja, wir haben beispielsweise eine Runde mit der iranisch­französischen Regisseurin Mariame Clément gemacht. Sie hatte beim Glyndebourne Festival Rossinis Il turco in Italia inszeniert und in unserer Runde erzählt, wie sie mit den diskriminierenden Passagen im Libretto umgegangen ist. Es gibt in ihrer Inszenierung beispielsweise einen Moment, in dem alle als Türken verkleidet sind, nach dem Motto: Jeder ist jemandes «Türke». Ausserdem macht sie den Dichter Prosdocimo zu einer zentralen Figur, die die problematischen Stellen des Librettos in der Inszenierung kommentiert. Das Libretto selbst wurde

aber nicht geändert. Mir ist es wichtig, dass die Inszenierung zeigt, dass wir heute nicht mehr der gleichen Meinung sind wie im 19. Jahrhundert, dass sie sich zum Text verhält oder sich davon distanziert.

Gibt es andere Fälle, in denen man den Text ändern sollte? Ich habe beispielsweise gerade eine Zauberflöte in Strasbourg gesehen, in der Monostatos nicht mehr singt: «Weil ein Schwarzer hässlich ist», sondern «Weil mein Wesen hässlich ist». Was halten Sie davon?

Ich bin dagegen. Wir haben solch eine Änderung einmal gemacht, aber aus einem ganz anderen Grund: In Brittens The Rape of Lucretia gibt es eine Stelle im Textbuch, in der Tarquinius sagt: «Patricia lay naked with a negro.» Weil der Sänger aber selber Schwarz war, hat diese Aussage in unserem Kontext keinen Sinn mehr ergeben. Deshalb haben wir den Text umgeschrieben.

Wenn der Sänger nicht Schwarz gewesen wäre, hätten wir aber auch das Wort «negro» nicht geändert. Ich finde, dass man die Texte nicht ändern sollte, weil Kunstwerke auch immer die Denkweise ihrer jeweiligen Epoche reflektieren. The Rape of Lucretia ist ein Stoff, der auf Shakespeare und die Antike zurückgeht...

Sie sind also dagegen, «die Geschichte zu revidieren», wie Caroline Fourest, eine prominente feministische Kritikerin linker Identitätspolitik, das ausdrückt?

Ja, dass sich die weissen europäischen Männer im 19. Jahrhundert als überlegen betrachtet haben und einen ganz spezifischen Blick auf andere Kulturen hatten, widerspiegelt sich in vielen Opern und Balletten aus dieser Zeit. Ich finde, wir sollten uns lieber kritisch mit diesen Werken auseinandersetzen, anstatt sie vom Spielplan zu nehmen. Bei besonders heiklen Themen müssen wir natürlich umsichtig sein, aber nicht pauschal. Das Wort «nègre» ist im Französischen nicht grundsätzlich abwertend gemeint. Mit dem Begriff «Négritude» hat der aus Martinique stammende Schriftsteller Aimé Césaire beispielsweise eine bedeutende literarisch­philosophische Strömung mitbegründet, die sich kritisch mit dem kolonialistischen Denken auseinandersetzt und für Schwarze Selbstbestimmung eintritt. Als Kulturinstitutionen haben wir die Aufgabe, differenziert über diese Sachverhalte nachzudenken und dem Publikum in Programmheften oder Einführungsveranstaltungen Verständnishilfen zu geben.

Im Manifest, das an der Pariser Oper eingereicht wurde, steht auch die Forderung, in Zukunft auf das Blackund Yellowfacing zu verzichten. Damit haben wir aufgehört. Das ist keine Diskussion mehr. Das Blackfacing hängt mit einer langen Tradition in den USA, aber auch in Europa zusammen, die ganz eindeutig diskriminierend ist. In den Minstrel­Shows hat man sich auf herablassende Weise über Schwarze Menschen lustig gemacht. Dass das Blackfacing komplett abgeschafft gehört, darüber sind sich alle einig.

Das Thema Yellowfacing wird seltener angesprochen. Warum ist das so?

