SARS-CoV-2 – Spezial
BERUFSVERBAND
BDRh
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE MÄRZ/APR 2020
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Impressum VERLAG: WORTREICH Gesellschaft für individuelle Kommunikation mbH Barfüßerstr. 12, 65549 Limburg Tel. 06431/59096-0, Fax 06431/59096-11 info@wortreich-gik.de, www.wortreich-gik.de CHEFREDAKTION: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de REDAKTION: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de Dr. med. Klaus Steffen, info@wortreich-gik.de HERAUSGEBER: Dr. Silke Zinke, Prof. Dr. Eugen Feist Dr. Edmund Edelmann, Sigurd Rudeloff GRAFIK: Inken Esin, www.coast-design.de DRUCK: AWG Druck, Runkel
COVID-19 bei Rheuma-Patienten Update zur SARS-CoV2/COVID-19-Pandemie: Erfahrungen in und aus der rheumatologischen Praxis
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · RA Christian Koller, München · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · RA Andrea Mangold, München · Prof. Dr. Günter Neubauer, München BEIRAT DES BDRH: Priv.-Doz. Dr. Xenofon Baraliakos, Herne · Prof. Dr. Eugen Feist, Vogelsang-Gommern · Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden · Sonja Froschauer, Grünwald · Dr. Kirsten Karberg, Berlin · Dr. Michael Rühlmann, Gottingen · Dr. Florian Schuch, Erlangen · Dr. Martin Welcker, Planegg JAHRGANG 12 · 2-2020 ISSN 1868-6044 JAHRESABONNEMENTPREIS: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden. BILDQUELLEN: TS – ©CDC Public Image Library, S. 3 – ©Shutterstock, S. 9 – ©Monkey Business/Fotolia.com, S. 15 – ©SPL, S. 27 – ©Kzenon/Fotolia.com, S. 29 – ©Pitopia, S. 55 – ©Shutterstock
Was ist uns die Zukunft wert? In die Versorgung investieren oder sparen?
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
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EDITORIAL
Corona-Krise: Schaffen wir das? Deutschland, Europa, ja die ganze Welt ist im medizinischen Krisenmodus. Der medizinischen Krise droht ein ökonomischer Schock zu folgen. Beide treffen uns wenig vorbereitet, und sind doch Folgen einer weltweit gefeierten Entwicklung: Es ist die globale Vernetzung der Gesellschaften und Volkswirtschaften und die damit einhergehende Mobilität der Menschen, die einerseits Wohlstand andererseits aber auch Risiken globalisieren. Es ist nicht mehr unbedeutend, welche hygienischen Verhältnisse in chinesischen Fabriken oder in den Flüchtlingslagern in Griechenland herrschen. Deren Konsequenzen können über Nacht bei uns vor der Haustüre stehen. Und so ist es auch mit dem Corona-Virus im fernen und doch so nahen China geschehen.
schen ausreichen. Lassen sich sowohl Reha-Kliniken wie auch die niedergelassenen Ärzte verstärkt in die Krisenbewältigung einbinden?
Deutschland ist bislang mit der Pandemie – verglichen mit anderen Ländern – relativ gut zurechtgekommen. Ein Indikator dafür ist die niedrige Mortalitätsrate der infizierten Personen. Die medizinischen Behandlungskapazitäten sind längst (noch) nicht ausgeschöpft, insbesondere die Ausstattung mit Intensivbetten erweist sich als erstaunlich anpassungsfähig. Ähnliches gilt für die personelle Ausstattung, was freilich vor allem der hohen Motivation der Beschäftigten zu verdanken ist. Es zeigt sich allerdings, dass die personelle Kapazität nur durch Umgruppierung befriedigend gelöst werden kann. So müssen die chirurgischen Einheiten zugunsten der konservativen Abteilungen zurückgefahren werden. Die Corona-Krise macht freilich auch Schwächen unserer Gesundheitsversorgung sichtbar. Zum einen zeigt sich, dass sowohl die personellen Ressourcen, wie auch die Vorhaltung von Verbrauchsgütern aufgrund des hohen Kostendrucks – auch durch die Politik initiiert – auf ein Minimum reduziert worden sind. Die knappen Entgelte, die lediglich die laufenden Betriebskosten abdecken, erlauben keine Vorhaltung von Reservekapazitäten. Die bisherige Lösung: global playing. Bei einem überraschend auftretenden Mehrbedarf, wie dies jetzt der Fall ist, kann dieser nicht durch Rückgriff auf
Univ.-Prof. Dr. Günter Neubauer Reserven befriedigt werden. Ein Hindernis stellt dabei die hohe Spezialisierung von Ärzten und Pflegepersonal dar. In Zukunft muss daher in Weiterbildungsprogrammen der Aspekt einer Katastrophenlösung berücksichtigt, ja geübt werden. Bei der Bevorratung von Verbrauchsgütern muss die Perspektive des „just in time“ ein Stück zurückgestellt werden. Bevorratungen für den Notfall sollten vorgeschrieben, müssen dann aber in der Vergütung berücksichtig werden. Auch der Großhandel bzw. die Einkaufsgemeinschaften können in die Bevorratung mit einbezogen werden. Schon bald kann das deutsche Gesundheitssystem vor der ethischen Frage stehen, welche Prioritäten nach welchen Kriterien zu setzen sind, falls die aktuellen und potenziellen Kapazitäten nicht für die Behandlung aller infizierten Men-
Zu Hotspots der Pandemie entwickeln sich mehr und mehr die Alten- und Pflegeheime. Nicht nur dass die Einrichtungen unter einer extremen Personalknappheit leiden, sondern ihre Bewohner sind auch hochgradige Risikopersonen. Die Bewohner sind nahezu allesamt betagt, multi-morbide und damit hoch gefährdet. Verbunden mit einer sensiblen Personalknappheit ergibt sich so eine explosive Kombination von Risikofaktoren. Werden nämlich auch Pflegepersonen unter Quarantäne gestellt, so ist die Versorgung und Pflege aller Bewohner gefährdet. Für die Erkrankten bleibt nur noch die Verlegung ins Krankenhaus als Ausweg. Hier zeigt die Corona-Krise sichtbar für alle, dass in Deutschland eine unbefriedigende pflegerische und ärztliche Versorgungssituation in Alten- und Pflegeeinrichtungen besteht, die mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko von den Bewohnern bezahlt werden muss. Schaffen wir das ab! m
Univ.-Prof. Dr. Günter Neubauer Institut für Gesundheitsökonomik Frau-Holle-Straße 43 81739 München
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
Inhalt
SARS-COV-2 – SPEZIAL 11
DGRh-Empfehlungen zum Therapiemanagement während der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie
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Kommentar zu den DGRh-Empfehlungen Prof. Dr. Klaus Krüger
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14 DGRh: Deutsches COVID-19-Register und Patientenversorgung 16
Praxisorganisation und -Management: Ein Meinungsbild aus der Praxis
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Arbeitsrechtliche Fragestellungen im Fokus
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Kurzarbeitergeld und Sparpotenziale
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KOLUMNE „BERLIN INTERN“ Die wundersame Wandlung des Jens Spahn Dr. Erich Schröder
MITTEILUNGEN DES BDRH 32
UMSTELLUNG VON RHEUMADOK AUF RHEMIT Praktische Erfahrungen einer Praxis Dr. Silke Zinke
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EDMUND EDELMANN Ein Denker und Macher geht von Bord
SARS-COV-2 SPEZIAL RHEUMATOLOGIE
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36 MEDIZINRECHT Digitalisierung im Gesundheitswesen: das Patientendaten-Schutzgesetz RA Anne Herzig 37
EIN SERVICE FÜR BDRH-MITGLIEDER Sie fragen – Experten antworten
38 STELLENBÖRSE
EIN DENKER UND MACHER GEHT VON BORD
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
Inhalt
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RHEUMAPREIS 2020 Ermutigen Sie Ihre Patienten, sich zu bewerben!
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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK Rheumatoide Arthritis – wenn die HWS zum Problem wird Prof. Dr. Herbert Kellner
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS Update der EULAR-Empfehlungen 2019: Nur wenige Neuerungen
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FRÜHE RHEUMATOIDE ARTHRITIS Aggressiver Therapiebeginn: Frühzeitige Vorteile schwinden mit der Zeit
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INTERSTITIELLE LUNGENERKRANKUNGEN Auch RA-Patienten mit progredienten ILDs profitieren von Nintedanib
55 FIBROMYALGIE-SYNDROM TENS reduziert Schmerz und Fatigue – aber nur ein wenig… 57 PSORIASIS-ARTHRITIS IL-23-Inhibitor überzeugt in Phase-III-Studien 61
SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES Interdisziplinäre Empfehlungen zum sicheren Einsatz von Antimalariamitteln
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ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN PEXIVAS-Studie publiziert: Plasmapherese enttäuscht, Steroideinsparung möglich
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RHEUMA UPDATE 2020 Highlights aus der Rheumatologie
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Hot topic: Rheuma und Lunge
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INDUSTRIE-BERICHTE
48
RHEUMATOIDE ARTHRITIS: NEUE EULAR-LEITLINIE
64
RHEUMA UPDATE 2020: EIN RÜCKBLICK
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
SARS-COV-2 – SPEZIAL
COVID-19-Pandemie: Ein Überblick zu medizinischen und Management-Maßnahmen In Anbetracht der fast inflationären Meldungen über und zum Corona-Virus wollen wir in dieser Ausgabe wichtige Informationen für die rheumatologische Praxis anbieten – sowohl was Therapie- und Versorgungsaspekte anbelangt, als auch im konkreten Praxismanagement in Bezug auf Organisation und dem Auffangen etwaiger finanzieller Probleme.
Den medizinischen Aspekt bildet die aktuelle Stellungnahme bzw. Handlungsempfehlung der DGRh. Dem verständlichen Reflex, immunsuppressive Therapien zu reduzieren, sollte in den meisten Fällen nicht nachgegeben werden, so Prof. Dr. Klaus Krüger, der die DGRh-Empfehlungen erläutert (Seite 12). Eingegangen wird ferner auf mögliche Engpässe in der Therapie mit Antimalariamitteln oder womöglich auch IL-6-Inhibitoren, die als Kandidaten vor oder bei COVID-19-Pneumonien gehandelt werden.
Der/die Praxisinhaber werden eigentlich zum ersten Mal vor die Frage gestellt: Wie kann ich wegen der Einschränkungen, heißt Mindereinnahmen, den Praxisbetrieb so aufrechterhalten und den Versorgungsauftrag erfüllen? Oder: Wie ist die Liquidität bezüglich privater und praxisbezogener Verpflichtungen zu erhalten? Der Gesetzgeber hat für diese außergewöhnliche Situation bekannte Gesetze geändert. Deswegen haben ein Rechtsanwalt
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arbeitsrechtliche Möglichkeiten und Handlungsempfehlungen und Fragestellungen in einem Artikel dargelegt (Seite 22) sowie ein Steuerberater das Thema Kurzarbeitergeld und Liquiditätspotenziale (Seite 26) ausgearbeitet. Stimmungsbilder und Berichte über Maßnahmen und Erfahrungen, die zwei Kolleginnen und fünf Kollegen in ihren Praxen gemacht haben, runden dieses aktuelle „Corona-Special“ ab (Seite 16). m
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
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SARS-COV-2 – SPEZIAL
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie: Empfehlungen zum Therapiemanagement während der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) will mit ihren aktuellen Handlungsempfehlungen für die Betreuung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen Hilfestellung für spezielle Belange angesichts der aktuellen Bedrohung durch das Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) geben.
Bisher gibt es für Handlungsempfehlungen bei der Betreuung und Behandlung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in Verbindung mit der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie keine evidenzbasierten Daten. Dies betrifft insbesondere die speziellen Auswirkungen der Infektion auf Rheumakranke sowie den Einfluss der immunsuppressiven oder immunmodulierenden Antirheumatika auf die Infektion. Die nachfolgenden Empfehlungen fußen dementsprechend auf einem von der DGRh erstellten Expertenkonsensus. Er stützt sich auf Analogien zum Vorgehen bei anderen, länger bekannten Virusinfektionen, auf theoretische Überlegungen und auf bisher bekannten Daten und Fakten zur SARS-CoV-2-Infektion.
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Höheres Lebensalter
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Multimorbidität, insbesondere vorbestehende Lungenerkrankung, Diabetes mellitus
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Anamnese früherer schwerer Infektionen (z. B. Sepsis)
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GK-Dauertherapie, insbesondere ab 5 mg/Tag (Risiko nimmt mit der Dauerdosis zu)
5
Therapie mit DMARDs und anderen Immunsuppressiva (außer HCQ, Sulfasalazin)
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Hohe Aktivität der rheumatischen Grunderkrankung
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Aktuelle oder weniger als 8 Wochen zurückliegende Cyclophosphamid-Therapie
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Erworbene und angeborene Immundefekte, insbesondere: – Immunglobulin-Mangel <4g/dl IgG – Lymphopenie <500/μl, CD4-Zellen <200/μl
Tab.: Wichtige grundsätzliche Risikofaktoren für eine Infektion bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen
Es versteht sich, dass in jedem Einzelfall ein Abweichen von diesen Empfehlungen sinnvoll sein kann. Außerdem sollten die Fakten zur weiteren Entwicklung der Infektion sowie neue therapeutische Entwicklungen aufmerksam verfolgt werden, da sich hieraus stets Änderungen dieser Konsensusempfehlungen ergeben können.
Vermeidung von Infektionen – Es gelten die vom Robert Koch-Institut (RKI) für die Allgemeinbevölkerung und für speziell gefährdete Personen beschriebenen und täglich aktualisierten Maßnahmen. – Patienten mit rheumatischen Erkrankungen haben unter bestimmten Bedingungen ein erhöhtes Infektionsrisiko (Tab.). Ob dies auch für SARS-CoV-2-Infektionen gilt, ist nicht bekannt. Ob eine COVID-19-Erkrankung bei Patienten mit einer entzündlichrheumatischen Erkrankung schwerer verläuft als bei nicht rheumatisch erkrankten Personen ist ebenso wenig bekannt wie die Antwort auf die Frage, ob die medikamentöse Immunsuppression ein zusätzliches Risiko für einen schweren Verlauf darstellt. Patienten mit rheumatischen Erkrankungen sollten daher Empfehlungen zur Kontaktvermeidung konsequent befolgen. Hierzu gehört auch, mit dem Arbeitgeber zu besprechen, inwieweit eine Kontaktvermeidung am Arbeitsplatz umsetzbar ist. Patienten können Atteste ausgestellt werden, dass sie eine immunsuppressive/immunmodulierende Therapie erhalten, mit dem sie sich an Betriebsärzte/ Amtsärzte/Arbeitgeber wenden können. – Kontakte zwischen SARS-CoV-2-Infizierten und Rheumatologen, bzw. zwischen Infizierten und rheumatologischen Versorgungseinrichtungen sollten vermieden werden, bis die Infektion abgeklungen ist (in der Regel >14 Tage nach Symptomende). – Notwendige Kontrollen zur Therapie- und Krankheitsüberwachung sollten zwar sichergestellt sein, im Einzelfall muss aber zwischen dem Risiko durch Haus-/Arztbesuche und dem Risiko durch fehlende Kontrollen abgewogen werden. So können bei Patienten in stabiler Krankheitseinstellung und mit bereits länger laufender Therapie vorübergehend längere Kontrollintervalle zur Vermeidung von Kontakten erwogen werden. Die Behandlung der SARS-CoV-2-Infektion selbst sollte durch den Hausarzt (milde Fälle), einen Infektiologen, einen Pneumologen oder
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
gegebenenfalls einen Intensivmediziner (schwere Fälle) gesteuert werden, wobei der Rheumatologe beratend verfügbar sein sollte.
Medikamentöse Therapie im Kontext der aktuellen COVID-19-Pandemie Ein generelles Pausieren oder eine generelle Reduktion der Immunsuppression wird nicht empfohlen, da die Pandemie voraussichtlich länger andauern wird und immunsupprimierte Patienten im Falle einer Therapiereduktion oder eines Aussetzens der Immunsuppression einem erhöhten Risiko von Rezidiven ausgesetzt wären. Ein solches Rezidiv bzw. ein Schub der rheumatischen Grunderkrankung erhöht zum einen das Infektionsrisiko (Tab.). Zum anderen zieht diese Destabilisierung die Notwendigkeit nach sich, die immunsuppressive Therapie wieder (und möglicherweise über das ursprüngliche Maß hinaus) zu intensivieren. Immunsuppressive Therapien zur Remissionsinduktion (z. B. bei Vaskulitiden) sollten nicht verzögert oder unterdosiert werden, wobei etablierte Therapieregime mit geringeren Glukokortikoid (GK)-Dosen bevorzugt werden sollten. Hydroxychloroquin (HCQ) sollte nicht abgesetzt werden, da dies eher nützlich als schädlich bei einer COVID19-Infektion sein könnte.
Empfehlungen in speziellen Situationen Patienten ohne Infektzeichen – Zum Remissionserhalt eingesetzte Immunsuppressive und/oder DMARD-Therapien sollten nicht allein aus Furcht vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 beendet oder dosisreduziert werden. Dosisreduktionen von GK können im Einzelfall bei anhaltend stabiler Einstellung aber erwogen werden. – Die Dosierungen der Immunsuppressiva bzw. DMARDs sollten wie üblich sorgfältig überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Dies betrifft auch die in den Fachinformationen empfohlenen Dosisanpassungen, z. B. bei Leukopenie. Patienten mit COVID-19-Kontakt, aber ohne Infektzeichen – Fortführen der Therapie wie für Patienten ohne Infektzeichen beschrieben. Patienten mit COVID-19-Kontakt und Symptomen eines Infektes – Es sollte ein Abstrich auf SARS-CoV-2 erfolgen. – Bei leichten Symptomen und ohne Fieber keine Therapieänderung. – Bei deutlichen Infektzeichen und insbesondere Fieber (>38 °C) Pausieren der anti-rheumatischen Medikation. – Eine etwaige GK-Dauertherapie sollte in gleicher Dosis fortgesetzt werden.
Patienten positiv auf SARS-CoV-2 getestet, aber ohne Infektzeichen – Ein Pausieren oder Herauszögern einer ts- oder bDMARD-Therapie für die Dauer der mittleren Inkubationszeit (5-6 Tage nach Abstrich) sollte erwogen werden. – Eine etwaige GK-Dauertherapie sollte in gleicher Dosis fortgesetzt werden. – csDMARDs sollten nicht abgesetzt werden. Patienten positiv auf SARS-CoV-2 getestet, mit Symptomen – Pausieren der antirheumatischen Medikation. – Eine etwaige GK-Dauertherapie sollte in gleicher Dosis fortgesetzt werden. Supportive Maßnahmen (alle Patientengruppen) – Entsprechend den Empfehlungen der STIKO sollte der Impfstatus aktualisiert werden (Schwerpunkt Pneumokokken, Influenza). – Eine PjP-Prophylaxe sollte bei entsprechender Indikation (v. a. Cyclophosphamid, GK >15 mg Prednisolonäquivalent) durchgeführt werden. m
Experten-Chat „Rheuma und SARS-CoV-2“ Derzeit erreichen Rheumatologinnen und Rheumatologen zahlreiche Anfragen von Ärztinnen und Ärzten und auch von Patientinnen und Patienten zur medikamentösen Therapie angesichts der Risiken durch SARS-CoV-2. Die Verunsicherung ist groß und nicht alle Fragen lassen sich zufriedenstellend beantworten, geschweige denn evidenzbasierte Antworten dafür finden. Die DGRh bemüht sich, Sie in dieser Situation bestmöglich zu unterstützen. Deshalb bieten wir an dieser Stelle temporär einen „Experten-Chat“ für ärztliche Kolleginnen und Kollegen zur medikamentösen Therapie an. Prof. Dr. med. Klaus Krüger, Rheumatologe aus München, stellt dafür seine rheumatologische Expertise zur Verfügung, beantwortet zeitnah Ihre Fragen und holt bei Bedarf ergänzend virologischen Rat ein. Die Fragen und Antworten wird die DGRh fortlaufend aufbereiten und auf der DGRh-Website anderen Interessierten anonymisiert zur Verfügung stellen. Entsprechende Fragen können per E-Mail gerichtet werden an: pharmakotherapie@dgrh.de.
Quelle: Kommission Pharmakotherapie und Vorstand der DGRh, 24. März 2020
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SARS-COV-2 – SPEZIAL
Kommentar zu den DGRh-Empfehlungen Das gegenwärtige Chaos der COVID-19-Pandemie bringt nicht nur unser aller Leben gehörig durcheinander, es hat auch in der rheumatologischen Community für große Verwirrung und Unsicherheit gesorgt, dies gleichermaßen bei den Patienten und ihren Ärzten. Da ich gleichzeitig einen Chat für Rheumapatienten bei der Rheuma-Liga (mit)betreue und im Auftrag der DGRh einen Chat für Rheumatologen, werde ich mit dieser Unsicherheit täglich konfrontiert. Sie bezieht sich vor allem auf den Umgang mit der laufenden immunsuppressiven Therapie.
dieser unklaren Situation Vorsicht walten zu lassen, scheint aber gegenwärtig adäquat.
Warum ist dieser Schluss falsch und würde dieses Vorgehen den Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit schaden? Man muss etwas ausholen: Die große Angst vor dem erhöhten Infektionsrisiko unter DMARD- und insbesondere bDMARD-Therapie stammt aus der Zeit vor 20 Jahren. Mit Biologika wurden damals vor allem schwerkranke Patienten behandelt, und man sah durchaus auch häufig schwere Infektionen. Heute wissen wir, dass in erster Linie nicht die Biologika, sondern wichtige Ko-Faktoren wie schwere Grunderkrankung, Kortikoid-Gabe oder Komorbiditäten ursächlich waren. Liegen diese Ko-Faktoren (die in Tab. 1 der DGRhEmpfehlungen dargestellt sind) nicht vor, so ist dieses Risiko überschaubar gering: In großen Kohortenstudien haben bDMARDs und tsDMARDs ein gering über den csDMARDs liegendes Risiko, und Patienten unter csDMARDs wiederum haben nur ein minimal höheres Risiko als solche, die keine DMARDs nehmen. Alle DMARDs werden bezüglich des Infektionsrisikos von den Kortikoiden deutlich übertroffen. Diesem vergleichsweise geringen DMARDinduzierten Infektionsrisiko steht ein erheblich höheres gegenüber, das von der schlecht kontrollierten rheumatischen Grunderkrankung ausgeht. Werden DMARDs vorsorglich aus Angst vor Infektion abgesetzt, so wird die Aktivität der rheumatischen Erkrankung in vielen Fällen zunehmen oder gar „explo-
Prof. Dr. med. Klaus Krüger dieren“, im Falle der JAK-Inhibitoren mit bekannt kurzer Halbwertszeit geschieht dies innerhalb weniger Tage. Wenn der Hausarzt in dieser Situation den Patienten sieht, wird er versuchen, den Schub mit einer hohen Kortikoid-Dosis in den Griff zu bekommen zwei gravierende infektionsfördernde Faktoren kommen so zusammen. Es gibt also gute Gründe dafür, die laufende DMARD-Therapie nicht zu unterbrechen, wenn keine Infektion vorliegt, dementsprechend raten die DGRh-Empfehlungen in dieser Situation zur Fortsetzung. Ist hingegen eine manifeste Infektion eingetreten, so wird zu einer Unterbrechung geraten - so wie es auch bei anderen Infektionen empfohlen wird. Ob das allerdings tatsächlich nötig und sinnvoll ist, wurde bisher nicht untersucht. In
Interessanterweise gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass DMARDs – zumindest einige davon - den Verlauf der COVID-19-Infektion sogar positiv beeinflussen können. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein fataler COVID-Verlauf vor allem in der Lunge durch ungebremste Entzündung („ZytokinSturm“) hervorgerufen wird. Intensive Zytokin-Bremsung könnte sich so lebensrettend auswirken, vor allem für IL-6- und IL-1-Inhibitoren wird ein solcher Effekt postuliert. Entsprechende Studien wurden unterdessen begonnen. Weitere „Hoffnungsträger“ sind die Antimalariamittel Chloroquin und Hydroxychloroquin, die sich in Pilotstudien positiv auf den Verlauf der Infektion auswirkten und jetzt ausführlicher getestet werden. Sollte der Rheumapatient diese Mittel vorsorglich zusätzlich nehmen, um sich zu schützen? Ganz sicher nicht – zum einen ist diese positive Wirkung bisher nicht eindeutig belegt, zum anderen können diese Mittel – wenn auch selten – durchaus gefährliche unerwünschte Wirkungen haben. m
Prof. Dr. med. Klaus Krüger Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Praxiszentrum St. Bonifatius St.-Bonifatius-Str. 5, 81541 München
Fasst man aber diese erfolgsversprechenden Ansätze zusammen und geht von positiven Ergebnissen aus, so könnte irgendwann ein Paradigmenwechsel für den Umgang mit DMARDs bei Infektion resultieren: Könnte es sein, dass diese Therapie Infektionen nicht begünstigt, sondern sogar davor schützt? Im Moment ist das allerdings noch eine Hypothese, und der Rheumatologe tut gut daran, sein Vorgehen an den Empfehlungen der DGRh zu orientieren.
AUSBLICK
Wir haben seitens der DGRh zu diesem Thema in einer Arbeitsgruppe Empfehlungen formuliert, die auf der Webseite schnell zu finden sind. Diese Empfehlungen wiederum haben bei den Rheumatologen viele Diskussionen ausgelöst – vor allem die Frage, ob man nicht angesichts der potenziell lebensbedrohlichen viralen Infektion, die uns alle so beschäftigt, viel vorsichtiger mit der DMARD-Therapie umgehen sollte, als dort formuliert ist, genauer gesagt diese Therapie vorsorglich und konsequent pausieren sollte.
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Drohende Engpässe abgewendet: Hydroxychloroquin weiter für Rheumapatienten verfügbar Bezugnehmend auf eine drohende Verknappung von Hydroxychloroquin (HCQ) im Zusammenhang mit der COVID-19-Therapie hatte die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) unmittelbar reagiert und im März sowohl in einem gemeinsamen Brief mit dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) an Bundesgesundheitsminister Spahn auf die Problematik für Rheumapatienten hingewiesen, Maßnahmen zu deren Schutz eingefordert als auch mit Herstellern Möglichkeiten zur sicheren Versorgung mit HCQ erörtert.
Das Büro des Ministers hat darüber informiert, dass das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Ärzte- und Apothekerschaft generell aufgefordert habe, Arzneimittel bedarfsgerecht und nicht in übermäßigen Mengen zu verschreiben oder abzugeben. Darüber hinaus verweist das BMG darauf, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Empfehlungen zur Kontingentierung von Arzneimitteln an pharmazeutische Unternehmer und Arzneimittelgroßhandlungen gerichtet habe. Außerdem sollten Exporte von Arzneimitteln nicht über das normale Maß hinaus erfolgen.
tionen rheumatoide Arthritis, juvenile idiopathische Arthritis oder systemischer Lupus erythematodes sowie Malariaprophylaxe sollte zum Schutz der Patienten im off-labelEinsatz außerhalb von klinischen Prüfungen nur im Rahmen von individuellen Heilversuchen bei stationär überwachten Verläufen von mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten erfolgen. Das BMG schreibt dazu weiter, dass „aus Gründen der Arzneimittelsicherheit (…) hydroxychloroquinhaltige Arzneimittel daher ambulant nur noch unter Angabe einer zugelassenen Indikation verordnet und abgegeben werden sollen.“
Das BMG habe sich darüber hinaus auch an Ärzte und Apotheker gewandt, die die Versorgung mit HCQ in den zugelassenen Indikationen sicherstellen: Die Anwendung außerhalb der zulassungskonformen Indika-
Aus Sicht der DGRh und des BDRh besteht damit vorerst kein Anlass zur Sorge für eine Verknappung von HCQ für Rheumapatienten. Auf der Internetseite des BfArM finden sich Informationen zu Hydroxychloroquin und
Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops dessen Sicherstellung in der Versorgung von Patienten in den zugelassenen Indikationen: www.bfarm.de/DE/Service/Presse/Themendossiers/Coronavirus/_node.html. m
Deutsches Register zur Erfassung von COVID-19-Infektionen: Patienten aufnehmen, Evidenz schaffen! Um valide und evidenzbasierte Antworten auf Fragen nach der Behandlung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die von COVID-19 betroffen sind, zu erhalten, ist es wichtig, Informationen aus Kliniken und Praxen systematisch zu erfassen und auszuwerten. Deshalb hat die DGRh gemeinsam mit Gießener Experten um Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner das deutsche Online-Register covid19-rheuma eingerichtet.
Rheumatologen werden gebeten, im Fragebogen des Registers alle Fälle von Patienten mit entzündlich-rheumatischer Erkrankung und einer COVID-19-Infektion aus Ihrer Klinik oder Praxis zu erfassen. Zur Bearbeitung des Fragebogens werden ca. 5-10 Minuten benötigt. Hierfür zunächst auf das Feld „Neuer Patient“ ganz oben auf der Seite klicken, eine kurze Registrierung vornehmen und die Daten des Patienten anonym eingeben. Den Link zum Fragebogen und alle weiteren Informationen gibt es unter: www.covid19rheuma.de.
Den fachlichen Aufbau des covid19-rheumaRegisters koordiniert und begleitet von wissenschaftlicher Seite die „Ad hoc Kommission COVID Register“ der DGRh um Prof. Dr. Christof Specker, Essen. Koordinatorin dieser DGRh-Initiative ist Dr. Rebecca Hasseli, Gießen. Darüber hinaus unterstützt die DGRh das weltweite Register der COVID-19 Global Rheumatology Alliance (rheum-covid.org), sowie das EULAR COVID-19 Registry für Europa (www.eular.org/eular_covid19_data-
base.cfm). Diese groß angelegten Register sollen vor allem auch regionale Vergleiche zulassen. Um nicht mehrere Fragebögen auszufüllen und Doppelnennungen zu vermeiden, wird darum gebeten, ausschließlich das deutsche Register zu nutzen. Die Daten aus covid19-rheuma werden in einem zweiten Schritt anonymisiert in die internationalen Register übertragen. m Quelle: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh), 30. März und 8. April 2020
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SARS-COV-2 – SPEZIAL
Antirheumatische Therapien und COVID-19: Ein Update Immer noch bewegt sich die Coronavirus (SARS-CoV-2)-Pandemie in einem relativ frühen Stadium. Vor allem Ältere mit Vorerkrankungen und immunsupprimierte Patienten, die zu den Risikogruppen zählen, machen sich Sorgen. Aber auch für Rheumatologen ist dies eine schwierige Situation, da sie mit der Frage konfrontiert werden, wie sich die entzündlich-rheumatische Erkrankungen und deren Therapien auf das Risiko für COVID-19 auswirken – klare Antworten kann es noch nicht geben.
Zunächst ist es wichtig, darauf wies auch die DGRh in einer Mitteilung hin, die Patienten dahingehend zu beraten, nicht eigenmächtig ihre antirheumatischen oder Schmerztherapien zu stoppen, zumal eine unkontrollierte Erkrankung, die Entzündung und Immunsuppression fördert, das größere Risiko darstellen würde. Individuell sollte gerade bei größeren Bedenken jedoch überprüft werden, ob eine vorsichtige Dosisreduktion möglich ist, ohne den Therapieerfolg zu gefährden. Vor allem an hohe Steroiddosen könnte hierbei gedacht werden. An dieser Stelle sei auf einige aktuelle Berichte zu Antirheumatika im Kontext von COVID-19 eingegangen.
NSAR, Antimalariamittel und Colchicin In Bezug auf NSAR machte zunächst eine Falschmeldung zur vermeintlichen Gefährdung durch Ibuprofen die Runde, verstärkt durch eine Warnung des französischen Gesundheitsministeriums. Demnach könnten antientzündliche Medikamente wie eben Ibuprofen die Infektion verschlimmern, weshalb bei Fieber besser Paracetamol eingenommen werden sollte. Obgleich Paracetamol sicherer als Ibuprofen und andere NSAR eingestuft und bei viralen oder respiratorischen Infektionen zumeist bevorzugt wird, ist diese Empfehlung nicht evidenzbasiert. Auch wenn die WHO aus reinen Sicherheitserwägungen eine entsprechende Warnung ausgesprochen und wieder zurückgenommen hat, gibt es derzeit keine klare Evidenz für eine Gefährdung oder unerwünschte Ereignisse durch Ibuprofen oder NSAR im Setting einer COVID-19-Infektion. Antimalariamittel werden hingegen als mögliche Therapien bei COVID-19 diskutiert, nachdem für Chloroquin und Hydroxychloroquin (HCQ) in-vitro eine Hemmung der SARS-CoV-2-Replikation nachgewiesen wurde. Trotz anekdotischer Berichte aus China zu erfolgreichen Chloroquin-Therapien fehlt es noch an hochwertiger Evidenz. Derzeit laufen mehrere Großstudien zu Chloroquin und/oder HCQ (sowie Remdesivir und anderen antiviralen Medikamenten), so die von der WHO getragene SOLIDARITY-Studie und die europäische DISCOVERY-Studie. In Kanada soll zudem eine größere Studie mit Colchicin als antiinflammatorische Therapie bei COVID-19-Patienten mit schwerer Pneumonie anlaufen.
JAK-Hemmung und IL-6-Inhibition Immerhin im Lancet gab es einen Bericht zum JAK-Inhibitor Baricitinib als potenzielle Therapie bei akuten respiratorischen Komplikationen. Viren infizieren Zellen über eine Rezeptor-mediierte Endozytose. Für diese ist die AP2-assoziierte Proteinkinase 1 (AAK1) ein wichtiger
Regulator. Mehrere Medikamente inhibieren AAK1, so auch Baricitinib, das zugleich die Cyclin G-assoziierte Kinase (GAK), einen weiteren Regulator der Endozytose, bindet. Es wird vermutet, dass therapeutische Baricitinib-Dosen für eine AAK1-Inhibition ausreichend wären und bei akuten COVID-19-Infektionen helfen könnten – weitere Daten bleiben hier abzuwarten. Interessante Kandidaten sind auch IL-6-Inhibitoren: So startet derzeit eine Studie mit 400 kritisch erkrankten COVID-19-Patienten zu Sarilumab basierend auf Daten, die in der frühesten Infektionsphase eine exzessive IL-6-Ausschüttung infizierter Zellen zeigen. Dies vermittelt die schwere Entzündungsreaktion gerade bei jenen Patienten, die ein akutes respiratorisches Syndrom entwickeln. Mit Tocilizumab wurden in China fast 300 schwer erkrankte COVID-19-Patienten behandelt, in einer Studie mit 20 Teilnehmern wurde bei allen das Fieber gestoppt, 19 konnten binnen 2 Wochen das Krankenhaus verlassen. Auch hier laufen u. a. in China weitere Studien, dort zum einen speziell in der Situation eines Zytokinsturms im Rahmen von COVID-19 (für einen Zytokinsturm im Rahmen der CAR-T-Zelltherapie ist Tocilizumab zugelassen), zum anderen im Vergleich bzw. in Kombination mit Favipiravir in einem ähnlichen Patientenkollektiv. Mögliche Kandidaten für eine weitere Evaluation sind – erneut Stichwort Zytokinsturm – auch IL-1-Inhibitoren. Keine Erkenntnisse gibt es derzeit für andere bDMARDs und speziell TNFα-Inhibitoren. Für letztere wurden kürzlich Studien bei neu hospitalisierten COVID19-Patienten mit hohen Entzündungswerten (noch ohne Pneumonie) vorgeschlagen. Aktuelle Entwicklungen lassen sich am besten im Lancet und New England Jornal of Medicine nachverfolgen. m
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
Praxisorganisation und -Management Der Umgang mit der Corona-Krise stellt auch Rheumatologen im Praxisalltag vor organisatorische Herausforderungen. Ihre Erfahrungen bzw. ihr Vorgehen schildern PD Dr. Matthias Witt, Bad Aibling, Dr. Michaela Bellm, Bruchsal, Dr. Hans-Jürgen Menne, Dortmund, Dr. Peer Aries, Hamburg, Dr. Florian Schuch, Erlangen und Drs. Bettina Linhart sowie Ulrich von Hinüber, Hildesheim.
Wie organisieren Sie Ihre Praxis in der Zeit der Pandemie? Unveränderte Terminpraxis? Nur noch Notfälle? Und Erstvorstellungen mit gravierenden Krankheitserscheinungen? WITT: In der Phase der exponentiellen Zunahme an SARS-CoV2-Infektionen raten wir Patienten, denen es bezüglich ihrer rheumatischen Erkrankung gut geht, derzeit von einem Besuch in unserer Praxis ab. Rezepte werden zugeschickt. Laborkontrollen werden wo möglich gestreckt bzw. entfallen zunächst. Patienten, denen es bezüglich ihrer rheumatischen Erkrankung schlecht geht, raten wir, ihren Termin wahrzunehmen, vorausgesetzt, sie haben kein Fieber oder sonstige Infektbeschwerden. Das Gleiche gilt natürlich für rheumatologische Notfälle. BELLM: Routinekontrollen rufen wir alle an und versuchen, auf Videosprechstunde oder Telefonsprechstunde umzustellen, soweit die Patienten gut eingestellt sind, keine gravierenden Symptome vorliegen und kein dringlicher Laborkontrollbedarf besteht. Normalerweise haben wir für unsere Erstvorstellungen eine Run-inScreening-Sprechstunde, die wir bis auf weiteres ausgesetzt haben. Erstvorstellungen checken die RFA am Telefon auf Dringlichkeit und bestellen diese nur bei Hinweisen auf eine frühe rheumatische Erkrankung ein oder bei einem sehr hohen Leidensdruck. MENNE: Wir nehmen nur noch Erstvorstellungen, die dies wünschen, da wir telefonisch häufig nicht wissen, was die Patienten haben. Die meisten neuen Patienten nehmen den Termin wahr, weil sie lange auf diesen gewartet haben, dies sind ca. 15-20 pro Woche. Bei den Altpatienten versuchen wir, es telefonisch zu klären. ARIES: Die Umstellung der Organisationen der Sprechstunde ist im Moment unsere Hauptaufgabe, die medizinische Versorgung gerät derzeit leider eher in den Hintergrund. Der Aufbau der Videosprechstunde ist aktuell ein zentraler Punkt. Wir informieren unsere Patienten über die Website als auch über direkten E-Mail-Kontakt, dass es für eine bestimmte Patientengruppe durchaus die Möglichkeit gibt, den Termin in der Praxis durch eine Videosprechstunde zu ersetzen. Erstvorstellungen sind bei uns nur noch in akuten Situationen möglich, eine generelle Abklärung oder Zweitmeinung findet derzeit nicht statt. SCHUCH: Aufgrund der Anzahl von insgesamt sechs Rheumatologen bildeten wir drei Teams, die zusammen mit MFAs räumlich getrennt arbeiten. Ein Team arbeitet komplett von zu Hause. Von dort
findet eine umfassende Telefonbetreuung der Patienten mit immunmodulierender bzw. immunsuppressiver Therapie statt. Aktuell übersenden wir Rezepte ohne persönliche Vorstellung, ggf. mit Adaption der immunmodulierenden Therapie bzw. Protrahierung. Die Telefonate kosten wegen der vielen Ängste und Fragen der Patienten außerordentlich viel Zeit. Die Patienten sind jedoch sehr dankbar! Das Sicherheits-Monitoring mittels Laborkontrollen wird ggf. beim Hausarzt nochmals erbeten oder aber nach Möglichkeit protrahiert. LINHART & VON HINÜBER: Die Terminpatienten werden telefonisch abgefragt, ob sie ihre Termine wahrnehmen. Ca. 75 % kommen wie vorgesehen, insbesondere wenn besondere klinische Fragestellungen vorliegen. Den anderen werden neue Termine angeboten. Körperliche Untersuchungen werden im Hinblick auf den Infektionsschutz auf das notwendige Maß beschränkt, aber in diesem Umfang auch durchgeführt. Freie Termine konnten bisher zwanglos durch Notfallanmeldungen (FAX-System) aufgefüllt werden.
