Rheuma Management, Ausgabe Mai/Juni 2020

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BDRh

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MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE MAI/JUNI 2020

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Vorschau

Impressum VERLAG: WORTREICH Gesellschaft für individuelle Kommunikation mbH Barfüßerstr. 12, 65549 Limburg Tel. 06431/59096-0, Fax 06431/59096-11 info@wortreich-gik.de, www.wortreich-gik.de CHEFREDAKTION: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de REDAKTION: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de Dr. med. Klaus Steffen, info@wortreich-gik.de HERAUSGEBER: Dr. Silke Zinke, Prof. Dr. Eugen Feist Dr. Edmund Edelmann, Sigurd Rudeloff GRAFIK: Inken Esin, www.coast-design.de DRUCK: AWG Druck, Runkel

EULAR e-Congress 2020 Lesen Sie in der nächsten Ausgabe alles Wissenswerte vom diesjährigen Online-EULAR

WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · RA Christian Koller, München · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · RA Andrea Mangold, München · Prof. Dr. Günter Neubauer, München BEIRAT DES BDRH: Priv.-Doz. Dr. Xenofon Baraliakos, Herne · Prof. Dr. Eugen Feist, Vogelsang-Gommern · Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden · Sonja Froschauer, Grünwald · Dr. Kirsten Karberg, Berlin · Dr. Michael Rühlmann, Gottingen · Dr. Florian Schuch, Erlangen · Dr. Martin Welcker, Planegg JAHRGANG 12 · 3-2020 ISSN 1868-6044 JAHRESABONNEMENTPREIS: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden. BILDQUELLEN: Titelseite – ©Shutterstock, S. 3 u. – ©CDC Public Image Library, S. 7 o. – ©SPL, S. 21 – ©ant236/Fotolia.com, S. 43 – ©Monkey Business/Fotolia. com, S. 46 – ©Shutterstock

COVID-19 und Rheumatologie Ab Juli sind die Ergebnisse der ersten randomisierten, kontrollierten Studien zu Hydroxychloroquin, IL-6- und IL-1-Inhibitoren zu erwarten – ein Update

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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

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EDITORIAL

COVID-19-Rheuma-Register der DGRh Die COVID-19-Pandemie hat unser privates und berufliches Leben in einem für uns bislang nicht gekannten Ausmaß und Geschwindigkeit verändert und ein Ende ist leider noch nicht abzusehen.

Auf ihrer letzten Präsenzveranstaltung, dem sog. Kommissions-Workshop der DGRh am 5. und 6. März 2020 in München, wurde im Vorstand und Beirat der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) diskutiert, ob man Infektionen mit SARS-CoV-2 bei Rheumapatienten erfassen könnte, insbesondere um den Einfluss der vielfältigen „immunsuppressiven“ Therapien, mit denen wir unsere Patienten behandeln, besser beurteilen zu können. Ein erstes Ergebnis dieser Diskussion war schon, dass wir wohl besser von „Immunmodulation“ sprechen sollten, da der Begriff der „Immunsuppression“ inzwischen zu unscharf geworden ist, insbesondere, wenn es um unsere zielgerichteten Therapien geht. Dies hat sich schon insofern als richtig herausgestellt, als es erste Daten gibt, die eine sehr viel differenziertere Betrachtung zu den Risiken unserer antirheumatischen Therapien und dem Verlauf von COVID-19 nahelegen. Einige unserer Immunmodulatoren befinden sich inzwischen sogar in der klinischen Prüfung zur Prophylaxe oder zur Behandlung schwerer Manifestationen von COVID-19. Die DGRh hat deshalb noch im März zum einen erste Handlungsempfehlungen für die Betreuung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen während der SARS-CoV-2/ COVID-19-Pandemie erstellt, die unter www. dgrh.de abrufbar sind, und zum anderen eine Ad hoc-Kommission ins Leben gerufen, die mit dem Aufbau eines Online-Registers zur Erfassung von COVID-19 bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen beauftragt wurde. Da internationale Aktivitäten mit dieser Zielsetzung zwar angekündigt, aber nicht verfügbar waren und andererseits wichtige Vorarbeiten für solch ein Online-Register am Lehrstuhl für Rheumatologie der Universität Gießen (Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Dr. Rebecca Hasseli) bereits im Gange waren, entschloss sich die DGRh diese Aktivitäten in der Ad hoc-Kommission „Covid-19 Register“ zu bündeln. Trotz der Anforderungen an ein

Der Kreis der DGRh-Aktivitäten zu COVID-19 schließt sich, in dem diese Erkenntnisse aus dem Register und den internationalen Kooperationen wieder Eingang finden in die Aktualisierung der Handlungsempfehlungen der DGRh für die Betreuung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen während der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie. Gehen Sie bitte regelmäßig auf die Website der DGRh, um zu dieser Thematik auf dem Laufenden zu bleiben.

Prof. Dr. med. Christof Specker derartiges Studienprojekt, welche neben den fachlichen Inhalten auch Aspekte der datentechnischen Umsetzung, Datensicherheit, Datenschutz, Ethikvotum und Publikation beinhaltete, konnte die Ad hoc-Kommission mit Dr. Rebecca Hasseli als Koordinatorin des Projektes innerhalb von weniger als 14 Tagen das Register COVID19-Rheuma.de aufsetzen, in dem seit dem 30.03.2020 deutsche Rheumatologen aus Praxis und Klinik inzwischen (8.6.2020) über 250 Rheumapatienten mit nachgewiesener SARS-CoV-2-Infektion dokumentiert haben. Die Auswertung erster Daten hierzu finden Sie in dieser Ausgabe von Rheuma Management. Aus den eigenen Daten wurde bereits eine erste internationale Publikation eingereicht und ein Abstract als Hauptbeitrag in einer Session zu COVID-19 auf dem E-Kongress der EULAR am 5.6. präsentiert. Die Ad hoc-Kommission steht auch mit den entsprechenden Aktivitäten der COVID-19 Global Rheumatology Alliance und mit dem COVID-19-Register der EULAR in Kontakt. Anfang Juni erfolgte ein erster, anonymisierter Datenexport unserer Daten in das EULAR-Register für eine globale Auswertung, die aktuell im Deutschen Rheumaforschungszentrum (PD Dr. Anja Strangfeld, PD Dr. Anne Regierer) erfolgt. Eine zusätzliche Dokumentation unserer Patienten in den internationalen Registern ist somit nicht nötig und die Eingabe eines Patienten erfordert nur ca. 5 Minuten.

Ende April hat die Ad hoc Kommission außerdem ein zweites Register, das sich direkt an rheumakranke Patienten richtet, an den Start gebracht. Unabhängig davon, ob sie an COVID-19 erkrankt sind, soll hier der Umgang von Rheumapatienten mit der Pandemie im Hinblick auf ihre Rheumaerkrankung aber auch auf ihre private und berufliche Lebenssituation erfasst werden. Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Psychologie der Universität Gießen wurde ein Fragebogen entwickelt, der in monatlichen Abständen von den Patienten online ausgefüllt werden kann. Hiervon erhoffen wir uns ein besseres Verständnis der Sorgen und Ängste unserer Patienten im Zusammenhang mit der Corona-Problematik sowie für deren Reaktionen hierauf. Auch dies kann die Versorgung von Rheumapatienten verbessern helfen. Unterstützen Sie dieses Erfolgsprojekt der DGRh bitte weiterhin durch Ihre Teilnahme und Ihr Interesse. Weisen Sie bitte auch Ihre Patientinnen und Patienten auf die Projekte hin. Beide Register und weitere Informationen finden Sie unter www.covid19rheuma.de. m Vielen Dank, Ihr Prof. Dr. med. Christof Specker

Sprecher der Ad hoc-Kommission COVID-19 Register der DGRh Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Kooperativen Rheumazentren in der DGRh


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Inhalt

05 EDITORIAL COVID-19-Rheuma-Register der DGRh Prof. Dr. Christof Specker

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SARS-COV-2 – SPEZIAL 10

Neue Erkenntnisse zu SARS-CoV-2 und COVID-19 im Überblick

12 Erste Einblicke in die Daten des COVID19-Rheuma-Registers Dr. Rebecca Hasseli 15

COVID-19 Global Rheumatology AllianceRegister: Erste weltweite Daten verfügbar

16

Provisorische EULAR-Empfehlungen zum Management von Rheumapatienten

19

ACR: Empfehlungen zum Umgang mit COVID-19

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SARS-CoV-2-Infektion/COVID-19: Aktueller Stand der Studien zu DMARDs Prof. Dr. Klaus Krüger

22

Chancen und Risiken der Zytokin-Inhibiton im Kontext der SARS-CoV-2-Pandemie

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Erste positive Erfahrungen mit IL-1-RezeptorInhibitor Anakinra

SARS-COV-2 SPEZIAL RHEUMATOLOGIE

12

24 IL-6-Inhibitoren: Vorsichtiger Optimismus angebracht 26

Hydroxychloroquin: Enttäuschte Hoffnungen

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COVID-19: Neuigkeiten vom EULAR e-Congress

30

Stimmungsbilder aus der Rheumatologie

32

COVID-19-Schutzschirm für Vertragsärzte: Ausreichende Sicherstellung der Vergütung oder bestehender Handlungsbedarf? RA Dr. Julia Gräf

33 Kurzarbeitergeld – Verwirrung im Gesundheitswesen RA Stefan Lehnhardt

DEUTSCHES COVID-19 RHEUMA-REGISTER Bitte beachten Sie die Sonderbeilage des Wirtschaftsmagazins brand eins „Sparen ohne Ziel ist eine Verzweiflungstat. Investieren ohne Sinn auch. Wer Zukunft will, muss nachdenken.“

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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

Inhalt

MITTEILUNGEN DES BDRH 35

EINLADUNG zur ordentlichen Mitgliederversammlung

37

DOKUMENTATIONSSOFTWARE RheMIT: Ein Update und Ausblick

42

38 STELLENBÖRSE

42

BILDGEBENDE DIAGNOSTIK Zufallsbefund Enchondrom Prof. Dr. Herbert Kellner

43

FRÜHE RHEUMATOIDE ARTHRITIS Evidenz für raschen Therapiebeginn

46

RHEUMATOIDE ARTHRITIS Nicht-elektive Operationen: Biologika sicher, Steroide weniger

47

RHEUMATOLOGIE TRIFFT ONKOLOGIE EULAR-Leitfaden zu Diagnose und Management von irAEs unter Checkpoint-Inhibitoren publiziert

50 PSORIASIS-ARTHRITIS Update der EULAR-Therapieempfehlungen 56

BILDGEBENDE DIAGNOSTIK: ENCHONDROM

50

LUPUSNEPHRITIS 2019er Update der EULAR/ERA-EDTA-Empfehlungen und Phase-III-Studie zu Voclosporin

61 INDUSTRIE-BERICHTE 64

OSTEOPOROSE Neue Therapieoption ermöglicht starke Senkung des Frakturrisikos

66

PSORIASIS-ARTHRITIS UND AXIALE SPA Neue Erkenntnisse zu Secukinumab

68

RHEUMATOIDE ARTHRITIS Langfristig stabile Remissionsraten mit Sarilumab

70

AXIALE SPONDYLOARTHRITIS Ixekizumab erhält umfassende Zulassung

EULAR: NEUE EMPFEHLUNGEN ZUR PSA-THERAPIE

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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

Neue Erkenntnisse zu SARS-CoV-2 und COVID-19 im Überblick Die Coronavirus-Pandemie hat unser aller Leben gehörig durcheinander gerüttelt, nicht zuletzt das von Rheumapatienten und ihren betreuenden Rheumatologen – entsprechend unternehmen wir erneut den Versuch, die wichtigsten Erkenntnisse wieder in einem Spezial aufzubereiten, kein einfaches Unterfangen angesichts der ständig neuen Studienergebnisse, zuletzt auch vom EULAR, der gleichfalls den aktuellen Entwicklungen zum Opfer fiel und in etwas abgespeckter Form online abgehalten wurde. Erfreulich ist, wie schnell die Rheumatologen auf COVID-19 reagiert haben, sodass seitens DGRh und EULAR provisorische Empfehlungen zum Management von Rheumapatienten und aus dem deutschen sowie europäischen COVID-19-Register auch erste Befunde hierzu vorliegen.

Bereits frühzeitig hatte die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) nicht nur erste Handlungsempfehlungen publiziert, sondern auch unter der Leitung bzw. Koordination von Prof. Dr. Christof Specker, Essen, Prof. Dr. Ulf-Müller-Ladner und Dr. Rebecca Hasseli, Bad Nauheim/Gießen, das deutsche COVID-19-Rheuma-Register sowie eine Patientenbefragung ins Leben gerufen. Über die ersten Ergebnisse berichtet Dr. Hasseli (ab Seite 12). Auch das europäische und globale Register werden dargestellt (Seite

14 bzw. 15). Wichtigstes Ergebnis: Rheumapatienten auch unter immunsuppressiven Therapie sind nach bisheriger Datenlage nicht per se stärker gefährdet, Biologika sind nicht mit schweren COVID-19-Verläufen assoziiert, nur für Glukokortikoide (vor allem in höherer Dosierung) findet sich ein leichtes Signal in diese Richtung. Einen Überblick zu den aktuellen Studien zum Themenkreis COVID-19 und Rheuma gibt Prof. Dr. Klaus Krüger, München, der auf

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den Einsatz von Zytokin-Inhibitoren, insbesondere Interleukin (IL)-6- und IL-1-Inhibitoren sowie auch JAK-Inhibitoren eingeht, von denen im Gegensatz zu hoch dosierten Glukokortikoiden nicht nur keine Gefährdung von Rheumapatienten in der aktuellen Situation auszugehen scheint, sondern die im Gegenteil derzeit in zahlreichen randomisierten, kontrollierten Studien als potenzielle Therapiekandidaten bei schweren COVID19-Verläufen (insbesondere auch im Kontext eines Zytokinsturms) untersucht werden (ab


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SARS-COV-2 – SPEZIAL

Seite 20). Eine interessante Arbeit zum Risiko viraler Infektionen und potenziell positiven Effekten unter bzw. von Biologika und JAKInhibitoren hatten Prof. Dr. Georg Schett, Erlangen, und Kollegen publiziert (Seite 22).

vom 27. Mai besorgte Rheumapatienten zu beruhigen und auf die bei sachgemäßer Anwendung gute Sicherheit von Hydroxychloroquin (Stichwort Herzrhythmusstörungen) hinzuweisen.

Auch weitere Beiträge befassen sich mit dem Ist-Stand zur COVID-19-Therapie mit IL-1- bzw. IL-6-Inhibitoren (Seite 23 bzw. 24). Merklich abgeklungen ist der Hype rund um Hydroxychloroquin (und Chloroquin), für die derzeit weder protektive Effekte bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes oder rheumatoide Arthritis angenommen werden können noch ein genereller Nutzen bei COVID-19-Patienten. Viele Fragen zu Antimalariamitteln bleiben derzeit noch offen, erst randomisierte, kontrollierte Studien werden eine genauere Einschätzung erlauben (Seite 26). Zwischenzeitlich sah sich die DGRh genötigt, in einer Pressemitteilung

Ein weiteres Thema sind die sich im Wesentlichen mit den DGRh-Empfehlungen deckenden, im Rahmen des EULAR-Kongresses vorgestellten provisorischen Handlungsempfehlungen der EULAR, die sich im Aufbau und den Schwerpunkten, nicht aber in ihren wesentlichen Aussagen von jenen des ACR, die ebenfalls dargelegt werden, unterscheiden (Seite 16-19). Die bisherigen Erkenntnisse aus den Registern und Fallserien unterstützen auf jeden Fall die Haltung, immunsuppressive Therapien nicht vorsorglich abzusetzen. Stets handelt es sich um „atmende“ Empfehlungen, die im Zuge neuer Erkenntnisse rasch angepasst werden sollen.

An die letzte Ausgabe anknüpfend wird stellvertretend von Dr. Michaela Bellm und PD Dr. Matthias Witt darauf eingegangen, wie sich die Pandemie bei Rheumatologen auf die Praxisorganisation und Einkommenssituation angesichts teils drastisch verringerter Fallzahlen ausgewirkt hat (Seite 30). Rechtsanwältin Dr. Julia Gräf informiert über den ausgerollten COVID-19-Schutzschirm für Ärzte und inwieweit dieser die Liquidität absichern kann bzw. welche Fallstricke zu beachten sind (Seite 32-33). Zu einiger Konfusion hatten in letzter Zeit die Regelungen zum Kurzarbeitergeld geführt – über den aktuellen Stand berichtet Rechtsanwalt Stefan Lehnhardt (Seite 33). m

Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre!

Newsticker: Positive Daten zu Mavrilimumab bei schwerer COVID-19-Pneumonie und systemischer Hyperinflammation Mit dem gegen den Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden Faktor-Rezeptor alpha (GM-CSF-Rα) gerichteten Antikörper Mavrilimumab waren recht gute Behandlungsergebnisse in Phase-II bei rheumatoider Arthritis erzielt worden, derzeit wird er bei RiesenzellArteriitis geprüft. Auf dem Online-EULAR 2020 stellte Lorenzo Dagna, Mailand (Italien), nun positive Ergebnisse einer Pilotstudie zum Einsatz von Mavrilimumab bei schwerer COVID-19-Pneumonie und Hyperinflammation vor.

In die prospektive, interventionelle, monozentrische, einarmige Pilotstudie mit open label-Behandlungsprotokoll wurden im San Raffaele-Krankenhaus in Mailand 13 nicht mechanisch beatmete Patienten mit einer schweren COVID-19-Pneumonie und systemischer Hyperinflammation eingeschlossen und nach Hospitalisierung mit einer einzelnen Mavrilimumab i.v.-Dosis behandelt worden. Als Kontrollgruppe dienten 26 Patienten mit schwerer COVID-19-Pneumonie und Hyperinflammation sowie ähnlichen Charakteristika zum Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme (Komorbiditäten, Entzündungsmarker, respiratorische Dysfunktion). Alle Patienten erhielten eine optimale Standardtherapie (SoC) inklusive Protease-Inhibitoren und antivirale Therapien. Über den Verlauf des 28-tägigen Follow-upZeitraums erzielten die zusätzlich mit Mavrilimumab behandelten Patienten stärkere und

frühere klinische Verbesserungen als in der Kontrollgruppe einschließlich eines früheren Absetzens der Sauerstofftherapie, kürzeren Hospitalisierungsdauer und keinem Todesfall. An Tag 28 erreichten 100 % der Patienten unter Mavrilimumab gegenüber 65 % im Kontrollarm den Endpunkt einer klinischen Verbesserung (definiert als Verbesserung von ≥2 Kategorien auf einer 7-Punkt-Skala der WHO zur Bestimmung des klinischen Status) (p=0,001). Auch wurde dieser Studienendpunkt im Vergleich zur Kontrollgruppe unter Mavrilimumab früher erreicht. Während des Follow-ups betrug die Inzidenz für Tod 0 % im Mavrilimumab-Arm gegenüber 27 % in der Kontrollgruppe (p=0,086 für die Zeit bis Tod). 8 % der Patienten in der Mavrilimumab-Gruppe bedurften einer mechanischen Beatmung im Vergleich zu 35 % im Kontroll-Arm (p=0,077 für die Zeit bis zur mechanischen Beatmung oder Tod). Eine völlige Entfieberung wurde bei bei 91 vs.

61 % der zu Beginn febrilen Patienten erreicht (p=0,0093). Des Weiteren konnten die mit Mavrilimumab behandelten Patienten früher aus dem Krankenhaus entlassen werden als jene der Kontrollgruppe (p=0,013). Mavrilimumab erwies sich als gut verträglich, es kam zu keinen Infusionsreaktionen. Trotz der ermutigenden Ergebnisse ist angesichts der geringen Fallzahlen sicher noch eine gewisse Skepsis angebracht, auch wenn das Therapieprinzip als solches (ähnlich wie für IL-6-/IL-1- und JAK-Inhibitoren, letzte decken teils auch GM-CSF ab) plausibel erscheint. Größere, von Studienärzten initiierte placebokontrollierte Studien in den USA und Italien sind bereits in Planung. m

Quelle: EULAR e-Congress 2020, „COVID-19 Pathophysiology leading to the drugs to be used“-Session; Abstract CO0001


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

Entzündlich-rheumatische Erkrankungen und COVID-19: Erste Einblicke in die Daten des COVID19-Rheuma-Registers Seit dem 11. März 2020 spricht die WHO (World Health Organisation) von einer Coronavirus-Pandemie. Das erste Auftreten wurde im Dezember 2019 in der Millionenstadt Wuhan in der Provinz Hubei (China) dokumentiert. Verursacht wird die seitdem als Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) bezeichnete Infektion durch das neuartige (‚2‘), ein schweres, akutes respiratorisches Syndrom auslösendes Corona-Virus 2, abgekürzt SARS-CoV-2.

Die Erkrankung manifestiert sich als Infektion der Atemwege mit den Leitsymptomen Fieber und Husten. Bei 81 % Patienten ist der Verlauf mild, 14 % erkranken schwer und 5 % der Patienten kritisch. (1) Am Stichtag 11. Juni 2020 meldete die Johns-Hopkins-Universität bereits 7.360.239 weltweit registrierte Infektionsfälle. Die Letalität lag zu diesem Zeitpunkt der Pandemie bei 5,65 % (n=416.201 an COVID-19 Verstorbene). (2) Das Vorhandensein und die Zahl von Komorbiditäten (wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und koronare Herzerkrankungen) sind mitentscheidend für das Outcome der Patienten. (3) Trotz vieler klinischer Parallelen zu einer viralen Infektion der oberen und unteren Atemwege mit Influenzaviren oder bekannten Coronaviren, wie SARS (schweres akutes respiratorisches Syndrom) oder MERS (Middle East Respiratory Syndrome), welche mit einer COVID-19 vergleichbaren initialen Klinik (Husten, Fieber, Cephalgien und Myalgien), demselben Übertragungsweg (Tröpfcheninfektion) und der sehr variablen Symptomatik von symptomlos bis zu kurzen letalen Verläufen einhergehen, gab es bis zu dieser Pandemie keine Handlungsempfehlungen basierend auf evidenzbasierten Daten für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Dasselbe galt für die Bedeutung oder den Einfluss einer dauerhaften immunsuppressiven oder immunmodulierenden Therapie bei diesen Patienten. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) veröffentlichte am 30. März 2020 erste, konsentierte Handlungsempfehlungen für die Betreuung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen während der COVID-19-Pandemie. (4) Neben den allgemeingültigen Schutzmaßnahmen wurden

ein generelles Pausieren oder eine Reduktion der antirheumatischen Therapie wegen der COVID-19-Pandemie nicht empfohlen. In erster Linie sollte mithilfe der antirheumatischen Therapie eine klinische Remission der Grunderkrankung erzielt werden, unter anderem um hohe Steroiddosen zu vermeiden und so das Infektionsrisiko zu minimieren. Dies setzt, neben einer adäquaten und engmaschigen rheumatologischen Betreuung, auch eine entsprechende Compliance der Patienten voraus.

Aufbau, Datenerfassung und Ablauf des Registers Um Erkenntnisse zum adäquaten Umgang mit der immunmodulatorischen Therapie bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen im Kontext der COVID19-Pandemie zu gewinnen, sind Registerdaten mit einer hohen Fallzahl notwendig. Diese würden erlauben, das Risiko für einen komplikativen Verlauf einer COVID-19-Infektion bei Patienten mit einer entzündlichrheumatischen Erkrankung oder mit einer bestimmten Therapie abzuschätzen. Diverse Literaturquellen weisen auf eine erhöhte Infektionsneigung von Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen oder immunsuppressiven Therapien hin. (5, 6) Die Daten anderer Länder unterscheiden sich teilweise stark in der Anzahl der letalen und komplikativen Verläufe, abhängig vom jeweiligen Gesundheitssystem und den Bedingungen der medizinischen Versorgung vor Ausbruch der Pandemie. (2) Aus diesem Grund initiierte die DGRh mit der Justus-Liebig-Universität Gießen ein Online-Register (www.covid19-rheuma.de),

Dr. med. Rebecca Hasseli mit dessen Hilfe nachgewiesene COVID19-Infektionen bei Patienten mit entzündlichrheumatischen Patienten innerhalb weniger Minuten erfasst werden können. Aus den gewonnenen Daten sollen schnellstmöglich Handlungsempfehlungen für die Betreuung entzündlich-rheumatischer Patienten abgeleitet werden. Im Register werden u. a. folgende Aspekte erfasst: Bundesland, Alter, Geschlecht, Gewicht, Größe, Komorbiditäten, Krankheitsaktivität und antirheumatische Therapie zum Zeitpunkt der SARS-CoV-2-Infektion und deren Verlauf. Die dokumentierenden Ärztinnen und Ärzte haben die Möglichkeit, ausstehende Daten (z. B. zum Ausgang der COVID-19) zu einem späteren Zeitpunkt zu komplettieren. Die Datenbank ist SQL-basiert und wird auf einem deutschen Server geführt, der DIN/ ISO/IEC 27001 zertifiziert ist. Die Datenübertragung erfolgt über ein abhörsicheres Internet-Protokoll (https), das Daten zwischen


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SARS-COV-2 – SPEZIAL

Browser und Server in beide Richtungen verschlüsselt (SSL/TLS) überträgt. Die Ärzte vergeben selbst ein Pseudonym für den Patienten, mit dessen Hilfe dessen Daten nur durch den jeweils verantwortlichen Arzt wieder aufgerufen und aktualisiert werden können. Die für Analysen aus der Datenbank exportierten Daten sind anonym und lassen keine individuellen Rückschlüsse auf den Patienten zu. Zudem haben COVID-19-Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung selbst die Möglichkeit, sich registrieren zu lassen, z. B. falls eine ärztliche Vorstellung derzeit nicht möglich ist. Mithilfe eines Telefoninterviews werden die Daten durch eine/n Rheumatologen/in der Koordinationsstelle des COVID19-Rheuma-Registers in die Datenbank eingetragen. Am 30. März 2020 ging das Register online. Die teilnehmenden Zentren bestehen aus Kliniken und Praxen in ganz Deutschland. Bis zum 25. April 2020 hatten sich bereits 138 Rheumatologinnen und Rheumatologen auf der Plattform registriert, wovon 71 bis dahin insgesamt 104 Fälle (40 männlich, 63 weiblich und 1 divers) dokumentierten. Die Patienten waren zwischen 23-87 Jahre (Altersmedian 56 Jahre) alt, die meisten (24 %) zwischen 50-59 Jahre. Zwei Drittel der Patienten wurden durch ambulant tätige Kolleginnen und Kollegen dokumentiert, 32 % durch Kliniken und 6 % der Patienten wurden mithilfe des Telefoninterviews registriert. Ähnlich wie die COVID-19-Infiziertenzahl in der Allgemeinbevölkerung wurden die meisten Fälle in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Hamburg erfasst.

Erste Erkenntnisse zu Diagnosen, Medikation und Komorbiditäten Bezüglich der Diagnosen zeigt sich folgende Verteilung: 45 % der Patienten wiesen eine rheumatoide Arthritis auf, 18 % eine Psoriasis-Arthritis, 10 % eine Spondylitis ankylosans und 5 % eine systemische Sklerose. Die Verteilung der restlichen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen lag bei unter 5 %.

Vor der COVID-19-Infektion wurden die Patienten in 34 % der Fälle mit einem konventionellen Basismedikament, in 18 % mit einer Kombination von konventionellen Basismedikament und Biologikum und in 24 % nur mit einem Biologikum therapiert. Glukokortikoide wurden bei 43 % der Patienten eingesetzt. Lediglich 8 % der Patienten erhielten keine immunmodulierende Therapie. Bei 59 % der Patienten wurden relevante Begleiterkrankungen erfasst. Diese beinhalteten arterielle Hypertonie (37 %), kardiovaskuläre Begleiterkrankungen (13 %), Diabetes mellitus und Asthma bronchiale ( jeweils 9 %), chronisch obstruktive Lungenerkrankung und chronische Niereninsuffizienz ( jeweils 8 %), Osteoporose (6 %), Tumorerkrankung (5 %), interstitielle Lungenerkrankung (2 %) und pulmonal arterielle Hypertonie (1 %). Bei 15 % der Patienten lagen andere Vorerkrankungen vor. Ein Drittel der Patienten litt unter mehr als zwei Begleiterkrankungen. Keine (relevanten) Begleiterkrankungen wurden bei 41 % der Patienten dokumentiert. Bezüglich der empfohlenen Impfungen war bei 39 % der Patienten eine Influenza-Impfung erfolgt, 26 % waren gegen Pneumokokken geimpft und 22 % erhielten beide Impfungen. Tabakkonsum wurde bei 10 % der Patienten berichtet, E-Zigaretten bei 1 % und 8 % gaben regelmäßigen Alkoholkonsum an.

COVID-19-Symptomatik und -Verlauf im Überblick Im Rahmen der COVID-19-Infektion wurden folgende Symptome beschrieben: Husten (69 %), Fieber (59 %), Fatigue (42 %), Kopfschmerzen (36 %), Myalgien (33 %), Dyspnoe (32 %), Geruchsverlust (26 %), Geschmacksverlust (25 %), Rhinitis (23 %), Appetitlosigkeit (16 %), Schwindel (15 %), Diarrhoe (15 %),

Auswurf (13 %), Bauchschmerzen (3 %) und Erbrechen (3 %). Die meisten Patienten (86 %) litten an mehr als zwei Symptomen, wohingegen bei 7 % asymptomatische Verläufe beschrieben wurden. Ein Drittel der Patienten wurde stationär betreut (32 %), wovon 70 % (23/33) eine Sauerstofftherapie benötigten. 15 % (5/33) wurden nicht-invasiv und 24 % (8/33) invasiv beatmet. Lediglich 2 der invasiv beatmeten Patienten erholten sich von der COVID19-Infektion. Leider verstarben 6 Patienten (3 männlich/3 weiblich). Der Altersmedian der letalen Verläufe lag bei 71 Jahren (59-80 Jahre) und der BMI bei 27,8 kg/m2 (23,9-40,6 kg/m2). Alle verstorbenen Patienten wiesen zumindest eine arterielle Hypertonie und/ oder kardiovaskuläre Erkrankungen auf und mussten invasiv beatmet werden. 5 Patienten erhielten eine Prednisolontherapie (≤7,5 mg/Tag), welche während der Infektion bei 4 der Patienten nicht pausiert wurde. Die stationär behandelten Patienten waren durchschnittlich älter als die ambulanten Patienten (Medianalter 69 Jahre vs. 52 Jahre). Obwohl mehr Fälle bei weiblichen Patienten (62 %) im Register dokumentiert wurden, war die Verteilung der hospitalisierten Patienten bei beiden Geschlechtern (48 % männlich, 52 % weiblich) beinahe gleich. Hospitalisierte Patienten wurden häufiger mit Glukokortikoiden (64 % vs. 34 %) therapiert und erhielten weniger häufig Biologika (33 % vs. 48 %). Sie wiesen zudem mehr Begleiterkrankungen auf (48 % vs. 21 %).

Bereits gute Beteiligung an Patientenregister Neben diesem Register zur Erfassung von COVID-19 bei Patienten mit entzündlichrheumatischen Erkrankungen („Arztregister“)

Aktueller Stand des Registers Zum Stichtag 11. Juni sind inzwischen, trotz insgesamt abnehmender Infiziertenzahl, 258 Patienten mit positivem SASRS-CoV-2-Test im COVID-19-RheumaRegister erfasst worden, von denen 200 wieder genesen sind. An der Patientenbefragung haben mittlerweile 508 Patienten teilgenommen.


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

wurde ein weiteres, sog. „Patientenregister“ initiiert, um den psychosozialen Einfluss der Pandemie bei rheumatologischen Patienten zu untersuchen. Hierfür wurde gemeinsam mit dem Fachbereich der klinischen Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen ein Online-Fragebogen erstellt (www.covid19rheuma.de/patienten-information). Über einen Zeitraum von 12 Monaten erfolgt im monatlichen Abstand eine kurze Befragung zum Einfluss der Pandemie auf die Erkrankung, sowie auf die privaten und beruflichen Lebensverhältnisse. Mithilfe der Umfrage soll ein besseres Verständnis für die Sorgen und Ängste der Patienten gewonnen werden. Es wird dabei auch untersucht, ob die Patienten ausreichend informiert sind und wo die Versorgung ggf. verbessert werden könnte. Bis zum 24. Mai 2020 hatten bereits 343 Patienten an der Umfrage teilgenommen. Lediglich zwei der Patienten waren positiv auf eine COVID-19-Infektion getestet worden. Die Mehrheit der Patienten gab bislang an, den rheumatologischen Empfehlungen zu folgen und die antirheumatische Therapie fortzuführen. Diese Einstellung der Patienten war

unabhängig von der jeweiligen antirheumatischen Therapie. Dieses Ergebnis ist aus rheumatologischer Sicht erfreulich, spiegelt es doch die vertrauensvolle und kompetente Betreuung der rheumatologischen Patienten wider und zeigt, dass trotz der aktuellen Krisensituation die Rheumapatienten unseren Empfehlungen folgen. m

Literatur 1 Wu Z, McGoogan JM. Characteristics of and Important Lessons From the Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Outbreak in China: Summary of a Report of 72 314 Cases From the Chinese Center for Disease Control and Prevention. JAMA 2020; 323(13): 1239-1242 2 John Hopkins University & Medicine. Coronavirus Resource Center. https:// coronavirus.jhu.edu/map.html 3 Guan W-J, Ni Z-Y, Hu Y, Liang W-H, Ou C-Q, He J-X, et al. Clinical Characteristics of Coronavirus Disease 2019 in China. N Engl J Med 2020; 382(18): 1708-1720 4 Schulze-Koops H, Specker C, IkingKonert C, Holle J, Moosig F, Krueger K.

Preliminary recommendations of the German Society of Rheumatology (DGRh eV) for the management of patients with inflammatory rheumatic diseases during the SARS-CoV-2/Covid-19 pandemic. Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/ annrheumdis-2020-217628 5 Doran MF, Crowson CS, Pond GR, O'Fallon WM, Gabriel SE. Frequency of infection in patients with rheumatoid arthritis compared with controls: a population-based study. Arthritis Rheum 2002; 46(9): 2287-2293 6 Hui DS, Azhar EI, Kim Y-J, Memish ZA, Oh M-D, Zumla A. Middle East respiratory syndrome coronavirus: risk factors and determinants of primary, household, and nosocomial transmission. Lancet Infect Dis 2018; 18(8): e217-e227

Dr. med. Rebecca Hasseli Abteilung für Rheumatologie und Klinische Immunologie Campus Kerckhoff, Justus-Liebig-Universität Gießen Benekestraße 2-8 61231 Bad Nauheim E-Mail: r.hasseli@kerckhoff-klinik.de

Europäisches COVID-19-Rheuma-Register: Die ersten Eckdaten Auch wenn sich im Vergleich zum deutschen Register keine relevanten Unterschiede ergeben, seien an dieser Stelle kurz die ersten Daten aus dem EULAR COVID-19-Register zu adulten und pädiatrischen Patienten aufgeführt, die von Kimme Hyrich, Manchester (Großbritannien), auf dem e-EULAR vorgestellt wurden. Seit März 2020 wurden hierin – Stichtag 26. Mai – 985 Patienten eingeschlossen, von denen 583 hospitalisiert werden mussten und 146 verstarben. Das Gros der Patienten, beinahe 80 %, wurde in Spanien, Italien und Großbritannien eingeschlossen, das deutsche und z. B. französische Register wurde bzw. wird erst später eingegliedert.

