Eine monumentale Fiktion
In Martin Bourboulons Drama „Eiffel in Love“ haben wir den Eiffelturm einer Frau zu verdanken.
G
äbe es Adrienne Bourgès nicht, gäbe es heute keine Selfies vor Paris’ Landmark Nummer eins, möchte uns Martin Bourboulons Drama Eiffel in Love erzählen. Denn der von Romain Duris dargestellte Ingenieur Gustave Eiffel hält denkbar wenig vom Auftrag der französischen Regierung, etwas Spektakuläres für die Pariser Weltausstellung im Jahr 1889 zu entwerfen. Eigentlich möchte er, der gerade die Arbeit an der Freiheitsstatue beendet hat, die Pariser Metro designen, nun soll er hoch hinaus. Als er seine Jugendliebe wiedertrifft, erwächst aus der Leidenschaft ein Turm, dessen Form einem A gleicht, A wie Adrienne Bourgès (auch wenn der Entwurf gar nicht von Eiffel selbst stammt). Produzentin Vanessa van Zuylen hofft, dass der Film eine Art „französische Titanic“ wird. Auch hier wird, wenn von Historischem und der Materialschlacht einer Großkonstruktion erzählt wird, das kühle Technische mit einer
Portion Leidenschaft aufgepeppt. Adrienne Bourgès also. Eiffel traf tatsächlich auf Bourgès, in Bordeaux, als sie 17 Jahre alt war – und er 27 und am Beginn seiner Karriere stand. Der Auftrag einer Brücke über die Garonne brachte ihn hierher. Er hielt um ihre Hand an, Adriennes Vater verwehrte Eiffel allerdings die Erlaubnis, seine Tochter zu ehelichen. Eiffel heiratete dann eine Freundin der Familie – Marguerite Gaudelet,
mit der er fünf Kinder hatte, ehe sie 1877 32-jährig starb. VERFÜHRERISCHE FIKTION Bourboulons Film setzt bei diesem Stand der Vita ein: Hier erzählt er von einem fiktionalen Wiederentflammen der Gefühle zwischen Bourgès und Eiffel. Funken fliegen, als er Bourgès, die inzwischen mit einem seiner Freunde (Pierre Deladonchamps als Antoine Restac) verheiratet ist, wiedersieht. Und Eiffel, der es eigentlich ablehnte, ein sinnloses Großbauwerk für eine Weltausstellung zu errichten, plant den 324 Meter hohen, alles überstrahlenden Turm, der bis 1930 das höchste Bauwerk der Welt war, nun also nur für sie. – Eine verführerische Erzählweise. Romain Duris (L’auberge espagnole, Der Schaum der
Der Eiffelturm im Film Seine Bedeutung und Bekanntheit ließen den Eiffelturm natürlich schon oft zum Handlungsort in Filmen werden. Oft wird er nur kurz eingeblendet, um zu erzählen, dass man sich in Paris befindet (Casablanca, Sie küssten und sie schlugen ihn). Im SciFi-Avantgarde-Stummfilm Paris qui dort (1925) erwacht ein Mann nach dem Anschlag eines verrückten Wissenschaftlers auf dem Eiffelturm, Paris ist zur Geisterstadt geworden. 1949 – im Thriller Der Mann vom Eiffelturm – kommt es zur spektakulären Kletterpartie. Bei 007 kommt es zur Verfolgungsjagd, die mit einem Fallschirmsprung vom Bauwerk endet (James Bond 007 – Im Angesicht des Todes, 1985). Auch andere Filmagenten sind am Eiffelturm zugegegen: In der Parodie Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh (1972) wird das Bauwerk gar als Agentenhauptquartier benutzt. Bei Truffaut (Auf Liebe und Tod, 1983) schlägt Fanny Ardant mit einer kleinen EiffelturmNachbildung auf einen Priester ein. Meistens aber wird durch ihn nicht zerstört, sondern wird er zerstört: Wie in Independence Day (1996) oder Mars Attacks! (1996). In Ninotschka (1939) geht es ruhiger zu: Melvyn Douglas erklärt Greta Garbo bei einem Spaziergang die Vorzüge der Eisenkonstruktion.
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