Ich glaube, das liegt daran, dass das Thema weniger stark aufgearbeitet ist, und dass die asiatischen Gesellschaften sich bisher weniger dagegen mobilisiert

«Wir sollten uns kritisch mit den Werken auseinandersetzen, anstatt sie vom Spielplan zu nehmen»
54 Wie toxisch ist das Opernrepertoire?

haben. Aber auch damit müssen wir, beispielsweise bei Madama Butterfly, um ein prominentes Opernbeispiel zu nennen, unbedingt aufhören. Eng verbunden mit diesem Thema besteht heute noch immer das Problem –zumindest in Frankreich –, dass asiatische und Schwarze Sängerinnen und Sänger besonders Mühe haben, für bestimmte Rollen überhaupt engagiert zu werden. Dieses Problem wird sich nicht lösen, wenn die Rollen, die aufgrund ethnischer Merkmale ihnen «gehören», noch immer von Weissen gesungen werden.

Sind Sie also der Meinung, dass beispielsweise Verdis Aida, laut Libretto eine Äthiopierin, vorrangig von einer Schwarzen Sängerin gesungen werden sollte?

Ja, heute ist das wichtig, weil Schwarze Sängerinnen und Sänger aufgrund von Äusserlichkeiten noch immer einen erschwerten Zugang zu vielen Rollen im Repertoire haben. Diejenigen, die ihnen ganz klar «gewidmet» sind, wie beispielsweise Verdis Aida, sollten deshalb ausschliesslich an sie vergeben werden. Ich hoffe aber, dass wir dieses Problem durch Veränderungen in der Ausbildung und im Casting in einigen Jahren nicht mehr haben werden, und dass der Zugang zum Arbeitsmarkt für Schwarze und asiatische Sängerinnen und Sänger vereinfacht wird. Und in diesem Fall fände ich es dann richtig, wenn Schwarze auch weisse Partien singen und umgekehrt.

Sie sind neben Ihrer drei Jahre dauernden Funktion als Diversitätsbeauftragte hauptberuflich Direktorin der Académie, die sich der Nachwuchsförderung widmet. Inwiefern können die Ausbildung und die Talentsuche zu mehr Diversität an der Pariser Oper beitragen?

Wir müssen junge Talente so fördern, dass sie zu Vorbildern werden. In unserer Ballettcompagnie hat sich da beispielsweise schon viel getan. Ein Tänzer wie Guillaume Diop, der senegalesisch­französische Eltern hat, wird in ein paar Jahren ein Star sein. Damit

Tänzer wie er überhaupt zu uns kommen, ist es wichtig, das Aufnahmeverfahren und die Jurys zu steuern –und hier spielt die Académie eine grosse Rolle. Ich habe beispielsweise ein Projekt in Französisch­Guyana initiiert, weil wir uns gegenüber dieser ehemaligen Kolonie öffnen wollen. Es gibt dort ein Konservatorium und zahlreiche Ballettschulen, die bisher nicht mit uns in Verbindung standen. Ich habe dann gemerkt, dass die New Yorker Alvin Ailey­Schule dort bereits vor Jahren Tänzerinnen und Tänzer gecastet hat, die heute zu ihren Stars gehören. Aber zu uns nach Paris hat sich niemand gewagt, obwohl Französisch­Guyana politisch mit uns verbunden ist. Diese Barriere wollen wir abbauen und haben in Cayenne und anderen Städten Rezitals und Ballett­Workshops organisiert, die begeistert aufgenommen wurden.

Mit der Forderung nach mehr Diversität geht manchmal die Angst einher, dass Quoten mehr Gewicht kriegen könnten als die Qualität. Wie sehen Sie das?

Die Frage nach Quoten ist an ganz bestimmten Stellen wichtig, vor allem bei den Jurys, die das Auswahlverfahren steuern. Es geht natürlich nicht, dass nur Männer in einer Jury sitzen, das ist klar. Es ist also einerseits wichtig, Talente verschiedenster Herkunft zu finden und einzuladen, und andererseits eine möglichst diverse Jury zu haben, die diesen Kandidatinnen und Kandidaten auch gleiche Chancen einräumt.