Wie bezüglich des deutschen Registers sind Vergleiche zur Allgemeinbevölkerung (aufgrund der zu vermutenden hohen Dunkelziffern) schwierig, jedoch scheinen Rheumapatienten unter einer immunsuppressiven Therapie nicht grundsätzlich ein höheres Risiko für SARS-CoV-2-Infektionen und einen schweren COVID-19-Verlauf zu haben – abgesehen von den üblichen prädisponierenden Faktoren wie höheres Alter und Komorbiditäten. 62 % der erfassten Teilnehmer waren Frauen, 38 % Männer (<1 % divers). Nur 1 % waren

<18 Jahre, 11 % 18-40 Jahre, 38 % 41-50 Jahre, mit 49 % waren die meisten Patienten in einem Alter von ≥61 Jahren. Die häufigsten Diagnosen waren rheumatoide Arthritis (38 %), Psoriasis-Arthritis (14 %), Spondyloarthritis (10 %), systemischer Lupus erythematodes (7 %) und Gicht (5 %). Keine Komorbiditäten wurden bei 25 % der Teilnehmer berichtet, Lungenerkrankungen (ILD, COPD, Asthma etc.) bei 21 %, Typ-2-Diabetes bei 13 %, Hypertonie bei 35 % und kardiovaskuläre Erkrankungen bei 15 %. Hospitalisiert werden mussten 59 % der Patienten, gestorben sind 15 %. Die fünf häufigsten Symptome waren

Fieber (75 %), Husten (67 %), Kurzatmigkeit (53 %), Myalgien (31 %) und Unwohlsein (27 %). Mit DMARDs behandelt wurden 79 % der erfassten Patienten, ein csDMARD erhielten 60 %, ein bDMARD 33 %, ein tsDMARD 2 %. Die Effekte dieser antirheumatischen Therapien auf den COVID-19-Verlauf sollen jetzt in Folgeanalysen genauer berechnet werden. m Quellen: EULAR e-Congress 2020, „Talk about the consequences of COVID-19 on RMDs“-Session; www.eular.org/ eular_covid19_database.cfm


Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

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SARS-COV-2 – SPEZIAL

COVID-19 Global Rheumatology Alliance-Register: Erste weltweite Daten zum Risiko von Rheumapatienten verfügbar Frühzeitig wurde neben den nationalen und europäischen Bestrebungen auch das COVID-19 Global Rheumatology Alliance (GRA)-Register ins Leben gerufen, um bei Rheumapatienten demografische und klinische Faktoren zu erfassen, die mit einer COVID-19-bedingten Hospitalisierung einhergehen. Die ersten Erkenntnisse aus dem weltweiten Register zu den wichtigsten Risikofaktoren publizierten aktuell Philip C. Robinson, Brisbane (Australien), und Kollegen.

morbiditäten waren Hypertonie (33 %), Lungenerkrankungen (21 %), Typ-2-Diabetes (12 %) und kardiovaskuläre Vorerkrankungen (11 %), Ex- oder aktive Raucher waren 25 %.

Eine Therapie mit bDMARDs oder tsDMARDs in Monotherapie war gegenüber keinen DMARDs vor der COVID-19-Diag-

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217871

Risikofaktoren: Alter, Komorbiditäten und hohe Steroiddosen

Zwischen dem 24. März und 20. April 2020 (als Stichtag) wurden insgesamt 600 Fälle aus 40 Ländern in die Analyse eingeschlossen und mittels einer multivariaten logistischen Regression, die Alter, Geschlecht, Rauchen, Diagnose einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung, vorliegende Komorbiditäten und antirheumatische Therapie vor der Infektion berücksichtigte, das Risiko (Odds ratio, OR) für eine Hospitalisierung berechnet. Die meisten Patienten wurden in Nordamerika (57 %) und Europa (36 %) eingeschlossen, 71 % waren Frauen, das mediane Alter betrug 56 Jahre. Die häufigste Diagnose war eine rheumatoide Arthritis (38 %), gefolgt von systemischem Lupus erythematodes, SLE (14 %), Psoriasis-Arthritis, PsA (12 %), axialer Spondyloarthritis, axSpA (8 %) und Vaskulitiden (7 %), die Patienten waren in der Mehrzahl gut kontrolliert (30 % in Remission, 50 % minimale/niedrige Krankheitsaktivität). Nur 16 % erhielten kein DMARD, 45 bzw. 37 % alleine csDMARDs (mit oder ohne Antimalariamittel), Antimalariamittel bekamen 22 %, Biologika oder JAK-Inhibitoren alleine erhielten 18 %, in Kombination mit einem csDMARD 21 %. NSAR nahmen 21 % ein, nur 32 % erhielten Glukokortikoide, GK (ein Drittel davon ≥10 mg/Tag). Häufigste Ko-

Im Wesentlichen bestätigen die internationalen Daten jene aus dem deutschen und EULAR-Register. Das Risiko von Rheumapatienten für einen schweren COVID-19-Verlauf, der eine Hospitalisierung erfordert, wird durch höheres Alter und Komorbiditäten getriggert. In Bezug auf die antirheumatischen Therapien bleibt festzuhalten, dass Anti-TNF-Therapien (und wohl b/ tsDMARDs generell) eher einen positiven Effekt ausüben, csDMARDs und NSAR diesbezüglich eher neutral sind, während hoch dosierte Steroide tatsächlich das Risiko für eine COVID-19-Hospitalisierung steigern.

KOMPAKT

Mit 277 Patienten mussten fast die Hälfte aller Fälle hospitalisiert werden (46 %) und 55 (9 %) verstarben. In nicht adjustierten Analysen zeigte sich beim Vergleich hospitalisierter mit nicht-hospitalisierten Patienten ein höheres Risiko bei SLE und Vaskulitis (17 und 9 % vs. 11 und 5 %), ein geringeres bei axialer SpA und PsA (8 und 6 % vs. 16 und 10 %). In einem multivariaten adjustierten Modell waren ein Alter ≥65 Jahre (OR 2,56, 95% KI 1,62-4,04), Hypertonie/kardiovaskuläre Krankheiten (OR 1,86, 95% KI 1,232,81), Lungenerkrankungen (OR 2,48, 95% KI 1,55-3,98), Typ-2-Diabetes (OR 2,61, 95% KI 1,39-4.88) und chronische schwere Niereninsuffizienz (OR 3,02, 95% KI 1,21-7,54) mit einem höheren Risiko für eine Hospitalisierung assoziiert.

nose mit einem signifikant geringeren Hospitalisierungsrisiko assoziiert (OR 0,46, 95% KI 0,22-0,93; p=0,03). TNFα-Inhibitoren (52 % der b/tsDMARDs) waren ebenfalls mit einem verringerten Hospitalisierungsrisiko verknüpft (OR 0,40, 95% KI 0,19-0,81; p=0,01). Für andere bDMARDs und JAK-Inhibitoren waren die Gruppengrößen zu gering für weitergehende Aussagen. Keine Assoziation fand sich auch für csDMARDs alleine oder in Kombination mit b/tsDMARDs (OR 1,23, 95% KI 0,70-2,17 und OR 0,74, 95% KI 0,371,46) sowie auch für Antimalariamittel (OR 0,94, 95% KI 0,57-1,57; p=0,82) – von protektiven Effekten der letzteren (i.e. Hydroxychloroquin) ist also nicht auszugehen. Keine Assoziation zeigte sich auch für eine Therapie mit NSAR (OR 0,64, 95% KI 0,39-1,06), für die zu Beginn der „Coronavirus-Krise“ noch ein erhöhtes Risiko vermutet worden war. Im Gegensatz dazu war in dem multivariat-adjustierten Modell eine Dosis von ≥10 mg/Tag Prednison-Äquivalent mit einem signifikant höheren Hospitalisierungsrisiko assoziiert (OR 2,05, 95% KI 1,06-3,96; p=0,03). Keine wesentliche Rolle scheint nach bisherigem Stand die Krankheitsaktivität zu spielen. m


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Provisorische EULAR-Empfehlungen zum Management von Rheumapatienten bei COVID-19 Am ersten Tag des EULAR e-Congress 2020 wurden stellvertretend für eine EULAR Task Force von Prof. Dr. Robert B. M. Landewé, Amsterdam (Niederlande), die ersten provisorischen Empfehlungen der EULAR für das Management von Patienten mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen (RMDs) im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie enthüllt und kurz darauf online veröffentlicht. (1, 2) Das von der über 20-köpfigen Task Force inklusive Patientenvertretern aus sieben Ländern - mit den Profs. Hendrik Schulze-Koops, Ulf MüllerLadner und Gerd R. Burmester waren gleich mehrere deutsche Rheumatologen eingebunden – erstellte Konsensuspapier ist in Anbetracht der Umstände mit oft noch geringer Evidenz als vorläufig zu betrachten, eine Überarbeitung ist bereits in drei Monaten geplant.

Das übliche Vorgehen inklusive eines systematischen Literaturreviews gemäß den EULAR SOPs war bei diesen, binnen kürzester Zeit in Teammeetings erarbeiteten Empfehlungen nicht möglich, dafür ist SARS-CoV-2 zu neu und täglich kommen aktuelle Erkenntnisse aus dem europäischen und weltweiten Register sowie weiteren Beobachtungsstudien hinzu. Die jetzt veröffentlichte Fassung stammt aus dem April, die ausgesprochenen Empfehlungen werden aber durchaus durch die bisherigen Registerdaten gestützt. Wie üblich wurden zunächst „overarching principles“, hier fünf, formuliert, 13 spezifische Empfehlungen decken die Bereiche „Generelle Maßnahmen und Prävention vor SARS-CoV-2-Infektion“, „Management von RMD-Patienten während der COVID-19-Pandemie“, „Management von RMD-Patienten mit COVID-19“ und „Prävention anderer pulmonaler Infektionen bei RMD-Patienten“ ab.

Übergreifende Empfehlungen Nach derzeitigem Stand gibt es weder eine Evidenz dafür, dass RMD-Patienten gegenüber Menschen ohne RMD ein höheres Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion haben, noch dass sie im Fall einer solchen Infektion eine schlechtere Prognose aufweisen. (1) Die Diagnose und Behandlung von COVID-19 bei RMD-Patienten liegt in der primären Verantwortlichkeit eines Experten für die COVID-19-Therapie, also – je nach den lokalen Gegebenheiten – eines Pneumologen, Internisten (bzw. Intensivmediziners) oder Infektiologen. (2) Rheumatologen sind die führenden Experten für die immunsuppressive Behandlung ihrer Patienten und sollten in die Entscheidung für oder gegen deren Fortführung einbezogen sein. (3) Das Wis-

ten werden, allen präventiven und Kontrollmaßnahmen der lokalen Gesundheitsbehörden ihrer Länder zu folgen. (1) RMD-Patienten sollten sich an die gleichen präventiven und Kontrollmaßnahmen halten wie solche ohne RMD. (2) RMD-Patienten ohne V. a. oder ohne bestätigte COVID-19-Erkrankung sollte dazu geraten werden, unverändert ihre Therapie beizubehalten inklusive z. B. NSAR, Glukokortikoide, sDMARDs, bDMARDs, Osteoporose-Medikamente und Analgetika. (3) Laut Landewé lautet hier das Fazit: Therapie fortsetzen und die spezifischen nationalen Leitlinien beachten! Prof. Dr. Robert B. M. Landewé sen über immunsuppressive Therapien einschließlich synthetischer und biologischer DMARDs (sDMARDs bzw. bDMARDs) zur Behandlung schwerer COVID-19-Verläufe nimmt rapide zu. Aufgrund ihrer Expertise sollten Rheumatologen dazu bereit sein, sich an lokalen (z. B. im Krankenhaus), regionalen und nationalen Kommitees (inkl. Leitlinien) zu COVID-19 zu beteiligen. Der Einsatz von immunsuppressiven Medikamenten zur Behandlung von COVID-19 sollte multidisziplinär entschieden werden. (4) Die Verfügbarkeit und Verteilung von und der Zugang zu sDMARDs und bDMARDs zur Behandlung von RMD-Patienten und solchen mit COVID-19 (aber ohne RMD) ist eine diffizile gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Aus diesem Grunde sollte von einem off-labeluse von DMARDs bei COVID-19 außerhalb von klinischen Studien abgeraten werden.

Generelle Maßnahmen und Prävention Hierzu gibt es drei Empfehlungen: Patienten mit RMD sollten eindringlich dazu angehal-

Management von RMD-Patienten während der Pandemie Zu diesem Themenkomplex wurden vier Empfehlungen generiert: Ist die RMD und deren Behandlung stabil, und liegen keine Anzeichen oder Symptome einer Therapietoxizität vor, können Laboruntersuchungen (z. B. Blutkontrollen) und direkte Vor-OrtRheumatologen-Konsultationen vorübergehend verschoben werden. (4) Falls erforderlich, können letztere „virtuell“ (Video) oder telefonisch erfolgen. Ist die RMD aktiv, wurde die medikamentöse Therapie erst kürzlich gestartet und bedarf einer Adjustierung, oder auch bei Anzeichen einer Therapietoxizität, sollten Arzt und Patient gemeinsam das Risiko einer persönlichen Visite gegenüber einer Fernabklärung abwägen und darüber entscheiden. (5) In dem Falle, dass einem RMD-Patienten ein ambulanter, Tagesversorgungs- oder Krankenhaustermin angeboten wurde, sollten Patienten und das rheumatologische Team den lokalen Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Infektionen folgen, einschließlich einer per-


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sönlichen Schutzausrüstung. (6) Patienten mit RMD und ohne COVID-19-Symptomatik , die aber Kontakt zu einer SARS-CoV-2-positiven Person hatten, sollten selbst auf SARSCoV-2 getestet werden. (7) Fazit hier: Fernüberwachung ist sicher, bei persönlichem Kontakt Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und bei SARS-CoV-2-Kontakt testen!

Management von RMD-Patienten mit COVID-19 Zu dieser Situation gibt es vier Empfehlungen, wobei zwischen milden Symptomen (wie bei gewöhnlicher Erkältung, Anosmie/ Dysgeusie, Fatigue, Myalgie, Arthralgie, Anorexie, Diarrhö, leichte Temperaturerhöhung <38 °C), sich verschlechternder Symptomatik (plus Fieber ≥38 °C oder Kurzatmigkeit, Tachypnoe [>20/Min.], Hypoxie bzw. Zyanose) oder signifikanter COVID-19-Symptomatik (plus Fieber und Zeichen einer respiratorischen Dysfunktion bis hin zur Hyperinflammation [CRS] mit respiratorischem Versagen und erhöhtem Serum-Ferritin, CRP, D-Dimer, IL-6) unterschieden wird. Wird ein Patient mit Symptomen von COVID-19 dauerhaft mit Glukokortikoiden behandelt, sollte diese Therapie fortgeführt werden. (8)

Dabei, so ergänzte Landewé, sollte die Dosierung allerdings so niedrig wie möglich gewählt werden. Im Falle einer milden COVID19-Symptomatik sollten mit RMD-Patienten auf Basis einer individuellen Entscheidung potenzielle Änderungen der DMARD-Therapie diskutiert werden. (9) Hier wollte sich die Task Force nicht festlegen, es wurde darüber kein Konsens erzielt. Kommt es bei RMDPatienten mit zunächst leichten COVID19-Symptomen zu deren Verschlechterung, sollte, je nach lokalen Gegebenheiten, sofort der Rat eines COVID-19-Experten (Pneumologe, Internist, Infektiologe) eingeholt werden. (10) Patienten mit RMD, die aufgrund einer signifikanten COVID-19-Symptomatik ins Krankenhaus aufgenommen wurden, sollten den lokalen COVID-19-Therapieempfehlungen des behandelnden Experten folgen. (11) Fazit: Glukokortikoide nicht absetzen, aber möglichst niedrig dosieren, bei COVID19-Verschlechterung rasch handeln!

den EULAR-Empfehlungen zur Vakzinierung von RMD-Patienten auffrischen zu lassen, mit besonderem Fokus auf die Pneumokokken- und Influenza-Impfung. (12) Bei mit Cyclophosphamid oder Glukokortikoiden behandelten RMD-Patienten sollte eine PJPProphylaxe erwogen werden. (13)

Prävention anderer pulmonaler Infektionen

Quellen: 1 EULAR e-Congress 2020, „COVID-19: EULAR recommendations“-Session, 3. Juni 2020 2 Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217877

Zwei Empfehlungen gibt es noch zu „COVID19-Mimics“: Patienten mit RMD sollte geraten werden, ihren Impfstatus im Einklang mit

Trotz einiger Unterschiede im Aufbau und den Schwerpunkten gibt keine grundlegenden Unterschiede zwischen den jeweils auf Expertenmeinung basierenden COVID19-Empfehlungen der EULAR und den bereits sehr früh Anfang April erstellten des ACR (siehe Folgeseite), betonte auch Prof. Dr. Ted Mikuls, Omaha (USA). Beide bedürfen angesichts der dünnen Evidenz eines zeitnahen Updates, geben aber ebenso wie jene des DGRh (die gleichfalls früh verfügbar war) recht gut die gegenwärtige, limitierte Datenlage wieder. m

Systemische Sklerose: Erste Empfehlungen zum Management Im Kontext der SARS-CoV-2-Pandemie ist gerade bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) von einem schweren Krankheitsverlauf und erhöhten Mortalität auszugehen – insbesondere bei bestehender interstitieller Lungenerkrankung (ILD). Trotz der unsicheren Datenlage hat ein Expertenpanel um Marco Matucci-Cerinic, Florenz (Italien), mit Absegnung der World Scleroderma Foundation (WSF) und im Einklang mit nationalen und internationalen Empfehlungen eine vorläufige Guidance zum Management von SSc-Patienten veröffentlicht.

Nur bei SARS-CoV-2 positiven Patienten wird geraten, Immunsuppressiva temporär auszusetzen und ein striktes engmaschiges Monitoring der Organfunktionen (Lunge, Herz, Niere) durchzuführen, um zeitnah eine Entscheidung für den besten Therapieansatz treffen zu können. Die Schwere der SSc-ILD und das Risiko für einen schweren Verlauf bzw. die Progression der SSc oder einen Flare sollte gegenüber einem höheren COVID-19-Risiko auf individueller Basis abgewogen werden. Vasoaktive Therapien (ACE-Hemmer, Sartane) bei vaskulärer bzw. renaler Beteiligung sollten im Regelfall fortgeführt werden.

Eine antivirale Therapie oder Tocilizumab können bei mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten, die eine schwere, bilaterale COVID19-Pneumonie entwickeln, als Rescue-Medikation erwogen bzw. eingesetzt werden aufgrund des hohen Risikos der raschen Progression zu einem akuten Lungenversagen. Chinesische Leitlinien empfehlen eine i.v. Tocilizumab-Infusion (4-8 mg/kg), die bei Bedarf nach 12 h wiederholt werden kann (die Dosis darf 800 mg nicht übersteigen). Eine mykotische oder bakterielle Superinfektion muss zuvor ausgeschlossen sein (z. B. durch bronchoalveoläre Lavage). Bei bereits auf Tocilizumab eingestellten SSc-Patienten

sollte dieses nicht zusätzlich gegeben werden. Trotz fehlender Evidenz können Hydroxychloroquin (2x 200 mg/Tag) für 5-20 Tage oder Chloroquin (500 mg/Tag) für 20 Tage gegeben werden. Jenseits klinischer Studien wird seitens der WHO vom routinemäßigen Gebrauch von Glukokortikoiden zur Therapie der viralen Pneumonie abgeraten, bei SSc sollten sie vorsichtig eingesetzt werden (renale Krise!). Bei hospitalisierten SSc-Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion ist eine präventive Antikoagulation ratsam. m Quelle: Ann Rheum Dis 2020; 79(6): 724-726


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SARS-COV-2 – SPEZIAL

ACR-Guidance: Empfehlungen zum Umgang mit COVID-19 Ebenso wie die DGRh (und inzwischen auch die EULAR) hat der ACR relativ zeitnah detaillierte, aber naturgemäß provisorische Empfehlungen für US-amerikanische Rheumatologen zum Vorgehen bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und unter Immunsuppressiva formuliert. Da die von einer aus 10 Rheumatologen und 4 Infektiologen bestehende ACR Task Force um Ted R. Mikuls, Omaha, publizierte Guidance an einigen Punkten von den deutschen und europäischen Empfehlungen abweicht, sei sie hier kurz dargelegt.

Allgemein wird für Rheumapatienten festgehalten, dass das Risiko für schlechte COVID-19-Outcomes primär mit generellen Risikofaktoren wie Alter und Komorbiditäten assoziiert zu sein scheint. Patienten sollten die üblichen Präventionsmaßnahmen („social distancing“, Hygiene etc.) befolgen.

Bei Patienten mit SLE sollte bei Erstdiagnose HCQ/CQ in voller Dosis initiiert werden, bei Schwangeren sollte HCQ/CQ in gleicher Dosis fortgeführt werden. Belimumab kann, falls indiziert, initiiert werden.

In einem „shared decision“-Prozess von Patienten und Ärzten sollten selektiv Maßnahmen ergriffen werden, das Potenzial für eine SARS-CoV-2-Exposition in den Praxen zu reduzieren (z. B. seltenere Laborkontrollen, Telemonitoring, größere Intervalle zwischen i.v.-Therapien).

Behandlung neu diagnostizierter oder aktiver Rheumaerkrankungen ohne Infektion oder SARS-CoV-2Exposition

Glukokortikoide (GK) sollten (so indiziert) in der geringstmöglichen zur Krankheitskontrolle erforderlichen Dosierung eingesetzt werden, sollten aber keinesfalls abrupt abgesetzt werden (beides unabhängig von Exposition bzw. Infektionsstatus). Falls indiziert, sollten ACE-Hemmer oder Sartane in voller Dosis beibehalten oder initiiert werden.

Weiterbehandlung stabiler Patienten ohne Infektion oder SARS-CoV-2-Exposition Hydroxychloroquin oder Chloroquin (HCQ/ CQ), Sulfasalazin (SSZ), Methotrexat (MTX), Leflunomid (LEF), Immunsuppressiva (IS; z. B. Tacrolimus, Cyclosporin, Mycophenolat Mofetil, Azathioprin), Biologika, JAK-Inhibitoren und NSAR können fortgeführt werden (dies gilt auch für IL-6-Inhibitoren bei Patienten mit Riesenzellarteriitis). Auch Denosumab kann weiter gegeben werden, das Intervall kann auf max. 8 Monate verlängert werden, um Patientenkontakte zu reduzieren. Bei Patienten mit anamnestischen organbedrohenden Rheumaerkrankungen sollten IS nicht Dosis-reduziert werden.

Aktive entzündliche Arthritis: Bei unter HCQ/CQ stabil kontrollierten Patienten sollte dieses fortgeführt werden, bei NichtVerfügbarkeit oder bei aktiver bzw. neu diagnostizierter Erkrankung sollte ein Wechsel auf ein anderes csDMARD (als Monotherapie oder Kombination) erwogen werden. Bei unter IL-6-Inhibitoren stabil kontrollierten Patienten sollte dieses fortgeführt werden, bei Nicht-Verfügbarkeit sollte der Wechsel auf ein anderes bDMARD erwogen werden (bezüglich JAK-Inhibitoren in dieser Situation war sich das Panel unsicher). Bei mäßiger bis hoher Krankheitsaktivität trotz optimaler csDMARD-Therapie sollte ein bDMARD gestartet werden (in Bezug auf JAK-Inhibitoren war sich das Panel unsicher). Bei aktiver oder neu diagnostizierter entzündlicher Arthritis können csDMARDs initiiert oder gewechselt werden. Falls indiziert, können niedrig dosierte GK (≤10 mg/Tag Prednison) oder NSAR initiiert werden. Andere rheumatische Erkrankungen: Bei Patienten mit systemischen oder organbedrohenden Erkrankungen (z. B. Lupusnephritis oder Vaskulitis) können Hoch-Dosis-GK oder IS initiiert werden. Bei Patienten mit neu diagnostiziertem Sjögren-Syndrom sollte in

Anbetracht mangelnder Daten zur Wirksamkeit HCQ/CQ nicht gestartet werden.

Weiterbehandlung stabiler Patienten nach SARS-CoV-2Exposition (ohne COVID-19Symptome) HCQ, SSZ und NSAR können fortgeführt werden, IS, Nicht-IL-6-Biologika und JAKInhibitoren sollten temporär gestoppt werden (bis zu einem negativen Testergebnis oder nach 2 Wochen Symptomfreiheit). Unsicherheit besteht bezüglich des temporären Absetzens von MTX oder LEF in dieser Situation. Unter bestimmten Bedingungen (und im Falle einer shared decision) können IL-6-Inhibitoren fortgeführt werden.

Behandlung rheumatischer Erkrankungen im Kontext einer dokumentierten oder mutmaßlichen COVID-19-Infektion Unabhängig von der Schwere der COVID19-Infektion können HCQ/CQ fortgeführt werden, während SSZ, MTX, LEF, IS, NichtIL-6-Biologika und JAK-Inhibitoren gestoppt bzw. pausiert werden sollten. Bei schweren respiratorischen Beschwerden sollten NSAR gestoppt werden. Einen schwachen Konsens gab es zum Absetzen von NSAR bei Nicht-Vorliegen schwerer Symptome. Unter bestimmten Bedingungen (als Teil einer shared decision) können IL-6-Inhibitoren fortgeführt werden. m

Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41301


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SARS-CoV-2-Infektion/COVID-19: Aktueller Stand der Studien zu DMARDs Die allgemeine Angst vor der COVID-2-Infektion und ihren Auswirkungen auf rheumakranke Patienten insbesondere im Hinblick auf die negativen Folgen der laufenden Disease-Modifying Antirheumatic Drugs (DMARD)-Therapie haben in der Frühphase der Infektion für große Unsicherheit bei den Patienten, aber auch bei vielen behandelnden Rheumatologen gesorgt.

Schon frühzeitig hat die Task Force der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in ihren Empfehlungen allerdings darauf hingewiesen, dass allein aus Angst vor einer SARS-CoV-2-Infektion DMARDs keinesfalls abgesetzt werden sollten. (1) Diese Aussage stützte sich einmal auf die Erkenntnis, dass im Fall eines Verlustes der Krankheitskontrolle die höhere Aktivität der Erkrankung und der häufig damit verbundene vermehrte Glukokortikoid-Einsatz das Infektionsrisiko ihrerseits erheblich erhöhen. (2) Zum anderen gab es zum Zeitpunkt des Erscheinens der Empfehlungen keinen Hinweis darauf, dass DMARD-Therapien tatsächlich das Risiko erhöhen. Prof. Dr. med. Klaus Krüger Rund drei Monate später stellt sich die Situation klarer dar und bestätigt die damaligen Empfehlungen. Weiterhin gibt es keine Hinweise dafür, dass DMARD-Therapien generell einen negativen Einfluss bezüglich der SARS-CoV-2-Infektion bzw. dem COVID19-Verlauf ausüben. Im Gegenteil gibt es jetzt erste Evidenz zumindest aus kleinen Kohortenstudien und Fallserien, dass ein solcher Einfluss nicht besteht. In einer in New York (USA) gesammelten Fallserie mit 86 Patienten waren 72 % mit einem bDMARD

oder JAK-Inhibitor behandelt, der Anteil an COVID-19-bedingten Hospitalisationen war bei diesen Patienten identisch mit dem der Normalbevölkerung. (3) Eine italienische Untersuchungsserie mit 320 Patienten unter bDMARDs oder JAK-Inhibitoren bot ebenfalls im Vergleich zur Normalbevölkerung keine Auffälligkeiten, insgesamt je vier dieser Patienten erkrankten gesichert oder vermutet an COVID-19 und zeigten durchwegs leichte Verläufe. (4)

Eine erste Untersuchung aus dem Register der COVID-19 Global Rheumatology Alliance bot eine Auswertung von 600 Fällen. (5) Patienten unter ≥10 mg Prednisolon-Tagesdosis wiesen hier eine Verdopplung des Risikos für eine Hospitalierung auf, TNFα-Inhibitoren hingegen eine Risikoreduktion um 60 %. Keine Risikobeeinflussung zeigte sich für Antimalariamittel und weitere csDMARDs, ebenso für andere bDMARDs und JAK-Inhibitoren. Die COVID-19-Kohorte der DGRh wird an anderer Stelle in dieser Ausgabe von Dr. Hasseli ausführlicher dargestellt. In dieser Kohorte fielen Stand jetzt drei COVID19-Todesfälle unter einer laufenden Rituximab-Therapie und einer unter Abatacept auf. Weitere ungünstige COVID-19-Verläufe unter Rituximab werden in einer weiteren, soeben erschienenen amerikanischen Publikation mit Fallserie und Review geschildert. (6) Inwieweit zellbasierte bDMARDs innerhalb der Biologika-Gesamtgruppe bezüglich des COVID-19-Risikos ungünstiger zu beurteilen sind als Zytokin-Inhibitoren, lässt sich jedoch anhand dieser wenigen Fälle noch nicht sicher beurteilen. Experimentelle Untersuchungen einer interdisziplinären Erlanger Forschergruppe

Literatur: 1 Schulze-Koops H, Holle J, Moosig F et al., Aktuelle Handlungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie für die Betreuung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen während der SARS-CoV-2/Covid 19-Pandemie. Z Rheumatol 2020; 79(4): 385-388 | 2 Accortt NA, Lesperance T, Liu M et al., Impact of Sustained Remission on the Risk of Serious Infection in Patients With Rheumatoid Arthritis. Arthritis Care Res 2018; 70(5): 679-684 | 3 Haberman R, Axelrad J, Chen A et al., Covid-19 in Immune-Mediated Inflammatory Diseases - Case Series from New York. N Engl J Med 2020; doi: 10.1056/NEJMc2009567 | 4 Monti S, Balduzzi S, Delvino P, Bellis E, Quadrelli VS, Montecucco C. Clinical course of COVID-19 in a series of patients with chronic arthritis treated with immunosuppressive targeted therapies. Ann Rheum Dis 2020; 79(5): 667-668 | 5 Gianfrancesco M, Hyrich KL, Al-Adely S et al., Characteristics associated with hospitalisation for COVID-19 in people with rheumatic disease: data from the COVID-19 Global Rheumatology Alliance physician-reported registry. Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217871 | 6 Sharmeen S, Elghawy A, Zarlasht F, Yao Q. COVID-19 in rheumatic disease patients on immunosuppressive agents. Semin Arthritis Rheum 2020; 50(4): 680-686 | 7 Abgerufen am 11.6.2020 bei: clinicaltrials.gov | 8 Boulware DR, Pullen MF, Bangdiwala AS et al. A Randomized Trial of Hydroxychloroquine as Postexposure Prophylaxis for Covid-19. N Engl J Med 2020; doi: 10.1056/NEJMoa2016638 | 9 Torjesen I. Covid-19: Hydroxychloroquine does not benefit hospitalised patients, UK trial finds. BMJ 2020; 369: m2263 | 10 Patel TK, Barvaliya M, Kevadiya B et al., Does Adding of Hydroxychloroquine to the Standard Care Provide Any Benefit in Reducing the Mortality Among COVID-19 Patients?: A Systematic Review. J Neuroimmune Pharmacol 2020; doi: 10.1007/s11481-020-09930-x


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SARS-COV-2 – SPEZIAL

um Prof. Schett, über die ebenfalls in dieser Ausgabe berichtet wird, lassen möglich erscheinen, dass in der Rheumatologie verwendete Zytokin-Hemmer, insbesondere die gegen Interleukin (IL)-1 und IL-6 gerichteten Wirkstoffe, möglicherweise bei schweren COVID-19-Verläufen sogar eine protektive Wirkung entwickeln. Gegenwärtig läuft eine Vielzahl an Studien, die die Wirkung von in der Rheumatologie verwendeten Substanzen bei SARS-CoV-2-Infektion (und schweren COVID-19-Verläufen) untersuchen. (7) Im Einzelnen sind folgende Substanzen involviert: Hydroxychloroquin (215 Studien), Tocilizumab (54), Anakinra (18), Sarilumab und Baricitinib ( je 15), Tofacitinib (4), Canakinumab (3), Infliximab und Methotrexat ( je 1). Insbesondere Hydroxychloroquin (HCQ) wurden von Beginn der Pandemie an – befördert durch eine methodisch eher zweifelhafte französische Untersuchung mit wenigen Patienten – große Hoffnungen entgegengebracht, die sich bisher nicht erfüllt haben. Zuletzt hat unter anderem eine große randomisiert-kontrollierte Untersuchung mit 821 Probanden keinen Effekt der Substanz in der Postexpositions-Prophylaxe gezeigt. (8) Im britischen RECOVERY-Trial erwies sich die Substanz als ineffektiv auch bei hospitali-

sierten Patienten. (9) Ein systematischer Review mit Auswertung von sechs Studien ergab keine Hinweise für eine Reduzierung der COVID-19-assoziierten Mortalität. (10) Trotz der vielen noch laufenden HCQ-Studien muss man somit eher skeptisch sein, dass diese Substanz sich in Zukunft als nachhaltig protektiv erweist. Bei den weiteren untersuchten Substanzen (primär IL-1- und IL-6- und JAKInhibitoren) liegen bisher keine Ergebnisse vor, die eine zuverlässige Beurteilung erlau-

ben würden. Nach jetzigem Wissensstand ist somit dringend davon abzuraten, diese Substanzen allein wegen des vermeintlichen Schutzes gegen die Infektion einzunehmen. m Prof. Dr. med. Klaus Krüger Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Praxiszentrum St. Bonifatius St.-Bonifatius-Str. 5, 81541 München

Pilotstudie zu Baricitinib bei COVID-19-Pneumonie Bei COVID-19 rücken auch die JAK-Inhibitoren Baricitinib und Ruxolitinib zunehmend in den Fokus des Interesses. So sind für Baricitinib jenseits der Hemmung entzündlicher Zytokine antivirale Effekte, vermittelt über das Protein AAK1, das die SARS-CoV2-Endozytose reduziert, belegt. In Kombination mit Remdesivir wird der JAK-1/-2-Inhibitor derzeit in einer randomisierten, kontrollierten Studie getestet. Die Daten einer Pilotstudie italienischer Experten um Fabrizio Cantini, Prato, in der Baricitinib in Kombination mit Lopinavir-Ritonavir bei COVID-19-Patienten mit moderater Pneumonie geprüft wurde, stimmen vorsichtig optimistisch.

Alle 12 konsekutiven, hospitalisierten Patienten (medianes Alter 63,5 Jahre) mit einer milden bis moderaten COVID-19-Pneumonie (bilateral, mit oder ohne Milchglastrübung, aber ohne Konsolidierung; keine Intubation, SpO2 >92 %, PaO2/FiO2 100-300 mmHg) erhielten Baricitinib 4 mg/Tag plus eine Standardtherapie (SoC: Lopinavir/Ritonavir 2x 250 mg/Tag, Hydroxychloroquin 400 mg/ Tag für 2 Wochen). 12 Patienten mit alleiniger SoC und vergleichbarem Ausgangsrisiko dienten als Kontrollen. Baricitinib wurde gut vertragen, nur bei einem Patienten wurde es

nach 10 Tagen abgesetzt. Es kam zu keinen bakteriellen oder opportunistischen Infektionen, Thrombophlebitis oder hämatologischen Toxizitäten. In der Baricitinib-Gruppe verbesserten sich alle klinischen und Lungenfunktionsparameter in Woche 1 und 2 signifikant gegenüber Baseline, nicht aber in der Kontrollgruppe. Fieber, SpO2, PaO2/FiO2, CRP und der modifizierte Frühwarn-Score für klinische Verschlechterung (MEWS) verbesserten sich unter Baricitinib signifikant gegenüber den

Kontrollen (p=0,000, =0,000, =0,017, =0,023 bzw. =0,016). Eine Verlegung in die Intensivabteilung erfolgte bei 33 % der Kontrollen vs. 0 % unter Baricitinib (p=0,093), eine Entlassung in Woche 2 bei 58 % der mit Baricitinib behandelten Patienten vs. 8 % der Kontrollen (p=0,027). Ungeachtet der geringen Fallzahlen geben diese vorläufigen Daten Anlass zu verhaltenem Optimismus im Hinblick auf größere, kontrollierte Studien. m Quelle: J Infect 2020; doi: 10.1016/j.jinf.2020.04.017


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

Chancen und Risiken der Zytokin-Inhibiton im Kontext der SARS-CoV-2-Pandemie Einen aktuellen Überblick zu den möglichen Implikationen einer Therapie mit Zytokin-Inhibitoren im Rahmen der durch SARS-CoV2 verursachten COVID-19-Erkrankung bei Patienten mit chronischen Immun-vermittelten entzündlichen Erkrankungen (IMIDs) wie z. B. rheumatoider Arthritis (RA) oder Spondyloarthritis (SpA) im Sinne eines erhöhten Infektionsrisikos geben Georg Schett, Erlangen, und Kollegen.

