30. FilmFestival Cottbus - FestivalMagazin

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Hommage Joachim Nowotny

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FESTIVALMagazin

Menschen am (Gruben)Rand Hommage Joachim Nowotny

HEIMAT DOMOWNJA DOMIZNA

Jährlich richtet das FilmFestival Cottbus in der Hommage den Fokus auf Lausitzer Film- bzw. Kunstschaffende. 2020 ehren wir den Schriftsteller Joachim Nowotny, der nicht nur zahlreiche Jugendbücher, Romane und Hörspiele, sondern mehrfach auch Filmszenarien schrieb. Handlungen, die wie selbstverständlich in eher unspektakulären Niederlausitzer Siedlungen stattfinden. Charaktere, die das abgeschliffene Idiom der Menschen hier sprechen und die man an der nächsten Cottbuser Straßenecke treffen könnte. Und eine Darstellung des Lebens mit dem Tagebau, der die tiefe Verbundenheit damit ebenso in den Blick nimmt wie die ökologischen Folgen. Nowotny wurde 1933 im Oberlausitzer Rietschen geboren und arbeitete als Zimmermann, bevor er an der Arbeiter- und Bauernfakultät das Abitur ablegte und in Leipzig beim legendären Hans Mayer Germanistik studierte. Ab 1962 arbeitete er als freier Schriftsteller, später auch als Dozent am Leipziger Literaturinstitut. Wegen eines Unfalls war er 25 Jahre querschnittsgelähmt und starb 2014 in Leipzig. Eine durchaus gebrochene DDR-Biografie, zu der auch sieben Jahre Zusammenarbeit mit der Stasi gehören.

Nowotny war einer der ersten Autoren der DDR, der die Umweltzerstörung durch den Tagebau lebendig beschrieb und offen anprangerte. Dabei stellte er Fragen nach der Sinnhaftigkeit einer Gesellschaft, die ausschließlich auf Produktivität, Effizienz und Konsum ausgerichtet ist. Ein alter Mann bewegt sich durch eine solche Welt und fragt sich, warum keiner mehr eine alte Kaffeemühle reparieren kann (EIN ALTES MODELL). Ein Jugendlicher rebelliert in einem Abrissdorf am Rand des Tagebaus gegen seinen Vater (und dessen Generation), der die Vernichtung von Lebensraum mit der Notwendigkeit begründet (ABSCHIEDSDISCO). „Alles geht zum Teufel. Löcher in den Wald schlagen, das können wir.“ „Die Kohle muss ums Verrecken raus.“ „Bald weiß keiner mehr den Namen des Dorfes.“ „Einer muss es doch schließlich tun.“ – Sätze, die auch heute noch aktuell klingen. In Rolf Losansky, mit dem er auch den damals sehr erfolgreichen Jugendfilm „Verdammt, ich bin erwachsen“ schuf, und Ulrich Thein fanden Nowotnys Szenarien Regisseure, die seine Genauigkeit in der Zeichnung von Figuren und sozialen Räumen filmisch adäquat umzusetzen verstanden. Die erste Riege der DDR-Schauspielkunst tat ein Übriges, um die Lausitz und ihre Zerrissenheit auf eine Art zu zeigen, die von gegenwärtigen Film- und Fernsehproduktionen kaum wieder erreicht worden ist. GL


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