Wie gewährleisten Sie die Minimierung der Infektionsgefahr für Ihre Mitarbeiter, für Ihre Patienten, für Sie? WITT: Durch eine verpflichtende Händedesinfektion für jeden Praxisbesucher vor Betreten der Anmeldung und einen Spuckschutz durch Plexiglasscheiben im Anmeldebereich. Grundsätzlich gibt es Basismaßnahmen in Form von Hand- bzw. Oberflächendesinfektion nach jedem Patientenkontakt. Soweit wie möglich erfolgt eine Minimierung der Kontaktzeit mit Patienten auf weniger als 15 Minuten sowie der Patientenzahl im Wartezimmer, u. a. durch Reduktion der Sitzgelegenheiten, den Verweis von Angehörigen, die als Begleitung nicht zwingend nötig sind und den Eintritt in die Praxis einzeln nach Aufruf. Generell gibt es einen Mundnasenschutz für Ärzte und Angestellte, v. a. bei patientennahen Maßnahmen auch Einmalhandschuhe (z. B. körperliche Untersuchung, Blutentnahme). BELLM: Plexiglasscheiben für die Anmeldung haben wir sehr schnell von einem befreundeten Schreiner machen lassen. Ein eGK-Lesegerät steht an jedem Anmeldungsplatz vor der Scheibe und die Patienten lesen das Kärtchen selbst ein. Ähnliche Scheiben verwenden wir auch in den Sprechzimmern und auf den Schreibtischen, damit kein ungeschützter Face-to-Face-Kontakt erfolgt. In den Behandlungsräumen sind Durchreichöffnungen unter den Scheiben etwas höher, sodass man zumindest eine Hand durchschieben und untersuchen kann. Blutabnahmen und Ganzkörperuntersuchungen erfolgen mit
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
Op-Schutzkittel und chirurgischem Mundnasenschutz – mehrfach verwendet, bis er auseinanderfällt. Weiter gibt es tägliche Anpassungen der Homepage und den Verweis, dass nur nötige persönliche Kontakte stattfinden. Wir haben zwei Teams gebildet, die untereinander keinen Kontakt haben, sodass im Quarantänefall nur eines betroffen wäre. Auch haben wir die Arbeitsplätze so ausgedünnt, dass der Abstand von 1,5 m gewahrt ist. Telefone, PC-Tastaturen etc. bleiben jeder Mitarbeiterin arbeitstäglich zugeordnet und werden am Abend desinfiziert. Im Labor für die Blutabnahme dürfen nur Mitarbeiterinnen unter 50 Jahre tätig sein. Die älteren Mitarbeiterinnen sind an der Anmeldung und im Back-Office tätig. Es findet täglich ein kurzes Briefing im Stehen statt - mit Bekanntgabe der neuen RKI-Daten und Anpassung der Verhaltensregeln. MENNE: Wir alle tragen Mundschutz. Da deutlich weniger Patienten in der Praxis sind und sechs Räume zur Verfügung stehen, können wir alle einzeln unterbringen. In Bezug auf das Labor gehen 4-8 Patienten verteilt über 2 h auch problemlos. ARIES: Der Schutz der Mitarbeiter ist gleichsam eine schwierige und wichtige Aufgabe, die wir versuchen, täglich neu zu evaluieren. Zum jetzigen Zeitpunkt empfehlen wir unseren Mitarbeitern das Tragen von Schutzkleidung in Situationen, die als Kategorie I definiert werden. Eingerichtet ist die kontaktfreie Anmeldung am Tresen (Plexiglasscheiben, Kartenlesegerät zur Benutzung durch die Patienten, Desinfektion von Schreibern und Klemmbrettern für das Ausfüllen des Quartalsbogen). SCHUCH: Durch die Minimierung der Fremd- oder gegenseitigen Infektionsgefahr durch das Tragen von Mundnasenschutz und Plexiglasschutzscheiben im Anmeldebereich. LINHART & VON HINÜBER: Zunächst haben wir die Praxiseinrichtung etwas verändert: Wartestühle auseinandergestellt und Plexiglasscheiben an Anmeldung, Schreibtischen und Blutentnahmeplätzen angebracht. Praxiseingang und Wartezone zur Anmeldung wurden mit Abstandszonen und entsprechenden Hinweisen versehen, Desinfektionsmittelspender verteilt. Begleitpersonen warten nach Möglichkeit auserhalb der Praxis. Patienten mit Fieber bzw. Infektverdacht werden aufgefordert, die Praxis nicht zu betreten. Patientenkontakte erfolgen grundsätzlich mit Op-Maske und Handschuhen, häufiges Händewaschen, regelmäßige Wischdesinfektion der Türgriffe, Liegen, Stühle etc., sind wichtige Maßnahmen.
Sind Mundnasenschutz und Desinfektionsmittel verfügbar, wo können Sie bestellen, wie lange sind die Lieferzeiten? WITT: Mundnasenschutz ist derzeit vorhanden, muss aber ressourcenschonend eingesetzt werden nach RKI-Empfehlung (2 Masken pro Person, Wechsel bzw. Trocknen alle 2 Stunden). Nachschub ist derzeit nicht verfügbar. Hand- und Flächendesinfektionsmittel sind
vorhanden und Nachschub verfügbar, bei uns jetzt auch über unsere Apotheke, ein lokaler Spirituosenhersteller hat seine Produktion umgestellt. Masken werden von einem lokalen Sanitätshaus hergestellt und ausgeliefert und konnten in größerer Menge bestellt werden. Bei anderen Anbietern, die Masken und auch Handschuhe aufgekauft hatten, mussten hohe Preise bezahlt werden. Manche Landratsämter verteilen über das THW Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel in begrenzter Anzahl, aber nur über Materialschein und nur wenn vorhanden. BELLM: Nein, nicht ausreichend – die Beschaffung macht viel Mühe! Die Situation im Hinblick auf Desinfektionsmittel hat sich inzwischen gebessert, da unsere kooperierende Apotheke regelmäßig welches herstellt und zunächst einmal für die Arztpraxen reserviert. FFP2Masken haben wir noch immer nicht (nicht von der KV, bei MEDI bestellt aber noch nicht geliefert, sonst nicht verfügbar). Unser Praxisbedarfszulieferer (in Einkaufsgemeinschaft mit dem BDRh) versagt ziemlich! Die Nähstube des kooperierenden Krankenhauses hat uns das Schnittmuster für Mundnasenschutz gegeben (dort wird im Schichtbetrieb genäht) – unsere Laborkraft in Kurzarbeit übernimmt das Nähen. Es gibt auch genähte waschbare Masten bei Etsy, habe ich zur Sicherheit ebenfalls bestellt. MENNE: Ja, derzeit ist alles noch ausreichend vorhanden. SCHUCH: Desinfektionsmittel sind inzwischen ausreichend vorhanden durch persönliche Kontakte und Produktion der Apotheke. Beim Mundnasenschutz erfolgen kleine Lieferungen, aktuell gibt es noch keinen wirklichen Engpass durch das Weiterverwenden des getragenen Mundnasenschutzes, seit Kurzem sind auch wenige FFP3Masken vorhanden. LINHART & VON HINÜBER: Ausreichendes Material ist im Vorrat vorhanden, konnte auch erstanden werden.
Wie gehen Sie mit der Verordnung von Immunsuppressiva um? Deeskalieren Sie, wenn möglich? Stellen Sie Patienten noch neu auf Immunsuppressiva ein? WITT: Weiterhin gilt, dass eine unkontrollierte entzündliche Rheumaerkrankung in Hinblick auf Risiken für bzw. bei Infekten grundsätzlich problematisch ist. Bei Patienten mit anhaltend-stabilem Krankheitsverlauf prüfen wir die Möglichkeit einer Therapiedeeskalation. Prednisolon wird nach Möglichkeit reduziert bzw. beendet. Neueinstellungen werden bei gesicherter Indikation unverändert vorgenommen. Hierzu sind die Handlungsempfehlungen der DGRh vom 24. März 2020 zu beachten. BELLM: Wenn Neueinstellungen erforderlich sind, müssen sie aus meiner Sicht gemacht werden. Wir versuchen kritisch und sparsam zu sein. Bei Vaskulitiden, auch bei Polymyalgia rheumatica und Arte-
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SARS-COV-2 – SPEZIAL
riitis temporalis, führt kein Weg an Glukokortikoiden vorbei – es bedarf stets einer individuellen Risikoabwägung.
der lokalen Gesundheitsbehörden, was die Abstriche zum Ausschluss von SARS-CoV-2-Infektionen angeht.
MENNE: Im Grunde machen wir so weiter wie bisher und deeskalieren, wenn dies möglich ist. Umstellungen auf Biologika erfolgen nur, wenn es wirklich dringlich ist, sonst um 6 Wochen zeitverzögert zum neuen Quartal. Steroide nach dem Motto: Sowenig wie möglich, so viel wie nötig – also wie immer.
SCHUCH: Bei klinisch relevantem Infekt bzw. Temperatur über 38 Grad, losgelöst von Corona, wird ein Fortführen der immunmodulierenden Systemtherapie nicht empfohlen, d. h. es wird gemäß den DGRh-Empfehlungen pausiert.
ARIES: Wir verordnen tatsächlich unverändert die Therapie, wobei wir keine routinemäßige Deeskalation vornehmen. Wir orientieren uns an den Handlungsempfehlungen der DGRh. In Situationen, wo bei Patienten lediglich eine Teilremission besteht, zögern wir gegebenenfalls die Therapieintensivierung heraus. SCHUCH: Immunsuppressiva werden weiter verordnet, ggf. ohne persönliche Vorstellung, da Patienten eine Anreise von teilweise über 100 km haben und teilweise auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren müssten. Eine Anpassung erfolgt nach klinischem Status und Komplexität der Therapie, mit Differenzierung zwischen Einfachoder Mehrfachtherapie mit Steroiden. LINHART & VON HINÜBER: Im Falle einer Nichtverfügbarkeit von Hydroxychloroquin entscheiden wir individuell, ob eine Therapiepause vertretbar ist, ob eine Gabe von Prednisolon 5 mg oder z. B. von niedrig dosiertem MTX in Frage kommen. Ansonsten nehmen wir bisher keine Pandemie-bedingten Therapieumstellungen vor. Wir gehen davon aus, dass im entsprechenden zeitlichen Abstand zu einem Absetzen der Medikamente, für das sich sicher einige Patienten entscheiden werden, mit einem vermehrten Aufkommen von Notfällen durch Entzündungsschübe zu rechnen ist.
Was raten Sie Ihren Patienten beim ersten Auftreten von Atemwegsinfektionen und Fieber, also bei Verdacht SARS-CoV-2? WITT: Ich rate zur Beendigung der Immunsuppression, Ausnahme ist eine langfristige Prednisolon-Therapie zur Vermeidung einer sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz, die nicht abrupt abgesetzt werden sollte. Danach Aufforderung zur Heimquarantäne und Prüfung, ob die aktuell gültige COVID-19-Falldefinition erfüllt ist, in Abhängigkeit davon SARS-CoV-2-Testung (z. B. Tel.: 116 117). BELLM: Alle DMARDs sollten pausiert werden, nicht jedoch Hydroxychloroquin. Bei Lymphopenie und MTX-Therapie zusätzlich Folinsäure geben. Leflunomid sollte ausgewaschen werden. Meiner persönlichen Erfahrung nach ist dies im Allgemeinen das kritischste Medikament für pulmonale Komplikationen.
LINHART & VON HINÜBER: Bei Infektionsverdacht verweisen wir auf die Hausärztinnen und Hausärzte, die ja entsprechend geschult sind. Diese sollen vom Patienten ggf. telefonisch kontaktiert werden.
Wie informieren Sie Ihre Patienten über COVID-19? WITT: Wir geben Informationen in erster Linie persönlich über ein Arzt-Patienten-Gespräch im Rahmen der derzeitigen Telefonkontakte. Der Kontakt mit den Patienten wird derzeit von uns proaktiv gesucht. Im Gespräch werden allgemeine Maßnahmen des Infektschutzes besprochen (v. a. Handhygiene, Abstandsgebot, Meidung sozialer Kontakte, etc.). Ferner werden ggf. die Möglichkeiten einer Therapiedeeskalation erörtert sowie Verhaltensregeln im Fall von Fieber oder sonstigen Infektbeschwerden. Erreichbar für die Patienten sind wir telefonisch und über Email. Zusätzlich sind Informationen zu COVID-19 und Rheuma auch auf unserer Internetseite hinterlegt. BELLM: Hauptsächlich über unsere Homepage mit entsprechenden Links und telefonisch. MENNE: Die Patienten sind initial über das Prozedere von „Grippe“ und Co. aufgeklärt. Bei Redebedarf stehen die üblichen Kommunikationswege WhatsApp, Telefon und Email 7 Tage und 24 h zur Verfügung (aktueller Bedarf außerhalb der Sprechzeiten 2 Fälle im Monat – also so wie immer). ARIES: Wir aktualisieren unsere Homepage täglich und verweisen bei persönlichen Gesprächen sowie in den Arztbriefen und Emails darauf, die aktualisierten Empfehlungen auf unserer Homepage zu verfolgen. Für die rheumatologischen Kollegen in Hamburg haben wir eine Messenger-Gruppe etabliert, in der aktuelle Veränderungen in der Stadt rund um die Pandemie kommuniziert werden. Dabei spielen medizinische Aspekte genauso eine Rolle wie berufspolitische Punkte. SCHUCH: Über Informationen auf unsere Website gemäß den Empfehlungen des RKI und der DGRh. Zusätzliche Information gibt es an den Praxiseingängen in Hinblick auf ein Meiden des persönlichen Besuches, wenn ein Infekt vorliegt. Auch auf den Verzicht von Begleitpersonen und das Mitbringen von Kindern wird hingewiesen.
MENNE: Therapiepause wie immer, Telefonat oder WhatsApp. ARIES: Wir orientieren uns an den RKI-Empfehlungen sowie jenen
LINHART & VON HINÜBER: Die Patienteninformation erfolgt durch schriftlichen Hinweis auf die einschlägigen Websites, wie der KV,
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RKI, Rheuma-Liga etc., per Aushang und Flyer, und auf Nachfrage individuell.
Wie gehen Sie mit dem wirtschaftlichen Einbruch durch niedrigere Patientenzahlen um? Haben Sie Kurzarbeit für Ihre Mitarbeiter angemeldet? Planen Sie eine Mietreduktion? Haben Sie eine Aussetzung der Steuervorauszahlung beantragt? WITT: Für den Großteil der Angestellten (sowohl MFAs als auch Ärzte) wurde Kurzarbeit beantragt. Für unsere beiden Standorte in Erding und Bad Aibling haben wir eine Halbierung der Miete auf 50 % für zunächst drei Monate beantragt. Bei unserer Hausbank haben wir die Zahlung laufender Kredite zunächst ausgesetzt. Einkäufe wurden bis auf den nötigen Desinfektions- und Infektionsschutzbedarf eingefroren. Auch aus hygienischen Gründen haben wir bis auf Weiteres die Teilnahme am „Lesezirkel“ gekündigt und den Trinkwasserspender im Wartezimmer abgeschafft. BELLM: Wir haben Kurzarbeit für alle Mitarbeiter des MVZ angemeldet. Der Umfang wird durch tägliche Zeiterfassung ermittelt. Wir haben einen Überbrückungskredit bei der KfW beantragt bzw. hier eine Registrierungsnummer online eingeholt - die Beantragung muss über die Bank erfolgen. Unsere Betriebsunterbrechungsversicherung (Eclesia) hat eine Sonderversicherung für gute Konditionen zu Beginn der Krise angeboten, die wir abgeschlossen haben für den Fall einer angeordneten Schließung. MENNE: Da wir jetzt 14 Tage Urlaub haben, erübrigt sich alles. Ab dem 20. April läuft es bei mir zunächst wie immer. Überlegungen: Patienten sind krank, Labor muss laufen, „unnötige“ Laboruntersuchungen gibt es nicht – alle 3 Monate Verlaufskontrollen waren in der Vergangenheit Normalität, da sonst die Fallzahlen von der KV Westfalen-Lippe nicht zu schaffen wären. Doppeltermine versuchen wir zu minimieren, d. h. alle 3 Monate Labor und alle 6 Monate Sichtung. ARIES: Wir haben keinerlei der oben genannten Maßnahmen angemeldet. Wir haben sowohl Vertrauen in unser Praxismanagement, dass ein Absinken der Fallzahlen z. B. mittels der Videosprechstunde abzufangen ist. Zum anderen haben wir Vertrauen in die örtliche KV, mit der wir sehr gut im Kontakt stehen und die uns Sicherheit in dieser Situation gibt, auch was die Auswirkung auf die Quartalszahlungen angeht. SCHUCH: Aktuell haben wir wirtschaftliche Überlegungen zurückgestellt und hoffen auf Stützungsmaßnahmen wie von der Politik und der KV Bayern versprochen. Kurzarbeit ist bislang noch nicht angemeldet, möglicherweise ab Mai. Eine Reduktion der Mietzahlung oder Steuerreduktion ist bisher nicht beantragt. Insgesamt werden ca. 80-90 % weniger Patienten im Alltag im persönlichen Kontakt betreut, dafür sind aber zwei Kollegen ca. 8 bis 11 Std. gänzlich durch Telefonarbeit gebunden – denn es herrscht viel Verunsicherung, gibt
viele Sorgen und Ängste bei den Patienten. Hier erleben wir sehr große Dankbarkeit und Anerkennung. Wir erhoffen und erwarten hier entsprechende Honorierung der geleisteten Arbeit. Eine Videosprechstunde ist aufgrund der Strukturen keine Alternative zur Telefonsprechstunde. Ältere Patienten dürften damit auch nicht erreichbar sein. Daher sollte die Telefonsprechstunde 1:1 wie die persönliche Vorstellung in dieser Ausnahmesituation honoriert werden! Eine eklatante unterschiedliche Leistungsbewertung Telefonsprechstunde vs. Videosprechstunde, wie von der KBV (Dr. Gassen) kommuniziert, ist ein inakzeptabler Tiefschlag gegen die geleistete Arbeit der Rheumatologen in dieser historischen Krise. LINHART & VON HINÜBER: Bis jetzt sind noch keine gravierenden wirtschaftlichen Schäden absehbar.
Welche Tipps können Sie an die Kollegenschaft weitergeben? WITT: Viele unserer Patienten sind gerade sehr verunsichert und schätzen in der aktuellen Situation das persönliche, klärende Telefongespräch. BELLM: Wir alle machen uns große Sorgen. Mein Mann ist ärztlicher Direktor eines Kreiskrankenhauses und ich bekomme täglich die prekäre Situation dort aus erster Hand mit. Ich habe Angst vor dem Kollaps unseres Kliniksystems. Das wichtigste in unseren Führungspositionen ist es, diese Sorge nicht den ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter/innen weiterzugeben, sondern Sicherheit zu geben, auch wenn wir selbst oft unsicher sind. Ich versuche keine unsinnigen Nachrichten an mich heranzulassen, sehr gut zu filtern und mich in seriösen Medien konsequent zu informieren - nicht nur in der eigenen rheumatologischen Zunft. Hier finde ich die Covid19 updates auf https://streamed-up.com/sehr gut. Auch der Austausch und die Vernetzung unter Kollegen hilft (besonders den Kolleginnen und Kollegen in Einzelpraxen). In Baden-Württemberg sind die meisten niedergelassenen Rheumatologen Mitglieder unserer Genossenschaft „Rheumaexperten BW e.G.“ vernetzt, wo wir einen niederschwelligen Austausch, anlässlich der Corona-Krise auch in einer Threema-Gruppe pflegen. ARIES: Ich glaube, das Wichtigste ist die Vernetzung mit den Kollegen, um nicht alles selber erfinden und nachsehen zu müssen. Uns hilft es in Hamburg ungemein, die zuvor genannte Messenger-Gruppe zu haben. SCHUCH: Mehr als sonst für das Team ansprechbar und verfügbar sein, eigene Sorgen und Ängste nicht aufs Team übertragen. m
Wir danken allen Autoren, dass sie sich die Zeit genommen haben, für dieses Spezial ihre bisherigen Erfahrungen für alle anderen Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben!
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Arbeitsrechtliche Fragestellungen im Fokus In Zeiten der Corona-Epidemie kommt zu den massiven gesellschaftlichen Auswirkungen die Sorge um die eigene Gesundheit und diejenige von Mitarbeitern und Patienten. Hinzu gesellen sich naturgemäß auch Fragen bezüglich finanzieller Ausfälle und Engpässe und ob und gegebenenfalls mit welchen Mitteln diese überbrückt oder ausgeglichen werden können. Nachfolgend sind einige der am häufigsten gestellten Fragen zusammengefasst.
01 Bei einer Mitarbeiterin treten Corona-ähnliche Symptome auf und sie fühlt sich arbeitsunfähig. Kann sie von sich aus zu Hause bleiben? Eine Mitarbeiterin kann auch im Falle einer Symptomatik, wie sie u. a. bei einer Corona-Infektion auftreten kann, nicht ohne Weiteres zu Hause bleiben, auch dann, wenn sie sich arbeitsunfähig fühlt. Grundsätzlich besteht für den nicht arbeitsunfähig erkrankten Mitarbeiter eine Arbeitspflicht. Bleibt der Mitarbeiter ohne entsprechende Entschuldigung der Arbeit fern, ist dies ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, die insbesondere den Arbeitgeber von der Lohnzahlungspflicht befreien. Ein Mitarbeiter kann jedenfalls nicht von sich aus zu Hause bleiben aufgrund einer entsprechenden Selbsteinschätzung. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nicht nur innerhalb des Arbeitsverhältnisses besondere Fürsorgepflichten hat, sondern auch gegenüber anderen Mitarbeitern und insbesondere den Patienten. Soweit also entsprechende Symptome auftreten, sollte der Mitarbeiter veranlasst werden, unmittelbar die Möglichkeit zu nutzen, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Aufgrund der derzeitigen Regelungen zu den Kontaktverboten genügt hierzu der telefonische Kontakt zu einer (Haus-)Arztpraxis, die aufgrund der telefonischen Schilderung der Symptomatik eine Krankschreibung bis zu zwei Wochen für die Erstbescheinigung veranlassen kann. Bis zur Einreichung der entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sollte der Mitarbeiter schon aus Gründen des Eigenschutzes von der Arbeit freigestellt werden.
02 Die Praxis wird vorübergehend geschlossen. Welche Lohnansprüche bestehen? Schließt der Praxisinhaber aufgrund einer eigenen Entscheidung, etwa zum Schutze der Mitarbeiter, der Patienten und der eigenen Person die Praxis vorübergehend freiwillig, ohne dass hierfür behördliche Anweisungen bestehen, bleibt die Pflicht zur Lohnzahlung unverändert bestehen. Ist die Praxis, beispielsweise im Hinblick auf das Auftreten eines Corona-Falles oder in der Folge, weil entsprechende Kontaktpersonen
Rechtsanwalt Stefan Lehnhardt dort tätig waren oder sonst Zutritt hatten, mit einer Quaratäne und behördlichen Schließung belegt, so bleibt der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern für bis zu sechs Wochen in der Verpflichtung, den Lohn weiter zu zahlen. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall jedoch einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Ein arbeitsunfähig erkrankter Mitarbeiter hat, so wie bei jeder anderen Erkrankung auch, im Übrigen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Nach Ablauf von sechs Wochen hat der weiter arbeitsunfähig erkrankte Mitarbeiter Anspruch auf Krankengeld. Liegt keine Erkrankung, jedoch eine behördliche Praxisschließung vor, besteht ebenfalls ein Anspruch auf Krankengeld. Zu berücksichtigen ist, dass diese Regelungen grundsätzlich auch für den Selbständigen und damit Praxisbetreiber gelten, soweit das Infektionsschutzgesetz Anwendung findet, ferner dieser auch Ansprüche auf Erstattung nicht gedeckter Betriebsausgaben in angemessenem Umfang hat (§ 56 Abs. 4 IfSG). Sollte aufgrund der Corona-Krise der Arbeitsanfall in der Praxis deutlich zurückgehen oder gar eine Praxisschließung behörlich angeordnet werden, so sollte der Praxisinhaber an die Möglichkeit denken, Kurzarbeit einzuführen. Kurzarbeit kann entgegen landläufiger Auffassung nicht einseitig angeordnet werden, sondern bedarf einer Vereinbarung mit den Mitarbeitern. Vielfach ergibt sich eine solche Zustimmung der Mitarbeiter bereits aus einer entsprechenden Klausel in den Arbeitsverträgen, die daraufhin überprüft werden sollten. Ist dies nicht der Fall, bedarf es einer Zustimmungserklärung der Mit-
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arbeiter. Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einer Kurzarbeit zuzustimmen, muss dann jedoch selbstverständlich mit anderweitigen arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Kann der Arbeitnehmer, der eine solche Zustimmung verweigert, nicht in bisherigem Umfang oder aufgrund einer Schließung gar nicht mehr beschäftigt werden, kommt eine Änderungs- oder auch Beendigungskündigung des Arbeitsverhältnisses im Einzelfall in Betracht. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, was der Fall ist, wenn im Betrieb regelmäßig mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt werden und der betreffende Mitarbeiter mehr als sechs Monate beschäftigt ist. Kurzarbeit kann vereinbarungsgemäß anteilig mit einer Reduzierung von Arbeitsstunden oder auch mit der vollständigen Freistellung („Kurzarbeit auf Null“) verbunden sein. Es besteht dann Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Den entsprechenden Antrag hat der Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit zu stellen und zu begründen. Die Arbeitsagentur übernimmt in diesem Fall 60 % der Lohndifferenz, bei Angestellten mit mindestens einem Kind 67 %. Kurzarbeit kommt nur für die Beschäftigten in Betracht, die versicherungspflichtig in die Arbeitslosenversicherung einzahlen (siehe Frage 5.).
03 Mütter müssen sich auch um die Kinder kümmern, die nicht in die Schule oder in die Kita gehen können, und für deren Betreuung benötigen sie häusliche Anwesenheit. Wie wird dies lohntechnisch gelöst? Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt den Tatbestand der sogenannten vorübergehenden Verhinderung. Wenn ein Arbeitnehmer seiner Arbeit vorübergehend nicht nachkommen kann und ohne Eigenverschulden an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert ist, so behält dieser Mitarbeiter für diesen vorübergehenden Zeitraum seinen Lohnanspruch. Dieser Tatbestand, der auch für die hiesige Corona-Krise Anwendung findet, hat jedoch enge Voraussetzungen. Neben der Schließung von Kita oder Schule muss eine Betreuung durch den betreffenen Arbeitnehmer oder die Mitarbeiterin erforderlich sein. Diese Erforderlichkeit setzt voraus, dass es zunächst keine anderen Möglichkeiten der Fremdbetreuung gibt, beispielsweise durch andere Familienangehörige, Freundeskreis o. ä. und dass auch keine sogenannten Notgruppen in Kita oder Schule zur Verfügung stehen. Des Weiteren muss das Kind betreuungsbedürftig sein, was insbesondere neben möglicher Erkrankungen altersbedingt ist. Kinder über 12 Jahre werden beispielsweise bei halbtägiger Abwesenheit des betreuenden Elternteils nicht zwingend für wenige Stunden betreut werden müssen. Darüber hinaus sieht das Gesetz für die vorübergehende Verhinderung keinen Zeitrahmen vor. In der Rechtsprechung besteht Streit darüber, welcher Zeitraum hier angesetzt werden darf, von drei bis fünf Tagen bis zu maximal sechs Wochen wird hier Verschiedenes
vertreten. Eine vorübergehende Dienstverhinderung wird nach allgemeiner Auffassung jedenfalls nicht länger als für sieben Tage gelten können. In diesem Zeitraum wird also der Mitarbeiter von seiner Arbeitspflicht entbunden, ist jedoch genauso zu entlohnen, als hätte er seine Arbeit vertragsgemäß erbracht. Erhält der Arbeitnehmer in dieser Zeit jedoch finanzielle Hilfen durch einen Sozialversicherungsträger, wären diese Zahlungen auf den Lohn anzurechnen. Überschreitet die Abwesenheit des Mitarbeiters jedoch einen Zeitraum der vorübergehenden Dienstverhinderung, so entfällt jedenfalls der Lohnanspruch und das Fernbleiben von der Arbeit ist ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, der eventuell eine Abmahnung und bei weiterem Fortbleiben oder der Wiederholung eine Kündigung rechtfertigen kann.
04 Für den Fall, dass die Pandemie Ursache einer Praxisinsolvenz ist, welche Pflichten hat der Praxisinhaber bezüglich Arbeitnehmern? Sollte sich die wirtschaftliche Lage der Praxis derart verschlechtern, dass insbesondere aktuell laufende Zahlungen, etwa Mieten und Betriebskosten, Versicherungen und auch Gehälter voraussichtlich nicht oder tatsächlich nicht mehr gezahlt werden können, so besteht für den Praxisinhaber die gesetzliche Verpflichtung, einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird dies verzögert, kann dies ein strafbares Verhalten darstellen. Zu beachten ist jedoch, dass wenn die Insolvenz ihre Ursache in wirtschaftlichen Ausfällen durch die Corona-Krise findet, diese Antragspflicht durch ein aktuell in Kraft getretenes Gesetz nicht mehr besteht. Diese Antragspflicht ist für solche Fälle ausgesetzt bis zum 30. September 2020. Da es jedoch auf die konkreten Ursachen einer Zahlungsunfähigkeit oder gar Überschuldung ankommt, sollte hier in jedem Fall der auf den Einzelfall gerichtete Rat eines Rechtsanwaltes eingeholt werden. Ist ein Insolvenzantrag unumgänglich, so ändert dies an den bestehenden Arbeitsverhältnissen zunächst nichts. Weder endet ein Arbeitsverhältnis durch eine Insolvenz, noch hat diese rechtlich gesehen Einfluss auf den Lohnanspruch der Arbeitnehmer. Mit Antragstellung entsteht ein vorläufiges Insolvenzverfahren, das insbesondere der Überprüfung einer möglichen Fortführung und einer Bestandsaufnahme durch einen vorläufig bestellten Insolvenzverwalter dient. Ist ein Insolvenzverfahren nach dessen Überprüfung dann durchzuführen und nicht beispielsweise mangels Masse abzulehnen, tritt der Insolvenzverwalter an die Stelle des Praxisinhabers als Arbeitgeber und veranlasst das Notwendige. Der Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren kann darüber hinaus die Arbeitsverhältnisse mit einer besonderen Kündigungsfrist von maximal drei Monaten kündigen. Zu beachten ist, dass die Arbeitnehmer in einem solchen Fall, bleiben Lohnzahlungen aus, möglicherweise einen Anspruch auf Insolvenzgeld durch die Agentur für Arbeit für einen Zeitraum
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bis maximal drei Monate rückwirkend vor Eintritt der Insolvenzreife haben.
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In einer Praxis sind keine Desinfektionsmittel, keine Masken oder andere Schutzkleidung wegen Lieferengpässen verfügbar. Kann eine Mitarbeiterin die Arbeit ablehnen, weil sie sich nicht geschützt fühlt?
Geringfügig Beschäftigte: Welche Ansprüche haben die Personen bezüglich Lohnfortzahlung, Kurzarbeitergeld, Kündigung? Grundsätzlich sind geringfügig Beschäftigte arbeitsrechtlich ebenso zu behandeln wie Vollzeitkräfte. Hinsichtlich der Lohnfortzahlungsansprüche, einer möglichen Kündigung etc. gilt deshalb für diese Beschäftigungsgruppe nichts anderes. Allerdings besteht nicht die Möglichkeit, die geringfügig Beschäftigten im Hinblick auf die Vereinbarung von Kurzarbeit in den Genuss eines Kurzarbeitergeldes kommen zu lassen. Das Kurzarbeitergeld setzt als Anspruchsgrundlage voraus, dass der betreffende Mitarbeiter versicherungspflichtig in die Arbeitslosenversicherung einzahlt. Da der geringfügig Beschäftigte nicht im Rahmen der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig ist, besteht auch nicht die Möglichkeit, für diesen Kurzarbeitergeld zu beantragen.
06 In Anbetracht zu verändernder Praxisabläufe (z. B. wegen Testung) kann der Praxisinhaber bestimmte Arbeitszeiten bzw. Anwesenheiten vorschreiben? Grundsätzlich richtet sich das rechtliche Verhältnis zwischen Praxisinhaber und Mitarbeitern nach dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag und den dortigen Regelungen auch zur Frage der Arbeitszeiten, der Lage der Arbeitszeiten und einer etwaigen Verlängerung von Arbeitszeiten. Die Beantwortung der Frage hängt also regelmäßig vom konkreten Inhalt des Arbeitsvertrages ab. Generell ist jedoch festzuhalten, dass ein Arbeitgeber nach § 106 der Gewerbeordnung (GewO) Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleitung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, insbesondere wenn der Arbeitsvertrag keine konkrete Festlegung beinhaltet. Sieht der Arbeitsvertrag also beispielsweise nur eine regelmäßige, durchschnittliche Arbeitszeit in Stunden vor und keine besondere Lage der Arbeitszeiten, so kann der Arbeitgeber gerade im Hinblick auf die jetzige Situation die Lage dieser Stunden aufgrund der betrieblichen Erfordernisse anpassen und aufgrund des Weisungsrechtes einseitig Vorgaben machen. Durch solche Anordnungen darf dem Arbeitnehmer jedoch prinzipiell nicht der entsprechende Lohn gekürzt werden. Eine einseitig festgelegte Reduzierung von Arbeitszeiten wäre daher nicht ohne Zustimmung des Arbeitnehmers möglich. Auch die sonstigen Abläufe in der Praxis können durch den Praxisinhaber ausgestaltet werden nach billigem Ermessen, soweit nicht konkrete Vorgaben des Arbeitsvertrages damit verletzt sind.
Die Grundlage für die Beantwortung dieser Frage liegt in der dem Arbeitgeber obliegenden Fürsorgepflicht. Im Bürgerlichen Gesetzbuch, § 618 BGB, ist geregelt, dass der Dienstberechtigte, also Arbeitgeber, Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften etc. so einzurichten und vorzuhalten hat, dass der Verpflichtete (Arbeitnehmer) gegen Gefahren für Leib und Gesundheit soweit geschützt ist wie möglich. Weitergehende Vorgaben ergeben sich auch aus den Regelungen des Arbeitsschutzes. In Zeiten der Corona-Epedemie beginnt diese Fürsorgepflicht selbstverständlich mit einer umfassenden Aufklärung aller Mitarbeiter und mit der Anordnung bestmöglicher Hygienemaßnahmen (Händewaschen, Verwendung von Desinfektionsmitteln, Abstandsregelungen etc.). Die Erforderlichkeit oder Schutzumfang von Masken ist derzeit umstritten. Letztlich bedarf es einer Abschätzung des Gefährdungsund Ansteckungspotentials einerseits und der möglichen Maßnahmen andererseits. Ein Lieferengpass im Hinblick auf Desinfektionsmittel oder andere Schutzkleidung liegt im sogenannten Betriebsrisiko des Praxisinhabers. Folgt aus einem solchen Lieferengpass daher eine unzumutbare Gefährdung des Arbeitnehmers, so könnte dieser die Arbeit verweigern, ohne den Lohnanspruch zu verlieren. Da derartige Fälle in der Vergangenheit selten waren, ist die Rechtslage jedoch als umstritten zu betrachten. Grundsätzlich ist es jedoch Sache des Arbeitgebers, dafür Sorge zu tragen, dass der Angestellte die Arbeit gefahrlos erledigen kann. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass bereits für den Fall eines ersten Verdachts, wie beispielsweise hinsichtlich der Frage zu 1. die Einschaltung der örtlichen Gesundheitsbehörde anempfohlen ist. Soweit nämlich hierdurch in der Folge eine Quarantäneanordnung erfolgt, eröffnet dies für den Praxisinhaber den Anspruch auf Erstattung von Lohnkosten und im Übrigen auch einen Anspruch auf weitergehende Zahlungen, etwa für die weiter laufenden Betriebskosten. Darüber hinaus sei jedem Praxisinhaber im Rahmen wirtschaftlicher Schwierigkeiten anempfohlen, die jeweils bundeslandabhängigen, nicht-rückzahungspflichten Hilfen zu überprüfen, steuerliche Erleichterungen, wie das Aussetzen von Steuervorauszahlungen, das Aussetzen der Vorsteuer und ähnliche Maßnahmen. Hier empfiehlt sich jeweils eine individuelle Beratung durch einen fachkundigen Rechtsanwalt sowie die Rücksprache mit einem Steuerberater. m Rechtsanwalt Stefan Lehnhardt Anwaltskanzlei Klein-Ilbeck & Lehnhardt 65549 Limburg, info@ki-l.de
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
Kurzarbeitergeld und Sparpotenziale In Anbetracht wegfallender Einnahmen durch die Corona-Pandemie meldeten im März 2020 ca. 470.000 Unternehmen branchenübergreifend Kurzarbeit an, um in der Krisenzeit ihre Personalkosten zu reduzieren. Auch für die heilenden Berufe ist Kurzarbeit ein geeignetes Instrument zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen. Der Gesetzgeber hat den Zugang zur Kurzarbeit rückwirkend ab März 2020 vereinfacht.
