Gute Aussichten#3 - April 2021

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3 // April 2021

Gute Aussichten

Magazin für Ein- und Ausblicke



Gute Aussichten Magazin für Ein- und Ausblicke

3 // April 2021


„There’s a crack in everything, that’s how the light gets in.“ Leonard Cohen


Gute Aussichten. Jetzt. In der letzten Ausgabe hat uns das Thema Unsicherheit und der Umgang mit herausfordernden Zeiten sehr beschäftigt. Wer hätte gedacht, dass auch ein halbes Jahr später die Zeichen gefühlt nur bedingt anders stehen? Wir glauben, dass es genau jetzt gute Aussichten braucht. Wir wollen ermutigen und einladen Perspektiven zu entwickeln, beobachten, was sich rundherum tut und welche Kräfte sich für eine positive Entwicklung unserer Gesellschaft einsetzen. Wir wollen Koalitionen schmieden und über Anliegen informieren. Das tun wir schon und werden es auch weiterhin tun. Denn eines ist sicher, viele der Auswirkungen der derzeitigen Pandemiephase werden sich erst in den kommenden Jahren zeigen. Im Bereich des freiwilligen Engagements beispielsweise stehen wir vor einer Wende, vieles ist im Umbruch. Dabei auf die vielfältigen Herausforderungen zu reagieren und freiwillig Engagierte gut zu unterstützen, ist Kern unserer Arbeit. Mit der Ausarbeitung einer neuen, umfassenden Engagement-Strategie verbinden wir hier viele Aktivitäten, vernetzen die vielfältigen Akteur*innen und halten die Fäden zusammen. Mehr dazu ab S. 10. Der Ruf nach Orten für gute, unverzweckte Zeit mit Gleichgesinnten war auch schon vor Corona da. Gerade eben ist er so laut wie nie. Es wird wieder die Zeit kommen, in der Menschen sich treffen, um sich zu begegnen und Gespräche führen zu können, ohne auf Mindestabstand und Lüftungsdrehbuch achten zu müssen. Warum gerade das Konzept der sogenannten dritten Orte dafür unheimlich inspirierend ist, welche Besonderheiten diese innehaben und was es mit dem LandStadt-Vorarlberg-Projekt zu tun hat, erfahrt ihr ab S. 28.

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Mut machen, Hoffnung geben. Damit befassen sich auch viele andere. Einerseits bieten die Tage der Utopie dafür einen inspirierenden Rahmen, um die eigenen gedanklichen Grenzen auszuweiten (S. 44). Oder das Format der „Hoffnungs-Werkstatt“, welches wir auf S. 60 vorstellen. Und sonst? Natürlich geben wir auch wieder Einblicke ins Team, wagen einen Ausblick und haben Landeshauptmann Markus Wallner gebeten, für uns in die Glaskugel zu blicken. Michael Lederer im Namen des gesamten Teams

„Die Zuversicht wird gewinnen. In diesem Sinne wünschen wir gute Aussichten und anregende Lektüre.“ Editorial


Schwerpunkt Strategisch Engagement fördern. Was ist, was sein soll, was entsteht.

Strategisch Engagement fördern, S. 14

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Engagement-Strategie als Leitfaden für eine lebendige Gesellschaft

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Wo brennt der (Engagement-)Hut aktuell?

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Strategisch Engagement fördern

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Ehrenamt und Pandemie oder gelten Motorräder als zugewiesene Sitzplätze?

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Inspiration durch gute Beispiele: Bist du dabei?

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Geht’s den Engagierten gut, geht’s uns allen gut?

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Engagement in Vorarlberg 2020

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Lebendige Vereine – wann, wenn nicht jetzt?

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Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn

Einblick

Worauf können dritte Orte eine Antwort sein? S. 30

Inhalt

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Zuerst prägen Orte Menschen, dann Menschen Orte.

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Worauf können dritte Orte eine Antwort sein?

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Ein bisschen wie Montessori


Ausblick 60

Meine Hoffnungen für die Zukunft

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17 Ziele für eine nachhaltige Welt: Die SDGs in den Gemeinden

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Was tut sich wo?

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Buch- und Filmtipps

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Blick in die Glaskugel

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Termine ab April 2021

Frage an das ungetrennte Leben, S. 56

„Jeder Mensch ist einzigartig und steht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit.“ Meine Hoffnungen für die Zukunft, S. 60

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Raum geben, Raum lassen

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Zahlen 2020

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Und, wie tickt das FEB?

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Was ist dein Grashalm?

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Tage der Utopie

55

Hello again! Wir sind’s, das FEB!

46

Was wir dringend benötigen, ist Produktion von Zukunft!

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Frage an das ungetrennte Leben

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On the road

Inhalt


„Ziel ist es, durch geeignete Rahmenbedingungen einen Nährboden zu schaffen, auf dem freiwilliges Engagement in seiner ganzen Vielfalt an Motiven und Ausgestaltungsmöglichkeiten gedeihen kann.“ Engagament-Strategie

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Schwerpunkt 7


„Ziel ist es, durch geeignete Rahmenbedingungen einen Nährboden zu schaffen, auf dem freiwilliges Engagement in seiner ganzen Vielfalt an Motiven und Ausgestaltungsmöglichkeiten gedeihen kann.“ Engagament-Strategie

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Schwerpunkt: Strategisch Engagement fördern. Was ist, was sein soll, was entsteht. 9


EngagementStrategie als Leitfaden für eine lebendige Gesellschaft

Freiwilliges Engagement (FE) ist die Basis für eine lebendige, soziale, solidarische und demokratische Gesellschaft. Es stärkt den Zusammenhalt und die Gemeinschaft, wirkt in hohem Maße solidaritätsstiftend, ist wichtig für den sozialen Frieden, die Gesundheit und die Lebensqualität. Das Engagement verändert nicht nur das Leben der Engagierten selbst, sondern auch das Leben ihrer Mitmenschen, das Leben in den Regionen und schließlich das ganze Land.

Engagement-Strategie als Leitfaden für eine lebendige Gesellschaft

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So sind die vielen freiwillig Engagierten eine tragende Säule und ein zentraler Erfolgsfaktor für das Land Vorarlberg. Vorarlberg weist ein sehr hohes Maß an Engagement auf: 55,7 % der Bevölkerung engagieren sich formell oder informell (Fredersdorf, 2019). Die Intensität des FE ist über die Jahre durchaus beständig, doch es zeichnet sich ein struktureller Wandel ab, der viele Herausforderungen mit sich bringt. Diese reichen vom demografischen Wandel und der Änderung der Werte über die gesellschaftliche Integration bis hin zur Gewährleistung von Gleichberechtigung, um nur einige zu nennen. Um das hohe Maß an Engagement, das Sozialkapital und die damit einhergehende Lebensqualität zu halten und verbessern, müssen sich auch die Strukturen des FE weiterentwickeln.

Die Zukunft des Engagements Welche strategischen Handlungsfelder sind wichtig für eine gute Zukunft des Engagements in Vorarlberg? Welche Maßnahmen unterstützen Freiwillige und Institutionen in ihren Tätigkeiten? Mit diesen Fragen haben sich eine Vielzahl von Expert*innen befasst, um gemeinsam eine Engagementstrategie zu formulieren. Diese ist Grundlage für eine gemeinsame und aufeinander abgestimmte Engagementförderung aller Akteur*innen. Ziel ist es, durch geeignete Rahmenbedingungen einen Nährboden zu schaffen, auf dem freiwilliges Engagement in seiner ganzen Vielfalt an Motiven und Ausgestaltungsmöglichkeiten gedeihen kann – und damit das so wirkungsvolle Sozialkapital („Kitt der Gesellschaft“) auch weiterhin gestärkt wird.

Aktuelle Studien und Literaturhinweise: • Die neuen Freiwilligen: Die Zukunft zivilgesellschaftlicher Partizipation (GDI Gottlieb Duttweiler Institute), Samochowiec J., Thalmann L., Müller A. (2018) • Bürgerschaftliches Engagement und Sozialkapital in Vorarlberg (Büro für Zukunftsfragen, Amt der Vorarlberger Landesregierung), Fredersdorf, F. (2019) • 3. Bericht zur Lage und den Perspektiven des freiwilligen Engagements in Österreich (Bundesministerium Soziales Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), Bogorin, F.-E. et.al. (2020) • Entwicklungen von Freiwilligenarbeit. In: Zimmer A.; Simsa R. (Hg): Forschung zu Zivilgesellschaft, NOPs und Engagement (Springer Verlag), More-Hollerweger, Eva (2014) • Engagementpolitik. Die Entwicklung der Zivilgesellschaft als politische Aufgabe. (Springer Verlag), Olk, T.; Klein, A.; Birger, H. (Hg.) (2010)

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Wirkungen von Engagement • Engagement bedeutet Teilhabe. Und ist damit ein unverzichtbarer Beitrag zur Demokratie. • Engagement bewirkt Inklusion auf unterschiedlichsten Ebenen • Engagierte bilden soziales Kapital und stärken den Zusammenhalt. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Solidarität und zum Gemeinwohl. Das soziale Klima würde ohne den Beitrag der Engagierten in Vereinen, Initiativen, Kirchen, Jugendgruppen, im Sport und in der Kultur u.v.m kalt und rau; vgl. Arena Analyse 2018: Zivilgesellschaft als Schlüssel für gesellschaftlichen Zusammenhalt. • Empathie wird gefördert – das sich Hineindenken in Andere und oftmals auch die Begegnung mit Menschen, mit denen sich sonst kein Kontakt ergibt; Engagement verbindet. • Eigenverantwortung: Weniger Konsumhaltung und damit Stärkung der Eigenverantwortung der Bürger*innen, aktive Bürger*innen, die lösungsorientiert „anpacken“ und damit ein lebendiges Gemeinwesen ermöglichen • Gesundheitsfaktor: Engagement trägt nachweislich zur Salutogenese bei. • Zukunftsfähigkeit/Nachhaltigkeit: Die Umsetzung der Sustainable Development Goals der UNO (Agenda 2030) baut auf starkem freiwilligem Engagement auf. • Ehrenamtliches Engagement unterstützt die kommunalen Daseinsvorsorge • Volkswirtschaftliche Bedeutung: Unser Gemeinwesen stützt sich in wesentlichen Bereichen (z.B. Gesundheits- und Katastrophenbereich, Naturschutz, Sport, …) auf das freiwillige Engagement.

Schwerpunkt


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Wo brennt der (Engagement-) Hut aktuell? Kontaktverbot, Abstandsregelungen, gähnende Leere in Veranstaltungskalendern. Diese Einschränkungen haben Freiwilligenarbeit vor eine noch nie dagewesene Herausforderung gestellt. Aber auch andere gesellschaftliche Entwicklungen verändern Freiwilligenarbeit. Beobachtungen aus der Praxis.

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verstehe Ehrenamt, Engagement und das dabei unverzichtbare System des sozialen Miteinander als zentrale Elemente einer Gesellschaft, wie ich sie mir vorstelle. Gerade in den vergangenen Monaten der Pandemie hätte es viele Gelegenheiten gegeben, zu zeigen, dass wir Krisen bewältigen mit einem guten „Miteinander“, mit Engagement, Ehrenamt und unseren gewachsenen sozialen Strukturen. Das ist aber offenbar weniger gefragt und ich habe nichts davon gehört und gespürt. Das „bürgerschaftliche Engagement“ und die Subsidiarität sind kein „Gut-Wetter-Programm“ (dann sind sie verzichtbar). Sondern sie haben sich – da war Vorarlberg lange Modellregion – als proaktiver Problemlöser und als aktivierendes Element für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt auch in schwierigen Zeiten bewährt. Hier wünsche ich mir einen Kurswechsel hin zu mehr Mut und mehr Vertrauen in die Bürger, in die Eigenverantwortung und in deren Engagement! Stefan Allgäuer, Obmann Krankenpflegeverein Gisingen

Wo brennt der (Engagement-)Hut aktuell?

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„ Die Pandemie hat unsere Gesellschaft

kräftig „durchgerüttelt“. Ohne das Engagement und den Zusammenhalt der vielen freiwillig Engagierten wären die Erschütterungen noch viel tiefer gewesen. Denn die Coronakrise beschleunigt den Wandel um uns herum. Digitalisierung, Globalisierung, demografischer Wandel und auch die Folgen unseres immensen Verbrauchs natürlicher Ressourcen treiben diese Veränderungen voran. Vielfach führt dies auch zu Verunsicherung und Vertrauensverlusten. Um so mehr braucht es jetzt ein Miteinander und proaktives Handeln, die uns Zuversicht und Zukunftsmut geben. Freiwillig Engagierte leisten einen nicht zu ersetzenden Beitrag für das Sozialkapital, die Gestaltungskraft und das Gemeinwohl gerade auch in Krisenund Übergangszeiten. Kriemhild Büchel-Kapeller, FEB

Tobias Bischofbe

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„Die Herausforderungen sehe ich als

sehr vielfältig an. Es wird nicht mehr reichen, Ehrenamtliche „nur“ vor den Vorhang zu holen, sondern wir müssen uns noch stärker für Engagement vor Ort einsetzen. Unsere Gesellschaft ist nämlich leider bequem geworden. Wir reden uns auch gerne auf komplizierte Gesetze und politische Verantwortlichkeiten hinaus. Das ist mir zu einfach, denn die Herausforderungen der Zukunft betreffen uns alle. Nur wenn wir es schaffen, uns selbst und vor allem unsere Kinder und Jugendlichen zu motivieren, in ihrem Dorf (wieder) mitanzupacken und die eigene Umwelt selber mitzugestalten, werden wir gemeinsam erfolgreich sein. Ziel dabei muss es sein, wieder zu mehr Eigenverantwortung zu tendieren und diese auch zu ermöglichen. In kleinen, überschaubaren und flexiblen Strukturen vor Ort. Davon bin ich übrigens zutiefst überzeugt – denn als „gelernter Pfadfinder“ bin ich von Grund aus Optimist.“

sich laufend ändernden Regelungen und Rahmenbedingungen in Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Situation sowie die allgemeine Planungsunsicherheit stellen die Vereine vor eine große Herausforderung. Viele Vereine können ihren Vereinszweck nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt ausführen. Auch das Abhalten von Jahreshauptversammlungen ist aktuell nur erschwert möglich. Es zeichnet sich ab, dass uns zukünftig nach wie vor das Thema Nachwuchs bzw. das Ausbleiben von Mitgliedern beschäftigen wird. Trotz all den Herausforderungen ist es schön zu sehen, dass die Ehrenamtlichen nach wie vor engagiert sind, um das Vereinsleben auf unterschiedlichsten und zum Teil neuartigen Wegen aufrecht zu halten. Büro für Ehrenamt, Amt der Stadt Feldkirch

Tobias Bischofberger, Bürgermeister Mellau

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Schwerpunkt


Strategisch Engagement fördern Im Kern der umfassenden Engagement-Strategie steht die Frage, wie das freiwillige Engagement in Vorarlberg bestmöglich inklusiv, bedarfsgerecht und zukunftsorientiert unterstützt und gefördert werden kann. Damit sich die Maßnahmen und Angebote am Bedarf des Feldes orientieren, wurden diese gemeinsam von engagierten Praktiker*innen, Expert*innen, Ansprechpersonen in den Gemeinden und Regionen sowie auf Basis wissenschaftlicher Befunde erstellt. Mit der Umsetzung der Strategie sollen einerseits vorhandene Beratungsangebote besser kommuniziert und einfacher zugänglich gemacht und andererseits auch neue Impulse gesetzt werden. Insbesondere steht die Ermöglichung der Selbstorganisation der verschiedensten Akteursgruppen im Fokus.

Strategisch Engagement fördern

Entwickeln Als fundierte Datenbasis wird alle fünf Jahre die Studie „Bürgerschaftliches Engagement und Sozialkapital in Vorarlberg“ durchgeführt. Darin werden aktuelle Entwicklungen beobachtet, reflektiert und erforscht. Die gewonnenen Erkenntnisse und Fragestellungen sind der Impuls für die Entwicklung einer langfristig tragfähigen Engagementkultur. Auch Pilotprojekte zur Aktivierung von unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen gehören dazu. Ebenso die Entwicklung der Sportstrategie, die wiederum spezifische Maßnahmen für diesen Teilbereich enthält, ist hier zu nennen.

Stärken Besonders wichtig ist die Stärkung der Akteur*innen in ihren Kompetenzen, damit Freiwilligenarbeit selbstständig organisiert und weiterentwickelt werden kann. Dazu werden beispielsweise das bedarfsorientiere Bildungsprogramm „Freiwillig engagiert“, die „Engagementwerkstatt Flüchtlingsintegration“, das „am puls Bildungsprogramm“ angeboten, sowie die jährliche Engagament-Fachtagung. Ein weiterer zentraler Faktor für die Stärkung des Ehrenamts ist die Anerkennung und Wertschätzung des Einsatzes der Freiwilligen. Hier ist die Engagement-App „aha plus“ besonders innovativ und erfolgreich. Zudem sollen neue Formen der Anerkennung erforscht und erprobt werden. Auch Ehrungen und Kommunikationskampagnen zählen zu diesem Handlungsfeld.

