MEHRWERT
EHRENÄMTER SIND HERZENSANGELEGENHEITEN
AUF EINEN PLAUSCH MIT KULTURDOLMETSCHERIN WALAA BATAL
Übergabe des Schwäbischen Integrationspreises durch Regierungspräsidentin Barbara Schretter (l.) an Justyna Ndulue von der Diakonie Allgäu (2.v.l.) und mehrere ehrenamtlich Engagierte des Dolmetscherpools.
von Dominik Baum Habt ihr schon mal im Urlaub dringend Hilfe benötigt, aber ihr seid mit euren Deutsch- und Englischkenntnissen nicht weitergekommen? In solchen Momenten wird einem bewusst, wie wichtig Sprache im Alltag sein kann. Aber stellt euch vor, ihr seid nicht nur für zwei Wochen im Urlaub, sondern dauerhaft in einem neuen Land und niemand versteht euch. So ging es Ende 2012 auch Walaa Batal, die damals mit ihren Kindern vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland geflohen ist und sich anfangs sehr allein gefühlt hat. Weil sie nicht möchte, dass sich andere Menschen so hilflos fühlen müssen, engagiert sie sich heute als ehrenamtliche Dolmetscherin bei der Diakonie Allgäu. „Ich mag es, Menschen zu helfen“, erzählt Walaa Batal auf die Frage hin, warum sie sich zur ehrenamtlichen Kulturdolmetscherin und Sprachmittlerin hat ausbilden lassen. Das Angebot der Diakonie Allgäu gibt es seit rund drei Jahren, Walaa Batal war von Beginn an dabei. Auch zuvor half sie den Leuten in ihrem privaten Umfeld, wann immer sie mitbekam, dass Sprachbarrieren überwunden werden mussten. Dass sie andere Menschen heute mit ihren Deutschkenntnissen unterstützen kann, war auch für sie ein weiter Weg. Als sie 2012 nach Kempten kam, konnte sie nämlich kein Wort Deutsch. „Ich habe Hilfe gebraucht, aber konnte keine Hilfe finden“, erinnert sie sich zurück. Deshalb nahm sie die Sache eines Tages in die eigene Hand, machte zuerst einen B1-Sprachkurs bei Lingua Viva und belegte später einen zweiten Kurs beim bfz mit der Sprachniveaustufe B2.
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Da Walaa Batal momentan arbeitssuchend ist, hat sie die Zeit, um besonders viele Menschen beim Dolmetschen zu unterstützen. „Manchmal habe ich drei, vier, fünf Termine an einem Tag“, erzählt sie. Ihre Dienste sind in ganz unterschiedlichen Situationen gefragt, beispielsweise bei Arztbesuchen, Behördengängen oder Elterngesprächen in Kindergarten und Schule. Dort dolmetscht sie jeweils vom Arabischen ins Deutsche und umgekehrt. „Meine Tochter hat inzwischen auch den Dolmetscher-Kurs erfolgreich absolviert und engagiert sich seitdem“, erzählt Walaa Batal stolz. Wie groß der Bedarf im Bereich der Sprachvermittlung ist, zeigt die hohe Nachfrage. Aufs Jahr gerechnet erreichen die Diakonie Allgäu über 1.000 Anfragen, die fast alle von den 76 Sprach- und Kulturmittler:innen übernommen werden können. Für dieses außerordentliche Engagement wurde der Dolmetscherpool erst im November 2023 mit dem Schwäbischen Integrationspreis ausgezeichnet. „Ohne unsere Ehrenamtlichen wäre das längst nicht zu stemmen“, betont Justyna Ndulue von der Diakonie Allgäu. Gerade seien besonders Personen gefragt, die türkisch, arabisch, persisch, russisch, ukrainisch und somalisch sprechen. Auch für Spendengelder sei die Diakonie dankbar, da alle Engagierten eine Aufwandsentschädigung erhalten.
Ehrenamt gesucht? Ihr seid mindestens 18 Jahre alt, verfügt über gute Deutschkenntnisse (B2), sprecht eine weitere Sprache sehr gut und habt selbst Migrationserfahrung, wodurch ihr euch gut in die Situation von Zugewanderten einfühlen könnt? Dann erfüllt ihr alle Voraussetzungen, um euch bei der Diakonie Allgäu als Sprach- oder Kulturmittler:in ausbilden zu lassen. Meldet euch einfach bei Justyna Ndulue via E-Mail an dolmetscherpool@diakonie-allgaeu.de
Das Kemptener Stadtmagazin Ausgabe Januar/Februar 2024