Sie sind täglich mit Problemen des Theateralltags konfrontiert. Wo gibt es, Ihrer Meinung nach, noch am meisten zu tun?

Eines der Hauptprobleme ist die Angst. Alle haben Angst vor diesem Thema, und viele wagen im Alltag nicht, darüber zu sprechen. Wir sollten diese Ängste abbauen, denn sie bringen uns nicht weiter.

Das Gespräch führte Fabio Dietsche

55 Wie toxisch ist das Opernrepertoire?

Februar

1 Mi Liederabend Regula Mühlemann

19.00 Tatiana Korsunskaya, Klavier; Rita Karin Meier, Klarinette; Konstantin Timokhine, Naturhorn

open space tanz

19.00 Tanz-Workshop für alle ab 16 Jahren Mittwochs

2 Do On the Move

19.00 Choreografien von Hans van Manen, Louis Stiens und Christian Spuck

3 Fr Salome

19.00 Oper von Richard Strauss

4 Sa Märchen auf dem Klangteppich

Was macht man mit einer Idee?

15.30 Für Kinder ab 4 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Studiobühne

On the Move

19.00 Choreografien von Hans van Manen, Louis Stiens und Christian Spuck

5 So Klavierquartette I

11.15 Brunchkonzert Spiegelsaal

Ballette entdecken

On the Move

14.30 Workshop für Kinder von 7 bis 12 Jahren Treffpunkt Billettkasse

Märchen auf dem

Klangteppich

Was macht man mit einer Idee?

15.30 Für Kinder ab 4 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Studiobühne

Roberto Devereux

19.00 Oper von Gaetano Donizetti Premiere

9 Do Roberto Devereux

19.00 Oper von Gaetano Donizetti

1O Fr Jewgeni Onegin

19.00 Oper von Pjotr Tschaikowski AMAG Volksvorstellung

11 Sa On the Move

20.00 Choreografien von Hans van Manen, Louis Stiens und Christian Spuck

12 So Rachmaninow zum 150. Geburtstag

11.15 4. Philharmonisches Konzert / Rachmaninow-Zyklus 1 Gianandrea Noseda, Musikalische Leitung

