Rheuma Management, Ausgabe Mai/Juni 2020

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Rheuma MANAGEMENT | Mai/Juni 2020

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RHEUMATOLOGIE TRIFFT ONKOLOGIE

EULAR-Leitfaden zu Diagnose und Management von irAEs unter Checkpoint-Inhibitoren publiziert Rheumatische, immun-assoziierte unerwünschte Ereignisse (irAEs), oft muskuloskelettale Manifestationen, die als Begleiterscheinung und oft Zeichen eines guten Ansprechens bei onkologischen Patienten unter einer Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) auftreten, spielen mit deren zunehmendem Einsatz eine immer größere Rolle in der rheumatologischen Praxis. Eine aus 19 Experten bestehende EULAR Task Force um Marie Kostine, Bordeaux (Frankreich), publizierte auf Basis eines systemischen Literaturreviews und Expertenmeinungen eine Richtlinie („points to consider“) zu deren Diagnostik und Behandlung.

Das Ergebnis der Literaturauswertung waren nach zwei Meetings und Abstimmungen 4 übergreifende Prinzipien und 10 „points to consider“. Die übergreifenden Prinzipien besagen: Rheumatische und muskuloskettale immun-assoziierte unerwünschte Ereignisse können als Manifestationen einer ICITherapie bei damit behandelten Krebspatienten auftreten. Das Management rheumatischer und muskuloskettaler irAEs sollte auf einer „shared decision“ von Patienten, Onkologen und Rheumatologen basieren. Rheumatologen sollten sich mit Onkologen in Verbindung setzen, um zur interdisziplinären Versorgung von Patienten mit muskuloskettalen Zeichen und Symptomen beizutragen. Die Rolle des Rheumatologen ist das Assistieren von Onkologen bei der Differenzialdiagnose und bei der Reduktion von rheumatischen und muskuloskettalen Symptomen auf ein akzeptables Niveau, welches die Fortführung einer effektiven ICI-Therapie erlaubt.

Points to consider im Überblick Rheumatologen sollten sich des weiten Spektrums klinischer Präsentationen rheumatischer und/oder systemischer irAEs, die oft nicht die traditionellen Klassifikationskriterien erfüllen, bewusst sein. Onkologen sollten bei V. a. rheumatische, muskuloskelettale oder systemische Zeichen und Symptome infolge der Immuntherapie dazu ermutigt werden, sofort einen Rheumatologen hinzuzuziehen, der dann einen erleichterten Zugang für diese Patienten gewähren sollte. Metastasen, paraneoplastische Syndrome und rheumatische Erkrankungen ohne Bezug sollten als potenzielle Differenzialdiagnosen von irAEs erachtet werden. Das umfassende Assessment sollte auf den Nachweis einer Entzündung der Zielorgane fokussieren, basierend auf Anamnese, klinischen Features, Labortests, Bildgebung und/oder Biopsien. Im Falle einer Ineffektivität symptomatischer Therapien und in Abhängigkeit von der Krankheitsschwere sollten lokale und/ oder systemische Glukokortikoide (GK) bei irAEs und systemischen Symptomen erwogen werden. Dosierungen und Administrationsrouten sollten gemäß klinischer Entität und Aktivität festgelegt werden. Nach erreichter Besserung sollten systemische GK auf die zur Symptomkontrolle erforderliche, geringst-

mögliche Dosis reduziert werden. Bei unzureichendem Ansprechen auf eine akzeptable GK-Dosis oder bei erforderlicher Steroideinsparung sollten csDMARDs erwogen werden. Bei Patienten mit schweren bzw. systemischen irAEs oder unzureichendem Ansprechen auf csDMARDs können bDMARDs erwogen werden, bei entzündlicher Arthritis präferenziell TNFαoder IL-6-Inhibitoren. Die Entscheidung für oder gegen das Fortsetzen der ICI-Therapie sollte basieren auf der Schwere der irAEs, dem Ausmaß der benötigten Immunsuppression, dem Tumoransprechen und dessen Dauer sowie dem künftigem onkologischen Behandlungsplan, in einer gemeinsamen Entscheidung mit dem Patienten. Bei Myositis, die schwerwiegend sein kann, muss ein Abbruch der ICI-Therapie diskutiert werden. Beim Auftreten lebensbedrohlicher Manifestationen (Bulbärsymtomatik: Dysphagie, Dysarthrie oder Dysphonie; sowie Dyspnoe und Myokarditis) sollten Hochdosis-GK, intravenöse Immunglobuline (IVIG) und/oder ein Plasmaaustausch erwogen werden, das Stoppen der ICI-Therapie ist dann immer erforderlich. Vorexistierende rheumatische oder systemische Erkrankungen schließen eine ICI-Therapie nicht aus. Immunsuppressiva sollten in der geringstmöglichen Dosis beibehalten werden (GK: <10 mg/Tag Prednisolon, falls möglich). Bei vielen Patienten kann es zu einem Flare der Grunderkrankung und/oder irAEs kommen, die den Einsatz von GK und/oder DMARDs erforderlich macht. Last but not least: Vor Beginn der ICI-Therapie gibt es keine Indikation dafür, jeden Patienten auf Autoantikörper zu testen. Im Falle unerklärlicher rheumatischer, muskuloskelettaler oder systemischer Symptome sollte eine vollständige rheumatologische Abklärung durchgeführt werden. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-217139


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