Universitäres Tierspital – Jahresbericht 2021

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Departement Klinische Diagnostik und Services – Covid-19 bei Tieren

Covid-19: vom Tier zum Menschen und retour Am Universitären Tierspital untersucht das Forschungsteam von Regina Hofmann-Lehmann, inwieweit sich SARS-CoV-2 in der Schweiz auch bei Wild-, Nutz- und Haustieren ausbreitet. Die Forscherinnen konnten unter anderem die erste Covid-19-Erkrankung bei einer Schweizer Katze nachweisen.

Mit Coronaviren haben sich Regina Hofmann-Lehmann und ihr Forschungsteam schon vor der Pandemie beschäftigt. Etwa mit dem Felinen Coronavirus, das besonders bei Jungkatzen zu einer tödlichen Erkrankung führen kann. Doch seit SARS-CoV-2 seine rasante Reise um den Erdball angetreten hat, sind die anderen Forschungsprojekte in den Hintergrund gerückt. «Wir konnten gar nicht anders, als uns da reinzustürzen», sagt Regina Hofmann-Lehmann, Vorsteherin des Departements Klinische Diagnostik und Services sowie Leiterin des Veterinärmedizinischen Labors und des Zentrums für Klinische Studien am Universitären Tierspital Zürich. «Es ist wichtig, die Pandemie gesamthaft anzuschauen», betont die Tiermedizinerin, deren Forschungsschwerpunkt die klinische Infektiologie ist. Denn mittlerweile ist klar, dass das SARS-CoV-2-Virus, das sehr wahrscheinlich aus dem Tierreich auf den Menschen übergesprungen ist, von diesem aus wieder Tiere infizieren kann. Eindrücklich gezeigt hat das der Fall dänischer Zuchtnerze. Die Tiere steckten sich bei Arbeitern der Nerzfarmen an, gaben das Virus untereinander – und sehr wahrscheinlich an einzelne Hunde und Katzen – weiter und auch an den Menschen zurück.

Erste Schweizer Covid-19-Katze Inzwischen sind weltweit Ansteckungen bei ganz unterschiedlichen Säugetieren wie Mardern, Wölfen, Hirschen, Gorillas oder Flusspferden bekannt. In der Schweiz hat im Dezember 2020 die erste Schweizer Katze für Aufsehen gesorgt, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde. Sie war eines der ersten Tiere, die Forscherinnen aus HofmannLehmanns Team in einer laufenden Studie an Haustieren aus Covid-19-Haushalten untersucht hatten. Angesteckt hatte sich die Katze höchstwahrscheinlich bei ihrer Besitzerin, die sich damals wegen Covid-19 in Isolation befand. Hofmann-Lehmanns Forschungsgruppe arbeitet daran, sich einen Überblick über das Infektionsgeschehen bei Tieren in der Schweiz und im benachbarten Ausland zu verschaffen. «Wir sammeln fleissig Proben», sagt Julia Klaus, Fachtierärztin in Ausbildung für klinische Pathologie in Hofmann-Lehmanns Team. Einerseits solche von möglichst vielen Tieren, die aus verschiedenen Gründen in Tierarztpraxen und Tierspitälern vorgestellt werden, darunter auch Zootiere. Andererseits sammeln die Forscherinnen weiterhin gezielt Proben von Haustieren aus Haushalten, in denen jemand an Covid-19 erkrankt ist.

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Zusätzlich haben sie auch Proben von verwilderten Hauskatzen auf SARS-CoV-2 untersucht, die in einem anderen Forschungsprojekt zusammengetragen wurden. Und seit September 2021 werden auch Proben von Wildtieren analysiert. Dieses Projekt leitet das Institut für Fisch- und Wildtiergesundheit an der Vetsuisse-Fakultät Bern in Zusammenarbeit mit dem Veterinärmedizinischen Labor Zürich.

«Es ist unglaublich, wie schnell die Forschung im Moment ist.» Regina Hofmann-Lehmann, Leiterin des Departements Klinische Diagnostik und Services am Universitären Tierspital

Gefahren frühzeitig erkennen «Unser Ziel ist es, herauszufinden, was bei Tieren überhaupt passiert, wie dort die Verbreitungswege aussehen und zu bemerken, wenn irgendwo eine Gefahr auftaucht», erklärt Regina Hofmann-Lehmann. Bei der Haushaltsstudie wollen die Forscherinnen auch ermitteln, welche Hygienemassnahmen einer Übertragung vom Menschen zum Tier entgegenwirken. «Momentan geht es vor allem darum, Fakten zusammenzutragen», sagt die Infektiologin. Diese sollen wissenschaftlich fundierte Empfehlungen ermöglichen und unter anderem zeigen, ob weitere Überwachungsprogramme notwendig sind. «Untersucht werden Nasen- und Maulhöhlenabstriche, Kotproben sowie Umweltproben, also Abstriche vom Fell der Tiere oder von Gegenständen aus den Haushalten», erklärt Julia Klaus. All diese Proben, die die Forscherinnen und ihre Kooperationspartner*innen zusammentragen, werden mittels PCR-Tests auf SARS-CoV-2 untersucht. Ist das Resultat positiv, werden sie im Labor von Tanja Stadler am Departement Biosysteme der ETH Zürich in Basel sequenziert. Durch eine anschliessende Analyse des genetischen Codes lassen sich Mutationen finden und die Viren bestimmten Verbreitungslinien zuordnen. Dadurch wird es möglich, die Verbreitungswege nachzuvollziehen: «Geografisch, aber auch innerhalb der lokalen Menschund Tierpopulation oder manchmal sogar bei Individuen innerhalb eines Haushaltes», konkretisiert Hofmann-Lehmann. Zusätzlich untersuchen die Forscherinnen Blutproben unterschiedlicher Tierarten auf Antikörper gegen SARS-CoV-2, wodurch sie auch länger zurückliegende Infektionen nachweisen können.


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