WISSENSCHAF T
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DIMENSIONS 2 2021 | WISSENSCHAFT
Fallpräsentation:
Surgically Facilitated Orthodontics Ziel jeder kieferorthopädischen Behandlung ist das Erreichen eines kaufunktionellen Opti mums. Kiefergelenke, Kaumuskulatur, Okklusion und Parodont bilden zusammen eine Einheit und sollten in einem Gleichgewicht stehen. Gleichzeitig ist gewünscht, dass mit der Be handlung eine optimale Aesthetik erreicht wird. Letztendlich muss aber die Behandlung in einem langfristig stabilen Resultat enden.
Dr. med. dent. Barbara Jaeger Fachzahnärztin für Kieferorthopädie Zürich
Abb. 1
Bei kieferorthopädischen Behandlungen von Er wachsenen begegnen wir immer wieder biolo gischen Grenzen, die eine Behandlung erschwe ren oder sogar als unmöglich erscheinen lassen. Das Alveolarfach beherbergt die Zahnwurzel und gibt v.a. in der UK-Front eine klare Begren zung. Aus anatomischen Gründen kann der Alveolarfortsatz unterschiedlich geformt sein. Insbesondere schmale Kieferknochenspangen mit dünner bukkaler Knochenbedeckung und dünner gingivaler Schleimhautbedeckung schränken die Möglichkeiten der Zahnbewegung ein. Nicht selten stellen sich erwachsene Patient*innen bereits mit einzelnen oder gene ralisierten Rezessionen vor. Werden solchen anatomischen und strukturellen Begebenheiten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, kann eine KO-Behandlung weitere Rezessionen provozie ren – das Behandlungsresultat endet dann in einer biologisch schlechteren Situation. Wie ist es möglich, einen Behandlungswunsch bei einer parodontal komplexen Ausgangslage zu erfüllen, ohne das Parodont (weiter) zu kom promittieren? Diese Frage hat mich immer mehr interessiert. Schon vor vielen Jahren wurde von den Gebrü der Wilcko (ein Parodontologe und ein Kiefer
orthopäde) ein Verfahren zur Beschleunigung der Zahnbewegung entwickelt, dieses wurde in der Folge «Wilcko-Dontics» genannt. Diese Me thode ist sehr invasiv. Es werden grosszügige Lappen bukkal und oral bis apikal der Zahn wurzeln präpariert und der Alveolarfortsatz mit Rosenbohrern perforiert. Der Knochen wird mit BioOss überdeckt, der Lappen adaptiert und zugenäht. Nicht selten kommt es bei dieser Methode zu postoperativen Blutungen, Häma tomen, Sensibilitätsstörungen oder sogar Nek rosen. Vor einigen Jahren habe ich an einem KO-ParoKongress in Amerika erstmals von der «Piezoci sion» gehört und war total fasziniert. Es liess mir in der Folge keine Ruhe, bis ich zusammen mit meinem parodontal und prothetisch tätigen Kol legen Dr. Michael Kyburz diese Technik in Boston genauer kennenlernen konnte. Mittlerweile haben wir ausgiebig eigene Erfah rungen gesammelt und die Methode für uns weiterentwickelt. Ausgangslage (Abb. 1-5) Diese knapp 40-jährige Patientin hat einen deutlichen Engstand in beiden Kiefern (OK -5mm, UK -6mm) mit vielen Rotationen; die
Abb. 2
Abb. 3