Level Playing Field im internationalen Wettbewerb – Handlungsfähigkeit der EU erhöhen
Teilinstruments vor: Für Unternehmen aus Staaten, die weder das WTO Agreement on Government Procurement noch Freihandelsabkommen mit der EU, die Regelungen über die öffentliche Auftragsvergabe enthalten, unterzeichnet haben, sollte im Falle der Beteiligung an öffentlichen Auftragsvergaben in der EU vermutet werden, dass sie wettbewerbsverzerrende Drittstaatssubventionen erhalten.
Anti-Coercion Instrument Im September 2020 übermittelte die Präsidentin der Europäischen Kommission an den Präsidenten des Europäischen Parlamentes und an die deutsche Ratspräsidentschaft eine Absichtserklärung, in der sie die Arbeitsplanung der Kommission für 2021 skizzierte. Im Zusammenhang mit einer neu gestärkten Wirtschaft wurde hierin ein „Instrument to deter and counteract coercive actions by third countries“ genannt.6 Die Konsultationsphase für ein Anti-Coercion Instrument (ACI) läuft und endet am 15. Juni 2021. Extraterritoriale Sanktionen, aber auch Maßnahmen gegen europäische Unternehmen im Ausland oder zollpraktische Hemmnisse gegen Importe aus der EU, sind heute mehr und mehr wirtschaftliche Symptome in Folge der wirtschaftlichen Austragung geopolitischer Auseinandersetzungen. Die deutsche Industrie begrüßt das Vorhaben, diesem Trend durch die Schaffung eines reaktiven Instruments zur Abschreckung und Erwiderung geoökonomischer Maßnahmen entgegenzuwirken. Geoökonomie wird dabei verstanden als die Verfolgung geopolitischer Ziele mit wirtschaftlichen Mitteln. 7 Status quo Diese Verschränkung von politischen mit wirtschaftlichen Beziehungen ist zwar nicht neu, jedoch häufen sich die Vorkommnisse. Noch vor wenigen Jahren wurde selbstverständlich vorausgesetzt, dass sich die wirtschaftlichen Interessen der EU-Mitgliedsstaaten und deren außenpolitische Ziele klar voneinander trennen lassen. Dementsprechend sind bislang die Möglichkeiten der Europäischen Union, Wirtschaftszwang abzuschrecken und mit eigenen Maßnahmen zu erwidern, sehr begrenzt. Bislang existiert lediglich eine Anti-Boykott-Verordnung, auch bekannt als Blockadestatut, als Verfahren, um die extraterritoriale Einflussnahme von Drittstaaten auf europäische Unternehmen abzuwehren. Die Verordnung (EG) 2271/96 wurde erlassen als Reaktion auf den 1996 Cuban Liberty and Democratic Solidarity Act (Helms-Burton). Unter Abschnitt III ermöglicht dieses US-Gesetz Bürgern mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft, ausländische Firmen vor US-Gerichten wegen der Nutzung nach der Revolution enteigneten Eigentums zu verklagen. Helms-Burton sieht folglich keine Sanktionsschritte im eigentlichen Sinne vor. Durch das Blockadestatut wollte die EU sicherstellen, dass derartige Gerichtsurteile aus Drittstaaten in Europa weder anerkannt noch vollstreckt werden. 8 Es war
Ursula von der Leyen, Maroš Šefčovič, State of the Union – Letter of Intent to President David Maria Sassoli and to Chancellor Merkel, 16 September 2020, <https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/state_of_the_union_2020_letter_of_intent_en.pdf> (eingesehen am 2.12.2020). 7 Geopolitik und Geoökonomie werden zunehmend als Begriffe verwendet. Oft fehlt eine analytische Trennung der Konzepte, die verständlich beschreibt, in welchem Verhältnis die Konzepte zueinanderstehen. Ohne diese Trennung bleibt jedoch unklar, wie die Verschränkung von internationaler Politik und globaler Wirtschaft negative Externalität für die Wirtschaftsbeteiligten schafft. Eine gängige Definition von Geoökonomie, die klar von Geopolitik unterscheidbar ist, stammt von Robert D. Blackwill, Jenniver M. Harris, „War by Other Means, Geoeconomics and Statecraft“, Cambridge, London: The Belknap Press of Havard University Press, S. 20: „The use of economic instruments to promote and defend national interests, and to produce beneficial geopolitical results; and the effects of other nations’ economic actions on a country’s geopolitical goals.” 8 Um ihrer Ablehnung extraterritorialer Gesetze Nachdruck zu verleihen, formulierten die europäischen Gesetzgeber auch die Möglichkeit eines Clawbacks unter Artikel 6 der EU-Anti-Boykott-Verordnung. Dieser Artikel ermöglicht es betroffenen 6
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