KOLUMNE
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FR AGENDE ZEICHEN
VON EGL E A
Schon wenn ich vorfuhr, sah ich es durch die klar verglaste Haustür und durch die klar verglaste Tür zum Esszimmer meiner Eltern: Da sassen Leute um den Tisch, die ich nicht kannte. «Die haben in der Jugendherberge keinen Platz mehr bekommen», hiess es dann. Oder: «Wir konnten sie mit ihren Geigenkästen nicht im Platzregen an der Strasse stehen lassen.» Offen, dieses Wort, das in fast allen Sprachen der westlichen Welt mit einem offenen Vokal beginnt, hat einen magischen Klang bekommen während der Pandemie, als eines allgegenwärtig war: Zugang verboten. Dahinter hören wir das Ausrufezeichen, doch auch ohne ein Verbot davor versperrt das Ausrufezeichen meistens den Weg. Wer einen Text liest, in dem sich die Ausrufezeichen häufen, sogar Lattenzäune bilden, findet schwer Zugang zu ihm. Das Fragezeichen hingegen öffnet. Und dieses Programm des Sinfonieorchesters Basel ist voll der fragenden Zeichen. Dialog mit Mozart, hat Péter Eötvös ein Werk genannt, das auf seiner Auseinandersetzung mit Mozarts Fragmenten gründet, und damit auf der umfangreichsten Bruchstück-Sammlung dieser Art: Mozart ist der grösste FragmentKomponist aller Zeiten. Seinen etwas über 600 vollendeten Werken stehen mehr als 160 Fragmente gegenüber, wobei das Requiem nicht darunter verbucht ist. Wie
viele Fragmente im Papierkorb gelandet sind, wissen wir nicht. Wie viele vermeintlich komplette Werke sich noch, wie bereits geschehen, angesichts wieder aufgefundener Originale als postum angestückte Fragmente enthüllen, wissen wir genauso wenig. Das Fragment selbst stellt bereits eine Frage: Wie wäre es weitergegangen? Hinter ihm steht eine andere: Warum blieb das Werk Fragment? Die beliebteste Antwort macht das Geld dafür verantwortlich. Mozart hatte sogar Opern ins Hoffnungsblaue komponiert, dann kam ein golden glänzender Auftrag. Die zweite Antwort gibt uns im Fall Mozart die Tatsache, dass er leidenschaftlicher Gelegenheitskomponist war. War die Gelegenheit vorbei, schwand mit ihr auch seine Lust, das Werk fertigzustellen. Die dritte Antwort wagen wir nicht auszusprechen, Ulrich Konrad jedoch, der als Erster Mozarts Schaffensweise bis in die hintersten Winkel der Fragmente durchleuchtete, lieferte dafür den Indizienbeweis: Mozart hat sich auch mal verkomponiert. Das konnte geschehen, weil Mozart keineswegs der harmoniebeseelte Vollender war, dazu schminken ihn nur manche Interpreten. Er war ein Aufbrecher, ein Dissonanzenjäger, ein Experimentierlüsterner, offen für alles Neue. Das Ausrufezeichen soll Gewissheit signalisieren, das Fragezeichen kündet von