Universitäres Tierspital – Jahresbericht 2021

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Lehre – Digitaler Unterricht aus dem Operationssaal

«Was die chirurgische Ausbildung angeht, mussten wir kreativ werden» In der Pandemie hat das Universitäre Tierspital von Präsenzunterricht auf digitale Lehre umgestellt – eine Herausforderung in einer Ausbildung, in der Studierende nicht nur Theorie pauken, sondern auch praktische Fähigkeiten erwerben müssen. Wie Online-Unterricht etwa für angehende Chirurg*innen aussieht, erzählen die verantwortlichen Dozierenden.

tigen angehende Tierärzt*innen auch viel praktische Erfahrung.

Mirja Nolff: Die Oberärztin für Weichteil- und Onkologische Chirurgie unterrichtet tiermedizinische Grundlagen und Weichteilchirurgie. Zudem betreut sie die klinische Ausbildung von fortgeschrittenen Studierenden. Antonio Pozzi: Der Orthopäde und Chirurg ist Leiter der Klinik für Kleintierchirurgie und verantwortlich für die Ausbildung in der Kleintierchirurgie. Als Dozent hält er etwa Vorlesungen zum Bewegungsapparat und unterrichtet fortgeschrittene chirurgische Praktika.

Antonio Pozzi, die Covid-19-Pandemie hat Sie gezwungen, auf digitalen Unterricht umzustellen. Wie schwierig war das? Antonio Pozzi: Wir hatten den Vorteil, dass das Thema für uns nicht neu war, denn wir hatten lange vor Covid-19 angefangen, uns mit der digitalen Lehre zu befassen. So konnten wir zeitnah eine Plattform mit aufgezeichneten Vorlesungen und Videodokumentationen klinischer Fälle aufsetzen. In der Pandemie dokumentierten wir zusätzlich fast jeden Tag Patienten in Videos. So entstand eine immer grössere Kollektion, die Dozierende heute für ihre Vorlesungen nutzen, und die Studierende teilweise auch selbständig anschauen können. Was können Studierende über Online-Unterricht und Videos lernen – und was nicht?

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Universitäres Tierspital

Jahresbericht 2021

Mirja Nolff: Theoretische Grundlagen lassen sich im Online-Unterricht sehr gut vermitteln, vielleicht sogar besser als im Präsenzunterricht. Ich persönlich gestalte nun einen Teil meiner Vorlesungen ganz anders. Zuvor habe ich Wissen geliefert. Jetzt erhalten die Studierenden das Vorlesungsvideo und das Material dazu im Voraus, wenn das Thema dies hergibt, und im gemeinsamen Unterricht konzentrieren wir uns darauf, das neue Wissen zu diskutieren und anzuwenden. AP: Die Auseinandersetzung mit dem digitalen Lehren hat sicher vielen Dozierenden etwas gebracht und ihren Unterricht verbessert. Man muss aber auch sagen, dass der persönliche Austausch mit den Studierenden – die Gelegenheit, sie zu unterstützen und herauszufordern, ebenso wie die Zusammenarbeit unter den Studierenden selbst – zu kurz kommt. Zudem benö-

Wie ermöglichten Sie die praktische Ausbildung während der Pandemie? MN: Zum einen haben wir mit der praktischen klinischen Ausbildung vor Ort wieder begonnen, sobald es die Situation zuliess – für Studierende im vierten und fünften Jahr schon im Sommer 2020. Zum anderen mussten wir bei der Produktion von Lernvideos kreativ werden. Einiges können Studierende und Assistenzärzt*innen nämlich durchaus von Videos klinischer Fälle lernen, vor allem, wenn die untersuchenden Tierärzt*innen genau kommentieren, was sie tun und warum. AP: Das gilt beispielsweise für die Untersuchung eines Tiers und das Deuten seiner Reaktion. Wenn ein Patient Schmerzen verspürt, etwa beim Abtasten des Bauchs, dann zeigt er das. Bei Hunden sind die Bewegungen der Ohren ein Anzeichen oder Laute, wie bellen oder winseln. Eine Katze dreht den Kopf weg, wenn ihr etwas unangenehm ist oder sie Schmerzen verspürt. Oder die Tiere halten den Atem an. Diese Dinge sind in Videos sichtbar und können vermitteln, wie die tierische Körpersprache bei der Diagnose hilft. Wie man chirurgische Eingriffe durchführt, lässt sich aber nicht aus Videos lernen, oder? MN: Nur ansatzweise. Mit gut gemachten Videos lassen sich chirurgische Grundlagen vermitteln, etwa das Vernähen von Wunden, die notwendigen Schritte bei Kastrationen oder Blasenoperationen, ebenso die Abläufe komplexerer Eingriffe. Aber es ist richtig, um zu lernen, wie man Tiere


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