Es ist, als ob jemand den Alltag von Millionen Menschen auf Standby gesetzt hätte: Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Ausgabe des „Brixner“ steht auch in Brixen aufgrund des Coronavirus alles still. Wie lange diese Situation andauern wird, hängt vom Verhalten jedes Einzelnen ab.
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as ist der Krieg unserer Generation“, sagt ein Bekannter, den ich auf dem Weg von der Redaktion nach Hause antreffe. Vor 80 Jahren kämpften unsere Großväter gegen Bomben, wir kämpfen gegen ein Virus. Der Bekannte und ich halten natürlich einen Sicherheitsabstand ein. Dass lauter Straßenverkehr unsere Kommunikation stören könnte, ist sowieso unmöglich, denn an diesem Abend, 19 Uhr, gibt es in der Battististraße praktisch keinen Verkehr. Dort, wo an dieser Tageszeit normalerweise die Autos fast Stoßstange an Stoßstange stehen, herrscht heute gähnende Leere. Sogar auf der Brennerstraße beim BrixmediaKreisverkehr gibt es nur einzelne Autos. Motorenlärm war gestern, heute ist … Hörsturz. So fühlt sich die unheimliche Stille, die über Brixen liegt, jedenfalls an. Es ist wie ein verheerender Kometeneinschlag, der das Leben von Millionen Menschen von einem Moment auf den anderen verändert. Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 ist ein hintertückisches Virus, das die Covid-19-Pandemie ausgelöst hat. Das Virus wird über Tröpfchen von Mensch zu Mensch übertragen; dessen Verbreitung bekommt man – solange es dagegen keine Impfung gibt – nur dann in den Griff, wenn zwischenmenschliche Kontakte auf Null gefahren werden. Dass weltweit alle Menschen einen Sicherheitsabstand voneinander einhalten – das stellt man sich einfach vor, ist es aber nicht. Es ist aber der einzige Weg, denn ein Infizierter merkt für viele Tage überhaupt nicht, dass er Träger ist und das Virus weitergibt. Alexander Kekulé, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Halle-Wittenberg, hat kürzlich in der Anne-WillShow in der ARD, in der man noch
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die Sinnhaftigkeit der Schließung von Schulen diskutierte, eine dramatische Kalkulation präsentiert: „Ein an Corona erkranktes Kind, das acht Wochen nicht erkannt wird, steckt statistisch rund 3.000 Menschen an. Davon müssen 200 bis 300 auf die Intensivstation, und etwa 15 sterben.“ Bei den Erwachsenen ist es genauso: Ein Träger, der im Pub mitten in einer Menschenmenge steht und sich durch den dort vorherrschenden Lärm lautstark unterhält, ist eine wahre Viren-
von Ländern, die 2002 von der SARS-Epidemie verschont geblieben sind, können sich überhaupt nicht vorstellen, wie gefährlich eine Pandemie ist. Also müssen die Regierungen ihre Bürger zu ihrem Glück zwingen.
Mutige Entscheidungen. Das
erreicht ein Staat nur durch sehr mutige Entscheidungen: Er muss alle Universitäten, Schulen und Kindergärten sperren und alle Geschäfte schließen, die nicht für die Grundversorgung der Menschen
Dimension ist einzigartig in der Geschichte der Menschheit. Es hat eine Weile gedauert, bis alle von uns verstanden haben, worum es eigentlich geht und dass alle Maßnahmen Makulatur sind, wenn wir die Ausgangssperre missachten. Anstatt im gesperrten Pub zu feiern, haben viele in den ersten Tagen zuhause noch eine Party veranstaltet. Maßnahmen wie die vorhin genannten waren vor zwei Wochen noch undenkbar – heute sind sie Realität. Brixen steht still.
Auch beim Weißen Kreuz hat Sicherheit die höchste Priorität schleuder – ein „Super Spreader“. Ein infizierter, aber vollkommen symptomfreier Büronachbar, mit dem man den ganzen Tag beieinandersitzt, ist ebenfalls eine große Gefahrenquelle. Jemandem die Hand reichen, der infiziert ist, und sich danach an die Nase fassen – auch das reicht oft schon aus. Das Problem ist: Die Bürger
notwendig sind. Menschenansammlungen jeglicher Art sind sowieso tabu, weil sich dort dieses Virus natürlich am schnellsten verbreiten kann. Das heißt, dass alle Veranstaltungen abgesagt werden müssen, alle Restaurants, Bars und Pubs müssen zusperren. Die Leute müssen zuhause bleiben – eine Ausgangssperre in dieser
Südtirol steht still. Italien steht still. Österreich steht still. Deutschland steht still. Spanien steht still. Frankreich steht still. Belgien steht still. Alles zu. Als ob jemand auf die Pause-Taste des alltäglichen Lebens gedrückt hätte. Italien hat allerdings – wie alle anderen Länder – einige Tage zu spät reagiert. Und bei diesem
Foto: Oskar Zingerle
Alles wird gut
Foto: Pablo Acero
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CORONAVIRUS LEGT DIE WELT LAHM