DAS PROZEDERE: Rheumatologe Dr. R erwartet für die Monate April und Mai einen nicht unerheblichen Rückgang an Einnahmen. Er beschäftigt zwei sozialversicherungspflichtige Helferinnen, A und B. Dr. R entschließt sich, im April und Mai die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Helferinnen mit deren schriftlicher Zustimmung zu halbieren. Hat der Arbeitgeber seinen Personalbedarf für den voraussichtlichen Zeitraum der Kurzarbeit ermittelt, muss bis zum Ablauf des Monats, in dem die Kurzarbeit begonnen wird, eine Anzeige gemäß amtlichen Vordruck schriftlich an die zuständige Bundesagentur für Arbeit gesendet werden. Ohne die vorherige Anzeige der Kurzarbeit ist eine spätere Erstattung des KUG nicht möglich.
Marius Schmitt-Homann Kurzarbeit bedeutet die vorübergehende Reduzierung der vertraglichen Regelarbeitszeit und dementsprechend auch des Gehaltsanspruchs des Arbeitnehmers, ohne diesem kündigen zu müssen. Die Arbeitszeit kann für einen Zeitraum von maximal zwölf Monaten bis „auf Null“ herabgesetzt werden. Zur Kompensation des Entgeltausfalls erhält der betreffende Arbeitnehmer das sogenannte Kurzarbeitergeld (KUG). Das KUG beträgt 60 % des ausfallenden pauschalisierten Nettoentgelts und erhöht sich auf 67 %, wenn mindestens ein Kind im Haushalt des Arbeitnehmers lebt. Für die Beantragung des KUG müssen bei mindestens zehn Prozent (bis Februar 2020 noch ein Drittel) der Arbeitnehmer zehn Prozent des monatlichen Entgelts ausfallen. Resturlaubsansprüche aus dem Vorjahr sowie Überstunden müssen vor der Kurzarbeit abgebaut werden. Das KUG ist nur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten vorbehalten, sodass geringfügig entlohnte Beschäftigte (sog. Minijobber) keinen Anspruch darauf haben. Auch arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer erhalten kein KUG, sondern beziehen während der Kurzarbeit Krankengeld, auch wenn noch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung innerhalb der ersten sechs Wochen besteht. Die Reduzierung der Arbeitszeit während der Krise sollte anhand der betrieblichen Erfordernisse angepasst werden. Weiterhin ist eine Zustimmung der betreffenden Arbeitnehmer erforderlich, wenn keine arbeits- oder tarifvertragliche Regelung oder ein Betriebsrat bestehen. Mit Minijobbern sollte eine vertragliche Sonderregelung getroffen werden.
Dr. R gibt in dem amtlichen Formular den Grund für die Kurzarbeit, die Verringerung der wöchentlichen Regelarbeitszeit, die Anzahl der betreffenden Arbeitnehmer und die voraussichtliche Dauer der Kurzarbeit an. Er sendet das Formular vor Beginn der Kurzarbeit zusammen mit der schriftlichen Einwilligung von A und B an die für ihn zuständige Agentur für Arbeit. Diese erlässt daraufhin einen Bescheid darüber, dass die Voraussetzung der Kurzarbeit erfüllt sind. Das KUG ist vom Arbeitgeber zu berechnen und zusammen mit dem verringerten Entgelt an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Es errechnet sich auf Basis des ausgefallenen pauschalisierten Nettoentgelts unter Berücksichtigung der Steuerklasse und eines eventuell bestehenden Kinderfreibetrags des Arbeitnehmers. Helferin A erhielt vor der Kurzarbeit ein Bruttogehalt von 2.500 €, sie hat Steuerklasse 5 und mindestens einen halben Kinderfreibetrag. Helferin B erhielt ein Gehalt von 2.000 € und hat die Steuerklasse 1 ohne Kinderfreibetrag. TAB. 1 A
B
2.500,00 €
2.000,00 €
944,16 €
849,97 €
1.250,00 €
1.000,00 €
Pauschalisierte Ist-Netto (67 %/60 %) lt. Tabelle
579,47 €
480,00 €
KUG (Soll-Netto ./. Ist-Netto)
364,69 €
369,97 €
Brutto-Soll-Entgelt Pauschalisiertes Soll-Netto (67 %/60 %) lt. Tabelle Brutto-Ist-Entgelt
→
BERUFSVERBAND
BDRh
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
Ein Riesen
DANKESCHÖN … an alle Arzthelferinnen, medizinischen Fachangestellten, Medizinischtechnischen Assistenten, Rheumatologische Fachassistenten und Mitarbeiter in unseren Praxen und Ambulanzen. In diesen sehr schwierigen Zeiten für uns und unsere Patienten ist es großartig, wie wir uns auf unsere Teams verlassen können.
IHR SEID SPITZE! Der Vorstand und alle Mitglieder des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen Team der Rheuma Management
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
Das KUG ermittelt sich laut der Tabelle der Bundesagentur für Arbeit wie folgt (Tab. 1). Neben dem KUG hat der Arbeitgeber auf ein fiktives Arbeitsentgelt die Sozialversicherungsbeiträge, also den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil, zu errechnen und an die zuständige Krankenkasse abzuführen. Das fiktive Arbeitsentgelt beträgt 80 % des ausgefallenen Brutto-Entgelts (Tab. 2). Das verauslagte KUG sowie die hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der Agentur für Arbeit erstattet (bis Februar 2020 musste der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge noch selbst tragen). Die Erstattung erfolgt unter Vorbehalt einer späteren Überprüfung der Berechnung des KUG sowie der Sozialversicherungsbeiträge.
Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Ablauf des Monats zu stellen, für den das KUG beantragt wird! Die Überprüfung des KUG erfolgt in der Regel innerhalb von sieben Monaten nach dessen Beantragung. Über die Entscheidung ergeht ein endgültiger Bescheid der Agentur für Arbeit. Nachdem Dr. R das KUG zusammen mit dem Gehalt an seine Arbeitnehmer und die Sozialversicherungsbeiträge an die Krankenkasse gezahlt hat, stellt er den Antrag auf Erstattung der Beträge mit dem amtlichen Vordruck an seine Agentur für Arbeit. Diese erlässt einen vorläufigen Leistungsbescheid und erstattet die Beträge auf das Konto des Dr. R. Der Arbeitgeber kann oder muss, wenn er tarifvertraglich dazu verpflichtet wäre, das Kurzarbeitergeld aufstocken. Der Zuschuss ist lohnsteuerpflichtig, jedoch beitragsfrei in der Sozialversicherung, wenn er zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 % des ausgefallenen Bruttoentgelts nicht übersteigt. Der Zuschuss kann höher sein als das KUG und zu einem höheren Nettoentgelt führen als vor Beginn der Kurzarbeit (Tab. 3). TAB. 2
Für den Arbeitnehmer ist weiterhin wichtig, dass er aufgrund des Bezuges von Kurzarbeitergeld als Entgeltersatzleistung verpflichtet ist, für das Kalenderjahr des Bezugs eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Das Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt und führt somit regelmäßig zu Steuernachzahlungen.
Weitere Maßnahmen zum Liquiditätserhalt in der Corona-Krise MIET- UND PACHTZAHLUNGEN: Unternehmen wie Adidas oder Galeria Karstadt Kaufhof haben bereits angekündigt, die Zahlungen der Geschäftsmiete währen der Corona-Krise auszusetzen. Möglich macht dies ein neues Gesetz, welches seit dem 1. April 2020 in Kraft ist. So kann dem Mieter oder Pächter für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 nicht wegen ausgefallener Mietzahlung gekündigt werden, sofern er glaubhaft macht, dass die Nichtleistung aufgrund der Corona-Krise erfolgt. Die Miete bleibt gleichwohl fällig und es können auch Verzugszinsen entstehen. Die Mietschulden aus diesem Zeitraum müssen bis spätestens 30. Juni 2022 gezahlt werden. Die Regelung gilt sowohl für Geschäftsraummiete als auch für Wohnraummiete. ZAHLUNGEN ZUR GRUNDVERSORGUNG: Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten und einem Jahresumsatz bis zu 2 Mio. € haben für Verträge der Grundversorgung (u. a. Strom, Gas, Wasser, Telefon) ein Leistungsverweigerungsrecht bis zum 30. Juni 2020. So können diese Zahlungen bis zu dem Termin aufgeschoben werden, sofern der Vertrag vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde. Die Zahlungen müssen dann aber nachgeholt werden. TAB. 3
A
B
Brutto-Soll-Entgelt
2.500,00 €
2.000,00 €
Brutto-Ist-Entgelt
1.250,00 €
Differenz Fiktives Arbeitsentgelt (80 %) SV-Beiträge
Macht der Arbeitgeber alles richtig, so wird er durch die Kurzarbeit wirtschaftlich nicht belastet. Lediglich der betreffende Arbeitnehmer büßt einen Teil seines Gehalts ein, erwirbt aber weiterhin seine sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche und kann nach der Kurzarbeit sein Arbeitsverhältnis zu den ursprünglichen Bedingungen wieder fortsetzen.
A
B
Brutto-Soll-Entgelt
2.500,00 €
2.000,00 €
1.000,00 €
Brutto-Ist-Entgelt
1.250,00 €
1.000,00 €
1.250,00 €
1.000,00 €
Differenz
1.250,00 €
1.000,00 €
1.000,00 €
800,00 €
Davon 80 %
1.000,00 €
800,00 €
393,00 €
314,40 €
KUG
364,69 €
369,97 €
Maximaler Zuschuss
635,31 €
430,03 €
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
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SARS-COV-2 – SPEZIAL
RATEN ZU VERBRAUCHERDARLEHENSVERTRÄGEN: Die Zinsund Tilgungsleistungen zu Verbraucherdarlehensverträgen werden in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni 2020 gestundet. Voraussetzung ist, dass der Verbraucher durch die Corona-Krise Einnahmeausfälle erleidet. Die Darlehensverträge müssen vor dem 15. März 2020 geschlossen worden sein. Für betriebliche Darlehen gilt die Regelung nicht. Betroffene Unternehmer müssen selbst auf den Kreditgeber zugehen und eine Stundung der Raten vereinbaren. Ein Anspruch darauf besteht jedoch nicht. m
Marius Schmitt-Homann Steuerberater Lindenstraße 10, 65551 Limburg-Lindenholzhausen Tel.: 06431/5105300 Fax: 06431/51053010 kanzlei@msh-steuerberater.de
Auf Sonderzahlungen bis 1.500 EUR werden laut Bundesfinanzministerium (BMF) keine Steuern erhoben. Das soll diejenigen belohnen, die in der Corona-Krise an vorderster Front stehen. Da nicht nach Berufen getrennt werden kann, gilt die Steuerfreiheit für alle Arbeitnehmer.
Kontakte auf einen Blick Die Arbeitsagenturen weiten ihre telefonische Erreichbarkeit aus. Die lokalen Hotspots für Arbeitnehmer: Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr. Die lokalen Rufnummern der Agenturen und Jobcenter sind zu finden: www.arbeitsagentur.de, dort lokale Dienststellen. Für Arbeitgeber steht ab sofort die bundesweite Hotline 0800/455-5520 von 8 bis 18 Uhr gebührenfrei zur Verfügung. Die Links zu den Formularen:
Antrag Arbeitsausfall
Antrag Auszahlung Kurzarbeitergeld
www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf oder con.arbeitsagentur.de/prod/apok/metasuche/suche/ information?volltext=anzeige%20arbeitsausfall
www.arbeitsagentur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf
Agentur für Arbeit
Agentur für Arbeit Postanschrift
Stamm-Nr. Kug (vgl. Bescheid zur Anzeige)
Postanschrift
Stamm-Nr. Kug (soweit bekannt)
K
TK-
Anzeige über Arbeitsausfall in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE)
Ableitungs-Nr. (vgl. Bescheid zur Anzeige)
Betriebsnummer
3 Bitte das Formular vollständig ausfüllen. Drucken des Formulars ist sonst nicht möglich!
Zutreffendes bitte ankreuzen!
Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich / Sozialplan wurden aufgenommen am
.
Der Interessenausgleich / Sozialplan wurde unterschrieben am
.
Die nach § 111 Absatz 1 Nr. 4 SGB III vorgeschriebene Beratung durch die Agentur für Arbeit zu den o. a. Interessenausgleichs-/ Sozialplanverhandlungen erfolgte am
.
Bitte in einfacher Ausfertigung bei der Agentur für Arbeit einreichen, in dessen Bezirk die Lohnabrechnungsstelle liegt (vgl. Bescheid zur Anzeige)
3
Betriebsnummer
Bitte das Formular vollständig ausfüllen. Drucken des Formulars ist sonst nicht möglich!
Antrag auf Kurzarbeitergeld (Kug) - Leistungsantrag Angaben zum Antragsteller Bezeichnung und Anschrift des Arbeitgebers
Anschrift der Lohnabrechnungsstelle (nur angeben, wenn nicht am Betriebssitz)
Telefon-Nr.
Telefax-Nr.
BIC
IBAN
Kreditinstitut
Alle wichtigen Informationen zum Thema Kurzarbeitergeld unter A. Angaben zur betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) Bezeichnung und Anschrift der Transfergesellschaft / des Unternehmens
Telefon-Nr., Fax-Nr. u. ggf. E-Mail-Adresse
con.arbeitsagentur.de/prod/cmsportal/marketing/corona-kurzarbeit/ Ansprechpartner(in)
Telefon-Nr., Fax-Nr. u. ggf. E-Mail-Adresse
falls abweichend Anschrift der Lohnabrechnungsstelle
Telefon-Nr., Fax-Nr. u. ggf. E-Mail-Adresse
Ansprechpartner(in)
Telefon-Nr., Fax-Nr. u. ggf. E-Mail-Adresse
Angaben zum Kug
Korrektur-Leistungsantrag
Zutreffendes bitte ankreuzen!
Ich/Wir beantrage(n) die Auszahlung des Kug für die in der/den beigefügten Abrechnungsliste(n) (Vordruck Kug 108) aufgeführten Arbeitnehmer/innen des Betriebes
der Betriebsabteilung:
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
Die wundersame Wandlung des Jens Spahn Die Corona-Krise ist für Jens Spahn eine große Chance, zugleich aber auch ein erhebliches Risiko. Bisher überwiegt bei weitem die Chance. Aus dem Schlagzeilenjäger um jeden Preis wurde überraschend ein umsichtiger und moderater Krisenmanager. Jens Spahn hat seine Chance genutzt, sich in kürzester Zeit als gefragter und kompetenter Ansprechpartner innerhalb der Bundesregierung zu profilieren. Das Risiko liegt im weiteren Verlauf der Krise, sie könnte sein Ansehen nachträglich auch schwer beschädigen. Aber auch Kanzlerin und Kollegen wollen den rasanten Aufsteiger bremsen. In seiner bisherigen Laufbahn als Bundesgesundheitsminister ist Jens Spahn nicht unbedingt durch besondere Kompetenz aufgefallen, sondern vielmehr eher durch vorschnelle und schlagzeilenträchtige Blitzaktionen. Unvergessen ist sein Versuch, die Fettabsaugung gegen den Rat von Experten als Kassenleistung durchzusetzen und auch sein anschließender Versuch, auf dem Weg eines Rucksackgesetzes den G-BA zugunsten seiner eigenen Entscheidungskompetenz zu entmachten. Fragwürdig auch seine spektakulären und unsensiblen Vorstöße bei den schwierigen Themen Organspende und Sterbehilfe, die beide letztlich vom Deutschen Bundestag bzw. Bundesverfassungsgericht korrigiert werden mussten. In der Krise zeigt Jens Spahn nun, dass er auch anders kann. Er ist in Gesundheitsfragen der kompetente Entscheider, bezieht seine Kompetenz aber nun stets aus der ständigen Begleitung durch Top-Experten für Viruserkrankungen. Keine Pressekonferenz des Bundesgesundheitsministers ohne dass ein
Experte z. B. des Robert-Koch-Instituts mit am Tisch sitzt. So schafft er Vertrauen, und seine (für die Bevölkerung meist unangenehmen) Empfehlungen erscheinen moderat und gut begründet.
Dr. med. Erich Schröder Arzt und Journalist
Auch das Durcheinander im Föderalismus hat er erstaunlich schnell in den Griff bekommen. Mit Unterstützung durch die Bundeskanzlerin ist es ihm inzwischen gelungen, das Vorgehen gegen die Krise innerhalb der Bundesländer zumindest weitgehend zu synchronisieren.
ebenfalls Kanzlerkandidat, auf den Plan, der sich mit einem moderateren und schonenderen Krisenkonzept ausdrücklich gegen Söder in Stellung brachte. Friedrich Merz, bisheriger Spitzenkandidat in Umfragen und nun selbst Corona-infiziert, hat gerade das Nachsehen.
Hier hat sich gerade jemand als Politiker der ersten Linie qualifiziert, und viele denken dann auch gleich an mögliche höhere Aufgaben. Immerhin steht immer noch seine Bewerbung als Kanzlerkandidat im Raum. Gegenüber seinen Mitbewerbern hat er zumindest zurzeit den großen Vorteil einer täglichen Präsenz in den Medien.
Und auch die Kanzlerin greift ein und hat erstmals außerhalb der Festtage eine dramatische Fernsehansprache an ihr Volk gerichtet. Offenbar neben der ehrlichen Sorge um die Krise auch im Bemühen, neben dem Werbetrommeln der Männer ihre eigene Führungskompetenz im öffentlichen Blickfeld zu halten.
In der Krise zeigt Jens Spahn nun, dass er auch anders kann. Dagegen hat nun insbesondere einer den Fehdehandschuh ergriffen: Markus Söder, Regierungschef in Bayern und entgegen seinen bisherigen Beteuerungen auch aktiv im Rennen um das Kanzleramt. Söder ist es gelungen, sich und Bayern – nach dem Vorbild von Helmut Schmidt bei der Sturmflut in Hamburg – als entschlossener Vorreiter im aktiven Corona-Krisenmanagement zu profilieren und damit die Medienhoheit zumindest zeitweise zurückzuerobern. Das rief umgehend Armin Laschet, Regierungschef in Nordrhein-Westfalen und
KOLUMNE „BERLIN INTERN“
Wie es weitergeht wird vermutlich der weitere Verlauf der Krise entscheiden. Sollte diese zu lange andauern und schwere bis schwerste Schäden in der Wirtschaft und im Leben der Bevölkerung anrichten, dann kann die Stimmung im Land und auch gegenüber der Position des zuständigen Gesundheitsministers schnell drastisch umschlagen. Der Weg vom Helden bis zum Prügelknaben kann auch sehr kurz sein. Es wäre nicht nur Jens Spahn sondern uns allen zu wünschen, dass es dazu nicht kommt. m
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BDRh
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
UMSTELLUNG VON RHEUMADOK AUF RHEMIT
Praktische Erfahrungen einer Praxis Seit 15 Jahren arbeite ich mit RheumaDok. 2005 habe ich mich niedergelassen. Damals suchte ich eine Software, die mich unterstützt, verschiedene Scores, die auch seit 2005 EBM-relevant sind (Abrechnung 13701), effektiv zu erheben und diese dann auch leitliniengerecht einfach einsetzen zu können. Meine klinische Tätigkeit wurde durch RheumaDok sehr unterstützt. RheumaDok wurde in den letzten 15 Jahren kontinuierlich erweitert, wurde als Plattform für die Kerndokumentation, sowie für Selektivverträge und Innovationsfondprojekte genutzt und war ein treuer Begleiter.
schiedene Informationen errechnet, dass erkennen Sie schnell, der Gelenkbogen unter „Bögen und Scores“ enthält das vertraute Männchen. 2. Wenn sich Daten nicht ändern, z. B. Medikation in Selektivverträgen, kann mit der linken Maustaste der Feldinhalt einfach in die aktuelle Visite gezogen werden. Dadurch wir die Dokumentation sehr effektiv.
Aufgrund neuer Anforderungen an eine moderne Software hat sich der BDRh für eine Umstellung auf ein neues Programm „RheMIT“ entschieden. Die Software ist seit Januar 2020 verfügbar, seit Anfang April können die Daten aus RheumaDok übernommen werden. Unserer Praxis war es wichtig, dass wir schnell (von einem Tag auf den anderen) mit RheMIT weiterarbeiten können, keinen Datenverlust haben und auch die Teilnahme an den Selektivverträgen ohne Unterbrechung fortgesetzt werden kann. Wir konnten RheMIT ohne große Probleme auf unsere Praxiscomputer, beginnend mit dem Server, installieren, zuvor hatten wir einen Aktivierungscode (bei uns 1 Lizenz) per Formular auf www. rhemit.de angefordert. Man sollte etwas Zeit einplanen. Für 8 Computer haben wir ca. 1,5-2 Stunden benötigt. Die Datenübernahme aus RheumaDok war dann wirklich einfach. Da wir RheMIT schon vor einigen Wochen installiert hatten, benötigten wir ein Update, dass bei Inbetriebnahme von RheMIT automatisch geladen wurde. Unsere Computer sind alle ans Internet angeschlossen, weshalb wir die automatische Updatefunktion gewählt hatten. Im Administratormenü (obere Zeile) gab es dann einen rot hinterlegten Punkt „RheumaDok“. Nach Bestätigung der Datenübernahme, wurde die Datei im Dateimanager angeboten, und musste nur angeklickt werden. Die Übernahme von ca. 5.400 Datensätzen dauerte 1-2 Stunden. Wir haben es außerhalb des regulativen Praxisbetriebs ausgeführt, die Datenübernahme konnte von jedem Computer gestartet werden.
Dr. Silke Zinke Das war sehr praktisch. Ich konnte die Übernahme anstoßen und trotzdem an meinem Arbeitsplatz weiterarbeiten. In RheMIT habe ich mich sehr schnell eingearbeitet, auch spielerisch am Abend über meinen Heimarbeitsplatz. An dieser Stelle nur ein paar Informationen: Suchen sie Ihren Patienten über Öffnen (Zeile oben). In der linken Spalte steht oben der Patient, darunter: Feste Daten, Verlaufskontrolle, Labordaten. Wenn der Cursor auf dem Patienten ist, kann man Basisdaten wie Name, ID, Adresse usw. und die eingeschriebenen Verträge sehen. Unter „Feste Daten“ stehen Stammdaten wie u. a. Diagnose und die eingeschriebenen Verträge. Unter Verlaufskontrollen können alle vergangenen Visiten eingesehen werden, durch Hinzufügen (oben) wird die aktuelle Visite hinzugefügt. Das Datum kann, wenn nötig, leicht verändert werden. Zunächst fand ich es etwas mühsam, aber noch zwei wichtige Hinweise haben mir die Arbeit sehr erleichtert: 1. Die Aktivitätsscores für RA werden durch ver-
Es lohnt sich, sich etwas Zeit zu nehmen und die RFAs und MFAs einzuarbeiten. 2-3 Tage zur Neueinführung benötigt man für einen einigermaßen reibungslosen Ablauf, natürlich dauert alles etwas länger, bis die volle Routine da ist. Allerdings sind wir positiv überrascht, wie schnell wir sicherer werden. Wer noch mehr möchte: Es wird eine kostenpflichtige Vollversion geben, mit vielen Extras (Arztbrief, Befunde einscannen etc.). RheMIT zu installieren und zu nutzen, ist auch eine Investition in die Zukunft. Je mehr Projekte, Studien, Kohorten über RheMIT initiiert werden, je effektiver gestaltet sich das Arbeiten durch Vermeidung doppelter Dokumentation. Unsere Praxis nimmt an vielen Studien/Kohorten teil, wir freuen uns auf die Zukunft. m
Dr. Silke Zinke Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie 1. Vorsitzende des BDRh
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
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WWW.BDRH.DE
AMBULANTE SPEZIALFACHÄRZTLICHE VERSORGUNG
Bestandsaufnahme der ASV: Forschungsprojekt soll Verbesserungsbedarf aufzeigen Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) wurde 2012 eingeführt, um eine sektorenübergreifende sowie interdisziplinäre Versorgungsform für die Behandlung von Patienten mit besonderen Krankheitsverläufen oder mit seltenen Erkrankungen zu schaffen. Seitdem wurden verschiedene Indikationen vom Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA) für die ASV zugelassen. Seit April 2018 können auch die Rheumatologen an der sektorenübergreifenden Versorgung teilnehmen. Inzwischen haben sich deutschlandweit bereits 25 ASV-Teams für die Rheumatologie bei Erwachsenen gebildet.
Allerdings zeigt sich, dass die Umsetzung der ASV teils nur schleppend vorangeht und die Potenziale nicht ausreichend genutzt werden. Um die Gründe zu identifizieren und geeignete Verbesserungsvorschläge abzuleiten, hat der Innovationsfonds zur Evaluation der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung aufgerufen. Dies wird seit Beginn dieses Jahres in einem zweijährigen Versorgungsforschungsprojekt „Generelle, alle ASV-IndikatiOnen übergreifende EvALuation und Weiterentwicklung der ASV-RL (§ 116b SGB V)“, kurz GOALASV, analysiert.
Ziele von GOAL-ASV in der Übersicht Ziele des Projektes sind die Aufarbeitung des aktuellen Stands der ASV-Umsetzung, die Beurteilung der Teilnahmebe-
reitschaft der Leistungserbringer sowie die Identifzierung von Umsetzungsproblemen und -hürden. Außerdem sollen die Auswirkungen der ASV auf die Patientenversorgung, wie beispielsweise der Zusatznutzen im Vergleich zur Regelversorgung, beschrieben werden. Hierzu werden einerseits quantitative Daten der ASV-Servicestelle sowie die Routinedaten der gesetzlichen Krankenkassen analysiert. Andererseits werden mittels OnlineBefragungen, Interviews und Expertenworkshops sowohl die Arztpraxen und Krankenhäuser als auch die Patienten zu ihren Erfahrungen mit der ASV befragt. Demnächst wird daher allen ASV-Teamleitern eine Einladung zur Teilnahme an einer Befragung zur ASV zugesendet. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse werden konkrete Handlungsemp-
fehlungen entwickelt, um eine bessere Umsetzung und Etablierung der ASV zu ermöglichen. Das Projekt GOAL-ASV (Förderkennzeichen 01VSF19002) wird von einem Konsortium, bestehend aus dem Institut für Gesundheit und Soziales (ifgs), der FOM Hochschule für Oekonomie & Management (Projektleitung), dem Leibnitz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), dem Wissenschaftlichen Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (WINHO) sowie dem Bundesverband ambulante spezialfachärztliche Versorgung (BV ASV) gemeinsam mit weiteren betroffenen Berufsverbänden und Selbsthilfegruppen umgesetzt. Auch der BDRh ist als Kooperationspartner in das Projekt eingebunden. m Laura Bredow, Sonja Froschauer
Umfrage – RheMIT Logo Seit Anfang des Jahres steht Ihnen die neue Dokumentationssoftware RheMIT in der Rheumatologie zur Verfügung und seit dem 1. April können Sie auch Ihre bisherigen Daten aus RheumaDok übertragen und RheMIT aktiv nutzen. Jetzt fehlt nur noch eins – ein Logo. Deshalb möchten wir gemeinsam mit Ihnen eines der folgenden Logos für RheMIT auswählen.
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Zur Teilnahme senden Sie einfach diese Seite mit Ihrem Kreuz per Fax an: 089/4141 4408 9 oder senden Sie uns die Nummer Ihres bevorzugten Logos an it@bdrh-service.de. Außerdem können Sie auch unter www.rhemit.de an der Umfrage teilnehmen. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung!
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BDRh
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
ERFOLGSMODELL VERSORGUNGSVERTRAG MIT DER BARMER
Roll-out auf weitere Bundesländer Gute Neuigkeiten: Zum 1. April 2020 wurde der Vertrag zur Besonderen Versorgung in der Rheumatologie (BV-Vertrag Rheuma) zwischen der BARMER und der BDRh Service GmbH auf weitere Regionen erweitert. Somit können auch Rheumatologen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein sowie im Saarland dem Vertrag beitreten. Bislang war er nur in Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen umgesetzt worden.
Grund für die Erweiterung sind die sehr guten Ergebnisse, die eine Analyse der BARMER ergeben hatte. Die BARMER hat dafür Versicherte in den Vertragsregionen mit solchen in Kontrollregionen für die Jahre 2016 bis 2018 verglichen. So wiesen Versicherte in den Vertragsregionen geringere Leistungsausgaben auf, was vor allem auf ein wirtschaftlicheres Verordnungsverhalten zurückzuführen ist. Besonders auffällig war gleichzeitig, dass Versicherte in der Interventionsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe
nur halb so oft stationär behandelt werden mussten. Dies zeigt nach Ansicht der BARMER die hervorragende ambulante Versorgungsqualität. Der Roll-out des Vertrages auf weitere Regionen ist aus Sicht des BDRh sehr zu begrüßen. Wie auch RheumaOne und VERhO baut der Vertrag mit der BARMER auf den bewährten Strukturen des BDRh auf, der Abrechnungssoftware Rheuma Selekt sowie den Dokumentationslösungen RheMIT sowie RheumaDok
(bis 31.12.2020). Die Einschreibung der Ärzte wird von der bcs best care solutions GmbH organisiert. Rheumatologen in den Vertragsregionen, die sich für eine Teilnahme interessieren, finden weitere Informationen unter www.bdrh.de oder unter www.bestcaresolutions.de. m Sonja Froschauer BDRh Service GmbH Nicole Richter best care solutions GmbH
ARZNEIMITTELVERTRÄGE
BDRH SERVICE GMBH
RheumaOne – der aktuelle Stand
Kooperationsvereinbarung mit Helmsauer-Gruppe
Zum 1. Januar 2020 wurden der TK-BDRh-Arzneimittelvertrag und der Vertrag zur Besonderen Versorgung Rheuma mit der TK zum Rahmenvertrag RheumaOne zusammengeführt. Im selben Zuge wurde das Modul 2 - der ehemalige Vertrag zur Besonderen Versorgung - auf die Regionen Berlin, Brandenburg und Hessen ausgedehnt. Die TK trat an die Krankenkassen, die am Modul 1 (Arzneimittel) teilnehmen, nochmal heran und warb für einen Beitritt zu den anderen Modulen.
Viele rheumatologische Praxen kennen die Helmsauer-Gruppe bereits aus der Abrechnung der Selektivverträge des BDRh über das Abrechnungsprogramm Rheuma Selekt. Nun hat der BDRh über seine Tochtergesellschaft BDRh Service GmbH die Kooperation mit der Helmsauer-Gruppe noch ausgeweitet.
Die gute Nachricht: Die pronova BKK und die BKK Mobil Oil entschieden sich für einen Beitritt zu Modul 2 und Modul 3 (Transition). Leider machten einige kleinere Krankenkassen (BKK HMR, BKK Melitta Plus, BKK Miele, BKK Publik, BKK Salzgitter, BKK VDN, Schwenninger Krankenkasse und TUI BKK) von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch und kündigten ihre Teilnahme am Modul 1 (Arzneimittel). Ins Modul 1 (Arzneimittel) haben sich seitdem vier Praxen neu eingeschrieben, in die Module 2 und 3 je acht Praxen. Damit sind momentan 154 Ärzte in Modul 1 und 58 Ärzte in die Module 2 und 3 eingeschrieben. Die Abrechnung über Rheuma Selekt wurde inzwischen gut etabliert. Seit Februar 2020 ist auch die neue Dokumentationssoftware RheMIT für die Dokumentation in RheumaOne zugelassen. m
Künftig erhalten Mitglieder des BDRh bei der Helmsauer Gruppe Sonderkonditionen für weitere Leistungsbereiche und spezielle Services: – Attraktive Versicherungspakete (u. a. Berufshaftpflicht, Praxisinventar- und Elektronikversicherung, Rechtsschutzversicherung, IT-Sicherungspolice aufgrund DS-GVO, Betriebliche Altersvorsorge) – Werktägliche Arzthaftpflicht-Hotline – Hotline für Privatliquidation – Vergünstigte Gebühren für Privatabrechnung – Verschiedene Angebote zur betriebswirtschaftlichen Beratung. Detaillierte Informationen finden sich auf der Homepage des BDRh unter https://www.bdrh.de/details/kooperation-mit-derhelmsauer-gruppe.html. m
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
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WWW.BDRH.DE
Ein Denker und Macher geht von Bord: Edmund Edelmann Wenn man „Edmund Edelmann“ googelt, dann bekommt man über 300.000 Ergebnisse. Kann das sein? Bei Edmund ist ja die Energie, die Präsenz und das Multitasking sehr ausgeprägt, aber das ist dann doch schon etwas viel. Wenn man „Bad Aibling“ ergänzt, sind es „nur noch“ über 6.600 Links.
Das erste Mal, dass ich Edmund Edelmann wahrgenommen habe, war am Ende meiner Ausbildung zum Rheumatologen im Januar 1999. Wir, Rüdiger de la Camp und ich, waren bei dichtem Schneefall nach Bad Abbach gefahren, um in der Klinik von Professor Heiner Menninger an einem Train-the-TrainerSeminar für die „Bayerische Patientenschulung“ teilzunehmen. Auch Edmund Edelmann, damals ja schon Vorsitzender des Berufsverbandes der bayerischen und der deutschen Rheumatologen, sollte kommen. Es wurde eine späte Ankunft! Edmund verunglückte mit seinem Chrysler Voyager – ein großes Autos, das viel Platz für viele Kinder hatte, war ja notwendig – auf der schneeglatten Autobahn, die nach Bad Abbach führte. Edmund ließ sein zerstörtes Auto zurück, war glücklicherweise unverletzt, und nahm an dem Seminar teil. Edmund ist ein Mensch, der sich mit unglaublich viel Energie, großer Beharrlichkeit, nie zu Ende gehendem Optimismus und einer manchmal auch fordernden Leidenschaft für die Rheumatologie und die rheumatologische Berufspolitik einsetzt. Das mag manchmal anstrengend sein, manchmal auch redundant, aber über die Jahre merkt man, dass nur steter Tropfen den Stein höhlt, beziehungsweise Kostenträger davon überzeugen kann, die rheumatologische Versorgung für unsere Patientinnen und Patienten zu verbessern. Edmund ist über die Jahrzehnte extrem vernetzt, schnell in der Entwicklung von Ideen, dem Schreiben von Konzepten und Verträgen und oft schon einen oder auch paar Schritte weiter, wenn er andere auffordert mitzugehen. Über mehr als ein Jahrzehnt war er der Vorsitzende des Berufsverbands der Bayerischen Rheu-
Edmund Edelmann matologen im BDRh und fast zwei Jahrzehnte prägte er als Vorsitzender den BDRh. RheumaDoK, Rheuma Management, Strukturverträge, ASV, moderne Bildgebung und viele andere Themen hat Edmund angestoßen, geprägt, gestaltet und unterstützt. Daneben ist er für seine große Familie mit sechs Kindern da und findet Zeit für seine Hobbies Segeln, Skifahren, Tennis und Reisen. Nebenbei sich auch noch im Elternbeirat des Montessori-Kindergarten engagieren: Kein Problem. Edmund macht auch das. Edmund geht es um die Sache, es geht ihm darum, rheumatologische Versorgung zu verbessern, die Verbesserungen auch wissenschaftlich zu belegen und die Kostenträger zu überzeugen, sinnvolle Verbesserungen für Patientinnen und Patienten mit entzündlichrheumatischen Systemerkrankungen zu erreichen. Und das hat geklappt! Für die Rheumatologen hat sich Edmund über Jahrzehnte eingesetzt, die teilweise nicht einmal kostendeckenden Honorare nach und nach zu verbessern. Und auch das hat geklappt! Die viel bessere und posi-
tive Wahrnehmung der Rheumatologie, insbesondere der ambulanten Rheumatologie, ist ohne Zweifel untrennbar mit Edmund Edelmann verbunden. Mit dem Ausscheiden von Edmund Edelmann aus dem Bundesvorstand geht eine Ära zu Ende. Als Ehrenvorsitzender des BDRh wird sich Edmund, so kennen wir ihn, weder zur Ruhe setzen noch Ruhe geben. Manchmal ein bisschen leise, manchmal ein bisschen schnell, wird Edmunds Stimme in der Rheumatologie weiter zu hören sein und gehört werden. Lieber Edmund! Danke für mehr als zwei Jahrzehnte unermüdlichen, kreativen und konstruktiven Einsatz für unsere Rheumatologie, für uns Rheumatologen, aber auch ganz besonders für unsere Patientinnen und Patienten. Ganz besonders, ganz wertvoll! Und du weißt ja, wir sind zum Essen verabredet und das schon, glaube ich, seit fast zehn Jahren. Jetzt sollte es doch mal klappen! Alles Gute! m
Dein Florian Schuch stellvertretend für den gesamten BDRh
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BDRh
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
MEDIZINRECHT
Digitalisierung im Gesundheitswesen: das Patientendaten-Schutzgesetz Das Patientendaten-Schutzgesetz (kurz: PDSG) stellt einen weiteren gesetzgeberischen Baustein für mehr Digitalisierung im Gesundheitswesen dar. Ziel des Gesetzes ist es, digitale Lösungen schnell zum Patienten zu bringen und dabei sensible Gesundheitsdaten bestmöglich zu schützen. Einen Referentenentwurf mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur, Patientendaten-Schutzgesetz – PDSG“ hat das Bundesministerium für Gesundheit Ende Januar vorgelegt.
zur Verfügung zu stellen. Der für die Karteikarte geltende Beschlagnahmeschutz wird auf die ePA ausgedehnt, damit das Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger gewahrt bleibt.
Was bedeutet das für Ärzte?
Das PDSG ergänzt und konkretisiert die Voraussetzungen und den Umgang mit der durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (kurz: TSVG) eigeführten elektronischen Patientenakte (kurz: ePA). Darüber hinaus werden die technischen Rahmenbedingungen für das mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (kurz: GSAV) eingeführte elektronische Rezept (E-Rezept) und die digitale Übermittlung von Facharzt-Überweisungen statuiert.
