StaderBrise Dezember 2020 / Januar / Februar 2021

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IM GESPRÄCH

Vom Virus infiziert:

Die Kunst und die Kultur „Wir sind viel mehr als Unterhaltung“, sagen Silvia Stolz, Geschäftsführerin und Intendantin des STADEUM, Dr. Sebastian Möllers als Leiter der Museen in Stade und Dr. Andreas Schäfer, Chef der STADE Marketing und Tourismus GmbH sowie als Stabstelle Kultur bei der Hansestadt Stade als Reaktion einstimmig auf die jüngst verordneten Corona-Maßnahmen. In der Verordnung heißt es, dass „Freizeiteinrichtungen“ wie Kinos, Theater und Opernhäuser ihren Betrieb einstellen sollten. Museen waren zunächst nicht ex-

plizit erwähnt worden, wurden dann aber nachträglich mit in die Liste aufgenommen. Hat man sie vergessen? Lässt sich hieraus die Wertschätzung von Kultureinrichtungen ablesen? Stader Brise Redakteurin Julia Balzer im Gespräch mit den Kulturverantwortlichen in der Hansestadt Stade…

Welche Bedeutung haben kulturelle Veranstaltungen und Einrichtungen eigentlich für die Gesellschaft? Was fehlt den Menschen, wenn Kunst und Kultur nicht stattfinden?

Die drei kulturellen Vertreter der Stadt Stade sind sich einig, dass der Wegfall des kulturellen Angebots während des „Light-Lockdowns“ nicht förderlich für das Gefühl ist, zu einer Gemeinschaft zu gehören. Gemeinschaftliche Erlebnisse, ein Begegnungsort für den Austausch untereinander und die Möglichkeit der kulturellen Bildung entfallen. „Menschen brauchen Bezugspunkte, die die Kultur bietet“, sagt Dr. Sebastian Möllers und Silvia Stolz fügt an, „dass Menschen den Sinn nicht nur in Gottesdiensten finden, sondern auch in der Kultur“. Umso bedauerlicher sei die Schließung aller Kulturstätten, zumal nicht nur Hygieneanforderungen sorgfältig umgesetzt wurden, sondern diese Stätten auch aufgrund ihrer Größe die Möglichkeit bieten, Abstandsregeln einzuhalten. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und unsere Gäste haben sich sicher gefühlt“, hört man die Enttäuschung heraus. „Im Sommer waren insbesondere ältere Menschen froh, wieder zu uns kommen zu dürfen. Sie empfanden kein Risiko dabei, sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten, da Distanz und Sicherheit gegeben waren. Die Einsamkeit des Corona-Frühjahrs war endlich vorbei“, erzählt Dr. Sebastian Möllers von den Reaktionen seiner Besucher.

Welche Folgen könnte das Herunterfahren kultureller Veranstaltungen haben? Für die Menschen? Für die Hansestadt Stade?

Dauerausstellung zur Hansezeit im Schwedenspeicher

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STADERBRISE

F R E I Z E I T · K U LT U R · E N E R G I E · U M W E L T

Silvia Stolz verweist auf die nicht messbaren Werte der Kultur: „Unsere Aufgabe ist der Erhalt des kulturellen Erbes, das unsere gesellschaftliche Identität stärkt. Die Kunstform „Theater“ bringt kulturelle Bildung in alle Gesellschafts- und Altersschichten; es vermittelt Werte und Wissen sowie den Anreiz, eine Haltung einzunehmen. Es bringt uns als

Gesellschaft weiter und es fördert Integration. Es ist weit mehr als Unterhaltung!“ Für Dr. Andreas Schäfer birgt Kultur darüber hinaus auch ein wirtschaftliches Potential: „Kultur kostet, aber Kultur rechnet sich auch. Jeder Tagestourist in Stade gibt im Durchschnitt 20 Euro pro Tag aus; jeder Kulturtourist sogar mehr als 50 Euro. Profiteure sind insbesondere das Gastgewerbe und der Einzelhandel, jährlich besuchen mehr als 3 Millionen Besucher Stade. Fallen diese Touristen weg, weil das Angebot fehlt, wird weniger Geld in der Stadt ausgegeben und in die Stadtkasse gespült.“ Insbesondere das Kunsthaus und der Schwedenspeicher ziehen jedes Jahr zahlreiche Touristen in die Stadt, die nur wegen der Ausstellungen hierherkommen. Sie machen einen Großteil der Museumsbesucher aus, die den Besuch in der Hansestadt mit Übernachtung, Restaurantbesuch und/oder einen Einkaufsbum-


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