HAUS & GARTEN TRADITION
EL AVISO | 07/2021
Die Meister der Axt bei der Arbeit
Holzboote aus der Werkstatt von Schiffszimmerleuten werden immer seltener. Einer der wenigen, der sich mit dem traditionellen Bau und der Reparatur von Llaüts und anderen Holzbooten noch auskennt, ist Sebastià Vidal Jaime in Vilafrance de Bonany. Die kleine Werft „Barques de Fusta" ist nicht gerade dicht am Wasser gebaut. Zwanzig Kilometer von der Küste entfernt, um genau zu sein. Wer sich der Werkstatt am Rande des Ortes Vilafranca de Bonany nähert, erkennt sie schon von weitem an den Schleifgeräuschen und dem Holzgeruch, den sie verströmt. Bootsrümpfe sind in der Werkhalle und im anliegenden Garten unter Zitronenbäumen aufgebockt. Vor der Werkstatt sitzt ein junger Mann und rollt auf seinem Oberschenkel Hanffasern zu einem Strang zusammen. „Estopa“ wird das Kalfaterband hier genannt,
sondern bietet auch Workshops an für Erwachsene, die ihre eigenen Boote in Schuss halten wollen.
das zum Abdichten der Fugen zwischen den Planken dient. Jony lernt seit einem Jahr die Geheimnisse des traditionellen Holzbootbaus bei Sebastià Vidal Jaime. „Das können nur noch ganz wenige“, sagt er stolz. In Deutschland tot, auf Mallorca gefördert Meister Sebastiá und seine Mitarbeiter verstehen sich auf die alte Kunst der „Meister der Axt“. Die war ursprünglich das wichtigste Werkzeug beim Bau von Holzbooten, und deshalb werden die Schiffszimmerleute auf Mallorca heute noch „Mestre d’aixa“ genannt. Hier gibt es sie zumindest noch. In Deutschland wurde die Ausbildung, die Schreiner für den Bootsbau hervorbrachte, im Jahre 2009 ersatzlos gestrichen. Auf Mallorca hingegen gründete vor 21 Jahren die Regionalregierung die „Escola de Mestres d’Aixa", die das maritime Erbe am Leben erhalten soll. Inzwischen fördert die Schulwerkstatt nicht nur den Nachwuchs,
Ein Beruf mit Jahrtausende alter Tradition Traditioneller Holzschiffsbau ist mühevolle und langwierige Handarbeit, sie zu beherrschen dauert Jahre. Sebastià Vidal ist erst 38 Jahre alt und doch schon ein routinierter Beherrscher jener Fähigkeiten, mit denen unsere Vorfahren bereits vor Jahrtausenden ihre Gefährte seetauglich gemacht haben. Mit 16 Jahren beschloss er, sich dem Bootsbau zu widmen. Er war fasziniert von diesem Beruf, obwohl niemand aus seiner Familie je zuvor mit dieser Zunft zu tun hatte. Vor allem die Gestaltung ist der Teil des Berufes, der ihn am meisten begeistert. „Die Linien des Bootes zu finden, Intarsien hinzuzufügen – das alles fließt einfach so aus mir heraus.“ Seit 2008 betreibt Sebastià seine eigene Schiffswerkstatt in Vilafranca de Bonany. Das grundlegende Wissen und die handwerklichen Kenntnisse über Herstellung, Restaurierung und Reparatur traditioneller und anderer Boote aus Holz erlernte er bei seiner Ausbildung als Carpintero de reibera von 2000-2003 in der Escola de Mestres d’Aixa und bei Meister Jaume Cifre in Portocolom. Es gibt auf Mallorca vielleicht noch zehn Schiffszimmerleute, die Reparaturen und Instandhaltung anbieten, schätzt Sebastià. „Die Herstellung von Holzbooten beherr-
28