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Handlungsfelder Die Engagementstrategie gliedert sich in sieben Handlungsfelder, denen jeweils entsprechende Maßnahmen zugeordnet wurden. Hier ein kurzer Überblick:

Vernetzen

Fördern

Einen weiteren Fokus setzt die Strategie auf die Vernetzung. Sowohl auf Ebene der Verbände und Einrichtungen als auch auf Landesebene wird regelmäßig zu Vernetzungsformaten eingeladen. Beliebt sind die Engagement-Stammtische, bei denen neben Fachimpulsen auch Raum für Austausch geboten wird. Weitere erfolgreiche Vernetzungs- und Austauschformate sind die EngagementWerkstätten und Projektschmieden des Büros für Freiwilliges Engagement und Beteiligung. Im Entstehen ist auch ein Netzwerk an Akteur*innen aus den Gemeinden, die ebenfalls eine strategische Freiwilligenpolitik verfolgen und zukünftig stärker Synergien nutzen wollen.

Die Förderung des freiwilligen Engagements erfolgt insbesondere in den konkreten Sparten bzw. Themenfeldern. Das Ziel ist es gute Rahmenbedingungen für das freiwillige Engagement zu ermöglichen – beispielhaft sind hier einige wichtige Förderschienen genannt: • Förderung von Infrastruktur und Ausstattung im Bereich des Feuerwehr- und Rettungswesen, dem Katastrophen- und Tierschutz • Förderung von einzelnen Vereinen, sowie „Selbsthilfe Vorarlberg“ • Kulturprogramm-Förderung • Verbandsförderung (Sport/Jugend und Familie) und Bildungsprämien (Sport)

Beraten Beratung von Engagierten ist eine wichtige Säule der Engagementstrategie. Darunter fällt Steuer- und Rechtsberatung sowie die Aufbereitung aktueller Informationen auf der Webseite des Landes. Eine konzeptionelle und inhaltliche Überarbeitung des Vereinshandbuches ist angedacht. Aber nicht nur Rahmenbedingungen sind wichtig, sondern auch die Organisationskultur in Vereinen. Ein Unterstützungsprogramm zur Vereinsentwicklung sowie Coaching-Angebote ergänzen diesen Bereich.

Informieren Einerseits ist die Öffentlichkeitsarbeit nach außen essentiell, um die gesellschaftliche Bedeutung des freiwilligen Engagements sichtbar zu machen und noch nicht involvierte Menschen zum Mitmachen zu inspirieren. Andererseits gilt es auch interne Informationsflüsse zu optimieren.

CoronaKrisen-Hilfe Die Corona-Krise stellt auch Vereine vor noch nicht dagewesene Herausforderungen, zu deren Bewältigung sie Hilfe benötigen. In Kooperation mit unterschiedlichen Fachabteilungen und den Bezirkshauptmannschaften wird ein Informations- und Beratungsportal für Vereine betrieben. Informationen zum Kostenersatz beim NPO-Fonds, Sporthärtefonds, Arbeitsstipendien für Künstler*innen u.ä. sind aufbereitet und die Antragstellung wird unterstützt. Schulungen zu Covid-Beauftragten in Vereinen werden gefördert. Laufende Auskunft über aktuelle Entwicklungen gibt es über das Vereinstelefon und per E-Mail, die beliebte und informative „Vereinspost“.

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Schwerpunkt


Ehrenamt und Pandemie oder gelten Motorräder als zugewiesene Sitzplätze? Es sind ganz spezielle Fragen, die in der alltäglichen Arbeit mit Vereinen in Pandemiezeiten aufkommen. Was geht, was nicht? Sicher ist: Es wird noch eine Zeit dauern, bis Vereine wieder im „Normalbetrieb“ laufen. Bis dahin und weit darüber hinaus steht das Land Vorarlberg den Vereinen mit Rat und Tat zur Seite. Nennen wir das Kind beim Namen. Die letzten Monate waren anstrengend. Direkte Begegnungen sind auf ein Minimum reduziert. Liebgewonnene Tätigkeiten mit einer Gruppe Menschen? Derzeit nur noch in Film und Fernsehen zu sehen. Die notwendigen Kontaktreduktionen zum Schutz der Gesundheit machen auch viele Vereinsaktivitäten in ihrer gewohnten Form unmöglich. Der Wunsch nach aktivem Vereinsleben und das Bestreben, diese herausfordernde Zeit gemeinsam gut durchzustehen, ist der rote Faden, der sich durch alle Gespräche und Initiativen zieht. Auflagen, Bestimmungen, Regelungen – und trotzdem muss dies keinen Stillstand bedeuten. Während wirtschaftliche Folgen durch finanzielle Unterstützungen abgemildert werden, sind die sozialen Auswirkungen noch weitgehend unabsehbar. Viele engagierte Menschen sind an den Grenzen ihrer Frustrationstoleranz angelangt. Es besteht Sorge um Motivationslosigkeit und den Verlust von Mitgliedern. Diesen Sorgen steht die Zuversicht gegenüber, dass die Freude an den Vereinsaktivitäten nicht verloren gehen wird. Zudem wird Kreativität, Anpassungsfähigkeit und Unbeirrbarkeit auf beeindruckende Weise sichtbar. Vereinsangebote werden neu erfunden und in den digitalen Raum verlegt. Viele Vereine bahnen sich immer wieder ihren Weg durch den „COVID-19-Schutzmaßnahmen-Verordnungsnovellen-Paragraphen-Dschungel“, um das Vereinsleben mit verantwortungsvollen Aktivitäten zu beleben. Das Motto: „Wir machen das Beste draus!“ wird täglich unter Extrembedingungen erprobt und als Grundhaltung vieler engagierter Menschen bestätigt.

Seit dem Ausbruch der Pandemie in Vorarlberg stellt sich die Frage: „Wie können Vereine bestmöglich unterstützt werden?“

Ehrenamt und Pandemie oder gelten Motorräder als zugewiesene Sitzplätze?

Seit dem Ausbruch der Pandemie in Vorarlberg stellt sich die Frage: „Wie können Vereine bestmöglich unterstützt werden?“ Im Auftrag der Vorarlberger Landesregierung entwickelt das Land Vorarlberg – im Schulterschluss der fachlichen Bereiche – umfassende Angebote, um engagierten Menschen zur Seite zu stehen. Diese bedarfsorientierten Unterstützungsangebote werden weiterentwickelt und umgesetzt, solange es notwendig ist. In diesen „Krisen-Support“ sind beinahe die gesamte Landesregierung, zehn Abteilungen, Fachbereiche und Amtsstellen sowie zahlreiche Verbände und Organisationen involviert. Ein kooperatives Netzwerk mit unzähligen Aktivitäten und dem gemeinsamen Ziel, bestmögliche Unterstützung in dieser herausfordernden Zeit zu bieten.

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Coaching Das Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung bietet „Vereinscoachings“, um Vereinsobleute im Umgang mit den herausfordernden Fragen zur Vereinsentwicklung zu unterstützen.

Förderung

Unbeschwertes Proben? Eine Sehnsucht, die viele Vereine miteinander verbindet.

Die Aktivitäten lassen sich in folgenden Handlungsfeldern beschreiben. Information Laufende Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen werden mit juristischer Unterstützung der Abteilung für Sanitätsangelegenheiten in „FAQs“ aufbereitet und auf dem Landesportal bereitgestellt. Newsletter und Informationsveranstaltungen werden in gegenseitiger Unterstützung erarbeitet, verbreitet und umgesetzt.

Beratung Beratung zu rechtlichen Fragen wird angeboten und stark nachgefragt. Auf Basis der FAQs und mit juristischer Unterstützung werden Vereine umfassend beraten.

Finanzielle Unterstützungen werden auch bei reduzierten Vereinsaktivitäten weitergeführt und in Härtefallen verstärkt. Zudem werden Vereine auch durch den NPO-Fonds (Bundesebene) finanziell unterstützt.

Vernetzung Die Vernetzung auf Verbands- und Vereinsebene ist ein zentrales Element des Unterstützungsprogramms. In vielen Bereichen ist die Landesregierung regelmäßig mit den Dach- und Fachverbänden im Austausch. Aktuelle Entwicklungen und Hintergründe werden in Austausch gebracht, um die Umsetzung der Maßnahmen abzustimmen und Impulse für deren Weiterentwicklung einzuholen. Auch Vereine werden laufend durch digitale EngagementStammtische mit Themenschwerpunkten (z.B. Kontakt halten und Zusammenhalt stärken) vernetzt.

Impulse Ein weiteres zentrales Element sind Praxis-Impulse, bei denen inspirierende Beispiele aus Vereinen aller Bereiche vorgestellt werden. Von digitalen Chorproben über Online-Trainings und Vereinsbefragungen bis hin zu kreativen Jahreshauptversammlung. Dabei werden Erfahrungen und Ideen ausgetauscht.

Eines Tages werden wir auf diese Zeit zurückblicken. Es besteht Grund zur Hoffnung, dass vieles, das vor kurzem noch fast unmöglich war, auch in Zukunft hilfreich sein wird. Wir werden viel über Kooperation gelernt und einen Quantensprung im Bereich der Digitalisierung erlebt haben. Es besteht Grund zur Zuversicht. Gute Zeiten stehen bevor!

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Schwerpunkt


Inspiration durch gute Beispiele: Bist du dabei?

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In Zukunft werden die Inspirationsgeschichten wieder mehr von persönlicher Begegnung erzählen.

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So laden wir Menschen dazu ein, ihre Inspirationsgeschichte zu erzählen. An Teilnehmenden hat es noch nie gemangelt. Die Impulsveranstaltungen sind die Zeit immer wert. Der Zeit gemäß sind in den vergangenen Monaten vor allem Beispiele für digitale Vereinsaktivitäten entstanden. Hier zwei Impulse zu Online-Engagement in der Corona-Zeit:

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Das geht ganz einfach: Um diese Inspiration zu verbreiten, laden wir Menschen dazu ein, von ihren Erfahrungen zu erzählen. „Du machst was, das uns beeindruckt! Es wäre super, wenn du uns und anderen Interessierten davon erzählen könntest. Du bringst deine Erfahrung ein, wir kümmern uns um alles andere. Es wird ein lockerer Rahmen mit Menschen, die in Austausch kommen wollen, um was zu bewegen. Alle nehmen etwas mit – vor allem Motivation und neue Ideen. Zwei, drei Leitfragen als Orientierung, eine halbe Stunde Vorgespräch und schon sind wir startklar. Bist du dabei?“

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„Du machst was, das uns beeindruckt!“

One Step Ahead

Inspiration durch gute Beispiele: Bist du dabei?

Es ist uns wichtig, optimistisch zu bleiben! Wie geht es euch als engagierter Verein in der „Corona-Zeit“? Klar ist es eine komplette Umstellung für alle, da „OnlineClasses“ für viele eine komplett neue Welt sind. Daher wollen wir auf keinen Fall Fragen unbeantwortet lassen und versuchen es so „live“ wie möglich zu gestalten. Jedoch wirft die jetzige Situation uns einige Stolpersteine in den Weg, da nicht alle einen Laptop besitzen oder der Platz fürs Tanzen einfach nicht reicht. Aber im Allgemeinen ist die Erfahrung mit Corona meiner Meinung nach sehr kostbar. Wir sehen, was wir schon erreicht haben und vor allem, was wir wertschätzen sollen. Was macht ihr, um das Vereinsleben aktiv zu halten? Uns ist es als Verein wichtig, die Kommunikation unserer Leute aufrecht zu erhalten. Mit unseren regelmäßigen Meetings, die jede zweite Woche stattfinden, können wir gewisse Infos, Updates der Gruppen und auch persönliche Neuigkeiten übermitteln. Es gibt uns auch die Zeit, uns als Verein neu zu gestalten, damit wir bei unserer Wiedereröffnung mit mehr Kraft und Elan starten können. Wir als Verein waren uns schon immer nahe, doch bei der jetzigen Situation sehen wir, wie wichtig es ist, optimistisch zu bleiben und dass wir nicht alleine in dieser schweren Zeit sind. Wir sind für jede Unterstützung, Spende und ein „Dankschön“ sehr dankbar!

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Geht’s den Engagierten gut, geht’s uns allen gut?

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Kreativ und offen für das Neue! Wie geht es euch als engagierter Verein in der „Corona-Zeit“? Wir sind mittendrin und voll dabei! Ganz klar – das „Chorleben“ online zu gestalten, ist nicht dasselbe wie „echte“ Chorproben. Trotz allem – für uns war von Anfang an klar, dass wir direkt weitermachen. Wichtig ist uns ein kreativer Zugang: Wir suchen immer nach Möglichkeiten, uns gemeinsam weiterzuentwickeln. Was macht ihr, um das Vereinsleben aktiv zu halten? Dranbleiben! Wir proben seit März 2020 online. Wir haben coole Filmprojekte umgesetzt. Wir hatten Workshops mit internationalen Referenten. Wir zaubern und basteln, wir feiern, wir nehmen gemeinsam im Tonstudio auf. Mit unseren Großen machen wir einen Gitarrenkurs, die Kleineren werden Noten-Profis. Es ist wichtig, im Gespräch zu bleiben, dafür nehmen wir uns immer Zeit.

Miteinander online engagiert Inspirationshandbuch für digitales Engagement

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Dezember 2020

Mehr davon gibt’s im Inspirationshandbuch „Miteinander online engagiert“.

In Götzis wird die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Vereinen großgeschrieben – und das ist keine einseitige Geschichte. Im Juni 2020 führte die Gemeinde eine „Covid-Vereine-Befragung“ durch. Die zentrale Frage: Was braucht es gerade jetzt, wo das Vereinswesen in der bisherigen Form nicht stattfinden kann? 54 von 140 Vereinen beteiligten sich. Sichtbar wurden einerseits Schwierigkeiten, aber auch gegenseitige Unterstützungsmöglichkeiten. Die großen Herausforderungen in der Vereinsarbeit sehen die befragten Obleute im Finden von Verantwortungsträger*innen und Mitgliedern. Auf die Frage „Was können wir als Gemeinde für euch Vereine tun?“ wurde mehrheitlich auf die Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit und auf Infrastruktur verwiesen. Aber auch die Vereine wurden gefragt, welchen Beitrag sie zur Gemeinwesenarbeit der Gemeinde leisten könnten. Hier wird besonders die Alltagsunterstützung von Senior*innen im Sinne der Nachbarschaftshilfe genannt. Um das Zusammenleben zu fördern, fehlt den Götzner Vereinen die Vernetzung untereinander. Auch geeignete Strukturen, also Plätze und Räume, die bespielt werden können, würden das Zusammenleben ihrer Meinung nach fördern. Wer fragt, muss auch antworten. Die Ergebnisse der Befragung nimmt die Gemeinde nun zum Anlass, Projekte zur Stärkung der Vereine und des Miteinanders zu initiieren. Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit der Vereine zur Mitglieder- und Funktionärswerbung, Unterstützung durch Infrastruktur der Gemeinde – so werden Wegweiser, Tafeln, Tische und Bänke sowie ein Vereinsbus zur Verfügung gestellt.

Man könnte es also als ein gelebtes Miteinander bezeichnen – was sich da tut in der „Engagementmetropole Götzis“. Oder könnte man etwa sagen: Geht’s den Engagierten gut, geht’s uns allen gut!?

Schwerpunkt

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... entsprechen der Summe der so geleisteten Arbeitstunden. Das sind weit mehr als bei den zehn größten Vorarlberger Industrieunternehmen zusammen.

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Beratungskontakte

... hatte das FEB im Bereich Freiwilliges Engagement und in den unterschiedlichen Herausforderungen im Umgang mit Corona (seit Mai 2020).

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... für Freiwillige mit über 240 Teilnehmer*innen bot das FEB.

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Jugendliche

... haben seit der Einführung von aha plus (Nov. 2017) über 12.000 Freiwilligeneinsätze geleistet.

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Bludenz

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Dornbirn

+ 2,6 %

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12

Weiterbildungsangebote

Bregenz

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5.154

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+ 4,6 % mehr als 2020


Alles Theater? Von wegen. Jetzt bietet sich eine gute Gelegenheit, um sich als Verein weiterzuentwickeln.

Lebendige Vereine – wann, wenn nicht jetzt? Lebendige Vereine – wann, wenn nicht jetzt?

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Abwarten und Tee trinken? Kann man machen. Oder aber man nutzt die Gunst der Stunde. Reflektiert. Wagt einen Blick über den Tellerrand. Den Status quo hinterfragen und Entwicklungspotentiale ausloten. Wir entwickeln ein Tool, das nicht vorgefertigte Antworten liefert, sondern dabei helfen soll, sie selbst zu finden. Das lang ersehnte Comeback nach der Corona-Krise bietet ein gutes Momentum, um sich mit grundlegenden Fragen auseinanderzusetzen. Wie strukturieren wir unseren Verein? Ist das noch stimmig? Die Welt hat sich verändert – wir auch? Worauf müssen wir reagieren? Unser Anliegen als FEB ist es, Vereine dabei bestmöglich zu begleiten und zu unterstützen. Deshalb arbeiten wir an einem Programm zur Vereinsentwicklung. Dieses soll jedem Verein ermöglichen, eine umfassende Selbstanalyse durchzuführen, um herauszufinden was gut läuft, was nicht, wo Potentiale liegen und wie diese erreicht werden können.

„Aktiv werden muss man selbst!“ Benno Grat, Wolfurt

Resonanz In einem ersten Workshop mit ausgewählten Akteur*innen aus verschiedenen Vereinen wurde das Konzept vorgestellt und gemeinsam über grundlegende Fragen diskutiert. Der angeregte Austausch brachte bereits wertvolle konstruktive Kritik und inspirierende Denkanstöße hervor. Insgesamt war die Resonanz sehr positiv.

