[ fachbeitrag ]
Nachhaltigkeit am Bau – was heißt das?
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Foto: www.hgv.it
ittlerweile ist der Begriff Nachhaltigkeit in aller Munde und man hört fast täglich davon. Also ein sehr geläufiger Begriff würde man meinen, aber was heißt Nachhaltigkeit eigentlich? Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kann nicht wie andere durch eine einfache Definition umfassend und zutreffend erklärt werden. Vielmehr ist der Nachhaltigkeitsbegriff die Summe zahlreicher Definitionsansätze, welche die unterschiedlichen Elemente der Nachhaltigkeit berücksichtigen. Wenn man die Häufigkeit des Begriffes Nachhaltigkeit in den Medien beobachtet, muss man sich fragen, ob uns eine grüne Revolution bevorsteht? Entsprechend stellt sich auch die Frage, wofür der Begriff Nachhaltigkeit beim Bauen steht?
Michael Pichler ist Mitarbeiter der HGVUnternehmens beratung, Bereich Baumanagement, mit Sitz in Bozen. Mehr als 85 Hotelbauten hat der Geometer als Projektleiter umgebaut und erweitert und rund 350 Immobilienbewertungen und Fachexpertisen erstellt. www.hgv.it
Beim Bauen steht der Begriff für einen ganzheitlichen Ansatz, der nicht nur die Energieeffizienz eines Gebäudes bewertet, sondern tiefer und weiter greift. Der Nutzen für Mensch und Umwelt und die Optimierung der ökonomischen Potenziale der Gebäude stehen dabei im Vordergrund. Bei der Zertifizierung orientiert man sich an Punkten wie dem Abfallmanagement, dem Einsatz effizienter Leuchtmittel und Elektrogeräte, der Verwendung nachhaltiger Produkte, Mobilität und Logistik, Ressourcenverbrauch oder Maßnahmen zur Förderung der Lebensqualität. Was sind überhaupt nachhaltige Baustoffe? Hier ein paar Beispiele: • Materialien aus Naturstein oder Ziegel, deren Abbauort oder Produktion innerhalb eines gewissen Radius liegen und somit die Entfernung überschaubar ist. • Materialien aus Holz mit Zertifikat oder Holzproduktion innerhalb eines gewissen Radius vom Abbauort bis zu der Baustelle (in der Regel weniger als 500 Kilometer). • Materialien mit Umweltzertifikat, das von einem unabhängigen Institut ausgestellt ist – zum Beispiel: Ecolabel, natureplus®, Blauer Engel und ähnliche. • Materialien, welche in der Produktion und in der Entsorgung eine niedrige Energiebilanz aufweisen.
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betrifft vor allem die Lebensdauer der unterschiedlichen Materialien. Baustoffe mit langen Lebenszyklen sollten möglichst bevorzugt eingesetzt werden. Neben der sorgfältigen Auswahl der Baustoffe darf klarerweise die Planung in Sachen Energieeinsparung nicht fehlen. Zum einem passiert das in der Regel durch bauliche Maßnahmen wie Wärmedämmung, durch optimierte Gebäudetechnik oder durch die Veränderung des Nutzerverhaltens. Bei der Gebäudetechnik setzt man meist auf einen Energiemix – möglichst mit dem Einsatz von erneuerbaren Energien. Das sind Energien, die aus Sonne, Wind, Wasser und Erdwärme gewonnen werden. Neben den Baustoffen und der Energie müssen noch andere Punkte betrachtet werden: Reduktion des Wasserverbrauchs, Mülltrennung und Müllvermeidung, Verbesserung der Raumluftqualität und der Akustik. Beim Wassermanagement geht es nicht nur darum, den Wasserverbrauch zu reduzieren, sondern auch um die Optimierung der Regenwassernutzung. Die Raumluftqualität kann einerseits durch eine optimierte Lüftungsanlage verbessert werden, hängt aber auch von der Schadstoffbelastung (lösliche Stoffe und Feinstaub) der verwendeten Innenverkleidungen ab. Hier liefern ökologisch einwandfreie Materialien die besten Noten. Beim Schallschutz und der Akustik sind geeignete Maßnahmen in der Planung und Umsetzungsphase absolut erforderlich, um den Raumkomfort zu verbessern. Das Thema Nachhaltigkeit am Bau wird in Zukunft immer wichtiger werden. Ich beobachte das heute schon, dass die Hotelgäste sich zunehmend auch für die Baugeschichten der Hotels interessieren, aufmerksam nach der Mülltrennung fragen und teilweise auch sehr interessiert an der Gebäudetechnik sind. Einige Hoteliers bieten sogar schon Besichtigungen der Technikräume an, zumal sie sich stark mit der Energieoptimierung befasst haben und entsprechend stolz auf die Präsentation des Ergebnisses sind. Wenn wir uns mit dem Thema vertraut machen wollen, genügt es eigentlich, nur den Kreislauf der Natur zu beobachten. Pflanzen wachsen, gedeihen, blühen und sterben ab. Die abgestorbenen Pflanzen bilden Nährstoff für Neues. Der Kreislauf der Natur ist dadurch unendlich, die Energie wird umgewandelt. So macht es uns die Natur vor und wir können nach diesem Prinzip auch bei Bauwerken handeln.
Um die Nachhaltigkeit von Baustoffen und deren Einfluss auf die Umwelt bewerten zu können, wurden Umweltproduktdeklarationen, sogenannte EPD (Environmental Product Declaration) entwickelt. Diese sagen aus, welche Auswirkungen die eingesetzten Produkte/Baustoffe auf den Treibhauseffekt haben und beschreiben den Verbrauch an grauer Energie (PriWir sollten die Chance nützen, denn es ist bereits märenergiegehalt PEI). sehr viel an Wissen vorhanden. Ich bin überzeugt, dass Ein Baustoff oder Bauteil sollte nicht einzeln, son- wir gemeinsam viel erreichen können und für die grüdern im Kontext zum Gebäude betrachtet werden. Dies ne Revolution gerüstet sind. 42
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