Wesentliche Inhalte – Fokus ePA Die ePA als Kernelement der digitalen medizinischen Anwendungen wird weiterentwickelt und konkretisiert. Dabei stellt das PDSG klar, dass die Nutzung der ePA für die Versicherten freiwillig ist, und regelt dezidierte Zugriffsrechte. Haben die Versicherten bereits jetzt einen Anspruch gegenüber ihrer Krankenkasse, dass diese die ePA ab 2021 bereitstellen, erhalten sie durch das PDSG das weitere Recht, dass die ePA im Rahmen
des Behandlungskontextes auch befüllt wird. Konkret bedeutet dies, dass die Daten in die ePA eingetragen, aktualisiert und gepflegt werden. Zu den Daten zählen Befunde, Arztberichte oder Röntgenbilder und ab 2022 auch der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe UHeft für Kinder und das Zahn-Bonusheft. Kernpunkt des PDSG ist, dass der Patient Herr seiner Daten bleibt. Er entscheidet, welche Daten gespeichert oder gelöscht werden und wer im Einzelfall auf die Daten zugreifen darf. Ab 2022 soll den Versicherten zudem ermöglicht werden, ganz konkret zu bestimmen, welche Datensätze im Einzelfall von wem eingesehen werden können. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann es also sein, dass ein Arzt zwar auf die ePA zugreifen darf, ihm aber bestimmte Befunde nicht angezeigt werden. Des Weiteren erhalten Versicherte ab 2023 die Möglichkeit einer Datenspende, d. h. Daten ihrer ePA freiwillig der medizinisch-wissenschaftlichen Forschung
Für Ärzte bedeutet mehr Digitalisierung zunächst die Pflicht, sich an die Telematikinfrastruktur anzuschließen. Die Umsetzung erfolgt laut dem Digitalen-Versorgungs-Gesetz (DVG) für die unterschiedlichen Leistungserbringer gestaffelt. Arztpraxen müssen sich bis März 2020 anschließen lassen, ansonsten drohen Honorarkürzungen von 2,5 %. Zudem müssen sie gemäß dem PDSG gegenüber der jeweils zuständigen Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung nachweisen, dass sie über die für den Zugriff auf die ePA erforderlichen Komponenten und Dienste verfügen. Wird der Nachweis nicht bis zum 30. Juni 2021 erbracht, findet eine Honorarkürzung um pauschal 1 % solange statt, bis der Nachweis erbracht ist. Mit dem Befüllen der ePA gehen für Leistungserbringer zudem Aufklärungs- und Informationspflichten einher, beispielsweise über Versorgungsziele und die grundsätzliche Funktionsweise der ePA. Für die Unterstützung der Versicherten bei der Nutzung der ePA sowie für die Verarbeitung von Daten in der ePA, wozu auch das Befüllen zählt, erhalten Vertragsärzte und Apotheker einmalig eine Vergütung. Ebenso sollen Krankenhäuser einen Zuschlag erhalten. Ab dem 1. Januar 2022 wird die Leistungsvergütung für die erstmalige Befüllung
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elektronischer Patientenakten für den vertrags(zahn)ärztlichen Bereich in den entsprechenden Bundesmantelverträgen gesondert geregelt.
Kritik und Widerspruch Erste Kritik wurde schnell sowohl von der KBV und dem Hartmannbund, als auch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz laut. Während letztere einen „Geburtsfehler“ moniert, da Patienten in der Anfangsphase (d. h. vor 2022) dem Arzt nur die ganze Akte zur Einsicht oder gar nichts freigeben könnten, kritisiert die KBV, dass das PDSG in der aktuellen Form eher eine Belastung für Ärzte darstelle, die zu keiner Akzeptanz für die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch die Ärzteschaft führen werde. Die Digitalisierung müsse sich daran messen lassen, wie sie die Versorgung verbesse-
re und helfe, die Praxen zu entlasten. Die Arztpraxen als „Lesestube“ für elektronische Patientenakten nutzen zu wollen und ihnen damit Verwaltungsaufgaben der Krankenkassen zu übertragen, sei dabei kontraproduktiv. Der dafür erforderliche Aufwand sei angesichts der ohnehin schon am Limit arbeitenden Praxen nicht zu rechtfertigen. Ob sich diese Kritik im Praxisalltag bestätigen wird, bleibt abzuwarten. Gleichzeitig stellt jedoch die Absicht des Gesetzgebers, den Versicherten die Entscheidung darüber zu überlassen, welchem Arzt Zugriff auf welche Daten der ePA ermöglicht werden soll, einen Widerspruch zum erklärten Ziel des PDSG dar, mit der ePA eine Datengrundlage zu schaffen, die eine einrichtungs-, fach- und sektorenübergreifende Nutzung erleichtert und dadurch Rückfragen
und Doppeluntersuchungen vermeidet. Selbstverständlich muss der Patient im Rahmen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung frei über seine Daten bestimmen können; umfangreiche medizinische Informationen über die Krankheitsgeschichte eines Versicherten, die für eine schnelle medizinische Behandlung und Vermeidung von Doppeluntersuchungen erforderlich sind, könnten dann allerdings nicht mehr, wie im Rahmen des Gesetzes beabsichtigt, einrichtungs-, fach-, und sektorenübergreifend gewährleistet werden. m
Rechtsanwältin Anne Herzig Fachanwältin für Medizinrecht Kanzlei Tacke Krafft Rindermarkt 3 und 4 80331 München
EIN SERVICE FÜR BDRH-MITGLIEDER
Sie fragen – Experten antworten Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“
Thema: LANR Frage: Ich bin Praxisinhaber und habe einen angestellten Arzt. Dieser ist nun seit mehreren Wochen arbeitsunfähig krank. Ich werde ihn nun vertreten. Auf welche LANR muss ich die Leistungen abrechnen, die ich für ihn erbringe? Antwort: Leistungen, die in Vertretung für einen erkrankten angestellten Vertragsarzt erbracht werden, dürfen nicht unter der LANR des erkrankten Arztes abgerechnet werden. Vielmehr sind die erbrachten Leistungen unter der LANR des tatsächlich tätig gewordenen Arztes abzurechnen.
RA Christian Koller
Geschieht dies nicht, muss der erkrankte Arzt bzw. Sie als Praxisinhaber das Honorar für diese Leistungen zurückzahlen (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt das Urteil des Sozialgerichts Dresden, Beschluss vom 23.1.2020 – S 25 KA 18/20 ER). Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass Sie der Kassenärztlichen Vereinigung die Krankheit und Vertretung anzeigen. m
Sie möchten rechtliche Fragen beantwortet haben, z. B. zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Arzthaftung oder Kündigungen, Mietproblemen, Kooperationen. Mailen Sie uns, wir leiten die Fragen weiter: info@wortreich-gik.de. Nicht alle Fragen/Antworten können publiziert werden. Die Expertenantworten ersetzen keine möglicherweise notwendige Rechtsberatung.
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NEU
Rheumatologe (m/w/d) für endokrinologisches Versorgungszentrum in Frankfurt/M. gesucht
Wir sind eines der größten endokrinologischen Zentren in Deutschland und setzen mit unserem breiten Leistungsangebot auf eine fachkompetente Patientenbetreuung und bestmögliche Zusammenarbeit mit den zuweisenden Kollegen. Zum Ausbau unserer rheumatologischen Patientenversorgung suchen wir als Verstärkung unseres Ärzteteams eine neue Kollegin/ einen neuen Kollegen mit Schwerpunkt internistische Rheumatologie. Wir bieten: – eine gesicherte und langjährige Anstellung – flexible Arbeitszeit – immunologisches und endokrinologisches Labor in der Praxis – moderne Ultraschallgeräte – digitalisierte Praxisabläufe – klimatisierte Praxisräume Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns über Ihre vollständige Bewerbung per E-Mail an verwaltung@endokrinologen.de. Für eine erste Kontaktaufnahme und Fragen steht Ihnen Herr Dr. med. C. Finkenwirth gerne zur Verfügung: Tel. +49 69 257868-21
Nachfolge für rheumatologische Schwerpunktpraxis in AACHEN-Zentrum gesucht
NEU
– Langjährig etablierte Einzelpraxis, sehr gute Lage – In einem Ärztehaus, Arzt- und Patientenstellplätze in Tiefgarage vorhanden – Eigenes Rheuma-Labor, Röntgen, Osteodensitometrie (DXA), Infusionsplätze, Studienzentrum für Klinische Prüfungen – Rheumatologische Fachassistenz und Study Nurse – Hohe Lebensqualität in Universitätsstadt Aachen – Dreiländereck Euregio mit all seiner geographischen und kulturellen Vielfalt – Zusammenarbeit mit Uniklinikum Aachen und rheumatologischer Abteilung Rhein-Maas-Klinikum möglich Bei Interesse: melden Sie sich bitte per E-Mail drkurthen@online.de
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Facharzt/-ärztin für Innere Medizin/ Rheumatologie (m/w/d)
NEU
zur Anstellung (Voll-od. Teilzeit) für die Gründung unseres MVZ in City-Lage Ihr Profil: – Als Facharzt für Innere Medizin verfügen Sie über eine Schwerpunktqualifikation in Rheumatologie oder haben hohes Interesse am Fach – Sie sind eine offene, flexible Persönlichkeit mit Freude an der Tätigkeit in einem verantwortungsvollen Team, das sich den Patienten verpflichtet fühlt – Sie haben Freude daran, sich in unser deutschlandweites Netzwerk einzubringen – Sie schätzen selbstständiges Arbeiten ohne unternehmerisches Risiko Wir bieten Ihnen: – Gute Arbeitsbedingungen bei attraktiver Vergütung in unbefristeter Festanstellung – Unterstützung bei Fort- und Weiterbildungen – Teilnahme an Klinischen Studien (auf Wunsch) – interessante Gestaltungs-und Entwicklungsmöglichkeiten in der MVZ-Struktur – keine Nacht-und Wochenend-Dienste – Arbeiten im Zentrum der Landeshauptstadt mit französischem Flair Saarbrücken (300.000 Einw.) bietet einen hohen Freizeitwert durch die Lage an der Saar mit Nähe zu großen Erholungsgebieten (Hunsrück, Mosel, Vogesen etc.), schnellen Verkehrsanbindungen (z. B. Frankfurt, Luxemburg und Paris) und eigenem Flughafen. Alle weiterführenden Schulen, Universität und FHs sind vorhanden, außerdem vielseitige Kulturangebote (Theater, Kleinkunst, Konzerte, Musikevents). Bei Interesse senden Sie bitte Ihre Bewerbung an: Chiffre WR-B-2001
Xiralite (RheumaSCAN) zu verkaufen – schnelles, innovatives und reproduzierbares Diagnoseverfahren – Messung der Mikrozirkulation – in Echtzeit Bildgebung an 30 Gelenken beider Hände – strahlungsfreie Untersuchung – zur Unterstützung klinischer Entscheidungen wegen Praxisfusion Abgabe eines von zwei Geräten: – Preis: 27.500 € – Inkl. PC + Bildschirm + Drucker zur Auswertung – Inkl. Tisch – Inkl. Neuer Service-Check von Xiralite GmbH – Inkl. Vor-Ort Einarbeitung der MFA – Inkl. Beratung zur Abrechnung – Inkl. Unterlagen zur Patienteninformation Kontaktanfrage bitte unter: Rheumatologie im Struenseehaus Mörkenstraße 47 22767 Hamburg rheumatologie@hamburg.de
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Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin, Schwerpunkt Rheumatologie oder Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin und Rheumatologie oder Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin in fortgeschrittener rheumatologischer Weiterbildung mit der Bereitschaft, die Schwerpunktprüfung abzulegen – die Ausbildung kann in unserer Praxis abgeschlossen werden (Weiterbildungsberechtigung für 18 Monate) Details unter: https://www.rheumahaus.de/praxis/stelleja/44-praxis/arbeitsplatz/120-stellearzt.html Bei Interesse: Schicken Sie bitte Ihre Bewerbung mit Lebenslauf, Arbeitszeugnissen, möglichem Einstiegsdatum und Gehaltsvorstellung per eMail an: bewerbung@rheumahaus.de (bitte nur PDFs einsenden) oder postalisch an: Rheumahaus Potsdam, Sekretariat, Kurfürstenstraße 7, 14467 Potsdam Selbstverständlich wird Ihre Bewerbung auf jeden Fall streng vertraulich behandelt Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung Martin Bohl-Bühler und Dr. Sabine Reckert
Nachfolge in Darmstadt gesucht Das Spektrum umfasst alle rheumatologischen Krankheitsbilder, fachspezifisches Labor, Röntgen im Hause. Ein Anstellungsverhältnis vor Praxisübernahme ist möglich, aber nicht Bedingung. Eine Weiterbildungsermächtigung für 18 Monate liegt vor.
Nachfolge in Ingolstadt gesucht – langjährig etablierte Gemeinschaftspraxis für internistische Rheumatologie (3 volle KV-Sitze) – modern eingerichtete Praxisräume im Stadtzentrum – Autoimmunlabor, Sonographie und Röntgen vorhanden
Bei Interesse melden Sie sich bitte unter:
– engagiertes Mitarbeiterteam mit erfahrener MTA für Autoimmunlabor und rheumatologischen Fachassistentinnen
BAG
– großes Einzugsgebiet
Dr. med. Johannes Häntsch Dr. med. Thomas Busch Innere Medizin-Rheumatologie
– gute, langjährige Kooperationen mit anderen Fachärzten und Kliniken
Eschollbrücker Str. 26 64295 Darmstadt Tel. 06151-3919203 j.haentsch@t-online.de
– auf Wunsch auch Einstiegsphase als Entlastungs assistent/in oder Weiterbildungsassistent/in möglich Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung: Dr. med. Ingeborg Maier Ludwigstr. 34 85049 Ingolstadt ingeborg-maier@t-online.de
Nicht zu wenig
Nicht zu viel
ASV EULAR News
BDRh-Kongress 2019 BERUFSVERBAND
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DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
BERUFSVERBAND
BERUFSVERBAND MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE MÄRZ/APRIL 2019
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DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
BDRh MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE MAI/JUNI 2019
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE JULI/AUG 2019
Ihr Partner in der Rheumatologie in 2020 und darüber hinaus!
BDRh AUF GUTEM KURS
DGRh-Kongress 2019 Dresden im Blickpunkt
BDRH AKTUELL BERUFSVERBAND
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DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
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BDRh MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE SEPT/OKT 2019
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
BERUFSVERBAND
BDRh MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE NOV/DEZ 2019
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE JAN/FEB 2020
BERUFSVERBAND
BDRh MITTEILUNGSORGAN DES BDRH
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
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Weiterbildungsassistent zum Facharzt (m,w,d) für Innere Medizin und Rheumatologie in der Rheumatologischen Schwerpunktpraxis Rendsburg (SH) Kontakt: Dr. med. R. Jochen Walter Hollesenstraße. 27a 24768 Rendsburg Tel. 0171/3813063
Rheumatologe/in für internistischrheumatologische Gemeinschaftspraxis in Bremen gesucht Kontakt: Gemeinschaftspraxis Dr. Imke Lührs Dr. Hans-Gerhard info@rheumapraxis-bremen.de
Rheumatologe, auch in Weiterbildung (m/w/d) für MVZ in Dresden gesucht Kontakt: Rheumatologisches MVZ Dresden GmbH Königsbrücker Landstrasse 98 01109 Dresden Tel. 0351/888869-52 Tel. 0351/888869-0 weiterbildung@rheuma-dd.de
j.walter@rheuma.sh
Nachfolge für internistischrheumatologische Schwerpunktpraxis in Hildesheim gesucht Kontakt: Praxis Dres. von Hinüber/Linhart Bahnnhofsplatz 5 31134 Hildesheim kontakt@rheuma-hildesheim.de
(I.3/2019/105)
Oberarzt/Oberärztin (m/w/i) für Innere Medizin/Rheumatologie je nach Qualifikation als Sektionsleiter „Rheumatologie“ Kontakt:
Nachfolge für internistischrheumatologische Schwerpunktpraxis im Saarland Kontakt: Dr. med. Brigitte Erbslöh-Möller praxis.em@gmx.de
Prof. Dr. Stilgenbauer Prof. Dr. Aßmann (Lt. OA) Tel. 06841/16-15011 stephan.stilgenbauer@uks.eu gunter.assmann@uks.eu
Partner (m/w) für eine internistisch, rheumatologische Privatpraxis in Frankfurt/Main
Nachfolge für rheumatologische Schwerpunktpraxis Rand Berlin gesucht
Rheumatologin/ Rheumatologe gesucht
Kontakt:
Kontakt:
W. Andreas
Tel. (abends) 0178/403 2221
wandreas@t-online.de
Dr.-Gessler-Straße 12a 93105 Regensburg Tel. 0941/9465747
Kontakt: Dr. Herwig Rumpel
Genauere Informationen zu den ausgeschriebenen Stellen siehe www.bdrh.de
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RHEUMAPREIS 2020
Ermutigen Sie Ihre Patienten, sich zu bewerben! Die meisten rheumatologischen Erkrankungen sind heute medikamentös gut beherrschbar. Dennoch erleben viele Patienten neben besseren auch schlechtere Tage, an denen sie nicht über ihre volle Leistungsfähigkeit verfügen. Im Beruf kann das zum Problem werden – jeder fünfte Rheuma-Patient gibt innerhalb von drei Jahren nach der Diagnose seine Berufstätigkeit auf. Mit Offenheit und Flexibilität auf beiden Seiten gelingt es jedoch in vielen Fällen, das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Besonders gelungene Beispiele hierfür zeichnet die Initiative RheumaPreis bereits seit zwölf Jahren aus. Auch in diesem Jahr können berufstätige Menschen mit Rheuma und ihre Arbeitgeber sich wieder um die Auszeichnung bewerben.
Mit dem Motto „Gemeinsam AufRheumen am Arbeitsplatz“ stellt die Initiative RheumaPreis auch 2020 die Kooperation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den Mittelpunkt. Um das Arbeitsumfeld rheumagerecht umzugestalten, müssen alle Beteiligten sich abstimmen und eng zusammenarbeiten. In manchen Berufen reichten schon leicht umsetzbare Maßnahmen wie ein ergonomisch angepasster Büroplatz, ein fester Autostellplatz oder variable Arbeitszeiten aus. Gerade bei körperlich belastenden Tätigkeiten kann jedoch auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes innerhalb der Firma erforderlich werden. Im Idealfall kann so dem Arbeitnehmer der Arbeitsplatz und dem Betrieb ein engagierter Mitarbeiter erhalten bleiben. Wie es mit Offenheit und Engagement gelingen kann, ein rheumafreundliches Arbeitsumfeld zu schaffen, zeigen die drei Preisträgerinnen aus dem Jahr 2019. Für Petra Ammann, Carolin Tödtmann und Jana Schmalisch war es selbstverständlich, von Anfang an offen mit ihrer Erkrankung umzugehen. Übereinstimmend berichten die Preisträgerinnen von der großen Unterstützung, die sie von ihren jeweiligen Arbeitgebern, von Kollegen, aber auch von der Schwerbehindertenvertretung erfahren haben. „Mein Gesundheitszustand wurde zu jedem Zeitpunkt berücksichtigt“, sagt etwa Petra Ammann, die seit 1999 im Mercedes-Benz-Werk Mannheim arbeitet und vor sieben Jahren an rheumatoider Arthritis erkrankte. Durch einen Wechsel des Arbeitsbereiches innerhalb der Firma und Anpassungen am neuen Arbeitsplatz sei es gelungen, das Arbeitsverhältnis auch durch gesundheitlich schwierige Phasen zu erhalten. Auch Carolin Tödtmann konnte trotz ihrer Bechterew-Erkrankung jederzeit mit der Unterstützung ihres Arbeitgebers, dem Kreis Herford, rechnen: Sie überlegte gemeinsam mit der Beauftragten für Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) und der Schwerbehindertenvertrauensperson, welche Hilfe der Arbeitgeber geben konnte. „Ich bin froh über diese gute Begleitung! Insbesondere am Anfang fehlten mir dazu die Ideen, und es war für mich zunächst schwer, um Unterstützung zu bitten.“ Der Arbeitsplatz im Sozialamt wurde ergonomisch angepasst und verfügt nun über ein Headset, einen individuell angepassten Bürostuhl und die Möglichkeit zur Arbeit aus dem Home-Office. Hilfreich seien auch ein barrierefreies Büro und
Die Preisträger 2019 (von rechts nach links): Petra Ammann, Carolin Tödtmann und Jana Schmalisch; ©Benedikt Ziegler ein fester PKW-Stellplatz in der Tiefgarage. Jana Schmalisch war mitten in einer kaufmännischen Umschulung, als sie die Diagnose Morbus Bechterew erhielt. Weil die medikamentöse Therapie sehr gut anschlug, konnte sie die Ausbildung nach einer Unterbrechung abschließen, in den Beruf einsteigen und berufsbegleitend noch ein Fernstudium zur Wirtschaftsfachwirtin absolvieren. Heute ist sie als Veranstaltungs- und Prüfungsmanagerin im Studienbüro Sozialökonomie an der Universität Hamburg tätig. Die Bewerbung für den RheumaPreis steht jedem berufstätigen Rheumapatienten offen. Teams können sich ebenso melden wie Einzelpersonen, Selbstständige ebenso wie Auszubildende oder Angestellte. Viele Bewerber werden von der Schwerbehindertenvertretung oder von ihrem behandelnden Arzt auf den Preis aufmerksam gemacht – bitte sprechen doch auch Sie infrage kommende Patienten an! Bewerbungsunterlagen sind online unter www.rheumapreis.de abrufbar. Auch die Arbeitgeber von entzündlich-rheumatisch Erkrankten können teilnehmen, das Preisgeld von 3.000 Euro erhält immer der Arbeitnehmer. Bewerbungsschluss ist der 30. Juni 2020. m
Weitere Informationen gibt es unter www.rheumapreis.de oder www.facebook.com/rheumapreis
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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK
Rheumatoide Arthritis – wenn die HWS zum Problem wird ANAMNESE: Eine 48-jährige Patientin stellte sich zur rheumatologischen Abklärung vor. 1994 Diagnose einer rheumatoiden Arthritis (RA). Seither erfolgt durchgehend eine Basistherapie mit MTX (15 mg/Woche), 1996-1997 in Kombination mit Leflunomid. Von Krankheitsbeginn an Beschwerden an der Halswirbelsäule (HWS). 1997 Diagnose einer atlanto-axialen Beteiligung mit im Weiteren fortschreitender atlanto-axialer Instabilität. 1998 operative Therapie (Fixation bzw. Stabilisierung von Dens und Axis) bei neurologisch nachweisbaren und progredienten sensiblen und motorischen Störungen (Schwindel, Gangstörungen). Seit 2000 Kombination von MTX mit einem bDMARD. KLINISCHER BEFUND: 155 cm, 72 kg. Gelenkstatus: Bewegungseinschränkung im Bereich der Handgelenke. Fehlstellungen (Ulnardeviation, Schwanenhals- und Knopflochdeformitäten) im Bereich des Handskelettes. Faustschluss bds. eingeschränkt. Elevation des linken
Arms über die Horizontale nur mit Unterstützung des rechten Arms möglich. Wirbelsäulenstatus: Deutliche segmentale Funktionseinschränkung im Bereich der HWS. Druckschmerzhafte SchulterNacken-Muskulatur. LABOR: CRP 6,2 mg/l (Norm bis 5 mg/l), RF 225 U/l, ccP-Ak neg., ANA 1:100. BILDGEBUNG: Röntgen der HWS in zwei Ebenen (s. u.).
DIAGNOSE: Seropositive RA mit atlanto-axialer Beteiligung – Zustand nach operativer Stabilisierung BEMERKUNGEN: Die RA kann auch an der Halswirbelsäule zu einer Zerstörung des Bandapparates führen. Es bildet sich im Verlauf unter Umständen eine rheumatische Instabilität aus. Dabei kommt es zu einer Lockerung der Gelenke und einem Wirbelgleiten mit Einengung des Rückenmarkkanals bis hin zur Quet-
schung des Rückenmarkes. Hier sind besonders die Gelenke zwischen Hinterhaupt, dem ersten und zweiten Halswirbel betroffen. Komplikation dieser Instabilität ist eine langsam fortschreitende Schädigung des Rückenmarkes (zervikale Myelopathie). Zur bildgebenden Diagnostik kann primär das konventionelle Röntgen und insbesondere zur Funktionsdiagnostik und möglichen OP-Planung die MRT eingesetzt werden. Die Beurteilung der Platzverhältnisse im Spinalkanal und von Veränderungen im Rückenmark erfolgt in der Regel durch ein MRT der HWS. Führt die Instabilität der Wirbelsäule zu lang anhaltenden Schmerzen oder einer Bedrängung von Nervenwurzeln oder des Rückenmarks, ist häufig eine Operation erforderlich. Zum Teil ist sogar bei deutlicher Zunahme der Instabilität ohne Symptome eine stabilisierende Operation notwendig, um spätere Komplikationen zu vermeiden. Dabei erfolgt in den meisten Fällen eine Versteifung der oberen HWS mit Schrauben und Stäben von hinten. Die Größe des Eingriffes wird maßgeblich durch den genauen Ort des Wirbelgleitens bzw. der Enge des Spinalkanals bestimmt. THERAPIE: Zur weiteren medikamentösen Therapie wurden bis dato zunächst Infliximab (2000-2006), Adalimumab (2006-2008) und seitdem Rituximab eingesetzt. Ein Fortschreiten der Erkrankung konnte seither sowohl an den peripheren Gelenken als auch atlanto-axial verhindert werden. m
RÖNTGEN: Abb. 1a (links): HWS ap.: Sichtbare Drahtcerclage in Projektion auf den atlanto-axialen Übergang. Abb. 1b (rechts): HWS seitlich: Sichtbare Drahtcerclage an den Dornfortsätzen C1 und 2. Stabilisierende Verschraubung des atlanto-axialen Übergangs.
Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Update der EULAR-Empfehlungen 2019: Nur wenige Neuerungen Das zunächst auf dem letzten EULAR-Kongress in Madrid vorgestellte 2019er-Update der EULAR-Empfehlungen zum Management der rheumatoiden Arthritis (RA) mit synthetischen und biologischen DMARDs, das die Mitglieder einer Task Force um Prof. Dr. Josef S. Smolen, Wien (Österreich) erarbeitet haben, ist nun auch in vollem Umfang online verfügbar. Auch wenn es gegenüber der letzten Fassung aus 2016 kaum Neuerungen gibt, soll hier ein kurzer Überblick gegeben werden.
Den auf einem systematischen Literaturreview zu neueren Arbeiten ab 2016 bis März 2019 zur Effektivität und Sicherheit von DMARDs basierenden neuen Empfehlungen zum RA-Management vorangestellt werden nunmehr fünf statt vier übergreifende Prinzipen: (A) Die Behandlung von RA-Patienten sollte auf eine bestmögliche Versorgung abzielen und muss auf einer „shared decision“ von Patient und Arzt basieren. (B) Die Therapieentscheidungen basieren auf der Krankheitsaktivität und anderen Faktoren wie der Progression struktureller Schäden, Komorbiditäten und Sicherheitsaspekten. (C) Für die Versorgung von Patienten mit RA sind Rheumatologen die primär zuständigen Spezialisten. Neu ist: (D) Patienten benötigen Zugang zu mehreren Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen (MoA), um die Heterogenität der RA zu adressieren; sie können mehrere erfolgreiche Therapien im Verlauf ihres ganzen Lebens benötigen. (E) Die RA verursacht hohe individuelle, medizinische und gesellschaftliche Kosten, die beim Management durch den behandelnden Rheumatologen berücksichtigt werden sollten.
Die individuellen Empfehlungen im Überblick Im Vergleich zur EULAR-Leitlinie aus 2016 bleibt es bei 12 spezifischen Empfehlungen zum Einsatz von csDMARDs (Methotrexat [MTX], Leflunomid, Sulfasalazin), Glukokortikoiden (GK), bDMARDs (TNFα-Inhibitoren [Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab], Abatacept, Rituximab, Tocilizumab, Sarilumab) und biosimilaren (bs)DMARDs sowie ts-
DMARDs (JAK-Inhibitoren: Tofacitinib, Baricitinib, Filgotinib, Upadacitinib). Es gab keine Änderungen in der Reihenfolge, nur in drei Fällen eine modifizierte Sprachregelung. So soll unverändert (1) eine csDMARD-Therapie gestartet werden, sobald eine RA diagnostiziert wurde. (2) Die Therapie soll auf das Erreichen des Ziels einer anhaltenden Remission oder niedrigen Krankheitsaktivität bei jedem Patienten abzielen. (3) Weiter wird gefordert, eine Verlaufskontrolle bei aktiver RA regelmäßig (alle 1-3 Monate) durchzuführen; stellt sich spätestens drei Monate nach Therapiebeginn keine Besserung um ≥50 % ein, oder bei Verfehlen des Therapieziels nach sechs Monaten sollte die Therapie angepasst werden. Unverändert (4) sollte MTX Bestandteil der ersten Therapiestrategie sein. Gleiches gilt für (5), wonach bei Patienten mit Kontraindikation oder früher Intoleranz gegen MTX Leflunomid oder Sulfasalazin als Bestandteil der (ersten) Therapiestrategie erwogen werden sollten. Gleich blieb auch (6): GK sollten kurzzeitig beim Start oder der Anpassung einer csDMARD-Therapie erwogen werden in/auf verschiedenen Dosierungen bzw. Administrationswegen; ein Ausschleichen sollte sobald klinisch möglich erfolgen. (7) Wird das Behandlungsziel mit der ersten csDMARD-Strategie nicht erreicht, sollten bei Abwesenheit negativer prognostischer Faktoren andere csDMARDs erwogen werden. Leicht modifiziert wurde (8): Wird das Therapieziel mit der ersten csDMARDStrategie verfehlt und liegen zugleich negative prognostische Faktoren vor, sollte ein bDMARD (bzw. bsDMARD) oder tsDMARDs beigefügt werden. Hier
wurde die Formulierung verschärft und die völlige Gleichstellung von bDMARDs und JAK-Inhibitoren (zu denen inzwischen genug Erfahrungswerte vorliegen) vollzogen. Unverändert blieb (9): Sowohl bDMARDs als auch tsDMARDs sollten mit einem csDMARD kombiniert werden; bei Patienten, bei denen eine Ko-Medikation mit csDMARDs nicht möglich ist, werden einige Vorteile für IL-6-Inhbitoren und tsDMARDs im Vergleich zu anderen bDMARDs gesehen. Leicht umgestellt wurde die Empfehlung (10): Nach Versagen eines bDMARDs oder tsDMARDs sollte die Therapie mit einem anderen bDMARD oder tsDMARD erwogen werden; nach Versagen auf einen TNFα-Inhibitor können Patienten auf ein Medikament mit anderem MoA oder eine zweite Anti-TNF-Therapie eingestellt werden. Geändert wurde im zweiten Teil die Abfolge auf bDMARD mit anderem MoA vor zweitem Anti-TNF, da es doch vermehrt Anhaltspunkte gibt, dass der Wechsel auf ein anderes Wirkprinzip oft erfolgversprechender ist. Auch ist zu beachten, dass bezüglich eines Wechsels von einem ersten auf einen zweiten JAKInhibitor oder von einem solchen auf ein bDMARD noch vorhandene Bedenken durch neue Daten ausgeräumt wurden. Fast unverändert blieb (11): Ist ein Patient nach Ausschleichen des GK in anhaltender Remission, kann das Tapering eines bDMARDs oder tsDMARDs erwogen werden, vor allem wenn dieses mit einem csDMARD kombiniert wird. Gleich blieb (12): Ist ein Patient in anhaltender Remission, kann schließlich auch ein Tapering des csDMARDs in Erwägung gezogen werden. Eine Übersicht bietet wieder ein Therapiealgorithmus (Abb.).
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
dies fast deckungsgleich zur aktuellen DGRh-Leitlinie und bestätigt diese. Die wohl wichtigste (und fast einzige) Neuerung ist das Update zu den JAK-Inhibitoren und deren nunmehr völlige Gleich-
Das 2019er EULAR-Update zum RA-Management gibt recht gut den aktuellen Wissensstand wieder, was auch an den hohen Evidenzgraden und Übereinstimmungsraten abzulesen ist. Es ist über-
stellung mit den bDMARDs auf Basis der neuen Studiendaten. m Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2019-216655
PHASE 1 Klinische Diagnose einer RA
Keine Kontraindikation für Methotrexat Starte Methotrexat
+
Kontraindikation für Methotrexat
Kombiniere kurzzeitig mit Glukokortikoiden
+
Starte Leflunomid oder Sulfasalazin
Verbesserung in Monat 3 und Ziel erreicht bis Monat 6? Nein
Ja Dosisreduktion in anhaltender Remission
Fortsetzen
PHASE 2
Negative prognostische Faktoren fehlend
Negative prognostische Faktoren vorhanden (RF/ACPA, i.e. bei hohem Level; hohe Krankheitsaktivität; frühe Gelenkschäden; Versagen von csDMARDs)
Beifügen eines bDMARDs oder JAK-Inhibitors
Wechsel auf oder Beifügen eines zweiten csDMARD
Verbesserung in Monat 3 und Ziel erreicht bis Monat 6? Nein
Leflunomid, Sulfasalazin, allein oder als csDMARD-Kombination (plus Glukokortikoide)
Ja Fortsetzen
Dosisreduktion/ Intervallverlängerung in anhaltender Remission
PHASE 3 Wechseln des bDMARDs oder JAK-Inhibitors (aus einer anderen oder der selben Klasse)
Verbesserung in Monat 3 und Ziel erreicht bis Monat 6? Nein
Ja Fortsetzen
Abb.: Therapiealgorithmus zu den EULAR-Empfehlungen zum RA-Management 2019
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Dosisreduktion/ Intervallverlängerung in anhaltender Remission
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Aktualisierung der interdisziplinären Leitlinie zum Management der frühen RA Unter Federführung von DGRh-Experten um Prof. Dr. Matthias Schneider, Düsseldorf, wurde gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften im Dezember 2019 das Update für die „Interdisziplinäre Leitlinie Management der frühen rheumatoiden Arthritis“ vorgelegt. Ziel der Leitlinie ist, dass alle neu an rheumatoider Arthritis (RA) Erkrankte binnen sechs Wochen eine fachspezifische Versorgung erhalten. Evidenz-basierte Empfehlungen sind in dieser 4. überarbeiteten und erweiterten Leitlinie dargestellt, die sich insbesondere auch an alle primär versorgenden Ärzte richtet. Die Empfehlungen seien hier kurz dargelegt.
Eine Gelenkschwellung unklarer Genese stellt eine Indikation zur Ganzkörperuntersuchung dar. Bei V. a. RA sollen BSG, CRP und ACPA/RF bestimmt werden. Wurde bei neu aufgetretenen Gelenkschwellungen innerhalb von sechs Wochen keine Diagnose gesichert, sollte der Patient möglichst innerhalb von zwei Wochen einem Rheumatologen vorgestellt werden. Jeder Patient mit neu aufgetretener RA sollte zur Abschätzung der Langzeitprognose einem Rheumatologen zugewiesen werden.
Diagnostik und Beurteilung Von der Einleitung einer Glukokortikoid (GK)-Therapie ohne gesicherte Diagnose einer RA wird abgeraten. Allen Patienten soll die Teilnahme an Schulungsprogrammen angeboten werden, ergänzt durch Informationen über die RA und deren Therapie. Grundlage jeder Behandlung sollte die gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient sein. Alle Patienten sollen ab RADiagnosestellung mit DMARDs behandelt werden, um die Krankheitsprogression zu verzögern und Langzeitprognose zu verbessern. Alle Patienten sollten von Beginn an bedarfsgerecht eine koordinierte, multidisziplinäre Therapie erhalten. Die Krankheitsaktivität soll regelmäßig mittels Kompositscore (z. B. DAS28, SDAI oder CDAI) erfasst und dokumentiert werden. Ergänzend können hierzu bildgebende Verfahren (z. B. Sonografie) eingesetzt werden. Zur Beurteilung des Langzeitoutcomes eignen sich die regelmäßige Erfassung des Funktionsstatus und die radiologische Progression. Wird das Therapieziel Remission nach
drei (spätestens sechs) Monaten nicht erreicht, soll die Therapie entsprechend angepasst werden.
Medikamentöse Therapie Methotrexat (MTX) soll als erstes csDMARD in der Monotherapie eingesetzt werden. In der Kombination von DMARDs soll MTX enthalten sein. Bei unzureichendem Ansprechen auf eine csDMARD-Therapie soll mit einem bDMARD oder tsDMARD kombiniert werden. Das erhöhte Infektionsrisiko der Patienten soll beachtet werden. Sie sollen über unerwünschte Wirkungen der Therapie aufgeklärt werden und Infomaterial erhalten. Die Therapie soll im Hinblick auf mögliche unerwünschte Wirkungen überwacht werden. Zu beachten ist ein ausreichender Impfschutz gemäß den STIKO-Empfehlungen. Bis zum Erreichen der Wirkung einer csDMARD-Therapie soll die Krankheitsaktivität mit GK unterdrückt werden, wobei eine Startdosis von 30 mg PrednisolonÄquivalent nur in Ausnahmefällen überschritten werden soll. Die GK-Dosis soll innerhalb von acht Wochen in den LowDose-Bereich (≤7,5 mg/Tag Prednisolon) reduziert und die GK-Therapie nach drei bis sechs Monaten beendet werden. Bei Beginn einer GK-Therapie sind Maßnahmen zur Osteoporoseprophylaxe gemäß der DVO-Leitlinie einzuleiten. Für eine schnelle, mitunter anhaltende Besserung der Symptome in „Zielgelenken“ sollen i.a. GK-Injektionen erwogen werden. Bei gutem Ansprechen auf die DMARD-Therapie sollen NSAR bzw. COX-2-Hemmer soweit wie möglich reduziert werden.
Physikalische Therapie und sonstige Maßnahmen Es werden regelmäßige dynamische Bewegungsübungen und ein individuell abgestimmtes Kraft- und Ausdauertraining empfohlen. Alle Patienten mit Funktionseinschränkungen sollen eine Physiotherapie erhalten. Die Motivation zu sportlicher Aktivität und Bewegung sollte gefördert werden. Einschränkungen in Bezug auf bestimmte Sportarten sind nicht erforderlich. Alle Patienten mit Einschränkung der Handfunktion, der Alltagsaktivitäten und/oder beruflichen Tätigkeit sollten eine Ergotherapie erhalten. Patienten mit Fußbeschwerden trotz ausreichender Therapie sollten einem Spezialisten für fachgerechte Schuhversorgung vorgestellt werden. Bei Fußbeschwerden kann eine adäquate Einlagen-/Schuhversorgung zu einer Schmerzlinderung führen. Patienten sollten zur Senkung des Schmerzerlebens, Steigerung der Aktivität und Förderung der Krankheitsbewältigung psychotherapeutische Interventionen (insbesondere kognitiven Verhaltenstherapie) erhalten. Für komplementäre Verfahren (Akupunktur, traditionelle chinesische/ indische Medizin, Diäten, Phytotherapie, Homöopathie, Mind-Body-Medizin) kann aufgrund mangelnder Evidenz keine Empfehlung ausgesprochen werden. Omega-3-Fettsäuren können Symptome der RA lindern. m Quelle: AWMF-Leitlinie, Stand 18.12.2019: https://www.awmf.org/ uploads/tx_szleitlinien/060-002l_ S3_Fruehe_Rheumatoide-ArthritisManagement_2019-12_01.pdf
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FRÜHE RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Aggressiver Therapiebeginn: Frühzeitige Vorteile schwinden mit der Zeit In der pragmatischen, open-label, randomisiert-kontrollierten VEDERA-Studie unternahmen britische Rheumatologen um Maya H. Buch, Leeds, den erneuten Versuch, bei Patienten mit (sehr) früher, noch therapienaiver rheumatoider Arthritis (RA), Vorteile einer „Hit hard and early“-Strategie, hier mit Etanercept plus Methotrexat (MTX), gegenüber einer stufenweisen Treat-to-target (T2T)-Eskalation von einer MTX-Monotherapie auf eine Kombination mit dem TNFα-Inhibitor bei ausbleibendem Therapieerfolg, also dem Verfehlen einer Remission, nachzuweisen. Im Einklang mit früheren Studien zeigten sich nach wenigen Wochen zwar durchaus Vorzüge, die jedoch mit zunehmender Therapiedauer immer schwächer wurden.