COVID-19 führt zu einer raschen Aktivierung des angeborenen Immunsystems in Form erhöhter Spiegel proinflammatorischer Effektor-Zytokine wie TNF, Interleukin (IL)-1β, IL-6, IL-8, G-CSF und GM-CSF (Granulozyten-[Monozyten]-Kolonie-stimulierender Faktor) sowie Chemokinen wie MCP1, IP10 und MIP1α, insbesondere bei kritisch erkrankten Patienten. Zusätzlich sind T Zellabgeleitete Zytokine wie z. B. IL-17 im Rahmen einer SARS-CoV-2-Infektion erhöht. Bei manchen COVID-19-Patienten entwickelt sich ferner ein Zytokinsturm, der an eine sekundäre hämophagozytische Lymphohistiozytose erinnert, einen durch virale Infektionen angestoßenen hyperinflammatorischen Zustand, berichten die Erlanger Experten. Obwohl die meisten durch SARS-CoV-2 induzierten und bei IMIDs eingesetzten Zytokine eine wichtige Rolle für das Entzündungsgeschehen spielen, scheinen sie nicht essenziell für die Kontrolle der Viruselimination zu sein. So steigern an IL-23 und IL-4/ IL-13 ansetzende Therapien nicht das Risiko viraler, bakterieller oder Pilzinfektionen, während die IL-17A-Inhibition lediglich ein Signal für Candida-, nicht aber virale Infek-

tionen zeigt. Anti-TNF und -IL-6-Therapien erhöhen das Risiko bakterieller Infektionen, haben aber geringere Effekte auf virale Infektionen (Ausnahme: Hepatitis B) (Abb.). Obwohl die Inzidenz von Influenza und damit assoziierten Komplikationen z. B. bei RA erhöht ist, fand sich kein solches Signal für Zytokin-Inhibitoren. Auch erreichen mit TNFα-Blockern behandelte RA-Patienten ein normales Immunansprechen nach einer Influenza-Impfung. Die Viruselimination scheint primär von anderen Zytokinen wie IL-15, Typ I-Interferonen und IFNγ abzuhängen, so die Autoren. Obgleich die Zytokin-Inhibition auf den ersten Blick als „Immunsuppression“ zu betrachten ist und insofern schädlich im Kontext der COVID-19-Pandemie, neutralisieren diese Antikörper anderserseits eher spezifische Mediatoren der Entzündungskaskade als dass sie zu einer breiten Immunsuppression führen würden. Überdies könnten Zytokin-Inhibitoren im Falle eines schweren COVID-19-Verlaufs eine Hyperinflammation abschwächen, weshalb derzeit hierzu auch mehrere Studien zu

MC

PsO IL-17/ IL-23

CU IL-23

AD

SpA IL-17

IL-4/ IL-13

RA

IL-6

IL-6

IL-17

IL-23

So erhöhen JAK-1- und JAK-3-Inhibitoren bekanntlich das Risiko für Herpes zoster. Diese Angriffspunkte (JAK-1/-3) beeinflussen die Funktion verschiedener Zytokine, die am antiviralen Ansprechen beteiligt sind, wie z. B. Typ I-Interferone, IL-2, IL-15, IL-21 und IFNγ. Somit könnten JAK-1/-3-Inhibitoren theoretisch die Elimination von SARSCoV-2 hemmen. Auf der anderen Seite scheint die JAK-2-Inhibition den Eintritt von SARS-CoV-2-Viren und die IL-17-induzierte Zytokin-Aktivierung zu hemmen. Da IL-6 und GM-CSF, die beide von SARS-CoV-2 induziert werden, partiell oder komplett in den JAK-2-Signalweg involviert sind, ist es nicht überraschend, dass JAK-2 als Angriffspunkt in der Therapie einer Hyperinflammation bei COVID-19 diskutiert und auch in klinischen Studien mit Baricitinib evaluiert wird.

Fazit

TNF TNF

IL-6R- und IL-6-Inhibitoren (Sarilumab, Tocilizumab) laufen. Etwas anders ist möglicherweise die Situation, wenn anstatt einzelner Zytokine (TNF, IL-6, IL-17A, IL-23 oder IL-4/ IL-13), die im Gegensatz zu Glukokortikoiden nicht die Rate viraler Infektionen oder einen schwereren Verlauf von diesen zu fördern scheinen, wie im Falle von JAK-Inhibitoren mehrere Zytokine, die auch an Interferon ansetzen, ins Visier genommen werden.

IL-4/IL-13

JAK1/JAK3

viral bakteriell fungal Makrophagen, PMNs T-Zellen

Trotz noch unklarer Datenlage scheinen Zytokin-Inhibitoren, die auch gemäß den DGRh-Handlungsempfehlungen im Rahmen der Pandemie nicht abgesetzt werden sollen, nicht per se das Risiko für virale Infektionen oder einen schweren COVID-19-Verlauf zu erhöhen und könnten sich im Gegenteil sogar als effektive COVID-19-Therapien entpuppen. m

Abk.: AD – Atopische Dermatitis, CU – Colitis ulcerosa, MC – Morbus Crohn, PsO – Psoriasis; PMNs – Granulozyten

Abb.: Zytokin-Inhibitoren bei verschiedenen IMIDs und das jeweilige Risiko für virale, bakterielle und Pilzinfektionen (rot = Risiko, grün = kein Risiko)

Quelle: Nat Rev Immunol 2020; 20(5): 271-272


Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

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SARS-COV-2 – SPEZIAL

Erste positive Erfahrungen mit IL-1-RezeptorInhibitor Anakinra Zu den interessantesten Ansatzpunkten bei der Behandlung von COVID-19-Patienten mit Zytokinsturm zählt die Interleukin (IL)- Inhibition, die ebenso wie zwei gegen IL-6 gerichtete Antikörper in randomisierten, kontrollierten Studien geprüft wird. In einer retrospektiven Kohortenstudie gelang es, mit einer hoch-dosierten i.v.-Therapie mit dem IL-1-Rezeptor-Antagonisten Anakinra einen Zytokinsturm abzumildern. Jüngster Beleg für die potenzielle Effektivität von Anakinra ist die von Gilles Hayem, Paris (Frankreich), und Kollegen publizierte prospektive Ana-COVID-Kohortenstudie zu dessen Einsatz von Anakinra bei mit schweren COVID-19-Symptomen hospitalisierten Patienten mit Verschlechterung der respiratorischen Funktion.

In die von Giulio Cavalli, Mailand (Italien), und Kollegen ausgewertete Fallserie gingen 29 konsekutive COVID-19-Patienten mit mäßigem bis schwerem akuten Lungennotsydrom (ARDS) ein, bei denen ein „Cytokine-Release Syndrome“ (CRS), definiert als Serum-CRP ≥100 mg/l und/oder Ferritin ≥900 ng/ml), vorlag und die außerhalb der Intensiveinheit nicht-invasiv beatmet und eine Standardtherapie (SoC) von 2x 200 mg Hydroxychloroquin/Tag und 2x 400 mg Lopinavir mit 100 mg Ritonavir/Tag erhielten. Zusätzlich bekamen sie Anakinra in hoher Dosis (i.v. 2x 5 mg/kg). Nicht bewertet wurden 7 Patienten, die Anakinra in niedriger Dosierung (s.c. 2x 100 mg/Tag) erhielten, da sich das CRS und der klinische Verlauf nicht ausreichend gebessert hatten. Die Endpunkte waren das Überleben, Überleben ohne mechanische Beatmung, CRP, Atemfunktion und der klinische Status nach 21 Tagen gegenüber 16 Patienten, die die SoC ohne Anakinra erhalten hatten. Bei 72 % der Anakinra-Patienten kam es binnen weniger Tage zu einem deutlichen Rückgang des CRP und einer progressiven Verbesserung der Atemfunktion. 17 % mussten mechanisch beatmet werden, nur 10 % verstarben (infolge Lungenembolie, Ateminsuffizienz und Multiorganversagen). In der Vergleichsgruppe kam es nur bei 50 % binnen 21 Tagen zur Verbesserung der Atemfunktion, 6 % mussten mechanisch beatmet werden, 44 % starben. Der Unterschied im Überleben (90 vs. 56 %; p=0,009) zugunsten von Anakinra war nach 21 Tagen signifikant, nur im Trend galt dies für das Überleben ohne mechanische Beatmung (72 vs. 50 %; p=0,15). Die Studie liefert somit erste Hinweise darauf, dass sich auch ein CRS im Kontext von

COVID-19 mit Anakinra in hoher Dosierung abschwächen und das Überleben verbessern lässt, genaueres wird sich aber erst durch randomisierte Studien sagen lassen, in denen der IL-1R-Inhibitor allerdings in teils auch niedrigeren Dosen (s.c.) erprobt wird. In dieser Studie wurde die hohe Dosis als sicher eingestuft, obwohl in 24 % der Fälle ein Abbruch erforderlich war, der aber nicht zu einem Wiederaufflammen des CRS führte. (1)

AnaCOVID-Studie im Fokus Die Ana-COVID-Studie schloss am SaintJoseph-Krankenhaus in Paris erwachsene Patienten mit schwerer COVID-19-assoziierter bilateraler Pneumonie im Röntgenthorax oder Thorax-CT ein mit Labor-bestätigtem SARS-CoV-2-Nachweis oder typischen Infiltraten im Thorax-CT und entweder einer Sauerstoffsättigung ≤93 % unter O2 ≥6 l/ min. oder einer Verschlimmerung (Sättigung ≤93 % unter O2 3 L/min.) mit einem Verlust von 3 % der O2-Sättigung in der Umgebungsluft über 24 h. Die prospektive Kohorte mit 52 Patienten erhielt Anakinra s.c. 100 mg 2x täglich für 72 h, danach 1x 100 mg/Tag für 7 Tage sowie die zu dieser Zeit eingesetzten SoC bzw. supportiven Maßnahmen. Der Vergleich erfolgte gegen 44 historische Kontrollen mit identischen Einschlusskriterien und SoC, aber ohne Anakinra. Signifikante Unterschiede der Anakinra- versus historischen Kohorte waren ein niedrigerer BMI (-3,5), eine längere Symptomdauer (+2,2 Tage), höhere Plättchenzahl (+58x109 Zellen/l) und häufigerer Einsatz von Hydroxychloroquin (+29 %) und Azithromycin (+17 %). Als primärer kombinierter Endpunkt war die Verlegung auf die Intensivstation zur invasiven mechanischen Beatmung oder Tod definiert worden.

In der Intentention-to-treat-Analyse erreichten den primären Komposit-Endpunkt 13 von 52 Patienten der Anakinra-Gruppe gegenüber 32 von 44 im Kontrollarm (25 vs. 73 %, Hazard ratio, HR 0,22; p<0,0001). Ähnlich waren die Ergebnisse für Tod (HR 0,30; p=0,0063) und invasive mechanische Beatmung (HR 0,22; p=0,0015) alleine. Der signifikante Vorteil von Anakinra im kombinierten Endpunkt blieb auch in einer multivariaten Analyse bestehen (HR 0,22; p=0,0002). Bei den 39 Überlebenden im Anakinra-Arm ohne mechanische Beatmung sank der O2-Bedarf von initial 7 auf 2 l/min. an Tag 7 (p<0,001). Anders als im Kontrollarm kam es bis Tag 4 zu einem drastischen Abfall der erhöhten CRP-Werte (p<0,001). Unter Anakinra kam es etwas häufiger kam zu einem Anstieg der Leberwerte (13 vs. 9 %) und zu Thromboembolien (19 vs. 11 %). Bei akzeptabler Sicherheit senkte Anakinra somit ganz erheblich die Notwendigkeit für eine mechanische Beatmung und Mortalität. Derzeit laufen gut ein Dutzend kontrollierte Studien zu Anakinra in diesem Setting, die einen genaueren Aufschluss über dessen Potenzial (und mögliche Risiken) geben werden. (2) Kurz erwähnt sei noch, dass auch der IL-1b-Inhibitor Canakinumab bei COVID19-Patienten mit bilateraler Pneumonie und Hyperinflammation positive Resultate lieferte – jedoch umfasste die retrospektiv ausgewertete Fallserie nur 10 Patienten. (3) m

Quellen: 1 Lancet Rheumatol 2020; 2(6): e325-e331 2 Lancet Rheumatol 2020; doi: 10.1016/S2665-9913(20)30164-8 3 Lancet Rheumatol 2020; doi: 10.1016/S2665-9913(20)30167-3


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

IL-6-Inhibitoren: Vorsichtiger Optimismus angebracht Bei COVID-19-Patienten, die einen Zytokinsturm entwickeln, liegt es auf der Hand, einen Therapieversuch mit Interleukin (IL)-6-Inhibitoren zu unternehmen – bei einem unter einer CAR-T-Zell-Therapie auftretenden „Cytokine Release Syndrome“ (CRS) ist mit Tocilizumab bereits ein Vertreter dieser Substanzklasse zugelassen. Derzeit laufen mehrere randomisiert-kontrollierte und viele Beobachtungsstudien zu Tocilizumab und Sarilumab. Inzwischen liegen die ersten, noch vorläufigen Studienergebnisse vor und weisen durchaus auf eine gewisse Effektivität bei schweren COVID-19-Verläufen hin.

Zunächst zum IL-6-Rezeptor-Inhibitor Sarilumab, zu dem die Hersteller Sanofi und Regeneron am 27. April eine erste Pressemitteilung zu ihrer US-amerikanischen Phase-II/III-Studie mit adaptivem Design zu dessen Einsatz bei hospitalisierten COVID19-Patienten herausgegeben haben. Nach Empfehlung eines „Independent Data Monitoring Committee“ (IDMC) soll die bisherige Phase-II-Studie (457 Teilnehmer mit SARS-CoV-2-Nachweis und Pneumonie; ein CRS war nicht gefordert, 28 % schwer, 49 % kritisch erkrankt, 23 % Multiorganversagen) mit zwei Anpassungen nunmehr in Phase-III fortgeführt werden. Bislang zeigten die Daten, dass bei „schweren“ oder „kritisch erkrankten“ COVID-19-Patienten (definiert als ohne oder mit invasiver Beatmung bzw. O2-Hochdurchfluss-Therapie bzw. Intensivpflicht), die mit hoch oder niedrig dosiertem Sarilumab (eine i.v.-Infusion von 200 oder 400 mg) behandelt wurden, nur die fortgeschrittene, kritisch erkrankte Gruppe unter der hohen Sarilumab 400 mggegenüber Placebo und der 200 mg-Dosis von einer Verbesserung (klinisch, Tod, Beatmung, Entlassung) profitierte. In der Gesamtgruppe von 358 Patienten kam es im primären Endpunkt zu einer Reduktion des CRP-Spiegels unter Placebo (n=77), Sarilumab 200 (n=136) und 400 mg (n=145) um 21, 77 und 79 % ab Baseline. In der vorläufigen Analyse zeigte sich bei kombinierter Auswertung schwer und kritisch erkrankter Patienten kein Vorteil für Sarilumab gegenüber Placebo, unabhängig von der Therapie konnten in Phase-II 80 % der Teilnehmer entlassen werden, je 10 % starben oder verblieben noch im Krankenhaus. Aufgrund des positiven Trends in der Gruppe der kritisch Erkrankten wird nur diese in Pha-

se-III weiter verfolgt und dort ausschließlich mit Sarilumab 400 mg behandelt (vs. Placebo). In der Subgruppe der 226 kritisch erkrankten Patienten in der Phase-II-Studie hatten sich folgende Ergebnisse unter Placebo (n=44), Sarilumab 200 (n=94) oder 400 mg (n=88) gezeigt: Tod oder invasive Beatmung 55 vs. 46 vs. 32 %, Tod 27 vs. 36 vs. 23 %, invasive Beatmung 27 vs. 10 vs. 9 %, klinische Verbesserung 41 vs. 51 vs. 59 %, ohne O2-Zufuhr 41 vs. 43 vs. 58 %, Entlassung 41 vs. 39 vs. 53 %. Ob sich für die hohe Dosis auch ohne CRS als Einschlusskriterium tatsächlich ein signifikanter Wirksamkeitsvorteil im Phase-III-Teil der Studie mit 600 Patienten einstellen wird, bleibt abzuwarten. Zusätzlich soll Sarilumab auch in einer zweiten Phase-III-Studie außerhalb der USA (Italien, Spanien, Deutschland, Frankreich, Kanada, Russland, Israel, Japan) bei weiteren 400 COVID-19-Patienten geprüft werden.

Tocilizumab: Vorläufige Daten der CORIMUNO-19-Studie Nach positiven Fallserien mit 29 COVID19-Patienten aus China (1) und 100 aus dem italienischen Brescia (2) zu dem gleichfalls in mehreren randomisierten, kontrollierten Studien untersuchten Tocilizumab, liegt zu diesem eine Vorab-Pressemitteilung zu einer multizentrischen, open-label, randomisiert-kontrollierten aus Frankreich vor, in der der IL-6-Rezeptor-Inhibitor im Verhältnis 1:1 bei 129 hospitalisierten, mäßig bis schwer erkrankten COVID-19-Patienten mit Pneumonie gegen Placebo auf dem Boden einer Standardtherapie getestet wurde. Der primäre kombinierten Endpunkt (Bedarf für eine mechanische oder nicht-invasive Beatmung oder Tod nach 14 Tagen) wurde unter Tocilizumab signifikant erreicht, eine Publikation der Daten aus der CORIMUNO-19-Studie ist avisiert, steht aber noch aus. m

Bei COVID-19-Patienten ist laut Pier Leopoldo Capecchi, Siena (Italien), jenseits von Pneumonien mit kardiovaskulären Komplikationen zu rechnen, so bei bis zu 16,7 % mit Arrhythmien und 5,9 % mit ventrikulären Tachyarrhythmien in Verbindung mit einer Verlängerung des QTc-Intervalls. (3) Interessant ist, dass eine systemische Entzündung via erhöhtem IL-6 als neuer, weiterer Risikofaktor für eine QTc-Verlängerung identifiziert wurde. Tatsächlich konnte für Tocilizumab bei RA-Patienten eine signifikante QTcVerkürzung nachgewiesen werden sowie nach Nicht-ST-Hebungsinfarkt eine Reduktion der Entzündungsantwort und myokardialer Schäden. In diesem Kontext könnte die IL-6-Inhibition somit auch im Hinblick auf die Reduktion kardiovaskulärer Risiken durch COVID-19 sinnvoll sein.

Quellen: 1 Proc Natl Acad Sci U S A 2020; 117(20): 10970-10975 2 Autoimmun Rev 2020; 19(7): 102568 3 Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217523

AUSBLICK

Sarilumab: Erste Ergebnisse einer Phase-II/III-Studie


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

Hydroxychloroquin: Enttäuschte Hoffnungen Auch wenn die meisten randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs) noch ausstehen, hat sich der Hype um Hydroxychloroquin (HCQ) bzw. Chloroquin (CQ) bei SARS-CoV-2 merklich gelegt. Von Beginn an waren Zweifel angebracht, da sich die Therapieversuche letztlich nur auf Laborexperimenten, anekdotischen Berichten aus China und einer unkontrollierten, fragwürdigen französischen Studie gründeten. Nach Publikation mehrerer Beobachtungsstudien und einer ersten RCT im Setting der Prävention muss nunmehr davon ausgegangen werden, dass HCQ (und vermutlich auch CQ) keinen nachweisbaren Nutzen hat. Dass HCQ Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) nicht vor COVID-19 schützt, hatten bereits frühzeitig Daten des COVID-19 Global Rheumatology Alliance-Registers gezeigt.

Früh waren Bedenken laut geworden, da HCQ (vor allem in Kombination mit Makrolid-Antibiotika wie Azithromycin) die QTcZeit verlängert, was gerade bei Patienten mit kardialen Vorschädigungen, was auf viele COVID-19-Betroffene zutrifft, Herzrhythmusstörungen fördern kann. Vorübergehend hatte die WHO sogar Studien zu HCQ/CQ suspendiert, nachdem Mandeep Mehra, Bosten (USA), und Kollegen in einer Analyse des großen internationalen Patientenregisters Surgisphere für HCQ/CQ insbesondere in Kombination mit Azithromycin über eine erhöhte Mortalität von COVID-19-Patienten, womöglich in Verbindung mit ventrikulären Arrythmien berichtet hatten – die Studie im Lancet wurde jedoch inzwischen zurückgezogen. In Zeiten von COVID-19 scheint die Versuchung für wissenschafltiche Schnellschüsse besonders groß zu sein. Zuvor hatte eine am Irving Medical Center durchgeführte Beobachtungsstudie von Neil W. Schluger, New York (USA), und Kollegen, HCQ (2x 600 mg an Tag 1, danach 1x 400 mg/Tag für median 5 Tage) bei Patienten mit COVID-19-Pneumonie und O2-Bedarf (keine mechanische Beatmung) untersucht. Von den 1.376 konsekutiven Patienten hatten 811 (59 %) HCQ erhalten, diese waren im Schnitt schwerer erkrankt (schlechtere Lungenfunktion, höheres CRP/Ferritin, häufiger kardiometabolische Komorbiditäten). Unter HCQ erreichten nach median 22 Tagen 32,3 % den primären Endpunkt (Tod, mechanische Beatmung) gegenüber 14,9 % ohne HCQ (HR 2,37). Nach multivariater Adjustierung auf Patientencharakteristika, Lungenerkrankungen und Laborwerte war das Ergebnis neutral (HR 1,00), ein Nutzen war nicht erkennbar (eine Ko-Therapie mit Azithromycin beeinflusste das Ergebnis nicht). (1) Inzwischen wurde die große britische RCT RECOVERY mit 1.542 Patienten abgebro-

chen, nachdem bei hospitalisierten COVID19-Patienten keinerlei Nutzen von HCQ erkennbar war (28-Tages-Mortalität 25,7 vs. 23,5 %). Obwohl sicherlich noch Fragen zum Timing und der HCQ-Dosierung offen bleiben, stellt sich doch die Frage, ob man sich künftig nicht besser aussichtsreicheren Therapieoptionen zuwenden sollte.

Auch Präventionsstudie mit HCQ gescheitert Eine erste randomisierte, placebokontrollierte Studie von David R. Boulware, Minneapolis (USA), und Kollegen zur Einnahme von HCQ bei Personen nach einem Kontakt mit einer mit SARS-CoV-2 infizierten Person ergab nun überdies auch keinen Schutz vor Symptomen einer COVID-19-Infektion. Es waren 821 asymptomatische Personen (≤4 Tage nach Exposition) rekrutiert worden, die sich im Haushalt oder am Arbeitsplatz einer Person mit COVID-19 länger als 10 Minuten auf weniger als 1,8 Meter Distanz genähert hatten und von denen 719 dabei keinen Mund-Nasen-Schutz getragen hatten. Die übrigen 102 Teilnehmer hatten eine solchen, aber keinen Augenschutz getragen. Alle erhielten per Boten 19 Tabletten (200 mg HCQ oder Placebo), die sie in den folgenden 5 Tagen (4 Tabletten sofort, 3 weitere nach 6-8 h und an den folgenden 4 Tagen je 3 Tabletten) einnehmen sollten. Primärer Endpunkt war eine COVID-19-Erkrankung. Der Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion wurde nicht gefordert. Die Diagnosen wurden per E-Mail erfragt. In der HCQ-Gruppe kam es bei 49 von 414 Teilnehmern zu einer COVID-19-Symptomatik, im Placebo-Arm bei 58 von 407 Teilnehmern (11,8 vs. 14,3 %; p=n.s.). Eine bestätigte SARS-CoV-2-Infektion war in der HCQ-Gruppe sogar häufiger (11 vs. 9

Patienten, 2,7 vs. 2,2 %). HCQ war zwar mit mehr Nebenwirkungen verbunden (40,1 vs. 16,8 %), aber keinen ernsten Komplikationen. In beiden Gruppen kam es jeweils zu einer Hospitalisie­rung, aber zu keinem Todesfall. (2) Derzeit laufen ca. 60 Studien zur Prävention mit HCQ, die Ergebnisse der mit 15.000 Teilnehmern größten, HERO-HCQ, sollen im Juli vorliegen.

Offenbar kein Schutz von SLE-Patienten Dass HCQ in den üblichen „rheumatologischen“ Dosierungen bei SLE-Patienten keinen Einfluss auf das SARS-CoV-2- bzw. COVID-19-Risiko ausübt, belegen von Maximilian F. Konig, Baltimore (USA), und Philip C. Robinson, Brisbane (Australien), vorgelegte Daten aus dem COVID-19 Global Rheumatology Alliance-Register. Von 80 Patienten mit SLE und COVID-19 (davon 90 % Frauen, 86 % <65 Jahre) waren vor der SARSCoV-2-Infektion 64 % auf HCQ (oder CQ) eingestellt. Weder in Bezug auf das Hospitalisierungsrisiko (55 vs. 57 %) noch die Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung (nicht-invasiv oder invasiv inklusive ECMO) war mit oder ohne HCQ/CQ ein Unterschied erkennbar. (3) Ähnliche Erfahrungen machten Alexis Mathian, Paris, in einer französischen Kohorte mit 17 SLE-Patienten unter einer HCQ-Langzeittherapie. (4) m

Quellen: 1 N Engl J Med 2020; doi: 10.1056/NEJMoa2012410 2 N Engl J Med 2020; doi: 10.1056/ NEJMoa2016638 3 Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217690 4 Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217566


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

COVID-19: Neuigkeiten vom EULAR e-Congress Jenseits der Vorstellung der EULAR-Empfehlungen zum Management von Rheumapatienten im Kontext der COVID-19-Pandemie und aktuellen Daten aus dem europäischen Register wurden noch weitere Abstracts zu diesem Themenkomplex vorgestellt. Auch wenn Vieles bereits vorab in den Annals of Rheumatic Diseases publiziert wurde und die ersten Ergebnisse des deutschen COVID-19-Rheuma-Registers an anderer Stelle ausführlich besprochen wurden, sei hier unter anderem kurz auf eine separate Analyse aus dem deutschen Register eingegangen sowie auf eine spanische Beobachtungsstudie, die sich speziell mit dem Risiko unter einer laufenden Biologika-Therapie befasste.

Die von PD Dr. Anne Regierer, Berlin, präsentierte Analyse zum Hospitalisierungsrisiko von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen im deutschen COVID-19-Rheuma-Register schloss 192 Teilnehmer ein (ca. 2/3 Frauen, häufigste Diagnosen rheumatoide Arthritis [RA], gefolgt von Psoriasis-Arthritis [PsA]), Spondyloarthritis [SpA] und systemischem Lupus erythematodes [SLE]), von denen 64 hospitalisiert (33,3 %) und 21 invasiv oder nichtinvasiv beatmet werden mussten (10,9 %), 15 (7,8 %) verstarben. Nicht-hospitalisierte Patienten waren im Mittel jünger, hatten weniger Komorbiditäten, und wurden seltener mit Glukokortikoiden (GK) behandelt. In der Gruppe der hospitalisierten Patienten waren im Vergleich zu nicht-hospitalisierten Patienten häufiger Männer vertreten (42 vs. 32 %), besonders groß war die Differenz bei beatmungspflichtigen Patienten (57 %). In einem multivariaten logistischen Regressionsmodell – adjustiert auf Alter, Geschlecht, wesentliche Komorbiditäten (kardiovaskulär, Lungenerkrankungen, Niereninsuffizienz), früherer/gegenwärtiger Gebrauch von GK oder NSAR, Remission – waren ein Alter ≥65

Jahre (Odds ratio, OR 5,1; 95% KI 2,3-11,4), kardiovaskuläre Komorbidität (OR 2,3; 95% KI 1,0-5,0) und eine vorherige oder aktuelle Therapie mit GK (OR 2,6; 95% KI 1,2-5,4) unabhängig mit einer Hospitalisierung infolge COVID-19 assoziiert. (1) Wie für COVID-19 generell beschrieben, ist auch bei Rheumapatienten männliches Geschlecht mit einem höheren Risiko für einen schweren Verlauf verbunden. Risikofaktoren für eine SARS-CoV-2-bedingte Hospitalisierung von Rheumapatienten sind ein höheres Alter, kardiovaskuläre Vorerkrankungen und eine Steroidtherapie. Eine spanische Arbeitsgruppe um Carlos Gonzalez, Madrid, befasste sich mit dem Risiko von mit bDMARDs oder tsDMARDs behandelten Rheumapatienten, die infektionsbedingt aufgrund COVID-19 hospitalisiert werden mussten. In die retrospektive Analyse gingen 1.668 Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, Psoriasis oder CED und einer b/tsDMARD-Therapie ein (im Mittel 53 Jahre, 52,4 % Frauen, u. a. 23,5 % RA, 16,6 % SpA, 7,4 % PsA), die Mehrzahl war auf einen TNFα-Inhibitor (63,2 %) eingestellt. 19 (1,1 %) dieser Patienten wurden infolge eines schweren COVID-19-Verlaufs hospitalisiert, 4 (21,1 %) verstarben. Die hospitalisierten Patienten waren älter (61 vs. 53 Jahre; p=0,009), ebenso jene, die verstarben (69,5 vs. 53 Jahre). Entgegen den Erwartungen hatten Frauen eine schlechtere Progno-

se, waren aber im Mittel auch älter (55 vs. 51 Jahre; p<0,001). Bei einem Vergleich der b/tsDMARD-Patienten mit einem Kontrollkollektiv (n=4.601) ebenfalls aufgrund COVID-19 hospitalisierter Patienten zeigten sich keine Unterschiede in Bezug auf Alter und Geschlecht. DMARDs schienen mit einer etwas höheren Mortalität verbunden zu sein, (21,1 vs. 12,0 %), was bei nur 4 verstorbenen Patienten im DMARD-Arm aber eher als Zufallsbefund zu werten sein dürfte. Eine AntiTNF-Therapie war mit einem geringeren Hospitalisierungsrisiko verbunden (0,6 vs. 2,1 %), diese Gruppe war mit 51 vs. 55 Jahren aber auch jünger ( je p<0,001). Auch RA (Cave: n=9) war mit einem erhöhten Hospitalisierungsrisiko assoziiert (2,3 vs. 0,8 %, p>0,025), jedoch waren diese Patienten im Mittel älter (62 vs. 50 Jahre; p<0,001). (2) Angesichts der geringen Fallzahlen betroffener Rheumapatienten unter b/tsDMARDs sind verbindliche Aussagen schwierig, prinzipiell werden aber die Empfehlungen gestützt, wonach bDMARDs und tsDMARDs im Rahmen der Pandemie nicht abgesetzt werden sollten. m Quellen: 1 EULAR e-Congress 2020; Abstract CO0004 2 EULAR e-Congress 2020; Abstract CO0003 3 EULAR e-Congress 2020; Abstract CO0002

Über einen Verlust der Immuntoleranz bei genesenen SARS-CoV-2-Patienten berichtete Annamaria Paglionico, Rom (Italien). Von 109 Teilnehmern entwickelten 50 % in der Genesungsphase mindestens einen Autoantikörper (häufig mit 28 % LA), was mit einem schwereren COVID-19-Verlauf assoziiert war. Selbst nach Genesung waren bei neu Autoantikörper-positiven Patienten höhere IL-6-Plasmaspiegel nachweisbar. Ob diese Befunde persistieren, soll in einem Langzeit-Follow-up geklärt werden. (3)

AUSBLICK

In einer der COVID-19-Sessions fasste Xavier Mariette, Paris (Frankreich), den gegenwärtigen Stand zu Studien mit Hydroxychloroquin (HCQ), IL-1- und IL-6-Inhibitoren zusammen. Zur HCQ-Saga mochte er sich nicht mehr ausführlich äußern, von einem relevanten Nutzen kann (zumindest bei bereits infizierten Patienten) aber spätestens nach dem vorzeitigen Abbruch der britischen RECOVERY-Studie nicht mehr ausgegangen werden. Deutlich optimistischer stimmen Beobachtungsstudien zu Anakinra und Tocilizumab bei Patienten mit Pneumonie und Hyperinflammation (teils nur auf Preprint-Servern veröffentlicht), deren Aussagekraft aber limitiert ist – die Ergebnisse der laufenden randomisierten, kontrollierten bleiben abzuwarten.


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

Stimmungsbilder aus der rheumatologischen Praxis In der letzten Rheuma Management-Ausgabe hatten wir bereits eine Reihe von Rheumatologen/innen zu ihrem Umgang mit der CoronaKrise und organisatorischen Herausforderungen im Praxisalltag befragt. Stellvertretend für sicher viele Kollegen/innen berichten Dr. Michaela Bellm, Bruchsal, und Priv.-Doz. Dr. Matthias Witt, Erding, wie sich die Situation im weiteren Verlauf fortentwickelt hat und welche der getroffenen Maßnahmen sich als schwierig in der Umsetzung erwiesen haben.

Dr. Michaela Bellm, Bruchsal: Beim Austausch in unserer Gruppe BadenWürttembergischer Rheumatologen stelle ich fest, dass wir alle am jeweiligen persönlichen Wirkungsort ganz ähnliche Phasen durchlaufen. Tag für Tag haben wir die ambulante Patientenversorgung in unseren Praxen den neuen Erkenntnissen und Rahmenbedingungen angepasst.

sichter zu lesen. Bei meinem Gegenüber nur aus Augen und Stirnpartie schlau zu werden, lerne ich nur langsam. Ich selbst nehme beim Sprechen die Hände zu Hilfe und setzte ganz bewusst große Gestik ein. Das Sprechen durch den Mund-Nasen-Schutz ermüdet mich sehr. Ein befreundeter Tenor schickt mir regelmäßig kleine Videoclips mit Übungen zur Stimmpflege – das hilft!

Mitte April wurde klar, dass die „rheumatologische Notversorgung“ per Video- und Telefonsprechstunde nicht ausreicht und Lösungen für ein längerfristiges Durchhalten in Koexistenz mit SARS-CoV2 gefunden werden müssen. Wir Rheumatologen sind doch sehr auf unseren Tastsinn angewiesen. Ich persönlich gewöhne mich nicht einmal an die körperliche Untersuchung mit Handschuhen. Ohne Ultraschall und Labor funktionieren Diagnostik und Treat-to-Target nicht. Der persönliche Kontakt musste wieder möglich gemacht werden, unter Einhaltung der nötigen Vorsicht. Der Terminplan in unserem MVZ wurde gestreckt und über den Tag ausgedehnt, um Stoßzeiten zu vermeiden. Die Assistenten/innen und Kollegen/ innen arbeiten abwechselnd durchgehend auch über die Mittagszeit. Unsere Eingangstür ist ganztägig offen, zur Durchlüftung der Räume und damit alle Eintretenden selber die Zahl der Personen im Anmeldebereich überblicken. Warteplätze wurden räumlich entzerrt und mit flexiblen Plexiglasaufstellern abgetrennt.

Auch die finanziellen Investitionen waren und sind nicht gering: zusätzliche Devices für Home-Arbeitsplätze bzw. Videokameras, weitere Desinfektionsmittelspender, zusätzliche Arbeitskleidung, Reinigungsmaßnahmen, Schutzausrüstung, etc. Welche Müllmengen wir und noch viel mehr die Kliniken hier täglich damit produzieren! Das politische Signal der finanziellen Unterstützung aus Teilen des Gesundheitssystems empfinde ich positiv. Meine langfristigen wirtschaftlichen Sorgen sind damit aber nicht zerstreut.

Alles in allem funktioniert das erstaunlich gut. Ich bin froh über unsere disziplinierten verständnisvollen Patienten/innen und unser motiviertes Team, das unter diesen Bedingungen ganz Hervorragendes leistet! Trotzdem haben wir uns alle noch nicht daran gewöhnt. Die Mimik ist nicht nur ein wesentlicher Teil nonverbaler Kommunikation in unserem Kulturkreis, sondern auch ein ärztliches Diagnoseinstrument. In der sprechenden Medizin sind wir darin geübt, Ge-

Derzeit konsultieren uns besonders viele Neupatienten/innen, insbesondere viele komplex entzündlich-rheumatisch Erkrankte. Der Bedarf und der Stellenwert der niedergelassenen Rheumatologen in der Versorgung manifestiert sich einmal mehr deutlich. Welche Auswirkungen auf die Finanzen unseres Gesundheitssystems und unseres Staates wird die Pandemie haben? Welche Folgen werden wir noch sehen? Ein sehr positives Arrangement konnte gleich zu Beginn der Krise mit der AOK Baden-Württemberg im Rahmen unseres Selektivvertrages erzielt werden: Alle Leistungen werden in voller Höhe erstattet, unabhängig davon ob sie persönlich, telefonisch oder per Video erbracht werden – ein gutes Signal für ein faires Miteinander. Wir hoffen, dass dies so bleiben wird! PD Dr. Matthias Wittt, Erding: Bewährt haben sich Reduktion der Anzahl der Patienten in der Praxis, z. B. durch Tür-

öffner (nur noch einzelner Praxiseintritt möglich) und Begleitpersonen nur noch, wenn unbedingt nötig, die gezielte Steuerung des Patientenflusses durch Vereinfachung und Beschleunigung der Organisationsabläufe (z. B. Rezepte werden vom Arzt ausgedruckt, sodass der Patient dafür nicht nochmal zur Anmeldung zurück muss) mit in der Folge kürzeren Verweildauern in der Praxis bei Einhaltung des Abstandsgebots (soweit möglich). Überdies: Durchgängig Mund-Nasen-Schutz für Personal, Arzt und Patienten. Gutes Lüften der Räumlichkeiten zur Reduktion der Aerosol-Belastung. Positiv ist: Die implementierten Maßnahmen werden von den Patienten gut angenommen und führen dazu, dass diese sich in der Praxis sicher fühlen; in der Folge gibt es kaum noch Patienten, die aufgrund Infektionsangst zu Hause bleiben. Nach einer Übergangsund Eingewöhnungsphase ist auch im Praxisalltag so etwas wie eine „neue Normalität“ angekommen. Negativ ist: Vor allem das Arbeiten mit dem Mund-Nasen-Schutz bzw. der Schutzmaske ist auf Dauer recht anstrengend, vor allem bei warmen Temperaturen; hier sind regelmäßig „Verschnaufpausen“ nötig, auch zum Trinken, was oftmals zu kurz kommt. Wahrscheinlich kommen Patienten-nahe Maßnahmen wie die körperliche Untersuchung und Gelenksonografie noch zu kurz (obwohl das mit den Schutzmaßnahmen m. E. eigentlich sicher möglich ist). Durch Reduktion auf die nötigsten Kontakte findet auch weniger direkter Austausch mit den Praxiskollegen statt. Neben dem Abstandsgebot und Mund-Nasen-Schutz erscheint mir zur Reduktion des Infektionsrisikos in geschlossenen Räumen durch die offenbar doch recht relevante Aerosol-Belastung ein regelmäßiges und gutes Lüften der Räumlichkeiten besonders wichtig. Gerade in der warmen Jahreszeit ist dies meist gut möglich. m


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

COVID-19-Schutzschirm für Vertragsärzte: Ausreichende Sicherstellung der Vergütung oder bestehender Handlungsbedarf? Angesichts der Corona-Pandemie sind in vielen Praxen die Fallzahlen zum Ende des ersten sowie Anfang des zweiten Quartals 2020 drastisch gesunken. Um die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen für Vertragsärzte abzumildern, hat der Gesetzgeber im Zuge des zum 27.03.2020 in Kraft getretenen Gesetzes zum Ausgleich COVID-19-bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und anderer Gesundheitseinrichtungen (COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz) die gesetzliche Grundlage für mögliche Ausgleichszahlungen sowie die zur Sicherstellung einer ausreichenden Vergütung erforderlichen Anpassungen im jeweiligen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) getroffen. Der damit auf Länderebene verbundene Gestaltungsspielraum der Kassenärztlichen Vereinigungen könnte Anlass geben, die Abrechnung für die betroffenen Quartale einer genaueren Prüfung zu unterziehen.

dem Gesetzestext davon abhängig, ob eine Fallzahlminderung in einem Umfang eingetreten ist, welche die Fortführung der Praxis gefährden würde.

