TRAINING
Die Bedeutung der integralen Körperkarte Körperlich-geistige Zusammenhänge systematisch erkennen Gesundheit und Fitness entfalteten sich im optimalen Zusammenspiel von Muskeln, Bindegewebe, Knochen, Wirbel, Organe und Drüsen, aber auch Emotionen, Gefühlen und Gedanken. Diese verschiedenen Aspekte beeinflussen sich gegenseitig und arbeiten in Integration, anstatt Isolation. Tim Böttner stellt ein integrales Modell vor, um die komplexen Zusammenhänge systematisch zu erkennen und zu nutzen.
SPEZIALISTENTUM Unser Wissen über Körper, Geist und Gesundheit hat sich exponentiell weiterentwickelt. Daher ist es inzwi-
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TIM BÖTTNER Tim Böttner ist ganzheitlicher Gesundheits- und Fitnesscoach und Personal Trainer. Er teilt sein Wissen im Podcast „Think Flow Grow Cast mit Tim Böttner“, 1:1 Coaching, Workshops und Online-Kursen. www.thinkflowgrow.com
schen unmöglich für eine Person, in allen Bereichen ein Experte zu sein. Es hat sich ein Wandel zu einem Spezialistentum vollzogen. In der Konsequenz werden unsere Körpersysteme häufig isoliert betrachtet und das Bewusstsein über Zusammenhänge geht verloren. Eine integrale Sichtweise ist nichts neues, sondern etwas uraltes. Verschiedenen Gesundheitslehren aus der ganzen Welt betrachten Körper und Geist selbstverständlich als Einheit. Die Traditionelle Chinesische Medizin beispielsweise hat sich seit mehr als 2.000 Jahren entwickelt.
Hier ist eine Grundannahme, dass sich Emotionen körperlich manifestieren, wie beispielsweise die Wut in der Leber. Seit etwa 500 vor Chr. entwickelte sich des Ayurveda in Indien, das Gesundheit ebenfalls als eine Einheit von Körper, Sinnen, Verstand und Seele begreift. Weitere Beispiele finden wir im Tsalagi-System der nordamerikanischen Cherokee-Indianer oder dem Energiemodell der Inka. Aus Sicht der westlichen Wissenschaft diese Gesundheitslehren oft als esoterisch bzw. pseudowissenschaftlich abgestempelt. In den letzten Jahren sehen wir aber immer mehr wissenschaftliche Belege dafür, dass diese Traditionen oft doch richtig liegen.
BEISPIEL RUMPF Aus eigener Erfahrung wissen viele Trainierende, dass die Rumpfstabilität bei einem entzündeten Darm beeinträchtigt sein kann. Wir spüren damit direkt einen Zusammenhang zwischen einem Organ und Muskeln. Mittlerweile weiß man, dass Organe direkte Wechselwirkungen mit Muskeln haben. Jeder Muskel steht über Nervenbahnen mit einem bestimmten Organ in Verbindung. Ist die Funktion dieses Organs gestört, reagiert der verbundene Muskel mit
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Foto: Tim Böttner
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chmerzen und Dysfunktionen sind komplex. Wenn ein Klient oder wir beispielsweise Schmerzen im unteren Rücken hat, dann kann dieses vielfältige Ursachen haben. Nach der „Da-wo-es-wehtut“-Methode liegt die Ursache in den knöchernen, bindegewebigen oder muskulären Strukturen des Rumpfes. Einen Schritt weitergedacht, können die Ursachen aber auch in anderen Strukturen des Körpers liegen wie einer dysfunktionalen Beinachse oder mangelnder Hüftbeweglichkeit. Es kann aber auch sein, dass die Lösung nicht in diesen biomechanischen Aspekten zu finden ist, sondern in der organischen und emotional-mentalen Ebene. Jedem Körperbereich können Organe sowie emotional-mentale Aspekte zugeordnet werden. Dies ist eine ganzheitliche Sichtweise auf den Körper im Einklang mit dem Geist. Ganzheitlich setze ich hier mit „integral“ gleich, was bedeutet, dass isolierte Teile des Körpers in der Realität in ihren Funktionen zusammenarbeiten und sich gegenseitig beeinflussen.