Einführungsmatinee

Siegfried

11.15 Bernhard Theater

Roberto Devereux

19.00 Oper von Gaetano Donizetti

16 Do Jewgeni Onegin

19.00 Oper von Pjotr Tschaikowski

17 Fr Roberto Devereux

19.00 Oper von Gaetano Donizetti

18 Sa Angels’ Atlas

19.00 Choreografien von Crystal Pite und Marco Goecke

19 So Angels’ Atlas

13.00 Choreografien von Crystal Pite und Marco Goecke AMAG Volksvorstellung

Jewgeni Onegin

20.00 Oper von Pjotr Tschaikowski

2O Mo Choreografie-Workshop

10.00 Sportferien-Angebot, Treffpunkt Billettkasse

22 Mi Roberto Devereux

20.00 Oper von Gaetano Donizetti

24 Fr Jewgeni Onegin

19.00 Oper von Pjotr Tschaikowski

25 Sa Angels’ Atlas

19.00 Choreografien von Crystal Pite und Marco Goecke

26 So Angels’ Atlas

13.00 Choreografien von Crystal Pite und Marco Goecke

Roberto Devereux

19.30 Oper von Gaetano Donizetti

27 Mo Händel

19.30 3. La Scintilla-Konzert Jonathan Cohen, Musikalische Leitung

56 Kalendarium

März

1 Mi Jewgeni Onegin

19.00 Oper von Pjotr Tschaikowski

4 Sa Familien-Workshop

Horizonte

14.30 ab 9 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

Märchen auf dem Klangteppich

Gian und Giachen

15.30 Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Studiobühne

Roberto Devereux

20.00 Oper von Gaetano Donizetti

5 So Familien-Workshop

Horizonte

14.30 ab 9 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

Märchen auf dem Klangteppich

Gian und Giachen

15.30 Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Studiobühne

Siegfried

16.00 Oper von Richard Wagner Premiere

7 Di Roberto Devereux

19.00 Oper von Gaetano Donizetti

open space stimme

19.00 Chor-Workshop für alle ab 16 Jahren Dienstags

8 Mi La Cenerentola

19.30 Oper von Gioachino Rossini

9 Do Siegfried

17.00 Oper von Richard Wagner

1O Fr La Cenerentola

19.30 Oper von Gioachino Rossini

11 Sa overdress!

20.30 Das Kostümfest

12 So Horizonte

13.00 Choreografien von Vittoria Girelli, Samantha Lynch und Shaked Heller Zürich-Premiere

La Cenerentola

19.30 Oper von Gioachino Rossini

13 Mo Liederabend Asmik Grigorian

19.00 Lukas Geniušas, Klavier

14 Di Siegfried

17.00 Oper von Richard Wagner AMAG Volksvorstellung

15 Mi La Cenerentola

19.00 Oper von Gioachino Rossini

17 Fr Roberto Devereux

19.00 Oper von Gaetano Donizetti

18 Sa Familien-Workshop

La Cenerentola

14.30 ab 9 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

Siegfried

17.00 Oper von Richard Wagner

19 So Jazz in Paris

11.15 Brunchkonzert Spiegelsaal

Anna Karenina

14.00 Ballett von Christian Spuck

Familien-Workshop

La Cenerentola

14.30 ab 9 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

La Cenerentola

20.00 Oper von Gioachino Rossini

2O Mo Jazz in Paris

12.00 Lunchkonzert Spiegelsaal

21 Di La Cenerentola

20.00 Oper von Gioachino Rossini

22 Mi Siegfried

17.00 Oper von Richard Wagner

23 Do Anna Karenina

19.00 Ballett von Christian Spuck

24 Fr La Cenerentola

19.00 Oper von Gioachino Rossini

25 Sa Horizonte

11.00 Choreografien von Vittoria Girelli, Samantha Lynch und Shaked Heller

57 Kalendarium

imprO-Opera

Die Welt der Mozart-Opern

15.30 ab 7 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

Anna Karenina

19.00 Ballett von Christian Spuck

26 So Einführungsmatinee

Roméo et Juliette

11.15 Bernhard Theater

Siegfried

14.00 Oper von Richard Wagner

imprO-Opera

Die Welt der Mozart-Opern

15.30 ab 7 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

3O Do Angels’ Atlas

20.00 Choreografien von Crystal Pite und Marco Goecke

31 Fr Angels’ Atlas

19.00 Choreografien von Crystal Pite und Marco Goecke

April

1 Sa Anna Karenina

19.00 Ballett von Christian Spuck

2 So Anna Karenina

14.00 Ballett von Christian Spuck

Lakmé

19.30 Oper von Léo Delibes, Konzertante Aufführung Premiere

4 Di open space stimme

19.00 Chor-Workshop für alle ab 16 Jahren Dienstags

5 Mi Anna Karenina

20.00 Ballett von Christian Spuck

6 Do Anna Karenina

19.00 Ballett von Christian Spuck

8 Sa Lakmé

19.00 Oper von Léo Delibes, Konzertante Aufführung AMAG Volksvorstellung

1O Mo Roméo et Juliette

19.00 Oper von Charles Gounod, Premiere

13 Do Roméo et Juliette

19.00 Oper von Charles Gounod

14 Fr Viva la mamma

19.00 Oper von Gaetano Donizetti Zürich-Premiere

15 Sa Musikgeschichten

Die Werkstatt der Schmetterlinge

15.30 Für Kinder ab 7 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Studiobühne

Lakmé

19.00 Oper von Léo Delibes, Konzertante Aufführung

16 So Viva la mamma

13.00 Oper von Gaetano Donizetti AMAG Volksvorstellung

Musikgeschichten

Die Werkstatt der Schmetterlinge

15.30 Für Kinder ab 7 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Studiobühne

Roméo et Juliette

19.00 Oper von Charles Gounod

19 Mi open space tanz

19.00 Tanz-Workshop für alle ab 16 Jahren Mittwochs

21 Fr Viva la mamma

20.00 Oper von Gaetano Donizetti

22 Sa Märchen auf dem Klangteppich

Honk!