Hilfe zur Selbsthilfe Die genauen Komponenten des Programms werden kooperativ mit Akteur*innen aus den verschiedensten Bereichen entwickelt, um zielgenau auf die Bedürfnisse der Vereine ausgerichtet zu sein. In mehreren Schritten wird vernetzt an Prototypen gearbeitet, Zwischenergebnisse werden präsentiert sowie Feedback und weitere Anregungen dazu eingeholt. Die Idee ist es, Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Denn kein vorgefertigtes Erfolgsmodell ist für alle zielführend. Ein Programm kann immer nur ein Werkzeug bleiben, doch aktiv werden muss man selbst, um die individuellen Ziele des Vereins zu erreichen.

Die Pfadis gehen voran! Inspiration für das Unterstützungsprogramm ist unter anderem das Selbstanalyse-Tool „Vitale Pfadfinder*innengruppe“. Dieses soll dabei helfen, die eigene Gruppe möglichst umfassend zu betrachten und so eine gute Einschätzung der aktuellen Situation zu erhalten. Es ist allerdings keinesfalls eine „Prüfung“, soll auch keine standardisierten Antworten liefern, wie etwas „richtig“ zu machen sei. Ganz im Gegenteil. Durch die Reflexion soll ein Blick auf das Positive geworfen werden, um davon inspiriert zu werden und ermutigt an etwaigen Problemen zu arbeiten. „Die Methode dient dazu, anstehende Entscheidungen aufzuzeigen und bisher nicht beachtete Bereiche in Erinnerung zu rufen“, erklärt Isabel Baldreich vom Pfadfinder*innen Landesverband.

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„Vielen Dank für den interessanten Workshop. Das Thema ist für uns sehr relevant, bleibt dran!“ Andrea Gollob, KJJS

Ausblick Wir starten bereits 2021 mit einem Prototyp und testen mit Vereinen aller Bereiche, was es daran noch zu verbessern gibt. Ab 2022 wollen wir damit viele Vereine in ihrer Entwicklung unterstützen.

Schwerpunkt


Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn Ohne Digitalisierung geht angeblich gar nichts mehr. Auch die Zukunft der Vereine ist digital, heißt es. Aber was hat unser Verein damit zu tun? Was soll uns das bringen? Gewinnen wir damit mehr Zeit fürs Wesentliche? Die EDV ist aus der Vereinsorganisation nicht mehr wegzudenken. Kaum ein Verein kommt mehr ohne Computer aus. Wir sind mitten drin in der Digitalisierung der Vereine. Bei manchen laufen die EDV-Anwendungen und die organisatorischen Abläufe wie geschmiert. Ein technikbegeistertes Vereinsmitglied hält alles am Laufen. Die Mitgliederverwaltung und die Buchhaltung erledigt sich fast wie von selbst. Alles nur ein schöner Traum? Oft sieht die Vereinsrealität (noch) anders aus: Das EDV-System besteht aus einem EMail-Programm, unzähligen Vorlagen und Listen, Tabellen und dazwischen klemmt eine Datenverwaltung, die seit ein paar Jahren datenschutzkonform sein sollte. Das alles kostet wertvolle Zeit und Nerven.

Irgendwann gehen wir das an! Aber wo fangen wir an? Sicher gibt es gute Lösungen für alles. Wir müssten nur wissen wie. Aber irgendwie läuft es ja eh. Es ist zwar mühsam und zeitaufwändig, aber solange das Faxgerät noch rennt, sind wir noch nicht verloren. Wobei es schon fein wäre, wenn die Vereinsorganisation einfacher wäre. Dann hätten wir endlich wieder mehr Zeit für die Dinge, die uns mehr Spaß machen – den Vereinszweck zum Beispiel. Irgendwann gehen wir das an. Aber wo sollen wir anfangen? Jedenfalls müssen wir zuerst die Briefe für den Mitgliedsbeitrag aussenden. Wo war noch mal die Vorlage?

Gute EDV-Systeme erleichtern den Vereinsalltag Wer diese Situation kennt, weiß, warum wir uns überlegen, wie wir Vereinen dabei helfen können, einen Schritt voran zu kommen in der Digitalisierung. Der Fokus liegt dabei auf der Frage: Wie gelingt es Vereinen wieder mehr Zeit für das Wesentliche zu gewinnen? Gute digitale Anwendungen und Abläufe können den Vereinsalltag erleichtern. Im Zentrum der Unterstützung stehen jene Menschen, die die Vereine organisatorisch am Laufen halten. Wie geht es euch mit der EDV? Was läuft gut? Was ist mühsam? Was kostet viel Zeit und Nerven? Was ist zu tun, damit die Vereinsorganisation leichter von der Hand geht. Und vor allem, wie gehen wir das an?

Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn

Mit Fachberatung und Förderung unterstützen Mit Fachberatung und Förderung sollen Vereine effektiv unterstützt werden. Dazu werden folgende Unterstützungsangebote entwickelt und umgesetzt:

Digital-Check Status- und Potentialcheck mit Vereinen und EDVFachleuten vor Ort

Digital-Scheck Förderprogramm für Beratung zur Entwicklung und Anwendung effektiver EDVSysteme Weiterbildung Kursprogramm für Vereine zu zentralen EDV-Anwendungen der Vereinsorganisation

In die Entwicklung sind Vereine von Beginn an eingebunden. Ein Prototyp des Angebots wird bereits in Vereinen getestet. Schrittweise wird das Unterstützungsprogramm erprobt, verbessert und ausgeweitet. Das Kernziel ist die Reduktion demotivierender Tätigkeiten für Menschen in Vereinsfunktionen. Durch effiziente Abläufe und einfach nutzbare digitale Werkzeuge soll mehr Zeit zur Erfüllung des Vereins- bzw. Verbandszwecks zur Verfügung stehen. Damit die Freude an der Vereinstätigkeit erhalten bleibt.

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Einblick 25

Schwerpunkt


Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn Ohne Digitalisierung geht angeblich gar nichts mehr. Auch die Zukunft der Vereine ist digital, heißt es. Aber was hat unser Verein damit zu tun? Was soll uns das bringen? Gewinnen wir damit mehr Zeit fürs Wesentliche? Die EDV ist aus der Vereinsorganisation nicht mehr wegzudenken. Kaum ein Verein kommt mehr ohne Computer aus. Wir sind mitten drin in der Digitalisierung der Vereine. Bei manchen laufen die EDV-Anwendungen und die organisatorischen Abläufe wie geschmiert. Ein technikbegeistertes Vereinsmitglied hält alles am Laufen. Die Mitgliederverwaltung und die Buchhaltung erledigt sich fast wie von selbst. Alles nur ein schöner Traum? Oft sieht die Vereinsrealität (noch) anders aus: Das EDV-System besteht aus einem EMail-Programm, unzähligen Vorlagen und Listen, Tabellen und dazwischen klemmt eine Datenverwaltung, die seit ein paar Jahren datenschutzkonform sein sollte. Das alles kostet wertvolle Zeit und Nerven.

Irgendwann gehen wir das an! Aber wo fangen wir an? Sicher gibt es gute Lösungen für alles. Wir müssten nur wissen wie. Aber irgendwie läuft es ja eh. Es ist zwar mühsam und zeitaufwändig, aber solange das Faxgerät noch rennt, sind wir noch nicht verloren. Wobei es schon fein wäre, wenn die Vereinsorganisation einfacher wäre. Dann hätten wir endlich wieder mehr Zeit für die Dinge, die uns mehr Spaß machen – den Vereinszweck zum Beispiel. Irgendwann gehen wir das an. Aber wo sollen wir anfangen? Jedenfalls müssen wir zuerst die Briefe für den Mitgliedsbeitrag aussenden. Wo war noch mal die Vorlage?

Gute EDV-Systeme erleichtern den Vereinsalltag Wer diese Situation kennt, weiß, warum wir uns überlegen, wie wir Vereinen dabei helfen können, einen Schritt voran zu kommen in der Digitalisierung. Der Fokus liegt dabei auf der Frage: Wie gelingt es Vereinen wieder mehr Zeit für das Wesentliche zu gewinnen? Gute digitale Anwendungen und Abläufe können den Vereinsalltag erleichtern. Im Zentrum der Unterstützung stehen jene Menschen, die die Vereine organisatorisch am Laufen halten. Wie geht es euch mit der EDV? Was läuft gut? Was ist mühsam? Was kostet viel Zeit und Nerven? Was ist zu tun, damit die Vereinsorganisation leichter von der Hand geht. Und vor allem, wie gehen wir das an?

Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn

Mit Fachberatung und Förderung unterstützen Mit Fachberatung und Förderung sollen Vereine effektiv unterstützt werden. Dazu werden folgende Unterstützungsangebote entwickelt und umgesetzt:

Digital-Check Status- und Potentialcheck mit Vereinen und EDVFachleuten vor Ort

Digital-Scheck Förderprogramm für Beratung zur Entwicklung und Anwendung effektiver EDVSysteme Weiterbildung Kursprogramm für Vereine zu zentralen EDV-Anwendungen der Vereinsorganisation

In die Entwicklung sind Vereine von Beginn an eingebunden. Ein Prototyp des Angebots wird bereits in Vereinen getestet. Schrittweise wird das Unterstützungsprogramm erprobt, verbessert und ausgeweitet. Das Kernziel ist die Reduktion demotivierender Tätigkeiten für Menschen in Vereinsfunktionen. Durch effiziente Abläufe und einfach nutzbare digitale Werkzeuge soll mehr Zeit zur Erfüllung des Vereins- bzw. Verbandszwecks zur Verfügung stehen. Damit die Freude an der Vereinstätigkeit erhalten bleibt.

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Einblick: Woran arbeiten wir gerade? 27


Urbanität spüren, leben. Mitten im ländlichen Walgau. Das war das Blumenegg-Festival im September 2019.

Zuerst prägen Orte Menschen, dann Menschen Orte. Aufmerksame Leser*innen können sich vielleicht noch an die erste Ausgabe des Magazins erinnern. Darin haben wir Georgie, den LandStadt-Hipster, vorgestellt. Dass es bei LandStadt-Vorarlberg um die bewusste Gestaltung des Lebensraumes geht, war schnell klar. Im Laufe des Prozesses stellte sich immer mehr heraus, dass dafür aber diese gewissen Gestaltungs-Orte fehlen. Wie müssen diese aussehen? Wer gestaltet hier überhaupt was? Was könnte tatsächlich der Mehrwert für die Region sein? Und warum glauben wir, dass es für eine positive Zukunftsgestaltung notwendig ist, bewusst Raum für Engagement und Kollaboration zu schaffen?

Zuerst prägen Orte Menschen, dann Menschen Orte.

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Spätestens seit der LandStadt-Onlinetagung mit über 130 Teilnehmenden Ende November ist klar, diese Spur ist heiß. Oder um eine sehr beliebte Floskel zu verwenden: Hier steckt Potential drin. Wie dieses aussieht, wie es sich aktivieren lässt und was Schallplatten damit zu tun haben, versuchen wir auf den folgenden Seiten aufzuzeigen.

„Was habt ihr nun herausgefunden: Warum ist Vorarlberg denn so bsundrig? Vorarlberg wird häufig als zukunftsorientierter Lebensraum gesehen, der viele Chancen mit sich bringt, die aber oft noch nicht ausreichend sichtbar gemacht werden. Urbane Potentiale (auch im ländlichen Raum) liegen brach. Es braucht mehr neue Ideen(räume). Polyzentrik oder urbane Nähe wird als zentrale Stärke genannt und damit als Kern des Gelingens. Das macht Vorarlberg zu einer Region mit sehr speziellem Charakter, was im Alltag immer wieder spürbar ist.

Und was hat nun Georgie damit zu tun? Georgie steht für eine besondere Gruppe von in Vorarlberg lebenden Menschen. Sie sind vermehrt Rückkehrer*innen nach einem Studium oder Auslandsaufenthalt. In einem bestimmten Alter sehen sie die Vorteile ihrer Heimat Vorarlberg und kommen zur Familienplanung zurück. Sie bringen nicht nur ihre Plattensammlung, sondern vor allem ein urbanes Mindset mit, das ihr Leben prägt. Sie sind politisch interessiert, gut ausgebildet, emotional intelligent und gut vernetzt. Was sie brauchen, sind Raum und Infrastruktur, um ihre entstandenen Sehnsüchte nach Gestaltung und Engagement in kreative und produktive Wege zu leiten. Da haben dann alle was davon.

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Aber es gibt doch so viel mehr als Georgie! Ja richtig. Irgendwo mussten wir anfangen. Und wenn bedacht wird, dass es speziell in der Sozialarbeit zu einem Switch in Bezug auf das Augenmerk weg vom Mangel hin zu Fülle geht, macht es durchaus Sinn, sich auf eine andere Zielgruppe zu konzentrieren. Gerade bei Georgie & Co. liegt großes Potential, wenn es darum geht, schlummernden Engagementwillen zu aktivieren. Und auch alle anderen wollen wir durch die Beschäftigung mit dritten Orten begeistern.

Und wie kann das funktionieren? Durch Orte, die sich wie zuhause anfühlen, aber außerhalb der eigenen vier Wände sind. Orte, die von Begegnung leben. Ein Treffpunkt für Gleichgesinnte und Andersdenkende. Orte, die Kreativität und Experimentieren ermöglichen. Sie sind flexibel gestaltbar und frei von Hierarchien und Zwang. Alles kann, nichts muss. Vielseitigkeit und Diversität gibt neue Inspiration und Möglichkeiten sich zu entfalten. Orte abseits von Wohnraum und Arbeit. Und trotzdem vertraute Anlaufstelle. Klingt utopisch? Tatsächlich stellen wir euch ein Modell aus Oberösterreich vor, das auf eine zehnjährige Erfolgsgeschichte zurückblicken kann. Mitgründer der OTELOS, Martin Hollinetz, erzählt ausführlich über Beginn, Herausforderungen und Wirkungen von solchen Experimentierräumen. Zuvor möchten wir aber noch das Problem etwas genauer spezifizieren. Dazu kommt Soziologe Simon Burtscher-­Mathis zu Wort (S. 30) und beschreibt, auf welche gesellschaftlichen Herausforderungen sogenannte „dritte Orte“ einen Lösungsansatz bieten.

Einblick


Worauf können dritte Orte eine Antwort sein? Die Spatzen pfeifen es von allen Dächern. Es braucht mehr Begegnungsorte, um eine Anbindung an lokalräumliche Beziehungsnetzwerke zu ermöglichen. Oder anders gesagt: All you need is connection. Ein Versuch, die Herausforderungen der LandStadt in greifbare soziologische Thesen zu verpacken. Von Simon Burtscher-Mathis. „Bei einer genaueren Betrachtung von Vorarlberg sticht in meiner Forschung vor allem ein Phänomen heraus: Die zunehmende Diversität der Bevölkerung und die gleichzeitige Abnahme der sozialen Durchmischung. Diese fehlende Durchmischung wird auch als soziale Segregation bezeichnet und meint damit die ungleiche Verteilung der Bevölkerung in Teilbereichen der Gesellschaft, wie zum Beispiel im Bildungssystem oder in Wohngegenden. Bestimme Gruppen treten also in einem Teilbereich konzentrierter auf, während sie in anderen Bereichen unterrepräsentiert sind.

Soziale Segregation ist dabei häufig eng mit sozialer Ungleichheit und dem Thema Integration verbunden. Was heißt das konkret in Vorarlberg? Menschen ziehen sich aufgrund ihres Bedürfnisses nach Zugehörigkeit und Orientierung in die eigene Gruppe zurück und grenzen sich von anderen Gruppen ab. Machtstarke Gruppen, wie die etablierten Einheimischen, verfügen dabei über mehr Ressourcen und versuchen den Zugang zu diesen gegenüber machtschwächeren Gruppen, wie zum Beispiel zugewanderten Außenseitern, zu verteidigen. (Elias/Scotson 1993, Burtscher 2009) Eine Durchmischung wird deshalb auch als Bedrohung

Worauf können dritte Orte eine Antwort sein?

Simon Burtscher-Mathis Soziologe, Lehrbeauftragter an der FH Vorarlberg, Mitglied der Geschäftsleitung des Vorarlberger Kinderdorfs

ihres privilegierten Zugangs gesehen, eine Dynamik, die viel Konfliktpotential beinhaltet. Genauer betrachtet, werden in der LandStadt Vorarlberg folgende Phänomene sichtbar. Es kommt zu einer immer stärkeren Ausdifferenzierung der Gesellschaft, die mit einer Pluralisierung von Lebenswelten verbunden ist. Sichtbar wird das beispielsweise in der Ausdifferenzierung von Freizeitangeboten und Ausbildungen. Diese Pluralisierung führt zu einer Konzentration von sozialen Gruppen in bestimmten sozialen Räumen und zu einem Bedeutungsverlust von lokalräumlichen Strukturen. Hohenemser oder Dornbirner zu sein ist nur mehr für alteingesessene Familien von Bedeutung, für neu Zugezogene ist das im Alltag nicht mehr relevant. Sie wohnen und schlafen zwar in ihrem Wohnort, fühlen sich aber wenig bis gar nicht mit ihm verbunden. Diese fehlende lokale Verortung sowie fehlende Begegnung und Durchmischung ist mit einer Zunahme von Konflikten, Abgrenzung von Gruppen und einem gegenseitigen Unverständnis im Alltag verbunden. Diese Entwicklungen machen eines ganz deutlich, die LandStadt Vorarlberg braucht mehr Orte der Begegnung, die der sozialen Segregation entgegenwirken und eine Anbindung an lokalräumliche Beziehungsnetzwerke fördern. Es gibt insgesamt wenige, frei zugängliche Orte, die sich für Jugendliche oder Erwachsene als Treffpunkte eignen, die nicht mit einem Konsumzwang oder einer inhaltlichen Ausrichtung verbunden sind, aber attraktive und niedrigschwelligzugängliche, öffentliche Orte sind.

