EL AVISO | 02/2022
GESELLSCHAFT
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Hoffnung und Hilfe Ausgabe in Santanyí
HOPE Mallorca hilft seit rund zwei Jahren Menschen, die auf Mallorca durch die Corona-Pandemie in Not geraten sind (EA berichtete mehrfach). Mittlerweile werden monatlich 40 Tonnen Lebensmittel verteilt, und zwar an sieben Standorten: Santanyí (Zentrale), Portocolom, S’Illot, Pollença, Can Picafort, Alcúdia, Cala Bona. Aus der Lebensmittel-Verteilung hat sich weit mehr entwickelt. Zeit für eine Bilanz, im Gespräch mit der Gründerin Heimke Mansfeld (Präsidentin), die zusammen mit Juan Santa Cruz Ferrer (Vize) und Bartolome Canals Adrover (Finanzen) das Präsidium der HOPE Mallorca Stiftung bildet. EL AVISO: Wie hat sich HOPE Mallorca entwickelt? Es gab ja auch viele medienwirksame Aktionen wie Galas und den HOPE Hair Day. Heimke Mansfeld: Das war eine unserer Aktionen, ich bin ja selbst Friseurin. Begonnen hat aber alles ein knappes Jahr zuvor und somit auch vor der Vereinsgründung mit einer Facebook-Seite, als Jasmin Nordiek, Sonja Willner und ich sahen, was durch die Pandemie auf uns zurollt. Wir wollten Unternehmern über Social Media ermöglichen und es vereinfachen, weiterhin mit Deutschen Geschäfte zu machen. Nach rund einer Woche hatten wir 2.500 Follower mit Leuten, die auf Mallorca irgendetwas hin und her verschickten. Dann stellten wir fest, dass die größte Not durch die Verzögerungen bei der Auszahlung des Sozialgeldes entsteht. Deshalb gründeten wir am 13. Mai 2020 den Verein HOPE Mallorca und eröffneten in meinem Heimatort Santanyi die erste Verteilstelle für Lebensmittel in einer kleinen Garage, mit einem Etat von 400 Euro. EA: Das war während des Lockdowns sicherlich nicht ganz einfach… HM: Für die Genehmigung, die Garage während des Lockdowns reinigen zu dürfen, bin ich zur Guardia Civil gefahren. Dort hat man mit den üblichen Auflagen sofort zugestimmt. Als ich mich bedankte, bedankten sich die Beamten bei mir, und sagten: „Sie werden sich noch erschrecken, was hier jetzt schon los ist.“ Die hatten die häusliche Gewalt im Auge, aber eben auch die Not, die Familien zu ernähren. Allein in Santanyi, einer der reichsten Gemeinden Mallorcas, gab es 550 bedürftige Familien, die keine Möglichkeit hatten, ausreichend Lebensmittel einzukaufen. EA: Woher kommen die vielen Ideen, die Sie heute umsetzen: In Deutschland repariertes Spielzeug nach Mallorca bringen, Backen für Kinder zu Weihnachten…? HM: Das entsteht hier in Teamarbeit, und was meinen Sie, was Ihnen alles an Ideen über den Weg läuft, wenn
Sie ein Friseurgeschäft haben (lacht). Es ist ein Vorteil, wenn man dort mit Menschen über HOPE Mallorca reden kann und darf. Das geht anderen Kollegen und Kolleginnen auch so, die den Verein vom HOPE Hair Day her kennen. So ist über eine Kundin auch ein sehr netter Kontakt zu der Reparaturwerkstatt Werkhof in Hagen entstanden. Nach einem Anruf hat man uns zu Weihnachten als Spende 1.500 reparierte Spielzeuge angeboten. Wir haben gesagt, her damit (lacht), und zugleich mit anderen Organisationen telefoniert, mit denen uns eine gute Kooperation verbindet. Später kamen nochmal 300 Spielzeuge hinzu, weil wir sonst nicht ausgekommen wären. Alles was bei uns zu viel ankommt, geben wir grundsätzlich weiter an andere Hilfsorganisationen. EA: Die Entwicklung ist ja auch vom Volumen her enorm. Was wird aktuell an den sieben Verteilstellen umgesetzt? HM: Pro Monat verteilen wir 40 Tonnen und zwar an derzeit 3.500 Menschen und Familien, mit gerade wieder steigender Tendenz auf erfahrungsgemäß bis zu 4.000 Kunden. Die Waren werden vorsortiert. Aussor-
