Rheuma Management, Ausgabe März/April 2022

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Rheuma MANAGEMENT | März/Apr 2022

AUTOINFLAMMATORISCHE TYP-1-INTERFERONOPATHIEN

Leitplanken für Diagnostik, Therapie und Management Bei der chronischen atypischen neutrophilen Dermatose mit Lipodystrophie und erhöhter Temperatur/dem Proteasom-assoziierten autoinflammatorischen Syndrom (CANDLE/PRAAS), STING-assoziierten Vaskulopathie mit Beginn im Säuglingsalter (SAVI) and dem Aicardi-Goutières-Syndrom (AGS) handelt es sich um sehr seltene autoinflammatorische Typ-1-Interferonopathien. Mit zunehmendem Wissen über genetische Ursachen und zielgerichtete Therapien formulierte eine gemeinsame und interdisziplinäre Task Force von EULAR und ACR um Raphaela Goldbach-Mansky, Bethesda (USA), „Points to Consider“ (PtCs) zur Verbesserung von Diagnose, Therapie und Langzeitmanagement dieser klinisch komplexen Erkrankungen.

Work-up (Genanalyse, klinische Evaluation mit Fokus auf Organbeteiligung, Screening auf krankheitsspezifische Komorbiditäten) erfolgen. Bei der Genanalyse sind folgende Mutationen zu beachten: Bei CANDLE/PRAAS PSMB8, PSMA3, PSMB4, PSMB9, PSMB10, POMP und PSMG2, bei SAVI STING1 und bei AGS TREX1, RNASEH2A, RNASEH2B, RNASEH2C, SAMHD1, ADAR1, IFIH1, LSM11 und RNU7-1. Auch auf die in der Publikationen im Detail aufgeführten genetische Mimics ist zu achten. Patienten mit klinischen Symptomen von CANDLE/PRAAS, SAVI oder AGS, bei denen keine Mutationen nachweisbar sind, sollten an spezialisierte Zentren überwiesen werden.

Die Rheumatologen, Neurologen, Immunologen und Genetiker umfassende Task Force generierte basierend auf einem systematischen Literaturreview und einer Delphi-gestützten Konsensbildung vier übergreifende Prinzipien („overarching principles“) und 17 spezifische PtCs für Diagnostik, Therapie und Verlaufsbeobachtung von Patienten mit CANDLE/PRAAS, SAVI und AGS – dem gegenwärtigen State-of-the-Art entsprechend. In den Grundsätzen wird festgehalten, dass unbehandelt durch die chronische Entzündung die Gefahr progressiver Organschädigungen, frühe Morbidität und erhöhte Mortalität besteht, dass die Diagnose stets genetisch bestätigt werden muss, um zielgerichtete Therapien, genetische Beratung, Screening für Komplikationen und prognostische Aussagen zu ermöglichen, dass das Ziel der Behandlung die Reduktion der systemischen und Organentzündung ist, um die Entwicklung oder Progression von Organschäden zu verhindern bzw. limitieren, und dass ein langfristiges Monitoring der Krankheitsaktivität, Organschädigungen und therapieassoziierter Komplikationen erforderlich ist und ein multidisziplinäres Team involvieren sollte.

Diagnostische Evaluation Bei Patienten mit unklarer systemischer Entzündung (u. a. erhöhtes CRP, ESR und/oder IFN-Gensignatur) und klinischen Merkmalen wie Hautausschlägen, Lipodystrophie und bestimmten muskuloskelettalen, neurologischen, pulmonalen und metabolischen Befunden sollte ein sofortiges diagnostisches

Bei Verdacht auf CANDLE/PRAAS, SAVI oder AGS sollte klinisch ein Screening auf bestimmte Haut- (knotige/heftige ringförmige Ausschläge, Pannikulitis, Lipodystrophie oder vaskulopathische Hautläsionen), neurologische (intrazerebrale Kalzifikationen, Leukoenzephalopathie, progressive Mikrozephalie oder zerebrale Atrophie), pulmonale (interstitielle Lungenerkrankungen, pulmonale Hypertonie), hepatische (hepatische Steatose, Hepatitis, Hepatosplenomegalie), metabolische (Hypertonie, Hyperlipidämie, Glukoseintoleranz), muskuloskelettale (Arthritis, Kontrakturen und Myositis), hämatologische (Zytopenien), opthalmologische (Episkleritis, Keratitis, Retinopathie, Glaukom) und kardiale Manifestationen (Kardiomyopathie) sowie Wachstumsstörungen (Wachstumsretardierung, Osteoporose, verzögerte Knochenentwicklung und Pubertät) erfolgen. Bei Verdacht auf neurologische Symptome wird eine neurologische Bildgebung mittels MRT (ideal für den Nachweis von Veränderungen der weißen oder grauen Hirnsubstanz) oder auch CT (größere Sensitivität für Nachweis zerebraler Kalzifikationen) empfohlen. Bei entsprechendem Verdacht können Gewebeproben (Hautbiopsie, Liquor) die Diagnose unterstützen. Alle Patienten sollten auf Immundefizienz untersucht werden (einschließlich mindestens der Erfassung von Infektionen in Anamnese, Lymphozyten-Subsets und Immunglobulin-Spiegel).

Therapie und Verlaufsbeobachtung Ziel der Therapie ist stets das Erreichen einer Krankheitskontrolle oder nur niedrigen Krankheitsaktivität zur Vermeidung


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