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Der VogelFreiRaum wartet mitten im Rankweiler Zentrum darauf, wieder belebt zu werden.

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Im Mutterschiff der Digitalen Initiativen in der Postgarage Dornbirn finden Nerds jeder Altersstufe Raum für Experimente.


Das W*ORT ist ein spezieller Ort in Lustenau. Erwachsene schenken Kindern ihre Zeit und versuchen, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen.

Die Gute Stube Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur sadipscing elitr, sed diam nonumy eirmod tempor invidunt ut labore et dolore magna aliquyam erat, sed diam.

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Ray Oldenburg nennt sieben ideale Kriterien, die „dritte Orte“ kennzeichnen Der amerikanische Soziologe Ray Oldenburg hat Ende der 1980er Jahre sein Konzept des „dritten Ortes“ (engl.: Third Place) in „The Great Good Place“ veröffentlicht (Oldenburg 1997). Darin beschreibt er Form und Qualität des dritten Ortes – neben dem eigenen Heim („erster Ort“ oder „First Place“) und dem Arbeitsplatz oder der Schule („zweiter Ort“ oder „Second Place“) – und seine Bedeutung für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft (Oldenburg 2001). Bei den „dritten Orten“ handelt es sich um informelle öffentliche Orte, an denen man sich für wenig oder gar kein Geld aufhalten kann und vor allem anderen Menschen begegnet. Dritte Orte gibt es in unterschiedlichen Gesellschaften, Formaten und Zeitaltern (Oldenburg 1997: 17).

01 Sie sind neutral, Menschen können kommen und gehen, wann immer sie wollen. Sie erfordern auch keine regelmäßigen Besuche, längere Abwesenheiten stellen meist kein Problem dar.

03 Gespräche und Austausch untereinander sind die wichtigsten Aktivitäten.

Sie sind hierarchielos, und es gibt keine Statusunterschiede an diesen Orten. Es gibt dort auch keine Gastgeberin oder keinen Gastgeber.

04 iese Orte sind niederschwellig und D leicht zugänglich, sie stehen lange offen, und es braucht keine Reservierung für die Anwesenheit.

05 „Dritte Orte“ haben Stammbesucher*innen. Neuankömmlinge werden nicht automatisch, aber meistens einfach akzeptiert.

06 „Dritte Orte“ sind einfach ausgestattet.

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Soziologe Ray Oldenburg

07 Die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen. Obwohl der „dritte Ort“ nicht das Zuhause ist, ist er doch einem guten Zuhause im Hinblick auf Unterstützung und Wohlbefinden sehr ähnlich (Oldenburg 1997: 22 f.).

Einblick


OTELOS sind inspirierende Gemeinschafts-(T)Räume, die einladen, Visionen und Ideen miteinander zu teilen und zu verwirklichen. Sie sind Orte der offenen Begegnung und herzlichen Beziehung. Sie bieten Menschen, unabhängig von Alter, Herkunft oder Zugehörigkeit, freien Raum, in dem Offenheit und das Teilen von Wissen und Erfahrungen im Vordergrund stehen. Die Nutzer*innen der OTELOS gestalten diese Räume gemeinsam. Sie verstehen sich als Gastgeber*innen für das Neue. Sie entwickeln inspirierende Formate. Die kulturelle Basis dafür ist die Otelo-Charta. Die Vision

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Ein bisschen wie Montessori Wir vermitteln keine Tools, sondern das, was mit den Menschen im Dazwischen passiert. Den Blick öffnen, über Landesgrenzen hinaus. Also begann die Recherche nach solchen in­ spirierenden Orten und wir wurden fündig. Wir sind OTELO, ein „offenes Technologielabor”. So werden Interessierte auf der Website dieses großen, vielfältigen Netzwerks begrüßt. OTELOS schaffen und bieten Raum. Die einen jodeln, die anderen reparieren kaputte Dinge. Immer geht es um Beziehungen. Und ganz grundsätzlich um einen Kulturwandel. Ein Gespräch mit Gründungsmitglied Martin Hollinetz. Vor zehn Jahren wurden die OTELOS gegründet. Erzähl doch bitte etwas über die Anfangszeit. Ausgangspunkt war damals der Fokus der Regionalentwicklung und dabei lag der Schwerpunkt auf der Frage, wie man für junge Menschen, bevor sie ländliche Regionen aufgrund von Ausbildung und Studium verlassen, einen lebendigen Ort schaffen kann – neben Vereinen und Familie. Wichtig war dabei von Anfang an, leicht in Verbindung miteinander zu bleiben und dass es wenig Hürden gibt, um immer wieder anzuknüpfen. Die Hypothese dahinter war, dass es für Rückkehrer*innen, beispielsweise nach einem abgeschlossenen Studium, einfacher ist, so in ihren Heimatorten wieder Anschluss zu finden. Außerdem wollten wir auch für Themenfelder einen Ort bieten, der nicht über klassische Vereinsstrukturen abgebildet wird. Über die Jahre hat sich dann immer

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mehr gezeigt, dass es wichtig ist, Möglichkeiten für „Popup“-Engagement zu schaffen. Primär haben damals Gruppen wie SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) angedockt. Oder Gruppen, die etwas aufbauen wollten, junge Menschen, die eher „nerdige“ Themen hatten, die sich sonst nirgends wiederfinden. Und Menschen, die sich für aktive Beteiligung und Regionalentwicklung eingesetzt haben. Das war das Konglomerat der damaligen Gründungscrew, das waren um die 25 Personen. Damals war ich noch Regionalmanager für das Land Oberösterreich und in meiner Rolle ging es eher darum, so etwas wie eine lokale Machbarkeit zu testen. Es stellte sich heraus, dass es von den Gemeinden selbst heraus entstehen muss. Das hat dann dazu geführt, dass eine der Grundregeln entstand, die bis heute gilt: Über einen Gemeindebeschluss muss gewährleistet sein, dass Infrastruktur wie Raum zur Verfügung gestellt wird, noch bevor es darum geht, ein Team zu erstellen. Es ist unheimlich wichtig, dass man mit dem Gemeinderat oder der Kommune auf eine gute Dialogebene kommt, um das Anliegen zu vermitteln. Und dass in der Gruppe selbst auch klar transparent gemacht wird, was denn auch persönliche Ziele sind. Also worum geht es jedem persönlich? Wenn das ein ganz bestimmtes Ziel ist, dann haben wir gemerkt, dass da unheimlich viel Energie darin steckt, aber nicht sehr nachhaltig ist. Wenn es aber darum geht, langfristig in einem Ort zu leben, der Innovationen ermöglicht und eben diesen genannten Kulturwandel anstößt, dann ist definitiv vieles möglich. Wenn es wenig administrative, organisatorische Hürden gibt, kann alles sehr schnell gehen.

Ein bisschen wie Montessori

Einblick


OTELOS generieren den Humus für vorhandene Pflanzerln.

Was braucht Pop-Up-Engagement? Welche Rahmenbedingungen sind geeignet? Ein engagiertes Hostingteam aus dem Ort einerseits und eine gute Altersdurchmischung andererseits. Dies ist jedenfalls ein Schlüssel zum Gelingen. Wenn die Angebote sowohl für Senior*innen als auch für Jüngere und Mittelalterliche passen. Außerdem das Übertreten der Schwelle, auch mal experimentell etwas zu machen, ohne sich sofort mit Statuten und anderen toternsten Sachen zu beschäftigen. Es widerspricht total dem, wie junge Menschen ticken, wenn zuerst Aktivitäten eingebettet sein sollen, noch bevor sie stattfinden. Die haben eine Idee und wollen dann dazu was machen. Je niederschwelliger und schneller man dafür einen Ermöglichungsrahmen setzt, desto niedriger ist die Schwelle, dass das auch wieder weggeht. Wir stellen immer wieder fest, dass junge Menschen mit unglaublichem Engagement dabei sind und aber genauso schnell auch wieder aufhören. Einfach weil sich das Leben eben ändert, sie ziehen weg, Lebensphasen ändern sich dynamisch – wir wollen aber trotzdem einen Rahmen dafür schaffen und trotzdem im Fluss des Lebens bleiben können. So bleibt das Engagement sehr flexibel. Auch ergebnisoffen zu sein, erleichtert dies sehr. Das ist in der Kommunikation mit den Gemeinden oft schwierig, weil da oft konkrete Erwartungen damit verknüpft sind. Dafür machen wir alle fünf Jahre unseren Impact Report, um zu reflektieren und zu schauen, was wirkt wo, wann, wie.

Wir arbeiten ständig daran, dass die Niederschwelligkeit erhalten bleibt. Davon lebt das Konzept! Ein bisschen wie Montessori

Wie würdest du die gesellschaftliche Wirkung von OTELOS beschreiben? Ein riesiges Thema ist jedenfalls In-Begegnung-sein. Ganz grundsätzlich wieder Begegnungen zu ermöglichen. Vor allem auch generationenübergreifend. Viele Aktivitäten dienen hauptsächlich dazu, den sozialen Zusammenhalt zu stärken oder generell erst erlebbar zu machen, gerade wenn Menschen neu in Gemeinden ziehen. Da einen Andockpunkt zu finden, indem du dich selbst in einer Gemeinschaft wirksam erlebst, ist voll wichtig. Aber auch rund um soziale Innovationen wirken OTELOS, obwohl es eher Impulse und Aktivitäten in der Region, in der Gemeinde sind. Und manche blubbern dann sogar über die Ortsgrenzen hinaus. Ein weiterer Punkt ist sicher auch Bildung – aber im Sinne von community building und community education. Es gibt einfach in jedem Raum extrem cooles Know-how, aber oft keine Möglichkeiten, das in einfacher, guter Form weiterzugeben.

Martin Hollinetz Gründungsmitglied des „offenen Technologielabors“ OTELO. Das Netzwerk schafft und bietet Raum, um sich auszutauschen, zu experimentieren und etwas auszuprobieren.

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Co-Working und Co-Making mitten im Bregenzerwald: Die gute Stube schafft dafür Begegnungsraum. Der Wanderkiosk schafft temporäre Begegnungsräume. Der Budiker sorgt dafür, dass es an nichts fehlt. Getreu dem Motto: Eh alles da.

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In eurem Wirkungsbericht steht, dass OTELOS Impulse zur Zukunftsgestaltung sind. Inwiefern? Einerseits gibt es tatsächlich größere Runden oder Gruppen, die sich wirklich thematisch mit Zukunftsentwicklung, Politikgestaltung oder Technologiefolgenabschätzung beschäftigen. Das Besondere dabei ist, dass dies in Gruppen passiert, die sich sonst nicht treffen. In dem Spannungsfeld der Fremdheit, kann sehr viel Neues entstehen. Auch die OTELOGenossenschaft ist eigentlich dadurch entstanden, dass wir uns gefragt haben, wie anders wirtschaften und trotzdem unternehmerisch handeln ohne ständig Wachstum zu forcieren. Es hat drei Jahre gedauert, ein richtiger Suchprozess, bis wir unseren Weg gefunden haben. Mittlerweile gibt’s die Genossenschaft seit sechs Jahren. Das Interesse an dieser Form ist gerade jetzt in Pandemiezeiten extrem gestiegen. Und auch für kooperative Klimaaktivitäten. Viele OTELOS etablieren jetzt auch zu den jeweiligen Standorten Co-Working-Spaces im Einvernehmen mit den Gemeinden. Da hat sich einfach gezeigt, dass nur Co-Working-Spaces alleine in ländlichen Regionen nicht funktionieren, da braucht es eine andere Verknüpfung, irgendwie was Kommunales. Ich denke, dass wir da sehr wohl in bestimmten Bereichen immer wieder Entwicklungsimpulse setzen, aber eher nach Gaudi. Wir müssen keinem bestimmten Auftrag folgen.

Wie siehst du die Beziehung von ländlichem und städtischem Raum in Bezug auf eure Arbeit? Ich finde den Kreislauf zwischen Ländlichem und Urbanem sehr wichtig. Es hat sich gerade jetzt in der Pandemie gezeigt, dass viele junge Menschen wieder zurückkommen in ihre Heimatgemeinden, denn da gibt es wenigstens schöne Spazierwege. Die finden dann Anschluss bei den OTELOS und bringen so frischen Wind in die Diskussionen. In den Anfängen gab es große Begeisterung für „Hackspaces“ (Anm. d. Red, offener Raum für Hacker*innen und Wissenschaftsinteressierte), nach Vorbild von „Happylab“ in Wien. Wenn solche Modelle einfach übernommen werden und von der Stadt auf’s Land transferiert werden, funktioniert das nicht. Die Frage dabei ist: Wie kann von dem, was da positiv erlebt wurde, die Essenz gefunden werden und diese dann helfen herauszufinden, was davon auch im ländlichen Raum cool ist. Aber Inspiration ist extrem wichtig! Jetzt hat sich das gedreht: Wir bekommen Besuch von Delegationen aus Städten. Die schauen sich an, wie der ländliche Raum tickt, um Impulse für die Grätzlarbeit in der Stadt zu bekommen. Durch den gegenseitigen Austausch werden Themenfelder offener, Kooperationen entstehen.

Ein bisschen wie Montessori

Welche Potentiale ergeben sich denn in ländlichen Räumen durch solche Experimentierräume? Es entsteht sowas wie eine bewusste Forschung und Entwicklung in der Gemeinde. Ein Ort, an dem man schräg und vordenken darf und Dinge ausprobieren kann. Eine Art Rohdiamant, wo im Vorhinein nicht klar ist, was wirklich daraus wird. Aber wenn eine Gemeinde das Gefühl hat, es ist gut, dass es sowas im Ort gibt, macht das kulturell was. Es macht etwas mit der Bevölkerung, wenn es Angebote gibt, die der Haltung „Bei uns geht sowieso nie etwas“ widersprechen. Ein Ort in der Gemeinde, in dem man aktiv sein kann und aber auch das Gegenteil, einfach nur sein dürfen, ohne eine Agenda zu haben. Dafür gibt es eine große Sehnsucht.

Dein persönliches Highlight aus zehn Jahren OTELOS? Dass es nach zehn Jahren noch immer existiert. Es war am Anfang ein großes Experiment. Dass es die beiden ersten Standorte immer noch gibt und diese super unterwegs sind, ist wirklich etwas Besonderes. Das liegt an den Menschen, die den Ort mit Leben füllen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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OTELO Facts 4

> 30

neue Standorte sind während der Pandemie entstanden

Standorte, vermehrt Anfragen aus dem Ausland, derzeit konkret in Vietnam

Was sind Nodes? Nodes sind Gruppen mit unterschiedlichen Aktivitäten wie

Auf der Unternehmensebene ist das Innovative an der Otelo eGen, dass die angestellten Mitglieder gleichzeitig Arbeitnehmer*innen und Firmeneigentümer*innen sind.

„Strickleseln“ (gemeinsam stricken, lesen, diskutieren) „Jodelos“ (Jodelworkshops) „Robolab“ oder 3D-Druck-Labor

Alles findet Raum, unterschiedlich je nach Standort.

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Wo gibt es überall OTELOS?

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Offenheit und Vielfalt

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Die Otelo Genossenschaft wurde Anfang 2014 als erste Erwerbsgenossenschaft Österreichs gegründet. Sie hat sich aus den offenen Technologielaboren heraus entwickelt.

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2014

le. Teilhabe

Transparenz und Vertrauen Wandel und Humanismus

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In der Charta werden gemeinsame Leit- und Grundsätze beschrieben, die aktiv gelebt und weiterentwickelt werden. Sie bildet die Basis und das Verbindende aller Standorte. Einblick


Tee, Gespräche, Interaktion: Auch - oder gerade - im öffentlichen Raum.

Raum geben, Raum lassen

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Raum geben, Raum lassen In Feldkirch wurden in den letzten zehn Jahren verschiedenste Projekte initiiert, die sich mit der Nutzung des öffentlichen Raums beschäftigten. Nutzungen, die im Idealfall nicht vordefiniert sind, die als Möglichkeitsräume oder eben dritte Orte funktionieren. Atmosphärische Stadtraumgestaltung kann Angebote schaffen, beobachten, ausprobieren, was passieren will. Ein Einblick von Edgar Eller. Jede Stadt ist einzigartig. Darum hat auch jede Stadt einen eigenen Namen. Fast wie eine Person. Jedenfalls mit eigenem Charakter. Und genauso wie persönliche Biografien immer eingebettet sind in ein fein gewobenes Beziehungsgeflecht, lebt auch die Stadt nicht nur mit den, sondern durch die Beziehungen, die sie tragen. Die Stadt soll nicht attraktiv erscheinen, sie soll attraktiv sein. Volker Remy schreibt, es ginge um das Vorhandene und nicht um das Gewollte. Um Identität statt Image. Doch Beziehungen bestehen nicht nur aus Vorhandenem, sondern immer auch aus Möglichem. Sie bestehen aus dem, was ist, und aus dem, was sein kann. Denn es „ist“ nicht nur das Haus, der Fluss, die Straße. Sondern vor allem auch der Gestaltungswille der Menschen in einer Region. Und es „ist“ nicht nur das Potential derer, die per Blut- und Bodenbeweis ansässige Einheimische sind. Sondern auch jenes von Menschen, die nur temporär Zeit an einem Ort verbringen. Der Ort wird gestaltet von den Menschen, die ihn beleben.

