The Red Bulletin DE 07/21

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Eiskammer, Filterbrillen, Spezialernährung, Gehirntraining, minutengetakteter Schlaf, Klavierstunden: wie sich Fußball-Weltstars mit erstaunlichen Methoden schneller, fitter und manchmal sogar ein bisschen unsterblicher machen.

BIOHACKING WIRD STANDARD

DER OPTIMIERTE KICKER Text: Stefan Wagner  Illustration: Stuart Patience

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obert Lewandowski ist der offiziell beste Fußballer der Welt. Cristiano Ronaldo ist der offiziell zweitbeste Fußballer der Welt, was ­angesichts ­seiner stabil überirdischen Performance nicht nur er selbst für einen diskussionswürdigen Zustand hält. Zlatan Ibrahimović rettet das schwedische Nationalteam und mischt nebenbei die italienische Serie A auf. Lewandowski ist 32 Jahre alt, Ronaldo 36, Ibrahimović 39. Was ist da los im Weltfußball? Werden die guten Spieler immer ­älter? Oder die älteren Spieler immer besser? Und ist das alles Zufall? Oder der ­Beginn eines Trends, der den Fußball für immer verändern wird? Sehr wahrscheinlich ist das alles kein Zufall. Sehr wahrscheinlich werden Fußballer-Karrieren auch an der absoluten Spitze in Zukunft deutlich länger dauern als bisher. Und ganz sicher hat all das mit einem Begriff zu tun, den man in letzter Zeit immer öfter hört: „Biohacking“. Biohacking fasst, grob gesagt, alles zusammen, was Menschen eigenverantwortlich tun, um ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit, ihre Lebensqualität und Langlebigkeit zu optimieren. Sie schwitzen in der Infrarotsauna, sie meditieren, sie messen ihre Herzratenvariabilität und die Dauer ihres Tiefschlafs, sie schlucken Nahrungsergänzungsmittel64

kapseln im Dutzend, manche buchen geheimnisvolle Selbstfindungs-Retreats im Amazonasdelta. Stars der stark wachsenden globalen Szene sind die Amerikaner Dave Asprey, Ben Greenfield oder Tim Ferriss; bekanntester deutscher Biohacker ist Andreas Breitfeld. Er macht in seinem Münchner Labor sogar einige der spannendsten Gadgets und Tools für jedermann zugänglich: von der hyperbaren Sauerstoffkammer bis zum Stirnband, das Gehirnwellen beim Meditieren misst, von Rotlicht-Panels in ausgewählten Nanometer-Bereichen bis zum Inhalations­ gerät von „Exclusion Zone“-Wasser. („The Red Bulletin INNOVATOR“ hat Breitfeld in Ausgabe 02/20 ausführlich vorgestellt.) Nun gibt es die ersten Biohacker ­unter den Fußball-Profis – und der Erfolg gibt ihnen recht: Neben Lewandowski, Ronaldo und Ibrahimović gehen vor ­allem Erling Haaland, 20, und Serge Gnabry, 25, neuartige Wege in der Selbstoptimierung. Bei Gnabry ist daran sein Berater nicht ganz unschuldig: Hannes Winzer, Co-Founder von ROOF, einer der fünf größten Spieleragenturen der Welt, ist privat selbst ein ambitionierter Biohacker.

Robert Lewandowski Erst Kuchen, dann Suppe Anna Lewandowska, ­Fitnesstrainerin, hat die Ernährung ihres Mannes umgestellt: keine Kuhmilchprodukte, kein Weizen, kaum Zucker. „Und weil es meiner Verdauung hilft, esse ich zuerst den Nachtisch, dann die Vorspeise, dann die Hauptspeise“, sagt der Weltfußballer. Zuerst Kuchen, dann Suppe? „Ja. Weil Kohlenhydrate schneller verdaut werden als Proteine.“ Was kann der Hobby-Athlet von Robert Lewandowski ­lernen, Andreas Breitfeld? „Kuchen vor der Suppe essen? Ist kein Muss. Kann aber sinnvoll sein, sagt der deutsche Biohacking-­ Experte. Unter zwei Bedingungen. Erstens: Du verbrennst Kalorien wie ein Spitzensportler. Zweitens: Du hast gerade trainiert. Denn dann sind die Glykogenspeicher in Leber und Muskeln leer. Die saugen jede Art von Kohlenhydraten auf, also auch kurzkettige wie Zucker, da kann man also auch mal irgendeinen Süßigkeiten-Schrott einwerfen. Und danach in Ruhe höherwertiges Protein und gutes Fett. Achtung: CouchAthleten futtern sich mit der Kombi aus Zucker und Fetten eine Wampe an, egal in welcher Reihenfolge.“ THE RED BULLETIN


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