Konventionelle T2T-Strategie wird bestätigt Die Patienten im Etanercept plus MTX-Arm erhielten i.m. Methylprednisolon (MP) 120 mg, s.c. Etanercept 50 mg/Woche und orales MTX 15 mg/Woche, gesteigert auf 20 bzw. 25 mg in den Wochen 4 und 8, jene im MTX-Arm i.m. MP und oral MTX 15 mg/Woche, gesteigert auf 25 mg nach 2 Wochen (s.c. MTX bei Intoleranz von p.o. MTX). Beim Verfehlen einer niedrigen Krankheitsaktivität (LDA: DAS28-ESR ≤3,2) in den Wochen 8, 12, 16 oder 20 wurde auf orales Sulfasalazin (SSZ) 2x 1 g/Tag und Hydroxychloroquin (HCQ) 200 mg/Tag eskaliert, im Fall eines DAS28-ESR ≥2,6 in Woche 24 wurde Etanercept gegeben und SSZ sowie HCQ abgebrochen. In beiden Armen wurde bei Verfehlen des Therapieziels i.m. MP in Woche 12, 24 bzw. 36 appliziert. Begleitend waren ein orales Glukokortikoid (≤10 mg/ Tag) und/oder ein NSAR gestattet. Primärer Endpunkt war eine DAS28-ESR-Remission in Woche 48. Der primäre Endpunkt DAS28-Remission wurde trotz eines tendenziellen Vorteils der initialen Kombination aus Etanercept und MTX mit 52 vs. 38 % (Odds ratio, OR 1,73; p=0,160) in Woche 48 verfehlt, statt des erhofften 30 %-Unterschieds waren es nur 14 %. In Woche 12 war die Therapiedifferenz mit 39 vs. 17 % noch deutlich ausgefallen, doch schon in Woche 24 waren die Remissionsraten mit 38 vs. 33 % sehr ähnlich, in Woche 96 betrugen diese schließlich 47 vs. 42 % (Abb.). Es bleibt jedoch
festzuhalten, dass eine anhaltende DAS28-ESR-Remission signifikant häufiger mit der initial aggressiveren Therapiestrategie gelang (42 vs. 27 %; p=0,035). Die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen einer DAS28-Remission bei Patienten, die zunächst auf MTX begannen und erst ab Woche 24 Etanercept bekamen, war im Vergleich zu jenen, die es sofort erhielten geringer (OR 2,84), jedoch war der Unterschied nicht signifikant. Im ACR20-Ansprechen war in Woche 12 ebenfalls ein klarer Vorteil für Etanercept plus MTX evident (75 vs. 55 %), der aber in Woche 48 geringer ausfiel (83 vs. 73 %). Weder im Hinblick auf die körperliche Funktion noch die Lebensqualität waren signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen erkennbar, der Anteil von Patienten mit einem PD-US-Score >0 fiel in beiden Armen jeweils stabil auf <15 % bis Woche 48 ab. Auch bezüglich aller und schwerer unerwünschter Ereignisse gab es kaum Unterschiede. Letztlich wird somit für das Gros der Patienten die in der EULAR- und DGRh-Leitlinie empfohlene sukzessive Therapieeskalation bestätigt, wobei in Ausnahmefällen mit sehr rascher Progredienz ein aggressiveres Vorgehen gerechtfertigt ist. m Quelle: Ann Rheum Dis 2020; 79(4): 464-471
60 Patienten mit DAS28-Remission (%)
Basierend auf den Befunden einer explorativen Analyse der COMET-Studie sollte in VEDERA eine bei sehr früher RA größere Überlegenheit (30 %) von First-line Etanercept plus MTX gegenüber der T2T-Strategie ausgehend von MTX bestätigt werden. Überdies sollte untersucht werden, ob die spätere Zugabe von Etanercept zu MTX, die dem in Leitlinien propagierten Vorgehen entspricht, ein vergleichbares Outcome im Vergleich zu der initial aggressiveren Strategie mit Etanercept plus MTX sichern kann. Eingeschlossen in die Studie wurden in einem 1:1-Verhältnis 120 therapienaive RA-Patienten (71 % Frauen) mit einer Symptomdauer ≤12 Monate (im Mittel 20 Wochen), DAS28-ESR ≥3,2 (im Mittel 5,7; DAS28-CRP 5,1), RFund/oder ACPA-Positivität (73 bzw. 84 %) oder (falls doppelt seronegativ) Power Doppler (PD)-Signal im Ultraschall (US).
Etanercept + MTX MTX + T2T
52 50 40
47 42
39
38
38 33
30 20
17
10 0
Woche 12
Woche 24
Woche 48
Woche 96
Abb.: Verlauf der DAS28-Remissionsraten (<2,6) mit konventioneller und aggressiver Therapiestrategie
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Das Risiko für schwere Infektionen im Vergleich Bislang gibt es speziell im Verordnungsalltag wenig Evidenz bezüglich des Risikos für schwere, hospitalisierungspflichtige Infektionen nach Beginn einer Therapie mit dem JAK-Inhibitor Tofacitinib im Vergleich zu den derzeit sieben verfügbaren bDMARDs bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA). US-amerikanische Experten um Seoyoung C. Kim, Boston, führten zur besseren Einschätzung der Risikokonstellation eine auf mehreren Datenbanken basierende Kohortenstudie durch, die diesbezüglich nur ein gering erhöhtes relatives Risiko für Tofacitinib aufzeigte.
In der Kohortenstudie wurden acht RA-Patientengruppen mit de-novoEinstellung auf Tofacitinib, fünf TNFαInhibitoren, Tocilizumab und Abatacept aus öffentlichen (Medicare 2012–2015) und privaten (Optum Clinformatics 2012– 2018 und IBM MarketScan 2012–2017) US-amerikanischen Krankenversicherungen identifiziert. Die Patienten mussten >18 Jahre und >1x stationär aufgenommen oder 2x ambulant (in Abstand von 7-365 Tagen) mit einer RA-Diagnose gemäß ICD-9 oder -10 registriert worden sein. Der primäre Komposit-Endpunkt war als Krankenhausaufnahme aufgrund einer schweren Infektion (bakteriell, viral oder opportunistisch) definiert, sekundäre Endpunkte waren individuelle Arten
schwerer Infektionen und Herpes zoster. Es wurde mittels Propensity Score auf über 60 potenzielle Einflussfaktoren adjustiert und daraus die Hazard ratio‘s (adj. HRs) berechnet. Die drei Datenbanken schlossen 130.718 RA-Patienten ein. Im Verlauf eines Follow-up über 100.790 Personenjahre (PJ) wurden 3.140 schwere Infektionen verzeichnet, entsprechend einer Inzidenzrate von 3,12/100 PJ. Das adjustierte Risiko für mit Tofacitinib assoziierte schwere Infektionen war höher im Vergleich zu Etanercept (adj. HR 1,41; 95% KI 1,15-1,73), Golimumab (adj. HR 1,23; 95% KI 0,941,62), Abatacept (adj. HR 1,20; 95% KI 0,97-1,49) und Tocilizumab (adj. HR 1,17;
95% KI 0,89-1,53), auf etwa dem gleichen Niveau wie für Adalimumab (adj. HR 1,06; 95% KI 0,87–1,30) und Certolizumab (adj. HR 1,02; 95% KI 0,80-1,29), aber geringer gegenüber Infliximab (adj. HR 0,81; 95% KI 0,65-1,00). Tofacitinib war mit einem 2-fach höheren Herpes zoster-Risiko im Vergleich zu allen bDMARDs assoziiert. Somit ergeben sich potenzielle Differenzen im Risikoprofil von Tofacitinib im Vergleich zu den einzelnen bDMARDs, gegenüber der Gesamtgruppe sind sie mit Ausnahme von Herpes zoster allerdings eher gering. m Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(2): e84-e98
Methotrexat: Neue Daten zum Sicherheitsprofil Seit mehreren Jahrzehnten als Standardmedikament bei RA eingesetzt, ist über die Sicherheit von Methotrexat (MTX) aus randomisierten, placebokontrollierten Studien (RCTs) im Grunde wenig bekannt. US-amerikanische Mediziner um Nina P. Paynter, New York, und Paul M. Ridker, Boston, untersuchten jetzt die Sicherheit und Rate unerwünschter Ereignisse (UE) von Low-dose MTX (LD-MTX) in der CIRT-Studie, einer prospektiven RCT bei kardialen Hochrisiko-Patienten, die vorzeitig beendet wurde, da sich keine Abnahme kardiovaskulärer Ereignisse unter LD-MTX abzeichnete.
In CIRT waren 4.768 Erwachsene mit kardiovaskulärer Vorerkrankung und Typ-2-Diabetes oder metabolischem Syndrom (aber ohne rheumatische Erkrankung) für median 23 Monate 1:1 auf Placebo oder LD-MTX (≤20 mg/Woche; median 15 mg) randomisiert worden, alle Teilnehmer erhielten Folsäure 1 mg/Tag an 6 Tagen/Woche. Eingeschlossen wurden anders als bei den meistens mit MTX behandelten Patienten mit z. B. RA überwiegend Männer (81 %), auch waren sie älter (im Mittel 65,7 Jahre). Gegenüber Placebo zeigte
sich eine geringe bis mäßige Erhöhung des Riskos aller UE (Hazard ratio, HR 1,17; 95% KI 1,10-1,25), gastrointestinaler UE (HR 1,91), pulmonaler UE (HR 1,52), von Infekten und hämatologischen UE ( je HR 1,15), Hautkrebs (HR 2,05), nicht aber anderer Tumorentitäten und renale UE waren sogar seltener (HR 0,85). Nun noch zu einigen spezifischen UEs: Es kam nicht zu einem klaren Anstieg von Pneumonien (HR 1,28), eine MTX-Pneumonitis trat bei 6 Patienten unter MTX (2-27 Monate nach der Randomisierung) vs. 1 Fall unter Placebo auf (HR 6,94; p=0,044). Erhöht war unter MTX das Risiko für Leu-
kopenie (HR 1,46) und Anämie (HR 1,36), nicht aber für Thrombozytopenie. Zu einer Zirrhose kam es bei 5 Patienten (alle Diabetiker) unter MTX und keinem unter Placebo, 3 von 5 hatten wiederholt abnorme Laborwerte in Leberfunktionstests. Als „Beifang“ zeigt die CIRT-Studie somit ein allgemein versus Placebo nur mäßig erhöhtes Therapierisiko unter MTX, wobei das RA-untypische Patientenkollektiv zu berücksichtigen ist. m Quelle: Ann Intern Med 2020; 172(6): 369-380
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Kaum Verbesserungen bei subjektiven Parametern Britische Rheumatologen um Sam Norton, London, untersuchten in der klinischen Praxis die Fortschritte von klinischen und Patienten-Reported Outcomes (PROs) bei Patienten mit früher rheumatoider Arthritis (RA) anhand der Early Rheumatoid Arthritis Study (ERAS) und dem Early Rheumatoid Arthritis Network (ERAN). Während die Klinik ein positives Bild zeichnet, hat sich bei den PROs letztlich nur relativ wenig getan.
Analysiert wurden insgesamt 2.701 Patienten aus ERAS (1986 bis 2001; n=1.465) und ERAN (2002-2011; n=1.236) mit einer zwischen den Jahren 1986 und 2011 gestellten RA-Diagnose (im Mittel 56 Jahre, 67 % Frauen). Untersucht wurde mittels Regressionsanalyse (adjustiert auf Alter, Geschlecht, Seropositivität, BMI, Komorbiditäten, Glukokortikoid- und DMARDGebrauch) die 5-Jahres-Progression von RA-Patienten, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten (1990, 2002 und 2010) damit diagnostiziert wurden. Erfasst wurden als klinische Marker u. a. der DAS28 und die Blutsenkung (ESR) und im Hinblick auf PROs z. B. der HAQ-DI, Schmerzen (VAS), die globale Einschätzung der Patienten (PtGA) und der SF-36.
Statistisch signifikante Verbesserungen der später diagnostizierten Patienten im DAS28 und der ESR über einen Zeitraum von fünf Jahren seit der RA-Diagnose waren unverkennbar. So erreichten 59 % der Patienten mit RA-Diagnose in 2010 eine niedrige Krankheitsaktivität im Vergleich zu 48 % mit dieser Diagnose in 2002 und 32 % im Jahr 1990. Auch wenn sich in puncto HAQ-DI statistisch signifikante Verbesserungen im Zeitverlauf zeigten, so waren diese doch gering mit ähnlichen Anteilen von Patienten, die HAQ-Scores von ≤1,0 binnen fünf Jahren nach der RA-Diagnose in 1990 gegenüber solchen in 2010 erreichten. Keine signifikanten Unterschiede im Hinblick auf die Zeitperiode der Diagnosestel-
lung zeigten sich bezüglich Schmerz und PtGA (VAS) sowie SF-36 (im MCS). Nicht überraschend zeigte die Studie im Einklang mit Befunden aus der Kerndokumentation bei Patienten mit früher RA deutliche Verbesserungen in Bezug auf die Krankheitsaktivität und Entzündungsmarker, die die Fortschritte bei Diagnostik und Therapie widerspiegeln. Jedoch bildet sich dies bei den PROs weder im Hinblick auf die körperliche noch mentale Gesundheit oder Schmerzen ab – es besteht hier also noch erheblicher Handlungsbedarf. m Quelle: Rheumatology 2020; doi: 10.1093/rheumatology/kez635
Zielgerichtete Therapien: Vorteile beim Knochenerhalt Den Einfluss von über drei Jahre hinweg applizierten zielgerichteten Therapien in Form von biologischen DMARDs oder JAKInhibitoren (bDMARDs bzw. tsDMARDs) im Vergleich zu konventionellen DMARDs (csDMARDs) auf die Knochenmineraldichte (BMD) bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) untersuchten in einer Propensity Score-gematchten Analyse taiwanesische Rheumatologen um Tien-Tsai Cheng, Kaohsiung.
Zwischen 2014 und 2019 wurden RAPatienten rekrutiert und klinische Charakteristika, BMD und osteoporotische Frakturen beim Einschluss dokumentiert. Die Studienteilnehmer wurden gemäß den britischen NICE-Guidelines über einen 3-Jahres-Zeitraum hinweg behandelt. Der BMD wurde bis Studienende wiederholt erfasst und die Patienten mittels Propensity Score (PS) im Verhältnis 1:2 auf eine Therapie mit bDMARDs (zumeist TNFa-Inhibitoren) bzw. tsDMARDs (überwiegend Tofacitinib) oder ausschließlich mit csDMARDs (meistens Methotrexat) gematcht. Den 3-jährigen Studienzeitraum komplettierten 388 RA-Patienten (im Mittel 57 Jahre,
Krankheitsdauer 14 Jahre, 80 % Frauen), 98 davon hatten gemäß PS eine zielgerichtete Therapie (Gruppe 1) und 184 ausschließlich csDMARDs (Gruppe 2) erhalten. Die Patienten in Gruppe 1 hatten zu Beginn (3,7 vs. 3,3; p<0,001) und nach drei Jahren einen höheren DAS28 (3,3 vs. 3.1; p=0,046) sowie HAQ-DI (6,1 vs. 4,0, p=0,006). Je 85 % nahmen orale Glukokortikoide ein (im Mittel 4,7 mg/ Tag), 30 % erhielten eine spezifische antiosteoporotische Therapie mit z. B. Bisphosphonaten oder Denosumab. Nach drei Jahren blieb in Gruppe 1 die BMD an Schenkelhals, Hüfte und den Lendenwirbeln L1-4 stabil (p=0,09; 0,15;
0,87), während in Gruppe 2 eine signifikante Abnahme an diesen Lokalisationen zu verzeichnen war (p=0,045; <0,001; 0,004). Am stärksten profitierte in puncto Knochenerhalt jene Subgruppe von Patienten mit einer kombinierten b/tsDMARD- und Anti-Osteoporose-Therapie. Es erhärten sich somit frühere Befunde, wonach mit der langfristigen Gabe von bDMARDs (und hier auch JAK-Inhibitoren) gegenüber csDMARDs eine bessere Osteoporose-Prophylaxe zu bewerkstelligen ist. m Quelle: Rheumatology 2020; doi: 10.1093/rheumatology/kez655
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PROGRESSIV-FIBROSIERENDE INTERSTITIELLE LUNGENERKRANKUNGEN
Auch RA-Patienten mit progredienten ILDs profitieren von Nintedanib Im Verlauf vieler interstitieller Lungenerkrankungen (ILDs), auch bei mit systemischen Autoimmunerkrankungen assoziierten ILDs, kann sich eine progredient-fibrosierende ILD entwickeln. Die INBUILD-Studie zeigte, dass der Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib den Krankheitsverlauf bei Patienten mit progredient-fibrosierenden ILDs unabhängig vom Vorliegen eines UIP-Musters verlangsamen kann. Der jährliche FVC-Verlust betrug ca. 57 % in der Gesamtkohorte und 61 % bei Patienten mit UIP-Muster. Eine neue Subgruppenanalyse ergab überdies, dass der FVC-Verlust unter Nintedanib in INBUILD unabhängig von der zugrunde liegenden ILD-Diagnose gebremst wurde.
In der Subgruppenanalyse wurde nun der FVC-Verlust (ml/ Jahr) über 52 Wochen bei Patienten erfasst, die ≥1 Dosis Nintedanib oder Placebo erhielten und folgenden fünf Subgruppen auf Basis der dokumentierten Grunderkrankungen angehörten: exogen-allergische Alveolitis, mit systemischen Autoimmunerkrankungen assoziierte ILDs – darunter primär solche, die mit rheumatoider Arthritis und systemischer Sklerose, aber auch Mischkollagenosen (RA-ILD, SSc-ILD, MCTD-ILD) assoziiert waren –, idiopathische unspezifische interstitielle Pneumonie, unklassifizierbare idiopathische interstitielle Pneumonie und andere ILDs. Diagnostische Subgruppen Nintedanib Placebo
Differenz (95% KI)
Alle Patienten
332
331
107,0 (65,4; 148,5)
RA-ILD
42
47
118,2 (1,0; 235,4)
SSc-ILD
23
16
122,8 (-57,2; 302,8)
MCTD-ILD
7
12
35,4 (-215,8; 286,5)
Andere fibrosierende ILDs
23
30
142,2 (-3,8; 288,3)
-400 -200 Placebo besser
0
200
Von den 663 eingeschlossenen Patienten wiesen 26 % eine exogen-allergische Alveolitis, 26 % eine mit einer systemischen Autoimmunerkrankung assoziierte ILD, 19 % eine idiopathische unspezifische interstitielle Pneumonie, 17 % eine unklassifizierbare idiopathische interstitielle Pneumonie und 12 % andere ILDs auf. Die Reduktion der FVC-Abnahme im Vergleich zu Placebo war in allen fünf Subgruppen unabhängig von der Grunderkrankung konsistent mit jener in der Gesamtkohorte (exogen-allergische Alveolitis 73,1 ml/Jahr; mit systemischen Autoimmunerkrankungen assoziierte ILDs 104,0 ml/Jahr; idiopathische unspezifische interstitielle Pneumonie 141,6 ml/Jahr; unklassifizierbare idiopathische interstitielle Pneumonie 68,3 ml/Jahr und andere ILDs 197,1 ml/Jahr; p=0,41 für die Therapie nach Subgruppen durch Zeitinteraktion). Gerade auch Patienten mit RA- und SSc-ILD (118,2 bzw. 122,8 ml/Jahr) profitierten erheblich von Nintedanib (Abb.), zu jenen mit MCTD-ILD ist keine valide Aussage möglich. In den Subgruppen gemeldete unerwünschte Ereignisse waren ähnlich wie im Gesamtkollektiv. m
Die Ergebnisse aus INBUILD legen nahe, dass Nintedanib die Rate der ILD-Progression bei Patienten mit progredienten chronisch-fibrosierenden ILDs unabhängig von der Grunderkrankung (so auch bei RA-ILD) verringert. Den Nutzen bei SSc-ILD hatte zuvor bereits die SENSCIS-Studie belegt. Derzeit läuft das Zulassungsverfahren für Nintedanib auch zur Behandlung von progredient-fibrosierenden ILDs bei der EMA. Im März 2020 wurde Nintedanib von der FDA als erste Therapie zur Verlangsamung des Lungenfunktionsverlusts bei chronisch-fibrosierenden ILDs mit progredientem Phänotyp zugelassen.
400
Nintedanib besser
Abb.: INBUILD-Studie: Jährliche FVC-Abnahme in Subgruppen mit RA-, SSc- und MCTD-ILD unter Nintedanib vs. Placebo
Quelle: Lancet Respir Med 2020; doi: 10.1016/S2213-2600(20)30036-9
KOMPAKT
Die von Athol U. Wells, London (Großbritannein), und Kollegen publizierte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie INBUILD schloss Patienten mit einer progredient-fibrosierenden ILD, nicht aber idiopathischen Lungenfibrose ein, die in der HRCT einen Fibrosierungsgrad der Lunge von ≥10 % aufwiesen. Weitere Einschlusskriterien waren eine FVC ≥45 % und DLco ≥30 % und ≤80 % vom jeweiligen Sollwert sowie trotz Therapie Fortschreiten der ILD in den 24 Monaten vor dem Screening. Die Patienten wurden für ≥52 Wochen im Verhältnis 1:1 auf 2x täglich 150 mg Nintedanib oder Placebo randomisiert.
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FIBROMYALGIE-SYNDROM
TENS reduziert Schmerz und Fatigue – aber nur ein wenig… Insbesondere während körperlicher Aktivität ist das Fibromyalgie-Syndrom (FMS) oft mit Schmerzen und Fatigue assoziiert. Angesichts der Tatsache, dass die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) zentrale Schmerzsignalwege beeinflusst und aktivitätsinduzierte Schmerzen reduziert, evaluierten US-amerikanische Experten um Kathleen A. Sluka, Iowa City, in der randomisierten, kontrollierten Phase-II-Studie FAST bei Frauen mit FMS, ob die TENS bei körperlicher Aktivität zur Abnahme von aktivitätsinduziertem und Ruheschmerz sowie einer Besserung von Fatigue und der Krankheitslast führt.
Ein ähnliches Bild zeigte sich für die aktivitätsinduzierte Fatigue mit einer mittleren Reduktion um 1,5 Punkte mit der aktiven gegenüber der Placebo-TENS (-0,1; p<0,0001) und keiner TENS (+0,4; p<0,0001). Auch in puncto Ruheschmerz, BPI und MAF zeigte sich die aktive TENS signifikant überlegen (alle p<0,05). Überdies reduzierte sie auch die Krankheitslast gemäß FIQR um im Schnitt 8,5, was sich zwar signifikant von keiner TENS (1,4; p<0,001), aber nur im Trend von der Placebo-TENS (3,4; p=0,07) unterschied. Gemäß der globalen Bewertung zeigten 70 % der FMS-Patientinnen mit aktiver TENS eine Verbesserung versus 31 % mit Placebo-TENS und 9 % mit keiner TENS ( je p<0,0001). Keinerlei relevante Unterschiede gab es in puncto körperlicher Funktion und Lebensqualität.
Insgesamt eher gemischte Ergebnisse Nach 4 Wochen wurde mit der aktiven TENS im aktivitätsinduzierten Schmerz eine mittlere Reduktion um 1,8 Punkte gegenüber dem Ausgangswert verzeichnet, die im Vergleich mit der Placebo-TENS (-0,8; p=0,008) und keiner TENS (-0,006; p<0,0001) signifikant höher ausfiel – faktisch war sie jedoch auf einer 11er-Skala nur um 1 Punkt besser als die Placebo-TENS.
In der Gesamtschau führte die TENS als sicher anzuwendendes, relativ preisgünstiges Verfahren bei manchen Betroffen zu einer klinisch relevanten Verbesserung von Schmerz, Fatigue und Krankheitslast, sodass sie im Rahmen entzündlich-rheumatischer Erkrankungen eine mögliche Option im Rahmen der Behandlungsstrategie eines FMS darstellen könnte.
Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41170
KOMPAKT
In der FAST-Studie wurden Frauen im Alter von 18-70 Jahren, welche die ACR-Kriterien 1990 für Fibromyalgie erfüllten und mit selbst-berichtetem Schmerz ≥4 auf einer VAS bis 10 bei zwei Visiten vor Studienbeginn, im Verhältnis 1:1:1 für 4 Wochen auf eine aktive TENS (n=103), Placebo-TENS (n=99) oder keine TENS (n=99) während körperlicher Aktivität für täglich ≥2 h randomisiert. Die aktive TENS wurde appliziert im lumbalen und zervikothorakalen Bereich in einer modulierten Frequenz von 2-125 Hz in der höchsten tolerierten Intensität, die PlaceboTENS war eine Scheinprozedur mit unwirksamer Reizstromabgabe und die Kontrollen trugen eine inaktive TENS-Einheit. Schmerz und Fatigue wurden als primäre Endpunkte in Ruhe vor und während Aktivität (6-Minuten-Gehtest) für die TENSApplikation zum Zeitpunkt der Randomisierung und dann nach 4 Wochen auf einer 11-Punkte-Skala bestimmt. Als PROs erfasst wurden u. a. der Brief Pain Inventory (BPI), das Multidimensional Assessment of Fatigue (MAF) und der revidierte FM Impact Questionnaire (FIQR).
Zu berücksichtigen ist dabei, dass die primären Outcome-Kriterien keine minimalen klinisch relevanten Differenzen (MCID) gemäß den OMERACT-Empfehlungen für Schmerz und Fatigue (Reduktion um ≥30 bzw. ≥20 %) wiedergeben. Wurden diese Kriterien angelegt, zeigten in der aktiven TENS-Gruppe 44 bzw. 45 % der Patientinnen eine klinisch relevante Reduktion von Schmerz bzw. Fatigue (vs. 22 bzw. 26 % mit PlaceboTENS; p<0,0001 bzw. p=0,0004), 29 % (vs. 13 %; p=0,018) erfüllten das MCID-Kriterium für sowohl Schmerz als auch Fatigue. Dies lässt darauf schließen, dass zumindest eine Subgruppe in relevantem Umfang von der TENS profitiert. Es gab bei <5 % der Patientinnen milde unerwünschte Ereignisse (Hautirritationen durch die Elektroden), ein gewisses Problem scheint die Adhärenz darzustellen. m
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JUVENILE IDIOPATHISCHE ARTHRITIS
Refraktäre Uveitis: Kein Durchbruch mit Tocilizumab Bei einer mit einer juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) assoziierten Uveitis sprechen eine Reihe der Betroffenen nicht ausreichend auf Methotrexat (MTX) und TNFa-Inhibitoren – explizit zugelassen ist nach zwei erfolgreichen Phase-III-Studien Adalimumab – an. Britische Experten um Athimalaipet V. Ramanan, Bristol, prüften nun in der multizentrischen Phase-II-Studie APTITUDE den IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab bei sowohl Anti-TNF- als auch MTX-refraktärer JIA-assoziierter Uveitis.
In die einarmige Studie eingeschlossen wurden 21 Patienten (2-18 Jahre) mit aktiver JIA-assoziierter Uveitis, die für ≥12 Wochen auf einer stabilen MTX-Dosis waren und nicht auf eine Anti-TNF-Therapie angesprochen hatten. Patienten mit einem Körpergewicht (KG) ≥30 kg erhielten 162 mg Tocilicumab s.c. alle 2 Wochen für 24 Wochen, solche mit <30 kg KG wurden alle 3 Wochen damit behandelt. Primärer Endpunkt war ein Therapieansprechen definiert als zweistufige Abnahme (oder Reduktion auf null) der Entzündung in den Zellen der Augenvorderkammer ab Baseline bis Woche 12 gemäß den SUN-Kriterien (ITT-Population). Um eine Phase-III-Studie zu rechtfertigen, war ein Ansprechen von
Lediglich 7 Teilnehmer (34 %; p=0,11) zeigten das geforderte Therapieansprechen, womit der primäre Endpunkt verfehlt wurde. Nur bei 6 von 20 Patienten (30 %), die zu Baseline steroidhaltiger Augentropfen bedurften, gelang es deren Anwendungszahl auf ≤2 pro Tag zu senken. Ein Makulaödem, das bei 4 Teilnehmern vorlag, konnte in 3 Fällen (75 %) erfolgreich behandelt werden.
dem eine so starke Entzündung – SUNScore >1+ – aufweisen mussten, dass die Rekrutierung sich schwierig gestaltete) dürfte Tocilicumab in dieser Situation angesichts bislang fehlender Alternativen dennoch eine Option sein, vor allem bei Patienten mit Anti-TNF-refraktärer, JIA-assoziierter Uveitis mit Makulaödem. Es kann zudem spekuliert werden, dass eine höhere Tocilizumab-Dosis (wie bei systemischer JIA empfohlen) bessere Ergebnisse geliefert hätte. Das Sicherheitsprofil war konsistent mit früheren Studien im pädiatrischen Setting. m
Trotz des bei diesen therapierefraktären Patienten negativen Studienausgangs (bei aber geringer Patientenzahl, die zu-
Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(3): e135-e141
>7 Patienten erforderlich. Unerwünschte Ereignisse wurden bis zu 30 Tage nach Therapiebeendigung erfasst.
STILL-SYNDROM DES ERWACHSENEN
Tofacitinib effektiv bei refraktärer AOSD Für die Therapie des Still-Syndroms des Erwachsenen (Adult-Onset Still’s Disease, AOSD) kommen wie bei der systemischen JIA (sJIA) Interleukin (IL)-1- (Canakinumab, Anakinra) oder IL-6-Inhibitoren (Tocilizumab) infrage. Eine Alternative dazu könnten aber auch JAK-Inhibitoren darstellen, wie chinesische Rheumatologen um Chengde Yang, Shanghai, berichten.
Angesichts der Tatsache, dass IL-1-Inhibitoren in China nicht verfügbar sind, JAK-Inhibitoren breite Anti-ZytokinEffekte haben und Fallberichte bei refraktärer sJIA vorteilhafte Effekte des JAK-1/3-Inhibitors Tofacitinib sowie bei AOSD für Baricitinib (JAK-1/2) zeigten, behandelte die Gruppe in einem Zentrum 14 die Yamaguchi-Kriterien erfüllende Patienten mit refraktärer AOSD. Letztere wurde klinisch und durch Akute-Phase-Reaktanten (ESR, CRP, Ferritin) sowie anhand des modifizierten systemischen Pouchot’s-Score erfasst. Bei Anwendung von Tofacitinib (überwiegend 2x 5 mg/Tag, in zwei Fällen nur
1x 5 mg/Tag) über bis zu 24 Monate erreichten 50 % der AOSD-Patienten eine komplette Remission mit reduziertem Steroidbedarf, weitere 43 % erzielten eine partielle Remission, ein Patient hatte einen Flare bei auf 2,5 mg/Tag reduzierter Prednison-Dosis. Knapp 30 % beendeten die Tofacitinib-Therapie vorzeitig (zwei davon in partieller Remission, einer aufgrund eines Flares und). Innerhalb von vier Wochen erzielten 50 % der Patienten eine vollständige Resolution von Fieber und Ausschlag, 57 % waren von ihrer Polyarthritis befreit und auch der Pouchot’s-Score sowie die ESR-, CRP-, Ferritin-Werte wurden rasch reduziert.
Die mittlere Prednison-Dosis konnte bis Monat 12 signifikant von 37,3 auf 5,0 mg/ Tag reduziert werden. Unerwünschte Ereignisse wurden bei zwei Patienten verzeichnet (Diarrhö, Menorrhagie). Die Autoren postulieren, dass die positiven Effekte von Tofacitinib in Bezug auf hohe Remissionsraten und verringertem Steroidbedarf auf dessen breite Hemmung von IL-6, IL-10, Interferon (IFN)-γ bzw. -α und GM-CSF zurückzuführen sein dürften. m Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2019-216699
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PSORIASIS-ARTHRITIS
IL-23-Inhibitor überzeugt in Phase-III-Studien Der bei Plaque-Psoriasis zugelassene, selektiv gegen Interleukin (IL)-23p19 gerichtete monoklonale Antikörper Guselkumab hatte bereits in einer Phase-II-Studie zur aktiven Psoriasis-Arthritis (PsA) vielversprechende Daten geliefert. Zunächst auf dem ACR 2019 in Atlanta präsentiert, wurden nun die Ergebnisse der beiden randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten PhaseIII-Studien DISCOVER-1 und -2 zu Guselkumab hochrangig im Lancet publiziert.
Ein ACR20-Ansprechen in Woche 24 erreichten signifikant mehr Patienten mit Guselkumab q4w und q8w (59 und 52 vs. 22,2 % unter Placebo; je p<0,001) – ohne klarem Unterschied mit oder ohne Anti-TNF-Vortherapie. Eine Überlegenheit zeigte sich auch in sekundären Enpunkten wie etwa im Investigator’s Global Assessment (IGA) Psoriasis-Ansprechen (75 und 57 vs. 15 %) sowie im HAQ-DI, SF-36 PCS, ACR50/70- und PASI75/90/100-Ansprechen und dem Erreichen einer minimalen Krankheitsaktivität (MDA) in Woche 24 (alle p<0,001). Das Sicherheitsprofil war gut, schwere unerwünschte Ereignisse (UE) waren bis Woche 24 seltener als unter Placebo, es kam zu keiner schweren Infektion unter Guselkumab. (1) In die von Philip J. Mease, Seattle (USA), und Kollegen vorgelegte DISCOVER-2-Studie wurden 739 Biologika-naive Patienten mit (vs. DISCOVER-1) stärker aktiver PsA (SJC/JC je ≥5, CRP ≥0,6 mg/dl) eingeschlossen und wiederum im Verhältnis 1:1:1 auf s.c. Guselkumab 100 mg q4w oder q8w (mit Aufsättigung) oder Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt war wieder das ACR20-Ansprechen in Woche 24, als sekundärer Endpunkt wurde zusätzlich die radiologische Progression im PsA-modifizierten van der Heijde-Sharp (vdH-S)-Score von Woche 0 bis 24 erfasst. Überdies wurde mittels gepoolter Daten aus DISCOVER-1- und -2 die Resolution von Enthesitis und Daktylitis bestimmt. Mit Guselkumab q4w und q8w wurde im primären Endpunkt ein signifikant höheres ACR20-Ansprechen in Woche 24 gegenüber Placebo verzeichnet ( je 64 vs. 33 %, je p<0,001) (Abb.). Signifikante Verbesserungen in den sekundären Endpunkten wurden hier vorrangig mit Guselkumab q4w erzielt, so auch im ΔPsA-modifizierten vdH-S bis Woche 24.
Ähnlich wie TNFα- und IL-17A-Inhibitoren zeigt Guselkumab als IL-23-Hemmer eine bei PsA breite Wirksamkeit auf Gelenke, Haut, Enthesitis und Daktylitis mit einer – analog zur IL-17-Hemmung – besonders guten Effektivität auf die Psoriasis. Von einer Zulassung auch bei PsA dürfte angesichts der positiven Ergebnisse aus DISCOVER-1- und -2 und der erneut gezeigten guten Verträglichkeit auszugehen sein, wobei die 4-wöchentliche Applikation ohne Aufsättigung womöglich das bevorzugte Behandlungsregime sein dürfte.
KOMPAKT
DISCOVER-1 und -2: Guselkumab punktet
Signifikante Vorteile beider Guselkumab-Regime wurden beim ACR50/70- sowie PASI75/90/100-Ansprechen und dem Erreichen einer MDA in Woche 24 gesehen (alle p<0,001), gleiches gilt für eine vollständige Resolution von Daktylitis und Enthesitis. Das Sicherheitsprofil des IL-23-Inhibitors war erneut gut, die Rate schwerer UE war auf Placeboniveau und es wurde nur eine schwere Infektion verzeichnet. (2) m
Quellen: 1 Lancet 2020; 395(10230): 1115-1125 2 Lancet 2020; 395(10230): 1126-1136 80 70
je p<0,001 vs. Placebo 64
64
60 Patienten (%)
In der von Atul Deodhar, Portland (USA), und Kollegen, vorgestellten DISCOVER-1-Studie wurden 381 Biologika-naive oder bereits mit TNFα-Inhibitoren (ca. 30 % mit 1-2 Anti-TNF-Vortherapien) vorbehandelte Patienten mit trotz einer Standardtherapie (inadäquates Ansprechen auf Apremilast für ≥4 Monate, auf csDMARDs für ≥3 Monate und NSAR für ≥4 Wochen) aktiven PsA (SJC/JC je ≥3, CRP ≥0,3mg/dl) eingeschlossen und im Verhältnis 1:1:1 auf subkutanes (s.c.) Guselkumab 100 mg alle 4 Wochen (q4w), Guselkumab 100 mg in Woche 0 und 4 und dann alle 8 Wochen (q8w mit Aufsättigung) oder Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt war das ACR20-Ansprechen in Woche 24 (mit Non-Responder Imputation).
50 40
33
30 20 10 0
Guselkumab 100 mg q4w (n=245)
Guselkumab 100 mg q8w (n=248)
Placebo (n=245)
Abb.: DISCOVER-2: Signifikant besseres ACR20-Ansprechen in Woche 24 auf Guselkumab (Q4W und Q8W) versus Placebo (2)
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PSORIASIS-ARTHRITIS
Starkes Ansprechen auf Bimekizumab in Phase-II-Studie Dass die duale Neutralisierung von IL-17A und IL-17F potenziell Vorteile gegenüber der reinen IL-17A-Inhibition bieten könnte, lassen die von Christopher T. Ritchlin, Rochester (USA), und Kollegen vorgestellten Daten der 48-wöchigen randomisierten, doppelbinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Dosisfindungsstudie BE ACTIVE zu dem dualen IL-17A- und IL-17F-Inhibitor Bimekizumab erahnen, die Anfang des Jahres ebenfalls im Lancet publiziert wurde.