Perspektivisch – Überprüfung der Honorarbescheide auf Grundlage der neuen HVM-Regelungen

Wann dies konkret der Fall ist, ist im Einzelfall noch offen. Die KVen bekräftigen zwar jeweils das Ziel, die gesamte MGV an die Praxen auszuzahlen. Nach welchen Mechanismen dies geschehen soll, wird derzeit auf Landesebene mit den Krankenkassen verhandelt und sodann in den entsprechenden HVM geregelt.

Wie unterschiedlich die entsprechenden Regelungen in den einzelnen HVM ausfallen können, zeigen die bereits vereinzelt in angepasster Fassung verfügbaren HVM, etwa der KV Baden-Württemberg (HVM ab 01.01.2020 bzw. 01.04.2020, jeweils § 16) oder der KV Schleswig-Holstein (HVM ab 01.04.2020, Allgemeine Bestimmung, Ziff. 2 Abs. 3 bis 9).

Rechtsanwältin Dr. Julia Gräf

Grundsatz: Unveränderte Auszahlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen trotz pandemiebedingt reduzierter Leistungsmengen die MGV in der regulären Höhe an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) aus. Damit steht im gleichen Umfang wie zuvor Geld für die Versorgung gesetzlichversicherter Patienten zur Verfügung. Ebenso bleiben die Abschlagszahlungen für die einzelnen Praxen zunächst unverändert. Dadurch wird, obwohl weniger Patienten eine Behandlung in Anspruch genommen haben, nahezu zwei Drittel der Vergütung im bisherigen Umfang abgesichert. Ob das Honorar auch im Zuge der Abrechnung unverändert erhalten bleibt, ist nach

Ausgleichszahlungen für extrabudgetäre Leistungen bei pandemiebedingten Rückgang

Die KV Baden-Württemberg wendet dabei einen einheitlichen Mechanismus zur Ermittlung der Höhe der entsprechenden Ausgleichszahlung sowohl für die MGV als auch für die außerbudgetäre Vergütung an.

Hinsichtlich der Verluste bei extrabudgetären Leistungen (etwa Früherkennungsuntersuchungen, Impfungen, ambulante Operationen) sind Ausgleichszahlungen vorgesehen, die allerdings an weitere Voraussetzungen geknüpft sind. So setzen diese voraus, dass die Praxis bezogen auf ihr Gesamthonorar einen Verlust von 10 % bzw. einen pandemiebedingten Fallzahlrückgang erlitten hat, der die Fortführung der Arztpraxis gefährdet. Als Vergleichszeitraum wird dabei die Honorarhöhe des jeweiligen Vorjahresquartals genommen.

Danach ist ein existenzbedrohender Honorarverlust bei einem pandemiebedingten Rückgang des Gesamthonorars von 10 % gegenüber dem Vorjahresquartal anzunehmen. Daneben regelt der HVM detailliert, welche Leistungen für die Bestimmung des Honorarrückgangs unberücksichtigt bleiben sollen sowie dass für die Ermittlung der rückläufigen Anzahl an persönlichen Arzt-/ Patientenkontakten nur Behandlungsfälle berücksichtigt werden, in denen eine Versicherten-/Grund- oder Konsiliarpauschale abgerechnet wurde.

Entsprechende Ausgleichszahlungen verringern sich, soweit die Praxis daneben Zahlungen nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder finanzielle Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen erhalten hat.

Weiter wird die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsprechstundenzahl für eine Ausgleichszahlung vorausgesetzt und Sonderregelungen für Neupraxen ohne Referenzquartal sowie Änderungen bei der


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SARS-COV-2 – SPEZIAL

Anzahl der Versorgungsaufträge getroffen. Der Höhe nach werden die entsprechenden Ausgleichzahlungen auf maximal 90 % des Honorar des Vorjahresquartals begrenzt und die gesetzlich vorgesehene Anrechnung von Entschädigungen nach dem IfSG und anderer finanzieller Hilfen vorgesehen. Demgegenüber wirken die Regelungen der KV Schleswig-Holstein etwas rudimentärer, auch wenn dort zumindest in Bezug auf den Ausgleich für den Rückgang der außerbudgetären Vergütung noch auf eine gesonderte Vereinbarung mit den Krankenkassen verwiesen wird. Interessant ist, dass grundsätzlich zwar auch hier die Ausgleichszahlung auf 90 % der Honorarhöhe des Vorjahres begrenzt wird. Ab dem 1. Mai 2020 kann das

MVG-Honorar aber auf bis zu 100 % erhöht werden, soweit die Praxis regelmäßige Infektionssprechstunden anbietet. Inwieweit der dafür vorgesehene Sprechstundenumfang (im hausärztlichen Bereich grundsätzlich täglich eine Stunde sowie im fachärztlichen Bereich mindestens fünf Stunden pro Woche) wirklich praxistauglich ist, bleibt abzuwarten.

wird, z. B. weil der ermittelte Honorarverlust nicht drastisch genug ist oder die Mindestsprechstunden nicht eingehalten worden sind. Es ist deshalb zu empfehlen, die Abrechnung Ihrer Praxis ab dem Quartal 1/2020 anhand der neuen „Corona-Regelungen“ im HVM genau zu überprüfen. Die entsprechenden Regelungen sind aktuell bis zum 31.12.2020 befristet. m

Fazit

Rechtsanwältin Dr. Julia Gräf Fachanwältin für Medizinrecht Kanzlei Tacke Krafft Rindermarkt 3 und 4 80331 München E-Mail: julia.graef@tacke-krafft.de

Der COVID-19-Schutzschirm sichert somit die Liquidität der Praxen. Er kann aber auch dazu führen, dass mit Erlass des Honorarbescheides Honorar wieder zurückgefordert

Kurzarbeitergeld – Verwirrung im Gesundheitswesen In Zeiten der durch „Corona“ bedingten Reduzierung von Untersuchungen, Behandlungen und dem damit einhergehenden Überschuss an Arbeitskraft haben vielfach auch sogenannte Leistungserbringer im Gesundheitswesen, also Arztpraxen, mit ihren Angestellten Kurzarbeit in verschiedenerlei Umfang vereinbart. Anträge auf Kurzarbeitergeld wurden vielfach gestellt. Es wurde eine Reihe von Fällen dokumentiert, in denen entsprechende Anträge durch örtliche Arbeitsagenturen zurückgewiesen wurden.

Die Zurückweisungen erfolgten mit verschiedener Begründung, jedoch wurde regelmäßig insbesondere angeführt, dass sogenannte Leistungserbringer im Gesundheitswesen grundsätzlich kein Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiter erhalten könnten. Hintergrund dieser – fehlerhaften – Ablehnung von Anträgen war eine interne Weisung der Bundesagentur für Arbeit an die Arbeitsagenturen. In dieser Weisung vom 15.04.2020 wurde vorgegeben, dass Kurzarbeitergeld nicht an Krankenhäuser und Vertragsärzte ausgezahlt wird, jedenfalls soweit Ansprüche auf (sonstige) Ausgleichszahlungen aus dem sogenannten Schutzschirmpaket für das Gesundheitswesen bestehen. Diese interne Anweisung wurde zwischenzeitlich korrigiert und durch eine neue Weisung vom 07.05.2020 ersetzt. Die Bundesarbeitsagentur hat mit dieser neuen Anweisung klargestellt, dass bei sämtlichen Leistungserbringern im Gesundheitswesen (Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Leistungserbringer von Heil- und Hilfsmitteln sowie sonstige Leistungserbringer) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

grundsätzlich ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld vorliegt. Wie in anderen Bereichen auch, bedarf es lediglich eines Arbeitsausfalles aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen eines unabwendbaren Ereignisses, also letztlich einen im vorliegenden Fall Coronabedingten Wegfall von Arbeit für die Mitarbeiter. Soweit aufgrund weitergehender Schutzschirmregelungen für das Gesundheitswesen Mittel zur Verfügung stehen, sind diese nach der Klarstellung der Bundesagentur für Arbeit auch wenn sie Personalkosten beinhalten, solchen Arbeitsausfällen nicht eindeutig zuzuordnen, sodass letztlich ein unterschiedlicher Regelungszweck besteht. Dies heißt im Ergebnis nichts anderes, als dass sämtliche Leistungserbringer bei Corona-bedingten Arbeitsrückgängen und Arbeitsausfällen einen Rechtsanspruch auf Kurzarbeitergeld haben, der von den Arbeitsagenturen zu gewähren ist. Etwas anderes gilt nur für Krankenhäuser, da hier spezielle Regelungen des COVID19-Krankenhausentlastungsgesetzes vorran-

gig sind, jedenfalls für den Zeitraum 16.03. bis 30.09.2020, da in dieser Zeit durch das vorgenannte Gesetz eine Pauschale von 560,00 € täglich je fehlendem Patienten auf den Jahresdurchschnitt 2019 bezogen gezahlt wird. Für Krankenhäuser gilt insoweit die Annahme, dass der Arbeitsausfall sich durch entsprechenden Wegfall von Patienten ausdrückt und hierfür das Spezialgesetz eine entsprechende Entschädigung vorsieht. Für Praxen, die einen aufgrund der ursprünglich fehlerhaften Weisung ablehnenden Bescheid erhalten haben, empfiehlt es sich dringlich, hiergegen im Widerspruchswege vorzugehen und auf die neue Anweisung vom 07.05.2020 (Weisung Nr. 202005005) zu verweisen bzw. ggf., insbesondere wenn Rechtsmittelfristen bereits abgelaufen sind, einen neuen Antrag zu stellen. m

Rechtsanwalt Stefan Lehnhardt Kanzlei Klein-Ihlbeck & Lehnhardt 65549 Limburg


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WWW.BDRH.DE

Einladung zur ordentlichen Mitgliederversammlung des Berufsverbands Deutscher Rheumatologen BDRh e. V. 11. September 2020 von 18:30 Uhr bis 19:45 Uhr, im MOC München Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Jahr 2020 hat uns bislang vor große Herausforderungen gestellt und unser aller Leben privat wie beruflich auf den Kopf gestellt. So musste auch der BDRhKongress im März abgesagt werden und damit auch die geplante Mitgliederversammlung. Umso mehr hoffen wir auf eine schrittweise Rückkehr zur Normalität und möchten Sie hiermit zur ordentlichen Mitgliederversammlung des BDRh im Rahmen des Deutschen Rheumatologiekongresses 2020 einladen. Wir hoffen, Sie im September persönlich in München zu treffen! Mit besten Grüßen Dr. Silke Zinke 1. Vorsitzende des Vorstands

VORLÄUFIGE AGENDA 1 Bericht des Vorstandes 2 Bericht des Kassenwarts 3 Abnahme der Jahresrechnung 2019 und Entlastung des Vorstands 4 Nachwahl des 1. Stellvertretenden Vorsitzenden 5 Aussprache zu aktuellen Themen 6 Beschluss der Entschädigungsordnung 7 Anpassung der Entschädigungsordnung 8 Verschiedenes

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BDRh

BV-VERTRAG RHEUMA

Gute Resultate des Versorgungsvertrags mit der BARMER Zum 1. April 2020 konnte der Vertrag zur Besonderen Versorgung in der Rheumatologie (BV-Vertrag Rheuma) zwischen der BARMER und der BDRh Service GmbH auf weitere Regionen erweitert werden. Neben Hessen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ist eine Teilnahme nun auch in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein sowie im Saarland möglich.

Grundlage für die Erweiterung waren die Ergebnisse einer BARMER-internen Auswertung des Vertrages für die Jahre 2016 bis 2018. Die Vertragsregionen wurden auf PLZ-Ebene anhand des Kriteriums definiert, dass mindestens 20 % des rheumatologischen Versorgungsanteils durch am Vertrag teilnehmende Rheumatologen erbracht wird. Dadurch wurden auch weitere Wege der Patienten mit einbezogen. Versicherte, die in einem Jahr bei einem am Vertrag teilnehmenden Rheumatologen behandelt wurden, wurden für dieses Kalenderjahr unabhängig von einer tatsächlichen Vertragsteilnahme der Interventionsgruppe (IG) zugeordnet. Zum einen wurden die spezifischen Leistungsausgaben betrachtet. Zu diesen zählten alle der Rheuma-Diagnose zuzuordnenden Ausgaben aus dem Bereich stationäre Aufenthalte, ambulante Versorgung, Medikamente, Heil- und Hilfs-

mittel sowie Krankengeld. Im Jahr 2015 starteten Patienten aus der IG und Kontrollgruppe (KG) mit einem annähernd identischen Ausgabenniveau. Von 2015 auf 2016 blieben die Ausgaben in der IG fast unverändert, während in der KG ein Anstieg zu verzeichnen war. Der Effekt beruhte im Wesentlichen auf einer deutlichen Steigerung von Biologika-Verordnungen in der KG. Von 2016 auf 2017 wiesen beide Gruppen eine Steigerung auf. Die Steigerung in der IG übertraf dabei die in der KG leicht, das niedrigere Niveau der Leistungsausgaben in der IG konnte aber dennoch gehalten werden. Von 2017 auf 2018 konnte in der IG sogar ein Rückgang der Leistungsausgaben verzeichnet werden, was durch einen Rückgang der Biologika-Verordnungen (DDD je Patienten) verursacht wurde. In der KG hingegen war ein leichter Anstieg der Leistungsausgaben zu verzeichnen. Bei der Biosimilarquote wiesen Patien-

ten der IG zu Beginn bereits ein deutlich höheres Niveau auf. Der Biosimilaranteil stieg in der KG stärker als in der IG, jedoch nicht stark genug, um das Niveau der IG zu erreichen. Besonders auffällig war die durchgängig nur halb so hohe Anzahl von spezifischen Krankenhausfällen bei IG-Patienten. Die Auswertungen der BARMER zeigen, dass Versorgungsverträge auch das Potenzial für weiterführende Versorgungsanalysen haben. Im nächsten Schritt wäre eine Einbeziehung medizinischer Daten in die Erfolgsmessung zu diskutieren, um den Blick von der primären Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auch stärker auf Versorgungsziele zu lenken. Der BDRh möchte daher nochmal für einen Vertragsbeitritt werben. Rheumatologinnen und Rheumatologen in den Vertragsregionen, die sich für eine Teilnahme interessieren, finden weitere Informationen unter www.bdrh.de. m

Änderung der Leistungen im BV-Vertrag mit der BARMER Zum 01.07.2020 ändern sich die Vergütungspositionen für Infusionsleistungen im Vertrag zur besonderen Versorgung Rheuma mit der BARMER. Im Gegensatz zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 01.08.2015, als der Vertrag entstanden ist, sind Biosimilars heute auch als s.c.-Gabe zahlreich verfügbar und die Vergütung der Infusionsleistungen erfolgt unverändert über den EBM als Praxisklinische Betreuung.

Deshalb entfallen ab dem 01.07.2020 folgende Positionen als zusätzliche Abrechnungsmöglichkeit über den Vertrag Rheuma mit der BARMER: – Infusionsleistung 1 (Praxisklinische Betreuung) – Infusionsleistung 2 (Praxisklinische Betreuung) – Infusionsleistung (Praxisklinische Betreuung) bei der Indikation Still-Syndrom. Diese drei Leistungen sind in Rheuma Selekt mit Leistungsdatum ab dem 01.07.2020 nicht mehr abrechenbar. Alle aktuellen Vertragsunterlagen können Sie über folgenden Link einsehen: https://www.bestcaresolutions.de/#rheuma. m

Nicole Richter BCS best care solutions GmbH

Sonja Froschauer BDRh Service GmbH


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WWW.BDRH.DE

DOKUMENTATIONSSOFTWARE

RheMIT: Ein Update und Ausblick Seit Anfang des Jahres stellt der BDRh seinen Mitgliedern die neue Software RheMIT zur Verfügung, mit der die Dokumentation im Rahmen von Projekten, Verträgen und Studien in der Rheumatologie noch komfortabler erledigt werden kann.

Seit des Beginns des Roll-out wurden bereits wichtige Meilensteine erreicht. Unter anderem wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Rheumaforschungszentrum (DRFZ) die Kerndokumentation in RheMIT integriert. Außerdem können seit dem 1. April auch Bestandsdaten aus RheumaDok in RheMIT übertragen werden, sodass auch bisherige RheumaDokNutzer RheMIT aktiv nutzen können. Gleichzeitig wurde auch die Exportfunktion für die Versorgungsverträge RheumaOne Modul 1 und BARMER Besondere Versorgung Rheuma, für die Innovationsfondprojekte VERhO und PETRA, sowie für die Kerndokumentation umgesetzt und die ersten Nutzer haben ihre Daten bereits erfolgreich exportiert. Außerdem wird RheMIT auch durch

das Feedback der Nutzer laufend weiter verbessert. Durch Ihre Anregungen konnte bereits einige Funktionen für eine erhöhte Benutzerfreundlichkeit umgesetzt werden. Wir freuen uns daher auch weiterhin über Ihre Rückmeldungen aus dem Praxisalltag an it@bdrh-service.de. In den kommenden Monaten arbeiten wir neben einer weiteren Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit an der Erweiterung von RheMIT zur Erfassung von Fragebögen durch die Patienten über Tablets. Auch steht die Bereitstellung des kostenpflichtigen RheMITplus an. RheMITplus wird RheMIT um zusätzliche Funktionen, wie selbst definierbare Selektionen und Statistiken, Planung von Arbeitsabläufen, integrierte Textverarbeitung, Geräteanbindungen, Kalender und komfortable Schnittstelle zu Kliniksystemen und Laboren erweitern. Während im Jahr 2020 noch wahlweise RheumaDok oder RheMIT im Rahmen

BDRh-Website Finden Sie alle wichtigen Informationen zu RheMIT, ein Update zur ASV und den Versorgungsverträgen, dem Memorandum des BDRh zur rheumatologischen Versorgung, Abrechnungsmöglichkeiten für SARS-CoV-2-Tests und vieles Mehr auf unserer Website: www.bdrh.de

der Versorgungsverträge genutzt werden können, ist ab dem 01.01.2021 nur noch die Dokumentation über RheMIT (plus) möglich. Außerhalb der Verträge kann RheumaDok natürlich weiter genutzt werden, allerdings erfolgen keine Updates mehr. Der Anwendersupport für RheumaDok wird bereits im Jahr 2020 nur noch in begrenztem Maße angeboten und erfolgt ausschließlich über die Kontaktadresse it@bdrh-service.de. Last but not least freuen wir uns, Ihnen das neue RheMIT Logo vorstellen zu können (siehe oben links) und bedanken uns bei allen, die sich an der Abstimmung dazu beteiligt haben! m

Weitere Informationen rund um RheMIT finden Sie unter www.rhemit.de. Fragen richten Sie gerne an it@bdrh-service.de.


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Oberarzt (w/m/d) Innere Medizin/Rheumatologie in einer prosperierenden Abteilung / NRW

BDRh

NEU

Aufgrund des steigenden Patientenaufkommens suchen wir für ein in einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen gelegenes Akademisches Lehrkrankenhaus – zum nächstmöglichen Zeitpunkt – einen Oberarzt (w/m/d) Innere Medizin/ Rheumatologie. Das moderne Gesundheits- und Pflegeunternehmen verfügt über neun Krankenhäuser, zwei Rehabilitationskliniken, 19 Seniorenhäuser sowie weitere Einrichtungen und Dienstleistungen im Gesundheitswesen. Der hier vorgestellte Standort versorgt als Akademisches Lehrkrankenhaus jährlich rund 5.500 stationäre und 13.000 ambulante Patienten. Insgesamt stehen rund 230 Betten für die Behandlung und Pflege zur Verfügung. Die noch junge Sektion Rheumatologie der Klinik für Innere Medizin – Pneumologie und Allgemeine Innere Medizin (84 Betten) befindet sich im Aufbau und kooperiert mit einem nahegelegenen Krankenhaus. Der Stellenschlüssel im Bereich Rheumatologie verteilt sich aktuell auf 1 Oberarzt und 1 Oberärztin in Teilzeit. Für den Fachbereich können bis zu 20 Betten belegt werden. Im Jahr 2019 erzielte die Sektion 20 Case-Mix Punkt pro Monat (die Komplexpauschale wird abgerechnet). Für das Jahr 2020 wird u. a. in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) mit einem weiteren Anstieg des Patientenaufkommens gerechnet. Gesucht wird ein menschlich und fachlich gleichermaßen qualifizierter Facharzt (w/m/d) für Innere Medizin und Rheumatologie mit Freude an der Tätigkeit im Krankenhaus sowie im MVZ (ASV). Als Ärztin/Arzt überzeugen Sie durch Engagement, Patientenorientierung sowie Organisationstalent. Sie arbeiten selbständig und eigenverantwortlich und verstehen sich auf eine kollegiale Zusammenarbeit sowohl abteilungsintern als auch interdisziplinär. Geboten wird Ihnen ein attraktiver Arbeitsplatz in einem kollegialen Team mit langfristiger Perspektive sowie Gestaltungsund Entscheidungsspielräumen. Die Möglichkeit zur kontinuierlichen Weiterbildung und Förderung wird gewährleistet. Das gesamte Haus überzeugt durch kurze Wege und effiziente Arbeitsabläufe.

Gerne machen wir Sie mit weiteren Details vertraut und freuen uns auf Ihre Bewerbung unter Angabe der Referenz 1959. Ihre persönliche Ansprechpartnerin: Frau Marlene Traffa HealthCare Personalmanagement GmbH Merowingerplatz 1 40225 Düsseldorf Telefon: 0211-220589-33 Mobil: 0171-3073170 marlene.traffa@healthcare-personal.de www.healthcare-personal.de


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Rheumatologe (m/w/d) für endokrinologisches Versorgungszentrum in Frankfurt/M. gesucht Wir sind eines der größten endokrinologischen Zentren in Deutschland und setzen mit unserem breiten Leistungsangebot auf eine fachkompetente Patientenbetreuung und bestmögliche Zusammenarbeit mit den zuweisenden Kollegen. Zum Ausbau unserer rheumatologischen Patientenversorgung suchen wir als Verstärkung unseres Ärzteteams eine neue Kollegin/ einen neuen Kollegen mit Schwerpunkt internistische Rheumatologie. Wir bieten: – eine gesicherte und langjährige Anstellung – flexible Arbeitszeit – immunologisches und endokrinologisches Labor in der Praxis – moderne Ultraschallgeräte – digitalisierte Praxisabläufe – klimatisierte Praxisräume Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns über Ihre vollständige Bewerbung per E-Mail an verwaltung@endokrinologen.de. Für eine erste Kontaktaufnahme und Fragen steht Ihnen Herr Dr. med. C. Finkenwirth gerne zur Verfügung: Tel. +49 69 257868-21

Nachfolge für rheumatologische Schwerpunktpraxis in Aachen-Zentrum gesucht – Langjährig etablierte Einzelpraxis, sehr gute Lage – In einem Ärztehaus, Arzt- und Patientenstellplätze in Tiefgarage vorhanden – Eigenes Rheuma-Labor, Röntgen, Osteodensitometrie (DXA), Infusionsplätze, Studienzentrum für Klinische Prüfungen – Rheumatologische Fachassistenz und Study Nurse – Hohe Lebensqualität in Universitätsstadt Aachen – Dreiländereck Euregio mit all seiner geographischen und kulturellen Vielfalt – Zusammenarbeit mit Uniklinikum Aachen und rheumatologischer Abteilung Rhein-Maas-Klinikum möglich Bei Interesse: melden Sie sich bitte per E-Mail drkurthen@online.de


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

BDRh

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Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin, Schwerpunkt Rheumatologie oder Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin und Rheumatologie oder Fachärztin (m/w/d) für Innere Medizin in fortgeschrittener rheumatologischer Weiterbildung mit der Bereitschaft, die Schwerpunktprüfung abzulegen – die Ausbildung kann in unserer Praxis abgeschlossen werden (Weiterbildungsberechtigung für 18 Monate) Details unter: https://www.rheumahaus.de/praxis/stelleja/44-praxis/arbeitsplatz/120-stellearzt.html Bei Interesse: Schicken Sie bitte Ihre Bewerbung mit Lebenslauf, Arbeitszeugnissen, möglichem Einstiegsdatum und Gehaltsvorstellung per eMail an: bewerbung@rheumahaus.de (bitte nur PDFs einsenden) oder postalisch an: Rheumahaus Potsdam, Sekretariat, Kurfürstenstraße 7, 14467 Potsdam Selbstverständlich wird Ihre Bewerbung auf jeden Fall streng vertraulich behandelt Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung Martin Bohl-Bühler und Dr. Sabine Reckert


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Weiterbildungsassistent zum Facharzt (m,w,d) für Innere Medizin und Rheumatologie in der Rheumatologischen Schwerpunktpraxis Rendsburg (SH) Kontakt: Dr. med. R. Jochen Walter Hollesenstraße. 27a 24768 Rendsburg Tel. 0171/3813063

Rheumatologe/in für internistischrheumatologische Gemeinschaftspraxis in Bremen gesucht Kontakt: Gemeinschaftspraxis Dr. Imke Lührs Dr. Hans-Gerhard info@rheumapraxis-bremen.de

Rheumatologe, auch in Weiterbildung (m/w/d) für MVZ in Dresden gesucht Kontakt: Rheumatologisches MVZ Dresden GmbH Königsbrücker Landstrasse 98 01109 Dresden Tel. 0351/888869-52 Tel. 0351/888869-0 weiterbildung@rheuma-dd.de

j.walter@rheuma.sh

Nachfolge für internistischrheumatologische Schwerpunktpraxis in Hildesheim gesucht Kontakt: Praxis Dres. von Hinüber/Linhart Bahnnhofsplatz 5 31134 Hildesheim kontakt@rheuma-hildesheim.de

(I.3/2019/105)

Oberarzt/Oberärztin (m/w/i) für Innere Medizin/Rheumatologie je nach Qualifikation als Sektionsleiter „Rheumatologie“ Kontakt: Prof. Dr. Stilgenbauer Prof. Dr. Aßmann (Lt. OA) Tel. 06841/16-15011 stephan.stilgenbauer@uks.eu gunter.assmann@uks.eu

Nachfolge in Darmstadt gesucht

Nachfolge in Ingolstadt gesucht

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BAG

Dr. med. Ingeborg Maier

Dr. med. Johannes Häntsch Dr. med. Thomas Busch Innere Medizin-Rheumatologie

Ludwigstr. 34 85049 Ingolstadt

Eschollbrücker Str. 26 64295 Darmstadt Tel. 06151-3919203 j.haentsch@t-online.de

ingeborg-maier@t-online.de

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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK

Zufallsbefund Enchondrom ANAMNESE: Eine 55-jährige Patientin stellt sich zur rheumatologischen Abklärung vor. Bereits seit der Jugendzeit klagt sie über Schmerzen in den Kniegelenken (hier wohl anatomische Besonderheit – „Patella passt nicht zum Patellagleitlager“). In den vergangenen drei Jahren zunehmende Schmerzen in den Hand- und Fingergelenken, insbesondere den Fingerendgelenken. Gelenkschwellungen wurden bislang nicht beobachtet. Kälteexposition würde die Beschwerden verschlimmern. Morgensteifigkeit 30 Minuten. Sporadisch wurde von der Patientin Ibuprofen bei Schmerzen eingenommen. Keine rheumatischen Erkrankungen in der Familie. KLINISCHER BEFUND: 165 cm, 90 kg. Gelenkstatus: Knötchenförmige Auftreibungen an einzelnen Fingerendgelenken, insbesondere D2 beidseits. Keine sicheren peripheren synovitischen Schwellungen. Faustschluss beidseits möglich. Positives Zohlen-Zeichen im Bereich des rechten Kniegelenks. Kein tastbarer Kniegelenkserguss. LABOR: CRP 3,5 mg/l (Norm bis 5 mg/l), RF neg., ccP Ak neg., ANA neg.

DIAGNOSE: Enchondrom, Heberdenarthrose (klinisch) BEMERKUNGEN: Bei einem Enchondrom handelt es sich um einen knorpeligen Tumor, der vor allem in den Diaphysen der Phalangen oder Metaphysen der langen Röhrenknochen auftritt. Enchondrome finden sich in etwa 60 % der Fälle in den langen Röhrenknochen der Finger, seltener im Bereich des Fußskeletts, des Femurs, des Humerus oder in den Beckenknochen. Die Lokalisation gibt einen Hinweis auf die Möglichkeit der malignen Entartung. Stammnahe Enchondrome (insbesondere des Beckens) besitzen eine höhere Entartungswahrscheinlichkeit. Das Enchondrom ist der zweithäufigste gutartige Knochentumor. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Ätiopathogenetisch geht man davon aus, dass Reste der Epiphysenfugen in den Metaphysen zum Enchondrom führen. Während die in den Metaphysen der langen Röhrenknochen zu findenden Enchondrome häufig keinerlei Symptome verursachen, können die Enchondrome in den Phalangen zu Schmerzen führen. Pathologische Frakturen sind möglich. Meist handelt es sich bei Enchondromen um radiologische Zufallsbefunde. Ein Röntgenbild führt zur Diagnose. Um andere Tumoren auszuschließen, kann noch ein CT durchgeführt werden. Radiologisch zeigen sich Enchondrome meist als zentral gelegene, scharf begrenzte, zystenähnliche Strukturen bzw. als Aufhellungen ohne Randsklerose, welche die Kortikalis von innen her ausdünnen und auftreiben. Häufig findet man „Popcorn-artige“-Verkalkungen. Sie nehmen mit der Größe und dem Alter der Enchondrome zu. Im MRT stellen sich Enchondrome auf T2-gewichteten Bildern als helle Zonen dar, in denen sich Verkalkungsareale darstellen. Die Szintigrafie zeigt eine Nuklidspeicherung in den Läsionen, deren Ausmaß jedoch niedriger ist als bei malignen Knochentumoren. Differenzialdiagnostisch sollte an ein Chondrosarkom, an Riesenzelltumoren der Hand sowie an die fibröse Dysplasie gedacht werden. Eine Entartung ist möglich, tritt in der Regel aber nur selten auf. Ein erhöhtes Risiko besteht bei der multiplen Chondromatose. THERAPIE: Wenn das Enchondrom Schmerzen oder Frakturen verursacht, kann in seltenen Fällen eine Kürettage mit folgender Auffüllung durch Spongiosa durchgeführt werden. Bei asymptomatischen Enchondromen können radiologische Kontrollen in größeren Zeitabständen durchgeführt werden. m

RÖNTGEN: Abb. 1a Hände beidseits dv und Abb. 1b seitlich: plumpe Auftreibung und Verformung distales Ende Os metacarpale D2 links mit inhomogener Knochenstruktur

Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München


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FRÜHE RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Evidenz für raschen Therapiebeginn innerhalb von sechs Wochen Gleich die erste Empfehlung der EULAR-Leitlinie zum Management der frühen Arthritis besagt, dass Patienten innerhalb von sechs Wochen nach Auftreten der ersten Symptome einem Rheumatologen zugewiesen und von diesem untersucht werden sollten. Die Umsetzung dieser Empfehlung in der Praxis ist nicht einfach, auch wenn mit der Einrichtung von Früharthritis-Sprechstunden große Fortschritte erzielt wurden. Trotz theoretischer Erwägungen zum „window of opportunity“ fehlte es bislang auch an Evidenz für die Vorteile eines 6-Wochen-Zeitfensters gegenüber einem Zeitrahmen von bis zu 12 Wochen. Niederländische Rheumatologen um Ellis Niemantsverdriet, Leiden, schlossen jetzt diese Lücke mit einem Vergleich des Langzeit-Outcomes von Patienten, die binnen 6 oder 7-12 Wochen vom Rheumatologen gesehen wurden.

In die retrospektive Beobachtungsstudie wurden konsekutive Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) aus sowohl der Leiden Early Arthritis Clinic (EAC)- und French Etude et Suivi des Polyarthrites Indifferenciées Recentes (ESPOIR)-Kohorte eingeschlossen. Analysiert wurden mit RA diagnostizierte Teilnehmer, die die ACR-Klassifikationskriterien aus 1987 erfüllten und für die Daten zu Symptombeginn und Remission verfügbar waren. Diese wurden gruppiert auf Basis der Zeit zwischen Symptombeginn und erstem Termin beim Rheumatologen: ≤6 Wochen, 7-12 Wochen und ≥12 Wochen. Wichtigste Endpunkte waren eine anhaltende DMARD-freie Remission und die radiologische Progression.

Langfristig häufiger anhaltende Remission erreichbar In die Analyse flossen 1.025 RA-Patienten ein, die von 1996 bis 2017 in die EAC-, und 514, die von 2002 bis 2005 in die ESPOIR-Kohorte eingeschlossen wurden. Das mediane Followup betrug 7,1 Jahre in der EAC- und 10,0 in der ESPOIR-Kohorte. Nach 7 Jahren erreichten in der EAC 24 % der 127 Patienten, die binnen ≤6 Wochen von Rheumatologen gesehen wurden, eine anhaltende DMARD-freie Remission gegenüber 20 % jener 223 Patienten, die nach 7-12 Wochen einen Termin erhalten hatten, und 15 % der 675 Patienten, die erst nach >12 Wochen zum Rheumatologen kamen. In der multivariaten Analyse berechnete sich für die binnen 6 Wochen gesehenen Patienten ein signifikanter Vorteil in puncto Remission im Vergleich zur Gruppe mit 7-12-Wochen-Zeitfenster (Hazard ratio, HR 1,59, 95% KI 1,02-2,49; p=0,042) und jener mit mehr als 12 Wochen Wartezeit (HR 1,54; 95% KI 1,04-2,29; p=0,032). In der ESPOIRKohorte erreichten nach 10 Jahren Follow-up 27 % der 11 Patienten im 6-Wochen-Zeitfenster, 11 % der 100 Patienten im 7-12-Wochen-Zeifenster und 10 % der 403 Patienten mit mehr als 12-wöchigem Zeitfenster eine anhaltende DMARD-freie Remission. Hier ergab die multivariate Analyse ein ähnliches Bild, jedoch waren die Vorteile nicht-signifikant (HR 2,81, 95% KI 0,75-10,53; p=0,12 für 6 vs. 7-12 Wochen und HR 3,05, 95% KI 0,89-10,49; p=0,077 für 6 vs. >12 Wochen). Eine Metaanalyse über beide Kohorten zeigte, dass eine Visite beim Rheumato-

logen binnen ≤6 Wochen signifikant die Wahrscheinlichkeit für eine DMARD-freie Remission erhöhte (HR 1,69; p=0,016 vs. 7-12 Wochen; HR 1,67; p=0,020 vs. >12 Wochen). Im Hinblick auf die radiologische Progression waren dagegen zumeist keine Unterschiede zugunsten des 6-Wochen-Zeitfensters erkennbar (β=1,00; p=0,96 in der EAC- bzw. β=0,93; p=0,30 in der ESPOIR-Kohorte vs. 7-12 Wochen sowie β=0,96; p=0,064 in der EAC- bzw. β=0,89; p=0,10 in der ESPOIR-Kohorte). In der entsprechenden Metaanalyse war eine Visite innerhalb von 6 vs. 7-12 Wochen nicht-signifikant mit einer geringeren radiologischen Progression assoziiert (β=0,99; p=0,75), gegenüber der >12-Wochen-Gruppe war hingegen der Vorteil statistisch signifikant (β=0,95; p=0,028). Ein Termin beim Rheumatologen binnen sechs Wochen nach Symptombeginn, wie von der EULAR gefordert und immer häufiger durch Früharthritis-Sprechstunden auch realisierbar, lohnt sich insbesondere in Bezug auf das langfristige Erreichen einer Remission, weniger in Bezug auf die (so früh meist noch geringe) radiologische Progression. m

Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(6): e332-e338


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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Unklare Zukunft für oralen BTK-Inhibitor Fenebrutinib Bislang sind die JAK-Inhibitoren die einzigen oral einzunehmenden, zielgerichteten (ts)DMARDs bei rheumatoider Arthritis (RA). Eine Hoffnung, dieses Feld zu erweitern, ruht auf der an B-Zellen und myeloiden Zellen ansetzenden Inhibition der Bruton’s Tyrosin-Kinase (BTK) mit Fenebrutinib. Der hochselektive, nicht-kovalente BTK-Inhibitor wurde von einer primär US-amerikanischen Gruppe um Stanley Cohen, Dallas, in der randomisierten, doppelblinden, placebo- und aktivkontrollierten Phase-II-Studie ANDES gegen Placebo und Adalimumab geprüft worden. Ganz überzeugen können die Daten nicht.

