Touring 03 / 2022 deutsch

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Meine Insel, mein Jet, mein Flug ins All Nachdem die NASA den Weltraum für alle öffnen will, bieten Richard Branson, Jeff Bezos und Elon Musk bei ihrem Wettlauf ums All Privatleuten entsprechende Angebote. Allerdings werden auf absehbare Zeit nur die sehr Betuchten abheben können. Von einer Demokratisierung des Weltraums also keine Spur.

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TEXT JULIANE LUTZ

s war grossartig. Ich will bald wieder dorthin», sagte Wally Funk nach der Rückkehr der Raumkapsel auf die Erde. Mit 82 Jahren war die US-Pilotin, die auch Astronautentraining hinter sich hat, der älteste Mensch, der je ins All geflogen war. Aus eigener Tasche hätte sie das nicht bezahlen können. Jeff Bezos hatte sie eingeladen, am 20. Juli 2021 auf den ersten bemannten Blue-Origin-Flug mit der «New Shepard»-Rakete mitzukommen. Mit an Bord waren auch sein Bruder und der 18-jährige Oliver Daemen. Der Niederländer ging als jüngster Astronaut in die Annalen ein. Diese zwei Rekorde werden den Milliardär und Inhaber der Raumfahrtfirma Blue

Realität: private Flüge zur ISS

Origin etwas darüber hinweggetröstet haben, dass ihm Richard Branson neun Tage zuvor die Show gestohlen hatte. Der Brite war bereits am 11. Juli mit seinem Raumflugzeug «VSS Unity» von New Mexico aus Richtung Weltall abgehoben. Branson erreichte «nur» eine Höhe von etwa 86 Kilometern. Hoch genug, um von dort die Erde als Kugel zu sehen und um die «Astronaut Wings» zu erhalten, ein Abzeichen des US-Militärs. Das hatte in den 1960er-Jahren die Grenze zum All in rund achtzig Kilometern (50 Meilen) Höhe festgelegt. Bezos schaffte 110 Kilometer Höhe. Er orientiert sich an der Definition der Fédération Aéronautique Internationale, laut der das All nach hundert Kilometern über der Erde beginnt.

Für Elon Musk sind das sicher nur Hüpfer an den Rand des Weltalls. Er fliegt mit seinem Unternehmen SpaceX bereits seit 2020 Astronauten zur internationalen Raumstation ISS, die 400 Kilometer von der Erde entfernt ist. Letzten September brachte sein vom US-Milliardär Jared Isaacman gecharterte Weltraumtransporter «Crew Dragon» erstmals vier Weltraumtouristen in die Erdumlaufbahn, wo sie drei Tage in 575 Kilometern Höhe kreisten. Ebenfalls ein Rekord, denn «Inspiration4» war der erste Weltraumflug ohne Profiastronauten. SpaceX hat bereits weitere Flüge an Privatpersonen verkauft. Und die texanische Firma Axiom Space, ein Partner der US-Raumfahrtbehörde NASA, bringt im März ebenfalls in einer SpaceX-«Crew Dragon» die erste rein zivile Crew zur ISS.

© BLUE ORIGIN

Ein Milliardär schiesst sich ins All Am 20. Juli 2021 nahm Jeff Bezos selbst am ersten bemannten Flug seiner «New Shepard»-Rakete teil. Mit an Bord sein Bruder, eine 82-jährige Pilotin und ein Teenager als zahlender Gast

18 touring | März 2022

Bereits in den 2000er-Jahren gab es Bestrebungen Richtung Weltraumtourismus, als die Russen einige Missionen mit vermögenden Privatleuten an Bord zur ISS flogen. Als erster Weltraumtourist gilt der US-Unternehmer Dennis Tito, der 2001 eine Woche auf der Raumstation verbracht hatte. Doch richtig in Gang kam die kommerzielle Raumfahrt nicht. Wird nun der Wunsch der NASA, den Weltraum für alle zugänglich zu machen, durch den Wettlauf der drei Milliardäre ums All Realität? «Obwohl es Pläne zum Bau eines Weltraumhotels gibt und nun ‹einfachere› Flüge – etwa mit SpaceX – zumindest in tiefe Umlaufbahnen möglich sind, wird Massentourismus ins All in den nächsten Jahren wohl eher nicht stattfinden», sagt Professorin Susanne Wampfler, Astrophysikerin an der Universität Bern. Es gebe typischerweise doch Gesundheitsvoraussetzungen,


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