EL AVISO | 02/2022
HANDWERK HAUS & GARTEN
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Eine Krone für Vagabunden Von Porto Cristo aus werden Hüte in die Welt verschickt. Die kleine Manufaktur „Crown of the Vagabond“ belebt damit ein Handwerk, das auf der Insel leider fast ausgedient hat.
Nachdem Chris seiner neuesten Hutkreation die endgültige Form gegeben hat, besprüht er das gute Stück mit Alkohol und zündet es an. Rote Flammen züngeln von der Krempe empor, tanzen um die Krone und ersterben langsam in einem bläulichen Flackern. Übrig bleiben mehr oder weniger dezente Brandspuren auf dem Filz, die den Eindruck erwecken, als sei der Besitzer knapp einem brenzligem Abenteuer entronnen. Damit ist der Vintage Look komplett und macht so dem Label alle Ehre. Schließlich heißt die Marke „Crown of the Vagabond“, Krone des Vagabunden. „Die Burnmarks verleihen jedem Stück seine Einzigartigkeit“, erklärt Ruth und führt eine Reihe verschiedener Auftragsarbeiten vor. Manche Hüte bekommen darüber hinaus tiefe Einkerbungen mit einem Cuttermesser zugefügt, einer anderer ist über und über mit gelaserten Designs verziert, die einer Ansammlung klassischer Seemannstätowierungen gleichen. Spätestens jetzt wird einem klar, dass man sich nicht in einem schicken Modistenatelier befindet, sondern in einer trendigen Hutmanufaktur. Die winzig kleine Heimwerkstatt mitten in dem Küstenort Porto Cristo hat Kundschaft in ganz Europa. Selbst aus den USA kommen Bestellungen herein. Von Texas gelernt, auf Mallorca gefertigt Dabei sind die Macher beileibe keine Traditionshandwerker. Ruth Schmidt (28) und ihr Mann Chris (34) stammen aus Bayern und haben in den vergangenen Jahren als Destination-Hochzeitsfotografen die schönsten Plätze der Welt bereist. Sie sind selbst Vagabunden, die sich gern treiben lassen und, so verrät Ruth lachend, gelten in der Familie als Überlebenskünstler. Dieses Globetrotter-Dasein fand abrupt sein Ende, als die Corona-Ein-
schränkungen die Welt lahmlegten und an große Hochzeitsgesellschaften unter Palmen nicht zu denken war. Die Aufträge brachen weg und plötzlich saßen sie ohne Aussicht auf baldige Jobs in dem Dorfhaus in Porto Cristo, das sich das Paar vor drei Jahren gekauft und ausgebaut hatte. „Die Hutmacherei begann als Corona-Projekt“, sagt Ruth. Aber inzwischen ist ein professionelles Unternehmen daraus geworden, das auf Mallorca einem altes Handwerk wieder zu einem kleinen Neustart verhilft. „Auf der Insel haben wir uns damals vergeblich nach jemandem umgeschaut, der uns die Hutmacherei beibringen kann.“ Traditionsfirmen wie die Sombrerería Casa Juliá in Palma (wir berichteten in Ausgabe April 2021) haben schon vor Jahren die Eigenproduktion aufgegeben und importieren ihre Kollektionen von anderen Herstellern aus dem Ausland. So wollten es Chris und Ruth anfangs auch machen. „Einfach Wollhüte einkaufen, dekorieren und weiterverkaufen. Aber wir hatten dann doch keine Lust auf Fashion Commerce und haben uns darauf eingelassen, die traditionelle Kunst des Hutmachens richtig zu lernen.“ Sie legten sich die notwendige Ausrüstung zu, von den hölzernen Blöcken für die Hutform bis hin zum Brim cutter, um die Krempe zuzuschneiden. Da Chris und Ruth selbst gern Hut tragen, wussten sie auch ziemlich genau, welche speziellen Formen sie bei ihrer eigenen Kollektion bevorzugen wollten und fanden schließlich eine Hutmacherin in Texas, die sie per Zoom-Meetings in die Kunst der Fertigung von Westernhüten einweihte.