In einem Teil der ANDES-Studie zu Fenebrutinib (Kohorte 1) waren 480 Patienten mit aktiver RA und inadäquatem Ansprechen auf Methotrexat (MTX) auf drei Fenebrutinib-Dosierungen (1x 50, 1x 150 oder 2x 200 mg/Tag), s.c. 40 mg Adalimumab alle 2 Wochen oder Placebo randomisiert worden. In einem weiteren Studienteil (Kohorte 2) wurden 98 Patienten mit aktiver RA und zusätzlich unzureichendem Ansprechen auf TNFαInhibitoren auf Fenebrutinib 2x 200 mg/ Tag oder Placebo randomisiert. In beiden Kohorten wurde MTX als stabile Hintergrundtherapie weitergeführt. Primärer Endpunkt war jeweils das ACR50-An-

sprechen in Woche 12. In Kohorte 1 zeigte sich kein Unterschied im ACR50 nach 12 Wochen zwischen Fenebrutinib 1x 50 mg/Tag und Placebo (15 %), etwas besser schnitt die 1x tägliche 150 mg-Dosis (28 %) ab, vor allem aber 2x 200 mg Fenebrutinib (35 %) (p=0,017; p=0,0003). Im Vergleich erwies sich die höchste Fenebrutinib-Dosis damit auf Augenhöhe mit Adalimumab (36 %; p=0,81), war aber eben auch nicht – wie erhofft – besser. In Kohorte 2 erreichten nach 12 Wochen mehr Patienten (ohne statistische Signifikanz) ein ACR50-Ansprechen unter Fenebrutinib 2x 200 mg/Tag versus Placebo (25 vs. 12 %; p=0,072).

Häufigste Nebenwirkungen des BTKInhibitors waren Übelkeit, Kopfschmerzen, Anämie und Infektionen der oberen Atemwege. Es zeigten sich unter Fenebrutinib signifikante Effekte auf Myeloid- und B-Zell-Biomarker (CCL4, RF), die sich von jenen unter Adalimumab teils unterschieden, teils überlappten. Ob der BTK-Inhibitor trotz guter Wirksamkeit der 2x 200 mg-Dosierung (nach MTX-Versagen auf dem Niveau von Adalimumab) bei RA weiterentwickelt wird, bleibt abzuwarten. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41275

Deeskalation von Biologika meist gut durchführbar Bisherige Studien zur Therapiedeeskalation bei RA-Patienten, die längere Zeit in Remission waren oder eine niedrige Krankheitsaktivität hatten, zeigten, dass vielfach eine Dosisreduktion mittels Verlängerung des Therapieintervalls von bDMARDs möglich, ein gänzlicher Abbau aber oft mit Flares verbunden ist. Dass eine solche Strategie in der täglichen klinischen Praxis tragfähig ist, bestätigt nun auch eine retrospektive Studie belgischer Rheumatologen um Patrick Durez, Brüssel.

Ausgewertet wurden in der monozentrischen Studie die Daten von 332 RA-Patienten der Brüsseler UCLouvain-Kohorte von 2000 bis 2018, von denen bei 140 (42,1 %) ein Tapering des bDMARDs vorgenommen wurde, während 192 (57,9 %) auf einer stabilen bDMARD-Dosis verblieben (die bDMARD-Therapie musste zuvor über mindestens 1 Jahr erfolgt sein). Das durchschnittliche Follow-up erstreckte sich über 14,6 Jahre, 68 % der Patienten waren auf einem TNFαInhibitor, 15 % auf Tocilizumab, 10 % auf Rituximab und 7 % auf Abatacept. Das Alter generell und jenes bei Diagnosestellung (60,7 vs. 55,7; p=0,02 bzw. 43,1 vs. 38,7 Jahre; p=0,04), der HAQ-Score (1,3 vs. 1,5, p=0,048) sowie der PtGA-Score

(60,1 vs. 67,1, p=0,024), die Rate RF-positiver Patienten (83,3 vs. 72,9 %, p=0,04) und die Krankheitsdauer zum Zeitpunkt der ersten bDMARD-Therapie (9,7 vs. 12,1 Jahre; p=0,034) waren signifikant unterschiedlich zwischen dem Arm mit reduzierter und stabiler bDMARD-Dosis. In der Dosisreduktions-Gruppe waren die RA-Patienten zudem signifikant häufiger mit einem bDMARD in Kombination mit Methotrexat (MTX) behandelt worden (86,7 vs. 73,8 %; p=0,005) und hatten seltener ein zweites bDMARD benötigt (26,6 vs. 32 %). Im Ergebnis kam es im Verlauf des Follow-up nur bei 15 Patienten zu einem Flare, der im Mittel nach 1,9 Jahren auftrat.

Unter den 140 Patienten mit bDMARDDeeskalation gelang bei 11, 39 und 75 eine Dosisreduktion um >50 %, 50 % und <50 %. Am häufigsten glückte eine Dosisreduktion unter Adalimumab (67 %), Etanercept, Rituximab und Abatacept ( je ca. 50 %), wobei aber die geringe Größe dieser Subgruppen zu berücksichtigen ist. Als Fazit kann somit gezogen werden, dass im Praxisalltag eine schrittweise bDMARD-Dosisreduktion um ca. 50 % in vielen Fällen ohne gravierendes Flare-Risiko möglich ist. Die Fortführung von MTX als Begleittherapie erhöhte die Erfolgswahrscheinlichkeit. m

Quelle: Arthritis Res Ther 2020; 22(1): 96


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Bariatrische Chirurgie: Positive Effekte auf Krankheitsaktivität Adipositas gilt nicht nur als Risikofaktor für eine rheumatoide Arthritis (RA), sondern ist auch mit einer höheren Krankheitsaktivität und einem schlechteren Ansprechen assoziiert. Anders als für die Gewichtsabnahme per se, gut belegt bei RA, Psoriasis und Psoriasis-Arthritis, ist die bislang vorliegende Evidenz für die bariatrische Chirurgie bei adipösen RA-Patienten eher ungenügend. Eine chinesische Studie von Zhen Zhang, Heifei, und Kollegen, die eine Kontrollgruppe hatte, belegt nun bei einer bariatrischen Chirurgie unterzogenen fettleibigen RA-Patienten mit Gewichtsverlust eine nach 12 Monaten signifikant niedrigere Krankheitsaktivität.

In der 12-monatigen prospektiven Studie wurden 65 adipöse RA-Patienten (mittlerer BMI ca. 38) erfasst, von denen 32 die Kriterien für eine bariatrische Chirurgie plus Pharmakotherapie erfüllten, während die anderen 33 Patienten alleinig medikamentös behandelt wurden. Die beiden Gruppen waren in Bezug auf Demografie und klinischem Status gut vergleichbar. Im Chirurgie-Arm wurde zu 41 % eine laparoskopische SleeveGastrektomie durchgeführt, bei den übrigen 59 % ein Roux-en-Y-Magenbypass. Nach 12 Monaten zeigten sich durchweg signifikante Vorteile nach der bariatrischen Chirugie im ACR20- (75,0 vs.

51,5 %), ACR50- (53,1 vs. 39,4 %) und ACR70-Ansprechen (31,3 vs. 21,2 %) ( je p<0,05). Ebenso signifikant fielen die Unterschiede zugunsten der Operation im mittleren DAS28-ESR (1,5 vs. 2,4), DAS28-CRP (1,2 vs. 2,2) und CDAI (9,5 vs. 15,8) nach 12 Monaten aus ( je p<0,05). Im Vergleich zum Studienbeginn konnte die medikamentöse Therapie nach 12 Monaten reduziert werden, signifikant war dies für Leflunomid, bDMARDs, Kombinationen und NSAR (p<0,05 oder p<0,01) – dies jedoch in beiden Studienarmen und auch ohne signifikantem Unterschied in der Medikation zwischen den beiden Gruppen zu

Baseline oder in Monat 12. Zu postoperativen Komplikationen kam es bis Monat 1 bei 16 % und danach bei 9 % der Teilnehmer. Im Vergleich zu den nur medikamentös behandelten adipösen RAPatienten war die bariatrische Chirurgie somit nach einem Jahr mit einer geringeren Krankheitsaktivität verbunden, auch wenn sich keine Vorteile im Hinblick auf eine Therapiedeeskalation zeigten. Bei geeigneten Patienten sollte diese nichtpharmakologische Maßnahme durchaus unter Abwägung von Nutzen und Risiko erwogen werden. m Quelle: Sci Rep 2020; 10: 3167

Kardiovaskuläre Risikoreduktion durch TNF-Inhibitoren Hinweise dafür, dass Biologika das bei RA-Patienten per se durch die systemische Entzündung erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zu reduzieren vermögen, hatten zahlreiche Registerdaten insbesondere in Bezug auf TNFα-Inhibitoren geliefert. US-amerikanische Experten um George A. Karpouzas, Torrance (USA), fanden nun in einer aktuellen Studie Anhaltspunkte, dass bDMARDs – hier TNFα-Inhibitoren – jenseits der allgemeinen Entzündungshemmung auch direkt durch eine reduzierte Plaquebildung und Stabilisierung von Hochrisiko-Läsionen das kardiovaskuläre (CV) Risiko senken könnten.

In der monozentrischen Beobachtungsstudie wurden 150 mit DMARDs behandelte RA-Patienten (80 % erhielten zu Baseline Methotrexat, 60 % einen TNFα-Inhibitor) einer CT-Angiografie (CTA) zur Bestimmung einer koronaren Atherosklerose mit Erfassung sowohl der Gesamtlast als auch spezifisch nicht-kalzifizierten, gemischten/kalzifizierten und Low-attenuation Plaques unterzogen. Bei 101 Teilnehmern wurde über im Mittel 6,9 Jahre wiederholt eine CTA durchgeführt und prospektiv alle CV-Ereignisse (kardialer Tod, Myokardinfarkt, instabile Angina, Revaskularisation, Schlaganfall, Hospitalisierung aufgrund Herzinsuffizienz) dokumentiert. Die Resultate wurden

adjustiert auf den DAS28-CRP-Wert, den Framingham-D'Agostino-Score und den Segment Stenosis-Score. Im Ergebnis war eine Anti-TNF-Therapie mit einem geringeren langfristigen kardiovaskulären Risiko assoziiert (Odds ratio, OR 0,15; 95% KI 0,04‐0,60), und zwar bei Patienten mit nicht-kalzifizierten als auch Low‐attenuation Plaques zu Baseline (OR 0,21; 95% KI 0,04‐0,99 bzw. OR 0,08; 95% KI 0,01‐0,70), nicht aber bei solchen ohne. Eine Anti-TNF-Exposition war mit einer Transition von nicht-kalzifizierten zu gemischten/kalzifizierten Plaques verknüpft (OR 4,00; 95% KI 1,05‐15,32) und prädizierte eine geringere

Wahrscheinlichkeit für neue Plaques (in Segmenten ohne Plaque) bei Patienten ohne gemischte/kalzifizierte Plaques in anderen Koronarsegmenten (OR 0,40; 95% KI 0,17‐0,93), nicht aber bei jenen mit Kalzifizierung. Die Anti-TNF-Therapie war auch prädiktiv für die Stabilisierung von Low-attenuation Plaques (p=0,042). Bei RA-Patienten waren TNF-Hemmer somit mit einem reduzierten CV-Risiko, einer protektiven Kalzifizierung nichtkalzifizierter Läsionen und geringeren Risiko für de-novo Plaques bei früher Atherosklerose verbunden. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41293


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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Nicht-elektive Operationen: Biologika sicher, Steroide weniger Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) sind durch Immunsuppressiva einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Vorherige Studien zum Risiko für postoperative Infektionen haben sich primär mit elektiven Arthroplastien befasst, mit dem Ergebnis, dass csDMARDs wie Methotrexat (MTX) nicht mit mehr postoperativen Komplikationen assoziiert sind. Weniger klar ist das mit bDMARDs verbundene Risiko, dies gerade auch im Kontext anderer Operationen wie etwa bei Hüftfrakturen, im Bauch- bzw. Beckenbereich oder am Herz, die häufig nicht-elektiv sind, ein vorheriges Absetzen von Therapien also nicht immer zulassen und potenziell ein höheres Infektionsrisiko bieten. Den Versuch, diese Wissenslücke zu schließen, unternahmen US-amerikanische Experten um Michael D. George, Philadelphia, anhand von Medicare-Daten der Jahre 2006 bis 2015 zu RA-Patienten, die solchen Operationen unterzogen wurden.

auf die Nicht-TNF-bDMARDs bzw. tsDMARDs im Vergleich zu MTX zu, mit einer adj. OR für die 90-Tages-Mortalität von 0,78 (95% KI 0,49-1,22) sowie für die 30-Tages-Wiederaufnahmerate von 1,02 (95% KI 0,78-1,33). Nach der Art des chirurgischen Eingriffs stratifizierte Analysen zeigten ebenfalls keine relevanten Unterschiede an.

Insgesamt betrug die 90-Tages-Sterblichkeit 5,4 %, die 30-Tages-Rehospitalisierungsrate belief sich auf 12,8 %. Komplikationen waren am häufigsten nach einer Kolektomie und Herzklappen-Ops (am seltensten nach einer Hysterektomie), die häufigsten Gründe für eine Wiederaufnahme waren Op-Komplikationen und Sepsis. Im Ergebnis zeigte sich für TNFi gegenüber MTX in einer adjustierten Analyse kein erhöhtes Risiko – weder in Bezug auf die 90-Tages-Mortalität (adj. Odds ratio, OR 0,83; 95% KI 0,67-1,02) noch auf die 30-Tages-Wiederaufnahmerate (adj. OR 0,86; 95% KI 0,75-0,93). Selbiges traf auch

Die kurz zuvor erfolgte Einnahme (so ganz präzise lässt sich dies in dieser Studie leider nicht definieren) von bDMARDs oder tsDMARDs scheint somit eher nicht mit einem erhöhten Mortalitäts- oder Wiederaufnahmerisiko etwa aufgrund postoperativer Infektionen verknüpft zu sein. Bei dringlich erforderlichen Eingriffen erscheint eine Verzögerung aufgrund einer bDMARD-Therapie nicht zwingend. Insbesondere der Einsatz hoch-dosierter Steroide sollte in diesem Kontext aber wenn immer möglich minimiert werden.

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; 79(5): 573-580

KOMPAKT

In der retrospektiven Kohortenstudie erfasst wurden 10.483 erwachsene RA-Patienten (im Mittel 72 Jahre, meist Frauen) mit 10.777 qualifizierenden chirurgischen Eingriffen, bei denen es sich in 3.585 Fällen um das Fixieren einer Hüftfraktur, 5.025 Operationen im Bauch- bzw. Becken-Bereich (Cholezystektomie, Hysterektomie, Hernie, Appendektomie, Kolektomie) und 2.167 Herz-Operationen (CABG, Mitral- bzw. Aortenklappe) handelte. Mittels logistischer Regression und PropensityScoring wurden die 90-Tages-Mortalität und 30-Tages-Rehospitalisierungsrate von RA-Patienten verglichen, die <8 Wochen perioperativ vor dem Eingriff MTX (ohne zusätzliches bDMARD oder tsDMARD) (57 %), einen TNFα-Inhibitor (TNFi) (33 %) oder ein Nicht-TNFi-bDMARD bzw. tsDMARD (10 %) erhalten hatten (zusätzliche csDMARDs waren in allen Armen gestattet). Auch das mit Glukokortikoiden (GK) verbundene Risiko wurde berechnet.

Anders sieht es bei den GK aus: Selbst in eher niedriger Dosierung (5-10 mg/Tag) waren diese mit einer erhöhten 90-TagesSterblichkeit (adj. OR 1,41; 95% KI 1,08-1,82) und 30-Tages-Rehospitalisierungsrate (adj. OR 1,26; 95% KI 1,05-1,52) assoziiert. Noch höher war das Risiko in Dosierungen von >10 mg/Tag mit adj. ORs von 1,64 (95% KI 1,02-2,64) bzw. 1,60 (95% KI 1,15-2,24) – jeweils berechnet gegenüber keinem Steroidgebrauch. Hier spielte auch die Art der Intervention eine Rolle: Am höchsten war das Sterblichkeitsrisiko im Gefolge von herzchirurgischen Eingriffen mit adj. ORs von 1,84 (5-10 mg) bzw. 2,77 (>10 mg). Bei Hüft-Ops waren GK hingegen eher mit einem erhöhten Risiko für Wiederaufnahmen (adj. ORs 1,66 bzw. 1,79) verbunden. Häufiger waren unter GK generell Wundheilungsstörungen. m


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RHEUMATOLOGIE TRIFFT ONKOLOGIE

EULAR-Leitfaden zu Diagnose und Management von irAEs unter Checkpoint-Inhibitoren publiziert Rheumatische, immun-assoziierte unerwünschte Ereignisse (irAEs), oft muskuloskelettale Manifestationen, die als Begleiterscheinung und oft Zeichen eines guten Ansprechens bei onkologischen Patienten unter einer Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) auftreten, spielen mit deren zunehmendem Einsatz eine immer größere Rolle in der rheumatologischen Praxis. Eine aus 19 Experten bestehende EULAR Task Force um Marie Kostine, Bordeaux (Frankreich), publizierte auf Basis eines systemischen Literaturreviews und Expertenmeinungen eine Richtlinie („points to consider“) zu deren Diagnostik und Behandlung.

Das Ergebnis der Literaturauswertung waren nach zwei Meetings und Abstimmungen 4 übergreifende Prinzipien und 10 „points to consider“. Die übergreifenden Prinzipien besagen: Rheumatische und muskuloskettale immun-assoziierte unerwünschte Ereignisse können als Manifestationen einer ICITherapie bei damit behandelten Krebspatienten auftreten. Das Management rheumatischer und muskuloskettaler irAEs sollte auf einer „shared decision“ von Patienten, Onkologen und Rheumatologen basieren. Rheumatologen sollten sich mit Onkologen in Verbindung setzen, um zur interdisziplinären Versorgung von Patienten mit muskuloskettalen Zeichen und Symptomen beizutragen. Die Rolle des Rheumatologen ist das Assistieren von Onkologen bei der Differenzialdiagnose und bei der Reduktion von rheumatischen und muskuloskettalen Symptomen auf ein akzeptables Niveau, welches die Fortführung einer effektiven ICI-Therapie erlaubt.

Points to consider im Überblick Rheumatologen sollten sich des weiten Spektrums klinischer Präsentationen rheumatischer und/oder systemischer irAEs, die oft nicht die traditionellen Klassifikationskriterien erfüllen, bewusst sein. Onkologen sollten bei V. a. rheumatische, muskuloskelettale oder systemische Zeichen und Symptome infolge der Immuntherapie dazu ermutigt werden, sofort einen Rheumatologen hinzuzuziehen, der dann einen erleichterten Zugang für diese Patienten gewähren sollte. Metastasen, paraneoplastische Syndrome und rheumatische Erkrankungen ohne Bezug sollten als potenzielle Differenzialdiagnosen von irAEs erachtet werden. Das umfassende Assessment sollte auf den Nachweis einer Entzündung der Zielorgane fokussieren, basierend auf Anamnese, klinischen Features, Labortests, Bildgebung und/oder Biopsien. Im Falle einer Ineffektivität symptomatischer Therapien und in Abhängigkeit von der Krankheitsschwere sollten lokale und/ oder systemische Glukokortikoide (GK) bei irAEs und systemischen Symptomen erwogen werden. Dosierungen und Administrationsrouten sollten gemäß klinischer Entität und Aktivität festgelegt werden. Nach erreichter Besserung sollten systemische GK auf die zur Symptomkontrolle erforderliche, geringst-

mögliche Dosis reduziert werden. Bei unzureichendem Ansprechen auf eine akzeptable GK-Dosis oder bei erforderlicher Steroideinsparung sollten csDMARDs erwogen werden. Bei Patienten mit schweren bzw. systemischen irAEs oder unzureichendem Ansprechen auf csDMARDs können bDMARDs erwogen werden, bei entzündlicher Arthritis präferenziell TNFαoder IL-6-Inhibitoren. Die Entscheidung für oder gegen das Fortsetzen der ICI-Therapie sollte basieren auf der Schwere der irAEs, dem Ausmaß der benötigten Immunsuppression, dem Tumoransprechen und dessen Dauer sowie dem künftigem onkologischen Behandlungsplan, in einer gemeinsamen Entscheidung mit dem Patienten. Bei Myositis, die schwerwiegend sein kann, muss ein Abbruch der ICI-Therapie diskutiert werden. Beim Auftreten lebensbedrohlicher Manifestationen (Bulbärsymtomatik: Dysphagie, Dysarthrie oder Dysphonie; sowie Dyspnoe und Myokarditis) sollten Hochdosis-GK, intravenöse Immunglobuline (IVIG) und/oder ein Plasmaaustausch erwogen werden, das Stoppen der ICI-Therapie ist dann immer erforderlich. Vorexistierende rheumatische oder systemische Erkrankungen schließen eine ICI-Therapie nicht aus. Immunsuppressiva sollten in der geringstmöglichen Dosis beibehalten werden (GK: <10 mg/Tag Prednisolon, falls möglich). Bei vielen Patienten kann es zu einem Flare der Grunderkrankung und/oder irAEs kommen, die den Einsatz von GK und/oder DMARDs erforderlich macht. Last but not least: Vor Beginn der ICI-Therapie gibt es keine Indikation dafür, jeden Patienten auf Autoantikörper zu testen. Im Falle unerklärlicher rheumatischer, muskuloskelettaler oder systemischer Symptome sollte eine vollständige rheumatologische Abklärung durchgeführt werden. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217139


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

JUVENILE IDIOPATHISCHE ARTHRITIS

Treat-to-target-Strategie erfolgreich anwendbar Vor Kurzem wurden auch für die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) Treat-to-target (T2T)-Empfehlungen formuliert. Dass dies so spät geschah, war primär der fehlenden Evidenz aus Studien geschuldet. Nachdem 2019 die holländische Best-for-kids-Studie die Praktikabilität und gute Behandlungsergebnisse einer T2T-Strategie mit Tight-control bei polyartikulärer JIA (pJIA) belegte, zeigte nun auch eine deutsche Studie von Ariane Klein, Sankt Augustin, und Kollegen, dass eine frühe T2T-Strategie im Vergleich zu einer Routinebehandlung bei pJIA-Patienten häufiger das Erreichen einer Remission oder minimalen Krankheitsaktivität (MDA) nach 12 Monaten ermöglicht.

In die Studie eingeschlossen wurden 63 Patienten mit früher, aktiver pJIA. Als Therapieziele festgelegt wurden eine spürbare Verbesserung im Juvenile Arthritis Disease Activity Score (JADAS) nach 3 Monaten, ein akzeptabler Erkrankungsstatus nach 6 Monaten, das Erreichen einer JADAS-MDA nach 9 Monaten und – als primärer Endpunkt – das einer JADAS-Remission nach 12 Monaten. Als Ersttherapie wurde Methotrexat (MTX) verordnet, bei Nicht-Erreichen des Therapieziels zum jeweiligen Zeitpunkt war eine Therapieanpassung inklusive Eskalation auf ein bDMARD angezeigt.

Die Wahl des Biologikums war nicht vom Protokoll vorgegeben. Schließlich wurden die T2T-Patienten mit einer gematchten Kohorte von pJIA-Patienten aus dem BIKER-Register ohne T2TStrategie verglichen. Dem Studienprotokoll entsprechende Daten lagen nach 12 Monaten für 54 Patienten vor. Die jeweiligen Therapieziele erreichten nach 3, 6, 9 und 12 Monaten 73 %, 75 %, 77 % und 48 % der Teilnehmer. Im Vergleich zu den gematchten Kontrollen erreichten die pJIA-Patienten mit einer am T2TPrinzip ausgerichteten Therapie signifikant häufiger eine JADAS-Remission (48

vs. 32 %, Odds ratio, OR 1,96; p=0,033) und JADAS-MDA (76 vs. 59 %, OR 2,2; p=0,028) in Monat 12. Die Patienten der T2T-Kohorte erhielten dabei signifikant häufiger ein bDMARD (50 vs. 9 % nach 12 Monaten, OR 9,8; p<0,0001). Allerdings erreichte knapp die Hälfte der T2TPatienten die Therapieziele auch ohne ein bDMARD. Im Ergebnis zeigt sich somit ein klarer Vorteil des T2T-Konzepts in diesem pJIA-Kollektiv. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2019-216843

ADULTER MORBUS STILL

Canakinumab: Ein Rückblick auf die CONSIDER-Studie Seit einiger Zeit werden die systemische juvenile idiopathische Arthritis (sJIA) und der adulte Morbus Still (Adult-Onset Still’s Disease, AOSD) als ein Krankheitsbild mit Beginn in unterschiedlichen Lebensphasen begriffen. Ein Ausgangspunkt waren frühere Befunde zu dem Interleukin (IL)-1β-Inhibitor Canakinumab, der daraufhin von deutschen Rheumatologen um Claudia Kedor, Berlin, gezielt in der unabhängigen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten, multizentrischen Phase-II-Studie CONSIDER bei AOSD-Patienten mit aktiver Gelenkbeteiligung geprüft wurde. Jetzt wurden deren Ergebnisse in Gänze publiziert.

In die CONSIDER-Studie wurden Patienten mit AOSD und aktiver Gelenkbeteiligung (TJC und SJC je ≥4) eingeschlossen und entweder mit Canakinumab (4 mg/kg, max. 300 mg s.c. alle 4 Wochen) oder Placebo behandelt. Eine stabile Begleittherapie mit NSAR, Glukokortikoiden (Prednison ≤10 mg/Tag) und csDMARDs war erlaubt, zuvor gegebene bDMARDs mussten vor Studienbeginn ausgewaschen sein. Primärer Endpunkt der Studie war der Anteil von Patienten mit klinisch relevanter Reduktion der Krankheitsaktivität nach 12 Wochen (ΔDAS28-ESR >1,2). Ursprünglich sollten

68 Patienten eingeschlossen werden, aufgrund der bereits erfolgten EMA-Zulassung von Canakinumab für die AOSD wurde die Rekrutierung vorzeitig nach 36 Teilnehmern gestoppt. Initial war mit einem mittleren DAS28-ESR von 5,4 (Canakinumab) bzw. 5,3 (Placebo) eine hohe Krankheitsaktivität gegeben. In der ITT-Analyse erreichten 12 Patienten (67 %) unter Canakinumab und 7 (41 %) unter Placebo den primären Endpunkt (p=0,18). In der Per-Protokoll-Analyse erreichten signifikant mehr Patienten unter Canakinumab ein Ansprechen gemäß

ACR30 (61 vs. 20 %; p=0,033), ACR50 (50 vs. 6,7 %; p=0,009) und ACR70 (28 vs. 0 %; p=0,049). Trotz der vorzeitigen Terminierung der Studie und dem (damit verbundenen) Verfehlen des primären Endpunkts zeigte sich somit ein gutes Ansprechen vieler Parameter der AOSD auf Canakinumab, was dessen Zulassung in dieser Indikation nachträglich stützt. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217155


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GICHTARTHRITIS

Therapiealternative bei akuten Gichtschüben geprüft Bei akuten Gichtattacken werden gewöhnlich mit gutem Erfolg NSAR, Prednisolon oder Colchicin eingesetzt. Jedoch weisen viele Patienten eine Kontraindikation für eine oder mehrere dieser Therapien auf. Da Schübe maßgeblich von Interleukin (IL)-1β getrieben werden, sind auch IL-1-Inhibitoren wie Canakinumab effektiv, werden aber aufgrund der parenteralen Gabe und hohen Kosten nur selten bei therapierefraktären Patienten mit Gichtarthritis eingesetzt. US-amerikanische und niederländische Experten um Tim Jansen, Venlo, prüften nun in einer Studie mit Dapansutril ein neues Wirkprinzip, dass das NLRP3-Inflammasom und in der Folge die Aktivierung von IL-1β inhibiert, als mögliche Alternative.

In die open-label, Proof-of-Concept, Phase-IIa-Studie wurden zwischen Mai 2017 und Januar 2019 (von 144 gescreenten) 34 erwachsene Patienten (18-80 Jahre) mit monoartikulärer Gicht und Nachweis von Uratkristallen in einer holländischen Klinikambulanz eingeschlossen und in einem Studiendesign mit Dosisanpassung für 8 Tage mit oralem Dapansutril 100 mg/Tag (n=8), 300 mg/Tag (n=7), 1.000 mg/Tag (n=6) oder 2.000 mg/Tag (n=8) behandelt. Ko-primäre Endpunkte waren die Veränderungen der Schmerzen im Zielgelenk (gemäß der Einschätzung der Teilnehmer) von Baseline bis Tag 3 bzw. bis Tag 7 (die Per-Protokoll-Analyse umfasste 29 Patienten, die ≥80 % der Studienmedikation erhielten und bei denen kein rele-

vanter Verstoß gegen das Studienprotokoll vorlag). Im Ergebnis kam es von Baseline bis Tag 3 zu einer durchschnittlichen Schmerzreduktion im Zielgelenk von 52,4 % (p=0,016) in der 100 mg/Tag-Gruppe, 68,4 % (p=0,016) in der 300 mg/TagGruppe, 55,8 % (p=0,063) in der 1.000 mg/Tag-Gruppe und 57,6 % (p=0,016) in der 2.000 mg/Tag-Gruppe. An Tag 7 belief sich die jeweilige mittlere Schmerzreduktion auf 82,1 % (p=0,031; 100 mg/ Tag), 84,2 % (p=0,016; 300 mg/Tag), 68,9 % (p=0,031; 1.000 mg/Tag) und 83,9 % (p=0,008; 2.000 mg/Tag) im Vergleich zum Ausgangswert. Bei Berücksichtigung der Dosisanpassung zeigte sich vor allem im Hinblick auf frühe Effekte eine bessere Wirkung der drei hö-

heren Dosen. Die Schmerzlinderung an Tag 3 (56-68 %) war vergleichbar mit der in Studien mit NSAR (65 %) und Prednisolon (61 %), der Wirkeintritt war ähnlich wie bei IL-1-Inhibitoren früh messbar. Bei 73,5 % der Patienten wurden therapieassoziierte unterwünschte Ereignisse (UE), meist metabolische oder gastrointestinale Störungen, beobachtet. Zwei schwere UE wurden nicht Dapansutril zugeschrieben. Bei akzeptabler Sicherheit erwies sich der NLRP3-Inhibitor als durchaus wirksam, weitere Aussagen zum künftigen Potenzial von Dapansutril werden angesichts der geringen Gruppengrößen erst größere Studien zulassen. m

Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(5): e270-e280

ACR-Leitlinie 2020 zum Therapiemanagement vorgestellt Auch wenn für deutsche Rheumatologen die DGRh-Empfehlungen maßgeblich sind, sei an dieser Stelle doch ein kurzer Blick über den großen Teich gestattet, wo US-amerikanische Rheumatologen um Tuhina Neogi, Boston, die ACR-Leitlinie 2020 und damit die aktuellsten Empfehlungen zur Gichttherapie publiziert haben.

Insgesamt verständigte sich das Panel auf 42 Empfehlungen, darunter 16 starke. Bei allen Patienten mit ≥1 Tophus, Gicht-assoziierter radiologischer Schädigung und Gichtschüben (≥2/Jahr) soll eine harnsäuresenkende Therapie (ULT) eingeleitet werden. Im Falle einer chronischen Niereninsuffizienz (CKD >3), einem Serum-Harnsäurespiegel >9 mg/dl oder Urolithiasis kann dies auch nach dem ersten Schub erwogen werden. Präferenziell soll (aus Kosten- und Sicherheitsaspekten) Allopurinol eingesetzt werden, dies auch bei niereninsuffizienten Pa-

tienten (CKD ≥3), die Startdosis sollte niedrig angesetzt werden (≤100 mg/ Tag und geringer bei CKD, dann langsame, individuelle Titration). Alternativ wird Febuxostat (Startdosis ≤40 mg/Tag) empfohlen, als Folge der CARES-Studie soll es nicht bei kardiovaskulär vorerkrankten Patienten eingesetzt bzw. diese umgestellt werden (oder individuelle Absprache). Ziel der ULT ist im Sinne eines Treat-to-target-Ansatzes ein SerumHarnsäurewert <6 mg/dl. Sie sollte dauerhaft fortgeführt werden, bei klinischer Remission (kein Schub für ≥1 Jahr, keine

Tophi) kann ein Tapering oder eine Pausierung erwogen werden. Bei Initiierung der ULT gibt es seine starke Empfehlung für eine Prophylaxe mit Colchicin, NSAR oder Prednison für 3-6 Monate. Zum Management von Gichtschüben gibt es gleichfalls eine starke Empfehlung für Colchicin, NSAR oder Glukokortikoide (oral, i.a. oder i.m.), alternativ kann ein IL-1-Inhibitor erwogen werden. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; 72(6): 879-895


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PSORIASIS-ARTHRITIS

Update der EULAR-Empfehlungen zur Pharmakotherapie 2019 Bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) hat sich mit neuen Studien und vor allem der Einführung neuer Therapien viel getan. Es bedurfte daher dringend eines Updates der letzten, im Jahr 2015 erfolgten Überarbeitung. Erstmals bereits auf dem EULAR-Kongress 2019 in Madrid enthüllt, wurden die von der EULAR Task Force um Laure Gossec, Paris (Frankreich), ausgesprochenen Empfehlungen zur PsA-Therapie jetzt vollumfänglich publiziert. Es gibt einige relevante Neuerungen wie die Unterscheidung von Mono- und Polyarthritis und stärkere Fokussierung auf spezifische PsA-Manifestationen – wenn man so will ein Schritt in Richtung der primär Symptom-orientierten GRAPPA-Empfehlungen, die derzeit ebenfalls überarbeitet werden.

Nach einem Abstimmungsverfahren gemäß den üblichen EULAR SOPs auf Basis eines systematischen Literaturreviews einigte sich die 28-köpfige internationale Task Force im Mai 2019 auf 6 (zuvor 5) übergreifende Prinzipien und 12 (zuvor 10) spezifische Empfehlungen zur PsA-Therapie aus rheumatologischer Sicht.

Übergreifende Prinzipien Die ersten vier übergreifenden Prinzipien blieben unverändert, eines wurde umformuliert und eines neu festgelegt. Weiter wird betont, dass es sich bei der PsA um eine heterogene und potenziell schwere Erkrankung handelt, die eine multidisziplinäre Behandlung erforderlich machen kann (A). Anzustreben bei der PsA-Therapie ist eine bestmögliche Versorgung, sie sollte in Bezug auf Effektivität, Sicherheit und Kosten auf einer gemeinsamen Entscheidung („shared decision“) von Patient und Rheumatologen basieren (B.) Rheumatologen sind die Spezialisten, die primär für die Versorgung muskuloskelettaler Manifestationen von PsA-Patienten zuständig sind; bei klinisch relevanter Hautbeteiligung sollte in puncto Diagnose und Therapie mit einem Dermatologen zusammengearbeitet werden (C). Primäres Ziel der Therapie von PsA-Patienten ist die Maximierung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität durch Symptomkontrolle, Prävention struktureller Schäden, Normalisierung der Funktion und sozialen Teilhabe; die Aufhebung der Entzündung ist eine wichtige Komponente für das Erreichen dieser Ziele (D). Neu ist: Beim Management von PsA-Patienten sollte jede muskuloskelettale Manifestation berücksichtigt und in die Therapieentscheidung einbezogen werden (E). Leicht umformuliert wurde das letzte Prinzip: Beim Management von Patienten mit PsA sollten nicht-muskuloskelettale Manifestationen (Haut, Auge, Gastrointestinal-Trakt) ins Kalkül gezogen werden, Komorbiditäten wie metabolisches Syndrom, kardiovaskuläre Erkrankungen oder Depression sollten ebenfalls berücksichtigt werden (F).