15.30 Für Kinder ab 4 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

Roméo et Juliette

19.00 Oper von Charles Gounod

23 So Bernstein Copland Sibelius

11.15 5. Philharmonisches Konzert Yutaka Sado, Musikalische Leitung

Einführungsmatinee

The Cellist

11.15 Bernhard Theater

Märchen auf dem Klangteppich

Honk!

15.30 Für Kinder ab 4 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

58 Kalendarium

Viva la mamma

19.00 Oper von Gaetano Donizetti

25 Di Roméo et Juliette

19.00 Oper von Charles Gounod

28 Fr Roméo et Juliette

19.30 Oper von Charles Gounod

29 Sa Die Zauberflöte

19.30 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart

3O So The Cellist

19.00 Ballett von Cathy Marston Premiere Mai

4 Do Roméo et Juliette

19.00 Oper von Charles Gounod

5 Fr Die Zauberflöte

19.30 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart

6 Sa The Cellist

19.00 Ballett von Cathy Marston

Serse

19.00 Oper von Georg Friederich Händel Theater Winterthur, Premiere

7 So Einführungsmatinee

Lessons in Love and Violence

11.15 Bernhard Theater

Roméo et Juliette

13.00 Oper von Charles Gounod

Familien-Workshop

The Cellist

14.30 ab 9 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

Orphée et Euridice

20.00 Oper von Christoph Willibald Gluck AMAG Volksvorstellung

9 Di open space stimme

19.00 Chor-Workshop für alle ab 16 Jahren Dienstags

1O Mi Serse

19.00 Oper von Georg Friederich Händel Theater Winterthur

open space tanz

19.00 Tanz-Workshop für alle ab 16 Jahren M ittwochs

11 Do Orphée et Euridice

20.00 Oper von Christoph Willibald Gluck

12 Fr Serse

19.00 Oper von Georg Friederich Händel Theater Winterthur

Die Zauberflöte

19.00 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart

13 Sa Familien-Workshop

The Cellist

14.30 ab 9 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

imprO-Opera

«Die Welt der Händel-Opern»

15.30 ab 7 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

Roméo et Juliette

19.00 Oper von Charles Gounod

14 So Ballettgespräch

11.15 Zu Themen aus der Welt des Tanzes Treffpunkt Billettkasse

Klavierquartette II

11.15 Brunchkonzert Spiegelsaal

Orphée et Euridice

14.00 Oper von Christoph Willibald Gluck

Serse

14.30 Oper von Georg Friederich Händel Theater Winterthur

imprO-Opera

«Die Welt der Händel-Opern»