In Feldkirch hat atmosphärische Stadtraumgestaltung eine lange Tradition. Veranstalter*innen wie die poolbar verändern jedes Jahr aufs Neue die Wahrnehmung des Reichenfelds, Akteur*innen wie die Villa Müller eröffnen Möglichkeitsräume in einer 800 m2 großen leerstehenden Villa. Das Stadtmarketing Feldkirch (firmiert unter „Stadtkultur Feldkirch“) vernetzt seit rund zehn Jahren in unterschiedlichsten Projekten und Prozessen genau jene Akteur*innen, denen die alternative Wahrnehmung des Stadtraums ein Anliegen ist. So entstanden Projekte wie das Feldhotel, das Teehaus, aber auch Formate wie der „Adventspaziergang“ im Rahmen der „Montforter Zwischentöne“ oder das Stadt/Studio gemeinsam mit der Universität Liechtenstein. Die Besonderheiten des öffentlichen Raumes nutzen. Ein Raum, der im Idealfall mehrfach offen ist. Nicht begrenzt auf einzelne Nutzer*innen und nicht begrenzt in möglichen Nutzungen. Öffentliche Plätze müssen daher im wahrsten Sinne des Wortes Raum lassen. Raum für spontane Situationen, für öffentliches Leben.

Erstmalig wurden nun die Projekte und Prozesse der Stadtkultur Feldkirch in einer Publikation zusammengeführt. Das Buch versteht sich nicht als wissenschaftlicher Beitrag zur Debatte, sondern als atmosphärisches Coffee-TableBook, das Lust macht, den eigenen Stadtraum zu gestalten und sich mit jenen zu vernetzen, die sich mit sowas auskennen. „Die Stadt als Anlass“ ist in der edition-V erschienen und im Buchhandel erhältlich.

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Einblick


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Wir wollten wissen, wie sich die Zusammenarbeit mit uns denn beschreiben lässt. Wie fühlt es sich an? Was macht uns – das FEB – aus? Andrea Blum vom Büro für nachhaltige Kommunikation hat vier ganz unterschiedliche Zusammenarbeitsgeschichten dokumentiert.

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Und, wie tickt das FEB?

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… ist Prozessbegleiterin. Die menschliche Grundhaltung strahlt viel Ruhe, Charme und Professionalität aus. Die Menschen sind authentisch und nehmen Ideen und Überlegungen aus der Gruppe ernst.

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… ist initiierend und lebendig. Auf entspanntsympathische und ganz persönliche Art und Weise engagiert. Die Menschen sind offen, motiviert, kompetent und innovativ. „In meiner neuen Funktion im Amt der Stadt Dornbirn arbeiten wir zusammen mit anderen Abteilungen der Verwaltung an einer umfassenden Engagementstrategie. Die Herausforderung besteht darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen bürgerschaftliches Engagement gedeihen und an Verwaltung und NGOs andocken kann. Dies erfordert die Bereitschaft aller, sich auf gemeinsame und gemeinwohlverträgliche Ziele und Interessen zu fokussieren, Strukturen und Prozesse gegebenenfalls anzupassen und immer wieder die eigene Rolle und Verantwortung in den Blick zu nehmen. Das Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung ist für mich ein wichtiger Partner als Impulsgeber, Berater und Drehscheibe. Für mich ist es ein wechselseitiger Austausch auf Augenhöhe, in dem Räume für gelingende Weiterentwicklung und Begegnung geöffnet werden. Mit den vielen Ideen und neuen Werkzeugen ergeben sich Möglichkeiten, die uns im positiven Sinne herausfordern und auf Trab halten. Vor allem aber helfen sie uns Veränderungsprozesse anzustoßen und gut zu begleiten.“

„Um einen anspruchsvollen Prozess rund um den Regionalen Aktionsplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern professionell zu gestalten, ist eine sehr befruchtende Zusammenarbeit mit dem Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung und eine Online-Auftaktveranstaltung entstanden. Es ist uns dabei gelungen die Systempartner*innen abzuholen und zu begeistern. Eine Arbeitsgruppe konnte daraus gebildet werden. Ich empfinde die Zusammenarbeit als lebendiges Miteinander. Kompetent und authentisch in einer konstruktiven Arbeitsatmosphäre. Herausfordernd für mich waren die langen Check-in-Phasen und auch manches Mal die Art der Kommunikation und des Hostings, das sehr vom Zurückfragen geprägt ist. Durch die persönliche Art des Moderationsteams ist es gelungen, die Gruppe zu leiten und die Spannung aufrecht zu halten. Die Ergebnisse wurden in einer fortlaufenden Dokumentation erfasst, die der weiteren Arbeit dienen.“ Tanja Kopf | Amt der Vorarlberger Landesregierung, Frauen und Gleichstellung

Stefan Arlanch | Amt der Stadt Dornbirn, Gesundheit und Sozialplanung

Und, wie tickt das FEB?

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Urs Treuhardt (

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Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung ...

… ist chaordisch. Etwas zwischen Chaos und Ordnung. Die Menschen sind gute Zuhörer und fördern ein achtsames Miteinander. „Aus einem geplanten Kongress ist ein Prozess entstanden: LandStadt-Vorarlberg. Ein spezieller, vielfältiger und attraktiver Lebensraum mit großem Potential. Weder Stadt, noch Land. Unsere Kernfrage dabei: Wie können wir nachhaltige Begegnungen schaffen und was macht eine gute Begegnungskultur aus? Wie bereichert jeder Mensch diesen Raum? Wir wollen diesen chancenreichsten Lebensraum verstehen und daraus das volle Potential schöpfen. In Anbetracht der Komplexität der Fragestellung und Zusammensetzung der Kooperationspartner in diesem Beteiligungsprozess waren die Problemstellungen hierarchisch klar nicht lösbar. So ist gemeinsam mit dem Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung ein Experimentierfeld für zukünftige Arbeitsweisen und Begegnung von Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten entstanden. Mit dem Ziel gemeinsam zu wachsen. Das setzt Vertrauen voraus. Es wurde klar, dass jede und jeder einen Beitrag zum Gelingen beizutragen hat. Budgetäre Fragen sind Herausforderungen in diesem Prozess, wenn noch nicht ganz klar ist, was diese Sache konkret für jeden Einzelnen bringt. Zulassen, dass es unbeantwortete Fragen gibt, ist nicht leicht.“ Urs Treuhardt | Bodensee Vorarlberg Tourismus, Convention Partner Vorarlberg und micelab:bodensee

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… ist Wegbereiter mit Pioniergeist. Unbürokratisch mit anderen Zugängen und Methoden. Die Menschen sind mutig und denken von der Zukunft her. „Über den Naturpark Rätikon holten wir die unterschiedlichsten Akteure aus den drei beteiligten Vorarlberger Talschaften mit an Bord dieses internationalen Projektes. Konkret wurden wir dabei unterstützt, indem wir professionelles Feedback für unsere Herangehensweisen, Ideen und Lösungsansätze erhielten. Durch gezieltes Hinterfragen kamen wir weiter. Wir ließen uns bei der Planung des partizipativen Prozesses über die Schulter schauen und Werkzeuge, Kontakte und Empfehlungen mit auf den Weg geben. Durch die agile und nicht hierarchische Organisation, die Interdisziplinarität und Perspektivenvielfalt entstehen einfach bessere Konzepte. Wenn es um Themen wie Sozialkapital oder Art of Hosting geht, führt kein Weg am Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung vorbei. Die etwas andere Denk- und Arbeitsweise, wie auch beispielsweise das Sitzen im Stuhlkreis und nicht immer sofort alles auf den Punkt zu bringen und eine Lösung präsentieren zu können, kann vielleicht eine Herausforderung für den Einzelnen sein.“ Birgit Reutz | Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Forschungsgruppe Tourismus und nachhaltige Entwicklung

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Einladung zum utopischen Denken oder ein Festival rund um neue Formate für eine gute Zukunft.

Tage der Utopie

Das FEB ist seit vielen Jahren Partner und Förderer des Festivals.

Für viele ein gewohntes, ja geradezu liebgewonnenes Bild. Alle zwei Jahre spazieren offene Geister, kritische Zeitgenoss*innen und neugierige Wundrige den steilen Aufgang Richtung Bildungshaus St. Arbogast. Unterwegs wird gegrüßt, man kennt einander. Der Ausblick auf die umliegenden Gipfel wirkt jedes Mal auf’s Neue und lädt bereits hier zum offenen Denken ein. Ihr gemeinsames Ziel: Die Tage der Utopie – ein Festival für enkeltaugliche Zukunftsbilder. Zwischen Vorträgen, Workshops und Zukunftsmusik gibt es viel Raum für Gespräche. Der Stoff dafür ist reichlich vorhanden und wird seit 2003 mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail von Hans-Joachim Gögl und Josef Kittinger kuratiert. Auch dieses Jahr erwarten die Besucher*innen an zwei Orten (St. Arbogast und Kulturbühne AMBACH) und zuhause vor den Bildschirmen – wie könnte es anders sein – ein Programm, das nicht nur zum Mit- und Nachdenken einlädt, sondern auch ganz neue Möglichkeitsräume öffnet.


Neue Wege vom Wissen zum Tun SA, 01.05.2021 Referentin: Nora Wilhelm, Soziale Innovation

Strategien des Wandels

Für einen Umbau unserer Städte und Gemeinden zu offenen Lebensräumen FR, 30.04.2021 Referent: Reiner Nagel, Städteplaner und Architekt

KinderLandStadt

Wie erzählt man eine Utopie so, dass alle sofort in sie auswandern wollen? DO, 29.04.2021 Referent: Ilija Trojanow, Schriftsteller

Geschichten, die verwandeln

Die Zukunft ist offen MI, 28.04.2021 Referentin: Ariadne von Schirach, Philosophin

Wie wir Angst und Ohnmacht überwinden

Eine Rückschau auf das Jahr 2062 DI, 27.04.2021 Referent: Matthias Glaubrecht, Biologe

Das Ende vom Ende der Artenvielfalt

Digitalisierung, Neue Arbeit, neues Glück MO, 26.04.2021 Referent: Lasse Rheingans, Unternehmer

Der 5 Stunden-Tag

Zukunftsmusik: Juri de Marco, Horn Christoph Reuter, Klavier

Kulturbühne AMBACH und Arbogast, Götzis Online als Live-Stream und wenn möglich vor Ort www.tagederutopie.org

Neue Formate für eine gute Zukunft Vorträge, Dialoge und Neue Musik

26. April bis 01. Mai 2021


Was wir dringend benötigen, ist Produktion von Zukunft!

Utopie. Also der Entwurf einer möglichen, zukünftigen, meist aber fiktiven Lebensform oder Gesellschaftsordnung, die nicht an zeitgenössische historischkulturelle Rahmenbedingungen gebunden ist. So will es Wikipedia. Also nur ein weit entfernter Ort, den es nicht gibt? Nein, viel mehr, sagt Schriftsteller Ilija Trojanow.

Ilija Trojanow Vielfach ausgezeichneter Schriftsteller, Übersetzer, Verleger, Weltenbummler. Geboren in Bulgarien. Seine zahlreichen Bücher wurden unter anderem ins Arabische, Chinesische und Russische übersetzt.

Was wir dringend benötigen, ist Produktion von Zukunft!

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Die Essenz des utopischen Denkens Zur Vorbereitung auf meinen noch andauernden Versuch, einen utopischen Roman zu verfassen (einen wirklich utopischen, keinen apokalyptischen, wie es gegenwärtig Mode ist, weder Überlebensthriller noch Zombiehorror), habe ich in letzter Zeit einige Dutzend berühmte sowie eine Reihe in Vergessenheit geratene Vorläufer gelesen – aus verschiedenen Epochen und unterschiedlichen Kulturen, Klassiker des Genres sowie gegenwärtige Erzählungen. Narrative, die in einer Zukunft verortet sind, die wir – kalendarisch betrachtet – schon erreicht haben. Oder auch solche, die eine Epoche vorausdenken, die noch in unserer Zukunft liegt (etwa das Jahr 2086). Auch die Form ist sehr mannigfaltig; sie reicht von (mehr oder weniger gelungenen) Romanen über Essays und philosophischen Betrachtungen bis hin zu politischen Pamphleten. Es gibt eine reiche Tradition an utopischen Texten. Natürlich zeichnet sich an diesem utopischen Horizont, wie nicht anders zu erwarten, eine Vielfalt an Visionen und Ideen, an Ansätzen und Lösungen ab. Und doch verblüffte mich beim Lesen zunehmend eine überraschende Übereinstimmung der Texte hinsichtlich der wesentlichen Aspekte dieser besseren Welt. Je mehr ich las, desto klarer zeichnete sich ab, dass die menschliche Sehnsucht nach einem guten Leben eine bestimmte Richtung vorgibt, eine klare Tendenz vorweist. Bei aller Differenz erstrahlt in jeder der Utopien ein vertrautes Licht. Viele Sprachen, und doch eine zugrundeliegende Grammatik. Es erschien möglich, aus all diesen visionären Entwürfen ein Destillat zu gewinnen, quasi ein hochkonzentrierter utopischer Brühwürfel (oder Zaubertrank). Die Vorstellung faszinierte mich, weil ich mir einbildete, dass ein solches Destillat uns einiges vermitteln könnte über das Wesen des Menschen jenseits von Zurichtung und Manipulation (an seinen Tagträumen sollst du ihn erkennen, nicht an seinen Alpträumen). Ein solches Destillat könnte zudem einen der zentralen Kritikpunkte gegenüber dem utopischen Denken entkräften. Der Fehler aller Utopisten bestünde in der Annahme, so die herrschende Kritik, ihre ausgedachte ideelle Gesellschaft könnte für alle Menschen gleichermaßen funktionieren, ergo alle beglücken. Das sei aber ein Trugschluss, denn unabhängig davon, wie die Gesellschaft konkret organisiert sei, werde es stets Menschen geben, die sie in ihrer jeweiligen Form grundsätzlich ablehnen, weswegen jede Gesellschaftsform unweigerlich für manche Menschen darin zu einer Dystopie verkommen müsse. Anders formuliert: Da sich die Menschheit nie über das Utopische einigen wird, müssen wir notgedrungen in der real existierenden Mängelwelt ausharren.

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Was wäre wenn? Was wäre, wenn die Antwort auf diese Einwände lauten könnte: Im Wesenskern des seit fünf Jahrhunderten reichhaltigen visionären Nachdenkens existiert eine Haltung, die trotz aller Unterschiede hinsichtlich von Erfahrung und Geschmack, von Prägung und Bestrebung, auf ein bestimmtes Idealbild von Gesellschaft hinweist. Vergleichbar der Tatsache, dass alle Religionen und ethische Konzeptionen weltweit ohne Absprache und oft ohne gegenseitige Beeinflussung die „Goldene Regel“ postuliert haben:

„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“ Wir sind uns ähnlicher, als uns eingeredet wird, auch beim utopischen Denken! Und was wäre, wenn gerade diese Übereinstimmung einen Stimulus für die Verbesserung der Verhältnisse bildet, indem sie ermöglicht, dass das Visionäre als mehrheitsfähiger Vorschlag wahrgenommen wird, und nicht als absurde, eigenwillige Phantasmagorie. Hannah Arendt hat einmal betont, „dass keine hervorragende Leistung möglich ist, wenn die Welt selbst ihr nicht einen Platz einräumt.“ Was im Umkehrschluss bedeutet, dass die utopischen Werke erst den Raum schaffen für eine Veränderung, für die zuvor kein Platz da war. Für das Neue. Und kann natürlich nur funktionieren, wenn es einer großen Anzahl von Menschen – gefühlsmäßig und/oder rational – einleuchtet? Wie etwa die Utopie der Allgemeinen Menschenrechte. Aus diesen Gründen möchte ich den – zugegebenermaßen groben – Versuch wagen, eine Essenz des utopischen Denkens herauszudestillieren. Die angeführten Aspekte kommen alle in einer Mehrzahl der von mir gelesenen Utopien vor. Sie sind natürlich meist kausal miteinander verknüpft und stehen in den Werken nicht so prosaisch nackt da wie in dieser Aufzählung.

Einblick


Essenz des utopischen Denkens

Das Wirtschaftliche • Wertschätzung der Natur; umweltbewusste Lebensweise, nachhaltige Produktion, Recycling als ökonomische Basis; Einsatz erneuerbarer Energien und Ressourcen; Herstellung von äußerst langlebigen Produkten, die dem tatsächlichen Bedarf der Menschen entsprechen, nicht dem künstlich durch Werbung erzeugten • Wirtschaftswachstum gilt nicht mehr als Ziel • Kooperation und Tausch statt Wettbewerb und Profit • freier Zugang zu materiellen Gütern der Grundversorgung für alle • Technologie im Dienst einer höheren Lebensqualität aller Menschen • kein obsessiver Konsum mehr; keine Verschwendung • kein Hunger („Wenn wir erfahren würden, dass ein einziger Mensch irgendwo auf Erden hungert, würden wir uns alle als schuldig betrachten, würden wir uns alle aufgefordert fühlen, diesen Missstand zu beseitigen.“

Das Politische

Das Gesellschaftliche

• flache Hierarchien, keine rigiden, verkrusteten Institutionen; keine Machtkonzentration in den Händen weniger Menschen • keine festgeschriebenen oder ungeschriebenen Privilegien für eine bevorzugte Minderheit • Netzwerke statt Autoritäten • Dezentralisierung • direkte Demokratie, Plebiszite, Teilhabe an politischen Entscheidungen; lokale Vollversammlung aller Bürger*innen • Frieden, Gewaltlosigkeit; Abschaffung von Militärs und Rüstungsindustrie • Achtung der Tiere • keine Strafjustiz; statt Bestrafung Behandlung; schlimmstenfalls Verbannung/Verstoßung aus der Gemeinschaft

• Überwindung des Patriarchats sowie aller Formen von Rassismus • Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung aller Bürger*innen • freie Entfaltung jedes Einzelnen, Selbstständigkeit im Denken und Handeln; freie Wahl der eigenen Tätigkeit gemäß den Talenten und Bedürfnissen des Individuums • die Menschen kommunizieren würdevoll gleichberechtigt miteinander; ein gegenseitiges (Zu) Hören und (An)Sehen • es herrscht Toleranz und Akzeptanz gegenüber allen Lebensstilen vor; keine (moralisch begründeten) Vorschriften bezüglich Glauben, sexueller Orientierung, Kleidung, und so weiter, und so fort

Was wir dringend benötigen, ist Produktion von Zukunft!