Spezifische Empfehlungen Die Behandlung sollte am Ziel einer Remission oder alternativ niedrigen Krankheitsaktivität ausgerichtet werden mittels einer regelmäßigen Erfassung der Krankheitsaktivität und einer entsprechenden Anpassung der Therapie. Diese Empfehlung (1) wurde im Einklang mit den aktualisierten Treat-to-target (T2T)Empfehlungen zur PsA leicht umformuliert (minimale Krankheitsaktivität wurde gestrichen). NSAR können zur Linderung muskuloskelettaler Zeichen und Symptome eingesetzt werden, diese Empfehlung (2) wurde nur minimal umformuliert. Neu sortiert, ansonsten aber unverändert blieb Empfehlung (3): Lokale Glukokortikoid (GK)-Injektionen sollten als Zusatztherapie bei PsA erwogen werden; systemische GK können mit Vorsicht in der niedrigsten effektiven Dosis eingesetzt werden. Deutlich modifiziert bzw. neu sind folgende Empfehlungen: Bei Patienten mit Polyarthritis sollte rasch ein csDMARD initiiert werden, präferenziell Methotrexat (MTX) bei relevanter Hautbeteiligung (4). Bei Mono- oder Oligoarthritis, insbesondere bei Vorliegen negativer prognostischer Faktoren wie strukturellen Schäden, hohen Akute-Phase-Reaktanten (ESR/CRP), Daktylitis oder Nagelbeteiligung, sollte ein csDMARD erwogen werden (5). Neu ist damit (zuvor wurde ganz allgemein auf periphere Arthritis abgehoben) die Differenzierung zwischen Poly- und Mono- bzw. Oligoarthritis und die Betonung auf eine rasche und adäquate Therapie auch der Monoarthritis, unverändert blieb hingegen die Festlegung auf csDMARDs (primär MTX) als First-line-Therapie, letzteres auf Basis der TICOPA- und vor allem der SEAM-PsA-Studie, wobei aber auch Kostenaspekte klar eine Rolle spielten (daher auch der klare Unterschied zur ACR-Leitlinie 2018, in der TNFa-Inhibitoren als Primärtherapie aufgeführt werden). Modifiziert wurde Empfehlung (6): Bei Patienten mit peripherer Arthritis und unzureichendem Ansprechen auf ≥1 csDMARD sollte ein bDMARD begonnen werden; bei einer relevanten Hautbeteiligung kann ein IL-17- oder IL-12/23-Inhibitor präferiert werden. Zu beachten ist hier, dass IL-17/IL-12/23 (und künftig auch IL-23) bDMARDs den TNFα-Inhibitoren völlig gleichgestellt werden, auf Basis von Head-to-head-Studien


Modifiziert wurde gleichfalls Empfehlung (9): Bei Patienten mit eindeutiger Enthesitis und unzureichendem Ansprechen auf NSAR oder lokale GK-Injektionen sollte ein bDMARD erwogen werden (die vorherige Fokussierung auf TNFα-Inhibitoren wurde gestrichen). Ebenfalls modifiziert wurde Empfehlung (10): Bei PsA-Patienten mit vorwiegend axialer Erkrankung, die aktiv ist und unzureichend auf NSAR anspricht, sollte ein bDMARD erwogen werden, dies wäre nach gegenwärtiger Praxis (weiterhin) ein TNFαInhibitor; im Falle einer relevanten Hautbeteiligung kann ein IL-17-Inhibitor präferiert werden. Neuere Daten aus der MAXIMISE-Studien zu Secukinumab bei axialer PsA (und beiden IL-17-Inhibitoren bei axialer SpA generell) wurden diskutiert, zunächst bleibt es hier aber beim Vorrang der Anti-TNF-Therapien Auch modifiziert wurde Empfehlung (11): Bei Patienten, die nicht ausreichend auf ein bDMARD ansprechen, oder dieses nicht vertragen, sollte der Wechsel auf ein anderes bDMARD oder tsDMARD erwogen werden, auch ein Switch innerhalb der Substanzklasse ist möglich (aber nicht die primäre Option). Erst nach Versagen anderer bDMARDs wird (aufgrund der eher geringen Effektivität) auch ein Platz für Abatacept gesehen. Gänzlich neu ist und vorwiegend auf Expertenmeinung beruht Empfehlung (12): Bei Patienten in anhaltender Remission kann ein vorsichtiges Tapering von DMARDs erwogen werden. Wie üblich wurde zur besseren Übersicht ein 4-stufiger Therapiealgorithmus entwickelt (Abb.). m

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; 79(6): 700-712

Überwiegend axiale Erkrankung

Enthesitis

NSAR ± lokale GK-Injektionen

NSAR ± lokale GK-Injektionen1

Erreiche Ziel2 binnen <4 Wochen

Erreiche Ziel2 binnen 4-12 Wochen

Nein

Ja

Nein

Fortsetzen und anpassen

PHASE 2

Modifiziert wurde Empfehlung (8): Bei Patienten mit milder PsA (definiert als ≤4 Gelenke, niedrigere Krankheitsaktivität und/oder limitierter Hautbefall) und unzureichendem auf ≥1 csDMARD, bei denen weder ein bDMARD noch JAK-Inhibitor angemessen ist, kann ein PDE4-Inhibitor (sprich Apremilast) erwogen werden.

Mono/ Oligoarthritis

Vorliegen negativer prognostischer Faktoren

Ja Fortsetzen und anpassen

Starte MTX3 oder Leflunomid oder Sulfasalazin

Verbessert4 in Monat 3 und Ziel2 erreicht in Monat 6 Nein

Ja Fortsetzen6 Vorwiegend axiale Erkrankung

Enthesitis

PHASE 3

Neu ist Empfehlung (7): Bei Patienten mit peripherer Arthritis und unzureichendem Ansprechen auf ≥1 csDMARD und ≥1 bDMARD, oder wenn ein bDMARD unangemessen erscheint, kann ein JAK-Inhibitor (sprich Tofacitinib) erwogen werden. Nach positiven Phase-II bzw. III-Daten auch für Filgotinib und Upadacitinib wird dieses orale Therapieprinzip auch bei PsA weiter an Bedeutung gewinnen, die Ergebnisse dieser Studien stützen zusätzlich diese neue Empfehlung. Dass es keine Gleichstellung mit bDMARDs gibt, liegt an der bis dato etwas schwächeren Evidenz für ein ebenso gutes Hautansprechen.

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Bei schwerer Hautbeteiligung hinzuziehen eines Dermatologen erwägen

Klinische Diagnose einer aktiven PsA

Polyarthritis (>4 geschwollene Gelenke) ± Daktylitis

Starte bDMARD: TNFi5 oder IL12/23i3 oder IL-17i3; falls bDMARD unangemessen: starte JAKi (Erwäge PDE4i bei milder Erkrankung, falls bDMARD und JAKi unangemessen)

Starte bDMARD: TNFi oder IL-17 (übliche Praxis wäre der Beginn mit TNFi)

Verbessert4 in Monat 3 und Ziel2 erreicht in Monat 6 Nein

Ja Fortsetzen6

Arthritis und/ oder Enthesitis

PHASE 4

aus der Plaque-Psoriasis und PsA (SPIRIT-H2H und jetzt auch EXCEED) gibt es eine recht klare Präferenz für IL17/IL-12/23- gegenüber TNFα-Inhibitoren bei relevanter Hautmanifestation.

PHASE 1

Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

Vorwiegend axiale Erkrankung

Wechsele auf anderes bDMARD7 oder JAKi oder PDE4i (innerhalb oder zwischen Substanzklassen)

Wechsele bDMARD innerhalb oder zwischen Substanzklassen von TNFi oder IL-17i3

Verbessert4 in Monat 3 und Ziel2 erreicht in Monat 6

Verbessert4 in Monat 3 und Ziel2 erreicht in Monat 6

Nein

Ja

Ja

Nein

Fortsetzen6

Erläuterungen: 1 keine GK für axiale Erkrankung, 2 Ziel ist Remission oder LDA (speziell bei etablierter Erkrankung) im Einklang mit den T2T-Empfehlungen, 3 Präferenz bei relevanter Hautbeteiligung, bei begleitender CED oder Uveitis jedoch Präferenz für TNFi, 4 Verbesserung meint >50 % Reduktion der Krankheitsaktivität, 5 als Add-on zu MTX, 6 erwäge vorsichtiges Tapering bei anhaltender Remission, 7 einschließlich Abatacept

Abb.: Neuer Therapiealgorithmus der EULAR zur Pharmakotherapie bei aktiver PsA


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PSORIASIS-ARTHRITIS

EXCEED-Studie: Erneut Vorteile für IL-17Aversus TNF-Inhibitor Nach dem Versagen konventioneller (cs)DMARDs, in der Regel Methotrexat (MTX), stellt sich bei Patienten mit aktiver PsoriasisArthritis (PsA) stets die Frage, welches bDMARD, ein an IL-17/23 (IL-17A- oder IL-12/23- und bald auch IL-23-Inhibitoren) oder TNFα ansetzendes, als biologische Ersttherapie gewählt werden soll. Die SPIRIT-H2H-Studie zum Vergleich von Ixekimumab und Adalimumab hatte signifikante Vorteile des IL-17A-Hemmers im kombinierten ACR50/PASI 100-Ansprechen ergeben, getrieben von einem besseren Haut- bei quasi identischem Gelenkansprechen. Ein ähnliches Bild lieferte die von Ian McInnes, Glasgow (Großbritannien), und Kollegen publizierte randomisierte, doppelblinde, aktiv-kontrollierte Parallelgruppen Phase-IIIb Head-tohead (H2H-Studie) EXCEED mit dem Vergleich von Secukinumab und Adalimumab.

Insgesamt 709 (83 %) der Teilnehmer schlossen die 52-wöchige Studie ab, davon erhielten 691 (81 %) die letzte Studienmedikation in Woche 50. Interessant ist, dass die Retention für Secukinumab substanziell höher war: Nur 61 (14 %) der Patienten

Secukinumab 300 mg (n=215) Adalimumab 40 mg (n=202)

ACR50/PASI 100-Ansprechen (%)

50

40

p=0,0087

30

30,7

20 19,2 10

0

0

4

8

12

16

20

24

28

32

36

40

44

48

52

brachen die Therapie vor Woche 52 ab gegenüber 101 (24 %) im Adalimumab-Arm (unerwünschte Ereignisse und Ineffektivität je 4 vs. 7 %). Der primäre Endpunkt einer Überlegenheit von Secukinumab im ACR20-Ansprechen in Woche 52 wurde relativ knapp verfehlt (67 vs. 62 %; Odds ratio, OR 1,30, 95% KI 0,98-1,72; p=0,0719).

Auch wenn die sekundären Endpunkte daraufhin formal nicht auf statistische Signifikanz ausgewertet wurden, lohnt ein näherer Blick darauf. So zeigte sich Secukinumab im PASI 90-Ansprechen in Woche 52 deutlich überlegen, gleiches gilt für das – analog zum primären SPIRIT-H2H-Endpunkt – in einer präspezifizierten Analyse erfasste ACR50/PASI 100-Ansprechen (31 vs. 19 %) (Abb.). Das gegenüber SPIRIT-H2H niedrigere ACR50/PASI 100-Ansprechen (39 vs. 26 % in Woche 52) beider Medikamente (Cave: in EXCEED war keine Komedikation mit einem csDMARD gestattet) verdeutlicht die schwere Vergleichbarkeit solcher Studien. Die Sicherheitsprofile von Secukinumab und Adalimumab waren vergleichbar mit vorherigen Studien, zu unerwünschten Ereignissen kam es bei 77 bzw. 79 % und zu schweren Infektionen bei 2 vs. 1 % der Patienten. m

Angesichts der Differenzen im Studiendesign (nur EXCEED doppelblind und MonotherapieVergleich, primäre Endpunkte ACR20 in Woche 52 vs. ACR50/PASI 100 in Woche 24) ist die Tatsache, dass in der EXCEED-Studie anders als in SPIRIT-H2H der Endpunkt verpasst wurde, letztlich vernachlässigbar: Die Take-home message beider Studien ist, dass die IL-17AInhibition in puncto Hautansprechen der AntiTNF-Therapie (mit Adalimumab) klinisch relevant überlegen und beim Gelenkansprechen mindestens ebenso gut wirksam ist.

Zeit (Wochen)

Abb.: EXCEED-Studie: Kombiniertes ACR50/PASI 100-Ansprechen unter Secukinumab vs. Adalimumab bis Woche 52

Quelle: Lancet 2020; 395 (1235): 1496-1505

KOMPAKT

In EXCEED wurden 853 Patienten ≥18 Jahre mit einer aktiven PsA (gemäß den CASPAR-Kriterien und ≥1 Psoriasis-Plaque ≥2 cm Ø oder Nagelveränderungen) und vorherigem Versagen auf NSAR und csDMARDs eingeschlossen und für 52 Wochen im Verhältnis 1:1 auf eine Monotherapie mit 300 mg Secukinumab s.c. zu Baseline, in Woche 1, 2, 3 und 4 und dann alle 4 Wochen (bis Woche 48) (n=426) oder 40 mg Adalimumab s.c. alle 2 Wochen (bis Woche 50) (n=427) randomisiert. Primärer Endpunkt der EXCEED-Studie war das ACR20-Ansprechen in Woche 52, sekundäre Endpunkte waren der ACR50 und PASI 90, HAQ-DI und die Resolution von Enthesitis in/bis Woche 52. Da indirekte Vergleiche zu SPIRIT-H2H unvermeidbar sind, sei auf einige Unterschiede der Studien hingewiesen: EXCEED war, anders als SPIRIT-H2H, eine doppelblinde Studie, untersuchte beide bDMARDs in Monotherapie (ohne MTX) und hatte allein das Gelenkansprechen (ACR20 statt ACR50/PASI 100) als primären Endpunkt.


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ANKYLOSIERENDE SPONDYLITIS

Positive Phase-II-Daten für IL-17A/F-Inhibitor Nachdem sich die bei Plaque-Psoriasis und Psoriasis-Arthritis (PsA) erfolgreiche IL-23-Inhibition bei axialer Spondyloarthritis (SpA) als wenig effektiv erwiesen hat, dürfte (neben der JAK-Inhibition) im Bereich der Zytokin-Hemmung die duale Inhibition von IL-17A und IL-17F mit Bimekizumab die besten Aussichten haben, bei ankylosierender Spondylitis (AS) und auch PsA (Phase-IIIStudien sind bereits angelaufen) zugelassen zu werden. Die 48-Wochen-Ergebnisse einer Phase-IIb-Studie zu Bimekizumab bei AS stellten Désirée van der Heijde, Leiden (Niederlande), und Kollegen vor.

In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Dosisfindungsstudie wurden Patienten mit aktiver AS (die modifizierten New York-Kriterien erfüllend) im Verhältnis 1:1:1:1:1 auf s.c. Bimekizumab 16, 64, 160 und 320 mg oder Placebo alle 4 Wochen für 12 Wochen randomisiert (doppelblinde Phase). In einer darauf folgenden dosisverblindeten Studienphase von Woche 12 bis 48 setzten die Teilnehmer ihre Therapie mit s.c. Bimekizumab 160 oder 320 mg fort oder wurden von der 16- bzw. 64 mg-Dosis bzw. Placebo darauf re-randomisiert. Primärer Endpunkt war das ASAS40Ansprechen in Woche 12 (mit Non-Responder Imputation). Insgesamt schlossen 265 (87,5 %) der ursprünglich 303 eingeschlossen AS-Patienten (11 % da-

von mit Anti-TNF-Vortherapie) die 48wöchige Studie ab. In Woche 12 hatte das ASAS40-Ansprechen unter Bimekizumab 29,5-46,7 % betragen gegenüber Placebo mit 13,3 % ( je p<0,05; Odds ratio, OR vs. Placebo 2,6–5,5). Am effektivsten bezüglich des ASAS40-Ansprechens waren die Dosierungen 160 und 320 mg mit 46,7 bzw. 45,9 %, die DosisWirkungs-Beziehung war signifikant (p<0,001). Für alle sekundären Endpunkte zeigte sich ein ähnliches Bild. In Woche 48 betrug das ASAS40-Ansprechen je nach Vortherapie zwischen 35,5 und 64 % – bei durchgehender Therapie mit Bimekizumab 160 bzw. 320 mg waren es 58,6 bzw. 62,3 % mit vergleichbaren Raten bei den re-randomisierten Patienten. Auch beim ASAS20 (52-80 %), ASAS 5/6 (42-80 %), ASAS partielle Remissi-

on (PR) (21-34 %) und im ASDAS CRPScore (-1,6 bis -2,0 ab Baseline) zeigte sich das jeweils beste Ansprechen bei den durchgehend mit Bimekizumab 160 oder 320 mg behandelten Teilnehmern. Der IL-17A/F-Inhibitor zeigte sich nicht nur sehr effektiv, sondern hatte auch ein gutes Sicherheitsprofil. Häufigste therapieassoziierte unerwünschte Ereignisse waren Nasopharyngitis, Bronchitis und Pharyngitis, zu schweren Infektionen kam es in 1,3 % der Fälle. Bereits jetzt kann man den Daten der Phase-IIIStudien BE MOBILE 1 und 2 mit einiger Spannung entgegen sehen. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-216980

Bei Remission Dosisreduktion von TNFα-Inhibitor möglich Nach Erreichen einer anhaltenden klinischen Remission unter einer Anti-TNF-Therapie kann bei Patienten mit früher axialer SpA in vielen Fällen eine Halbierung der Dosis ohne Remissionsverlust durchgeführt werden. Dies zeigen von einer internationalen Studiengruppe um Robert B. M. Landewé, Amsterdam (Niederlande), veröffentlichte Daten der C-OPTIMISE-Studie.

C-OPTIMISE war eine 2-teilige, multizentrische Phase-IIIb-Studie mit 736 erwachsenen Patienten mit früher aktiver axialer SpA (nr-axSpA oder AS). In den ersten 48 Wochen erhielten die Teilnehmer open-label Certolizumab Pegol 200 mg alle 2 Wochen (Q2W). In Woche 48 wurden dann 313 von 323 (43,9 %) Patienten mit anhaltender Remission (n=323; ASDAS <1,3 in Woche 32, 36 und 48) doppelblind auf Certolizumab Pegol 200 mg Q2W (volle Erhaltungsdosis; n=104), 200 mg Q4W (halbe Erhaltungsdosis; n=105) oder Placebo (kompletter Entzug; n=104) für weitere

48 Wochen randomisiert. Primärer Endpunkt war die Schubfreiheit, ein Flare war definiert als ASDAS ≥2,1 bei zwei konsekutiven Visiten oder ASDAS >3,5 zu jedem Zeitpunkt in der doppelblinden Studienphase. Im Ergebnis kam es während den Wochen 48 bis 96 bei 83,7 % der Patienten mit voller Erhaltungsdosis und beachtlichen 79,0 % mit halber Erhaltungsdosis zu keinem Schub im Vergleich zu nur 20,2 % bei völligem Entzug von Certolizumab Pegol ( jeweils p<0,001 vs. Placebo). Es war überdies kein Unterschied im

Ansprechen zwischen Patienten mit nraxSpA oder AS auszumachen. Bei Patienten mit früher axSpA in anhaltender Remission kann somit eine Intervallverlängerung der Anti-TNF-Therapie (in diesem Fall Certolizumab Pegol) versucht werden, ein kompletter Entzug erhöht hingegen ganz erheblich das Schubrisiko. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2019-216839


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

SYSTEMISCHE SKLEROSE

Lenabasum überzeugt in Phase-II-Studie Kürzlich von US-amerikanische Rheumatologen um Robert Spiera, New York, publiziert wurden die positiven Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie zu Lenabasum, einem synthetischen, nicht-immunsuppressiven, selektiven Cannabinoid (CB)-Rezeptor Typ-2-Agonisten, bei diffus-kutaner systemischer Sklerose (dcSSc).

In der an neun US-Zentren durchgeführten Studie wurden erwachsene Patienten mit dcSSc-Dauer ≥6 Jahre auf dem Boden einer stabilen Standardtherapie auf Lenabasum (n=27) oder Placebo (n=15) randomisiert. Lenabasum wurde gegeben in Dosierungen von 1x 5 oder 20 mg/Tag oder 2x 20 mg/Tag für 4 Wochen, danach 2x 20 mg/Tag für weitere 8 Wochen. Die Sicherheit und Wirksamkeit wurden in Woche 4, 8, 12 und 16 erfasst. Wichtigster Endpunkt war das kombinierte Ansprechen im ACR CRISS-Score. Im ACR CRISS-Score zeigte sich in Woche 16 mit einem Anstieg von Δ0,33 vs. Δ0,00 eine deutliche, wenn auch nichtsignifikante Überlegenheit von Lenabasum gegenüber Placebo (p=0,07). Ein

ähnliches Bild zeigte sich in anderen Endpunkten in Woche 16 wie dem modifizierten Rodnan Skin-Score (ΔmRSS; -4,6 vs. -2,1), der von den Patienten angegebenen Hautsymptomatik (SScPRO, 5D-Itch-Score), HAQ-DI (Δ-0,12 vs. 0,08) und Vitalkapazität (ΔFVC%: -1,0 vs. 0,2). Überdies wurde anhand von Hautbiopsien histologisch eine Verbesserung von Entzündung und Fibrose festgestellt ( je p≤0,05). Im Ergebnis verbesserte Lenabasum trotz der kurzen Studiendauer und nur limitierten Patientenzahl in klinisch relevantem Maße die dcSSc-Symptomatik sowie die zugrundliegende Pathologie bei einem zugleich recht vorteilhaften Sicherheitsprofil. Dies wird durch auf

Kongressen inzwischen vorgestellte Follow-up-Daten über bis zu 21 Monate untermauert: 80 % der Patienten setzen die Therapie fort und es wurde eine ausgeprägte weitere Verbesserung des Ansprechens z. B. im ACR-CRISS-Score, mRSS und HAQ-DI dokumentiert. Frühzeitig wurde eine Phase-III-Studie zu dem auch in anderen Indikationen (z. B. Dermatomyositis und SLE) geprüften Lenabasum gestartet, erste Ergebnisse der RESOLVE-1-Studie sind in Bälde zu erwarten. m

Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41294

Renale Krise: ACE-Hemmer mit zwei Gesichtern Bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc), die eine akute renale Krise entwickeln, werden ACE-Hemmer eingesetzt und auch in der EULAR-Leitlinie empfohlen. Eine EUSTAR-Analyse von Sabine Adler, Lübeck/Bern (Schweiz), und Kollegen, zeigt nun, dass die unumstrittene First-line-Therapie in dieser Situation bei begleitender Hypertonie und damit assoziierter ACE-HemmerTherapie zugleich ein Risikofaktor für deren Entstehung ist.

Untersucht wurden in der prospektiven Kohorte des EUSTAR-Registers die Effekte von ACE-Hemmern auf die Inzidenz einer akuten renalen Krise (ARC) bei Patienten mit SSc. Eingeschlossen wurden solche ohne frühere ARC und mindestens einer Follow-up-Visite. Die Patienten wurden analysiert im Hinblick auf eine ARC, arterielle Hypertonie, die (vor allem antihypertone) Medikation und Glukokortikoide (GK). Von den insgesamt 14.524 Patienten der EUSTARDatenbank erfüllten 7.648 die geforderten Kriterien. Über 27.450 Patientenjahre (PJ) entwickelten 102 SSc-Patienten eine ARC, ent-

sprechend einer Inzidenz von 3,72/1.000 PJ. In einer multivariaten Ereigniszeitanalyse, adjustiert auf Alter, Geschlecht, Krankheitsschwere und –beginn, entwickelten 88 von 6.521 Patienten eine ARC. Die Einnahme eines ACE-Hemmers erhöhte das Risiko für eine akute renale Krise mit einer Hazard ratio (HR) von 2,55 (95% KI 1,65–3,95). Daran änderte auch eine Adjustierung auf arterielle Hypertonie nur wenig (HR 2,04; 95% KI 1,29–3,24). Entsprechend fand sich kein Nachweis für eine Interaktion von ACEHemmern und arterieller Hypertonie (HR 0,83; p=0,69). Weder Calciumantagonisten, Angiotensin-Rezeptor-Blocker (Sartane; ARB), Endothelin-Rezeptor-

Antagonisten noch GK – meist ≤15 mg Prednison/Tag – beeinflussten das ARCRisiko. Im Ergebnis sind bei SSc-Patienten mit begleitender arterieller Hypertionie ACE-Hemmer als unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung einer akuten renalen Krise zu sehen – dessen ungeachtet bleiben sie aber erste Wahl bei akuten renalen Komplikationen. ARB könnten eine sichere Alternative zu ACEHemmern sein, insgesamt müsste aber das Sicherheitsprofil von Antihypertonika bei SSc-Patienten wohl noch genauer als bisher untersucht werden. m

Quelle: Arthritis Res Ther 2020; 22(1): 59


Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

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ANTI-MDA5-POSITIVE DERMATOMYOSITIS

Plasmaaustausch effektiv bei refraktärer RP-ILD Bei einer Anti-MDA5-positiven Dermatomyositis (DM) kommt es oft zu einer rasch progredienten interstitiellen Lungenerkrankung (RP-ILD), die mit einer sehr schlechten Prognose einhergeht. Die Kombination mehrerer Immunsuppressiva einschließlich Glukokortikoiden, Calcineurin-Inhibitoren und i.v. Cyclophosphamid hat sich bei DM-Patienten mit RP-ILD als wirksam erwiesen. Offen blieb, welche Therapien auch in therapierefraktären Fällen noch Hoffnung bieten. Japanische Rheumatologen um Ran Nakashima, Kyoto, untersuchten nun die Effektivität eines Plasmaaustauschs und prognostische Faktoren.

Retrospektiv erfasst wurden 38 AntiMDA5-positive DM-ILD-Patienten, die Kombinationen mehrerer Immunsuppressiva erhielten und deren Serum-Zytokin-Spiegel vor Therapiebeginn mittels Multiplex-Assay erfasst worden waren. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: jene, die eine Remission ohne Verschlechterung der respiratorischen Dysfunktion erreichten (n=25, Gruppe A), und solche, die während der Therapie progredient wurden und eine Hypoxämie entwickelten (n=13, Gruppe B). Ein Plasmaaustausch wurde bei 8 Patienten aus Gruppe B, aber keinem aus

Gruppe A durchgeführt. 5 der 8 einem Plasmaaustausch unterzogenen Patienten überlebten, während die 5 Patienten ohne diese Zusatztherapie verstarben (p=0,04). Ein höheres NeutrophilenLymphozyten-Verhältnis, höherer Serum-Ferritin-Spiegel, mehr Hypoxämie und höhere HRCT-Scores vor der Behandlung sowie ein Anstieg des Krebs von Lungen-6 (KL-6)-Spiegels in den ersten 4 Behandlungswochen erwiesen sich als prognostische Faktoren für eine Krankheitsprogression. Die Serum-Spiegel von Zytokinen wie IL-1, IL-6, IL-8, IL10, IL-12p70, IL-18 und sCD163 waren in Gruppe B gegenüber Gruppe A erhöht.

Der Plasmaaustausch könnte somit bei Patienten mit refraktärer Anti-MDA5positiver DM mit assoziierter RP-ILD PE eine effektive Zusatztherapie darstellen. Die Bestimmung der zuvor genannten Laborwerte und Zytokin-Spiegel sowie ein Anstieg von KL-6 im Verbund mit höheren HRCT-Scores und Hypoxämie könnte helfen, frühzeitig therapieresistente Fälle zu prädizieren und eine Therapieentscheidung in Richtung eines Plasmaaustauschs leiten. m

Quelle: Rheumatology 2020; doi: 10.1093/rheumatology/keaa123

PRIMÄRES SJÖGREN-SYNDROM

Positive Effekte von csDMARD-Kombination Beim primären Sjögren-Syndrom (pSS) zeigten klinische Studien mit Leflunomid (LEF) oder Hydroxychloroquin (HCQ) als Monotherapien nur eine geringe Effektivität. Aufgrund der komplementären Eigenschaften beider csDMARDs prüften niederländische Rheumatologen um Joel Adrianus Gijsbert van Roon, Utrecht, potenzielle additive klinische Effekte der csDMARD-Kombination in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIa-Proof-of-Concept-Studie RepurpSS-1.

In der monozentrischen Studie wurden 29 klinisch aktive pSS-Patienten (im Mittel 54 Jahre) mit ESSDAI ≥5 (im Mittel ca. 10) und Fokus-Score ≥1 in der labialen Speicheldrüsenbiopsie im Verhältnis 2:1 für 24 Wochen auf LEF 20 mg/Tag plus HCQ 2x 400 mg/Tag oder Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt war die Differenz der Veränderung der Krankheitsaktivität gemäß dem ESSDAI-Score von Woche 0 bis 24 (adjustiert auf den ESSDAI-Score zu Baseline). Die Differenz im ESSDAI-Score betrug nach 24 Wochen -4,35 unter LEF in Kombination mit HCQ versus Placebo

(95% KI −7,45 bis −1,25, p=0,0078), womit der primäre Endpunkt signifikant erreicht wurde. Die mittlere Differenz im ESSDAI zugunsten der Kombination nach 8, 16 und 24 Wochen belief sich auf -1,29 (p=0,34), -3,50 (p=0,015) und -4,29 (p=0,030). Für den ESSDAI-Score in der LEF/HCQ-Gruppe zeiget sich bis Woche 24 ein signifikanter Rückgang (p=0,001), nicht aber im Placeboarm (p=0,41). Nach Korrektur auf die Ausgangswerte zeigten sich auch im ESSPRI-Score im Trend Vorteile der csDMARD-Kombination, wobei in Woche 16 (-1,66; p=0,010) die Differenz versus Placebo noch signifikant war, nicht aber in Woche 24 (-1,11; p=0,079).

Die besten Effekte im ESSPRI zeigten sich in Bezug auf Fatigue (signifikant in Woche 16 und 24) und – mit Abstrichen – beim Schmerz. Unter der Kombination kam es zu keinen schweren unerwünschten Ereignissen (UE), häufigste UE im Vergleich zu Placebo waren gastrointestinale Beschwerden (52 vs. 25 %). Als Fazit kann somit eine zumindest moderate Effektivität der csDMARD-Kombination festgehalten werden (leider ohne Vergleich zu den Monotherapien). m Quelle: Lancet Rheumatol 2020; 2(5): e260-e269


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

LUPUSNEPHRITIS

2019er Update der EULAR/ERA-EDTA-Empfehlungen veröffentlicht Kürzlich publizierten Dimitrios T. Boumpas, Athen (Griechenland), und Kollegen die gemeinsam von der EULAR und European Renal Association–European Dialysis and Transplant Association (EULAR/ERA–EDTA) getragenen neuen Empfehlungen zum Management der Lupusnephritis (LN), die wie üblich gemäß den üblichen EULAR-Vorgaben auf einem systematischen Literaturreview und dem Abstimmungsprozess einer interdisziplinären Task Force basieren. An dieser Stelle sei nur kurz auf die wichtigsten Neuerungen eingegangen, eine detaillierte Lektüre ist empfehlenswert.

Die Änderungen beinhalten Empfehlungen zu den Behandlungszielen, zum Einsatz von Glukokortikoiden (GK) und Calcineurin-Inhibitoren (CNI) sowie zum Management der terminalen Niereninsuffizienz. Als Therapieziel wird ein komplettes Ansprechen (Proteinurie <0,5–0,7 g/24  h mit (fast-)normaler glomerulärer Filtrationsrate) nach 12 Monaten ausgegeben, bei Patienten mit einer großen Proteinurie (>3,5 g/24 h) zu Baseline kann dieses ausgedehnt werden. Hydroxychloroquin (HCQ) wird empfohlen in Verbindung mit einem regelmäßigen ophthalmologischen Monitoring. Bei aktiver proliferativer LN wird eine initiale (Induktions-)Therapie mit Mycophenolat Mofetil (MMF 2–3 g/Tag) bzw. MPA in einer äquivalenten Dosis oder niedrigdosiertes i.v.-Cyclophosphamid (CYC; 6x

zweiwöchentliche 500 mg-Dosen), beide kombiniert mit GK (Pulstherapie oder i.v. Methylprednisolon, dann orales Prednison 0,3–0,5 mg/kg/Tag) empfohlen. Die Kombination aus MMF und einem CNI (insbesondere Tacrolimus) und hochdosiertes CYC stellen Alternativen für LN-Patienten mit großer Proteinurie und negativen prognostischen Faktoren dar.

de sollte MMF in Kombination mit GK präferiert werden.

Daran anschließen sollte eine langfristige Erhaltungstherapie mit MMF oder Azathioprin mit keinen oder nur niedrig-dosierten GK (<7,5 mg/Tag). Die Therapiewahl sollte sich an der vorherigen Induktionstherapie und möglichen Schwangerschaftsplänen orientieren. Im Falle eines Nicht-Ansprechens der LN werden ein Wechsel der Induktionstherapie oder Rituximab empfohlen. Bei rein membranöser LN mit großer Proteinurie oder Proteinurie >1 g/24 h trotz ReninAngiotensin-Aldosteron (RAAS)-Blocka-

Bei terminalem Nierenversagen ist die Transplantation die präferierte Option des Nierenersatzes mit einer Immunsuppression geleitet von TransplantatProtokollen und/oder extra-renalen Manifestationen. Die Therapie der LN bei Kindern und Jugendlichen folgt denselben Prinzipien wie bei Erwachsenen. m

Die Bestimmung des Nierenstatus und der extra-renalen Krankheitsaktivität und das Management von Komorbiditäten sollte lebenslang erfolgen mit wiederholten Nierenbiopsien in Fällen mit inkomplettem Ansprechen oder LN-Schüben.

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; 79(6): 713-723

Calcineurin-Inhibitor Voclosporin erfolgreich in Phase-III-Studie AURORA getestet Positive Daten der Phase-II-Studie AURA-LV hatten bereits angedeutet, dass der neue, hochpotente CNI Voclosporin, der ein vorteilhaftes metabolisches Profil aufweist und eine konsistente Dosis-Wirkungs-Beziehung zeigt, bei aktiver LN gut wirksam ist. Jedoch zeigte sich eine erhöhte Mortalität. Auf dem 12. European Lupus Meeting wurden jetzt die Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie AURORA zur Effektivität und Sicherheit von Voclosporin plus MMF (2 g/Tag) gegenüber Placebo plus MMF bei raschem Tapering oraler Steroide von Yoe Kie Onno Teng, Leiden (Niederlande), vorgestellt.

In die AURORA-Studie wurden 357 erwachsene Patienten mit aktiver LN eingeschlossen. Haupteinschlusskriterien waren eine bioptisch gesicherte LN (Klasse III, IV, V) sowie eine Proteinurie von >1,5 mg/mg oder >2 mg/mg für

Klasse V-Patienten. Primärer Endpunkt war ein renales Ansprechen (RR) in Woche 52, definiert als Protein-KreatininVerhältnis im Urin (UPCR) von ≤0,5 mg/ mg, eGFR ≥60 ml/min. oder keine bestätigte eGFR-Abnahme >20 % ab Baseline,

stabile Einnahme niedrig-dosierter Steroide und keine Rescue-Medikation. Den primären Endpunkt eines RR in Woche 52 erreichten 40,8 % der Patienten unter der Zusatztherapie mit Voclosporin


Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

gegenüber 22,5 % der Placebogruppe (Odds ratio, OR 2,65; 95% KI 1,64-4,27; p<0,001). Signifikant häufiger erreichten die mit Voclosporin behandelten LNPatienten auch die prä-spezifizierten hierarchischen sekundären Endpunkte wie eine RR in Woche 24 (32,4 vs. 19,7 %, OR 2,23; p=0,002), ein partielles renales Ansprechen (PRR) in Woche 24 (70,4 vs. 50,0 %, OR 2,43; p<0,001) und Woche 52 (69,8 vs. 51,7 %; OR 2,26; p<0,001), der Zeit bis zum Erreichen eines UPCR ≤0,5 mg/mg (Hazard ratio, HR 2,02; p<0,001) und Zeit bis zu einer Reduktion des UPCR um 50 % (HR 2,05; p<0,001). Der Wirksamkeitsvorteil von Voclosporin im RR erstreckte sich auch über präspezifizierte Biospie-Subgruppen, so für die reine Klasse V LN (OR 2,74) und

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Klasse III/IV allein oder in Kombination mit Klasse V-Patienten (OR 2,63). Selbiges galt auch für alle prä-spezifizierten Subgruppenanalysen (Alter, Geschlecht, Ethnizität, Region, vorherige MMF-Einnahme).

bei Patienten mit aktiver LN. Der Weg zur Zulassung scheint also gebahnt, die Vollpublikation und die 104-Wochen-Daten werden ein klareres Bild liefern.

