Bartleby macht Urlaub
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Michel Franco macht aus Tim Roth einen Aussteiger: „Sundown – Geheimnisse in Acapulco“.
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ntspannt – oder bereits erschlafft? – driftet der Mann durch den Infinity Pool. Am Beckenrand werden schon zum Frühstück Margaritas serviert. Manchmal wird ein Wort mit den anwesenden Familienmitgliedern – mit Alice (Charlotte Gainsbourg) und ihren beiden Kindern – gewechselt: höflich, aber auch ein bisschen unbeteiligt. Der Urlaub im Luxusressort in Acapulco dümpelt so dahin. Das gemütliche Idyll, wo man auch mal gelangweilt Fischen beim Sterben
zuschaut, kommt durch einen Anruf aus London zu einem jähen Ende: Ein Todesfall in der Familie, totale Hektik, schnelles Packen, am Flughafen kann Neil, so heißt der Mann, seinen Pass nicht finden. Man ahnt schon, dass es eine Lüge ist, und man weiß es mit Sicherheit, als der Mann – während die anderen drei nach Hause aufbrechen – den Flughafen wieder verlässt und sich mit einem Taxi ins nächstbeste Hotel kutschieren lässt: Das Luxusressort hat Neil hinter sich gelassen, jetzt taucht er im weniger glamourösen Acapulco ab. VANITAS-MOTIV IN BEWEGUNG Michel Franco stellt eine Figur mit implodierter Gefühlswelt ins Zentrum: Die Kommunikation ist zum Erliegen gekommen, der Aussteiger – hauptberuflich Erbe – wird seine Tage fortan auf einem Plastikstuhl am Strand verbringen, ein Bier nach dem anderen schlürfen und in den Horizont oder auch ins Nichts blicken. Beantwortet er anfangs die Anrufe von Alice noch mit Ausreden,
verstaut er sein Handy, den letzten Faden, der ihn mit seiner bisherigen Existenz verbindet, bald außer Sichtweite. Der Blick von Neil (fein: Tim Roth) bleibt unbeteiligt – ob nun am überfüllten Strand urplötzlich einer abgeknallt wird oder Alice unerwartet neben ihm steht und ihn mit seiner fehlenden Verantwortung konfrontiert: Das alles hat mit ihm nichts zu tun. Selbst der Austausch mit der einheimischen Geliebten bleibt karg. Brach in Francos letztem Film, der Dystopie New Order – Die neue Weltordnung (Silberner Löwe in Venedig 2020), das rohe Chaos los, wird Gewalt nun nebenher dargestellt: als hätten sich alle längst daran gewöhnt, als würde das zu Mexiko eben dazugehören. Langsam lässt Franco tiefer blicken, was mit diesem Neil, den das Drehbuch auch durch Überraschungsmomente nicht aus seiner Lethargie holen kann, los ist. Alles ist vergänglich, nicht nur ein Fischleben. #sundownfilm
SUNDOWN – GEHEIMNISSE IN ACAPULCO KINOSTART 01.07., Mexiko/F/SE 2021, REGIE Michel Franco, MIT Tim Roth, Charlotte Gainsbourg, Iazua Larios, FILMLÄNGE 83 Min., © Filmladen
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