• hohes Maß an Selbstorganisation und Selbstversorgung • bevorzugt vegetarische Ernährung (interessanterweise erkannte schon H.G. Wells den dieser Tage höchst aktuellen Zusammenhang zwischen Krankheit und Fleischindustrie: „Wir können den Gedanken an Schlachthöfe nicht mehr ertragen. (…) Wir haben die hygienische Frage des Fleischessens nie klären können. Dieser Aspekt war entscheidend. Ich erinnere mich, wie ich als Junge über die Schließung des letzten Schlachthauses gejubelt habe.“) • Abschaffung des Geldes; stattdessen ein System sozialer Guthaben, mit einer gesicherten Befriedigung aller Grundbedürfnisse; freier Zugang zu allen Allmendegütern (Luft, Wasser, Musik, Gesundheitsversorgung) • Abschaffung erniedrigender und gefährlicher Arbeit durch Automatisierung • Statt Arbeit sinnvolle Beschäftigung, kreative und soziale Aktivitäten

• eine grundsätzliche Wertschätzung von Vielfalt; eine Akzeptanz individueller Eigenwilligkeiten (Exzentrik als neue Normalität) • Altruismus als selbstverständliche Grundhaltung; gelebte Hilfsbereitschaft und Solidarität • Nähe und Wärme innerhalb der Gemeinschaft • Offenheit für Veränderung • freier Bildungszugang für alle • eine Erziehung, die den Fokus auf immaterielle Werte und auf Gemeinschaftssinn legt (Empathie als wichtigstes Fach) • Spiritualität statt religiöses Dogma • offener, freier Umgang mit Sexualität; keine Pornografie

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Dies hier ist so etwas wie ein Trockendock für Utopien, die ansonsten munter den vermeintlichen Weltgrenzen entgegen segeln, immerzu zu neuen Ufern. Wer diese Liste aufmerksam liest, wird Schwierigkeiten haben, sich ein politisches Programm vorzustellen, das solche Vorstellungen in ihrer Gesamtheit ablehnt und bekämpft, und zugleich auf dem Boden einer auch nur rudimentären Menschlichkeit steht (von der planetarischen Verantwortung ganz zu schweigen). Es wäre ein lohnenswertes Experiment, dieses Destillat zur allgemeinen Wahl zu stellen, als Alternative zu der real existierenden Zerstörung und Ausbeutung von Planet und Menschen. Für welche Alternative würde sich eine Mehrheit entscheiden, wenn sie frei, also gut informiert sowie ohne propagandistische Einflussnahme, entscheiden könnte? Wäre das Gegenteil des Brexit dann ein Kapitalexit?! Immer wieder kreisen die utopischen Narrative um das Spannungsverhältnis zwischen dem Individuum und dem Kollektiv, in dem Bestreben, jene Synthese zu erzielen, die absolut notwendig ist, um individuelle Freiheit und gesamtgesellschaftliche Gerechtigkeit in Balance zu halten. Einerseits trägt das Individuum eine Verantwortung gegenüber seinem sozialen Umfeld – das durch sozialen Austausch erreichte gemeinsame Gut genießt höhere Priorität als die jeweiligen Einzelinteressen. Gleichzeitig wird die Entfaltung der individuellen Persönlichkeit samt ihren spezifischen Eigenschaften in keiner Weise eingeschränkt oder gar verhindert. Es existiert ein hohes Maß an Solidarität, die gleichberechtigte Partizipation aller wird angestrebt. Zugleich gibt es jene geschützten Räume, in denen der Einzelne sich beim Rückzug aus dem Kollektiv frei entfalten und entwickeln kann, ohne in ein antagonistisches Verhältnis zu den größeren Zusammenhängen und den gesellschaftlichen Interessen zu treten. Was wie eine Quadratur des Kreises klingt in Zeiten, in denen die starre Gegensätzlichkeit von Egoismus und Selbstaufopferung dominiert, ist die wertvollste Quintessenz utopischen Denkens. Vielleicht hat keiner diese Überzeugung besser zusammengefasst als der englische Philosoph John Stuart Mill (der übrigens den Begriff der „Dystopie“ geprägt hat):

„Glücklich sind nur diejenigen, die sich auf ein anderes Objekt als ihr eigenes Glück fixiert haben; auf das Glück anderer, auf die Verbesserung der Menschheit, selbst auf eine Kunst oder ein Streben, das nicht als Mittel, sondern als idealer Zweck verfolgt wird. Wenn sie also auf etwas anderes zielen, finden sie übrigens ihr Glück.“

Gelesene Utopien (eine Auswahl) • Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf 1887, Edward Bellamy • Freie Geister, Ursula Le Guin (sowie weitere utopische Romane von ihr) • Der rote Planet, Alexander Bogdanow • Ökotopia, Ernest Callenbach • Utopie der Barrikaden, Joseph Déjacque • Triton, Samual Delany • 2086 – Sturz in die Zukunft, Robert A. Heinlein

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• Die drei Sonnen, Cixin Liu • Das Jahr 2440, Louis S. Mercier • Utopia, Thomas Morus • Die Frau am Abgrund der Zeit, Marge Piercy • Pazifische Grenze, Kim Stanley Robinson (sowie weitere utopische Romane von ihm) • Eine Weile entfernt, Joanna Russ • Ein modernes Utopia, H.G. Wells

Einblick


On the Road Fachtagung: „Von Jung bis Alt engagiert dabei: Worauf kommt es an?“ 10. Dezember 2020, Online Auch dieses Jahr nutzten wir den Tag des Ehrenamtes um neue Entwicklungen aufzuzeigen, Praxismodelle vorzustellen und miteinander in Austausch zu kommen. Über 80 Interessierte waren mit dabei und konnten von viel Fachinput verschiedener Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis profitieren. Kriemhild Büchel-Kapeller stellte ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine und führte durch den Abend.

On the Road

Weiterbildungen besuchen, spannende Veranstaltungen begleiten, Wissen weitergeben – auch im letzten halben Jahr fast ausschließlich online. Vieles findet nach wie vor im digitalen Raum statt und es fühlt sich mittlerweile auch schon fast normal an. Das Positive: Es ergeben sich auch ganz neue Möglichkeiten rund um das örtliche „Einsatzgebiet“ des FEB. So ist unser Know-how mittlerweile regelmäßig im gesamten deutschsprachigen Raum – und darüber hinaus – gefragt. In welchen digitalen Räumen war das Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung im letzten halben Jahr unterwegs? Ein Auszug.

Input: „Das Soziale in Krisenzeiten“, 10. Ostschweizer Gemeindetagung 11. Dezember 2020, Online Auch die 10. Ostschweizer Gemeindetagung fand 2020 online statt. Kriemhild Büchel-Kapeller hielt ein Online-Teaching und ging dabei vor allem auf die Bedeutung des Sozialen in herausfordernden Zeiten ein. Getreu dem Motto der Veranstaltung: Robust und widerstandsfähig im Krisenfall war insbesondere die Rolle der Bürger*innen zentral: „Eine Strategie haben alle, aber die Menschen machen den Unterschied.“ Wir danken den Veranstaltern ‚OST – Ostschweizer Fachhochschule‘ (Zusammenschluss aus Fachhochschule St. Gallen, Hochschule für Technik Rapperswil und Interstaatliche Hochschule für Technik, kurz NTB, Buchs) für die Einladung!

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Transferworkshop: „Im Fokus: Partizipation und Co-Creation“ 10. September 2020, hybrid Gemeinsam mit dem Referat für Verwaltungsinnovationen (Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport) veranstaltete das FEB ein Transferworkshop rund um das Thema Partizipation und Co-Creation. Neun Kurzimpulse zu Projekten, die beim Verwaltungspreis 2020 ausgezeichnet bzw. eingereicht wurden, füllten den Vormittag gut aus. Am Nachmittag stand der Austausch in Kleingruppen im Fokus. Christoph Kutzer moderierte nicht nur durch den Tag, sondern stellte auch aha plus und die Vorarlberger Bürgerräte vor. Judith Lutz erzählte dem interessierten Publikum die Entstehungsgeschichte, Besonderheiten und Entwicklungspotentiale rund um die Projektschmiede.

Webinar: „Klimadialog – Wie sag ich’s meiner Nachbarschaft?“

Workshop: Digitale Beteiligung, Creative Bureaucracy Festival 28. September – 2. Oktober 2020 Dass Verwaltung alles andere als ideenlos und verstaubt ist, zeigt sich jährlich beim größten ComeTogether visionärer und innovativer Menschen des öffentlichen Sektors. „Normalerweise“ in Berlin, dieses Jahr per Zoom. Michael Lederer gestaltete gemeinsam mit Akteur*innen (Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Bundeskanzleramt Deutschland, Politics for Tomorrow, Allianz für Beteiligung e.V. und der MFG-Medienund Filmgesellschaft Baden-Württemberg) einen Workshop zum Thema „Beteiligung gestalten“ – Wie kann Digitalisierung Öffentlichkeitsbeteiligung stärken und nachhaltigere Entscheidungen ermöglichen?“

16. Oktober 2020, Online Im Rahmen der klimaaktiv Webinarreihe „Restart! Aufbruch in das neue Klimajahrzehnt“ organsierte das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie eine Online-Veranstaltung zum Thema „Klimadialog – Wie sag ich’s meiner Nachbarschaft?“ Judith Lutz wurde dazu eingeladen, das Vorarlberger Bürgerrats-Modell vorzustellen. Es entstand anschließend eine lebhafte Diskussion rund um die Frage, wie das Modell in Klimafragen eingesetzt werden könnte. 53 Teilnehmende aus ganz Österreich waren live mit dabei.

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LandStadt-Vorarlberg bei den Rural Design Days 13. und 14. März 2021, Online Die Pandemie hat das Bewusstsein für ländliche Regionen und deren Möglichkeiten erheblich gesteigert. Das Online-Event Rural Design Days zielte darauf ab, Designer*innen, Innovator*innen und Visionär*innen rund um den Globus anzusprechen und miteinander zu verbinden. Adressiert wurden die neuen Herausforderungen und Möglichkeiten ländlicher Räume in Zeiten vielfältiger Transformationen. Mit dabei: Bertram Meusburger, der über LandStadt-Vorarlberg berichtete und das Projekt einem breiten Publikum vorstellen konnte.

Einblick


Zahlen 2020

Stunden im 7261 Jah r2 02 0

=

1,63 %

0 % 10

Öffentlichkeitsarbeit

27,93 %

Systemleistungen

27,46 %

Nachhaltige Entwicklung

19,17 %

Freiwilliges Engagement

23,81 %

Pr oz

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Bürgerbeteiligung

e Ar b h c Personaleinsatz na

Freiwillige sE ment age ng

107.000

Bürgerbet

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128.000

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Sachaufwand nach Arbeitsbereich in Euro

Zahlen 2020

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29

Online-Konsultationen über die Plattform „Vorarlberg Mitdenken Online“

1.530 Personen in

31

Impusvorträgen zu den Themen Engagement, Sozialkapital und Beteiligung erreicht

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Remote-Projektschmieden mit über 200 Teilnehmer*innen

geförderte Projekte im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung

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Zahlen, Daten, Fakten aus dem FEB

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Was ist dein Grashalm? Mein Frauchen hat letzthin was gesagt, da hab’ ich meine Fledermausohren aber gespitzt: Das Schöne am Frühling ist, dass er immer dann kommt, wenn man ihn am dringendsten braucht. Okay, sie hat mir das nur vorgelesen, ein gewisser Jean Paul hat das gesagt. Dass ihr Menschen immer alles in Worte packen müsst, wenn's doch vor allem darum geht, zu fühlen. Aber ich finde, da hat er so was von recht. Die letzten Monate waren im außen unaufgeregt. Doch hier hat sich ganz schön viel abgespielt. Manchmal war einfach plötzlich alles anders als am Tag zuvor. Alle waren so sehr beschäftigt, dass ich mich echt ganz schön bemühen musste, sie zu ihren Pausen zu bringen. Okay, es waren auch trübe Tage mit dabei, aber auf die tägliche Dosis frische Luft sollte man trotzdem nicht verzichten. Spazierengehen und so. Wer, wie ich, mit offenen Ohren und Herzen durch's Leben geht, wird schnell merken – der Frühling ist da. In voller Blüte. Alles riecht gut, ja, es duftet geradezu nach Neuanfang. Die Luft ist mild, die Sonne wärmt wohlig warm. Die Welt ist wieder bunter, das Gras saftig grün. Ich strawanze ja am allerliebsten mit meiner Hundefreundin Bluna durch Wald und Wiesen. Da lassen wir uns auch mal den ein oder anderen Grashalm schmecken. Geheimtipp: morgens, mit etwas Tau drauf, ist das echt ein Hochgenuss. Das weckt so richtig Glücksgefühle in mir! Und Frühling, das ist doch Glück pur. Ihr seht schon, ich gehe wieder voll in meiner Rolle als feel good manager auf. Da war ich wirklich gefragt die letzten Monate, weil alle um mich herum irgendwie noch immer etwas träge waren. Und auch besorgt. Und traurig. So was spüre ich einfach.

Ich bin Kalle, der Bürohund

Aber jetzt geht’s wieder aufwärts. Die Mundwinkel der Menschen, die mir begegnen, wandern wieder nach oben. Sie waren jetzt lang genug im Winterschlaf.

Und, was ist dein Grashalm?

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(v.l.nr.): Bertram Meusburger, Christiane Schallert, Kriemhild Büchel-Kapeller, Judith Lutz mit Kalle, Michael Lederer, Janin Salzger, Christoph Kutzer, Stefan Lins und Julia Stadelmann

Hello again! Wir sind’s, das FEB!

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Es ist höchste Zeit, uns mal wieder vollzählig zu zeigen. Nach wie vor ist unser Team zwar projektbezogen gut miteinander vernetzt, der beliebte Thekentalk fehlt uns aber sehr. Und ganz ehrlich: So richtig gemeinsam im Flow sind wir derzeit aber nicht. Wie ihr seht, sind wir derzeit zu neunt. Julia ist aus der Karenz zurückgekehrt und arbeitet nun bis Mitte Juni wieder bei uns, dann wird wieder karenziert. Wer ihr nachfolgt, erfahrt ihr (spätestens) in der Herbst-Ausgabe. Janin war einige Zeit intensiv im Infektionsteam tätig, um tatkräftig beim Contact-Tracing zu unterstützen. Sozusagen Praktikum als Lebensschule. Christiane, Kriemhild und Michael halten die Stellung vor Ort, die anderen pendeln zwischen Home-Office und FEB-Zentrale in der Jahnstraße hin und her. Ach ja und Bertram ist mit Jahresbeginn etwas kürzergetreten und wird weniger arbeiten – eine coole Erfindung, diese Altersteilzeit. Das war’s auch schon wieder mit dem Flurfunk. Doch, auch diese Meldung hat Newswert: Eine neue Kaffeemaschine ist bei uns eingezogen. Das Überlebenselexier der letzten Monate. Ach was, Jahre.

Hello again!


Frage an das ungetrennte Leben

Ein unerwarteter Gast tritt in den Windfang. Es ist Montag oder Dienstag, frühmorgens, und der Spätherbsttau macht noch die Grashalme nass. Die Tage zuvor waren durchwachsen wie das echte Leben. Zum einen entgleitet mir zunehmend der Überblick, vielmehr aber noch das Durchschauen des Wesentlichen. Zum anderen lass ich mir das Unwesentliche entgehen, weil ich die Zeit verloren habe, die man braucht; still und schweigend, hockend im Halbschatten der eigenen vier Zimmerwände. Die Zeit, die man braucht, um die Zeit zu verlernen. Darauf muss ich vorbereitet sein. Eigentlich ständig wartend – zuwartend oder erwartend – während die Dinge einfach nur passieren und die Welt vorübergeht. Oder: Ich zum Vorübergehenden werde, wertlos und/oder wertfrei, während die Bedingungen als solche zerfallen in ihre ursprüngliche Nichtigkeit. Er tritt also ein, offene Türen, dieser unerwartete Gast und bringt Licht in den Windfang, damit ich das Licht fangen kann und nicht mehr den Wind; damit mein Haschen aufhört. Der begonnene Tag streicht über den Tau; herinnen bleibt ein Aufwachen. Ein Aufwachen aus dem stehenden Traum des Alltags, aus dem Wirken des eben Unüberschaubaren, aus der Komplexität, die von den zusammengefassten Menschengedanken (geschweige vom Menschen als Alleinigem) nicht mehr gesammelt und verstanden werden können, die (tatsächlich) zur Willkür werden, zum Puzzlespiel für Abgrundtiefe. Es passt also, wenn mein Gast ein unerwarteter ist. Denn er entzieht sich meiner Vorstellung (Erwartung) und steht still wenn ich mich bewege, tritt ein, wenn ich still bin; frühmorgens bestenfalls, damit er ein gegenwärtiger Begleiter in einer ungegenwärtigen Zeit ist. Oder damit er Ereignis sein kann, ein Ereignis ohne Perspektive; weil mein Blick immer in die Zukunft schaut und dabei auf den einzigen Besitz vergisst, den ich jemals habe: Jetzt. Die Tage spielen also keine Rolle. Sie durchziehen nur die Zeit, während ich ein leeres Blatt Papier anstarre und eine Frage darauf schreibe: „Wie bekomme ich die Hoffnung aus der Zukunft heraus?“

Frage an das ungetrennte Leben

„Verlernen wir die Zeit.“

Wir haben Johannes Lampert gefragt, ob ihm die Hoffnung einen Besuch abstatten darf. Geblieben ist das Jetzt.