Die Inzidenz schwerer unerwünschter Ereignisse war mit 20,8 vs. 21,3 % in beiden Armen vergleichbar, am häufigsten waren Infektionen (10,1 vs. 11,2 %). Die Gesamtmortalität war gering mit 1 Fall unter Voclosporin und 5 Fällen im Placeboarm. Unter Verum kam es zu keiner signifikanten Abnahme der eGFR oder einem Anstieg von Blutdruck, Lipiden oder Glukose bis Woche 52.

Jenseits von Voclosporin haben eine Reihe weiterer Medikamente gute Aussichten, künftig das Therapiespektrum bei LN zu bereichern. Neben Belimumab, das mit gutem Erfolg in der Phase-III-Studie BLISS-LN geprüft wurde, könnte künftig auch der neue Anti-CD20-Antiköper Obinutuzumab, quasi ein Rituximab der zweiten Generation, eine Rolle spielen. m

Die Zusatztherapie mit Voclosporin bot somit eine überlegene Wirksamkeit gegenüber der Standardtherapie mit MMF

Ausblick

Quelle: Lupus Sci Med 2020; 7(Suppl1): A14

SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Früherer Einsatz von Belimumab im Krankheitsverlauf erscheint sinnvoll Die neuen EULAR-Empfehlungen zum Management von Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) sehen die Möglichkeit vor, den BLyS-Inhibitor Belimumab bei unzureichender Krankheitskontrolle unter Hydroxychloroquin und Prednison zu geben, eine vorherige immunsuppressive Therapie mit Methotrexat oder Azathioprin ist nicht zwingend. Dass sich eine frühzeitige Gabe durchaus lohnt, zeigte eine prospektive Real-life-Studie italienischer Rheumatologen um Andrea Doria, Padua.

In die retrospektiv ausgewertete „Belimumab in Real Life Setting Study” waren in 24 Zentren zwischen 2013 bis 2019 insgesamt 466 SLE-Patienten (meist Frauen, im Mittel 41 Jahre, Krankheitsdauer 11,6 Jahre, SLEDAI-Score 9,3, SDI=1) eingeschlossen worden, die nach Versagen auf Hydroxychloroquin und Steroide auf i.v. Belimumab 10 mg/kg mit oder ohne Immunsuppressiva eingestellt wurden. Bei diesen wurde der Anteil von Patienten, die eine Remission oder niedrige Krankheitsaktivität (LDA) erreichten sowie der SLE Responder Index‐4 (SRI‐4) evaluiert. Der SLICC Damage Index (SDI) wurde einmal jährlich erhoben. Prädiktoren für das Outcome wurden mittels multivariater logistischer Regression ermittelt. Das mittlere Follow-up der Studie erstreckte sich über 18 Monate.

Ein SRI‐4-Ansprechen erreichten 49,2 %, 61,3 %, 69,7 %, 69,6 % und 66,7 % der Patienten in Monat 6, 12, 24, 36 und 48. Signifikant prädiktiv für ein Ansprechen nach 6 Monaten waren ein SLEDAI‐ 2K ≥10 (Odds ratio, OR 3,14) und eine Krankheitsdauer ≤2 Jahre (OR 1,94), nach 12 Monaten ein SLEDAI‐2K ≥10 (OR 3,48) und SDI=0 (OR 1,74), nach 24 Monaten ein SLEDAI‐2K ≥10 (OR 4,25), eine Krankheitsdauer ≤2 Jahre (OR 3,79) und nach 36 Monaten ein SLEDAI‐2K ≥10 (OR 14,59) und ein Nikotinabusus zu Baseline (OR 0,19). Patienten, die für ≥25 % des Follow‐up in Remission waren (42,9 %) oder für ≥50 % eine LDA aufwiesen (66,0 %), zeigten eine signifikant geringere Akkumulation von Krankheitsschäden (p=0,046 und p=0,007). Umgekehrt war ein SDI=0 zu Baseline

ein unabhängiger Prädiktor für eine LDA ≥50 % und Remission ≥25 % – je geringer der Baseline-Damage war, desto höher die Wahrscheinlichkeit für eine Remission ≥25 %. Die Anzahl vorheriger Schübe war negativ prädiktiv für ein Absetzen von Belimumab aufgrund Ineffektivität (p=0,009).

Fazit Der frühe Einsatz von Belimumab bei Patienten mit aktivem SLE und zu diesem Zeitpunkt (noch) wenig Damage war prädiktiv für ein anhaltend vorteilhaftes Therapieergebnis im Praxisalltag. m

Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41253


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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

BEHÇET-SYNDROM

Gute Langzeitwirksamkeit von Secukinumab Bei therapierefraktären Patienten mit einem Behçet-Syndrom mit mukokutanem und artikulärem Phänotyp können mit dem Interleukin (IL)-17A-Inhibitor Secukinumab insbesondere bei längerer Behandlung hohe Ansprechraten erzielt werden, berichten italienische Rheumatologen um Gerardo Di Scala, Florenz.

In einer retrospektiven multizentrischen Studie waren 15 Patienten mit einem Behçet-Syndrom (die internationalen Kriterien hierfür erfüllend) mit mukokutanem und artikulärem Phänotyp analysiert worden, die auf eine Behandlung mit Colchicin, csDMARDs und ≥1 TNFαInhibitor nicht oder nicht ausreichend angesprochen hatten. Sechs Patienten mit polyartikulärer Beteiligung waren für ≥6 Monate mit Secukinumab 300 mg/ Monat, alle anderen mit Secukinumab 150 mg/Monat behandelt worden. Sowohl eine Dosiserhöhung von 150 auf 300 mg als auch Verkürzung der Anwendungsfrequenz waren bei schlechter

Krankheitskontrolle erlaubt. Das Ansprechen wurde anhand der Anzahl oraler Ulzera in den vorherigen 28 Tagen und für artikuläre Manifestationen mit dem DAS28-Score bewertet. Nach einem Follow-up von 3 Monaten wurde bei 66,7 % der Patienten ein vollständiges oder partielles Ansprechen erreicht. Im weiteren Verlauf steigerte sich die Ansprechrate nach 6, 12, 18 und 24 Monaten auf 86,7, 76,9, 90,0 und schließlich 100,0 %. Dabei erreichten bis Monat 6 alle Patienten, die auf Secukinumab 300 mg/Monat gestartet waren, ein komplettes Ansprechen. Bei sieben Patienten

(46,7 %) gelang dies erst im Verlauf nach dem Wechsel auf eine höhere Dosis. Die Studie gibt Hinweise darauf, dass nach vorherigem Therapieversagen auf Colchicin, csDMARDs und Anti-TNFTherapien eine Behandlung mit Secukinumab in einer Dosierung von bis zu 300  mg langfristig effektiv und sicher (kein Dosis-assoziierter Anstieg unerwünschter Ereignisse) bei Patienten mit mukokutaner und artikulärer Beteiligung ist. m Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217108

RIESENZELLARTERIITIS

Fragezeichen hinter IL-12/23-Inhibition mit Ustekinumab Für Patienten mit Riesenzellarteriitis (RZA) wird weiterhin nach steroidsparenden Alternativen gesucht. Zwar brachte Tocilizumab einen Fortschritt, doch auch darunter erleiden binnen eines Jahres etwa ein Drittel der Patienten ein Rezidiv, zudem entfällt der CRP-Wert als Marker. Erste Daten zeigten eine Effektivität des IL-12/23-Inhibitors Ustekinumab, die eine neue Pilotstudie USamerikanischer Rheumatologen um Sebastian Unizony, Boston, jetzt aber wieder etwas in Zweifel zieht.

In die prospektive open‐label-Studie wurden Patienten mit erstmaliger oder rezidivierender RZA (kranielle Symptomatik, ESR/CRP-Erhöhung) eingeschlossen (mittleres Alter 71 Jahre, meist Frauen, im Mittel ESR 41 mm/h, CRP 50 mg/l) – fast alle zeigten zusätzlich Symptome einer Polymyalgia rheumatica. Behandelt wurden sie initial mit s.c. Ustekinumab 90 mg und danach in den Wochen 4, 12, 20, 28 und 36 parallel zu einem 24-wöchigen Steroidtapering ausgehend von 20, 40 oder 60 mg/Tag Prednison. Primärer Endpunkt war eine steroidfreie Remission bis Woche 52 (ohne Rezidiv, mit ESR/ CRP-Normalisierung), in einer zweiten Analyse wurden die Akute-Phase-Reaktanten nicht berücksichtigt. Ein Rezidiv

war definiert als erneutes Auftreten von RZA-Symptomen, die einer Therapieintensivierung bedurften. Statt den geplanten 20 Patienten wurden nur 13 (davon 39 % mit neu aufgetretener RZA, initiale Prednison-Dosis bei zwei Drittel 40 mg/Tag) rekrutiert, nachdem es bei 7 der ersten 10 Patienten zu einem Rezidiv gekommen war. Alle Patienten waren nach 4 Wochen in Remission, den primären Endpunkt erreichten jedoch nur 3 (23 %), und zwar die alternative Definition, die keine ESR/ CRP-Normalisierung forderte. Bei den 10 Patienten (77 %), die diesen verfehlten, kam es nach durchschnittlich 23 Wo-

chen zu einem Rezidiv (mit ganz oder fast abgesetztem Prednison). Die hohe Rezidivrate unter dem IL-12/23-Inhibitor widerspricht den Befunden einer irischen Studie, die nur RZA-Patienten mit Rezidiv eingeschlossen hatte. Dies könnte den Unterschied machen, da IL12/23p40 in den Temporalarterien von de-novo RZA-Patienten noch nicht signifikant hochreguliert ist, was sich bei etablierter (und vor allem rezidivierender) RZA ändert. Auch lässt die geringe Patientenzahl kaum Rückschlüsse zu. m

Quelle: Arthritis Care Res 2020; doi: 10.1002/acr.24200


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THERAPIEN BEI ARTHROSE

Gonarthrose: Physikalische Therapie schlägt Steroidinjektion Bei Gonarthrose empfehlen die internationalen Leitlinien primär eine physikalische Therapie und geben dieser den Vorrang vor medikamentösen Interventionen. Sowohl die physikalische Therapie als auch intraartikuläre (i.a.) Glukokortikoid (GK)-Injektionen haben ihren Nutzen unter Beweis gestellt, eher unklar waren jedoch die kurz- und langfristigen Effekte beider Therapieformen bei der Schmerzlinderung und Verbesserung der körperlichen Funktion. US-amerikanische Experten um Gail D. Deyle, San Antonio, verglichen nun beide Verfahren in einer randomisierten Studie.

Insgesamt 156 Patienten (mittleres Alter 56 Jahre) mit Arthrose in einem oder beiden Kniegelenken wurden im Verhältnis 1:1 auf 1x i.a. 1 ml Triamcinolonacetonid 40 mg/ml plus 7 ml Lidocain 1 % (max. 3 Injektionen binnen 12 Monaten) oder eine physikalische Therapie (manuelle, passive Techniken sowie kräftigende Übungen bis zu 8x binnen 4-6 Wochen - nach 4 und 9 Monaten waren zusätzlich 1-3 Sessions möglich) randomisiert, wobei die Baseline-Charakteristika beider Arme in Bezug auf Schmerz und Funktionsbeeinträchtigung gut balanciert waren. Primärer Studienendpunkt war der WOMAC-Score (0-240) nach 12 Monaten. Als sekundäre Endpunkte wurden u. a. die Zeit bis zum Abschließen des

Alternate-Step-Tests und Timed Up and Go-Tests nach einem Jahr erfasst. Zu Studienbeginn betrug der mittlere WOMAC-Score in der GK-Gruppe 108,8 im Vergleich zu 107,1 im Studienarm, der einer physikalischen Therapie unterzogen werden sollte. Nach 12 Monaten betrug der mittlere Gesamt-WOMAC-Score in den jeweiligen Therapiearmen 55,8 respektive 37,0, eine Differenz von 18,8 Punkten (95% KI 5,0-32,6) zugunsten der physikalischen Therapie anzeigend. Es gab keine relevanten Nebenwirkungen, abgesehen von einem Schwächeanfall während einer GK-Injektion. Im Ergebnis zeigte sich in beiden Armen bei den Gonarthrose-Patienten eine sehr deutliche

Verbesserung des WOMAC-Scores, wobei die physikalische Therapie in puncto Schmerz und Funktion nach einem Jahr Vorteile gegenüber der i.a. GK-Injektion aufwies. Ärzten bieten die aktuellen Daten eine gute Kommunikationshilfe gerade bei den nicht wenigen Patienten, die eine physikalische Therapie (so verfügbar) vorzeitig abbrechen, da sich nicht – wie bei GK-Injektionen – ein unmittelbarer Effekt einstellt. Auch die Leitlinien, die primär eine physikalische Therapie favorisieren, werden bestätigt. Dennoch kann begleitend eine i.a. GK-Injektion sicher sinnvoll sein. m Quelle: N Engl J Med 2020; 382(15): 1420-1429

Tanezumab: Erkenntnisse aus neuer Phase-III-Studie Die Hoffnung, mit dem am Nervenwachtumsfaktor (NGF) ansetzenden monoklonalen Antikörper Tanezumab eine effektive Schmerztherapie für Arthrose-Patienten an die Hand zu bekommen, hatte sich – trotz starker Schmerzlinderung – in frühen Phase-III-Studien zerschlagen, da sich in einigen Fällen als gravierende Nebenwirkung rasch-progrediente Osteonekrosen mit erforderlichem Gelenkersatz einstellten. Nachdem Tanezumab lange „auf Eis“ lag, wurde jetzt eine neue Phase-III-Studie publiziert, die eine gewisse Effektivität bei weniger Risiken ergab und – zumindest in den USA – auf eine Zulassung bei therapierefraktären Patienten hoffen lässt.

In die von Francis Berenbaum, Paris, und Kollegen publizierte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie wurden 849 Patienten mit moderater bis schwerer Gon- oder Coxarthrose und Versagen oder Kontraindikation gegen NSAR, Paracetamol oder Opioide eingeschlossen und für 24 Wochen 1:1:1 mit s.c. Tanezumab 2,5 oder 5 mg oder Placebo behandelt (zuzüglich einem sich anschließenden 24-wöchigen-Follow-up zur Sicherheit). Ko-primäre Endpunkte waren die Verbesserungen von Schmerz und körperlicher Funktion im WOMAC-

Score sowie das Patient’s Global Assessment (PGA) von Baseline bis Woche 24.

signifikanten Differenzen zwischen den drei Therapiearmen (6,7–7,8 %).

Für die 5 mg-Dosis zeigten sich durchgehend signifikante Vorteile versus Placebo beim WOMAC Schmerz (Δ0,62; p=0,0006), körperliche Funktion (Δ–0,71; p<0,0001) und PGA (Δ–0,19; p=0,0051), für die 2,5 mg-Dosis galt dies nur für die beiden WOMAC-Items. Eine raschprogrediente Arthrose entwickelte sich bei 1,4 bzw. 2,8 % der Patienten unter der 2,5- bzw. 5 mg-Dosis, in puncto erforderlichem Gelenkersatz zeigten sich keine

Trotz der in diesen Dosierungen doch eher geringen Effektivität ist das Zulassungsverfahren der FDA wieder angelaufen, aber wohl nur für die weniger riskante 2,5 mg-Dosis bei therapierefraktären Patienten – ein Comeback in Europa dürfte unwahrscheinlich sein. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; 79(6): 800-810


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INDUSTRIE-BERICHT

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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS

Secukinumab für gesamtes Krankheitsspektrum zugelassen Die Europäische Kommission hat Secukinumab zur Behandlung erwachsener Patienten mit aktiver nicht-röntgenologischer axialer Spondylarthritis (nr-axSpA) und objektiven Entzündungszeichen (erhöhtes CRP, in MRT), die unzureichend auf NSAR angesprochen haben, zugelassen. Ausschlaggebend für die Zulassungserweiterung war die Phase-III-Studie PREVENT, in der Secukinumab den primären Endpunkt erreichte. Damit ist Secukinumab der erste zugelassene vollhumane IL-17A-Inhibitor für Patienten mit nr-axSpA, die einen Teil des Krankheitsspektrums der axialen Spondyloarthritis (axSpA) darstellt.

Diese Zulassungserweiterung von Secukinumab (Cosentyx®) gibt Rheumatologen eine neue, wirksame Therapieoption für Menschen mit nr-axSpA. Sie verbessert die Behandlungsmöglichkeiten dieser schmerzhaften, einschränkenden Krankheit und kann die Lebensqualität der Patienten erheblich steigern, kommentiert Prof. Dr. Martin Rudwaleit, Bielefeld.

im Vergleich zu Placebo geprüft wurde. Der primäre Endpunkt, das ASAS40Ansprechen, wurde erreicht: In Woche 16 erlangten 41,5 % der mit Secukinumab 150 mg behandelten nr-axSpA-Patienten eine signifikante und klinisch relevante Reduktion der Krankheitsaktivität im Vergleich zu Placebo (29,2 %; p<0,05). Auch wurde zusätzlich eine Symptomverbesserung bis Woche 52 beobachtet.

Die europäische Zulassung basiert auf Daten der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIIStudie PREVENT, in der die klinische Effektivität von Secukinumab 150 mg

Zusätzlich konnte eine signifikante Verbesserung der sekundären Endpunkte nachgewiesen werden, darunter Schmerzen, Krankheitslast und die gesundheitsbezogene Lebensqualität.

PREVENT ist mit 555 Patienten die bislang größte Studie mit einem Biologikum bei nr-axSpA. Unabhängig davon, ob ein Patient von nr-axSpA oder ankylosierender Spondylitis betroffen ist, kann die Erkrankung einen erheblichen Einfluss auf sein tägliches Leben haben. Die Indikationserweiterung von Secukinumab ermöglicht nun, Symptome der Patienten bereits im frühen Stadium des Krankheitsspektrums zu lindern, so Rudwaleit weiter. m Quelle: Pressemitteilung Novartis Pharma GmbH, 7. Mai 2020

BEHÇET-SYNDROM

Zulassungserweiterung für Apremilast Das Unternehmen Amgen gab bekannt, dass die Europäische Kommission der Zulassungserweiterung des bereits bei aktiver Plaque-Psoriasis und Psorasis-Arthritis etablierten PDE4-Inhibitors Apremilast für die systemische Behandlung von erwachsenen Patienten mit Behçet-Syndrom und oralen Aphthen zugestimmt hat. Die Zulassung folgt auf eine positive Empfehlung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP), die im Februar 2020 erteilt wurde.

Apremilast (Otezla®) ist das erste zentral zugelassene Arzneimittel für die Behandlung von oralen Aphthen, die durch das Behçet-Syndrom verursacht werden. Somit kann Apremilast dazu beitragen, den „medical need“ der vom BehçetSyndrom, einer multisystemischen Entzündungskrankheit, die eine Vaskulitis hervorruft, betroffenen Patienten zu decken. Orale Aphthen, die häufigste Manifestation des Behçet-Syndroms, treten bei mehr als 97 % der Patienten auf. In der RELIEF-Studie zeigten Patienten, die mit Apremilast behandelt wurden, eine signifikante Verringerung sowohl der Anzahl als auch der Schmerzen der

oralen Aphthen, was den klaren Nutzen von Apremilast für Patienten, die an oralen Aphthen im Zusammenhang mit dem Behçet-Syndrom leiden, unterstreicht, betont Prof. Dr. Christos C. Zouboulis, Dessau.

tel behandelt wurden und sich für eine systemische Therapie eigneten. Zusätzlich wurden Daten aus der randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Phase-II-Studie (BCT-001) mit 111 Patienten in den Antrag mit aufgenommen.

Die Zulassung basiert in erster Linie auf den Daten der randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Phase-IIIStudie RELIEF. Die Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Apremilast 2x 30 mg/Tag bei 207 Erwachsenen mit Behçet-Syndrom und aktiven oralen Aphthen, die zuvor mit mindestens einem nichtbiologischen Arzneimit-

Im Juli 2019 hatte Apremilast zuvor bereits die US-Zulassung der FDA für die Behandlung erwachsener Patienten mit oralen Aphthen im Zusammenhang mit dem Behçet-Syndrom erhalten. m

Quelle: Pressemitteilung Amgen GmbH, 4. Mai 2020


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INDUSTRIE-BERICHT

AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS

Guselkumab: Zwei Phase-III-Studien veröffentlicht Im Lancet wurden die Ergebnisse der beiden doppelblinden, randomisierten, placebo-kontrollierten Phase-III-Studien DISCOVER-1 und -2 zu Guselkumab bei erwachsenen Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) publiziert. Auf deren Grundlage wurde bei der EMA bereits im Oktober 2019 eine Indikationserweiterung für den bereits bei mäßiger bis schwerer Plaque-Psoriasis zugelassenen IL-23-Inhibitor für erwachsene Patienten mit aktiver PsA beantragt. Das Prüfverfahren läuft gegenwärtig.

Die Studien umfassten eine placebokontrollierte (Woche 0-24) und aktive (Woche 24-52 bzw. 24-100 in DISCOVER-1 bzw. -2) Behandlungsphase. Beide Studien hatten jeweils drei Studienarme, in denen die Teilnehmer 100 mg Guselkumab s.c. alle 4 Wochen (q4w), alle 8 Wochen (q8w; zu Beginn in Woche 0, 4 und dann alle 8 Wochen) bzw. Placebo über 24 Wochen erhielten. In DISCOVER-1 wurden 381 Patienten mit aktiver PsA (SJC/TJC ≥3 und CRP ≥0,3 mg/dl) sowie dokumentierter Psoriasis (aktuell oder zurückliegend) erfasst, die unzureichend auf Standardtherapien (csDMARDs, NSAR) angesprochen oder diese nicht vertragen hatten. Etwa 30 % von ihnen waren zuvor mit einem oder zwei TNFα-Blockern behandelt worden. An DISCOVER-2 nahmen 739 Biologika-naive Patienten mit PsA ≥6 Monate, SJC/TJC ≥5, CRP ≥0,6 mg/dl und dokumentierter Psoriasis teil, die ebenfalls zuvor auf Standardtherapien unzureichend

angesprochen oder diese nicht vertragen hatten. Der primäre Endpunkt eines ACR20-Ansprechens zu Woche 24 wurde in beiden Studien erreicht. In DISCOVER-1 erzielten 59 % der Patienten unter Guselkumab q4w sowie 52 % unter Guselkumab q8w ein ACR20-Ansprechen, verglichen mit 22 % unter Placebo ( je p<0,0001). In DISCOVER-2 wiesen jeweils 64 % der Patienten unter Guselkumab q4w bzw. q8w ein ACR20-Ansprechen auf, im Vergleich zu 33 % unter Placebo ( je p<0,0001). Von den Patienten, die in DISCOVER-1 initial eine klinisch relevante Psoriasis aufwiesen (≥3 % Körperoberfläche und Investigator Global Assessment [IGA] ≥2 zu Studienbeginn), erreichten zu Woche 24 75 % unter Guselkumab q4w und 57 % unter Guselkumab q8w ein Ansprechen im IGA-Score und damit eine erscheinungsfreie oder fast erscheinungsfreie Haut, verglichen mit 15 % unter Placebo ( je p<0,0001). In DISCOVER-2 erzielten

68 % unter Guselkumab q4w und 70 % unter Guselkumab q8w ein IGA-Ansprechen versus 19 % unter Placebo ( je p<0,0001). Im Hinblick auf die radiologische Progression (ΔvdHS-Score) erwies sich in DISCOVER-2 Guselkumab q4w zu Woche 24 gegenüber Placebo überlegen (p=0,011), für Guselkumab q8w war ein positiver Trend erkennbar (p=0,072). Patienten unter Guselkumab erreichten in beiden Studien zu Woche 24 klinisch relevante Verbesserungen im ΔHAQ-DI versus Placebo ( je p<0,0001). Gepoolte Daten von DISCOVER-1 und -2 zeigen bei Patienten, die initial unter Enthesitis ( je p=0,031) oder Daktylitis (p=0,012 bzw. 0,0301) litten, signifikante Vorteile in puncto einer völligen Abheilung. Es traten keine neuen Sicherheitssignale auf. m

Quelle: Pressemitteilung Janssen-Cilag GmbH, 5. Mai 2020

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Neu: Tofacitinib 11 mg Retardtablette zur täglichen 1x-Gabe Für Patienten mit mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis (RA) steht seit Kurzem Tofacitinib auch als 1x täglich einzunehmende 11 mg-Tablette mit verzögerter Wirkstofffreisetzung zur Verfügung, die eine vergleichbare Wirksamkeit und Verträglichkeit gegenüber der 2x 5 mg/Tag-Formulierung aufweist. Bewährt hat sie sich kürzlich in der ORAL Shift-Studie. Aktuelle 5-Jahres-Daten aus dem US-amerikanischen Register CORRONA bestätigen ferner positive Real-World-Daten zur Sicherheit von Tofacitinib. Implikationen für die Praxis haben dennoch die Änderungen in der Fachinformation.

Eine 1x tägliche Einnahme ist für viele Patienten einfacher und fördert die Compliance, so Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover. Beide Formulierungen von Tofacitinib (Xeljanz®) sind vergleichbar wirksam. Von Vorteil ist, dass auch die Retardformulierung bei Patienten, die

auf Methotrexat (MTX) unzureichend ansprechen oder es nicht vertragen, als Monotherapie wirksam ist. Die NichtUnterlegenheit einer Monotherapie mit 1x täglich 11 mg Tofacitinib im Vergleich zur Kombination von 1x täglich 11 mg Tofacitinib plus MTX belegt die Phase

3b/4-Studie ORAL Shift. Patienten mit mäßiger bis schwerer RA und unzureichendem Ansprechen auf MTX, die nach 24 Wochen Tofacitinib 11 mg 1x täglich plus MTX eine LDA (CDAI ≤10) erreicht hatten, erhielten in der doppelblinden Studienphase Tofacitinib 11 mg und ein


INDUSTRIE-BERICHT

MTX-Placebo oder Tofacitinib plus MTX für weitere 24 Wochen. Beim primären Endpunkt, der Veränderung im DAS284(ESR) von Woche 24 bis 48, zeigte eine Differenz von 0,30 zwischen beiden Gruppen, dass die Tofacitinib-Monotherapie nach Absetzen von MTX der weitergeführten Kombinationstherapie nicht unterlegen war. Bei der großen Mehrheit der RA-Patienten, die eine niedrige Krankheitsaktivität erreicht haben, kann MTX somit ausgesetzt werden. Die vergleichbare Wirksamkeit beider Tofacitinib-Formulierungen zeigt eine Analyse des CORRONA-Registers – in den USA ist die 11 mg 1x-Gabe bereits seit Februar 2016 zugelassen.

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Aktuelle 5-Jahresdaten aus CORRONA belegen überdies eine konsistente Sicherheit von Tofacitinib. Dies gilt auch für die Inzidenzraten (IR) von venösen Thromboembolien (VTE), die bei RAPatienten mit 0,29 bzw. 0,33 unter Tofacitinib und bDMARDs ähnlich waren. Dessen ungeachtet wurden vor Kurzem auf Basis der laufenden ORAL Surveillance-Studie in der Xeljanz®Fachinformation auf Empfehlung der EMA Anpassungen durchgeführt, so Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München. Neben dem Warnhinweis für VTE – bei Patienten mit Risikofaktoren sollte Tofacitinib mit Vorsicht eingesetzt wer-

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den – wurde auch ein solcher bei Patienten >65 Jahre aufgrund eines Risikos für schwere Infektionen ergänzt. Bei letzteren sollte Tofacitinib nur erwogen werden, wenn es keine geeignete Alternative gibt. Schulze-Koops sieht das primär als Sicherheitsmaßnahme, die Studie läuft noch und das jeweilige Risiko war in der Dosierung 2x 5 mg/Tag gegenüber Anti-TNF-Therapien kaum erhöht. Für die Praxis mahnte er eine sorgfältige Dokumentation, Risikoaufklärung und risikosenkende Maßnahmen (z. B. Thromboseprophylaxe, Impfstatus) an. m Quelle: Fachpresse-Webinar Pfizer Deutschland GmbH, 30. April 2020

INTERSTITIELLE LUNGENERKRANKUNG BEI SYSTEMISCHER SKLEROSE

Europäische Zulassung für Nintedanib erteilt Die Europäische Kommission hat kürzlich den oralen Multi-Tyrosin-Kinaseinhibitor Nintedanib auf Basis der Phase-III-Studie SENCIS zur Behandlung einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) bei erwachsenen Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) zugelassen. Damit steht erstmals eine zugelassene Therapie zur Behandlung der SSc-ILD zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf effektiv verlangsamen kann.

Bereits seit Längerem ist Nintedanib (Ofev®) zur Therapie der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) zugelassen. Bei IPF verlangsamte Nintedanib in den Phase-III-Studien INPULSIS-1 und -2 den Krankheitsverlauf und reduzierte das Risiko akuter Exazerbationen um jeweils ca. 50 %. Registerstudien belegen laut Dr. Susanne Stowasser, Boehringer Ingelheim, eine verlängerte Überlebenszeit von Patienten mit IPF, die als Prototyp der ILD-Erkrankungen gilt. Die Europäischen Kommission erteilte nun, basierend auf den Ergebnissen von SENSCIS, einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie zu Nintedanib, erstmals die Zulassung für einen antifibrotischen Wirkstoff zur Behandlung der SSc-ILD. In die SENSCIS-Studie waren, so erläuterte Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, 570 Patienten mit SSc-ILD (Fibrosierungsgrad ≥10 % in HRCT, forcierte Vitalkapazität, FVC ≥40 % und DLco 3089 %) eingeschlossen und auf dem

Boden einer stabilen Basismedikation (Prednison ≤10 mg/Tag, Mycophenolat Mofetil, MMF, oder Methotrexat) auf 2x 150 mg/Tag Nintedanib (im Falle unerwünschter Ereignisse war eine Dosisreduktion auf 2x 100 mg erlaubt) oder Placebo randomisiert worden. Primärer Endpunkt war die jährliche FVC-Abnahme (ml/Jahr) nach 52 Wochen. Die Ergebnisse zeigen, dass Nintedanib den Verlust der Lungenfunktion signifikant um 44 % (-52,9 vs. -93,9 ml/Jahr, Δ41 ml/Jahr; p=0,04) im Vergleich zu Placebo bremste. Die jährliche prozentuale Reduktion des FVC-Verlusts durch Nintedanib bei SSc-ILD und IPF war vergleichbar. Die Wirksamkeit bei SScILD war unabhängig vom ATA-Status, SSc-Subtyp (diffus vs. limitiert), FVC (< vs. ≥70 %) und Fibrosierungsgrad (< vs. ≥20 %). Der Verlust an Lungenfunktion war am geringsten in Kombination mit MMF. Darüber hinaus zeigte sich, dass das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil von Nintedanib bei SSc-ILD ver-

gleichbar mit jenem bei IPF-Patienten war. Am meisten zu beachten sind gastrointestinale Beschwerden. Folgerichtig wird Nintedanib im ersten europäischen Konsensusstatement zum Management der SSc-ILD in Monotherapie oder mit MMF als Initial- oder Eskalationstherapie positiv bewertet, so Müller-Ladner. Demnächst ist nach positiven Phase-IIIDaten aus der INBUILD-Studie zusätzlich mit einer Indikationserweiterung auf Patienten mit chronischen, progredientfibrosierenden ILDs zu rechnen, wovon auch Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis oder anderen Kollagenosen assoziierten ILD profitieren würden – ein entsprechender Antrag bei der EMA ist gestellt, in den USA ist Nintedanib in dieser Indikation bereits zugelassen. m

Quelle: Web-Pressekonferenz Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, 15. Mai 2020


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INDUSTRIE-BERICHT

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OSTEOPOROSE

Neue Therapieoption bei manifester Osteoporose ermöglicht starke Senkung des Frakturrisikos Nachdem Romosozumab von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) am 9. Dezember 2019 zur Behandlung der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit deutlich erhöhtem Frakturrisiko zugelassen wurde (1), ist der Sklerostin-Inhibitor seit dem 15. März in Deutschland erhältlich. Der humanisierte monoklonale Antikörper wird mittels Fertigpen in einer Dosis von 210 mg (zwei s.c.-Injektionen von je 105 mg) 1x monatlich über 12 Monate injiziert, danach ist eine antiresorptive Therapie angebracht, um den erzielten Nutzen langfristig zu erhalten.

Die Zulassung von Romosozumab basiert auf den Ergebnissen eines internationalen Phase-III-Programms mit den Studien ARCH (2), FRAME (3) und STUCTURE (4), in denen bei über 11.000 Patienten eine Erhöhung der Knochendichte (BMD) sowie signifikante Reduktion des Frakturrisikos nach 12 Monaten belegt wurde. Besonders relevant ist die mit 4.093 postmenopausalen Frauen mit Osteoporose und Vorfrakturanamnese (99 %) durchgeführte Phase-III-Studie ARCH: Durch eine 12-monatige Romosozumab-Therapie, gefolgt von 12 Monaten Alendronat 70 mg, wurde im Vergleich zu einer 24-monatigen Alendronat-Therapie das relative Risiko neuer vertebraler Frakturen signifikant um 48 % (6,2 vs. 11,9 %; p<0,001) reduziert (Abb.) (2). Zum Zeitpunkt der Primäranalyse (mediane Beobachtungszeit 33 Monate) war bei jenen Frauen, die in den ersten 12 Monaten Romosozumab erhalten hatten, die Inzidenz von klinischen, Hüft- und non-vertebralen Frakturen um 27, 38 und 19 % verringert. (2) Voraussetzung für die Reduktion des Frakturrisikos war eine deutliche Erhöhung der BMD: Nach 12 Monaten hatte Romosozumab bei den Patientinnen die BMD an der Lendenwirbelsäule (LWS) gegenüber dem Ausgangswert um durchschnittlich 13,7 % (p<0,001) erhöht. Der in den ersten 12 Monaten mit Romosozumab erzielte signifikante Unterschied bei der BMD blieb bei der Umstellung auf bzw.

Fazit: In der Zulassungsstudie führte die Behandlung mit Romosozumab gefolgt von Alendronat im Vergleich zu Alendronat allein zu einem deutlich höheren Anstieg der Knochendichte und einem signifikant niedrigeren Frakturrisiko. Die Behandlung mit Romosozumab gefolgt von einer antiresorptiven Therapie stellt für postmenopausale Frauen mit manifester Osteoporose und deutlich erhöhtem Frakturrisiko eine neue Option dar, um das Risiko für weitere Frakturen zu senken. m Report mit freundlicher Unterstützung der UCB Pharma GmbH

12

11,9 RRR 48 %*

10 8 6,2

6

p<0,001

4 2 0

243/2.047

127/2.046

Alendronat – Alendronat

Romosozumab – Alendronat

* Relative Risikoreduktion (RRR) nach 24 Monaten basierend auf der Last observation carried forward-Methode (LOCF): 50 % (nominal p<0,001): Romo – Aln: 4,1 % (74/1.825) vs. Aln – Aln: 8,0 % (147/1.843)

Abb.: ARCH-Studie: Relative Risikoreduktion (RRR) für neue vertebrale Frakturen in Monat 24 nach 12 Monaten Romosozumab (Romo) gefolgt von 12 Monaten Alendronat (Aln) gegenüber 24-monatiger Alendronat-Therapie (mod. nach 2)

Literatur: 1 Fachinformation EVENITY, Stand Dezember 2019 | 2 Saag KG et al., N Engl J Med 2017; 377(15): 1417-1427 | 3 Cosman F et al., N Engl J Med 2016; 375(16): 1532-1543 | 4 Langdahl BL et al., Lancet 2017; 390(10102): 1585-1594

DE-N-RM-OP-2000090

Signifikante Überlegenheit versus Alendronat

der Fortsetzung mit Alendronat bis Monat 36 erhalten. (2) Insgesamt waren die Nebenwirkungen und schwerwiegenden Nebenwirkungen zwischen beiden Gruppen ausgewogen. In den ersten zwölf Monaten wurden mehr schwerwiegende kardiovaskuläre Nebenwirkungen im Romosozumab-Arm beobachtet. (2)

Inzidenz neuer vertebraler Frakturen nach 24 Monaten (%)

Romosozumab (EVENITY®) bindet und hemmt das Protein Sklerostin. Durch die Aktivierung von Saumzellen, eine gesteigerte Knochenmatrixproduktion durch Osteoblasten und die Rekrutierung von Osteoprogenitorzellen stärkt es den Knochenaufbau. Zusätzlich kommt es über Veränderungen in der Expression von Osteoklastenmediatoren zu einer Hemmung des Knochenabbaus. Dieser duale osteoanabole und antiresorptive Wirkmechanismus führt zu einem raschen Anstieg der trabekulären und kortikalen Knochenmasse sowie einer Verbesserung der Knochenstruktur und -festigkeit. (1)


INDUSTRIE-BERICHT

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SYSTEMISCHE UND POLYARTIKULÄRE JIA

Tocilizumab jetzt auch als Fertigpen zugelassen Die subkutane (s.c.) Darreichungsform des IL-6-Rezeptorinhibitors Tocilizumab wurde im April 2020 um einen Fertigpen zur einmaligen Anwendung erweitert. Für Patienten mit systemischer bzw. polyartikulärer juveniler idiopathischer Arthritis (sJIA/pJIA) bietet der Fertigpen mehr Flexibilität bei der Anwendung und einen erleichterten Alltag. Tocilizumab war als Infusionslösung seit 2011 respektive 2013 für Patienten mit sJIA bzw. pJIA sowie seit 2018 als Fertigspritze für beide Indikationen verfügbar.