Der auch bei ankylosierender Spondylitis erfolgreich in Phase-II geprüfte IL-17A/FInhibitor Bimekizumab wurde in BE ACTIVE bei 206 erwachsenen Patienten (ursprünglich waren 308 gescreent worden) mit aktiver PsA und einer Symptomdauer von ≥6 Monaten im Verhältnis 1:1:1:1:1 in vier unterschiedlichen s.c. BimekizumabDosierungen (16 mg, 160 mg, 160 mg mit 320 mg Initialdosis, 320 mg) gegen Placebo alle 4 Wochen über einen Zeitraum von 12 Wochen getestet. Im Anschluss wurden die Placebo- und 16 mg Bimekizumab-Patienten auf 160 oder 320 mg Bimekizumab re-randomisiert, die restlichen Patienten behielten ihre Dosis bis zum Studienende in Woche 48 bei. Die in Zentren in Deutschland, Osteuropa, Russland und den USA eingeschlossenen Patienten waren im Mittel 50 Jahre, die Krankheitsdauer betrug 7 Jahre, der SJC/TJC belief sich auf 12 bzw. 22, 19 % hatten bereits auf eine Anti-TNF-Therapie versagt. Primärer Endpunkt war das ACR50-Ansprechen in Woche 12.
Für den primären Endpunkt zeigten sich für alle Dosierungen signifikante Vorteile gegenüber Placebo (p<0,05): Für Bimekizumab 16 mg betrug die Odds ratio (OR) gegenüber Placebo 4,2 (p=0,032), für die 160 mg-Dosierung 8,1 (p=0,0012) und für 160 mg Bimekizumab mit Aufsättigungsdosis 9,7 (p=0,0004). Maximal betrug das ACR50-Ansprechen in Woche 12 46 % (vs. 7 % unter Placebo). Bis Woche 48 stieg es auf bis zu 63 % an. Die im Verlauf jeweils besten Werte wurden mit den drei höchsten Bimekizumab-Dosierungen erzielt. Ähnliche Befunde zeigten sich für den ACR20 (bis zu 71 % in Woche 12 und 76 % in Woche 48), ACR70 (bis zu 32 bzw. 46 % in Woche 12/48), das Erreichen einer MDA (bis zu 46 bzw. 60 % in Woche 12/48), den PASI75 bis zu 77 bzw. 92 % in Woche 12/48) und den PASI90 bis zu 54 bzw. 85 % in Woche 12/48). Eine Resolution der Enthesitis erreichten in Woche 12 bis zu 59 % und Woche 48 bis zu 70 %
der Patienten. Auch nach dem Wechsel von Placebo oder der 16 mg-Dosis kam es danach bereits in Woche 24 zu einem raschen Ansprechen, das sich bis Woche 48 fortsetzte. Es zeigte sich eine relativ gute Verträglichkeit von Bimekizumab, therapieassoziierte unerwünschte Ereignisse (TEAE) traten bei 41 % der Patienten auf (vs. 57 % unter Placebo). Die Mehrzahl der TEAE waren mild bis moderat. Am häufigsten waren Nasopharyngitis (12 %), eine orale Candidiasis trat bei 4,9 % der Patienten auf. Schwere TEAE (keine Todesfälle oder CED) waren unter Bimekizumab häufiger (n=8 vs. 1). Auf die künftigen Phase-III-Daten kann man schon gespannt sein, vor allem Bimekizumab 160 mg mit oder ohne Aufsättigung dürfte hierfür ein geeigneter Kandidat sein. m
Quelle: Lancet 2020; 395(10222): 427-440
Positive Langzeitdaten für Ixekizumab aus SPIRIT-P1-Studie Von Vinod Chandran, Toronto (Kanada), und Kollegen publizierte 3-Jahres-Daten aus der Phase-III-Studie SPIRIT-P1 unterstreichen für den IL-17A-Inhibitor Ixekizumab eine gute Langzeitwirksamkeit und -sicherheit, die im Einklang mit früheren Befunden und auch generell für das Wirkprinzip der IL-17A-Hemmung steht.
In der Studie waren 417 Biologika-naive PsA-Patienten auf Placebo, Adalimumab oder Ixekizumab 80 mg alle 2 Wochen (q2w) oder 4 Wochen (q4w; die bei PsA zugelassene Dosierung) nach einer Aufsättigung mit 160 mg in Woche 0 randomisiert worden. In Woche 24 (bzw. 16) wurden auch die Adalimumab- bzw. Placebo-Patienten auf Ixekizumab rerandomisiert. Von den 381 in die Extension eingehenden Teilnehmern schlossen
63,8 % die 156-wöchige Studie ab. Die Inzidenzraten für therapieassoziierte und schwere Nebenwirkungen beliefen sich auf 38,0 und 5,2 (q2w; n=189) bzw. 38,1 und 8,0 (q4w; n=197). Das gute Ansprechen wurde bis Woche 156 (Non Responder-Imputation) aufrechterhalten. So zeigten ein ACR20/50/ 70-Ansprechen 62,5 und 69,8 %, 56,1 und 51,8 % bzw. 43,8 und 33,4 %) der Patien-
ten, das Kriterium eines PASI 75/90/100 erfüllten 69,1 und 63,5 %, 64,5 und 51,2 % bzw. 60,5 und 43,6 %. Eine persistierende Hemmung der radiologischen Progression bis Woche 156 war bei 61 % (q2w) bzw. 71 % (q4w) der mit Ixekizumab behandelten Patienten nachweisbar. m
Quelle: Rheumatology 2020; doi: 10.1093/rheumatology/kez684
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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Doch eine Rolle für Methotrexat als Kombinationspartner? Es ist eine alte Streitfrage: Anti-Drug-Antikörper (ADA) sind auch bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis (axSpA) mitunter für eine sekundäre Abnahme der Effektivität von TNFα-Inhibitoren wie Adalimumab verantwortlich – doch rechtfertigt dies eine Ko-Therapie mit Methotrexat (MTX), das anders als bei rheumatoider Arthritis selbst bei axialer SpA keine Wirksamkeit entfaltet, aber die Immunogenität von beispielsweise Adalimumab mindert? Französische Rheumatologen um Denis Mulleman, Tours, widmeten sich in einer randomisierten, kontrollierten Studie erneut der Beantwortung dieser Frage.
Insgesamt 110 Patienten mit axialer SpA (im Mittel 42 Jahre, je ca. 50 % Männer/Frauen, Krankheitsdauer 2,5 Jahre, durchschnittlicher ASDAS zu Baseline 3,1) wurden in der open-label-Studie im Verhältnis 1:1 auf der Basis von Adalimumab 40 mg s.c. entweder zusätzlich auf MTX 10 mg/Woche s.c. (zwei Wochen vor Adalimumab initiiert) oder kein MTX randomisiert. Das Ansprechen im ASDAS, die Entwicklung von ADA und die Adalimumab-Serumkonzentration wurden in den Wochen 4, 8, 12 und 26 nach Beginn der Adalimumab-Therapie erfasst. Als primärer Endpunkt wurde der Anteil von Patienten mit ADA festgelegt. Vier Jahre nach Abschluss der zwischen 2013 und 2014 durchgeführten Studie wurde retrospektiv das Verbleiben auf
der Adalimumab-Therapie in Abhängigkeit von der Dauer einer Ko-Therapie mit MTX erhoben. Analysiert wurden letztlich die Daten von 107 Patienten, 52 mit und 55 ohne MTX. In Woche 26 wurden ADA bei 36,4 % der Teilnehmer detektiert, und zwar bei 25 % in der Gruppe mit MTX und bei 47,3 % ohne Ko-Therapie mit MTX (relatives Risiko, RR 0,53; p=0,03). Die AdalimumabSerumkonzentration war in den Wochen 4, 8, 12 und 26 jeweils signifikant höher in der Gruppe mit begleitender MTXTherapie, ohne dass dies die Effektivität und Sicherheit beeinflusste (medianer ASDAS in Woche 26 je 1,6, inaktive Erkrankung 37 vs. 40 %). Allerdings war in der Follow-up-Studie eine Ko-Therapie
mit MTX über >26 Wochen gegenüber keinem MTX oder MTX für ≤26 Wochen mit einer signifikant höheren Retention auf Adalimumab assoziiert (p=0,04) – in einer multivariaten Analyse wurde das Risiko für eine Beendigung der Adalimumab-Therapie halbiert (Hazard ratio, HR 0,46). Bei Patienten, die ADA entwickelten, zeigte sich zudem in der Gruppe mit begleitender MTX-Therapie eine signifikant längere Behandlungsdauer mit Adalimumab (98,6 vs. 56,9 Wochen; p=0,015). Ob dieser positiven Effekte tatsächlich eine off-label-Therapie mit MTX rechtfertigen, dürfte aber auch nach diesen Befunden weiter strittig sein. m Quelle: RMD Open 2020; 6(1): e001047
Ab welchem BASDAI-Score lohnt sich ein Biologikum? Die EULAR-Leitlinie für das Management der axialen SpA inklusive ankylosierender Spondylitis (AS) empfiehlt den Einsatz von bDMARDs ab einer Krankheitsaktivität im BASDAI von ≥4 Punkten. Deutsche Rheumatologen um Jürgen Braun, Herne, evaluierten jetzt in einer Post-hoc-Analyse zur nicht-interventionellen, prospektiven GO-NICE-Studie in einer Subgruppe von Biologikanaiven AS-Patienten, die neu mit Golimumab behandelt wurden, den tatsächlich gewählten BASDAS-Cutoff-Wert und dessen Einfluss auf das Therapieansprechen in der täglichen Praxis.
Von den 244 Biologika-naiven AS-Patienten der GO-NICE-Studie wiesen zu Baseline 70,5 % einen BASDAI ≥4 (Gruppe 1) auf, 14,3 % hatten einen BASDAI zwischen 2,8 und <4 (Gruppe 2) und bei 15,2 % lag er sogar bei <2,8 (Gruppe 3). Insgesamt 134 Teilnehmer (54,9 %) schlossen die 24-monatige Beobachtungsphase ab. Der mittlere BASDAI, der in den Gruppen 1, 2 und 3 zu Beginn 5,9 (±1,3), 3,4 (±0,4) und 2,0 (±0,8) betrug, sank binnen drei Monaten signifikant auf 2,2 (±2,0),
1,9 (±1,2) und 1,0 (±1,2) ( je p<0,0001 vs. Baseline) sowie auf 2,2 (±1,7), 1,9 (±1,7) und 1,4 (±1,0) in Monat 24 ( je p<0,005). Ein BASDAI50-Ansprechen erreichten in den jeweiligen Gruppen 68,8, 44,8 und 45,2 % der Patienten in Monat 3 und 84,9, 61,9 sowie 55,0 % in Monat 24. Eine Anti-TNF-Therapie (hier mit Golimumab) wurde in der Praxisrealität also in fast einem Drittel der Fälle bei AS-Patienten mit einer niedrigeren Krankheitsaktivität als dem von der EULAR empfohlenen BASDAI-Wert von
≥4 gestartet. Auch Patienten mit einem BASDAI zwischen 2,8 und <4 scheinen jedoch gemäß den hier erhobenen Daten signifikant von dem TNFα-Inhibitor zu profitieren, während dessen Nutzen bei noch geringerem BASDAI doch sehr limitiert oder nicht gegeben war. Auf jeden Fall wäre eine Re-Evaluation des etablierten BASDAI-Cut-off-Wertes von ≥4 sicher wünschenswert. m
Quelle: J Rheumatol 2020, 47(1): 35-41
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PRIMÄRES SJÖGREN-SYNDROM
Positive Studiendaten zu Anti-CD40-Antikörper Iscalimab Das primäre Sjögren-Syndrom (PSS) ist eine Autoimmunerkrankung, die vorrangig durch Mund- und Augentrockenheit infolge einer Beeinträchtigung exokriner Drüsen gekennzeichnet ist. Bislang konnte hier für systemische Therapien noch keine konsistente Effektivität belegt werden. CD40–CD154-mediierte T-Zell–B-Zell-Interaktionen tragen beim PSS zur abweichenden Lymphozyten-Aktivierung im entzündeten Gewebe bei, die zur Sialadenitis führt. Dies macht CD40 zu einem interessanten Angriffspunkt für die Therapie. Ein internationales Team um Peter Gergely, Basel (Schweiz), berichtete nun über eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Proof-of-Concept-Studie zu dem Anti-CD40-Antikörper Iscalimab.
Zwischen 2014 und 2016 wurden 44 Patienten im Alter von 18-75 Jahren rekrutiert, die die AECG-Kriterien aus 2002 für PSS erfüllten und im Verhältnis 2:1 auf s.c. Iscalimab (3 mg/kg) oder Placebo in den Wochen 0, 2, 4 und 8 (Kohorte 1; n=12) oder i.v. Iscalimab (10 mg/kg) oder Placebo in den Wochen 0, 2, 4 und 8 (Kohorte 2; n=32) randomisiert – stratifiziert nach der Einnahme oraler Steroide zu Baseline. Ab Woche 12 erhielten die Patienten in beiden Kohorten open-label Iscalimab s.c. bzw. i.v. für weitere 12 Wochen. Primäres Kriterium der Sicherheit waren unerwünschte Ereignisse (UE), die Effektivität wurde anhand der Krankheitsaktivität
gemäß dem ESSDAI-Score in Woche 12 erfasst (Per-Protokoll-Analyse). Im Ergebnis waren UE zwischen den Therapiearmen gleich verteilt mit einem Auftreten bei allen Patienten in Kohorte 1 und bei 52 vs. 64 % in der Iscalimabbzw. Placebogruppe in Kohorte 2. Es wurden zwei schwere UE (eine bakterielle Konjunktivitis und ein Fall von Vorhofflimmern) verzeichnet, die nicht Iscalimab zugeschrieben wurden. In Bezug auf die Wirksamkeit zeigte sich unter i.v. Iscalimab eine durchschnittliche Reduktion um 5,21 Punkte im ESSDAIScore gegenüber Placebo (p=0,0090),
während bei s.c.-Applikation (bei aber nur sehr wenigen Patienten) kein signifikanter Unterschied versus Placebo erkennbar war. Aus den bisherigen, noch vorläufigen Daten lässt sich durchaus auf eine gewisse Wirksamkeit dieses neuen Therapieprinzips bei PSS schließen, für genauere Aussagen bedarf es aber weiterer und größerer Studien – noch lässt sich das therapeutische Potenzial der CD40-Blockade bei PSS nicht so richtig einschätzen. m
Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(3): e142-e152
Abatacept enttäuscht in der Phase-III-Studie ASAP-III Nachdem kleinere open-label-Studien durchaus eine Wirksamkeit von Abatacept bei PSS angedeutet hatten, untersuchten nunmehr niederländische Rheumatologen um Hendrika Bootsma, Groningen, den T-Zell-Kostimulationsmodulator in der monozentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie ASAP-III bei Patienten mit frühem, aktiven PSS.
Am Medizinzentrum der Universität Groningen wurden zwischen den Jahren 2014 und 2018 (von 580 gescreenten) insgesamt 80 Patienten ≥18 Jahre mit PSS, die die AECG-Kriterien erfüllten, mit positiver Speicheldrüsen-Biospie, einer Zeit ab Diagnosestellung <7 Jahre und einem ESSDAI-Score ≥5 im Verhältnis 1:1 für 24 Wochen auf s.c. Abatacept 125 mg/Woche oder Placebo randomisiert – stratifiziert nach vorherigem DMARDGebrauch (dies war bei 45 % in der Abatacept- und 40 % in der Placebo-Gruppe der Fall). Primärer Endpunkt war die Differenz zwischen den Therapiearmen im ESSDAI-Score in Woche 24. Dieser primäre
Endpunkt wurde mit einer Differenz im ESSDAI von nur -1,3 (95% KI -4,1 bis 1,6) zwischen Abatacept und Placebo jedoch deutlich verfehlt. Im Gegensatz zur Krankheitsaktivität zeigten sich bei den Patient-Reported Outcomes im ESSPRIScore zumindest im Trend Vorteile für Abatacept im Hinblick auf das Erreichen einer klinisch signifikanten Reduktion der Symptomatik in Woche 24. Auch die Hyperaktivität der B-Zellen wurde deutlich gebremst. Es kam weder zu Todesfällen noch therapieassoziierten schweren unerwünschten Ereignissen (UE). Bei 95 % der Patienten im Abatacept-Arm traten insgesamt 103 UE auf, darunter ein schwe-
res UE und 46 Infektionen. Im PlaceboArm waren ebenfalls 95 % betroffen mit 87 UE, darunter vier schwere UE und 49 Infektionen. Auf Basis dieser Studie kann Abatacept somit nicht generell zur Reduktion der Krankheitsaktivität bei PSS empfohlen werden. Dass bestimmte Subgruppen mit spezifischen PSS-Manifestationen und -Charakteristika dennoch von dem T-Zell-Kostimulationsmodulator profitieren können, ist allerdings nicht auszuschließen. m
Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(3): e153-e163
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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES
Interdisziplinäre Empfehlungen zum sicheren Einsatz von Antimalariamitteln Gerade beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) ist mit Hydroxychloroquin (HCQ) ein Antimalariamittel (AM) nicht aus der Therapie wegzudenken, doch auch in einigen anderen rheumatologischen Indikationen werden HCQ oder andere AM häufig verordnet. Zu beachten ist in diesem Kontext stets das Risiko von AM-assoziierten Retinopathien. Auf der Basis einer systematischen Literaturrecherche gaben nunmehr Christoph Fiehn, Baden-Baden, und Kollegen der Kommission Pharmakotherapie der DGRh aktualisierte evidenzbasierte, interdisziplinäre Empfehlungen zum Sicherheitsmanagement der Therapie mit AM in der Rheumatologie heraus.
einer möglichen AM-Retinopathie sind im aGF eine parafoveale Empfindlichkeitsabnahme und im OCT eine umschriebene Verdünnung der Photorezeptorschicht parafoveal und/oder fokale Unterbrechungen der Außensegmentstrukturlinie. Bei Niereninsuffizienz sollte bei einer GFR <30 ml/min. eine Dosisanpassung auf max. 3 mg/kg KG erfolgen.
In der Rheumatologie sollte eine AM-Therapie mit HCQ erfolgen, wobei eine Dosis von 5 mg/kg Körpergewicht (KG)/Tag nicht überschritten werden sollte. In den ersten 6 Monaten der AM-Therapie (respektive vor deren Beginn) ist eine augenärztliche Basisuntersuchung empfohlen. Eine bereits vorbestehende Makulopathie, Niereninsuffizienz (GFR <60 ml/min.), Tamoxifen-Begleittherapie, Tagesdosen von >5 mg/kg HCQ oder Therapie mit Chloroquin (CQ) gehen mit einem erhöhten Risiko für eine AM-induzierte Retinopathie einher. Diese Patienten sollten daher von Beginn an jährlich augenärztliche Kontrollen erhalten, während dies bei Patienten ohne Risikofaktoren erst ab 5 Jahren Einnahmedauer empfohlen wird. Die ophthalmologische Untersuchung sollte mindestens je eine geeignete subjektive und objektive Methode nutzen, in der Regel sind dies das automatisierte Gesichtsfeld (aGF) und die optische Kohärenztomografie (OCT). Als objektive Methoden sind auch die multifokale Elektroretinografie (mf-ERG) oder die Fundus-Autofluoreszenz (FAF) geeignet. Anzeichen
Die aktualisierten deutschen Empfehlungen zur AM-Therapie in der Rheumatologie beinhalten primär strengere Dosisvorgaben für HCQ, eine Risikostratifizierung im Monitoring sowie definierte augenärztliche Untersuchungsmethoden zur Erkennung einer eventuellen Retinopathie. Im Wesentlichen entsprechen sie jenen der US-amerikanischen und britischen ophthalmologischen Fachgesellschaften. Die darauf aufbauenden Therapieinformationsblätter der Arbeitsgemeinschaft der regionalen, kooperativen Rheumazentren (AGRZ) in der DGRh sind bereits seit Dezember 2019 auf der DGRh-Webseite abrufbar. Diese enthalten auch eine Tabelle, welche die genaue Dosierung der HCQ 200 mg-Tabletten erleichtert.
Quelle: Z Rheumatol 2020; 79(2): 186-194
KOMPAKT
Durch eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken Medline (PubMed) und Cochrane wurden 1.160 Arbeiten zur Sicherheit der Therapie mit AM in der Rheumatologie identifiziert. Ergänzend wurde eine Handsuche durchgeführt. Es wurden letztlich 67 von den Autoren als besonders relevant eingeschätzte Publikationen genauer analysiert, die als Grundlage für die konsensbasierten Empfehlungen dienen.
Die Bestimmung der Kreatinkinase (CK) und Laktatdehydrogenase (LDH) im Blut ist als Screeninguntersuchung auf eine eventuelle Myopathie oder Kardiomyopathie geeignet und sollte vor Therapie und dann in ca. 3-monatlichen Abständen erfolgen. Der Einsatz von kardialen Biomarkern im Serum wie „brain natriuretic peptide“ (BNP) oder Troponin, ein EKG oder kardiale Bildgebung sollte je nach Situation erwogen werden. Die Einnahme von HCQ ist in Schwangerschaft und Stillzeit nach gegenwärtigem Wissen sicher und bei Patientinnen mit SLE protektiv für Mutter und Kind. m
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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES
Metformin eine Option mit vielen Fragezeichen Das bei Typ-2-Diabetes eingesetzte Standardmedikament Metformin wird derzeit bei einer Reihe von Autoimmunerkrankungen neu erprobt – bekannt sind Effekte auf Th1/Th17-, Plasma- und dendritische Zellen sowie Neutrophile. Da der Immunmetabolismus eine wichtige Rolle in der Pathogenese des systemischen Lupus erythematodes (SLE) spielt und das Antidiabetikum in einer Proof-of-concept-Studie durchaus ermutigende Ergebnisse lieferte, führten chinesische Rheumatologen um Fangfang Sun, Shanghai, nun eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie zur Effektivität und Sicherheit von Metformin bei chinesischen SLE-Patienten ohne Typ-2-Diabetes durch. Konklusive Ergebnisse bot diese leider nicht.
Eingeschlossen wurden zwischen Mai 2016 und Dezember 2017 insgesamt 140 Nicht-Typ-2-Diabetiker mit niedrig bis moderat aktivem SLE, definiert als SELENA-SLEDAI-Score ≤6, keinem BILAG A- und maximal einem BILAG B-Score beim Screening, mindestens einem Lupus-Flare und einer Therapie mit Prednison (≥20 mg/Tag) in den 12 Vormonaten. Die Teilnehmer wurden für 12 Monate im Verhältnis 1:1 zusätzlich zu ihrer Standardtherapie auf Metformin (250 mg/Tablette mit einer Zieldosis von 3x 0,5 g/Tag) oder Placebo randomisiert. Als primärer Endpunkt fungierte der SELENA-SLEDAI Flare Index (SFI) in Monat 12. Zum Ende des 12-monatigen
Follow-up war kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf die Inzidenz von Lupus-Flares im SFI zwischen Metformin und Placebo (21 vs. 34 %, relatives Risiko, RR 0,68; p=0,078) erkennbar, jedoch ein positiver Trend. In der MetforminGruppe kam es häufiger zu gastrointestinalen Nebenwirkungen (4 vs. 1 %) die zum Therapieabbruch führten und signifikant öfter zu unerwünschten Ereignissen (39 vs. 15 %; p=0,0015), während sich die Inzidenz nicht-Flare-assoziierter schwerer UE mit 1 vs. 4 % (p=0,35) nicht unterschied. Die Häufigkeit von Infektionen war unter Metformin signifikant geringer als im Placebo-Arm (25 vs. 44 %; p=0,022).
Bei Patienten mit nur gering aktivem SLE, aber dem Risiko von Schüben, wäre Metformin aufgrund seines geringen Preises eine attraktive Option als Addon zur Standardtherapie. Der Nachweis einer Überlegenheit wurde in der Studie auch aufgrund fehlender statistischer Power verfehlt, eine genauere Bewertung von dessen Potenzial bei SLE ist daher schwierig. Das Sicherheitsprofil war recht vorteilhaft, größere Studien zu dem Antidiabetikum wären wünschenswert, sind aber wohl eher nicht zu erwarten. m Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(4): e210-e216
ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN
Positive Top-line-Resultate aus der ADVOCATE-Studie Um die Wartezeit bis zur Veröffentlichung zu verkürzen, sei kurz auf die Ende 2019 vorab verkündeten Ergebnisse der bei ANCAassoziierter Vaskulitis (AAV) heiß erwarteten randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie ADVOCATE eingegangen. Der angestrebte Nachweis, dass bei einer mindestens gleichwertigen Effektivität in der Remissionsinduktion der orale Komplement C5a-Rezeptorinhibitor Avacopan die Steroidtherapie ersetzen kann, ist überzeugend gelungen.
In die Phase-III-Studie ADVOCATE waren 331 Patienten mit akuter AAV eingeschlossen und auf Avacopan oder Prednison randomisiert worden. Zusätzlich erhielten die Teilnehmer zur Remissionsinduktion Rituximab oder Cyclophosphamid, gefolgt von Azathioprin. Es wurden beide primären Endpunkte der Studie erreicht: eine Remission in Woche 26 und anhaltende Remission in Woche 52 gemäß einem Birmingham Vasculitis Activity Score (BVAS) =0 und keine Glukokortikoid (GK)-Therapie für
mindestens die vorherigen 4 Wochen. Der Verlautbarung zufolge erreichten 72,3 vs. 71,0 % der AAV-Patienten eine Remission unter Avacopan vs. Prednison (als Standardtherapie). Bis Woche 52 wurde dieses klinische BVAS-Ansprechen bei 65,7 vs. 54,9 % der Teilnehmer aufrechterhalten. Jenseits einer effektiven Verbesserung der Remissionsrate konnten darüber hinaus in den sekundären Endpunkten auch signifikante Vorteile bei der Nierenfunktion und Lebensqualität unter
Avacopan im Vergleich zur Steroidtherapie nachgewiesen werden. Zugleich fiel der Glukokortikoid (GK)-Toxizitäts-Index unter Avacopan signifikant geringer aus. Das Sicherheitsprofil war akzeptabel, mit 42 vs. 45 % kam es unter Avacopan im Vergleich etwas seltener zu schweren unerwünschten Ereignissen inklusive schwerer Infektionen. Auf die vollständigen Studiendaten kann man bereits gespannt sein. m Quelle: Pressemitteilung ChemoCentryx und Vifor Pharma, 25. November 2019
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
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ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN
PEXIVAS-Studie publiziert: Plasmapherese enttäuscht, Steroideinsparung möglich Obgleich die wesentlichen Daten schon seit 2018 auf verschiedenen Kongressen präsentiert wurden, liegt erst jetzt die Vollpublikation der großen, randomisierten, kontrollierten PEXIVAS-Studie im 2x2-faktoriellen Design zur Untersuchung der Effektivität eines Plasmaaustauschs in der Remissionsinduktion von Patienten mit schwerer ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) vor. Dieser Nachweis wurde klar verfehlt. Ein weiteres Studienziel war es, die Wirksamkeit niedrigerer Steroiddosen in diesem Setting zu ermitteln – hier konnte eine Nicht-Unterlegenheit gezeigt werden.
Wichtige Lehren für die Praxis Ein Vorteil der Plasmapherese war in dieser bislang größten AAV-Studie nicht nachweisbar. Den primären Endpunkt erreichten 28,4 % der Patienten mit Plasmaaustausch verglichen mit 31,0 % jener in der Kontrollgruppe (Hazard ratio, HR 0,86, 95% KI 0,65-1,13; p=0,27) (Abb.). Dies war auch in für die einzelnen Endpunkte ähnlich: HR für Tod 0,87, für Nierenversagen 0,81. Die Incidence Rate Ratio's (IRRs) für schwere unerwünschte Ereignisse und schwere Infektionen bis Monat 12 sowie eine anhaltende Remission betrugen 1,21 bzw. 1,16 und 1,01. Positiver sind hingegen die Daten zur Steroideinsparung. Hier erreichten den primären Endpunkt 27,9 % der Patienten mit einem reduzierten GK-Dosisregime und 25,5 % in der Standard-GK-Dosisgruppe (absolute Risikodifferenz 2,3 %; 90% KI -3,4 bis 8); ausgehend von einer Non-Inferioritäts-Marge von 11 Punkten eine Nicht-Unterlegenheit anzeigend. Schwere Infektionen bis Monat 12 traten (wie erhofft) signifikant seltener in der reduzierten GK-Dosisgruppe auf (HR 0,69; 95% KI 0,52-
0,93; p=0,02). Keine signifikanten Differenzen gab es in puncto Gesamtmortalität (HR 0,78) und Nierenversagen (HR 0,6), für die Chance auf eine anhaltende Remission (HR 1,04) und schwere unerwünschte Ereignisse (IRR 0,95). Die Ergebnisse aus PEXIVAS haben praktische Implikationen: Bei renal und/oder pulmonal vorgeschädigten AAV-Patienten kann auf den Plasmaaustausch in den meisten Fällen wohl verzichtet werden, so die Studienautoren. (1) Eine Ausnahme könnten jedoch die Patienten mit Lungenbeteiligung bieten, worauf auch Vimal K. Derebail und Ronald J. Falk, Chapel Hill (USA), in einem begleitenden Editorial hinweisen. (2) So profitierten Patienten mit mäßiger (HR 0,64; 95% KI 9,33-1,24) und schwerer diffuser alveolärer Hämorrhagie (HR 0,67; 95% KI 0,28-1,64) im Hinblick auf den primären kombinierten Endpunkt tendenziell doch vom Plasmaaustauch. Eine wichtige Lehre ist aber vor allem, dass in der Remissionsinduktion eine niedrigere GK-Dosis in diesem Setting das Risiko schwerer Infektionen reduziert, ohne zugleich das Outcome zu verschlechtern. m Quellen: 1 N Engl J Med 2020; 382(7): 622-631 2 N Engl J Med 2020; 382(7): 671-673
100 Tod/terminale Niereninsuffizienz (%)
Ob ein Plasmaaustausch das Outcome von AAV-Patienten (GPA/MPA) mit schwerer Nieren- oder Lungenbeteiligung zu verbessern vermag, war trotz teils positiver Empfehlungen in Leitlinien in Ermangelung harter Studiendaten unklar. Ebenso galt dies für die Frage, ob zur Remissisonsinduktion im Vergleich zu einer Standardtherapie mit oralen Hochdosis-Glukokortikoiden (GK) ein niedriger dosiertes GK-Regime das Infektionsrisiko reduziert ohne zugleich das Risiko für terminale Niereninsuffizienz oder Tod zu steigern. Beide Fragen adressierte die von Michael Walsh, Hamilton (Kanada), und Kollegen publizierte PEXIVAS-Studie. Darin eingeschlossen wurden 704 Patienten (56 % Männer, 41 bzw. 59 % mit PR3- bzw.- MPO-ANCA) mit neu diagnostizierter oder rezidivierender AAV mit einer diffusen alveolären Hämorrhagie (27 %) und/oder Glomerulonephritis, definiert als eGFR <50 ml/min./1,73 m2 (98 %). Die Patienten wurden randomisiert auf keinen oder einen Plasmaaustausch (7x binnen 14 Tagen) und auf eine orale GK-Standard- oder reduzierte GK-Dosis (<60 % des Standardregimes in Monat 6). Alle Patienten erhielten zur Remissionsinduktion Cyclophosphamid (85 %) oder Rituximab (15 %). Das Follow-up für den primären Endpunkt Tod und terminale Niereninsuffizienz betrug 7 Jahre (median 2,9 Jahre).
kein Plasmaaustausch Plasmaaustausch Primärer Endpunkt: Plasmaaustausch 28 % vs. Kontrolle 31 %; Hazard ratio 0,86; p=0,27
80
60 41 %
40
36 % 20
0
0
365
730
1.095 Zeit (Tage)
1.460
1.825
2.190
Abb.: PEXIVAS-Studie: Im primären Endpunkt kein langfristiger Vorteil einer zusätzlichen Plasmapherese (1)
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
RHEUMA UPDATE 2020 – Wiesbaden
RHEUMA UPDATE 2020
Highlights aus der Rheumatologie In diesem Jahr nahm trotz erschwerter Bedingungen wieder ungefähr 700 Ärzte aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Südtirol und den Niederlanden am inzwischen 15. Rheumatologie-Update-Seminar vom 13.-14. März 2020 in Wiesbaden teil – seltener physisch, häufiger COVID-19-bedingt indirekt via Livestream. Den Schwerpunkt der Veranstaltung, diesmal unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Wiesbaden, Prof. Dr. Bernhard Manger, Erlangen, und Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, bildeten relevante Publikationen des Jahres 2019 aus vielen rheumatologischen Indikationen. Mit „Rheuma und Lunge“ sowie „Schmerz“ wurden den Teilnehmern wieder zwei „Hot Topics“ näher gebracht.
Die Veranstaltung eröffnete Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, der wieder über den großen Themenkomplex Pathogenese und Immunologie referierte. Herausgegriffen sei hier ein für Rheumatologen potenziell praxisrelevanter Aspekt: So zeigte sich bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE), dass zirkulierende Anti-N-Methyl-D-AspartatRezeptor-(NMDAR)-Antikörper (speziell deren NR2-Untereinheit) mit dem Schweregrad von Fatigue bei SLE korrelieren. Dem könnte mit einer Anti-B-Zell-Therapie begegnet werden, entsprechende langfristige Effekte durch Belimumab wären so zu erklären. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) und Versagen auf Methotrexat (MTX) könnte bei vorhandenen Erosionen die IL-6-Inhibition mit Tocilizumab gegenüber Adalimumab plus MTX wohl auch über eine Steigerung des Osteocalcin-Spiegels Vorteile bei deren „Reparatur“ bieten – so das Ergebnis der REBONE-Studie, das potenziell künftige RA-Leitlinien beeinflussen könnte.
Rheumatoide Arthritis: Was gibt es Neues? Mit Klinik, Diagnostik und Outcome der RA befasste sich Prof. Dr. Markus Gaubitz, Münster. Die frühzeitige Erfassung und Behandlung von Patienten mit ersten Symptomen, aber noch nicht bestehender definierter Arthritis, wird das Thema der Zukunft sein. Zu hoffen ist, dass die Erfassung früher immunologischer Prozesse in Mundhöhle, Lunge und Darm verbessert werden kann. Zusätzlich gilt es, weniger auffälliger Frühmanifestationen wie Tenosynovitiden zu beachten. Bei konsequenter Behandlung einer „clinically suspect arthralgia“ könnten die Erfolgsraten wohl gesteigert werden – zunächst bedarf es aber einer besseren Selektion geeigneter Therapiekandidaten. Allerdings mangelt es, so Prof. Dr. Andrea Rubbert-Roth, St. Gallen
(Schweiz), die sich der RA-Therapie widmete, an einer effektiven Behandlung der Prä-RA. So ließ sich in der PRAIRI-Studie eine RA bei ACPA/RF-Positivität ohne Arthritis durch eine einmalige Rituximab-Gabe zwar verzögern, aber nicht verhindern. Noch Zukunftsmusik ist eine „Präzisionsmedizin der RA“ jenseits von Autoantikörpern und Genmarkern mittels Synovialisbiospie: Eine große internationale Kooperation untersuchte die Möglichkeiten, durch eine Analyse des entzündeten Synovialisgewebes prognostische Aussagen bei Patienten mit früher RA treffen zu können. 144 frühe, noch therapienaive RA-Patienten erhielten eine ultraschallgeführte Synovialisbiopsie zu Beginn und 6 Monate nach Beginn einer DMARD-Therapie. Es konnten drei immunhistologische Subtypen differenziert werden: ein lympho-myeloider Typ mit dominierenden B-Zellen, ein diffus-myeloider Typ mit wenig B-Zellen, und pauci-immuner Typ, arm an Immunzellen mit führenden Stromazellen. Eine Erhöhung der Zell-assoziierten Gene für die myeloide und lymphoide Reihe korrelierte mit der Krankheitsaktivität, Akute-Phase-Proteinen und dem DMARD-Ansprechen. Patienten mit überwiegend pauci-immuner Pathologie zeigten eine geringere Krankheitsaktivität und radiologische Progression – inwieweit diese Befunde praxisrelevant werden, ist noch unklar. Generell ist laut Rubbert-Roth bei (sehr) früher RA die Evidenz für den unmittelbaren Einsatz von bDMARDs (und auch JAKInhibitoren) gering, vor allem scheint ein langfristiger Nutzen gegenüber einer sukzessiven Therapieeskalation – wie sie auch in der neuen EULAR-Leitlinie propagiert wird – fraglich. Letztere enthält kaum relevante Neuerungen, sieht man von der völligen Gleichstellung von JAK-Inhibitoren mit bDMARDs ab. Weiter werden bei erforderlicher Monotherapie IL-6- und JAK-Inhibitoren favorisiert. (1)
RHEUMA UPDATE 2020 – Wiesbaden
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
Nach erreichter Remission ist ein Absetzen von csDMARDs oder bDMARDs gemäß der TARA-Studie ungeachtet der Reihenfolge in ähnlicher Weise möglich, die Sinnhaftigkeit angesichts der hohen Schubrate von >60 % nach 24 Monaten aber fraglich. Zu präferieren – am besten aus einer persistierenden „tiefen“ Remission heraus – ist eine vorsichtige Deeskalation, in der Praxis dürfte vielen Patienten eher ein Ausschleichen von MTX vermittelbar sein. In puncto Therapie stach die Zulassung von Upadacitinib als drittem JAK-Inhibitor heraus. Im Falle von Upadacitinib hatte die SELECT-COMPARE-Studie in puncto Remission nach 26 Wochen signifikante Vorteile gegenüber Adalimumab ergeben, auch war bei inadäquatem Ansprechen ein Switch auf Adalimumab oder umgekehrt war effektiv. Eine Fortführung ohne MTX scheint ohne relevante Wirksamkeitseinbußen möglich. Für Baricitinib wurden positive Effekte auf Schmerzen unabhängig von der antientzündlichen Wirkung belegt. Im letzten Jahr wurden zudem drei erfolgreiche Phase-III-Studien (FINCH 1-3) zu Filgotinib bei MTX-naiven, auf csDMARDs- und bDMARDs versagenden RA-Patienten vorgelegt, von einer Zulassung ist nach Publikation aller drei Studien (bislang nur FINCH-2 nach bDMARD-Versagen; Abb. 1) sicher auszugehen. Bei Tofacitinib ist die PRAC-Warnung in Bezug auf schwere venöse Thromboembolien bei Risikopatienten und schwere Infektionen bei Patienten >65 Jahre (vs. TNFa-Inhibitoren) zu beachten – eine genaue Einschätzung dieser Signale fällt schwer, zumal die betreffende Studie noch nicht publiziert wurde und dem sonst positive Langzeitdaten gegenüberstehen.
