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ÖKOLOGIE
WAS PILZE KÖNNEN Foto: Michael Pyper
Pilze sind ein wesentliches Element fast aller Landlebensräume. Welches Potenzial sie auch für uns Menschen bieten, zeigt das Beispiel der unscheinbaren Puppen-Kernkeule. Steinpilze: Unser Autor bei einer Exkursion mit der BUND-Kinder gruppe im hessischen Wehrheim
P
ilze sind geniale Netzwerker und evolutionär beispiellos erfolgreich. Was sie nicht können, überlassen sie anderen Organismen. In Ermangelung von Blattgrün ist ihnen die Photosynthese verwehrt. Darum holen sie sich den als Baustein benötigten Zucker von toten oder lebendigen Pflanzen und Tieren. Nur in wenigen Fällen geschieht das auf räuberische Weise. Zumeist versorgen sie als Gegenleistung über ihre endlosen Hyphen die Wurzeln der Pflanzen mit Mineralstoffen. Das fantastische Netzwerk der Pilze treibt den natürlichen Stoffwechsel an.
HEILSAM
Foto: Andreas Kunze
Pilze gedeihen überall auf der Welt, sie trotzen sibirischer Kälte und sengender Sonne. Sie versorgen die Menschen schon seit Jahrtausenden mit Nahrung, Medizin und Werkstoffen. Schon »Ötzi«,
alpine Gletschermumie und bestunter suchter Leichnam der Welt, nutzte vor über 5000 Jahren den Birkenporling als Mittel gegen Magen- und Darmstörungen. In Asien und hier vor allem in China gelten Pilze traditionell als bewährte Medizin. Heilpilze werden meist in Zuchtanlagen gewonnen. In freier Natur wächst auch bei uns die Puppen-Kernkeule. Die Sporen dieser Art werden von Insektenraupen mit dem Futter aufgenommen. Weil sie einen Stoff aus senden, der der Raupe Ungefährlichkeit vorgaukelt, werden sie nicht abgestoßen. Während sich die Raupe arglos verpuppt, wird sie durch das wachsende Myzel von innen aufgefressen. Irgendwann bricht der keulenförmige Fruchtkörper durch und bildet neue Sporen. Diese Kernkeule enthält laut der tradi tionellen Medizin Wirkstoffe gegen fast alle menschlichen Gebrechen. Richtig
Die Puppen-Kernkeule, Pilz des Jahres 2007, parasitiert auf Puppen von Schmetterlingen.
spannend wurde es, als westliche Schul mediziner den Stoff, mit dem der Pilz das Immunsystem der Raupe überlistet, als Cyclosporin analysierten. Mit ihm unter drücken sie seitdem auch die Immunabwehr organ-transplantierter Menschen. Wer also nach dem Verzehr hochgiftiger Knollenblätterpilze eine neue Leber als Ersatz bekommt, hat dank diesem Pilz eine erhöhte Überlebenschance. Mutter Natur serviert uns eine Apotheke, deren Nutzen erst zum kleinen Teil erforscht ist.
VIELSEITIG Pilze sind Alleskönner. Sie reinigen die von uns verschmutzte Welt. Bestimmte Pilze sammeln und binden gefährliche Schadstoffe in der Erde. Das segensreiche Wirken der Pilze im Untergrund wird offen kundiger, je deutlicher der Mensch das Klima verändert und den über Millionen Jahre austarierten Kohlenstoffhaushalt stört. Über ihr unvorstellbar großes Netz werk speichern die Pilze Milliarden von Tonnen Kohlenstoff. Von Pilzen produzierten Werkstoffen wird eine große Zukunft vorausgesagt, unter anderem als Ersatz für tierisches Leder. Wirklich neu ist nun gerade diese Nutzung nicht. Seit Jahrhunderten wird das Fruchtfleisch des Zunderschwamms in Südosteuropa für die Herstellung von strapazierfähigen Taschen, Westen und Hüten verwendet. Peter Gwiasda