Departement Kleintiere – Physiotherapie für Hunde und Katzen
Ob nach einem Unfall oder für Greise – Physiotherapie macht Vierbeiner wieder fit Das Rehabilitationsteam am Universitären Tierspital kümmert sich um gelähmte Katzen oder Hunde mit Alterserscheinungen. Die Leiterin Céline Manera Pfammatter gibt Einblick in ihren Alltag und zeigt, welche Methoden sie bei der Physiotherapie von Vierbeinern einsetzt.
Lucy liegt in einem Käfig in der Kleintierklinik und wendet sich den näherkommenden Besuchern neugierig zu. Doch als die Katze aufstehen will, sacken ihr die Hinterbeine weg. Sie ist gelähmt. Grund ist eine Fraktur in der Brustwirbelsäule. Eine Woche zuvor war das Tier mit dem rotbraunen Fell von seinen Besitzern verletzt und bewegungsunfähig im Garten aufgefunden worden. Was ihm zugestossen war, haben die Besitzer nicht erfahren, womöglich ein Autounfall. Sie brachten Lucy ins Tierspital, wo die Tierärzt*innen die Wirbelsäulenverletzung sofort erkannt und operiert haben. Nun ist der Bruch zwar behoben, doch der Unfall hat auch Lucys Nervenbahnen in Mitleidenschaft gezogen, so dass ihr Hinterleib noch gelähmt ist. Das Laufen muss sie daher wieder neu lernen. Dazu bekommt sie seit dem ersten Tag nach der Operation Physiotherapie. «Wir sehen viele Tiere wie Lucy, die einen Unfall hatten und dadurch gelähmt sind. Oft wurden sie von einem Auto angefahren», sagt die Tierphysiotherapeutin Céline Manera Pfammatter. Sie leitet die Abteilung Rehabilitation am Universitären Tierspital Zürich. Zu ihr kommen nicht nur Unfallopfer, sondern auch viele Patienten aus der Neurologie, die etwa nach einem Bandscheibenvorfall gelähmt sind. Überwiegend sind es Hunde, Katzen machen einen von fünf Patienten aus.
Früh Fortschritte machen Manera Pfammatter öffnet Lucys Käfig, nimmt die Katze behutsam heraus und setzt sich mit ihr auf einen am Boden ausgebreiteten Teppich. Sie fängt die etwa 15-minütige Physiotherapie-Sitzung mit sogenannten Weichteiltechniken an. Zuerst massiert sie Lucys Schenkelregion. Dann folgt eine Gelenksmobilisation. Dafür beugt und streckt die Tierärztin nacheinander Zehen-, Sprung-, Knie- und Hüftgelenk der beiden Hinterbeine etwa 30-mal pro Gelenk. Damit will sie das Gelenksausmass, also die Spanne zwischen voll gebeugtem und voll gestrecktem Gelenk, erhalten. Das dient zum einen der Schmerzlinderung, denn steife Gelenke tun weh. Zum anderen bleibt so auch die Länge der Muskeln intakt. Denn weil sich Lucy wegen ihrer Lähmung nicht bewegt, könnte es passieren, dass sich Muskeln und Gewebe um die Gelenke verkürzen und sich die Gelenke versteifen.
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Universitäres Tierspital
Jahresbericht 2021
«Sie hat schon Riesenfortschritte gemacht», sagt Manera Pfammatter. «Lucy spürt bereits ihre Beine etwas mehr und versucht, bei den Übungen mitzumachen. Ich denke, dass sie in drei Monaten wieder gehen kann.» Generell sei es wichtig, dass Tiere früh, also bereits in den ersten zwei bis drei Wochen nach einer Operation Fortschritte machen, erklärt Manera Pfammatter. Dann sei die Prognose gut. Zwar lassen sich allgemeingültige Aussagen zu den Erfolgschancen einer Physiotherapie nicht treffen, dazu sind Erkrankungen und Therapien zu unterschiedlich. Doch immerhin gibt es zur Physiotherapie von Hunden, die eine Kreuzbandoperation hinter sich haben, mehrere Studien. So waren das Gelenksausmass und der Muskelaufbau der Hunde sechs Wochen nach einer Kreuzband-OP grösser, wenn die Tiere Physiotherapie erhalten hatten, als wenn sie die Übungen nur zu Hause absolviert hatten. Eine andere Studie untersuchte die maximale Kraft, die beim Auftreten auf die Gliedmassen wirken kann. Auch diese war nach einem sechsmonatigen Rehabilitationsprogramm signifikant höher als ohne die Therapie.
«Lucy hat schon Riesenfortschritte gemacht. Sie spürt bereits ihre Beine etwas mehr und versucht, bei den Übungen mitzumachen.» Céline Manera Pfammatter, Leiterin der Abteilung Rehabilitation am Universitären Tierspital
Während Manera Pfammatter Lucy auf dem Schoss hält, massiert ihre Kollegin, die Tierphysiotherapeutin Elena Gallo, die Blase von Lucy. Dadurch hilft sie der Katze, Urin abzulassen. Denn wegen der Lähmung kann sie das nicht selbst. Dann fasst Gallo Lucys Hinterleib mit einer Hand, so dass die Katze aufstehen kann. Neugierig läuft diese zur Tür, während sie von Gallo abstützt wird, und beobachtet durch die Scheibe das Geschehen auf dem Gang. Ihre Hinterbeine sind schon beweglicher geworden, doch ihre Pfoten knicken beim Aufsetzten weg. Sie muss noch lernen, den Tritt wieder zu spüren.
Kraftübungen im Wasser Noch ein paarmal laufen Gallo und Lucy im Raum umher. Dieses Lauftraining dient dem Muskelaufbau und ist ein wichtiges Element der Physiotherapie. Es gehört zu den sogenannten aktiven Techniken. Um Lauftraining so effektiv