Schulden-Serie: In der Schweiz gibt es immer mehr Arme – auch weil es immer mehr Schulden gibt. Wir wollen wissen, was das mit den Leuten macht, wer davon profitiert und was sich ändern lässt.
Teil 2: Rechnungen, die krank machen TEXT SIMON JÄGGI
ILLUSTRATIONEN MARCEL BAMERT
Wer arm ist, hat meist Schulden, und wer Schulden hat, rutscht oft in die Armut ab – und wird nicht selten davon krank. Kein Wunder, denn der Druck von Schulden ist gross und wächst rasant an: am laufenden Band flattern Rechnungen ins Haus, es türmen sich Mahnungen, irgendwann steht das Betreibungsamt vor der Tür – meist früher denn später. Wann immer der Zusammenhang zwischen Verschuldung und Erkrankung erforscht wird, ist die Datenlage ziemlich klar: Schulden verursachen Leiden. Meist nagen sie an der Psyche der Betroffenen, sie führen zu mangelndem Selbstwertgefühl oder lösen Panikattacken und Depressionen aus. Dazu kommt die Scham, es in einer Leistungsgesellschaft, in der anscheinend alle mühelos alles erreichen, nicht geschafft, sondern versagt zu haben. Aber auch über körperliche Gebrechen wie Rücken- oder 8
Nackenschmerzen klagen Verschuldete. Schulden greifen die Menschen an, drücken sie nieder. Manchmal lässt sich die Schuldenspirale durchbrechen, die Betroffenen haben Glück und geraten an Menschen, die ihnen zur Seite stehen und sie beraten können: Schuldenprofis im besten Sinn. Zu oft sind aber Scharlatane am Werk, raffgierige Unternehmen, die sich schamlos an den Verschuldeten bereichern. Wir haben in Teil 1 unserer Schulden-Serie (Ausgabe 500) ausführlich über sie berichtet: über die entfesselte Inkassobranche, über private Schuldensanierer, Betreibungsämter und – überraschend vielleicht – die Krankenkassen. Was tun? Joanna Herzig hat die gesundheitlichen Auswirkungen von Überschuldung erforscht. Sie möchte an den Rädern des Systems Surprise 502/21