Der unerwartete Gast hat mich warten lassen. Er hat mich warten lassen in der Zeit, die ich verlernen muss. „Warten für ein Bewusstsein, für ein ständiges Spüren der Vergänglichkeit von eigentlich eh allem.“ Das steht inzwischen als Notiz (nicht als Antwort) unter meiner Frage auf dem Blatt Papier. Jede Perspektive braucht einen Zeitstrang, braucht eine Richtung, auf die sie hinarbeitet. Noch immer stelle ich mir dieselbe Frage und höre langsam auf, mich auf sie zuzubewegen: Früh am Morgen, wenn er kommt mit einem Licht, das sich ausruht im Vorraum, kann ich meinen Gast nur umarmen, wenn ich stillstehe und ihm denselben Moment gewähre. Ich kann ihn nur umarmen, wenn ich ihn aus der Zeit löse und ihm keine Zukunft mehr gebe. Wenn er mich jetzt berührt, mit seinem lichtgefluteten Körper, bestimmt er den einzigen Besitz, den ich jemals habe. Dann bestimmt er nicht mehr meine Vorstellungen und Träume, sondern macht mich: Unerwartet. (Ich muss wohl gestehen, dass ich den Begriff „Hoffnung“ nachgeschlagen habe. Er kommt von „hüpfen“ oder „zappelnd und unruhig warten“. Deshalb ist der Begriff „Hoffnung“ für den Menschen beinahe untrennbar mit dem Zeitlichen verbunden. Seine Perspektive liegt in der Zukunft, seine Kraft verpufft jedoch in der Gegenwart. Der Mensch richtet seine Intentionen ständig auf die an ihm haftenden Vorstellungen. Wir sind eben nur ausgerichtet auf die Ereignisse, die gerade nicht stattfinden. Deshalb gibt es die unerlässliche Notwendigkeit, dass wir die Hoffnung von ihrer zeitlichen Komponente befreien müssen. Denn die Hoffnung ist jetzt: Sie hat keine Perspektive, weil sie nicht für den einzelnen Menschen gilt. Die Hoffnung ist jetzt, weil sie immer nur jetzt aufgehen und sich entfalten kann; weil sie sich immer jetzt erfüllt. Diese Zeilen sind nur ein Entledigen von der Zeit; sind ein Erinnern an die Zeit, die man braucht, um die Zeit zu verlernen. Die Hoffnung stirbt nicht.)

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Ausblick 57


Frage an das ungetrennte Leben

Ein unerwarteter Gast tritt in den Windfang. Es ist Montag oder Dienstag, frühmorgens, und der Spätherbsttau macht noch die Grashalme nass. Die Tage zuvor waren durchwachsen wie das echte Leben. Zum einen entgleitet mir zunehmend der Überblick, vielmehr aber noch das Durchschauen des Wesentlichen. Zum anderen lass ich mir das Unwesentliche entgehen, weil ich die Zeit verloren habe, die man braucht; still und schweigend, hockend im Halbschatten der eigenen vier Zimmerwände. Die Zeit, die man braucht, um die Zeit zu verlernen. Darauf muss ich vorbereitet sein. Eigentlich ständig wartend – zuwartend oder erwartend – während die Dinge einfach nur passieren und die Welt vorübergeht. Oder: Ich zum Vorübergehenden werde, wertlos und/oder wertfrei, während die Bedingungen als solche zerfallen in ihre ursprüngliche Nichtigkeit. Er tritt also ein, offene Türen, dieser unerwartete Gast und bringt Licht in den Windfang, damit ich das Licht fangen kann und nicht mehr den Wind; damit mein Haschen aufhört. Der begonnene Tag streicht über den Tau; herinnen bleibt ein Aufwachen. Ein Aufwachen aus dem stehenden Traum des Alltags, aus dem Wirken des eben Unüberschaubaren, aus der Komplexität, die von den zusammengefassten Menschengedanken (geschweige vom Menschen als Alleinigem) nicht mehr gesammelt und verstanden werden können, die (tatsächlich) zur Willkür werden, zum Puzzlespiel für Abgrundtiefe. Es passt also, wenn mein Gast ein unerwarteter ist. Denn er entzieht sich meiner Vorstellung (Erwartung) und steht still wenn ich mich bewege, tritt ein, wenn ich still bin; frühmorgens bestenfalls, damit er ein gegenwärtiger Begleiter in einer ungegenwärtigen Zeit ist. Oder damit er Ereignis sein kann, ein Ereignis ohne Perspektive; weil mein Blick immer in die Zukunft schaut und dabei auf den einzigen Besitz vergisst, den ich jemals habe: Jetzt. Die Tage spielen also keine Rolle. Sie durchziehen nur die Zeit, während ich ein leeres Blatt Papier anstarre und eine Frage darauf schreibe: „Wie bekomme ich die Hoffnung aus der Zukunft heraus?“

„Verlernen wir die Zeit.“

Wir haben Johannes Lampert gefragt, ob ihm die Hoffnung einen Besuch abstatten darf. Geblieben ist das Jetzt.

Der unerwartete Gast hat mich warten lassen. Er hat mich warten lassen in der Zeit, die ich verlernen muss. „Warten für ein Bewusstsein, für ein ständiges Spüren der Vergänglichkeit von eigentlich eh allem.“ Das steht inzwischen als Notiz (nicht als Antwort) unter meiner Frage auf dem Blatt Papier. Jede Perspektive braucht einen Zeitstrang, braucht eine Richtung, auf die sie hinarbeitet. Noch immer stelle ich mir dieselbe Frage und höre langsam auf, mich auf sie zuzubewegen: Früh am Morgen, wenn er kommt mit einem Licht, das sich ausruht im Vorraum, kann ich meinen Gast nur umarmen, wenn ich stillstehe und ihm denselben Moment gewähre. Ich kann ihn nur umarmen, wenn ich ihn aus der Zeit löse und ihm keine Zukunft mehr gebe. Wenn er mich jetzt berührt, mit seinem lichtgefluteten Körper, bestimmt er den einzigen Besitz, den ich jemals habe. Dann bestimmt er nicht mehr meine Vorstellungen und Träume, sondern macht mich: Unerwartet. (Ich muss wohl gestehen, dass ich den Begriff „Hoffnung“ nachgeschlagen habe. Er kommt von „hüpfen“ oder „zappelnd und unruhig warten“. Deshalb ist der Begriff „Hoffnung“ für den Menschen beinahe untrennbar mit dem Zeitlichen verbunden. Seine Perspektive liegt in der Zukunft, seine Kraft verpufft jedoch in der Gegenwart. Der Mensch richtet seine Intentionen ständig auf die an ihm haftenden Vorstellungen. Wir sind eben nur ausgerichtet auf die Ereignisse, die gerade nicht stattfinden. Deshalb gibt es die unerlässliche Notwendigkeit, dass wir die Hoffnung von ihrer zeitlichen Komponente befreien müssen. Denn die Hoffnung ist jetzt: Sie hat keine Perspektive, weil sie nicht für den einzelnen Menschen gilt. Die Hoffnung ist jetzt, weil sie immer nur jetzt aufgehen und sich entfalten kann; weil sie sich immer jetzt erfüllt. Diese Zeilen sind nur ein Entledigen von der Zeit; sind ein Erinnern an die Zeit, die man braucht, um die Zeit zu verlernen. Die Hoffnung stirbt nicht.)

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Ausblick: Wie geht es weiter?

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Projekt: Soziale Skulptur, 2016 von Ines Agostinelli


Meine Hoffnungen für die Zukunft Positive Psychologie. Hoffnung. Gemeinwohl. Drei Schlagworte, ein Gespräch mit Bertram Strolz.

FEB BS

Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung: Guten Tag Herr Strolz, Sie leiten die Akademie der Positiven Psychologie in Vorarlberg. Wer sind Sie und was treibt Sie an? Und warum? Stellen Sie sich doch bitte kurz vor! Bertram Strolz: Ich bin Bertram Strolz, ausgebildeter und langjährig erfahrener Psychotherapeut. Die Integrative Gestalttherapie und Positive Psychologie ist Teil meiner praktischen Arbeit mit Menschen aus unterrepräsentierten gesellschaftlichen Bereichen. Ich beschäftige mich in Dialoggruppen mit Gefängnisinsassen genauso wie mit Minderjährigen aus der Kinder- und Jugendhilfe oder Mindestsicherungsempfängern. Ich bin Humanist und glaube zutiefst an das Gute, wenngleich das natürlich die Gefahr mit sich bringt, benützt zu werden. Doch alleine diese meine Haltung der Menschlichkeit und Gerechtigkeit bringt Wachstum. Als Vater und Großvater bin ich ein hoffnungsvoller Mensch. Das generationenübergreifende Denken und das Gemeinwohl liegen mir am Herzen. Ich mag die Menschen einfach. Das Wesen Mensch fasziniert mich. Darum tue ich, was ich tue. Erzählen Sie uns doch, was es mit der Positiven Psychologie auf sich hat. Was ist das? Umso länger ich mich damit beschäftige, werde ich mit dem Namen immer unglücklicher. Es ist eine Wertung. Generell unterstützt die Positive Psychologie Menschen dabei die eigenen Ressourcen und Stärken zu erkennen und diese für die persönliche Entwicklung zu nutzen. Das zentrale Ziel dabei ist es, die Steigerung des psychischen Wohlbefindens zu ermöglichen. Es wird möglich zu sagen: Ich bin zufrieden. Es zeigt uns auf, wie wir dieses Wohlgefühl erhalten oder steigern können. Und das nicht nur individuell, sondern zum Wohle der Gemeinschaft. Wir wollen menschlich sein, dass ist tief in uns allen verankert.

Meine Hoffnungen für die Zukunft

Bertram Strolz Akademie für Positive Psychologie in Vorarlberg

FEB BS

Und wie bringen Sie die Positive Psychologie konkret mit Ihrer Akademie zu den Menschen? Wir bieten Aus- und Weiterbildung im Bereich der Positiven Psychologie für jede*n an. Wir begleiten bei Organisationsentwicklungsprozessen sowie Schulentwicklungsprojekten, indem wir mit modernen, wissenschaftlich fundierten und erprobten Methoden für eine nachhaltige Implementierung und Selbstwirksamkeit sorgen. Mit dem neuen Format der Hoffnungswerkstätten, die wir als Initiative „My hope for a common future“ entwickeln, schaffen wir nochmals einen neuen Rahmen. Hier ganz konkret, wenn es um Hoffnung geht. Hoffnung ist für mich etwas gesellschaftspolitisch Notwendiges. Es ist ohne Wahl, wenn wir nicht hilflos und ohnmächtig werden wollen. Dieses Gefühl, das auf negativem Grund entsteht, öffnet unseren Geist im Gegensatz zur Angst wieder.

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Bleiben wir bei den Hoffnungswerkstätten. Was ist das genau? Wie läuft das ab? Dies ist ein Format, das vom renommierten Hoffnungs- und Zukunftsforscher Andreas Krafft (Uni St. Gallen) entwickelt wurde und in unserem Netzwerk für die Anwendung an Schulen, Vereinen, Jugendtreffs, Bildungseinrichtungen aber auch Unternehmen adaptiert wurde. Pilotprojekte laufen bereits an der HAK Lustenau, der Berufsschule Feldkirch (Elektrotechnik), in Jugendwerkstätten und Gemeinden. Hoffnungslosigkeit führt dazu, dass etwas nicht in die Hand genommen wird. Mit diesen Werkstätten wollen wir die Zukunft in der Gegenwart gestalten. Deshalb besteht im Rahmen der Hoffnungswerkstätten neben den Impulsen vor allem die Aufgabe darin, ein Projekt für eine zuversichtliche Zukunft und das Gemeinwohl umzusetzen, um Teil eines großen Ganzen zu sein. Denn Solidarität und Gemeinschaft bewirkt Hoffnung. Ich bin überzeugt, dass Hoffnung in der Gemeinschaft exponentielles Wachstum bewirkt. Eine Auswahl der in den Werkstätten entstehenden „Hoffnungsprojekte“ werden beim Kongress „My Hope – for a common future“ im Oktober 2021 präsentiert. Ein Kongress, bei dem es um Hoffnungen für eine gemeinsame Zukunft geht? Lassen Sie uns da doch ein wenig mehr erfahren. Ich organisiere diesen Kongress bzw. die gesamte Initiative mit der Intention, Hoffnung und Zuversicht in dieser Zeit der großen Unsicherheiten im allgemeinen Bewusstsein zu halten. Das, neben der derzeit oft vorherrschenden Angst und Sorge um die Zukunft. Wir nähern uns bei dieser Tagung psychologisch, philosophisch, theologisch und gesellschaftspolitisch diesem Thema mit starkem Bezug zum Gemeinwesen an. Eingeladen sind alle am Thema Interessierten. Zum Schluss, wie bringen Sie ganz persönlich Menschen zum Aufblühen? Indem ich den Menschen mit Respekt und Wertschätzung begegne. Dafür brauche ich meine Selbstachtung. Ein würdevoller Umgang miteinander, um hierarchische Strukturen zu verlassen. Ich kultiviere Dankbarkeit, Zufriedenheit und Zuversicht im Leben. Diese aktive Haltung zu erlernen ist wie eine Ernährungsumstellung. Musik ist für mich zudem Hoffnungsträger.

„Jeder Mensch ist einzigartig und steht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit.“

Positive Psychologie Der Begriff der Positiven Psychologie wurde bereits 1954 vom humanistischen Psychologen Abraham Maslow bekannt. Diese Strömung fand bereits Einzug in die ressourcenorientierte Psychotherapie, die von einem Menschenbild ausgeht. Glück, Optimismus, Geborgenheit, Vertrauen, Stärken, Vergebung oder Solidarität sind dabei Themen. Die Positive Psychologie baut auf dem PERMA-Modell: Positive Emotionen, Engagement, Relationships, Meanings und Achievements.

Kongress „My Hope – for a common future“ 21. – 22. Oktober 2021 Kulturbühne AMBACH in Götzis mit dem Tag der Jugend am 20. Oktober 2021 Weitere Informationen dazu unter: www.my-hope.at

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Ausblick


17 Ziele für eine nachhaltige Welt: Die SDGs in den Gemeinden

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Eine eigene Arbeitsgruppe „Schruns 2030“ unter Bernhard Schrottenbaum hat einen Strategie- und Maßnahmenplan erstellt. 2020 wurde die Agenda für die Gemeinde beschlossen, ein Umweltausschuss als offizielles Organ gegründet, in dem alle Entscheidungen auf die zukünftige Nachhaltigkeitsstrategie abgestimmt werden. „Auch wenn wir durch das tagespolitische Geschäft in 2020 ausgebremst wurden, ist das Thema auf fruchtbaren Boden bei den neuen Gemeindemandataren gefallen“, erklärt Kuster. Als konkretes Beispiel nennt er den Schulneubau. Ein nachhaltiges Gesamtkonzept soll es werden, angefangen beim Holz und dem Handwerk aus der Region, besten Energiestandards über ein begrüntes Dach mit Bienenstöcken bis hin zur Pädagogik im Haus. Die Gemeindeverwaltung selbst wird mit aktiver Einbindung der Bevölkerung geplante Maßnahmen umsetzen und evaluieren. Begleitet wird dieser Prozess vom FEB.

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Eine Kurskorrektur in Sachen Nachhaltigkeit stand für die Gemeindevertretung in Schruns außer Frage. „Um unseren Enkeln eine lebenswerte Umwelt zu überlassen, ist jeder Einzelne von uns dazu angehalten, einen Beitrag dazu zu leisten“, erklärt Bürgermeister Jürgen Kuster. Dies war Anlass, das Thema im Gemeindeparlament zu besprechen, um möglichst rasch auch den Worten erste Taten folgen zu lassen. Schruns ist die erste Gemeinde in Vorarlberg, die bereits für alle 17 Ziele eine Bestandsaufnahme gemacht hat. . Friede

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Die UN-Nachhaltigkeitsziele (engl. SDGs – Sustainable Development Goals) bieten einen klaren Handlungsrahmen. Als bürgernächste Ebene kommt den Gemeinden eine besondere Rolle zu und es ergeben sich neue Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten. 2015 wurde in der Generalversammlung der Vereinten Nationen die Resolution „Transformation unserer Welt: Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ einstimmig von allen Mitgliedsstaaten – auch Österreich – beschlossen. Es sind Ziele, welche weltweit eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene sicherstellen. Jede*r ist gefordert Verantwortung zu übernehmen, sich Sinn und Werte der Handlungen bewusst zu machen und sich aktiv für einen positiven Wandel zu beteiligen. Dieser Weg führt uns in krisenfeste, resiliente Gesellschaften. Um auf die 17 Ziele mit 169 Unterzielen hinzuarbeiten und direkt zu den Menschen zu gelangen, hat die regionale und lokale Dimension der Umsetzung einen hohen Stellenwert. Kriemhild Büchel-Kapeller als Ansprechpartnerin im FEB: „Der Schlüssel zum Erfolg wird dabei die Teilhabe und Einbeziehung aller Bürger*innen sein, wie Evaluierungen von Agenda 2030-Prozessen aufgezeigt haben.“

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Wir sind Wissensriesen und Umsetzungszwerge. Oder: Wie uns die SDGs dabei helfen können, das Konzept Nachhaltigkeit ganzheitlicher umzusetzen.

