STADT THEATER BRUNECK
KULTUR & KUNST
Shakespeare und Macbeth Es darf wieder Theater gespielt werden, oder vielmehr, wir dürfen wieder ins Theater gehen! Und das Stadttheater Bruneck legt mit seiner aktuellen Eigenproduktion die Latte mal wieder gewohnt hoch. Shakespeare steht nämlich auf dem Programm, ein Klassiker. Verstaubt? Von wegen! Macbeth, die Tragödie um den ruhmvollen Krieger, der nach einer Prophezeiung zum Verbrecher und Tyrannen wird Shakespeares wohl berühmtester „Höllenritt“ in einer spannenden Bearbeitung von John von Düffel und einer ebenso spannenden Inszenierung von Torsten Schilling.
U
m 1608 verfasst und Bezug nehmend auf die Historie Schottlands in den Jahren von 1040 bis 1057, hat das Werk nie an Aktualität verloren. Denn Shakespeare fragt in seiner blutigen Parabel, was an Bösem, an Machtgier, an Irrationalem in jedem von uns steckt. Der Glaube des Individuums an sich selbst und seine Handlungsfreiheit, an die Verbindlichkeit von Wirklichkeit und Wahrheit, ist hier zutiefst erschüttert. Dunkle Kräfte wirken im ewigen Kreislauf der Machtstrukturen. Ein Blick ins diffuse Dunkel menschlicher Abgründe. Ein dramatisch faszinierender Schrei nach dem Ausweg zum lebbaren Miteinander. John von Düffel gelingt mit seiner Neuübersetzung ein fast klaustrophobisches Kammerspiel, in dem sich Gewalt an Schuld, Schuld an Wahn und Wahn an Liebe klammert. Konzentriert auf die zwei Hauptfiguren – Christine Lasta als Lady Macbeth und Klaus Rohrmoser als Macbeth - und mit puristischem Bühnenbild werden die Zuschauer gefesselt vom Psychodrama und Machtspiel des Ehepaares. In seiner Inszenierung am Stadttheater Bruneck stellt Torsten Schil-
Die Akteure sind schon fleißig beim Proben. Das Programm ist abermals herausfordernd.
ling zudem den beiden Protagonisten die Figuren der drei Hexen (gespielt, oder korrekter ausgedrückt: getanzt von Sabrina Fraternali, Rebecca Dirler, René Dalla Costa)
aus Shakespeares Original gegenüber und erweitert das Schauspiel mit den starken Ausdrucksformen des modernen Tanztheaters. Wie ein nicht mehr abzuschüttelnder Albtraum bewegen die schicksalhaften „Weird Sisters“ das spannende Geschehen vom Anfang bis zum Ende. Drei Fragen an Christine Lasta, die künstlerische Leiterin des Stadttheater Bruneck, die in der aktuellen Produktion auch die Lady Macbeth gibt. PZ: Froh, abgesehen von der Arbeit als künstlerische Leiterin, auch endlich mal wieder auf der Bühne zu stehen? Christine Lasta: Überglücklich! Zum einen, weil Regisseur Torsten Schilling die Lady Macbeth nicht nur als kaltblütige, von Macht und Ehrgeiz besessene Shakespeare-Figur inszeniert, sondern die Liebe und das Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren -Macbeth und Lady Macbeth- in den Vordergrund stellt! Gemeinsam haben sie einen Plan: die Herrschaft Schottlands zu übernehmen. König und Königin zu werden! Und sie greifen auf ihre partnerschaftlichen Fähigkeiten
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PZ 20 | 14. O K TO B E R 2021