15.30 ab 7 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse

The Cellist

20.00 Ballett von Cathy Marston

15 Mo Klavierquartette II

12.00 Lunchkonzert Spiegelsaal

Liederabend Aleksandra Kurzak und Roberto Alagna

19.30 Marek Ruszczyński, Klavier

17 Mi Serse

19.00 Oper von Georg Friederich Händel Theater Winterthur

59 Kalendarium

Die Zauberflöte

19.30 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart

18 Do The Cellist

13.00 Ballett von Cathy Marston AMAG Volksvorstellung

Roméo et Juliette

19.30 Oper von Charles Gounod

19 Fr Orphée et Euridice

19.00 Oper von Christoph Willibald Gluck

2O Sa The Cellist

19.00 Ballett von Cathy Marston

21 So Lessons in Love and Violence

19.00 Oper von George Benjamin Premiere

23 Di Orphée et Euridice

19.00 Oper von Christoph Willibald Gluck

25 Do Lessons in Love and Violence

19.00 Oper von George Benjamin

26 Fr Monteverdi

19.00 Ballett von Christian Spuck

27 Sa Lessons in Love and Violence

20.00 Oper von George Benjamin

29 Mo Monteverdi

14.00 Ballett von Christian Spuck AMAG Volksvorstellung

Don Pasquale

20.00 Oper von Gaetano Donizetti

31 Mi Monteverdi

19.00 Ballett von Christian Spuck

Führungen

Führung Opernhaus

4, 5, 12, 18, 19, 25, 26 März; 1, 2, 15, 16, 22, 23, 29, 30 Apr 2023

Guided Tour Opera House

5, 12, 18, 26 März; 1, 16, 22, 30 Apr 2023

Familienführung

Mittwochnachmittags

8, 22 März; 12, 26 Apr 2023

Führung Bühnentechnik

3 März; 14 Apr 2023

Führung Maskenbildnerei

22 Apr 2023

Tickets für die Führungen sind im Vorverkauf erhältlich

Unter opernhaus.ch/fuer-alle gibt es Angebote für jeden Geldbeutel

Das Kalendarium mit Preisangaben finden Sie auf der Website

NOSEDA

Die erste gemeinsame CD mit der Philharmonia Zürich ist da. Der Generalmusikdirektor dirigiert Sinfonien von Antonín Dvořák. Ab sofort im Opernhaus und im Handel erhältlich.

philharmonia • rec

60 Kalendarium

Impressum

Magazin des Opernhauses Zürich

Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch

T + 41 44 268 64 00

Intendant

Andreas Homoki

Generalmusikdirektor

Gianandrea Noseda

Ballettdirektor

Christian Spuck

Verantwortlich

Claus Spahn

Sabine Turner

Redaktion

Beate Breidenbach

Kathrin Brunner

Fabio Dietsche

Michael Küster

Claus Spahn

Gestaltung

Carole Bolli

Sandi Gazic

Fotografie

Danielle Liniger

Florian Kalotay

Michael Sieber

Bildredaktion

Christian Güntlisberger

Anzeigen

Linda Fiasconaro

Schriftkonzept und Logo

Studio Geissbühler

Druck

Multicolor Print AG

Illustrationen

Anita Allemann

Der Artikel «Mythos Elizabeth I.» von Eva-Maria Schnurr erschien zum ersten Mal in Spiegel Geschichte 4/2014. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

MAG abonnieren

MAG, das OpernhausMagazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das OpernhausMagazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter:

T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.

Sponsoren

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden, Obwalden und Schwyz.

Partner

Produktionssponsoren

AMAG

Atto primo

Clariant Foundation

Freunde der Oper Zürich

Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

Projektsponsoren

René und Susanne Braginsky-Stiftung

Freunde des Balletts Zürich

Ernst Göhner Stiftung

Hans Imholz-Stiftung

Max Kohler Stiftung

Kühne-Stiftung

Marion Mathys Stiftung

Ringier AG

Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung

Hans und Edith Sulzer-Oravecz-Stiftung

Swiss Life

Swiss Re

Zürcher Kantonalbank

Gönnerinnen und Gönner

Josef und Pirkko Ackermann

Alfons’ Blumenmarkt

Familie Thomas Bär

Bergos Privatbank

Margot Bodmer

Maximilian Eisen, Baar

Elektro Compagnoni AG

Stiftung Melinda Esterházy de Galantha

Fitnessparks Migros Zürich

Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung

Walter B. Kielholz Stiftung

KPMG AG

Landis & Gyr Stiftung

Fondation Les Mûrons

Neue Zürcher Zeitung AG

Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung

StockArt – Stiftung für Musik

Else von Sick Stiftung

Ernst von Siemens Musikstiftung

Elisabeth Weber-Stiftung

Förderinnen und Förderer

CORAL STUDIO SA

Theodor und Constantin Davidoff Stiftung

Dr. Samuel Ehrhardt

Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG

Garmin Switzerland

Richards Foundation

Luzius R. Sprüngli

Stiftung LYRA zur Förderung hochbegabter, junger Musiker und Musikerinnen

Madlen und Thomas von Stockar

Kultur Inspiration

Engagement

Musik, Theater und Kunst – faszinieren, inspirieren, bewegen. Und fördern Dialog. Alles Gründe für Swiss Re, sich im Bereich Kultur zu engagieren, Kreativität und Leidenschaft zu unterstützen und neue, spannende Perspektiven zu eröffnen. In Zusammenarbeit mit Kultur-Institutionen und im Dialog mit Künstlern schaffen wir Neues. Und inspirieren Zukunft – gemeinsam: Together, we’re smarter. www.swissre.com

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