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Was tut sich wo? Blitzlichter aus der Beteiligungs-Community Vernetzung und Austausch sind essentiell in unserer Arbeit. Nicht nur weil es Teil unseres Selbstverständnisses ist, sondern weil wir selber einfach auch ziemlich neu- und wissbegierig sind, was sich sonst in Sachen Beteiligung tut. Viel Freude beim Blick über Vorarlbergs Grenzen! Bürgerrat-Community lunch Mitte Februar haben wir Bürgerrat-Begeisterte eingeladen, um die neue Website vorzustellen, welche gemeinsam mit Baden-Württemberg entstanden ist. Beim anschließenden Austausch gab es Updates aus den verschiedenen Regionen – und so entstand auch die Idee zu dieser neuen Magazin-Kategorie.

Neue Studie: „Zukunftsmodell Bürgerrat?” Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich intensiv mit Formaten beschäftigt, die mit losbasierter Zufallsauswahl arbeiten. Die Verschiedenheit der Prozessrahmung, Gestaltung der Formate, aber auch die Ergebnisverwertung – Stichwort (die oft hinterfragte) Wirkung – werden in der Studie beleuchtet. Dazu wurden viele Expert*innen interviewt, mit dabei auch Michael Lederer. Studie zum Download verfügbar unter: www.kas.de

Baden-Württemberg: Gesetz über die „dialogische Bürgerbeteiligung“ Anhand eines neuen Gesetzes ist es nun auch in Baden-Württemberg möglich, einfach, schnell und kostengünstig per Zufall Bürger*innen einzuladen. Mit dem Gesetz werden die Grundzüge des Verfahrens bestimmt. Mehr Einblicke unter: www.beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de

Website aufrufbar unter: www.buergerrat.net

„Zukunftsrat Demokratie: wirksam mitgestalten und mitentscheiden“ – Crowdfunding läuft! Im Juni 2021 soll ein bundesweiter Bürgerrat rund um die zukünftige Entwicklung der Demokratie in Österreich stattfinden – initiiert von mehr demokratie, IG Demokratie und einigen Privatpersonen. Per Crowdfunding finanziert und voraussichtlich unter Schirmherrschaft von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka.

Die etwas andere Lösungsfindung: Dynamic Facilitation Verein München Dynamic Facilitation ist diese ganz besondere Moderationsmethode, die zwar gut erklärbar ist, aber um sie wirklich zu verstehen, muss sie erlebt werden. Praktiker*innen haben sich zusammengetan, um zu üben, weiterzuentwickeln und zu experimentieren. Derzeit steht die Frage im Fokus, wie DF auch digital funktionieren könnte. Nähere Infos: www.dynamicfacilitation.org

Weitere Infos auf: www.zukunftsrat.at

Herausforderung Corona – Bürgerrat in Salzburg 21 zufällig ausgewählte Salzburgerinnen und Salzburger haben im Juni 2020 beim „Zukunftsdialog Covid-19 – Wie soll es weitergehen?“ ihre Erfahrungen, Gedanken, Perspektiven und Ideen eingebracht. Ergebnisberichte zu finden unter: www.salzburg.gv.at/zukunftsdialog-covid19

Bürgerrat: Deutschlands Rolle in der Welt 160 geloste Bürger*innen, 10 Onlinesitzungen, ein umfassendes Bürgergutachten mit Zukunftsbildern, Themenfeldern und klaren Empfehlungen. Eine umfangreiche Dokumentation aller Prozessschritte sowie das Gutachten sind zu finden unter: www.deutschlands-rolle.buergerrat.de

Ein aktueller Überblick über laufende Bürgerräte weltweit: www.buergerrat.de/aktuelles/burgerraete-weltweit

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Blitzlichter aus der Beteiligungs-Community


Solidarität

Buch Wie muss sich die Gesellschaft verändern, damit Menschen gleichermaßen Solidarität erfahren? Von welchen eingesessenen Überzeugungen müssen wir alle uns dafür verabschieden? Wie kann der Stellenwert einer pluralen Demokratie wieder erhöht werden? Max Czollek hat ein provokantes Manifest für eine radikal diverse Gesellschaft geschaffen, das (mögliche) Antworten auf die politische Gegenwart gibt.

Kooperation

Nachhaltigkeit

Podcast Es geht nicht darum, wie intelligent Individuen sind, sondern wie schlau das „collective brain“ ist. Matt Ridley, der sich selbst als rationalen Optimisten bezeichnet, beschreibt in diesem inspirierenden TED-Talk, wie Kooperation in der Menschheitsgeschichte zu neuen Innovationen geführt hat. Ein Plädoyer für mehr Kooperation und Freiraum in kreativen Denkprozessen!

Buch Nachhaltigkeit aus einer neuen Perspektive betrachten und einen neuen Blick auf unsere Beziehungen wagen, denn diese sind der Schlüssel für ein sinnvolles Leben und eine nachhaltige Zukunft – das ist der Kern dieses Buches. Es soll Mut machen und uns daran erinnern, dass auch kleine Schritte und Tätigkeiten Großes bewirken können.

Kooperation mal anders erklärt Matt Ridley

Gegenwartsbewältigung Max Czollek

Analyse

Demokratie

Mehr sein, weniger brauchen. Was Nachhaltigkeit mit unseren Beziehungen zu tun hat Thomas Bruhn, Jessica Böhme

Entwicklung

Essay In diesem spannenden Essay ar- Buch Ute Scheubs „Plädoyer für mehr beitet der Soziologe Andreas Reckwitz Teilhabe“ – so der Untertitel – versteht zentrale Strukturmerkmale der Gegen- Demokratie als „Klangkörper“ und bewart pointiert heraus: die neue Klassen- zieht sich dabei auf die Resonanztheorie gesellschaft, Eigenschaften einer post- Harmut Rosas. Das Buch, herausgegeindustriellen Ökonomie, den Konflikt ben von Mehr Demokratie e.V., präsenum Kultur und Identität, aber auch die tiert existierende Beispiele und kreative resultierende Erschöpfung permanenter Denkmodelle und setzt somit auf eine Selbstverwirklichung und die Krise des „Vorausverteidigung“ der Demokratie Liberalismus. durch neue partizipative Formen.

Video Viele Videos sind in den letzten Jahren im Rahmen der Kongressreihe, die alle zwei Jahre in Bregenz vom Netzwerk „Welt der Kinder“ veranstaltet wird, entstanden. Auf diesem Youtubekanal ist eine beeindruckende Sammlung verschiedener Fachinputs zu finden, unter anderem vom Doyen der Kindheitsforschung, Remo Largo. Empfehlenswert!

Das Ende der Illusionen. Politik, Ökonomie und Kultur in der Spätmoderne Andreas Reckwitz

Kindern eine gute Entwicklung ermöglichen Welt der Kinder

Demokratie – Die Unvollendete. Plädoyer für mehr Teilhabe Ute Scheub

64 Buch- und Filmtipps


Blick in die Glaskugel Wir fragen an dieser Stelle Vorarlberger*innen, wie ihre schönste Zukunftsvision aussieht. Hier ist Platz für gute Aussichten. Den Blick auf das Gute lenken – das ist in vielerlei Hinsicht gerade jetzt wichtig. Es liegt über ein Jahr Pandemie hinter uns. In Zukunft sehe ich eine Vielzahl engagierter Menschen, denen das Gemeinwohl am Herzen liegt. Menschen, die sich voller Überzeugung und Wohlwollen in Vereinen und Initiativen einbringen. Dadurch entsteht ein lebendiges Miteinander. Kinder wachsen in einer Umgebung auf, die ihnen diverse Möglichkeiten zu Bildung, persönlicher Entfaltung und starken sozialen Beziehungen ermöglicht – chancenreich eben. Vorarlberg zeichnet sich durch ein gutes Zusammenspiel ländlicher und urbaner Qualitäten aus. Wir haben Wege gefunden, wie wir viele – scheinbar gegenseitige – Interessen miteinander vereinen können. Wie ist uns das gelungen? Indem wir den Fokus auf das Positive legen. Bestehende Projekte weiter forcieren und voranbringen. Zusammenarbeit ermöglichen. Ich sehe ein Vorarlberg, das resilient geworden ist. Und das in erster Linie durch den starken Zusammenhalt innerhalb der Bevölkerung. LH Markus Wallner

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Blick in die Glaskugel

Ausblick


Termine ab April 2021 Surfing Cyberspace – Methodenforum digitale Beteiligung DI, 01.06.2021, 09-16 Uhr, online Onlinebeteiligung hat das letzte Jahr eine Weiterentwicklung erfahren wie noch nie. Wir finden, es ist definitiv die richtige Zeit, die Community zusammenzubringen und uns gegenseitig zu erzählen, welche Methoden, Tools und Ideen entstanden sind, was sich bewährt hat oder ein totales Fuck-up war. Wir wollen eine Plattform bieten, die konkretes Wissen vermittelt, vernetzt und dabei auch noch Spaß macht, dies in einem innovativen Format zu erleben. Weitere Informationen unter: www.vorarlberg.at/-/surfing-cyberspace

Projektschmiede: Gemeinsam Wandel gestalten! Ein konkretes Vorhaben, ja vielleicht sogar eine richtige Herzensangelegenheit, bei dem man sich alleine einfach ständig im Kreis dreht. Wer kennt’s nicht? Wie wäre es über Projekte, Anliegen und Prozesse mit einem Kreis von Menschen zu sprechen, die Sie vielleicht noch gar nicht kennen? Vertrauen in die Intelligenz der Vielen. Herzlich willkommen bei der Projektschmiede! Derzeit auch im virtuellen Raum: Ein klarer Rahmen, in dem konkrete Projekte gemeinsam bearbeitet werden können und die Fähigkeit, sich co-kreativ einzubringen, trainiert und kultiviert wird. Aktuelle Termine sowie Anmeldung zu Veranstaltungen und zum regelmäßigen Newsletter: www.aoh-vorarlberg.at/projektschmiede

Termine ab April 2021

LandStadtVorarlberg – Vom Verstehen zum Gestalten! Die Belebung des Dazwischen. Über dritte Orte in Vorarlberg. MI, 26.05.2021, 16-20 Uhr, Postgarage Dornbirn und online Weiter geht die Reise durch LandStadtVorarlberg! Nach der ersten explorativen Prozessphase wollen wir mitten hinein und aktiv werden – vom Verstehen zum Gestalten! Der Fokus auf dritte Orte als Experimentier- und Begegnungsräume zur Stärkung urbaner Qualitäten in einer ländlich geprägten Region – darauf freuen wir uns sehr und laden Interessierte, Neugierige und alle, die ebenfalls die Region gestalten möchten, herzlich zum Dabeisein ein.

Dritte Orte – oder what? Pecha-Kucha-Night im Rahmen des Poolbar-Festivals MI, 21.07.2021 Was sind jetzt eigentlich genau diese dritten Orte? Wie funktionieren sie? Was können sie? Wo finden wir sie? Jetzt aber so richtig: Bühne frei für ganz besondere Projekte! Was haben sie gemeinsam? Worin unterscheiden sie sich? Im beliebten kurzweiligen Pecha-Kucha-Format bekommen wir Einblick in die Vielfalt und Potentiale dieser Experimentierräume. Weitere Informationen unter: www.landstadt-vorarlberg.at

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Bildungs­programm für freiwillig Engagierte Wir bieten kontinuierlich Veranstaltungen für freiwillig Engagierte an. In Pandemie-Zeiten sind Flexibilität und offene Ohren für Bedürfnisse aus dem Feld das Gebot der Stunde. So organisieren wir oft recht kurzfristig und situationsabhängig Weiterbildungen, Räume für Vernetzung, Inspiration und Austausch. Auf der Website www.vorarlberg.at/freiwillig sind unsere Aktivitäten ständig aktuell einsehbar. Außerdem bieten wir unsere beliebte Vereinspost an. Darin enthalten sind umfassende Informationen und aktuelle Termine rund um Engagement-Aktivitäten. Anmeldung unter: freiwillig@vorarlberg.at www.vorarlberg.at/freiwillig

Konfliktmanagement in Vereinen – Gut zusammenarbeiten SA, 24.04.2021, 10:00 Uhr Konflikte verstehen: Wie entstehen Konflikte? Was für Arten gibt es? Wie ist die Dynamik in Konfliktsituationen? Was führt zu einer Eskalation von Konflikten? Umgang mit Konflikten: Welche Konfliktstile gibt es? Welche Maßnahmen zur Konfliktklärung machen Sinn? Die 10 besten Konfliktlösestrategien. Referentin: Mag. Elisabeth Krüger Ort: Online, via Zoom Beitrag: kostenlos

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Stimm- und Sprechtraining: Freude statt Angst SA, 29.05.2021, 09:00 Uhr Wie Sie stimmlich fit und sprachlich gewandt mit Ihren Botschaften ankommen. Wie Sie die nonverbale Trickkiste der Körpersprache nützen können. Wie Sie Ihr Charisma wecken. Referentin: Dorit Wilhelm Ort: Bildung am Garnmarkt, Am Garnmarkt 12, 6840 Götzis Beitrag: EUR 78,–

Visual TOOLS 2GO – Wirkungsvolle Flipcharts gestalten MO, 31.05.2021, 9:00 Uhr In diesem Basis-Workshop lernen Sie spontane Skizzen anzufertigen. Und wie Sie mit einfachen Wort-Bild-Kompositionen Anker in den Köpfen Ihrer Zuhörer*innen setzen! Referentin: Anna Egger Ort: Bildung am Garnmarkt, Am Garnmarkt 12, 6840 Götzis Kosten: EUR 78,–

Auf Erfolgskurs durch Teamarbeit im Verein DI, 08.06.2021, 09:00 Uhr Wie gelingt erfolgreiche Zusammenarbeit? Teambuilding – wichtige Fakten. Gute Teamarbeit und erfolgreiche Kommunikation zwischen den Menschen. Referentin: Gabriele Höfle Ort: Online Beitrag: EUR 78,–

Ausblick


Land Vorarlberg | www.vorarlberg.at/datenschutz Amt der Vorarlberger Landesregierung Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung Jahnstraße 13-15, 6901 Bregenz T +43 5574 511 20605 beteiligung@vorarlberg.at www.vorarlberg.at/zukunft


Wir sind der Überzeugung, dass wir auf komplexe Fragen nur gemeinsam Antworten finden, und stellen uns eine Welt vor, in der langfristig ein gutes Zusammenleben für alle möglich ist.

Projektteam: Michael Lederer und Judith Lutz Redaktion: Andrea Blum, Edgar Eller, Christoph Kutzer, Johannes Lampert, Michael Lederer, Judith Lutz, Janin Salzger, Julia Stadelmann Illustrationen: Francesco Ciccolella Bilder: Martin Schachenhofer S. 4, S. 31, S. 32, S. 37; Sabina Loacker S. 5; Petra Rainer S. 10, S. 13, S. 43, S. 57, S. 43; IFS S. 12; Victoria Rüf S. 13; Nina Bröll S. 17, S. 22; Daniel Eberhöfer S. 18; Anne Mayer Weiss S. 18; Hanno Mackowitz S. 25, S. 28; Jürgen Gorbach S. 30; Robert Maybach S. 36; Patricia Keckeis S. 40; Land Vorarlberg S. 42; Stefan Arlanch S. 42; Maurice K. Grünig S. 42; Thomas Dorn S. 46; FEB S. 50; Judith Lutz S. 54; Alexandra Serra S. 55; Christoph Schöch S. 60; Simon Kampl S. 67 Gestaltung: Super Büro für Gestaltung, Egg Druck: Buchdruckerei Lustenau GmbH Das Magazin wurde nach Richtlinien des Österreichischen Umweltzeichens gedruckt.


Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung


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Articles inside

Termine ab April 2021

4min
pages 68-72

Buch- und Filmtipps

1min
page 66

Blick in die Glaskugel

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Was tut sich wo?

1min
page 65

17 Ziele für eine nachhaltige Welt: Die SDGs in den Gemeinden

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Hello again! Wir sind’s, das FEB

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Meine Hoffnungen für die Zukunft

3min
pages 62-63

Was wir dringend benötigen, ist Produktion von Zukunft

7min
pages 48-51

On the road

2min
pages 52-53

Und, wie tickt das FEB?

4min
pages 44-45

Was ist dein Grashalm?

1min
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Raum geben, Raum lassen

2min
pages 42-43

Worauf können dritte Orte eine Antwort sein?

3min
pages 32-35

Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn

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pages 26-29

Ehrenamt und Pandemie oder gelten Motorräder als zugewiesene Sitzplätze?

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pages 18-19

Zuerst prägen Orte Menschen, dann Menschen Orte

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pages 30-31

Inspiration durch gute Beispiele: Bist du dabei?

1min
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Lebendige Vereine – wann, wenn nicht jetzt?

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pages 24-25

Geht’s den Engagierten gut, geht’s uns allen gut?

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Wo brennt der (Engagement )Hut aktuell?

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pages 14-15

Strategisch Engagement fördern

2min
pages 16-17
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