"Bündnerwald" Februar 2021- Der Ahorn

Page 44

Überlebensstrategie durch vegetative Verjüngung an der Waldgrenze Fichte ist nicht gleich Fichte. Die Baumart besticht durch eine überdurchschnittliche genetische innerartliche Vielfalt. Dies widerspiegelt sich nicht nur in ihrem äusseren Erscheinungsbild, sondern auch in ihren Fähigkeiten, sich auf allen erdenklichen Standorten in den unter­schiedlichsten Höhenstufen zu behaupten. Jürg Hassler

Eine dendrologische Betrachtung am Beispiel der Fichte (Picea abies) und einen Beitrag zur Gebirgswaldökologie. Nicht nur die sehr unterschiedlichen Baumformen sind es, die diese Art hervorbringt und die uns immer aufs Neue staunen lassen. Die Fichte hat ebenso die Fähigkeiten, sich an die verschiedenen Standortfaktoren anzupassen und sich mit ihren genetischen Fähigkeiten Lebensräume zu erschliessen, die anderen Baumarten vorbehalten bleiben. Sie ist Meisterin darin, sich bis auf Grenzstandorte vorzuwagen und sich dort auch zu halten. Hier allerdings mit begrenztem Wachstum, was heisst, dass sie auf diesen Standorten sehr alt werden kann. Ein solcher Grenzstandort ist auch die Baumgrenze am Übergang zur alpinen Zone des Hochgebirges. Naturgemäss sind die Lebensbedingungen für Pflanzen unter und an der oberen Baumgrenze besonders anspruchsvoll. Vor allem die Vermehrung und Verbreitung der Baumpopulation stellt unter den zum Teil widrigen Standortfaktoren besondere Anforderungen an die Bäume. So geschieht in dieser Höhenlage die Ausbreitung der Fichte nicht nur über die Samen, sondern auch vegetativ über die Äste. Verjüngungsökologie der Fichte auf subalpinen Standorten Der subalpine Fichtenwald zeichnet sich durch eine überaus reiche Strukturvielfalt aus. Neben geschlossenen bis lockeren Beständen sind in dieser Höhenlage natürlicherweise auch Rotten vorhanden. Diese Wald- oder Bestandesform ist beson-

44

Abb. 1: Fichtensamen werden in Massen in Vertiefungen in der Schneedecke geweht, was an geeigneten Orten zu Rottenbildung führen kann.

(alle Bilder: J. Hassler)

ders an die Standortfaktoren im Gebirge angepasst. Durch ihren Aufbau sind sie widerstandsfähig gegen diverse biotische und abiotische Faktoren und stellen sicher, dass der gesamte Waldgürtel in dieser Zone in sich stabil bleibt. Fichtenrotten haben eine von unten bis oben durchgehend grüne Krone und setzen sich aus mehreren Baumindividuen zusammen. Diese einzelnen Bäume, die in


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.