Update zur pädiatrischen Rheumatologie Jenseits der neuen deutschen Leitlinie zur juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) geht es laut Prof. Dr. Gerd Horneff, Sankt Augustin, auch mit dem Update der Klassifikationskriterien für JIA voran. Probleme der vorläufigen Kriterien sind das „Wegfallen“ der Psoriasis-Arthritis sowie die aufgehobene Differenzie-
80
Filgotinib 100 mg/Tag Filgotinib 200 mg/Tag Placebo
ACR20-Ansprechen (%)
70 60
70,3
66,0 58,8
57,5
50 40 30
31,1 17,6
20 10 0
Gesamtpopulation
Subgruppe mit ≥3 bDMARDs
Abb. 1: FINCH-2-Studie: ACR20-Ansprechen in Woche 12 auf Filgotinib 100 und 200 mg/Tag versus Placebo bei Patienten mit bDMARD-Versagen (JAMA 2019; 322(4):315-325)
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Infektionen im Blickpunkt Aus aktuellem Anlass ging Prof. Dr. Christian Kneitz, Rostock, auf das Management von rheumatologischen Patienten in Zeiten von COVID-19 ein. Allgemeine Empfehlungen zur immunsuppressiven Therapie kann es nicht geben, er persönlich riet zu einer Überprüfung der Indikation und in Absprache mit den Patienten – so individuell möglich – Dosisreduktion oder Intervallverlängerung. Jedoch sollten keinesfalls bDMARDs oder tsDMARDs deeskaliert werden, falls dies zu einer Steigerung der Steroiddosis führen würde, was im Fall der Fälle die wohl riskanteste Variante wäre. Aus der Vielzahl neuer Publikationen rund um das Thema Infektionen sei auf die aktuellen EULAR-Empfehlungen zum Impfen von Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen verwiesen. (2) Die Empfehlungen zur Verwendung von Lebendimpfstoffen gegen MMR und die Zoster-Lebendvakzine wurden leicht modifiziert. Die Gelbfieberimpfung sollte nach wie vor vermieden werden. Eine strenge Indikationsstellung unter Beachtung der Zulassung der einzelnen Impfstoffe ist unbedingt zu beachten.
rung zwischen poly- und oligoartikulärem Befall, worauf derzeit alle Zulassungen basieren. Neu sind die trotz zuvor fehlender Evidenz aus Studien erarbeiteten Treat-to-target (T2T)-Empfehlungen für die Behandlung der JIA. Dass sich die JIA erfolgreich mit dem T2T-Konzept behandeln lässt, zeigte die Best-forkids-Studie, in der eine sequentielle csDMARD-Monotherapie (Sulfasalazin oder MTX), Kombination aus MTX und 6 Wochen Prednisolon oder MTX plus Etanercept im Hinblick auf das Erreichen einer inaktiven JIA verglichen wurden. Ungeachtet der Ersttherapie erreichten nach 24 Monaten 71 % dieses Ziel (in 39 % der Fälle medikamentenfrei). Auch benötigten etwa gleich viele Patienten bDMARDs in den drei Armen. Bei systemischer JIA könnte basierend auf Phase-II-Daten zum Sill-Syndrom des Erwachsenen (AOSD) der IL-18-Antagonist Tadekinig alfa eine Alternative zu IL-1- und IL-6-Inhibitoren bieten, ebenso wie der Anti-Interferon-γ-Antikörper Emapalumab wäre dieser auch beim Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) eine Therapieoption. Bei der juvenilen Dermatomyositis gibt es erste positive Daten für JAK-Inhibitoren, beim Colchicin-resistenten familiären Mittelmeerfieber (FMF), HIDS und TRAPS wurde der IL-1-Inhibitor Canakinumab auf Basis der Phase-III-Studie CLUSTER zugelassen.
Metabolische Arthritiden: Gicht im Fokus Nur wenig Neues gibt es zur Gicht, erläuterte Prof. Dr. Bernhard Manger, Erlangen. Dies gilt auch für die Neuauflage der EULAR-Empfehlungen zur stadienadaptierten Diagnose bei →
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Gicht. (3) Die wohl entscheidende Weiterentwicklung besteht in der Verfügbarkeit von Sonografie und DECT, die auch bei asymptomatischen Patienten vor dem ersten Gichtanfall oder in den beschwerdefreien Intervallen zwischen den Anfällen einen Nachweis von Uratablagerungen ermöglichen. In Sachen Therapie wird weiterhin die CARES-Studie kontrovers diskutiert, in der Febuxostat in puncto kardiovaskulärer Ereignisse Allopurinol nicht unterlegen, aber mit einer erhöhten kardiovaskulären und Gesamtsterblichkeit assoziiert war. Nachdem 85 % aller kardiovaskulärer Ereignisse erst nach Absetzen der Medikation auftraten, sind auch negative Reboundeffekte nicht auszuschließen – wie relevant das Signal wirklich ist, bleibt weiter fraglich. Beim akuten Gichtanfall wird – vor allem stationär – mitunter auch off-label der IL-1-Inhibitor Anakinra eingesetzt. In einer randomisierten, kontrollierten Studie über 5 Tage erwies sich Anakinra (100 mg s.c.) einer oralen Standardtherapie (3x 0,5 mg/Tag Colchicin oder 2x 500 mg/Tag Naproxen oder 1x 35 mg Prednison) als gleichwertig. Eine Zulassung bei akuter Gicht für Patienten mit multiplen Komorbiditäten wäre sicher wünschenswert.
Axiale SpA: Neue Leitlinie und Phase-III-Studien Laut PD Dr. Uta Kiltz, Herne, unterstützen aktuelle Daten die Hypothese, dass die HLA-Allele durch die Interaktion mit dem Darmmikrobiom das Risiko für ankylosierende Spondylitis (AS) zu erhöhen. Gleichzeitig scheint eine Anti-TNF-Therapie eine Veränderung des Mikrobioms in Richtung einer Signatur wie bei Gesunden zu beeinflussen, was die Schlüsselrolle des Darmmikrobioms in der Pathogenese der axialen Spondyloarthritis (axSpA) untermauert. Diagnostisch wird klar, dass die Spezifität der MRT-SIG-Untersuchung geringer ist als initial gedacht. Ob künftig die Kombination einer semi-axialen mit semikoronalen Schnittebene zur Erhöhung einer verbesserten Detektion unspezifischer Knochenmarködeme Eingang in die klinische Routine finden wird, bleibt ebenso abzuwarten
Patienten mit ASAS40-Ansprechen (%)
80
Placebo (n=105) Ixekizumab Q4W (n=96) Ixekizumab Q2W (102)
70 60 50 40
40
31
35
30 20
30
19 13
10 0
012 4
8
12
16 20
24 28
32
36
44
52
Zeit (Wochen)
Abb. 2: COAST-X-Studie: ASAS40-Ansprechen bis Woche 52 auf s.c. Ixekizumab 80 mg Q4W oder Q2W versus Placebo bei Patienten mit nr-axSpA (Lancet 2020; 395(10217): 53-64)
wie die Anwendung der VIBE-MRT-Sequenz zur Detektion erosiver Veränderungen. In puncto Biomarker bleiben weiterhin Fragezeichen hinter der Wertigkeit von Calprotectin und Anti-CD74-Antikörpern bei axSpA. Klinisch sollte verstärkt an Komorbiditäten gedacht werden: Neben Fibromyalgie (sehr hohe BASDAI-Werte sind ein Warnzeichen) muss auch nach Depressionen gefahndet werden, zumal sich auch diese sehr negativ auf das Therapieansprechen auswirken. Hinsichtlich des Managements der axSpA sei kurz an die S3Leitlinie der DGRh erinnert, die einen guten Überblick über den Ist-Stand bei axialer SpA gibt. (4) Im Hinblick auf die Therapie verdichten sich die Hinweise, dass hochintensives Training die Krankheitsaktivität nicht erhöht, sondern sogar zu senken vermag. Die Durchführung von Trainingseinheiten mit standardisiertem und hohem Level an Intensität und Dauer zeigt eindrücklich, dass körperliche Bewegung wirksam ist in Bezug auf eine Senkung der Krankheitsaktivität und Verbesserung der Funktionsfähigkeit. In Sachen medikamentöser Therapie wird bei AS nach der erfolgreichen Etablierung von Secukinumab mit Ixekizumab ein zweiter IL-17A-Inhibitor die Zulassung erhalten. In zwei Phase-III-Studien (COAST-V und –W) bei TNFnaiven bzw. vorbehandelten Patienten wurden bei jeweils guter Verträglichkeit hohe Ansprechraten erzielt. In COAST-V (TNF-naives Kollektiv) hatten beide Ixekizumab-Dosierungen im ASAS40-Ansprechen (48-52 % in Woche 16). Zusätzlich ist auf Basis der Anfang 2020 publizierten COAST-X-Studie (Abb. 2) auch mit einer Zulassung bei Patienten mit nicht-röntgenologischer (nr)-axSpA zu rechnen. Quasi parallel wurden auf dem ACR 2019 zur nr-axSpA ebenfalls positive Ergebnisse der Phase-III-Studie PREVENT zu Secukinumab präsentiert (Abb. 3), sodass die IL-17A-Hemmer auch hier mit den AntiTNF-Therapien gleich ziehen. Den Stellenwert dieses Therapieprinzips unterstreichend, wird derzeit der duale IL-17A/F-Inhibitor Bimekizumab in Phase-III bei AS geprüft. Keine Zukunft in dieser Indikation haben hingegen IL-12/23- (Ustekinumab) oder reine IL-23-Inhibitoren (Risankizumab, Guselkumab), de-
50 Patienten mit ASAS40-Ansprechen (%)
66
Secukinumab 150 mg s.c. mit Aufsättigung (n=185) Secukinumab 150 mg s.c. ohne Aufsättigung (n=184) 40,8 Placebo (n=186) ‡ § ‡ † 40,0 §
40
§
30
§
‡
28,0
20 p<0,001 p<0,01 p<0,05 vs. Placebo
†
§
10
0
‡
0
2
4
6
8
10
12
14
16
Wochen
Abb. 3: PREVENT-Studie: ASAS40-Ansprechen bis Woche 16 auf s.c. Secukinumab 150 mg mit und ohne Aufsättigung versus Placebo bei Patienten mit nr-axSpA (ACR 2019; Abstr. L21)
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ren Domäne klar die Plaque-Psoriasis und Psoriasis-Arthritis ist. Inzwischen wird auch die JAK-Hemmung bei weiterverfolgt (Tofacitinib, Filgotinib), mit Upadacitinib lieferte zuletzt ein weiterer Vertreter dieser Substanzklasse auf dem ACR-Kongress 2019 vielversprechende Phase-II-Daten.
PsA: Update zu Diagnostik und Therapien Ähnlich wie bei der axSpA verläuft auch bei der Psoriasis-Arthritis (PsA), über die PD Dr. Axel Hueber, Bamberg, referierte, die Such nach für die Differenzialdiagnose hilfreichen Biomarkern schleppend bis frustrierend. Zur Erfassung enthesialer Schmerzen reicht die klinische Untersuchung nicht aus, so waren diese bei Fibroymalgie stärker als bei PsA, während im Ultraschall bei PsA viel häufiger eine Enthesitis gesichert werden konnte. Ein womöglich wichtiger Punkt: Nach den Ergebnissen der IVEPSA-Studie scheinen Biologika-Therapien (in diesem Fall Secukinumab) Arthralgien bei Psoriasis-Patienten, also den Übergang zur PsA aufzuhalten, darauf lassen auch einige erste Registerdaten schließen. Hilfreich zur Frühdetektion einer subklinischen Synovitis und Enthesitis bei Psoriatikern könnte das auf 5 Fragen bestehende Psoriasis-Epidemiologie-ScreeningTool (PEST) sein. Somit direkt zur PsA-Therapie: Eine neue ACR-Leitlinie zum PsA-Management beschreibt zwar jedes vorstellbare Szenario, dies aber bei niedriger bis sehr niedriger Evidenz. Etwas weniger komplex und sinnvoller erscheint hier die aktualisierte, aber noch nicht publizierte EULAR-Leitlinie, die weiterhin stufenförmig (analog zur RA) aufgebaut ist und im ersten Schritt csDMARDs (in der Regel MTX) vorsieht. Neu ist die klare Differenzierung zwischen oligo- und polyartikulärer PsA, IL-17A-Inhibitoren werden Anti-TNF-Therapien gleichgestellt und bei relevanter Hautbeteiligung präferiert. Wichtiger dürften die GRAPPA-Empfehlungen als organspezifischer „Leitfaden“ bleiben, die ein alltagsrelevantes Vorgehen widergeben, aber angesichts der neu verfügbaren Therapien dringend aktualisiert werden müssen.
100
Aufschlussreich ist die Phase-III-Studie SEAM-PsA, in der bei 851 Biologika- und MTX-naiven Patienten 1:1:1 eine MTX- bzw. Etanercept-Monotherapie mit der Etanercept/MTX-Kombination verglichen wurde. Nach 24 Wochen war Etanercept MTX in puncto ACR20 (60,9 vs. 50,7 %) und minimaler Krankheitsaktivität (MDA: 35,9 vs. 22,2 %) signifikant überlegen, ebenso galt dies für die Kombination (ACR20: 65,0 %, MDA 35,7 %), die aber gegenüber Etanercept alleine keinen deutlichen Nutzen zeigte. Eine Anti-TNF-Monotherapie scheint daher vertretbar. In Sachen JAK-Inhibition muss man sich noch gedulden, bis Phase-III-Daten zu Filgotinib vorliegen, während ersten Meldungen zufolge gleich zwei Phase-III-Studien zu Upadacitinib ihre primären und sekundären Endpunkte erreichten. In Bezug auf die IL-17A-Inhibition stellt sich nach der FUTURE4-Studie die Frage, ob eine Aufsättigung von Secukinumab in den ersten 5 Wochen wirklich Sinn macht. Die noch unpublizierte MAXIMISE-Studie deutet gute Effekte von Secukinumab bei „axialerPsA“ an (Abb. 4). In der Head-to-head-Studie EXCEED versus Adalimumab wurde der primäre Endpunkt (ACR20 in Woche 52) knapp verfehlt, im Wesentlichen zeigte sich aber ein vergleichbares Ergebnis zur SPIRIT-H2H-Studie (Abb. 5), in der sich Ixekizumab im primären Endpunkt (ACR50 + PASI100 in Woche 24) Adalimumab signifikant überlegen zeigte (in EXCEED hätte aber auch Secukinumab diesen Endpunkt erreicht). Fazit: IL-17A-Inhibitoren sind klar besser beim Haut- und mindestens so gut beim Gelenkansprechen. Auf künftige Phase-III-Daten zu Bimekizumab kann man gespannt sein. In die PsA-Therapie wird mit Guselkumab auch bald ein reiner IL-23-Inhibitor Einzug halten, auf dem ACR präsentiert und kürzlich publiziert wurden zwei erfolgreiche PhaseIII-Studien (DISCOVER-1 und -2), die ein mit IL-17-Hemmern vergleichbares Wirkprofil nahelegen. Von einer Zulassung kann man angesichts zugleich guter Verträglichkeitsdaten mit großer Sicherheit ausgehen. Mit Tildrakizumab ist bei der PsA nach guten Phase-II-Daten überdies gleich ein weiterer IL23-Hemmer auf dem Sprung. → p<0,01
Secukinumab 300 mg s.c. (n=164) Secukinumab 150 mg s.c. (n=157) Placebo (n=164)
60
80 66,3 60
63,1
40 31,3
20
40 30
60
Ixekizumab (n=283) Adalimumab (n=283) 51
50
Patienten (%)
ASAS20-Ansprechen (%)
67
47
47
p<0,05 36 28
20 10
0
4
8
12
Zeit (Wochen)
Abb. 4: MAXIMISE-Studie: ASAS20-Ansprechen bis Woche 12 auf Secukinumab 300 und 150 mg versus Placebo bei Patienten mit axialer PsA (EULAR 2019; OP0235)
0
ACR50 + PASI100
ACR50
PASI100
Abb. 5: SPIRIT-H2H-Studie: Primärer (ACR50 und PASI 100) und sekundäre Endpunkte in Woche 24 unter Ixekizumab versus Adalimumab (Ann Rheum Dis 2020; 79(1): 123-131)
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Neuigkeiten zur Osteoporose Osteologische Aspekte erörterte Prof. Dr. Uwe Lange, Bad Nauheim. Am häufigsten zur Risikoreduktion von Frakturen bei Osteoporose werden in der rheumatologischen Praxis Bisphosphonate eingesetzt, aufgrund der besseren Persistenz hat dabei die parenterale gegenüber der oralen Gabe Vorteile. Da nach dem Absetzen von Denosumab eine teils rasche Zunahme des Knochenabbaus und Frakturrisikos belegt ist, sollte im Anschluss auf ein Bisphosphonat umgestellt werden. Inzwischen ist Teriparatid (für bis zu 24 Monate) auch bei Glukokortikoid-induzierter Osteoporose (GIOP) einsetzbar, prinzipiell würde eine anabole Therapie bei hohem Frakturrisiko öfter Sinn machen, die größte Hürde stellten die höheren Kosten dar. Mit dem Sclerostin-Inhibitor Romosozumab ist jetzt eine weitere Alternative bei hohem Frakturrisiko (nicht explizit bei GIOP) verfügbar, die Datenlage zur Frakturreduktion ist hervorragend. Zu beachten sind frühere kardiovaskuläre Ereignisse als Kontraindikation, Arthralgien sind mit ca. 10 % eine nicht seltene Nebenwirkung.
SLE & APS: Neue Empfehlungen und Studien Highlights zum SLE gab es reichlich, so die neuen EULAR/ ACR-Klassifikationskriterien, die laut Prof. Dr. Christof Specker, Essen, bei richtiger Anwendung Vorteile gegenüber den bisherigen ACR- und SLICC-Kriterien haben. Vorteile sind die Wichtung und die bessere Integration der immunologischen Parameter, wodurch auch frühe Fälle besser erfasst werden sollen. Nachteile sind eine höhere Komplexität, die Beachtung der Voraussetzungen und der sehr niedrige Grenztiter für den ANA-Nachweis als Eingangskriterium. Die hohe Wichtung der Arthritis (6 Punkte) ermahnt besonders zur Beachtung der Voraussetzung, dass diese nicht durch andere Ursachen bedingt sein darf. (5) Das lang erwartete Update der EULAR zum SLE-Management bietet jetzt aktuelle, evidenzbasierte Empfehlungen für SLE-Patienten inklusive einer stadienadaptierten medikamentösen Behandlung des nicht-renalen SLE. Neu aufgenommen wurde Belimumab, das bei unzureichendem Ansprechen auf eine Standardtherapie mit Hydroxychloroquin (HCQ) und Steroiden empfohlen wird, ein Versagen auf andere Immunsuppressiva wird nicht gefordert. In Bezug auf Lupusnephritis (LN) wird die gegenüber Cyclophosphamid zunehmende Bedeutung von MMF betont. (6) En Detail lesenswert sind auch die EULAR-Empfehlungen zum Antiphospholipidsyndrom (APS). (7) An dieser Stelle sei nur auf einen wesentlichen Punkt hingewiesen: Von direkten oralen Antikoagulanzien zumindest beim Hoch-Risiko-APS ist aufgrund einer darunter hohen APS-Komplikationsrate (vor allem für arterielle Ereignisse) auf jeden Fall abzuraten.
Im Gegensatz zu den vorherigen Jahren, die durch viele in Phase-III-Studien gescheiterte Substanzen zur SLE-Therapie geprägt waren, gab es 2019 einige vielversprechende Studien zu zielgerichteten Medikationen. Insbesondere ist voraussichtlich mit der Zulassung des Interferon-Rezeptor-Antikörpers Anifrolumab zu rechnen, der in der Phase-III-Studie TULIP-1 (primärer Endpunkt SRI-4-Response) nicht, in TULIP-2 (primärer Endpunkt BICLA-Ansprechen, Abb. 6) aber sehr wohl Placebo in nahezu allen Endpunkten überlegen war, so bei der Krankheitsaktivität, Hautbeteiligung und Steroidedarf. Es gab keine neuen Sicherheitssignale, das erhöhte Herpes zoster-Risiko wurde in beiden Studien bestätigt. Die TULIP-2-Studie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Zulassung von Anifrolumab führen. Jedoch muss man sich fragen, wie die eklatanten Unterschiede im Ergebnis der fast identischen Studien zu erklären sind. Eines nachträglichen Wechsels des primären Endpunktes hätte es nicht bedurft, der SRI-4 wurde in TULIP-2 auch erreicht und wenn man die beiden Studien hinsichtlich der Differenz zwischen Placebo- und SRI-4-Antwort vergleicht, kommt man zu einem kaum erklärbaren Unterschied von über 22 (!) Prozentpunkten (-4,2 vs. +18,2 %). Ein weiterer Kandidat bei SLE ist trotz formal gescheiterter Phase-II-Studie das PEGylierte Anti-CD40L-Fab-Fragment Dapirolizumab, das jetzt in Phase-III geprüft werden soll. Überaus erfolgreich in Phase-II war hingegen eine Anti-APRIL-Therapie mit dem Atacicept ähnlichen Fusionsprotein Telitacicept, ob sich Phase-III-Studien anschließen, bleibt noch fraglich. In puncto LN könnte der Calcineurin-Inhibitor Voclosporin zusätzlich zu MMF positive Effekte aufweisen, hier sind die Daten der bereits abgeschlossenen Phase-III-Studie AURORA abzuwarten. Eine Phase-III-Studie ist – ebenfalls nach vielversprechenden Phase-II-Daten vom ACR 2019 – auch für den Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab, der als „Rituximab der 2. Generation“ gilt, in Planung. Dank der noch unpublizierten Daten der Phase-III-Studie BLISS-LN dürfte es eine Zulassung für Belimumab als Zusatztherapie für die Remissionserhaltung der Anifrolumab 300mg (n=180) Placebo (n=182)
60 p=0,001 50
Patienten (%)
68
47,8
p=0,014 51,5
p=0,039 49,0
40 30
31,5
30,2 25,0
20 10 0
BICLAAnsprechen
Steroidreduktion
CLASIAnsprechen >50 %
Abb. 6: TULIP-2-Studie: Primärer (BICLA-Ansprechen) und sekundäre Endpunkte in Woche 52 unter Anifrolumab versus Placebo (N Engl J Med 2020; 382(3): 211-221)
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LN geben. Offen bleibt aber noch, ob dies nur für die getestete i.v.-, oder auch die s.c.-Therapie gelten wird.
DLco, HRCT). Die Daten sind eindrucksvoll und sollten jetzt durch kontrollierte Studien untermauert werden.
Update zu Sjögren, Myositis und systemischer Sklerose
Bei der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) im Rahmen der systemischen Sklerose (SSc) wird die Studienlage für eine frühe sequentielle Kombinationstherapie immer besser, eine solche sollte bei SSc-PAH häufiger zum Einsatz kommen. Bei therapierefraktärer SSc-DU, könnte nach dem Versagen aller medikamentösen Optionen die hyperbare O2-Therapie noch eine wirksame Alternative sein. Eine kontrollierte, randomisierte Studie zeigt zudem einen sehr guten Effekt der autologen Fettstammzellgabe bei therapierefraktären ischämischen DU.
In der Diagnostik des primären Sjögren-Syndrom (pSS) ist nach Einschätzung von Prof. Dr. Gabriela Riemekasten, Lübeck, der Speicheldrüsenultraschall eine Bereicherung und kann z. B. die Messung der Speichelflussrate ersetzen. In puncto Therapie war das Highlight sicher die Veröffentlichung der neuen EULAR-Empfehlungen zum pSS-Management. (8) Die Expertengruppe gibt sehr gute und praktisch relevante Empfehlungen zur Therapie der verschiedenen Symptome, die recht gut den gegenwärtigen State-of-the-Art abbilden – eine genauere Lektüre ist wünschenswert. Große Durchbrüche bei systemischen Therapien gab es nicht. Einer erfolgreichen kleineren Studie zu i.v. Abatacept stehen enttäuschende, oder nur partiell positive Ergebnisse einer größeren Studie entgegen, die erst kürzlich publiziert wurden. Inwieweit der in Phase-II durchaus beachtliche Resultate liefernde Anti-CD40-Antikörper Iscalimab tatsächlich einen Fortschritt bringen wird, ist derzeit noch fraglich. Zur Therapie der Myositiden stellen die multidisziplinären Empfehlungen einer japanischen Expertengruppe den State-of-theArt dar und sind sicher eine Hilfestellung. (9) Bei Patienten mit Dysphagie, die nicht ausreichend auf Steroide ansprechen, werden IVIG empfohlen. Bei einem erneuten Schub der Myositis werden neben Steroiden und Immunsuppressiva auch Biologika wie Rituximab, Abatacept, Tocilizumab, TNFa-Blocker oder eine Plasmapherese empfohlen. Tofacitinib hat noch nicht Einzug in diese Empfehlungen gehalten, erscheint aber vielversprechend. In einer monozentrischen Studie zu 18 Patienten mit amyopathischer Dermatomyositis mit interstitieller Lungenerkrankung (ILD) steigerte der JAK-Inhibitor gegenüber einer historischen Kontrolle nach 6 Monaten signifikant das Überleben (100 vs. 78 %, Abb. 7) und die Lungenfunktion (FVC,
100
0
p=0,04
80 Historische Kontrollen n=32
70
60
FVC-Reduktion (ml/Jahr)
Überleben (%)
Zum Schluss noch gute Nachrichten zur SSc-ILD: In der SENSCIS-Studie reduzierte der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib bei 576 Patienten mit ≥10%iger ILD nach 52 Wochen signifikant den Verlust der Lungenfunktion (FVC) gegenüber Placebo (Abb. 8). Jene Hälfte der Patienten, die auch MMF erhielten, hatten den geringsten Verlust an Lungenvolumen, 66 ml/Jahr ohne und 40,2 ml mit Nintedanib. Der Nettogewinn durch MMF betrug 52,8 ml und war somit höher als der von Nintedanib im Vergleich zu Placebo. Die sekundären Endpunkte (HAQ-DI, Dyspnoe, mRSS) wurden nicht verbessert. Von einer Zulassung bei SSc-ILD ist auszugehen, die Kombination von Nintedanib mit MMF wäre auf jeden Fall zu präferieren. →
Tofacitinib n=18
90
0
Auch bei „milder“ SSc-ILD sollte zur Verminderung der Progression großzügig die Indikation für Immunsuppressiva wie Cyclophosphamid (CYC) und MMF gestellt werden. Positive Effekte bei SSc-ILD sind auch durch Rituximab zu erwarten. Leider in einer Phase-III-Studie gescheitert ist Tocilizumab (am primären Endpunkt der Verbesserung der Hautsklerose im mRSS), obwohl sich die Lungenfunktion stabilisierte und hier (wie bereits in Phase-II) ein signifikanter Vorteil gegenüber Placebo gegeben war. Auch bei Abatacept steht eine Wirksamkeit zu vermuten, jedoch wurde dieser Nachweis in Phase-II (wieder aufgrund des Hautscores) leider verpasst.
Nintedanib
Placebo
-20
-40
-60
-52,4
-80
1
2
3
4
5
6
-100
Differenz 41,0 ml/Jahr (95% KI: 2,9-79,0) p=0,04
-93,3
Zeit (Monate)
Abb. 7: Tofacitinib reduziert die Mortalität bei Patienten mit refraktärer, amyopathischer Dermatomyositis (DM)-assoziierter ILD (N Engl J Med 2019; 381(3): 291-293)
Abb. 8: SENSCIS-Studie: Signifikant geringerer jahrlicher FVCVerlust unter Nintedanib versus Placebo (N Engl J Med 2019; 380(26): 2518-2528)
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Neue Leitlinie und Studien zu Vaskulitiden Die aktualisierten EULAR-Empfehlungen 2019 spiegeln, so Prof. Dr. Bernhard Hellmich, Kirchheim/Teck, gut den aktuellen Wissensstand zu den Großgefäßvaskulitiden (LVV) wider und sind in manchen Aspekten differenzierter als die alten Empfehlungen aus 2009. So werden zu manchen Aspekten getrennte Empfehlungen für Riesenzellarteriitis (RZA) und TakayasuArteriitis (TAK) abgegeben, wo dies aufgrund der verfügbaren Evidenz möglich war. Die Empfehlungen zur schnellen Diagnosesicherung, Bildgebung, Steroideinsparung und zum Einsatz von ASS wurden neu eingeführt oder grundlegend revidiert. Die Evidenz ist aber für viele Empfehlungen insbesondere zur TAK noch schwach, Empfehlungen mit schwachem Evidenzgrad wurden aber mit hohem Konsens der Experten verabschiedet. In der klinischen Praxis dürften die EULAR-Empfehlungen als hilfreicher Leitfaden für das Management von LVV dienen. (10) Noch im Jahr 2020 ist auch mit einer deutschen S2k-Leitlinie zu rechnen. Ein wichtiger Punkt für den Praxisalltag: Nach 1 Jahr Tocilizumab kommt es nach Beendigung der Therapie in 40 % der Fälle zu einem Rezidiv der RZA. Es spricht daher vieles dafür, Patienten, die in Remission sind und Steroide ausgeschlichen haben, eine Fortsetzung von Tocilizumab anzubieten. Für wie lange und ob in der Erhaltung geringere Dosierungen ausreichen, ist noch unklar. Die vielleicht wichtigste Studie zur ANCA-assoziierten Vaskulitis (AAV) im Jahr 2019 zeigte in einer großen Kohorte, dass es sich bei der EGPA um zwei genetisch und klinisch differente
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Syndrome handelt. Die Unterscheidung beider Subtypen ist prognostisch (höhere Mortalität bei ANCA-negativer Form aufgrund häufigerer kardialer Beteiligung) und therapeutisch relevant (Patienten mit MPO-ANCA-assoziierter EGPA sprechen besser auf Rituximab an, während ANCA-negative Patienten mit ausgeprägter Eosinophilie eher Kandidaten für den in der EU noch nicht zugelassenen IL-5-Antagonisten Mepolizumab sind). Bei GPA und MPA war die Remissionsinduktion mit MMF und CYC in der MYCYC-Studie ähnlich effektiv, auch aufgrund der fehlenden Zulassung für die AAV dürfte MMF am ehesten in der Zweitlinie für MPA-Patienten ohne schwerste Nierenbeteiligung in Frage kommen, bei denen CYC oder Rituximab kontraindiziert ist. Kurz erwähnt sei noch die jetzt vollpublizierte PEXIVAS-Studie, die für die Mehrzahl der untersuchten AAVPatienten keinen Nutzen des Plasmaaustauschs, aber die Möglichkeit einer Steroideinsparung ohne Wirksamkeitseinbußen aufzeigte. Mit Spannung erwartet werden nunmehr die vollen Ergebnisse der ADVOCATE-Studie zu dem C5a-Rezeptor-Inhibitor Avacopan, die einen Paradigmenwechsel in der Remissionsinduktion weg von hohen Steroiddosen bedeuten könnten. Zu guter Letzt zum Behçet-Syndrom: In der Phase-III-Studie RELIEF reduzierte der PDE4-Inhibitor Apremilast orale Ulzera fast doppelt so effektiv wie Placebo. Im Falle einer Zulassung könnte für Patienten mit Behçet-Syndrom somit eine neue Therapie bei refraktären oralen Ulzera verfügbar werden. m Quelle: 15. Rheumatologie-Update-Seminar, Wiesbaden, 13./14. März 2020
Literatur: 1 Smolen JS et al., Ann Rheum Dis 2020; doi:10.1136/annrheumdis-2019-216655 | 2 Furer V et al., Ann Rheum Dis 2020; 79(1): 39-52 | 3 Richette P et al., Ann Rheum Dis 2020; 79(1): 31-38 | 4 Kiltz U et al., Z Rheumatol 2019; 78(Suppl 1): 3-64 | 5 Aringer M et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(9): 1151-1159 | 6 Fanouriakis A et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(6): 736-745 | 7 Tektonidou MG et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(10): 1296-1304 | 8 Ramos-Casals M et al., Ann Rheum Dis 2020; 79(1): 3-18 | 9 Kohsaka H et al., Mod Rheumatol 2019; 29(1): 1-19 | 10 Hellmich Bet al., Ann Rheum Dis 2020; 79(1): 19-30
Hot topic: Schmerz Chronische Schmerzen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen erörterte in einem zweiten Hot topic-Vortrag auf dem Rheuma Update Prof. Dr. Christoph Baerwald, Leipzig. Neu ist, dass bei Cox- bzw. Gonarthrose das oft empfohlene Paracetamol nach einem Cochrane-Review nicht mehr als primäre Schmerztherapie eingesetzt werden sollte: die Schmerzreduktion betrug vs. Placebo robust nur 3 Punkte auf einer VAS 100. Noch keine Alternative bei Arthroseschmerzen sind die NGF-Antikörper Tanezumab und Fasinumab. Sie zeigen zwar einen guten Effekt auf Schmerzen und körperliche Funktion, können jedoch selten eine rapid-progressive Arthrose fördern. Dass Tramadol, das eine Studie mit einer erhöhten Mortalität in Verbindung brachte, wirklich problematisch ist, bleibt derzeit fraglich. Potenzielle künftige Alternativen zu herkömmlichen Opioiden sind der μ-Opioid-Rezeptor-Agonist Oxycodegol, „biased“ Opioid-Liganden wie Oliceridin oder Cebranopadol, dessen Wirkung jenseits der klassischen Opioid-Rezeptoren μ, κ und δ über den Nociceptin-Opioid-Peptid (NOP)-Rezeptor vermittelt wird. In allen Fällen können in unterschiedlicher Stärke die gleichen Nebenwirkungen wie bei Opioiden auftreten. Bis auf Weiteres keine relevante Rolle in der Rheumatologie spielen Cannabinoide – es fehlt weiter an Evidenz.
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Hot topic: Rheuma und Lunge Erkrankungen der unteren Atemwege und Lunge zählen zu den häufigsten und schwersten Organmanifestationen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die größte Bedeutung haben dabei obstruktive Atemwegerkrankungen und interstitielle Lungenerkrankungen (ILD). Besonders betroffen sind Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), systemischer Sklerose (SSc), Sjögren-Syndrom (SS), Myositiden (IIM) und ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV). Einen aktuellen Überblick zu Diagnostik und Therapie bot auf dem Rheuma Update Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin.
Spiegel waren prädiktiv für eine ILD-Progression gemäß der Vital- und Diffusionskapazität (FVC, DLco). Sowohl KL-6 als auch CCL-18 sind damit bei ILD potenzielle Serummarker für die Entwicklung und das Fortschreiten fibrosierender ILDs.
Prof. Dr. med. Andreas Krause Die spezifische Anamnese und Lungenauskultation sind wichtige, sensitive Methoden zur Detektion von Lungenmanifestationen. Vor allem die Lungenfunktionsprüfung (LuFu), DLcoBestimmung und der 6-Minuten-Gehtest sind die wichtigsten Funktionstests zur Erfassung und Verlaufsbeurteilung von ILDs, erläuterte Krause. Bildgebend ist die HRCT der Goldstandard in der Diagnostik von Atemwegs- und Lungenmanifestationen bei rheumatischen Erkrankungen und sollte daher entweder bei klinischen Hinweisen oder besser schon bei der Diagnosestellung (z. B. SSc) und auch im weiteren Verlauf durchgeführt werden. Die beiden häufigsten HRCT-Muster sind bei der RA die UIP (Usual Interstitial Pneumonia) mit „honeycombing“ (Honigwabenmuster), wobei letzterer Befund eine Progression der ILD und erhöhte Mortalität unabhängig von der Grunderkrankung anzeigt, sowie, so Krause weiter, bei der SSc die NSIP (Non-Specific Interstitial Pneumonia) mit Traktionsbronchiektasen. Auch die Lungensonografie könnte künftig zur ILDDiagnostik beitragen, noch fehlen hierzu aber standardisierte Untersuchungsprotokolle und weitere Studien zur Sensitivität und Spezifität.