Heimke Mansfeld
SPRK Global, einem Unternehmen das aus der Vernichtung Lebensmittel zurückkauft und für den Markt wieder aufbereitet. Ein Teil nicht verarbeiteter Waren wird gespendet. Das Ganze hat einen absurden Hintergrund: In Deutschland werden jährlich 12 Millionen Tonnen Lebensmittel vernichtet, teilweise wird bewusst zu viel produziert, um nicht ausverkauft zu sein. EA: Das deckt den Bedarf aber nicht, wenn ich das richtig gelesen habe? HM: Wir haben das Glück viele deutsche Residenten hier zu haben, die während der Pandemie zu uns gekommen sind, um einfach mal abzuschalten und zu helfen. Da sind dann sowohl Geld-, Sach- und eben Zeitspenden dabei. Beispielsweise die Familie Wegener und vom Augustinerhof die Familie Vogler, die uns seit zwei Jahren im Sommer während ihres Urlaubs helfen. Im Winter haben sie jetzt vom Augustinerkeller aus eine große Spendenaktion initiiert, mit Kontakten zu Lebensmittel-Lieferanten und mehreren Paletten, die uns geliefert wurden. Die engagieren sich auch in Deutschland sozial, aber wollen zudem Mallorca etwas zurückgeben.
Zentrallager in Santanyí
tierte Ware geht in einen Eimer für Tiere, das holen sich die umliegenden Bauern ab. Alles andere wird geputzt, gestapelt und es sieht dann aus wie in einem Lebensmittelgeschäft. Teilweise sind wir auch mit Aktionen unterwegs. Jetzt im Winter werden beispielsweise in Palma Decken und Schuhe an Obdachlose verteilt, die selbst Schuhe ohne Sohlen hatten oder bei 0 Grad in Flip Flops vor uns standen. Und wir verteilen auch gespendete Kleidung, medizinische Betten, Rollstühle und Spielzeug. EA: Woher bekommen Sie die Lebensmittel? HM: Die Bezugsquellen sind unterschiedlich. So kooperieren wir mit Terracor, von denen wir frisches Gemüse und Obst bekommen. Und wir erhalten Waren von den Lebensmittelketten, etwa über den Lions Club Palma von Lidl, einen Teil müssen wir auch zukaufen. Glücksfälle gibt es durch unsere Kontakte auch: Zweimal haben wir 40 Tonnen aus der Lebensmittel-Vernichtung in Deutschland bekommen. Das war eine Spende von
In Köln haben wir die Ute Schoormann, mit der Aktion „Helfen schmeckt gemeinsam besser“, von dort werden zum Beispiel Hygiene-Artikel wie Windeln geliefert, die in Deutschland bei Hilfsaktionen nicht gebraucht werden. EA: Wie ist das Verhältnis der Sach- zu den Geldspenden? Was wird für die Arbeit gebraucht? HM: Sehr, sehr wichtig sind schon die Geldspenden. Monatlich brauchen wir 35.000 Euro für hauptsächlich Lebensmittel, davon 20.000 Euro als Geldspenden, um zuzukaufen und für andere Kosten, wie die wenigen Gehälter und die ohnehin schon geringe Miete. Wir arbeiten aber vor allem mit rund 200 ehrenamtlichen Mitarbeitern, die nichts verdienen, wie ich selbst auch. EA: Ganz ohne Festangestellte kommen Sie nicht aus? HM: Nein, das sind mittlerweile 24-Stunden-Jobs. Wir haben deshalb drei Mitarbeiter eingestellt: Unseren Sozialarbeiter Oscar Mennesa, der die Kontakte zu den Fa-