Gemäß EU-Zulassung kann Tocilizumab (RoActemra®) s.c. künftig mit einem Fertigpen (ACTPen) zur einmaligen Anwendung bei Patienten mit aktiver sJIA ab 12 Jahren verabreicht werden, wenn diese nur unzureichend auf eine Vortherapie mit NSAR und systemischen Kortikosteroiden angesprochen haben. Für Patienten mit pJIA ab 12 Jahren ist es in Kombination mit MTX angezeigt, die nur unzureichend auf eine Vortherapie mit MTX angesprochen haben. Tocilizumab kann bei sJIA und pJIA als Monotherapie verabreicht werden, falls eine MTX-Unverträglichkeit vorliegt oder

MTX unangemessen erscheint. Jeder Fertigpen enthält 162 mg TocilizumabInjektionslösung in 0,9 ml. Es wird empfohlen, dass die erste Injektion unter Aufsicht von qualifiziertem medizinischen Fachpersonal durchgeführt wird, das in der Behandlung von sJIA, pJIA und/oder rheumatoider Arthritis (RA) und Riesenzellarteriitis (RZA) erfahren ist. Patienten oder Eltern/Erziehungsberechtigte können die Injektion von Tocilizumab mittels Fertigpen selbst vornehmen, nachdem der behandelnde Arzt die Zustimmung erteilt hat und sie in der Injektionstechnik angemessen geschult wurden. Der

Fertigpen sollte nicht bei Kindern und Jugendlichen jünger als 12 Jahre angewendet werden. Die Zulassung beruht auf Daten zweier Studien mit gesunden Probanden bzw. erwachsenen RA-Patienten, die die Bioäquivalenz und Sicherheit der beiden Darreichungsformen als Pen und als Spritze belegt hatten. Die beiden Studien hatten bereits zur EU-Zulassung des ACTPens für Patienten mit RA und RZA im Mai 2018 geführt. m Quelle: Pressemitteilung Roche Pharma AG, Chugai Pharma Germany GmbH, 8. April 2020

ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN

Update zu Herpes zoster-Totimpfstoff Für viele Rheumatologen und ihre Patienten war die Zulassung des Herpes zoster-Totimpfstoffs Shingrix eine Erleichterung, leider etwas getrübt durch die mitunter schlechte Verfügbarkeit. Einen Überblick zu den bisherigen Erfahrungen mit der Vakzine im Behandlungsalltag bot Prof. Dr. Tino F. Schwarz, Würzburg.

Nach zwei Jahren wurden laut Schwarz weltweit über 26 Millionen ShingrixDosen verimpft und knapp 29.000 unerwünschte Wirkungen gemeldet. Die klinischen Beobachtungen aus der routinemäßigen Anwendung hinsichtlich der Reaktogenität, Verträglichkeit und Sicherheit entsprechen den Ergebnissen der klinischen Phase-III-Studien. Häufigste lokale bzw. systemische Impfreaktionen in einer Post-MarketingSurveillance waren Schmerzen an der Einstichstelle (10,9 %), Fieber (10,6 %), Schmerzen im Arm (9,4 %) oder allgemein (8,5 %), Schüttelfrost (7,9 %), Erytheme an der Einstichstelle (7,8 %), Fatigue und Kopfschmerzen. In 5,4 % der Fälle trat ein Herpes zoster auf, ob dies

kausal mit der Impfung in Verbindung steht oder ein Zufallsbefund bei Patienten mit ohnehin erhöhtem Zoster-Risiko ist, ist allerdings noch völlig unklar, so Schwarz. Da auch in Deutschland mehrere Zoster-Verdachtsfälle oder solche mit bullöser Hautreaktion gemeldet wurden, hat das Paul-Ehrlich-Institut am 20. April eine Beobachtungsstudie gestartet, um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen. Wichtig für die Praxis sind laut Schwarz vor allem folgende Punkte: Die ShingrixImpfung ist auch bei Personen mit anamnestischem Zoster möglich. Bislang wurden auch keine unerwünschten Reaktionen bei Koadministration mit anderen Totimpfstoffen (Influenza, Tdap,

Pneumokokken sowie FSME) berichtet, möglichst sollten diese aber nicht im gleichen Arm injiziert werden. Shingrix sollte stets (wie empfohlen) i.m. verabreicht werden, s.c. ist mit erhöhten lokalen Nebenwirkungen zu rechnen. Die Liefersituation bleibt leider auch 2020 unbefriedigend: Es gibt regelmäßige Lieferungen von 10er- und 1er-Packungen in limitierter Menge, vor Verabreichung der ersten Impfdosis sollte die zweite besser bereits in der Arztpraxis vorhanden sein. m

Quelle: Impf-Webinar GlaxoSmithKline Deutschland GmbH & Co. KG, 28. April 2020


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INDUSTRIE-BERICHT

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FORTSCHRITTE IN DER RHEUMATOLOGIE

Neue Erkenntnisse zu Secukinumab bei Psoriasis-Arthritis und axialer Spondyloarthritis Bei Psoriasis-Arthritis (PsA) und ankylosierender Spondylitis (AS) zeichnet sich der Interleukin (IL)-17A-Inhibitor Secukinumab durch ein breites Wirkspektrum und eine langfristige Effektivität aus. Aktuelle Erkenntnisse zur Therapie der PsA, insbesondere der axialen PsA aus der MAXIMISE-Studie, sowie der AS und nicht-röntgenologischen axialen Spondyloarthritis (nr-axSpA) – bei letzterer standen vor allem die Ergebnisse der Phase-III-Studie PREVENT im Fokus – wurden kürzlich auf den 5. Rheumatologentagen in Berlin beleuchtet.

Für die Transition einer Plaque-Psoriasis zur PsA gilt die Enthesitis als entscheidendes Bindeglied in Kombination mit mechanischer Reizung als Trigger. Als Schlüsselzytokine gelten hierbei IL-23 und IL-17, berichtete eingangs Dr. Frank Behrens, Universitätsklinikum der Universität Frankfurt/M. Die IL-17A-Blockade mit z. B. Secukinumab kann bei PsA neben Gelenkbeschwerden und Hautbefall auch Enthesitis und Daktylitis lindern. (1) Bei PsA hat sich die IL-17A-Inhibition längst als gleichwertige Alternative zu Tumornekrosefaktor (TNF)-Inhibitoren etabliert und Einzug in die EULAR-Leitlinie gehalten. (2) Zum Einsatz kommen IL-17A-Inhibitoren ebenso wie TNFHemmer (oder auch IL-12/23-Hemmer) bei unzureichender Effektivität konventioneller (cs)DMARDs wie Methotrexat (MTX).

PsA: Wann hat die IL-17A-Inhibiton besondere Vorteile? Die Frage, welches der beiden wichtigsten Therapieprinzipien – TNF- oder IL-17A-Inhibition – bei welchen Patienten mit csDMARD-Versagen besonders sinnvoll ist, adressiert eine Head-to-head-Studien mit Adalimumab als aktivem Komparator. Take home-message der Studie ist laut Behrens, dass die IL-17A- gegenüber der TNF-Inhibition beim Gelenkansprechen

100

Secukinumab 300 mg s.c. (n=164) Secukinumab 150 mg s.c. (n=157) Placebo (n=164)

ASAS20-Ansprechen (%)

80 66,3 60

63,1

40 31,3

20

0

4

8

12

Zeit (Wochen)

Abb. 1: ASAS20-Ansprechen von Patienten mit axialer PsA auf Secukinumab 300 oder 150 mg oder Placebo in der MAXIMISEStudie (4)

numerisch gleichwertig und beim Hautansprechen überlegen ist, was die gute Evidenz der IL-17A-Inhibition wiederholt belegt. (3)

Axiale PsA: Secukinumab erweist sich als effektiv Bislang lagen nur wenige Daten zur „axialen PsA“ vor, auch fehlen Klassifikationskriterien, so Behrens. Einen Fortschritt bedeutet nun die erste doppelblinde, placebokontrollierte PhaseIIIb-Studie MAXIMISE, die für 52 Wochen 498 Patienten mit aktiver PsA und klinisch diagnostizierter axialer Beteiligung (Wirbelsäulen-Schmerz VAS >40/100) sowie BASDAI ≥4 trotz Vortherapie mit ≥2 NSAR einschloss. Die Studienteilnehmer wurden gleichmäßig auf die Therapie mit Secukinumab 300 mg bzw. 150 mg oder Placebo randomisiert. Der primäre Endpunkt eines ASAS20-Ansprechens in Woche 12 wurde signifikant erreicht: So betrug in Woche 12 das ASAS20Ansprechen 63,1 % unter der 300 mg- und 66,3 % unter der 150 mg-Dosis ( je p<0,0001) sowie 31,3 % im Placebo-Arm (Abb. 1). Eine Linderung der Beschwerden konnte unter Secukinumab bereits in Woche vier beobachtet werden. Das Ansprechen war unabhängig vom Geschlecht der Patienten, ihrer ursprünglichen Krankheitsaktivität oder einer Begleittherapie mit MTX. (4) Genauere Rückschlüsse werden die 52-Wochen-Daten erlauben, ein erster Schritt bei axialer PsA ist aber gemacht.

AS: Langfristige Wirksamkeit von Secukinumab über 5 Jahre nachgewiesen Der axialen SpA widmete sich im Anschluss Priv.-Doz. Dr. Uta Kiltz vom Rheumazentrum Ruhrgebiet, Herne. Sie berichtete über die weiter bestehenden Probleme bei der Auswahl von Kriterien für die Überweisung von Verdachtspatienten an Rheumatologen. Auch bei der Diagnosestellung durch den Rheumatologen selbst gilt es, ein Bündel klinischer Parameter im Auge zu behalten. Eine Sakroilitis im MRT muss ebenso sorgfältig differentialdiagnostisch abgeklärt werden, da ein positives MRT mit Knochenmarködem auch bei Gesunden nicht selten ist – MRT-Befunde müssen also stets im Verbund mit der Klinik bewertet werden.


INDUSTRIE-BERICHT

In puncto Therapie kommen bei AS nach dem Versagen von NSAR wiederum TNF-Inhibitoren oder der IL-17A-Inhibitor Secukinumab in Frage, eine spezielle Präferenz für das eine oder andere Wirkprinzip geben weder die ASAS/EULAR- noch die aktuelle S3-Leitlinie der DGRh. (5, 6) Laut Kiltz zeigte Secukinumab in der MEASURE 2-Studie auch langfristig über 5 Jahre ein hohes ASAS20/40-Ansprechen von 66,7 bzw. 50 %. (7) Bislang war der Einsatz von Secukinumab im Gegensatz zu fast allen TNF-Inhibitoren auf die AS limitiert. Seit kurzem ist der IL-17A-Inhibitor ebenfalls für die nr-axSpA zugelassen. (1)

IL-17A-Inhibitoren zeigen auch bei nr-axSpA gute Wirksamkeit In die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte PREVENT-Studie zu Secukinumab wurden laut Kiltz 555 Erwachsene mit diagnostizierter axialer SpA eingeschlossen, die die ASAS-Klassifikationskriterien (aber nicht die modifizierten New York-Kriterien) erfüllten und einen BASDAI ≥4 sowie objektive Zeichen der entzündlichen Aktivität (Knochenmarködem im MRT der Sakroiliakalgelenke oder erhöhtes CRP) hatten. (8) Die Patienten (ca. 90 % bDMARD-naiv) wurden im Verhältnis 1:1:1 randomisiert auf Secukinumab 150 mg (mit Aufsättigung), 150 mg (ohne Aufsättigung) oder Placebo. Die Gruppe mit Aufsättigung erhielt Secukinumab 150 mg zu Studienbeginn, in Woche 1, 2, 3 und 4, dann alle 4 Wochen bis Woche 52. Der Arm ohne Aufsättigung erhielt Secukinumab 150 mg zu Baseline und Placebo zu Woche 1, 2 und 3, und dann Secukinumab 150 mg alle 4 Wochen ab Woche 4. Primärer Endpunkt ist das ASAS40-Ansprechen zu Woche 16 und zu Woche 52.

Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

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nach Zulassung von Ixekizumab, das ebenfalls positive PhaseIII-Daten bei nr-axSpA und AS geliefert hat (9), noch weiter steigen. m

Krankheitsbild axSpA Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) umfasst entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule mit unterschiedlichen Krankheitserscheinungen und -verläufen. Dazu zählen sowohl die ankylosierende Spondylitis (AS) als auch die nicht-röntgenologische axSpA (nr-axSpA). Dabei stellt die nr-axSpA eine Frühform der AS dar. (6) In beiden Ausprägungen ist die Krankheitslast vergleichbar hoch. Etwa 10–40 % der Patienten mit nr-axSpA entwickeln über einen Zeitraum von 2-10 Jahren eine AS. (10)

Quelle: 5. Novartis Rheumatologentage, Berlin, 28.-29. Februar 2020 Report mit freundlicher Unterstützung der Novartis Pharma GmbH

50

Auch in den sekundären Endpunkten wie dem BASDAI50-Ansprechen (37,3 und 37,5 vs. 21,0 %) (Abb. 2), der ASAS partiellen Remission (21,6 und 21,2 vs. 7,0 %), sowie im Verlauf von BASDAI (-2,43 bzw. -2,35 vs. -1,46), BASFI, SF-36 PCS oder der Lebensqualität (ASQoL) von Baseline bis Woche 16 erwies sich Secukinumab als signifikant überlegen (alle p<0,05), ohne relevantem Unterschied mit oder ohne vorherige Aufsättigung. (8) Auch bei der axialen SpA dürfte der Stellenwert der IL-17A-Inhibition

BASDAI50-Ansprechen (%)

37,5

Auf dem ACR-Kongress 2019 waren zunächst die 16-WochenErgebnisse berichtet worden, die 52-Wochen-Daten stehen noch aus, so Kiltz. Der primäre und alle sekundären Endpunkte wurden erreicht. Zu Woche 16 war das ASAS40-Ansprechen mit 41,5 bzw. 42,2 % in beiden Secukinumab-Gruppen signifikant höher als in der Placebo-Gruppe mit 29,2 % (p<0,05).

37,3

40

30 21,0

20

10

0

Secukinumab 150 mg s.c. mit Aufsättigung (n=185) Secukinumab 150 mg s.c. ohne Aufsättigung (n=184) Placebo (n=186) 0

2

4

6

8

10

12

14

16

Zeit (Wochen)

Abb. 2: BASDAI50-Ansprechen von Patienten mit nr-axSpA auf Secukinumab 150 mg (mit oder ohne Aufsättigung) oder Placebo in der PREVENT-Studie (8)

Literatur: 1 European Medicines Agency. Cosentyx Summary of Product Characteristics 2020; URL: https://www.ema.europa.eu/ en/documents/product-information/cosentyx-epar-product-information_de.pdf | 2 Gossec L et al., Ann Rheum Dis 2016; 75(3): 499510 | 3 Mease PJ et al., Ann Rheum Dis 2020; 79(1): 123-131 | 4 Baraliakos X et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): OP0235 | 5 van der Heijde D et al., Ann Rheum Dis 2017; 76(6): 978-991 | 6 Kiltz U & Braun J et al., https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/060003k_S3_Axiale-Spondyloarthritis-Morbus-Bechterew-Fruehformen-2019-10.pdf | 7 Marzo-Ortega H et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): Poster FRI0379 | 8 Deodhar A et al., ACR/ARP Annual Meeting 2019; Abstract L21 | 9 Deodhar A et al., ACR/ARP Annual Meeting 2019; Abstract 2729 | 10 Protopopov M et al., Expert Rev Clin Immunol 2018; 14(6): 525–533


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INDUSTRIE-BERICHT

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Langfristig stabile Remissionsraten mit Sarilumab Der vollhumane, monoklonale Antikörper Sarilumab*(1), der sowohl den löslichen als auch den membrangebundenen IL-6-Rezeptor bindet, zeigte bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) langfristige Wirksamkeit und ein stabiles Sicherheitsprofil, wie aktuelle Langzeitdaten über 5 bzw. 7 Jahre bestätigen. (2, 3)

Im Rahmen der offenen Verlängerungsstudie EXTEND wurde die Langzeitanwendung des IL-6R-Inhibitors Sarilumab (Kevzara®) in Kombination mit Methotrexat (MTX) untersucht. (2) In eine Kohorte dieser Studie konnten die Patienten aus der Zulassungsstudie MOBILITY aufgenommen werden. (2, 4) Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver RA und unzureichendem Ansprechen auf MTX hatten unter Sarilumab in Kombination mit MTX während der 52-wöchigen MOBILITY-Studie von einer signifikant stärkeren Wirksamkeit gegenüber Placebo plus MTX profitiert. (4)

Über 5 Jahre anhaltende Wirksamkeit 899 Patienten aus MOBILITY wurden in der multizentrischen unkontrollierten, offenen Verlängerungsstudie EXTEND mit 200 mg Sarilumab alle zwei Wochen und MTX weiterbehandelt, wobei die Dosis entsprechend des Protokolls auf 150 mg reduziert werden konnte. (2) Auch in EXTEND zeigten PatienITT OC Zuordnung bei Randomisierung Placebo + MTX (ITT, n=398) Sarilumab 150 mg q2w + MTX (ITT, n=400) Sarilumab 200 mg q2w + MTX (ITT, n=399)

Patienten mit CDAI ≤2,8 (%)

40

MOBILITY randomisiert

MOBILITY → EXTEND Langzeitbeobachtung

40

37

35 30

27

29

31

37

36

33 33

31

34

28

25 20 15

15 10

22

19 18

19 20

18 18

19 18

21

19

21 17

9

ten unter Sarilumab über 5 Jahre eine anhaltende Reduktion der Krankheitsaktivität gemäß CDAI und DAS28-CRP, Verbesserung der körperlichen Funktion im HAQ-DI und Inhibition der radiologischen Progression. (2) Nach 5 Jahren zeigten von den Patienten, die bereits in MOBILITY 200 mg Sarilumab alle zwei Wochen plus MTX erhalten hatten und dieses Therapieschema in EXTEND beibehielten, 40 % eine Remission (CDAI ≤2,8) (Abb.) und 78 % eine niedrige Krankheitsaktivität (CDAI ≤10). Eine Remission gemäß DAS28-CRP wurde bei 71 % festgestellt. (2) Während des 5-jährigen Follow-ups wurden unter Sarilumab keine neuen Sicherheitssignale identifiziert. (2)

Stabiles Sicherheitsprofil über bis zu 7 Jahre Eine integrierte Sicherheitsanalyse von ca. 9.000 Patientenjahren (PJ) kumulativer Sarilumab-Exposition untersuchte die Inzidenz und den Langzeitverlauf von unerwünschten Ereignissen (UEs) über einen Zeitraum von bis zu 7,3 Jahren unter Sarilumab in Kombination mit csDMARDs (n=2.887) und bis zu 3,5 Jahren unter Sarilumab-Monotherapie (n=471). (3) Die Ergebnisse untermauern die Sicherheitsdaten zu Sarilumab aus acht Phase-II und III-Studien. (3) Im Ergebnis blieb das Sicherheitsprofil von Sarilumab in Kombination mit csDMARDs oder als Monotherapie stabil, neue Sicherheitssignale traten nicht auf. (3) Die häufigsten UEs in Kombination mit csDMARDs oder als Monotherapie waren Neutropenien, Erythem an der Injektionsstelle und Infektionen der oberen Atemwege bzw. Nasopharyngitis. Neutropenien, auch schwerer Art, waren jedoch nicht mit einem erhöhten Infektionsrisiko assoziiert. (3) Die Inzidenz schwerer UEs unter der Kombination von Sarilumab mit csDMARDs betrug 9,4/100 PJ, in Monotherapie belief sich diese auf 6,7/100 PJ. (3)

5

Anzahl der Patienten in Beurteilung

1

2

3

4

5

398 400 399

271 259 262

249 239 238

231 221 226

209 199 211

CDAI: Clinical Disease Activity Index; ITT: Intention to treat, OC: Beobachtete Fälle. In der ITT-Analyse ist der Nenner für die Prozentwerte zu allen Zeitpunkten die ITT-Population. In der OC-Analyse ist der Nenner für die Prozentwerte die Anzahl der Patienten in der Untersuchung zu diesem Zeitpunkt.

Abb.: Anteil von Patienten mit CDAI-Remission pro Jahr (2, 3)

Diese Langzeitdaten unterstreichen, dass Sarilumab anhaltend verträglich und wirksam ist. Gerade die stabil hohen Remissionsraten unter Sarilumab plus MTX sind für Patienten mit RA, deren Bedarf an langfristigen Therapiemöglichkeiten groß ist, von besonderer Bedeutung. m Report mit freundlicher Unterstützung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Berlin

* Sarilumab ist in Kombination mit Methotrexat (MTX) zugelassen zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA) bei erwachsenen Patienten, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifzierende antirheumatische Arzneimittel (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Sarilumab kann auch als Monotherapie gegeben werden, wenn MTX nicht vertragen wird oder wenn eine Behandlung mit MTX ungeeignet ist. (1) Literatur: 1 Fachinformation Kevzara®; Stand: August 2017 | 2 Genovese MC et al., RMD Open 2019;5(2): e000887 | 3 Fleischmann R et al., Rheumatology (Oxford) 2020; 59(2): 292–302 | 4 Genovese MC et al., Arthritis Rheumatol 2015; 67(6): 1424–1437

MAT-DE-2000121 (05/20)

0 Zeit (Jahre)


INDUSTRIE-BERICHT

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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Belimumab gezielt und frühzeitig einsetzen Die Behandlung von Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) sollte, so wird im Update der EULAR-Empfehlungen 2019 betont, auf das Erreichen von Remission oder niedriger Krankheitsaktivität sowie die Schubprävention in allen Organen abzielen, unter Einsatz der geringstmöglichen Glukokortikoid (GK)-Dosis. Bereits früh im Verlauf kann der BLyS-Inhibitor Belimumab erwogen werden, um die Krankheitskontrolle zu verbessern und den Steroidbedarf zu reduzieren.

Als Standardtherapie bei allen SLEPatienten gesetzt ist Hydroxchloroquin (HCQ), betonte Dr. Martin Welcker, Planegg. In der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie wird dessen Rolle überschätzt: Nach derzeitigem Stand scheinen SLE-Patienten nicht überproportional gefährdet zu sein und eine Therapie mit HCQ oder Immunsuppressiva scheint das aktuelle Infektionsrisiko und den COVID-19-Verlauf nicht oder kaum zu beeinflussen – von protektiven Effekten ist eher nicht auszugehen. Bei Bedarf kann HCQ mit GK kombiniert werden, die gerade jetzt sparsam eingesetzt, aber auch nicht abgesetzt werden sollten. Zu beachten sind im Hinblick auf GK

langfristige Risiken wie kardiovaskuläre Ereignisse oder Osteoporose sowie das erhöhte Infektionsrisiko. Laut EULAR sollten bei unter HCQ (und GK) unzureichender Krankheitskontrolle frühzeitig Immunsuppressiva wie Methotrexat (MTX) oder Azathioprin (AZA) zum Zug kommen. Neu ist, dass auch Belimumab (Benlysta®) bei unzureichender Krankheitskontrolle unter HCQ plus GK oder nicht möglicher Reduktion der GK-Dosis auf ≤7,5 mg/Tag empfohlen wird, ein vorheriger Therapieversuch mit MTX oder AZA ist nicht erforderlich. Es kann also bereits relativ früh eingesetzt werden – angesichts guter Daten zur

Schubprävention und starker Hinweise auf eine frühe Reduktion akkumulierender Organschäden sicher eine sinnvolle Empfehlung. Dringlich zu beachten ist laut Welcker das Management von Komorbiditäten, neben kardiovaskulären Risikofaktoren gilt es, das Infektionsrisiko im Auge zu behalten. Daher sollte, so ergänzte PD Dr. Kerstin Ludwig, München, stets der Impfstatus überprüft werden – dies gilt auch und gerade in der aktuellen Situation, es gelten dabei die üblichen STIKO-Empfehlungen. m Quelle: DGIM-Webinar, GlaxoSmithKline Deutschland GmbH & Co. KG, 12. Mai 2020

G-BA bestätigt Zusatznutzen für Belimumab bei Kindern

Europäische Zulassung für Rituximab-Biosimilar

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seinem Beschluss vom 14. Mai 2020 für die Behandlung mit Belimumab i.v. beim juvenilen systemischen Lupus erythematodes ( jSLE) einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen bestätigt.

Das Unternehmen Pfizer gab bekannt, dass die Europäische Kommission Ruxience, ein Rituximab-Biosimilar, für die Therapie von Non-Hodgkin-Lymphomen, chronisch-lymphatischer Leukämie, rheumatoider Arthritis, Granulomatose mit Polyangiitis und mikroskopischer Polyangiitis sowie Pemphigus vulgaris zugelassen hat.

Die im Dossier dargestellten Ergebnisse der PLUTO-Studie – mit 93 Patienten die erste und größte je durchgeführte randomisierte, klinische Studie ihrer Art in diesem Patientenkollektiv – zeigen einen signifikanten Vorteil für Belimumab (Benlysta®) gegenüber alleiniger Standardtherapie (SoC) in patientenrelevanten Endpunkten der Morbidität – insbesondere der Reduktion schwerer Schübe als auch in der Reduktion unerwünschter schwerer Ereignisse. Die Anerkennung des Zusatznutzens durch den G-BA für Belimumab bei pädiatrischen Patienten wird von den statistisch signifikanten positiven Effekten in der Kategorie Nebenwirkungen abgeleitet. m

Quelle: Pressemitteilung GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, 25. Mai 2020

Die EU-Zulassung basiert auf Daten, die die Biosimilarität von Ruxience zum Referenzprodukt nachgewiesen haben. Dazu gehören insbesondere die Ergebnisse der klinischen Vergleichsstudie REFLECTIONS B3281006, in der die Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität, Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Ruxience bewertet wurden und die bei Patienten mit CD20-positivem follikulären Lymphom mit geringer Tumorlast keine klinisch bedeutsamen Unterschiede hinsichtlich Sicherheit oder Wirksamkeit im Vergleich zum Referenzprodukt ergaben. Zur Verfügung stehen 100 mg- und 500 mg-Konzentrate für Infusionslösungen. m

Quelle: Pressemitteilung Pfizer Inc., 3. April 2020


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INDUSTRIE-BERICHT

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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS

Zwei auf einen Streich: Ixekizumab erhält EU-Zulassung für die nicht-röntgenologische und die röntgenologische axiale Spondyloarthritis Mit der EU-Zulassung des IL-17A-Inhibitors Ixekizumab für erwachsene Patienten mit nicht-röntgenologischer sowie röntgenologischer axialer Spondyloarthritis (axSpA) steht eine neue wirksame Therapieoption zur Verfügung. (1) Im innovativen Zulassungsstudienprogramm COAST mit dem ambitionierten primären Endpunkt ASAS40-Ansprechen zeigte Ixekizumab eine starke, schnelle und anhaltende Wirksamkeit sowie ein günstiges Sicherheitsprofil. Untersucht wurden Biologika-naive Patienten als auch solche, die bereits mit bis zu zwei TNF-Inhibitoren behandelt wurden. (2-4) Ixekizumab kann gemäß Zulassung direkt nach Versagen von nicht-steroidalen Antirheumatika eingesetzt werden. (1)

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ixekizumab (Taltz®) wurden sowohl im nicht-röntgenologischen (nr-axSpA) als auch im röntgenologischen (r-axSpA) Krankheitsstadium untersucht. Zusätzlich wurde erstmals in Studien zur r-axSpA die Patientenpopulation getrennt, nach Biologika-naiven und mit bis zu zwei TNF-Inhibitoren vorbehandelten Patienten. Die Messlatte lag mit einem ASAS40-Ansprechen in Woche 16 als primärem Endpunkt hoch. In der COAST-V-Studie mit Biologika-naiven r-axSpA-Patienten wurde darüber hinaus Adalimumab als Referenzarm untersuchta. (2) In allen drei COAST-Studien demonstrierte Ixekizumab mit Erfolg eine starke, schnelle und anhaltende Wirk-

Ixekizumab: Stark und anhaltend wirksam bei nr-axSpA und r-axSpA In der COAST-X-Studie bei Biologikanaiven Patienten mit nr-axSpA erreichte circa ein Drittel der Patienten mit Ixekizumab ein ASAS40-Ansprechen, das auch bis Woche 52 anhielt (Ixekizumab 30,2 % vs. Placebo 13,3 % in Woche 52, p<0,01) (Abb. 1, links). (4) In den Studien COAST-V und COAST-W profitierten Patienten mit r-axSpA eben-

COAST-X nr-axSpA Biologika-naiv

60 Anteil Patienten mit ASAS40-Ansprechen (%)

samkeit hinsichtlich der primären und sekundären Studienendpunkte nach 16 sowie nach 52 Wochen. (2-5)

COAST-V r-axSpA Biologika-naiv

COAST-W r-axSpA Nach TNFi-Versagen 53,1

48,1***

50 40

35,4**

35,6**

34,2

30,2**

30 20

so von einer Therapie mit Ixekizumab: Bei Biologika-naiven Patienten in der COAST-V-Studie erreichte nahezu jeder zweite Patient (48,1 %) mit Ixekizumab ein ASAS40-Ansprechen bereits in Woche 16 (vs. Placebo 18,4 %, p≤0,001). In Woche 52 erzielten sogar 53,1 % der Patienten ein ASAS40-Ansprechen. Im AdalimumabReferenzarm, der bis Woche 16 mitgeführt wurde, wiesen hingegen 35,6 % der Patienten ein ASAS40-Ansprechen auf (Abb. 1, mitte). In der COAST-W-Studie, in der Patienten mit r-axSpA mit bis zu zwei TNF-Inhibitoren vorbehandelt waren, erreichten 25,4 % unter Ixekizumab den primären Endpunkt in Woche 16 (vs. Placebo 12,5 %, p<0,05) und 34,2 % in Woche 52 (Abb. 1, rechts). (3, 5)

19,0

25,4* 18,4

13,3

12,5

10 0

16 Wochen

52 Wochen

80 mg Ixekizumab alle 4 Wochen

16 Wochen Placebo

52 Wochen

16 Wochen

52 Wochen

40 mg Adalimumab alle 2 Wochen#

Abb. 1: ASAS40-Ansprechen (primärer Endpunkt) des COAST-Studienprogramms. * p<0,05 vs. Placebo, ** p<0,01 vs. Placebo, *** p≤0,001 vs. Placebo. Intent-to-treat (ITT), Non-Responder Imputation (NRI). # Kein direkter Vergleich. Adalimumab war ein Referenzarm. Die Studie war nicht angelegt, um zwischen den Verumgruppen eine Äquivalenz oder eine Nicht-Unterlegenheit einer dieser beiden Gruppen gegenüber der anderen nachzuweisen. Dosierungen gemäß Zulassungen. (Mod. nach 2-5)


INDUSTRIE-BERICHT

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Ixekizumab: Deutliche Verbesserung der Krankheitsaktivität

In allen COAST-Studien verbesserten sich darüber hinaus neben den signifikant reduzierten objektiven Anzeichen einer Entzündung, wie CRP oder Sakroiliitis im MRT (anhand der SPARCCKriterien), auch die Patienten-relevanten Parameter Fatigue, Rückenschmerz und Morgensteifigkeit. (2-4)

Ixekizumab: Gute Verträglichkeit auch bei axSpA bestätigt Das COAST-Studienprogramm untermauerte weiterhin das bereits bekannte und gute Verträglichkeitsprofil von Ixekizumab. Zu diesem liegen nun Daten von mehr als 8.200 Patienten aus 21 Studien zur axSpA, Psoriasis-Arthritisb und Plaque-Psoriasisc vor. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Nasopharyngitis, Reaktionen an der Injektionsstelle sowie Infekte der oberen Atemwege, die

0,0

COAST-V r-axSpA Biologika-naiv

Ø Baseline: 7,0

Ø Baseline: 6,8

COAST-W r-axSpA Nach TNFi-Versagen

Ø Baseline: 6,7

Ø Baseline: 7,5

-0,5 Reduktion des BASDAI verglichen mit Baseline

Das Ausmaß der Krankheitsaktivität wurde u. a. mit Hilfe des BASDAI (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index)-Fragebogens bei Patienten aller COAST-Studien ermittelt. Bereits nach 16 Wochen gaben sowohl nr-axSpA- als auch r-axSpA-Patienten eine deutlich spürbare Reduktion ihrer Krankheitsaktivität an. Auch nach 52 Wochen zeigte sich die Krankheitsaktivität der Patienten unter guter Kontrolle (Abb. 2). (2-5)

COAST-X nr-axSpA Biologika-naiv

71

-1,0 -1,5 -2,0 -2,5

-2,1

-2,2

-3,0

-2,4 -2,9

-3,0 -3,3

-3,5 16 Wochen Ixekizumab

-2,4

16 Wochen Adalimumab

52 Wochen Ixekizumab

Abb. 2: Reduktion vom Ausgangswert: BASDAI nach 16- und 52-wöchiger IxekizumabBehandlung im COAST-Studienprogramm. Dosierungen gemäß Zulassungen. (Mod. nach 2-5) meist leicht bis mittelschwer waren und in der Regel nicht zu einem Absetzen der Behandlung führten. (6) Die Langzeitwirkung und -verträglichkeit von Ixekizumab bei Patienten mit nr-axSpA und r-axSpA mit unterschiedlicher Vorbehandlung werden in der Verlängerungsstudie COAST-Y über 104 Wochen weiter untersucht. COAST-Y wird voraussichtlich im März 2021 abgeschlossen sein und somit das umfassende Studienprogramm komplementieren.

Fazit für die Praxis Mit der Zulassung von Ixekizumab in der axSpA können nun auch hier Patienten von dem innovativen Wirkansatz der IL-17A-Inhibiton profitieren, der sich be-

reits seit einigen Jahren bewährt hat: in der Plaque-Psoriasis, wo sich gegenüber Guselkumabd eine Überlegenheit gezeigt hat, und in der Psoriasis-Arthritis, für die eine Überlegenheit gegenüber Adalimumabe gezeigt werden konnte. (7, 8) Auch die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie überzeugt der Wirkansatz der IL-17-Inhibition. So sind die IL17-Inhibitoren bereits in der S3-Leitlinie für die axSpA enthalten und werden neben den TNF-Inhibitoren gleichermaßen nach nicht-steroidalen Antirheumatika empfohlen. (9) m

Redaktion mit freundlicher Unterstützung der Lilly Deutschland GmbH

Erläuterungen a Kein direkter Vergleich. Adalimumab war ein Referenzarm. Die Studie war nicht angelegt, um zwischen den Verumgruppen eine Äquivalenz oder eine Nicht-Unterlegenheit einer dieser beiden Gruppen gegenüber der anderen nachzuweisen. | b Ixekizumab ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis zugelassen und kann als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) bei Patienten eingesetzt werden, die unzureichend auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARD) angesprochen oder diese nicht vertragen haben. | c Ixekizumab ist zugelassen für erwachsene Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, die für eine systemische Therapie in Frage kommen. | d IXORA-R: Überlegenheit von Ixekizumab vs. Guselkumab im primären Endpunkt (PASI 100 in Woche 12). | e SPIRIT-H2H: Überlegenheit im primären Endpunkt: Anteil Patienten mit gleichzeitigem Erreichen von ACR50 und PASI 100 in Woche 24.

PP-IX-DE-1615

Referenzen 1 Aktuelle Fachinformation Taltz® | 2 van der Heijde D et al., Lancet 2018; 392(10163): 2441–2451 | 3 Deodhar A et al., Arthritis Rheumatol 2019; 71(4): 599–611 | 4 Deodhar A et al., Lancet 2020; 395(10217): 53–64 | 5 Dougados M et al., Ann Rheum Dis 2020; 79(2): 176–185 | 6 Genovese MC et al., Rheumatology 2020; doi: 10.1093/rheumatology/keaa189 | 7 Blauvelt A et al., Br J Dermatol 2020; 182(6): 1348-1358 | 8 Mease PJ et al., Ann Rheum Dis 2020; 79(1): 123–131 | 9 Kiltz U et al., S3-Leitlinie Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen 2019; online publiziert unter https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/060-003l_ S3_Axiale-Spondyloarthritis-Morbus-Bechterew-Fruehformen-2019-10.pdf [Zugriff: Juni 2020]


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