Diagnostik und Verlauf von ILDs Krebs von der Lungen (KL)-6 und CC-Chemokin Ligand (CCL)-18 sind vielversprechende Biomarker zur Detektion und zur Verlaufsbeurteilung von ILD. In einer neuen Analyse der SLS-II-Studie bei SSc korrelierten KL-6 und CCL-18 mit der Schwere bzw. dem Ausmaß der Fibrose im HRCT und hohe
Die sog. MUC5B-Promotervariante ist wiederum ein starker genetischer Risikofaktor für die Entwicklung einer idiopathischen Lungenfibrose (IPF), einer RA-ILD (mit einer Odds ratio von 5,5) und womöglich auch für eine AAV-ILD. Eventuell vermittelt diese auch die Entwicklung einer ILD vom UIP-Muster unabhängig von der bestehenden Grunderkrankung. Eine Lungenbiopsie ist laut Krause zur Abklärung einer ILD nur selten erforderlich. Die Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage hingegen ist wichtig für die differenzialdiagnostische Abklärung anderer ILD-Ursachen sowie in der Detektion von Lungeninfektionen und -blutungen. Zur Abklärung einer ILD gehört eine umfassende Autoantikörperdiagnostik, auch ohne klinische Hinweise auf eine zugrundeliegende rheumatische Erkrankung. Neben ANA, RF und ACPA sollte auch nach ANCA(v. a. MPO-Antikörper) und Myositis-Antikörpern gesucht werden, so Krause. CTD-ILDs können je nach Grunderkrankung einen unterschiedlichen Verlauf nehmen, sind klinisch und subklinisch unterschiedlich häufig und weisen differierende HRCT-Muster auf (Abb. 1). UIP-Muster im HRCT und zunehmende Einschränkungen in der Lungenfunktion sprechen für eine schlechte Pro- → Grunderkrankung
Geschätzte ILD-Prävalenz
ILD-Muster
Häufigkeit okkulter ILD
Myositiden
40%
NSIP mit OP, NSIP, OP, UIP
häufig
Rheumatoide Athritis
10% klinisch, 30% subklinisch
UIP, NSIP, OP
weniger häufig
SjögrenSyndrom
40%
NSIP, UIP, LIP
weniger häufig
Systemische Sklerose
30-40% klinisch, 80% subklinisch
NSIP, UIP
weniger häufig
Systemischer Lupus erythematodes
8-12%
DAH, NSIP
selten
IPAF
100%
NSIP, OP, NSIP immer mit OP, UIP, LIP
Abb. 1: ILD-Muster (in HRCT) und -Frequenz bei rheumatischen Erkrankungen (Arthritis Rheumatol 2019; 71(2): 182-195)
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gnose. Eine prognostisch besonders ernste Verlaufsform ist die noch nicht einheitlich definierte progredient-fibrosierende ILD (PF-ILD), die bei ganz unterschiedlichen Grunderkrankungen auftreten kann und aufgrund rasch erniedrigter FVC und DLco mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden ist. Als Therapie könnte bei PF-ILDs als Manifestation rheumatischer Erkrankungen die Kombination immunsuppressiver und antifibrotischer Substanzen sinnvoll sein. Unter „IPAF“ (Interstitial Pneumonia with Autoimmune Features) werden laut Krause als Arbeitsdiagnose Patienten mit ILD und gleichzeitig vorliegenden klinischen und/oder immunserologischen Hinweisen auf eine zugrunde liegende rheumatische Grunderkrankung, die aber nicht sicher zu diagnostizieren ist, zusammengefasst. Ungefähr 10-20 % der als IPF eingestuften ILDs sind als IPAF zu klassifizieren, nicht selten erfolgt ein Übergang in eine definierte ILD. Angesichts der Tatsache, dass über den Verlauf der äußerst heterogenen IPAF und deren Management inklusive immunsuppressiver und antifibrotischer Therapien bisher nur wenig bekannt ist, erscheint eine enge Kooperation von Pneumologen und Rheumatologen umso wichtiger, betonte Krause. RA-ILD: Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass inhalative Noxen einschließlich Zigarettenrauch und Feinstaub über die Auslösung chronisch-entzündlicher Reaktionen und autoinflammatorischer Prozesse in den Bronchien und Lungen zu einer vermehrten Bildung citrullinierter Peptide führen können. Bei entsprechender genetischer Disposition und Einfluss weiterer, noch unbekannter Faktoren könnte dadurch die Bildung von ACPA und letztlich eine RA ausgelöst werden. Viele RAPatienten leiden unter Atemwegserkrankungen, v. a. COPD und Bronchiektasen, die erheblich zur Morbidität und Mortalität beitragen. Die ILD ist die häufigste und eine der klinisch bedeutsamsten Organmanifestationen der RA. Die genaue Häufigkeit gerade klinisch manifester ILD ist unbekannt, da offenbar viele Patienten Abnormitäten (ILAs) im HRCT aufweisen ohne manifest pulmonal zu erkranken. Von einer klinisch manifesten RA-ILD ist in 10 % der Fälle auszugehen, subklinisch tritt sie bei 25-60 % auf. Alle RA-Patienten (vor allem Raucher, Männer, seropositive Patienten) sollten direkt bei Diagnosestellung und nachfolgend regelmäßig auf eine ILD untersucht werden, häufig ist vor allem ein UIP-Muster. Die Mortalität ist bei RA-ILD um den Faktor 2-3 gesteigert. SSc-ILD: Viele SSc-Patienten entwickeln eine klinisch relevante ILD (30-40 %; subklinisch etwa 80 %), insbesondere bei diffus-kutaner (dc)SSc bzw. dem Nachweis von Scl70bzw. Topoisomerase-I-Antikörpern. Am häufigsten ist hier ein NSIP-Muster. Der ILD-Verlauf ist variabel, auch intraindividuell mit stabilen Phasen und Exazerbationen. Die Mortalität ist beträchtlich, eine Korrelation mit dem Grad der Lungenfibrose und der FVC-Abnahme (aber auch der Sklerodermie) ist gut belegt. Entsprechend fordern aktuelle Empfehlungen einer Expertengruppe zur SSc-ILD eine eingehende Diagnostik einschließlich HRCT schon bei Diagnosestellung sowie re-
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gelmäßige Verlaufsuntersuchungen mit Lungenfunktionstests (Lancet Rheumatology 2020; 2(2): e71-83). Ein Befall von mehr als 20 % der Lunge, eine eingeschränkte FVC und DLco bzw. Abnahme dieser Parameter um 10-15 % im Verlauf, weisen auf einen fortschreitenden Verlauf mit schlechter Prognose hin, so Krause. ILD bei SLE und SS: Während die ILD beim SLE eine untergeordnete Rolle spielt, sind nicht selten andere Manifestationen im Bereich des Respirationstraktes anzutreffen, wie oftmals die Pleuritis, häufiger als erwartet eine pulmonale Hypertonie sowie selten eine Vaskulitis bzw. Kapillaritis und ein Zwerchfellbefall. Zu wenig denkt man beim Sjögren-Syndrom an ILD, warnte Krause. Dabei sind Erkrankungen des Tracheobronchialsystems wie auch ILDs mit NSIP-Muster (ca. 45 %) dominant, auch das LIP-Muster (Lymphocytic Interstitial Pneumonia) ist beim SS relativ häufig (ähnlich wie UIP ca. 15 %), oft schon zu Erkrankungsbeginn. Viele Patienten sind symptomatisch mit Husten und Dyspnoe, die Mortalitätsrate ist jedoch gering. Amyloidose und Lymphome der Lunge sind dabei wichtige ILD-Differenzialdiagnosen bei Patienten mit oft langjährig-aktivem SS. IIM-ILD: IIMs sind eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, deren Verlauf in hohem Maße mit dem Nachweis charakteristischer Autoantikörper assoziiert ist. Viele Erkrankungen, vor allem Overlap-Myositis (OM) und Anti-Synthetase-Sndrom (ASS), gehen mit einem klinisch bedeutsamen Lungenbefall (meist NSIP oder OP, Organizing Pneumonia; bei OM/ASS ca. 65 %) einher, der den myositischen oder anderen Manifestationen in einem Drittel der Fälle vorangeht oder aber die einzige klinische Manifestation der Erkrankung darstellen kann. Bei Erstdiagnose einer Myositis (Ausnahme IMNM) sollte daher eine Lungendiagnostik inklusive HRCT erfolgen. Zur Abklärung einer ätiologisch unklaren ILD gehört damit unbedingt auch die Suche nach Myositis-Antikörpern. Fast alle Patienten mit ASS entwickeln eine ILD, die schwer verlaufen kann und zu den wichtigsten Todesursachen von ASS-Patienten zählt. Das sehr seltene Anti-MDA5-Syndrom ist eine oft sehr schwer verlaufende und aufgrund des rasch progredienten Lungenschadens häufig letale Erkrankung, die früh diagnostiziert und immunsuppressiv behandelt werden muss. AAV-ILD: Gerade die GPA und EGPA können sich am Tracheobronchialsystem durch Stenosen und Bronchiektasen manifestieren. Zum Spektrum der häufigen AAV-Lungenmanifestationen gehören bei GPA und EGPA speziell der Befall der Lungengefäße und entzündliche Konsolidierungen, bei der MPA neben dem Gefäßbefall auch ILD, morphologisch oftmals mit UIP-Muster (50-60 %), seltener ist das NISP-Muster (<30 %). Besonders häufig ist mit einer ILD bei MPO-ANCA (13 %), seltener bei PR3-ANCA (5 %) zu rechnen – auch ein Lebensalter >65 Jahre erhöht das Risiko. Bei MPO-ANCA ist die UIP mitunter die erste und einzige klinische Manifestation. Eine konsequente ILD-Diagnostik ist also – gerade bei MPO-ANCA – auch in dieser Indikation essenziell, erläuterte Krause.
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Was gibt es Neues zur medikamentösen Therapie bei ILDs? Die optimale Behandlung von ILDs ist weiterhin nicht bekannt. Abgesehen von zwei Studien bei SSc-ILD (SLS-I und -II) existieren bislang kaum kontrollierte Phase-III-Studien. Zu den am häufigsten eingesetzten Substanzen gehören bei der SSc Cyclophosphamid (CYC), MMF und Rituximab, sowie bei der RA auch Methotrexat (MTX), Abatacept und Rituximab. Es gibt keine Hinweise darauf, das MTX eine RA-ILD induzieren kann, betonte Krause. Im Gegenteil scheint MTX eher einen positiven Effekt auf den Verlauf einer RA-ILD zu haben. Die seltene MTX-Pneumonitis tritt meist im ersten Behandlungsjahr auf, das Risiko beträgt nach einer aktuellen Studie hierzu ca. 0,5 %. Abatacept und Rituximab scheinen den Verlauf der RAILD eher positiv zu beeinflussen. TNFα-Inhibitoren sind dagegen tendenziell mit dem Risiko der Induktion oder Verschlechterung einer RA-ILD belastet. Empfohlene Immunsuppressiva (IS) zur Behandlung der SScILD sind CYC und MMF (bei besserer Verträglichkeit des letzteren), ggf. auch Rituximab. Interessant sind laut Krause aber nicht zuletzt die Daten zur Wirksamkeit der IL-6-Inhibition mit Tocilizumab. Bereits in einer Phase-II-Studie hatte sich bei SScILD ein guter Erhalt der Lungenfunktion gezeigt. Dies bestätigte sich nun in einer noch nicht publizierten Phase-III-Studie, die allerdings den primären Endpunkt einer Verbesserung der Hautfibrose (mRSS) verfehlte. In Bezug auf die FVC zeigte sich jedoch unter Tocilizumab 162 mg s.c. keine Abnahme, sondern sogar eine Stabilisierung über 12 Monate hinweg mit klarem Vorteil gegenüber Placebo (p=0,0015). Hier bleibt jetzt zu hoffen, dass weitere Untersuchungen folgen, wenngleich dies trotz evidenter Wirksamkeit wenig wahrscheinlich sein dürfte. Auf dem Weg zur Zulassung auch in Europa ist hingegen der Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib nach positiver Empfehlung der EMA vom 28. Februar 2020. In der Phase-III-Studie MMF zu Baseline n=138
n=140
n=149
-40,2
-80
-120
-66,5
-63,9
Nintedanib Placebo
0
Gesamtpopulation n=332
n=331
Differenz: 55,4 ml/Jahr (95% KI: 2,3; 108,5) Relative Reduktion: 46 %
Abb. 2: SENSCIS-Studie: Hemmung der jährlichen FVC-Abnahme unter Nintedanib mit und ohne MMF als Begleittherapie (N Engl J Med 2019; 380(26): 2518-2528)
Patienten mit UIP-Muster in HRCT n=206
n=206
-50 -100
-80,8
-82,9
-150 -200 -187,8 -250
-119,3 Differenz: 26,3 ml/Jahr (95% KI: -27,9; 80,6) Relative Reduktion: 40 %
Quelle: 15. Rheumatologie-Update-Seminar, „Hot Topic: Rheuma & Lunge“, Wiesbaden, 13. März 2020
n=148
-40
-100
Neben den ohnehin zur Behandlung der IIMs eingesetzten IS inklusive Rituximab scheinen hochdosierte Immunglobuline auch einen positiven Effekt auf den Lungenbefall zu haben, JAK-Inhibitoren (so z. B. Tofacitinib) scheinen vielversprechend zur Therapie des Anti-MDA5-Syndroms und auch bei anderen IIMs. Die Therapie der AAV-ILD richtet sich laut Krause im Wesentlichen nach jener der Grunderkrankung. Die Wirksamkeit einer immunsuppressiven Therapie bei AAV-ILD mit UIP-Muster ist allerdings fraglich. m
Kein MMF zu Baseline
-20
-60
SENSCIS reduzierte das bei IPF schon länger zugelassene Nintedanib den jährlichen FVC-Verlust bei 575 Patienten mit SSc-ILD (≥10 % Lungenfibrose im HRCT ≤12 Monate vor dem Screening, FVC ≥40 %, DLco 30-89 %) signifikant gegenüber Placebo um absolut 41 ml (-52,4 vs. -93,3 ml) bzw. um relativ 44 % (p=0,04). Besonders interessant ist der offenbar additive Effekt von MMF (Abb. 2), der eine Kombination damit nahelegen würde, erläuterte Krause. Jedoch ist die Verträglichkeit von Nintedandib eher schlecht, besonders häufig sind gastrointestinale Nebenwirkungen, die bei 16 % zum Therapieabbruch führen. Gestützt werden die positiven Befunde zu Nintedanib durch eine weitere Phase-III-Studie, INBUILD, die 663 Patienten mit PF-ILD eingeschlossen hatte, darunter 89 mit RA-ILD, 39 mit SSc-ILD und 19 mit Mischkollagenosen-ILD. Hier zeigte sich unter Nintedanib eine sehr ausgeprägte Hemmung der jährlichen FVC-Abnahme um 107 ml (-80,8 vs. -187,8 ml) bzw. relativ 57 %, wobei Patienten mit UIP-Muster sogar überdurchschnittlich profitierten ( je p<0,001) (Abb. 3). Abzuwarten bleibt der genaue Zulassungstext, angesichts der recht hohen Therapiekosten und Nebenwirkungen sieht Krause den Platz für Nintedanib primär bei Patienten mit hohem ILD-Progressionsrisiko und schlechtem Ausgangsbefund (FVC ~20 %).
Adjustierte Rate (SD) der FVC-Abnahme (ml/Jahr)
Adjustierte Rate (SD) der FVC-Abnahme (ml/Jahr)
0
73
Nintedanib Placebo
-211,1
Alle: Differenz 107,0 ml/Jahr (95% KI: 65,4; 148,5); p<0,001 UIP: Differenz 128,2 ml/Jahr (95% KI: 70,8; 185,6); p<0,001
Abb. 3: INBUILD-Studie: Nintedanib hemmt jährliche FVC-Abnahme bei progressiv-fibosierenden ILDs (N Engl J Med 2019; 381(21): 1718-1727)
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
INDUSTRIE-BERICHT
OSTEOPOROSE
Romosozumab seit 15. März in Deutschland verfügbar Nachdem am 9. Dezember 2019 der Sclerostin-Inhibitor Romosozumab von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zur Therapie der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit deutlich erhöhtem Frakturrisiko zugelassen wurde, ist das Medikament, das sowohl eine starke osteoanabole Wirksamkeit entfaltet als auch in geringerem Maße antiresorptiv wirkt, seit dem 15. März in Deutschland erhältlich.
Nach wie vor ist die Osteoporose in Deutschland unterdiagnostiziert und vor allem auch unterbehandelt, betonte Prof. Dr. Peyman Hadji, Frankfurt/M. Nach einer osteoporotischen Fraktur ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau innerhalb des ersten Jahres eine weitere Fraktur erleidet, fünfmal höher. Oft bleibt die Osteoporose als zugrunde liegende Ursache unentdeckt, sodass eine spezifische antiosteoporotische Therapie ausbleibt, was das Frakturrisiko weiter steigert. Gerade für Patientinnen mit hohem Frakturrisiko stellt Romosozumab (Evenity®) somit eine neue Option zur Verbesserung der sekundären Frakturprävention dar. Der humanisierte monoklonale Antikörper wird mittels Fertigpen in einer Dosis von 210 mg (zwei s.c.Injektionen von je 105 mg) 1x monatlich über 12 Monate injiziert, danach ist eine
antiresorptive Therapie erforderlich, um die osteoanabolen Effekte von Romosozumab zu erhalten. Laut Prof. Dr. Andreas A. Kurth, Koblenz, wurde in der PhaseIII-Studie ARCH bei 4.093 postmenopausalen Frauen mit Osteoporose und Vorfrakturanamnese durch eine 12-monatige Romosozumab-Therapie, gefolgt von 12 Monaten Alendronat 70 mg, im Vergleich zu Alendronat über 24 Monate das Risiko neuer vertebraler Frakturen signifikant um 48 % (6,2 vs. 11,9 %) reduziert. Nach 48 Monaten war die Inzidenz von klinischen, Hüft- und non-vertebralen Frakturen um 27, 38 und 19 % verringert. Auch bei der in der Praxis häufigen Situation einer erforderlichen Umstellung nach einer Bisphosphonat-Therapie überzeugte Romosozumab. So zeigte sich in der offenen Phase-III-Studie STRUCTURE
nach 3 Jahren Bisphosphonat (im letzten Jahr Alendronat) nach 12 Monaten ein versus Teriparatid 20 μg signifikanter Anstieg der BMD an der Hüfte (2,9 vs. -0,5 %) sowie am Oberschenkelhals (3,2 vs. -0,2 %) und an der Wirbelsäule (9,8 vs. 5,4 %). Aufgrund eines in Studien leicht erhöhten kardiovaskulären Risikos ist Romosozumab bei früherem Myokardinfarkt oder Schlaganfall kontraindiziert. Häufige Nebenwirkungen waren Nasopharyngitis mit 13,6 % und Arthralgien mit 12,4 %. Das Nutzen/Risiko-Profil stuften die Experten positiv ein und hoben das neue duale Wirkprinzip hervor, dessen Anwendung bei hohem Frakturrisiko gegenüber anderen Antiosteoporotika große Vorteile bietet. m Quelle: Pressegespräch UCB Pharma GmbH, Frankfurt/M., 26. Februar 2020
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Neues Etanercept-Biosimilar ante portas Die Unternehmen Mylan NV und Lupin geben bekannt, dass der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine positive Empfehlung für die Zulassung von Nepexto® abgegeben hat, einem Biosimilar von Enbrel® (Etanercept). Sie gilt für alle Indikationen des Referenzprodukts, inklusive rheumatoide Arthritis, juvenile idiopathische Arthritis, Psoriasis-Arthritis, axiale Spondyloarthritis (ankylosierende Spondylitis und nicht-radiographische axiale Spondyloarthritis), Plaque-Psoriasis und pädiatrische Plaque-Psoriasis.
Die positive CHMP-Stellungnahme zu dem neuen Etanercept-Biosimilar basiert auf einer Biosimilaritätsbewertung, die präklinische und klinische Studien zum Nachweis der Bioäquivalenz zum Referenzprodukt einbezogen hat. Darüber hinaus wurde auch in einer klinischen Phase-III-Studie bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis die Gleich-
wertigkeit von Nepexto mit dem Referenzprodukt hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheitsprofil und Immunogenität nachgewiesen (Rheumatol Ther 2020; 7(1): 149-163). Die positive Stellungnahme des CHMP wird nun von der Europäischen Kommission geprüft. Nach der Genehmigung erteilt sie den EU-Mitgliedsländern eine zentralisierte Genehmigung für das In-
verkehrbringen. Die Entscheidung über die Genehmigung durch die EU-Kommission wird im Mai 2020 erwartet. Bereits im Juni 2018 hatten Lupin und Mylan eine Partnerschaft zur Vermarktung eines Biosimilars für den TNFα-Inhibitor Etanercept auf mehreren globalen Märkten bekanntgegeben. m Quelle: Pressemitteilung Mylan-Gruppe Deutschland, 27. März 2020
INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Upadacitinib als effektive neue Therapieoption Seit Februar ist der auf Basis des Phase-III-Studienprogramms SELECT zugelassene JAK-Inhibitor Upadacitinib in Deutschland verfügbar. Zugelassen ist er als 1x tägliche 15 mg-Tablette als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA) bei Erwachsenen, die auf ein oder mehrere DMARDs unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. In der Phase-III-Studie SELECT-COMPARE wurde auch bei Anlegen strengerer Kriterien wie dem CDAI und SDAI häufiger als mit Adalimumab eine „echte“ Remission erreicht.
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Upadacitinib (Rinvoq®) wurde laut Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover, bei mehr als 4.000 Patienten und über 5.000 Patientenjahre in Phase-II- und -III-Studien gut etabliert. In Phase-III-Studien zeigte Upadacitinib ein signifikant höheres Ansprechen im Vergleich zu Placebo, MTX und Adalimumab plus MTX. Alle primären und sekundären Endpunkte wurden erreicht, so nach unzureichender Effektivität von bDMARDs in SELECT-BEYOND und nach inadäquatem Ansprechen auf MTX in SELECT-COMPARE. Gerade SELECT-COMPARE gilt als Schlüsselstudie, da in dieser Upadacitinib plus MTX mit Adalimumab plus MTX verglichen wurde. Bei 1.629 MTX-Versagern zeigte Upadacitinib plus MTX erstmals konsistent signifikant höhere Remissionsraten versus Adalimumab plus
MTX. So erreichten in Woche 24 bzw. 26 unter Upadacitinib plus MTX versus Adalimumab plus MTX 41 vs. 27 % der Patienten eine Remission im DAS28-CRP sowie 24 vs. 14 % im SDAI und 23 vs. 14 % im CDAI. Diese Überlegenheit zeigte sich auch im ACR50, Schmerz und HAQDI. Gegenüber Adalimumab plus MTX war ein derartiger Remissionsvorteil in den Phase-III-Studien zu anderen JAKInhibitoren in Kombination mit MTX nicht zu sehen. Konsistent gute Daten wurden in SELECT-COMPARE auch anhaltend bis Woche 48 verzeichnet. Im zweiten Studienteil profitierten von Adalimumab auf Upadacitinib umgestellte Patienten oft von einem besseren Ansprechen und der Wechsel auf Upadacitinib war ohne Washout möglich. In allen Phase-III-Studien (auch csDMARD-IR und bDMARDIR) waren die mit Upadacitinib erzielten Remissionsraten vergleichbar hoch, die
Kombination mit MTX hatte dabei keine relevanten Vorteile, sodass eine Upadacitinib-Monotherapie eine gute Option darstellt, betonte Witte. Auch das Sicherheitsprofil von Upadacitinib war in allen untersuchten Settings vorteilhaft. In SELECT-COMPARE zeigte sich eine vergleichbare Sicherheit in Bezug auf unerwünschte Ereignisse inklusive Infektionen im Vergleich zu Adalimumab plus MTX. Nur eine Erhöhung des Herpes zoster-Risikos war unter Upadacitinib in Kombination mit MTX etwas häufiger. Es gab bislang keine unerwarteten Sicherheitssignale, dies auch nicht in Bezug auf venöse Thromboembolien oder Malignitäten, versicherte Witte. m
Quelle: Pressekonferenz AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, Hamburg, 14. Februar 2020
PSORIASIS-ARTHRITIS
Überzeugende Daten auch in zweiter Phase-III-Studie Das Unternehmen Abbvie hat vorab die Top-line-Resultate der randomisierten, doppelblinden, placebo- und aktiv-kontrollierten Phase-III-Studie SELECT PsA-1 mit 1.705 Patienten mit aktiver PsA und csDMARD-Versagen gemeldet. Upadacitinib in Dosierungen von 1x täglich 15 oder 30 mg erreichte den primären Endpunkt eines ACR20-Ansprechens in Woche 12.
Ein ACR20/50/70-Ansprechen in Woche 12 erreichten unter Upadacitinib 15 und 30 mg bzw. Placebo 71/38/16 % und 79/52/25 % versus 36/13/2 % der Patienten, einen PASI75 63 und 62 vs. 21 % und eine minimale Krankheitsaktivität (MDA) 37 und 45 vs. 12 % (alle p<0,0001 vs. Placebo). Nach 24 Wochen inhibierte Upadacitinib 15/30 mg signifikant die radiologische Progression versus Placebo (p<0,01). Ein interessanter Punkt: Gegen-
über Adalimumab als aktiver Kontrolle zeigte sich Upadacitinib im primären Endpunkt ACR20 in Woche 12 als nicht-unterlegen, für die 30 mg-Dosis konnte eine Überlegenheit nachgewiesen werden. Das Sicherheitsprofil war konsistent mit jenem früherer Studien, schwere Infektionen wurden bei 1,2 % (15 mg) und 2,6 % der Patienten verzeichnet (versus 0,9 % unter Placebo und 0,7 % unter
Adalimumab). Im November des letzten Jahres waren bereits positive Daten aus SELECT PsA-2, einer anderen PhaseIII-Zulassungsstudie zu Upadacitinib bei PsA, in diesem Fall nach vorherigem Versagen auf mindestens ein bDMARD, vermeldet worden. m Quelle: Pressemitteilung AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, 2. März 2020
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INDUSTRIE-BERICHT
PERIODISCHE FIEBERSYNDROME
Canakinumab Option bei seltenen Fiebersyndromen Autoinflammatorische Erkrankungen wie die periodischen Fiebersyndrome (PFS) und die systemische juvenile idiopathische Arthritis (sJIA) sind meist genetisch bedingt und sehr selten. Die ersten Beschwerden treten im Kindesalter auf. Eine frühe Diagnose und gezielte Therapie sind Voraussetzungen, um den betroffenen Patienten und ihren Angehörigen ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen und Langzeitschäden sowie ernsthafte Risiken zu vermeiden. Anlässlich des Rare Disease Day 2020, der in diesem Jahr auf den seltensten Tag, den 29. Februar, fiel, lenkte das Unternehmen Novartis die Aufmerksamkeit auf autoinflammatorische Erkrankungen.
Wiederkehrende Fieberattacken mit unterschiedlichen Begleitsymptomen gehören zum typischen Erscheinungsbild der PFS. Sie beruhen auf Genmutationen, die eine vermehrte Produktion von Interleukin-1β (IL-1β) und Aktivierung inflammatorischer Prozesse zur Folge haben. Beim familiären Mittelmeerfieber (FMF), dem häufigsten PFS, treten zusätzlich zu den Fieberschüben (>38 °C, Dauer 2–3 Tage) auch Gelenkentzündungen und Schmerzen im Bauch- und Brustbereich auf. Diese Symptomatik lässt oft fälschlicherweise auf eine virale oder bakterielle Infektion schließen. Tatsächlich liegt dem FMF jedoch meist eine Mutation
im MEFV-Gen zugrunde, das für Pyrin (oder auch Marenostrin) kodiert. Betroffen hiervon sind vor allem Menschen mit Herkunft aus dem südlichen Mittelmeerraum. Bei solchen Patienten, die sich mit der beschriebenen Symptomatik und Fieberschüben ohne zunächst erkennbare Ursache vorstellen, sollte daher an FMF gedacht werden. PFS können bei nicht ausreichend kontrollierter Krankheitsaktivität zu lebensgefährlichen Komplikationen wie Amyloid-A-Amyloidose führen. Bei der sJIA, die ebenfalls auf einem IL-1-vermittelten Krankheitsgeschehen beruht und als schwerste Form der juvenilen Arthritis gilt, droht bei unzureichender
Krankheitskontrolle das gefürchtete Makrophagen-Aktivierungssyndrom. Der humane, monoklonale Antikörper Canakinumab (Ilaris®) bindet selektiv an IL-1β, dessen Signalwirkung dadurch neutralisiert wird. Canakinumab hat seine Wirksamkeit und Sicherheit bei CAPS sowie in der Phase-III-Studie CLUSTER bei FMF, TRAPS und HIDS/MKD gezeigt und ist das einzige zugelassene Biologikum für FMF, HIDS und TRAPS. Auch bei sJIA ist dessen Wirksamkeit und Sicherheit überzeugend belegt. m Quelle: Pressemitteilung Novartis Pharma GmbH, 21. Februar 2020
CHRONISCHE HYPERURIKÄMIE
Neue Febuxostat-Alternative zur Harnsäuresenkung Mit Febuxostat PUREN Filmtabletten zur Behandlung der chronischen Hyperurikämie ist eine kostenbewusste neue Behandlungsoption verfügbar. Im Vergleich mit dem Erstanbieter bietet das bioäquivalente Produkt eine deutliche Preisersparnis.
Febuxostat PUREN Filmtabletten sind in den Dosisstärken 80 und 120 mg auf dem Markt und werden in der Packungsgröße 84 Stück eingeführt. Die Einsparung von bis zu 62 % gegenüber dem Originator eröffnet eine preisgünstige Therapieoption zur Senkung des Serum-Harnsäurespiegels bei chronischer Hyperurikämie.
und/oder einer Gichtarthritis. In der Dosierung 120 mg wird es zusätzlich eingesetzt zur Prophylaxe und Therapie einer Hyperurikämie bei Erwachsenen mit hämolytischen Malignomen, die sich einer Chemotherapie mit mittlerem bis hohem Risiko für ein Tumorlyse-Syndrom unterziehen.
Die 80 mg-Dosierung wird angewendet bei Erwachsenen mit chronischer Hyperurikämie im Fall von Erkrankungen, die bereits zu Uratablagerungen geführt haben, einschließlich eines anamnestisch bekannten oder aktuellen Gichtknotens
Die Therapie sollte erst nach dem vollständigen Abklingen eines akuten Gichtanfalls begonnen werden. Die empfohlene Dosis beträgt mahlzeitenunabhängig 80 mg 1x täglich. Liegt der Serum-Harnsäurespiegel nach 2-4 Wochen noch
über dem Zielwert von 6 mg/dl, kann eine Dosiserhöhung auf 1x täglich 120 mg erwogen werden. Zusätzlich unterstützt das Unternehmen PUREN Betroffene mit einer Broschüre zum Thema Gicht und gibt ihnen mit einer Ernährungsbroschüre Tipps zur purinarmen Ernährung an die Hand. Ärzte und Apotheker können die Materialien im Fachkreisebereich von www.purenpharma.de bestellen. m Quelle: Pressemitteilung PUREN Pharma GmbH & Co. KG, 17. Februar 2020
INDUSTRIE-BERICHT
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AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS
Neue EULAR-Empfehlungen aus 2019 im Fokus Erstmals auf dem EULAR-Kongress 2019 präsentiert, stehen die neuen Empfehlungen der Fachgesellschaft zum Management der aktiven Psoriasis-Arthritis (PsA) kurz vor der Publikation. Wesentliche Punkte der Leitlinie und die Neuerungen in Bezug auf die IL-17A-Inhibition mit Ixekizumab erläuterte Prof. Dr. Laure Gossec, Paris (Frankreich).
Ein wichtiger Punkt der aktualisierten EULAR-Empfehlungen zum PsA-Management ist, dass bei Patienten mit peripherer Arthritis und unzureichendem Ansprechen auf mindestens ein csDMARD ein bDMARD gestartet werden sollte, im Falle einer relevanten Hautbeteiligung sollte ein IL-17A-Inhibitor wie z. B. Ixekizumab (Taltz®) oder IL-12/23Hemmer gegenüber TNFα-Inhibitoren präferiert werden. Anhaltspunkte für diese Empfehlung lieferte laut Gossec beispielhaft die SPIRIT-P1-Studie, in der bei Biologika-naiven PsA-Patienten in Bezug auf die Gelenke das ACR20/50-Ansprechen auf Ixekizumab und Adalimumab (aktive Kontrolle) nach 24 Wochen mit 57 vs. 58 % bzw. 39 vs. 40 % fast identisch waren,
während in puncto Haut beim PASI 75-Ansprechen der IL-17A-Inhibitor mit 71 vs. 54 % klar besser abschnitt. Bestätigt wurde dies in der SPIRITH2H-Studie: Im direkten Vergleich mit Adalimumab wurde unter Ixekizumab nach csDMARD-Versagen nach 24 und 52 Wochen häufiger gleichzeitig ein ACR50- und PASI 100-Ansprechen erreicht (36 vs. 28 % bzw. 39 vs. 26 %). Das ACR50-Ansprechen in Woche 52 war mit je 50 % vergleichbar, beim PASI 100 war Ixekizumab hingegen klar im Vorteil (64 vs. 41 %). Bei eindeutiger Enthesitis sollte nach Gossec aufgrund der Ineffektivität von csDMARDs nach NSAR und Steroidinjektion direkt ein bDMARD – ohne spezielle Präferenz – verordnet werden. Bei dominant axialer Erkrankung sollte
nach NSAR-Versagen ein bDMARD zum Zuge kommen, nach derzeitigem Stand ein TNFα-Inhibitor, bei relevantem Hautbefall könnte ein IL-17A-Inhibitor präferiert werden. Dass bei axialer PsA die IL-17A-Hemmung erfolgreich einsetzbar ist, konnte in der MAXIMISE-Studie mit Secukinumab gezeigt werden. Anhand eines Fallbeispiels verdeutlichte Prof. Dr. Andra Balanescu, Bukarest (Rumänien), dass auch Patienten mit dominierendem Hautbefall, die zuvor auf mehrere AntiTNF-Therapien und auch Secukinumab versagten, durchaus in hohem Maße von einem Wechsel auf Ixekizumab profitieren können. m
Quelle: Webinar Lilly Deutschland GmbH, 17. März 2020
IMPFUNGEN BEI IMMUNSUPPRIMIERTEN PATIENTEN
Neu: Jeder Facharzt darf Schutzimpfungen durchführen Immunsupprimierte Menschen sind besonders durch Pneumokokken oder Meningokokken verursachte Infektionen gefährdet. So ist etwa das Risiko für eine Pneumokokken-Infektion bei Personen mit rheumatischen Erkrankungen 2,6-mal höher.
Aufgrund dessen empfiehlt die STIKO für Personen mit angeborenem oder erworbenem Immundefekt bzw. Immunsuppression die sequenzielle Pneumokokken-Impfung mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff Prevenar 13® (PCV13) gefolgt von einem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff (PPSV23). Zur Prophylaxe gegen Meningokokken befürwortet sie Impfstoffe wie Trumenba® (MenB) und Nimenrix® (MenACWY) als Indikationsimpfung bei Immunsuppression und anderen Konstellationen. Dennoch sind die Impfquoten für die Indikationsimpfung auf niedrigem Niveau: Nur 4,4 % der immunsupprimierten Patienten
erhalten innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Diagnose eine PneumokokkenImpfung. Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes bietet jetzt die Chance, die Impfquoten zu steigern. So hebt das Gesetz die bisherige Einschränkung von Fachärzten auf, nur in ihrem Tätigkeitsbereich impfen zu dürfen. Fachärzte können ab 1. März jeden Patientenkontakt nutzen, um Schutzimpfungen z. B. gegen Masern, Grippe, Pneumo- oder Meningokokken durchzuführen. Da der Facharzt in der Regel die Diagnose stellt und immunsuppressive Therapie verordnet kann er den optimalen Impfzeitpunkt planen. So können vorhandene Impfbar-
rieren bei der Primärversorgung vermieden werden. Für eine koordinierte Versorgung hat Pfizer zusammen mit Ärzten einen Laufzettel für die Patientenkommunikation entwickelt. Auf diesem kann der Patient beim Facharzt Diagnose, Therapie und Indikationsimpfungen eintragen lassen. Der Laufzettel kann unter https:// www.pfizerpro.de/support/material-orde ring?advert=advert heruntergeladen werden. m Quelle: Pressemitteilung Pfizer Deutschland GmbH, 27. Februar 2020
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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2020
INDUSTRIE-BERICHT
NICHT-RÖNTGENOLOGISCHE AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Secukinumab zeigt sich auch bei nr-axSpA effektiv Bislang ist bei axialer Spondyloarthritis (axSpA) der Einsatz des IL-17A-Inhibitors Secukinumab im Gegensatz zu fast allen TNFaInhibitoren auf die röntgenologisch manifeste ankylosierende Spondylits (AS) limitiert. Dies dürfte sich lauf PD Dr. Uta Kiltz, Herne, aber in Kürze ändern, nachdem aufgrund positiver Phase-III-Daten aus der PREVENT-Studie zur nicht-röntgenologischen (nr-)axSpA eine Zulassung auch in dieser Indikation nunmehr in Reichweite liegt.
Nach den positiven Erfahrungen zu Secukinumab (Cosentyx®) bei AS aus Phase-III-Studien und in der täglichen Praxis wurden in die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte PREVENT-Studie 555 Erwachsene mit diagnostizierter axialer SpA eingeschlossen, die die ASAS-Klassifikationskriterien (aber nicht die modifizierten New York-Kriterien) erfüllten und einen BASDAI ≥4 sowie objektive Zeichen der entzündlichen Aktivität (Knochenmarködem im MRT der Sakroiliakalgelenke oder erhöhtes CRP) hatten. Die Patienten (ca. 90 % bDMARD-naiv) wurden im Verhältnis 1:1:1 auf Secukinumab 150 mg (mit Aufsättigung), 150 mg (ohne Aufsättigung) oder Placebo randomisiert. Die Gruppe mit Aufsättigung erhielt Secukinumab
150 mg zu Studienbeginn, in Woche 1, 2, 3 und 4, dann alle 4 Wochen (q4w) bis Woche 52. Der Arm ohne Aufsättigung erhielt Secukinumab 150 mg zu Baseline und Placebo zu Woche 1, 2 und 3, und dann Secukinumab 150 mg q4w ab Woche 4. Die Placebo-Gruppe erhielt Placebo zu Baseline, in den Wochen 1, 2, 3 und 4 und dann q4w. Primärer Endpunkt ist das ASAS40-Ansprechen zu Woche 16 und zu Woche 52 (für die EU- bzw. USZulassung). Auf dem ACR-Kongress 2019 waren zunächst die 16-Wochen-Ergebnisse berichtet worden, die 52-Wochen-Daten stehen noch aus, berichtete Kiltz. Der primäre und alle sekundären Endpunkte wurden erreicht. So war zu Woche 16
das ASAS40-Ansprechen mit 41,5 bzw. 42,2 % in beiden Secukinumab-Gruppen signifikant höher als in der PlaceboGruppe mit 29,2 % (p<0,05). Auch in den sekundären Endpunkten wie dem BASDAI50-Ansprechen (37,3 und 37,5 vs. 21,0 %), der ASAS partiellen Remission (21,6 und 21,2 vs. 7,0 %), sowie im Verlauf von BASDAI, BASFI, SF-36 PCS oder der Lebensqualität von Baseline bis Woche 16 erwies sich Secukinumab als signifikant überlegen (alle p<0,05), jeweils ohne relevantem Unterschied mit oder ohne vorherige Aufsättigung. m
Quelle: 5. Novartis Rheumatologentage, Berlin, 28.-29. Februar 2020
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Baricitinib im Lichte der neuen EULAR-Empfehlungen Seit der Einführung der JAK-Inhibitoren steht nach dem Versagen von Methotrexat (MTX) bei rheumatoider Arthritis (RA) eine mindestens gleichwertige, aber oral einzunehmende Alternative zu bDMARDs zur Verfügung. Den Stellenwert der JAK-Inhibition untermauern laut Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, die neuen EULAR-Empfehlungen zur RA, die ihrerseits die zuvor aktualisierte DGRh-Leitlinie bestätigen.
Der zielgerichtete Ansatz der JAK-Inhibition beispielweise mit Baricitinib (Olumiant®) hat sich bereits fest im rheumatologischen Alltag etabliert. Nach der DGRh-Leitlinie sieht nun auch die EULAR in ihren jüngst publizierten Empfehlungen zum RA-Management die JAK-Inhibitoren als völlig gleichwertig zu bDMARDs nach Versagen eines ersten csDMARD und bei gleichzeitigem Vorliegen von ungünstigen Prognosefaktoren und/oder einer hohen Krankheitsaktivität an, erläuterte Burmester. Die Rationale hierfür lieferte u. a. die Phase-III-
Studie RA-BEAM zur Wirksamkeit von Baricitinib gegenüber Placebo und Adalimumab als aktiver Kontrolle nach vorherigem MTX-Versagen. Baricitinib erwies sich in der RA-BEAMStudie gegenüber Adalimumab (beide in Kombination mit MTX) beim ACR20- und DAS28-CRP-Ansprechen in Woche 12 als überlegen und schnitt generell mindestens so gut wie der TNFα-Inhibitor ab.
2019 JAK- und auch IL-6-Inhibitoren im Fall einer erforderlichen Monotherapie gegenüber anderen bDMARDs zu präferieren sind. Im Fall von Baricitinib sind zudem gute Effekte auf die Schmerzreduktion auch unabhängig von der Entzündung belegt worden. Auch bei stark ausgeprägter Fatigue, so betonte Prof. Dr. Tom. W. J. Huizinga, Leiden (Niederlande), anhand eines Fallbeispiels, zeigte sich Baricitinib als hoch wirksam. m
Ein weiterer Vorteil ist, dass laut DGRhLeitlinie und den EULAR-Empfehlungen
Quelle: Webinar Lilly Deutschland GmbH, 17. März 2020
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